Kommission leitet eingehende Untersuchung zur

Europäische Kommission - Pressemitteilung
Staatliche Beihilfen: Kommission leitet eingehende Untersuchung zur
steuerlichen Behandlung von GDF Suez (nun „Engie“) in Luxemburg ein
Brüssel, 19. September 2016
Die Europäische Kommission hat eine eingehende Untersuchung der steuerlichen
Behandlung der GDF Suez-Gruppe (nun „Engie“) in Luxemburg eingeleitet.
Der Kommission zufolge könnte GDF Suez aufgrund mehrerer luxemburgischer
Steuervorbescheide einen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber anderen Unternehmen
erlangt haben, so dass ein Verstoß gegen die EU-Beihilfevorschriften vorläge.
Die Kommission wird insbesondere prüfen, ob die luxemburgischen Steuerbehörden selektiv von
nationalen Steuervorschriften in Bezug auf Steuervorbescheide für GDF Suez abwichen. Danach
werden anscheinend die gleichen Finanztransaktionen zwischen Unternehmen von GDF Suez sowohl in
Bezug auf das Fremd- als auch in Bezug auf das Eigenkapital unterschiedlich behandelt. Die
Kommission vertritt in dieser Phase die Auffassung, dass die Behandlung infolge der
Steuervorbescheide zu erheblichen Steuervorteilen für GDF Suez geführt hat, von denen andere den
gleichen luxemburgischen Steuervorschriften unterliegende Unternehmen nicht profitieren konnten.
Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu:
„Finanztransaktionen können je nach Art der Transaktion - Eigen- oder Fremdkapital - unterschiedlich
besteuert werden, aber ein einziges Unternehmen kann nicht auf beiden Seiten ein- und derselben
Transaktion den jeweils besten Vorteil erhalten. Deshalb werden wir mehrere Steuervorbescheide, die
Luxemburg GDF Suez erteilt hat, sehr sorgfältig untersuchen. Sie scheinen nationalen
Steuervorschriften zuwider zu laufen, so dass GDF Suez anscheinend deutlich weniger Steuern als
andere Unternehmen entrichten muss.“
Seit September 2008 hat Luxemburg mehrere Steuervorbescheide für zwei vergleichbare
Steuermodelle für vier Unternehmen der GDF Suez Gruppe erteilt, die alle in Luxemburg ansässig sind.
Dabei handelt es sich um in Eigenkapital umwandelbare zinslose Darlehen für den Darlehensgeber. Ein
konvertibles zinsloses Darlehen wurde 2009 von LNG Luxembourg (Darlehensgeber) an GDF Suez LNG
Supply (Darlehensnehmer) vergeben; das andere Darlehen 2011 von Electrabel Invest Luxembourg
(Darlehensgeber) an GDF Suez Treasury Management (Darlehensnehmer).
Die Kommission vertritt derzeit die Auffassung, dass die beiden Finanztransaktionen in den
Steuervorbescheiden sowohl als Fremd- und als auch als Eigenkapital behandelt werden. Dies führt zu
einer inkohärenten steuerlichen Behandlung ein und derselben Transaktion. Auf der einen Seite kann
der Darlehensnehmer Rückstellungen für Zinszahlungen an den Darlehensgeber bilden (als Darlehen
behandelte Transaktion). Auf der anderen Seite werden die Erträge des Darlehensgebers als eine einer
Dividende des Darlehensnehmers vergleichbare Eigenkapitalvergütung betrachtet (als Eigenkapital
behandelte Transaktion).
Die steuerliche Behandlung scheint zu einer doppelten Nichtbesteuerung sowohl des Darlehensgebers
als auch des Darlehensnehmers für Gewinne in Luxemburg zu führen. Darlehensnehmer können ihre
steuerpflichtigen Gewinne in Luxemburg folglich durch den Abzug von Zinszahlungen (Rückstellungen)
als Aufwendungen erheblich mindern. Gleichzeitig vermeiden die Darlehensgeber Steuern auf die durch
die Transaktionen erzielten Gewinne, da Erträge aus Kapitalbeteiligungen in Luxemburg nicht
versteuert werden müssen.
Schlussendlich scheint ein erheblicher Anteil der Gewinne, die GDF Suez in Luxemburg über diese
beiden Vereinbarungen erwirtschaftet, überhaupt nicht versteuert zu werden.
The infographic is available in high resolution here.
Der vorläufigen Würdigung der Kommission zufolge ist GDF Suez in der Lage, Steuern auf solche
Transaktionen infolge der Steuervorbescheide zu vermeiden. Das Unternehmen scheint einen
erheblichen wirtschaftlichen Vorteil zu erhalten, den andere den gleichen nationalen Steuerregeln
unterliegende Unternehmen nicht haben. Sollte sich dies bestätigen, würde es sich um eine unzulässige
staatliche Beihilfe handeln.
Die Untersuchung stellt das allgemeine Steuersystem Luxemburgs nicht in Frage.
Die Einleitung einer eingehenden Untersuchung gibt interessierten Dritten und den betroffenen
Mitgliedstaaten die Möglichkeit, zu der betreffenden Maßnahme Stellung zu nehmen. Die Untersuchung
wird ergebnisoffen geführt.
Weitere Einzelheiten zu den beiden zinslosen konvertiblen Darlehen
Die beiden Vereinbarungen zwischen LNG Luxembourg (Darlehensgeber) und GDF Suez LNG Supply
(Darlehensnehmer) sowie Electrabel Invest Luxembourg (Darlehensgeber) und GDF Suez Treasury
Management (Darlehensnehmer) funktionieren wie folgt:
- Gemäß den Bedingungen des konvertiblen zinslosen Darlehens würde der Darlehensnehmer in
seinen Abschlüssen eine Rückstellung für Zinszahlungen bilden, ohne jedoch Zinsen an den
Darlehensgeber zu zahlen. Zinszahlungen können in Luxemburg als Aufwendungen steuerlich
abgesetzt werden. Die gebildeten Rückstellungen machen einen großen Anteil am Gewinn jedes
Darlehensnehmers aus. Dadurch muss der Darlehensnehmer in Luxemburg erheblich weniger
Steuern zahlen.
- Eventuelle Zinserträge des Darlehensgebers unterliegen in Luxemburg der Körperschaftssteuer.
Stattdessen werden die Darlehen folglich in Unternehmensanteile zugunsten des Darlehensgebers
umgewandelt. Die Anteile umfassen den Wert der Zinszahlungen in Form von Rückstellungen und
stellen somit für die Darlehensgeber einen Gewinn dar.
- Dieser vom Darlehensnehmer als Zins abgezogene Gewinn wird beim Darlehensgeber jedoch nicht
als Gewinn versteuert, da er als eine dividendenähnliche Zahlung in Verbindung mit
Kapitalbeteiligungen angesehen wird.
Hintergrund
GDF Suez ist ein französisches Stromversorgungsunternehmen, das sich mittlerweile in „Engie“
umbenannt hat. Diese Untersuchung betrifft mehrere Tochterunternehmen der Gruppe mit Sitz in
Luxemburg. Bei GDF Suez Treasury Management handelt es sich um eine gruppeninterne TreasuryGesellschaft, die Zinszahlungen von anderen europäischen Unternehmen der Gruppe erhält. GDF Suez
LNG Supply ist auf dem Gebiet des An- und Verkaufs sowie des Handels mit Flüssigerdgas und
Gasderivaten tätig. LNG Luxembourg und Electrabel Invest Luxembourg sind Unternehmen der
GDF Suez-Gruppe, die hauptsächlich als Intermediäre für gruppeninterne Finanzierungstransaktionen
agieren.
Nach Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind
staatliche Beihilfen, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen den Handel zwischen
Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen drohen, grundsätzlich mit dem EUBinnenmarkt unvereinbar.
Die Kommission untersucht seit Juni 2013, wie die Mitgliedstaaten in der Praxis bei
Steuervorbescheiden vorgehen. Sie richtete sodann im Dezember 2014. Auskunftsersuchen an alle
Mitgliedstaaten Steuervorbescheide sind in der Regel dann beihilferechtlich unproblematisch, wenn
darin lediglich bestätigt wird, dass von Unternehmen ein und derselben Gruppe geschlossene
Steuervereinbarungen mit den einschlägigen Steuervorschriften im Einklang stehen. Wenn
Steuervorbescheide hingegen bestimmten Unternehmen einen selektiven Vorteil verschaffen, so dass
diese subventioniert werden, können sie zu einer schwerwiegenden Verfälschung des Wettbewerbs im
EU-Binnenmarkt führen und gegen die EU-Beihilfevorschriften verstoßen.
Bei ihren Beschlüssen und laufenden förmlichen Untersuchungen hat die Kommission verschiedene
Aspekte von Steuervorbescheiden analysiert, die Unternehmen selektive Vorteile verschaffen könnten:
- Verrechnungspreise, die der wirtschaftlichen Realität nicht Rechnung tragen: In den
Beschlüssen der Kommission vom Oktober 2015 zur steuerlichen Behandlung von Fiat in
Luxemburg und Starbucks in den Niederlanden wurde der Schluss gezogen, dass die
Steuervorbescheide Verrechnungspreise unterstützten, die den marktüblichen Bedingungen
zwischen unabhängigen Unternehmen nicht Rechnung tragen. Den Unternehmen wurden selektive
Steuervorteile gewährt, die mit den EU-Beihilfevorschriften nicht vereinbar sind. Die Kommission
leitete auch eine Untersuchung zu einer Vereinbarung über Verrechnungspreise ein, die Luxemburg
Amazon gewährt hatte. Diese Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Schließlich stützte sich
der Beschluss der Kommission, demzufolge die Steuervorbescheide zu Mehrgewinnen in Belgien
den EU-Beihilfevorschriften zuwider liefen, ebenfalls auf die Ausnahmen von den marktüblichen
Bedingungen.
- Gewinnallokationsmethoden, die der wirtschaftlichen Realität nicht Rechnung tragen: Im
August 2016 beschloss die Kommission, dass Apple in Irland unzulässige Steuervergünstigungen
erhielt, da die Steuervorbescheide eine Methode zur Allokation von Gewinnen innerhalb von zwei
irischen Unternehmen der Apple-Gruppe unterstützten, die weder faktisch noch wirtschaftlich
gerechtfertigt war.
- Inkohärente Anwendung des nationalen Rechts, die zu einer diskretionären doppelten
Nichtbesteuerung führte: Die heutige Untersuchung der steuerlichen Behandlung von GDF Suez
durch Luxemburg betrifft eine angebliche inkohärente Anwendung des nationalen Steuerrechts in
den Steuervorbescheiden mit dem Ergebnis einer doppelten Nichtbesteuerung. Die Kommission
untersucht derzeit auch Steuervorbescheide, die Luxemburg McDonald's erteilt hat. Diese nehmen
fast alle Unternehmen der Gruppe von einer Besteuerung in Luxemburg mit dem Argument aus,
dass sie in den USA besteuert werden, obwohl den luxemburgischen Steuerbehörden das Gegenteil
bekannt ist.
Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird die
nichtvertrauliche Fassung des Einleitungsbeschlusses über das Beihilfenregister auf der Website der
GD Wettbewerb unter der Nummer SA.44888 zugänglich gemacht. Über neu im Internet und im
Amtsblatt veröffentlichte Beihilfebeschlüsse informiert der elektronische Anzeiger State Aid Weekly eNews.
IP/16/3085
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