Konjunktur des Ehrenamts Die Soziologin Prof. Dr. Silke van Dyk

URL: http://www.uni-jena.de/Mitteilungen/PM160919_vanDyk.pdf
Konjunktur des Ehrenamts
Die Soziologin Prof. Dr. Silke van Dyk analysiert den Wohlfahrtsstaat
Sie sammeln Spenden, kochen Suppe, organisieren Hausaufgabenbetreuung oder
Vortragsabende. Für viele Menschen - aus allen gesellschaftlichen Schichten - ist
bürgerschaftliches Engagement heute eine Selbstverständlichkeit. Ob in der Unterstützung für
Flüchtlinge, in der Alten- und Kinderpflege oder bei sozialen und kulturellen Einrichtungen, "das
Ehrenamt hat Konjunktur", sagt Prof. Dr. Silke van Dyk. Kaum etwas sei im wörtlichen Sinne
"ehrenwerter" als freiwillige erbrachte soziale Leistungen, erläutert die Soziologin von der
Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Doch die 43-Jährige, die in diesem Semester die Professur für Politische Soziologie in Jena
übernommen hat, sieht diese allseits gelobte Entwicklung kritisch. "Damit einhergeht ein
tiefgreifender Strukturwandel des Wohlfahrtsstaates", macht sie deutlich. Mit dem
Paradigmenwechsel vom fürsorgenden zum aktivierenden Sozialstaat werde immer mehr
qualifizierte Arbeit von geringfügig Beschäftigten geleistet oder sogar von unbezahlten Kräften.
"Dies führt praktisch zu einer Informalisierung von Erwerbsarbeit", so die Soziologin weiter. "Wir
beobachten eine Art Community-Kapitalismus, der sich gezielt der Ressourcen der Gemeinschaft
bedient."
Von der "Rentnerschwemme" zur Altersdiskriminierung
Welche Auswirkungen dies auf die Gesellschaft hat, das untersucht Silke van Dyk in einem
aktuellen Forschungsprojekt. Die gebürtige Kölnerin, die von der Universität Kassel jetzt nach Jena
zurückkehrte, hat bereits von 2005 bis 2014 im Institut für Soziologie der Uni Jena geforscht:
zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Akademische Rätin am Arbeitsbereich
Gesellschaftsvergleich und als Projektleiterin im Sonderforschungsbereich "Gesellschaftliche
Entwicklungen nach dem Systemumbruch". Von 2012 bis 2013 hat sie zudem als
Forschungsstipendiatin im Forscherkolleg "Postwachstumsgesellschaften" gearbeitet. Zuvor hat
Silke van Dyk in Göttingen und Helsinki Soziologie, Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre
studiert und an der Uni Göttingen promoviert.
Den Wohlfahrtsstaat nimmt die Soziologin auch in ihren anderen Forschungsschwerpunkten sowie
in der Lehre in den Blick. So untersucht sie etwa ländervergleichend, welche Rolle sozialpolitische
Instrumente beim Abbau oder der Verschärfung sozialer Unterschiede spielen. Ein weiteres
aktuelles Thema sind die gesellschaftlichen Folgen der demografischen Entwicklung. Hierbei
stören sie vor allem die regelmäßig aufkommenden Debatten über die "Vergreisung der Republik"
oder eine "Rentnerschwemme". "Bei all dem Alarmismus ist bislang nicht geklärt, warum eine
Gesellschaft weniger gut funktionieren soll, in der der Altersdurchschnitt langfristig steigt", sagt sie.
In der Folge könne man stattdessen in vielen Bereichen heute eine Altersdiskriminierung
ausmachen.
Konjunktur des Ehrenamts
1
Vortrag im Studium Generale
Dem Thema Altern in der heutigen Gesellschaft wird sich Prof. van Dyk auch im Rahmen eines
Vortrags des Studium Generale im kommenden Semester widmen. Am 30. November spricht sie
zum Thema "Leben im Ruhestand. Zur Neuverhandlung des Alterns in der Aktivgesellschaft" in der
Aula der Uni Jena (Fürstengraben 1). Der Vortrag beginnt um 17.15 Uhr. Die interessierte
Öffentlichkeit ist herzlich eingeladen, der Eintritt ist frei.
Kontakt:
Prof. Dr. Silke van Dyk
Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Carl-Zeiß-Straße 3, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945560
E-Mail: [email protected]
Meldung vom: 19.09.2016 10:22 Uhr
Die Soziologin Prof. Dr. Silke van Dyk analysiert den Wohlfahrtsstaat
2