engelskollision > die alphabeten > auf kurs > angerempelt – archiv Barbara Weber 1/2 Amateur-Schreibwettbewerb – Die Siegerin: Barbara «Balba» Weber «Improvisation ist das Einzige, was ich habe und das Einzige, was ich kann». Biographie 1967 in Thun geboren Lehrerseminar Flöten-Studium an der Hochschule der Künste in Bern (Lehrdiplom und Solistenklasse) Aufnahmen und Konzertmitschnitte für Radio DRS2 CD mit Soloprogramm «Windkinder» Texte für das Schweizer RadioMagazin und für die Berner Zeitung Leitung der Konzertreihen «Unerhört» von 1995– 1998 und der «Rathauskonzerte Thun» Kulturstreuer-Preis für Musikvermittlung der Stadt Thun, 2006 Anerkennungspreis des Kantons Bern für gesamtes musikalisches Schaffen, 2006 Barbara Weber lebt als freischaffende Musikerin in Bern und führt eine Konzerttätigkeit als Flötistin mit vorwiegend Musik des 20. Jahrhunderts und neuer Musik (u.a. mit dem Soloprogramm «Füssli-Zyklus»). Ausserdem tritt sie als Flötistin-Texterin-ModeratorinPerformerin in Konzerten für Kinder mit und ohne Orchester auf. Seit 1990 unterrichtet Sie an der Musikschule Belp und führt Projekte mit neuer Musik an Schulen und Institutionen durch. Sie ist Mutter von zwei Kindern und schreibt laufend Kinder- und andere Geschichten. mehr unter www.barbara-weber.ch © 2007 by engelskollision & michael stauffer – all rights reserved engelskollision > die alphabeten > auf kurs > angerempelt – archiv Barbara Weber 2/2 Schäfchen zählen Das erste Schäfchen springt nach Plan über den uralten Zaun der Kindheit. Immer gleicher Zaun der immer gleichen Kindheit. Das erste springt immer artig. Dem zweiten hebt schon eine vermaledeite Kraft die Hinterbeine zu stark an vor dem Sprung. Es landet deshalb auch nicht ganz artig. Das dritte fliegt schon in die falsche Richtung und viel zu hoch. Das vierte dann startet direkt hoch hinauf und verpasst den vermaledeiten Zaun um Meter. Das fünfte verformt sich schon vor dem Sprung zu einem kamelähnlichen Schäfchen. Mit gleissenden Augen schiesst es in die Höhe. Runter mit dir, du Mistvieh, runter! Das sechste explodiert kurz vor dem siebten, das wiederum noch kürzer vor dem achten in alle Richtungen zerbirst. Jetzt aber! Jetzt aber sich zusammennehmen! Ein grosses Kamel mit Flügeln folgt als neuntes und zerplatzt zu unzähligen Teilchen, die vom Wind der vermaledeiten Kindheit gepackt und ins Weltall geschleudert werden. Im Weltall geht es in keine verdammte Richtung, verdammt, runter, runter! Wenigstens bis zehn sollte eine Zählung doch möglich sein, nicht wahr, Zehn! Das Weltall explodiert. So, jetzt nochmals von vorne. Erstes Schäfchen. Schäfchen? Hätten wir doch, hätten wir doch, hätten wir doch wenigstens gelernt, Kamele zu zählen! Andere haben Kamele gezählt, schon von frühester Kindheit an. Wir lagen hinter kühlem Efeu und hatten Schäfchen gezählt. Andere gingen auf schnurgeradem Weg durch den Sand. Sie kamen aus der Umgebung von Sakkara und trugen Rollen goldener Seide auf dem Kopf. Ja, auf dem Kopf. Wir haben noch von einem Glitzerschuh geträumt, der an unsren Fuss passen sollte. Andere gingen schon aufrecht und barfuss der aufgehenden Sonne entgegen. Die goldene Last funkelte wie Krone auf Haupt. Es gingen immer zwei Kronen nebeneinander, der Mann rechts, die Frau links. Wir haben uns noch gebückt und den Schuh zitternd anprobiert. Andere gingen schon gemeinsam und schweigend funkelnd schnurgerade im Sand auf Kamele zu. © 2007 by engelskollision & michael stauffer – all rights reserved
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