Nahrungsergänzungsmittel – was macht wirklich Sinn?

Visite - am 13. September 2016 im NDR Fernsehen
Themen:
Nahrungsergänzungsmittel – was macht wirklich Sinn?
TIA – Minischlaganfall nicht unterschätzen!
Tollwutgefahr – Fledermäuse übertragen Erreger
Kniegelenk-Transplantation
Dr. Wimmer: Wundversorgung
Ohrstöpsel – den Lärm richtig ausschalten
Abenteuer Diagnose: POEMS-Syndrom
Nahrungsergänzungsmittel – was macht wirklich Sinn?
Jeder vierte Erwachsene in Deutschland greift regelmäßig zu Nahrungsergänzungsmitteln - in der
Hoffnung, dem Körper etwas Gutes zu tun. Deshalb boomt der Markt für Vitamine, Eisenpräparate
und Co. Sie gehören zu den "essentiellen Stoffen", also jenen Substanzen, die der Körper dringend
benötigt, aber nicht selbst herstellen kann. Nahrungsergänzungsmittel sind für Gesunde dennoch
meistens überflüssig. Wer sich ausgewogen ernährt, bekommt alle Nährstoffe, Vitamine und
Mineralien, die er braucht.
Nahrungsergänzungsmittel können eine schlechte Ernährung aber auch nicht ausgleichen, mahnen
Experten. Nur in einzelnen Fällen, in der Schwangerschaft, im Alter und bei chronischen
Krankheiten, zum Beispiel Morbus Crohn oder schweren Entzündungen, kann es zu einem
Nährstoffmangel kommen, der mit Ergänzungsmitteln (Supplements) ausgeglichen werden muss.
Zu einem höheren Bedarf bestimmter Nährstoffe führen oft auch bestimmte Diäten, hoher
Alkoholkonsum und Rauchen. Wer sich vegan ernährt, muss darauf achten, dass alle essentiellen
Nährstoffe ausreichend in seinen Lebensmitteln enthalten sind. Insbesondere der Bedarf an Eisen
und Vitamin B12 ist mit rein pflanzlicher Nahrung schwieriger zu decken.
Wer sich trotz gesunder Ernährung erschöpft und antriebslos fühlt, sollte einen Arzt aufsuchen.
Stellt dieser zum Beispiel Eisenmangel fest, muss die Ursache gefunden und beispielsweise eine
innere Blutung ausgeschlossen werden. Bei älteren Patienten können Appetitmangel oder der
Verzicht auf Fleisch aufgrund von Kaubeschwerden zu einem Eisenmangel beitragen. Dazu
kommen bei Älteren natürliche Veränderungen im Magen-Darm-Trakt, die die Eisenaufnahme im
Körper reduzieren. Dass die Blutbildung im Knochenmark mit den Jahren abnimmt, verschärft die
Auswirkungen des Eisenmangels zusätzlich. Als Folge kann das Blut weniger Sauerstoff im Körper
transportieren, was zu einer chronischen Erschöpfung führt.
Bei älteren und kranken Menschen kann es sinnvoll sein, Omega-3-Fettsäuren, Eiweiß, Zink und
Selen zu ergänzen. Menschen mit Herz-Kreislauf-Krankheiten oder dem Risiko einer
Gefäßverkalkung können Omega-3-Fettsäuren auch vorsorglich einnehmen, ebenso Eiweiß gegen
den Abbau von Muskeln und des Zahnhalteapparates. Selen erhält die Haargesundheit und fördert
die Wundheilung. Bei älteren Menschen, die nicht mehr richtig essen, muss es ergänzt werden.
Schwangere sollten Folsäure einnehmen, um Fehlbildungen beim Kind zu vermeiden. Für alle
anderen Menschen ist eher Vorsicht geboten, denn falls sich im Darm Krebsvorstufen gebildet
haben sollten, kann eine hohe Zufuhr von Folsäure das Wachstum bösartiger Tumore fördern.
Ein Mangel an Vitamin B12 kann zu neurologischen Beschwerden wie Schwindelattacken und
heftigen Kopfschmerzanfällen führen. Vitamin B12 ist an der Blutbildung beteiligt, aber auch
wichtig für das Zellwachstum und die Funktion der Nerven. Bei Patienten mit Morbus Crohn
behindert die chronische Entzündung im Darm die Aufnahme von Vitamin B12. Ähnliches kann
auch Menschen passieren, die täglich Magensäurehemmer oder blutverdünnende Medikamente
einnehmen. Sie verändern den pH-Wert im Magen und hemmen so die Aufnahme von
Mikronährstoffen. Diabetiker, die Metformin einnehmen, sollten ihren Vitamin B12-Spiegel
ebenfalls regelmäßig kontrollieren lassen.
Doch nicht jeder, der mal müde ist, Schwindel hat oder wenig Fleisch isst, hat auch einen Eisenoder Vitamin B12-Mangel: Ob man einen Ersatz braucht, kann nur eine Blutuntersuchung beim Arzt
klären. Denn die voreilige Einnahme von Eisen, Vitaminpräparaten oder anderen
Nahrungsergänzungsmitteln kann auch gesundheitsschädliche Nebenwirkungen haben: So fördert
zu viel Vitamin E in Kapselform die Entstehung von Lungenkrebs. Antioxidantien wie Vitamin C und
E können Sport weniger effektiv machen. Und ganz allgemein können Nahrungsergänzungsmittel
die Wirkung von Chemotherapie und Bestrahlung bei Krebspatienten beeinträchtigen.
Nahrungsergänzungsmittel sollten daher immer nur unter ärztlicher Kontrolle eingesetzt werden.
Vitamin A
Aufgabe
wichtig für die Funktion
der Augen und des
Zellwachstums, stärkt Haut
und Schleimhäute
Vitamin B1
(Thiamin)
Energiestoffwechsel,
Nervengewebe,
Herzmuskulatur
Vitamin B2
(Riboflavin)
Energie- und
Eiweißstoffwechsel
Vitamin B6
(Pyridoxin)
Blutbildung, Funktionen
des Nerven- und
Immunsystems,
Aminosäuren-Stoffwechsel
Vitamin B12
(Cobalamin)
Blutbildung, Abbau
einzelner Fettsäuren
Folsäure
Zellteilung und
Zellneubildung,
Blutbildung,
Proteinstoffwechsel
Biotin
Protein-, Fett-,
Mangelsymptome
Nachtblindheit,
Austrocknung der
Tränendrüsen, Störungen
der Spermienbildung,
Wasserkopf bei
Neugeborenen
Müdigkeit, Appetitlosigkeit,
Gedächtnisstörungen,
Verwirrtheit, Ödeme,
Muskelschwund,
Herzmuskelschwäche
eingerissene Mundwinkel,
Entzündungen der
Mundschleimhaut und der
Hornhaut des Auges
Entzündungen im AugenNase-Mund-Bereich,
schuppende
Hautausschläge im
Gesicht und am Kopf,
Blutarmut,
Taubheitsgefühle in
Händen und Füßen
Blutarmut, Müdigkeit,
Zungenbrennen,
Taubheitsgefühle
(Mangelrisiko besonders
bei Veganern und Älteren)
Blutarmut, Demenz
Arteriosklerose,
Schwangerschaft:
Missbildungen des
Embryos
Hautausschlag,
enthalten in
gelben und orangefarbenen
Gemüsesorten und
Früchten, Spinat, Grünkohl,
Leber, Lebertran (Vorstufen
von Vitamin A)
Nüssen, Samen,
Weizenkeimen, Erbsen,
Bohnen, Linsen, Kartoffeln,
Hefe, magerem
Schweinefleisch
Milch, Eiern, Käse, Innereien,
Fleisch, Fisch, Gemüse (z.B.
Spinat oder Spargel)
Leber, Nieren, Nüssen,
Samen, Fleisch, Fisch, Kohl,
grünen Bohnen, Avocados,
Bananen
Leber, Nieren, Fisch, Milch,
Eiern, Käse, fermentierten
Pflanzen wie z.B. Sauerkraut
Hefe, Leber, Weizenkeimen,
Sojabohnen, Spinat,
Trauben, Käse, Eiern
Hefe, Leber, Eigelb,
Kohlenhydratstoffwechsel
Vitamin D
Regelung des Kalzium- und
Knochenstoffwechsels,
Knochenbildung und stärkung
Vitamin C
Bildung von Bindegewebe,
Wundheilung, antioxidante
Wirkung (Zellschutz)
Vitamin K
Niacin
Panthothen-säure
Erschöpfung, Übelkeit,
Depression,
Muskelschmerzen,
Schwindel, Appetitlosigkeit
Knochenerweichung,
Rachitis, Osteomalzie und
Osteoporose
Erhöhte Infektanfälligkeit,
Skorbut (schlechte
Wundheilung,
Muskelschwund und
Zahnfleischbluten)
Blutgerinnung, Bildung von Störungen der
Knochen-Eiweiß
Blutgerinnung,
Spontanblutungen, bei
Neugeborenen oft
Hirnblutungen
unterstützt biochemische
allgemeine Schwäche,
Prozesse zur
starker Mangel führt zur
Energiegewinnung in den
Krankheit Pellagra (mit
Zellen
Entzündungen der Haut,
Durchfall und
neurologischen Störungen)
beteiligt an
Magenschmerzen,
biochemischen
Müdigkeit,
Reaktionen wie Fett- und
Missempfindungen wie
Kohlenhydrat-Stoffwechsel, Taubheit oder Kribbeln
Cholesterin-Synthese
und Brennen in den Füßen
Interviewpartnerin im Studio:
Dr. Maike Plaumann, Internistin, Diabetologin, Ernährungsmedizinerin
Diabetes Kröpcke
Rathenaustraße 16, 30159 Hannover
Tel. (0511) 36 39 76
Internet: www.diabetes-kroepcke.de
Interviewpartner im Beitrag:
Dr. Claudia Drobik
Marckmannstraße 88a, 20539 Hamburg
Tel. (040) 78 68 00, Fax (040) 78 07 28-01
Internet: www.praxis-drobik.de
Prof. Dr. Christian Sina
Leiter Institut für Ernährungsmedizin
Oberarzt Medizinische Klinik I
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck
Tel. (0451) 3101-8401
Internet: www.innere1.uni-luebeck.de
Tomaten, Nüssen, Sardinen,
Sojabohnen
fettem Fisch wie Hering
oder Aal, Kalbfleisch, Pilzen
Hagebutten, Sanddorn,
Zitrusfrüchten, Paprika,
Erdbeeren, Kiwi,
Preiselbeeren, Brokkoli,
Tomaten, Kohl
Eigelb, fetten
Milchprodukten wie Käse,
Kohl, Spinat,
Sonnenblumenöl, Leber,
Geflügel
Nüssen, Eiern, Milch, Fisch,
Fleisch, Innereien
Hefe, Getreide, Pilzen,
Hülsenfrüchten, Eigelb,
Hering, Leber
Weitere Informationen:
Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.
Godesberger Allee 18, 53175 Bonn
Internet: www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/
Empfehlungen zur vollwertigen Ernährung
Vegetarierbund Deutschland e.V.
Genthiner Straße 48, 10785 Berlin
Internet: www.vebu.de/fitness-gesundheit/naehrstoffe/
Nährstoffempfehlungen für Vegetarier, Veganer und andere
Ratgeber:
Andreas Jopp: Risikofaktor Vitaminmangel.
184 S.; Trias (2010; 4. Aufl.); € 17,99
Uli P. Burgerstein: Handbuch Nährstoffe – Vorbeugen und heilen durch ausgewogene Ernährung.
656 S.; Trias (2012; 12.überarb. Aufl.); € 39,99
TIA – Minischlaganfall nicht unterschätzen!
Eine leichte Lähmung in der Hand, ein Taubheitsgefühl im Bein, plötzlich Probleme beim ganz
normalen Sprechen oder ein kurzfristiger Blackout: Solche sogenannten Transitorischen
Ischämischen Attacken (TIA) sind nicht selten Vorboten eines schweren Schlaganfalls und ein
Notfall, der unbedingt ernst genommen werden muss, auch wenn die Symptome nach wenigen
Sekunden oder Minuten von selbst wieder verschwunden sind. Denn das Risiko für einen schweren
Schlaganfall ist in den Tagen nach einer TIA stark erhöht. Deshalb sollten alle Betroffenen, die auch
nur vorübergehende Symptome haben, mindestens drei Tage lang möglichst auf einer
Schlaganfallspezialstation, der sogenannten Stroke Unit, überwacht werden. Dort werden
eventuelle Blutgerinnsel mit blutverdünnenden Medikamenten aufgelöst.
In manchen TIA-Fällen kommt es auch zu einem kurzfristigen Sehverlust. Betroffene sollten sofort
einen Arzt aufsuchen. Ein kurzer Verlust der Sehfähigkeit ist eine Sonderform der TIA, die
Amaurosis fugax (Durchblutungsstörung im Sehzentrum). 20 Prozent der Betroffenen erleiden
anschließend einen Schlaganfall. Ursache der Amaurosis fugax kann zum Beispiel eine verengte
Halsschlagader sein, in der sich kleine Blutgerinnsel bilden, die ins Gehirn gelangen können. Mit
einem Stent, der die Halsschlagader offenhält, und Blutverdünnern lässt sich dieses Risiko meist
gut ausschalten.
Wichtig ist es, eine TIA immer ernst zu nehmen und sofort einen Arzt aufzusuchen. Sollte es in den
Tagen nach der TIA zu einem massiven Schlaganfall kommen, muss sofort der Notarzt gerufen
werden, damit der Betroffene ohne Zeitverlust in die nächste dafür ausgerüstete Klinik gebracht
wird. Denn wird der Schlaganfall rechtzeitig diagnostiziert, können die Ärzte auf einer Stroke Unit
das für den Schlaganfall verantwortliche Blutgerinnsel wieder auflösen. So lassen sich bleibende
Schäden verringern und oft sogar ganz verhindern. Doch diese Behandlung ist nur in den ersten
viereinhalb Stunden nach dem Auftreten der ersten Symptome möglich.
Schnellcheck Schlaganfall

Bitten Sie den Betroffenen, zu lächeln! Ist das Gesicht dabei einseitig verzogen, deutet das
auf eine Halbseitenlähmung hin. Das ist ein Hinweis auf eine Durchblutungsstörung im
motorischen Zentrum des Gehirns.

Bitten Sie den Betroffenen, die Augen zu schließen, die Arme nach vorn zu strecken und die
Handflächen nach oben zu drehen. Wenn die Arme nicht gleichzeitig gehoben und die
Handinnenflächen nach oben gedreht werden können, also sinken und sich drehen, deutet
auch das auf eine Störung der Motorik hin.

Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage
oder klingt die Stimme verwaschen? Versteht die Person die Aufforderung nicht? Das
Sprachzentrum im Gehirn kann dann betroffen sein.
Interviewpartner im Studio:
Prof. Dr. Christian Gerloff, Direktor
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Kopf-Neurozentrum
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52, 20246 Hamburg
Tel. (040) 74 10-527 70
Internet: www.uke.de/kliniken-institute/kliniken/neurologie
Interviewpartner im Beitrag:
Dr. Gerhard Hermes
Chefarzt Klinik für Neurologie und Geriatrie
Bethesda Krankenhaus Bergedorf gGmbH
Glindersweg 80, 21029 Hamburg
Tel. (040) 725 54-12 41
Internet: www.klinik-bergedorf.de
Weitere Informationen:
Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe
Schulstraße 22, 33311 Gütersloh
Service- und Beratungszentrum
Tel. (05241) 97 79-0 (Mo.-Do. 9-17 Uhr, Fr. 9-14 Uhr)
Internet: www.schlaganfall-hilfe.de
Kompetenznetz Schlaganfall
Charité Campus Mitte
Charitéplatz 1, 10117 Berlin
Internet: www.kompetenznetz-schlaganfall.de
Ratgeber:
Michael Hessinger u.a.: Schlaganfall: Erkennen – Rehabilitation – Vorbeugung.
94 S.; Verlagshaus der Ärzte (2012); € 14,90
Annette Kerckhoff, Johannes Wilkens:
Was tun bei Schlaganfall: Vorbeugung und Nachbehandlung.
92 S.; Natur und Medizin (2015; 2. Aufl.); € 5,90
Tollwutgefahr – Fledermäuse übertragen Erreger
Ihre Zähne sind spitz wie Stecknadeln und durchdringen sogar Handschuhe. Doch gefährlicher
kann der Speichel von Fledermäusen sein: Er kann alle Arten von Bakterien und Viren enthalten –
bei afrikanischen Arten sogar das Ebola-Virus. Auch hier im Norden kann der Biss einer Fledermaus
lebensgefährlich sein: In einigen Fledermäusen im Landkreis Leer wurden gehäuft Tollwutviren
nachgewiesen, die bei einem Biss übertragen werden. Bekommt der Betroffene nicht innerhalb
weniger Tage ein Gegenmittel gespritzt, kann das tödlich enden.
Das Problem: Immer häufiger werden Fledermäuse auf der Straße oder im Garten auf dem Boden
gefunden. Oft heben Menschen die Tiere auf, um ihnen zu helfen. Und dabei kommt es vor, dass die
Tiere mit ihrem spitzen Gebiss zuschnappen. Bekommt man anschießend Fieber, ist das ein
mögliches Anzeichen für eine Tollwut. Beim Biss gelangen die Viren mit dem Speichel des Tieres in
die Bisswunde, wo sie einige Tage verbleiben und sich vermehren, bevor sie sich ihren Weg über
die Nerven bis ins Rückenmark bahnen – und von dort ins Gehirn. Das kann eine Woche, aber auch
mehrere Monate dauern. Die Folgen sind fatal: lebensbedrohliche Entzündungen von Rückenmark
und Gehirn.
Besteht der Verdacht auf Tollwut, muss auf jeden Fall nachträglich geimpft werden – mit einem
sogenannten Passivimpfstoff, der direkt in die Wunde gespritzt wird. Das ist die einzige Möglichkeit,
mögliche lebensgefährliche Komplikationen zu verhindern. Den Impfstoff gibt es jedoch nur in
besonderen Notfallzentren. Leider schätzen nicht alle Ärzte die Gefahr der Fledermaustollwut
richtig ein: Manche verwechseln die Tollwutviren der Fledermaus mit denen des Fuchses. Die
haben aber überhaupt nichts miteinander zu tun. Die betroffenen Landkreise im Norden haben
sicherheitshalber alle Ärzte über die von den Fledermäusen ausgehende Gefahr informiert – und
darüber, wie im Notfall sofort geimpft werden muss.
Derzeit sind auffällig viele Fledermäuse im Norden infiziert. Die Fledermaus-Tollwutviren
unterscheiden sich deutlich von denen anderer Tiere, etwa der Füchse. Bei den hiesigen
Fledermäusen kommen drei verschiedene Tollwutviren vor. Betroffen sind nur einige der 25 Arten,
die aber im Norden sehr weit verbreitet sind. Fledermausexperten vermuten, dass die Tiere im
nassen Sommer zu wenig Nahrung gefunden haben und deshalb ihr Immunsystem geschwächt ist,
so dass sich die Viren in ihrem Körper vermehren. Das Tier wird krank, fällt geschwächt zu Boden
und wird gefunden. In Panik beißen die Tiere dann oft zu.
Ob ein Tier Tollwutviren in sich trägt, können nur Experten im Labor nachweisen. Dem Tier sieht
man es nicht an, aber man muss damit rechnen, wenn es sich atypisch verhält: Liegt es auf dem
Boden oder kreuzt es tagsüber auf, stimme etwas nicht, warnen Experten. Sollte es erforderlich
sein, eine Fledermaus zu bergen, darf man sie nicht mit bloßen Händen anfassen. Auch
Handschuhe bieten keinen ausreichenden Schutz gegen die kleinen, sehr spitzen Zähnchen.
Experten empfehlen, das Tier mit einem Kehrblech oder einer Schaufel in einen festen Behälter zu
legen oder das Veterinäramt anzurufen.
Übrigens: Die Tollwut wird ausschließlich über Speichel auf Hautwunden übertragen. Von Kot geht
keine Gefahr aus. Ohne direkten Kontakt zu den Tieren sind auch Hausbesitzer mit einem
Fledermausquartier, zum Beispiel im Dachstuhl, keiner erhöhten Gefahr ausgesetzt. Solange man
die Tiere nicht anfasst, werden selbst tollwütige Fledermäuse Menschen nicht angreifen.
Interviewpartner im Beitrag:
Dr. med. vet. Angelika Hepp, Tierärztin
Amt für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung
Friesenstraße 30, 26789 Leer (Ostfriesland)
Internet: www.landkreis-leer.de/Leben-Lernen/Natur-Tiere-Umwelt/Veterinäramt
Axel Roeschen, Diplom-Biologe
Geschäftsführer NABU Umweltpyramide
Huddelberg 14, 27432 Bremervörde
Internet: www.nabu-umweltpyramide.de
Mechthild Schäpker, stellvertretende Amtsärztin
Gesundheitsamt Landkreis Leer
Jahnstraße 4, 26789 Leer
E-Mail: [email protected]
Internet: www.landkreis-leer.de/Leben-Lernen/Gesundheit-Verbraucher/Gesundheitsamt
Theodor Poppen, Fledermaus-Regionalbetreuer
Landkreis Aurich
Amt für Planung und Naturschutz
Fischteichweg 7-13, 26603 Aurich
E-Mail: [email protected]
Internet: www.landkreis-aurich.de/197.html
Dr. Norbert Heising, Geschäftsführer
Zweckverband Veterinäramt JadeWeser
Abteilungsleiter Veterinärwesen
Postfach 2169, 26414 Schortens
E-Mail: [email protected]
Internet: www.jade-weser.de
Weitere Informationen:
NABU e.V.
Charitéstraße 3, 10117 Berlin
Fledermaushotline: 030-284984-5000
Internet: www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/fledermaeuse/arten/
Ratgeber:
Klaus Richarz: Fledermäuse beobachten, erkennen und schützen
144 S.; Franckh Kosmos (2015; 3. Aufl.); € 9,99
Kniegelenk-Transplantation
Mit fremden Knochen und Knorpelgewebe eines Spenders einen Knorpelschaden im Knie
reparieren – daran forschen Mediziner in Hannover. Bisher lassen sich nur unfallbedingte
Knorpelschäden mit einem Durchmesser von bis zu vier Zentimetern mit einer
Knorpelzelltransplantation aus eigenem Gewebe reparieren (ACT). Dabei wird ein kleines Stück
Knochen und Knorpel aus einer gesunden Stelle am Knie des Patienten herausgestanzt und daraus
im Labor neues Knorpelgewebe gezüchtet. Der neue Knorpel aus eigenen Zellen wird passgenau
eingefügt und wächst ein.
Patienten mit einer größeren Verletzung blieben bislang als einzige Alternativen nur ein künstliches
Kniegelenk oder eine Teilprothese. Gerade für junge Patienten war das nicht befriedigend, denn die
künstlichen Gelenke haben eine begrenzte Lebensdauer und müssen immer wieder ausgetauscht
werden. Dabei geht jedes Mal weiterer Knochen verloren. Die Gewebespende eines anderen
Menschen soll ihnen nun helfen, wieder ohne Schmerzen gehen zu können. Das Spenderknie wird
im OP passgenau zugeschnitten. Die Zellen im Spendermaterial müssen noch intakt sein, damit das
Implantat in den Knochen des Patienten einwachsen kann. Und die neue Knochen-Knorpelschale
muss so dünn wie möglich sein – nur dann gibt es keine Abstoßungsreaktionen, beobachteten die
Forscher.
Anders als bei Organtransplantationen müssen die Patienten anschließend nicht lebenslang
Medikamente einnehmen, um die Abstoßung zu unterdrücken. Bislang wurde das Verfahren erst bei
wenigen Patienten durchgeführt. Auch verletzte Schulter- und Fußgelenke wurden in Hannover
inzwischen so behandelt. Langzeitbeobachtungen gibt es allerdings noch nicht. Das Verfahren
befindet sich noch in der Entwicklung und ist in Deutschland bislang einzigartig.
Sowohl die Knorpelzelltransplantation aus eigenem Gewebe (ACT) als auch die neue GelenkflächenTransplantation setzen voraus, dass an anderer Stelle im Gelenk der Knorpel gesund und
funktionsfähig ist. Das ist bei fortgeschrittener Arthrose meist nicht der Fall. Bei Arthrose ist der
Knorpelschaden ist nicht auf einen bestimmten Bereich begrenzt, so dass die KnorpelErsatzverfahren für diese Patienten in der Regel nicht in Frage kommen..
Interviewpartner im Beitrag:
Prof. Dr. Christian Krettek, FRACS
Direktor Klinik für Unfallchirurgie
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover
Tel. (0511) 532-20 99, Fax (0511) 532-58 77
Internet: www.mh-hannover.de/unfallchirurgie.html
Priv.-Doz. Dr. Jan Philipp Petersen, Leitender Oberarzt
Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52, 20246 Hamburg
Tel. (040) 74 10-53 459, Fax (040) 74 10-545 69
Internet: www.uke.de/kliniken/unfallchirurgie
Dr. Wimmer: Wundversorgung
Im Alltag kommt es immer wieder zu kleinen Verletzungen. Meist genügt ein einfaches Pflaster!
Doch geht der Schnitt mal tiefer, kommt es auf schnelle Hilfe an, damit sich die Wunde nicht
infiziert oder Blutungen schnell gestoppt werden. Wollen Sie helfen, ziehen Sie zuerst
Schutzhandschuhe an! Setzen oder legen Sie den Betroffenen hin. Durch starken Blutverlust kann
es zu einem Kreislaufschock kommen. Das erkennen Sie daran, dass die Person blass wird. In
diesem Fall lagern Sie die Beine des Betroffenen hoch! Wunden werden in der Regel nicht
ausgewaschen oder desinfiziert! Wichtig ist hingegen eine sterile Abdeckung, zum Beispiel mit
einer Wundkompresse. Wählen Sie den richtigen Verband je nach Stärke der Blutung. Geringe
Blutungen können Sie mit einem Pflaster versorgen. Mäßige Blutungen lassen sich zum Beispiel mit
Kompressen und Heftpflaster oder einem Verbandpäckchen stoppen. Starke Blutungen benötigen
einen Druckverband. Übrigens: Abbinden bei starken Blutungen empfiehlt sich nicht! Bei einer
starken Blutung am Arm können Sie entweder abdrucken oder den Arm hoch lagern. Egal, ob große
Verletzung oder nur ein kleiner Schnitt: Es kann die Gefahr einer Tetanusinfektion bestehen!
Schauen Sie also mal in Ihren Impfpass, wann die letzte Impfung war – denn diese liefert nur zehn
Jahre einen Vollschutz! Danach kann aus einem kleinen Schnitt ein lebensgefährliches Problem
werden.
Interviewpartner im Beitrag:
Was Sie über gängige Krankheiten wissen müssen
Dr. Johannes gibt Auskunft:
Internet: http://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Dr-Johannes-erklaert-Krankheiten-imVideoglossar,doktorjohannes100.html
Ohrstöpsel – den Lärm richtig ausschalten
Straßenlärm, laute Musik, nervtötendes Schnarchen – typische Geräusche, die uns um den Schlaf
bringen und auf die Nerven gehen können. Da sind Ohrstöpsel oft die einzige Rettung. Es gibt viele
verschiedene Modelle – aber welche sind die besten?
Wattebällchen mit einem harten Kern aus Vaseline und Wachs sind der Klassiker. Diese Ohrstöpsel
lassen sich weich formen und ins Ohr stecken. Statt Watte wird bei anderen Modellen Silikon
verwendet - damit soll man auch schwimmen können. Andere besitzen Silikon-Flügelchen oder
Bänder zum sicheren Herausziehen, es gibt Einwegstöpsel und waschbare Modelle.
Gefährlich sind Ohrstöpsel nur, wenn man sie falsch benutzt und dabei die Gehörganghaut verletzt.
Und zu häufiges Verwenden kann zu Entzündungen führen. Bei richtigem Gebrauch aber schützen
die Stöpsel das Gehör vor Lärm. Ein lauter Schnarcher mit 70 Dezibel stört dann nicht mehr. Ein
Lkw mit 90 Dezibel wird leiser und selbst eine Kreissäge mit 120 Dezibel fast erträglich. Schon ab
85 Dezibel drohen Hörschäden. Ohrstöpsel können diesen vorbeugen, weil sie den Lärm um 10 bis
zu 35 Dezibel senken, sofern sie richtig verwendet werden. Die Stöpsel müssen sauber sein und die
Ohren trocken. Sonst bildet sich hinter dem Pfropfen ein feuchtwarmes Klima, ein idealer
Nährboden für Bakterien. Die Wachs- und Silikon-Bällchen werden zu einem Keil geknetet und zur
Hälfte ins Ohr geschoben. Der Rest wird in der Ohrmuschel verteilt, damit das ganze Ohr dicht ist
und der Pfropfen nicht gleich wieder heraus fällt.
Etwas einfacher sind Modelle aus Schaumstoff zu handhaben. Auch hier braucht man erstmal einen
spitzen Keil. Sitzt der im Gehörgang, dehnt er sich dort wieder aus und macht dicht. Experten
empfehlen Mehrwegstöpsel aus Silikon, die gut einzusetzen und leicht zu entfernen sind. Der Druck
auf die Haut des Hörganges ist bei diesen Stöpseln relativ gering. Auch Schaumstoff-Stöpsel, egal
ob Kegel oder Zylinder, sind relativ leicht und rückstandsfrei zu entfernen. Man kann sich seine
Ohrstöpsel übrigens auch selbst machen: Dafür einfach Kosmetiktücher zusammendrehen und in
die Ohren stecken.
Interviewpartner im Beitrag:
Priv. Doz. Dr. Miklos Toth
Oberarzt Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52, 20246 Hamburg
Internet: www.uke.de/kliniken-institute/kliniken/hals-nasen-und-ohrenheilkunde
Abenteuer Diagnose: POEMS-Syndrom
Der Hobbygitarrist Gerardo C. hat auch zwei Monate nach einer überstandenen Grippe noch keine
Kraft in seinen Beinen. Die Hausärztin ist alarmiert, als ihr Patient keinerlei Reflexe zeigt – sind das
Anzeichen für ein ernstes Nervenleiden? Sie überweist ihn in die Neurologie der Göttinger Uniklinik.
Der Neurologe prüft die Reflexe, misst die Geschwindigkeit, mit der die Bein-Nerven arbeiten und
entnimmt eine Probe vom Nervenwasser. Die Lumbalpunktion zeigt den typischen Befund eines
Guillain-Barré-Syndroms – eine aufsteigende Lähmung von den Beinen zu Armen und Händen. Beim
Guillain-Barré-Syndrom greift das Immunsystem die eigenen Nervenzellen an. Die amoklaufenden
Antikörper zerstören zunächst die Isolierung der Nervenstränge. Dann vernichten sie die
Leitungsfasern. Die fortschreitenden Lähmungen werden lebensbedrohlich, wenn sie die Atmung
betreffen oder zu schweren Herzrhythmusstörungen führen.
Die Lähmung bei Gerado C. ist noch nicht weit fortgeschritten. Immunglobuline sollen die
aggressiven Abwehrzellen in seinem Körper durch gesunde Zellen ersetzen. Das stoppt die
Lähmung und Gerado C. kann wieder Gitarre spielen. Dann ein Rückfall: Aus heiterem Himmel ist
die Lähmung wieder da – und sie steigt weiter auf. Der Göttinger Neurologe filtert die
amoklaufenden Antikörper nun per Blutwäsche aus dem Blut. Die heftige Therapie scheint
erfolgreich zu sein, drei Wochen geht der Patient in die Reha, um die motorischen Fähigkeiten
aufzutrainieren.
Anschließend geht es Gerado C. monatelang nicht schlechter – die Krankheit scheint gestoppt.
Doch dann erwacht die heimtückische Lähmung ein drittes Mal und kriecht in seine Hände! Gerado
C. kann nicht mehr Gitarre spielen. Der Neurologe vermutet nun eine besonders schwere
Ausprägung des Guillain-Barré-Syndroms: das CIDP – die chronische Form des Nervenleidens.
Der Spezialist verordnet erneut Immunglobuline, aber diesmal zusätzlich Kortison. Doch die Mittel
schlagen nicht an. Auch eine weitere Blutwäsche stoppt die Lähmung nicht. Dann besucht der
Neurologe eine Ärztefortbildung, bei der ein Bochumer Nerven-Spezialist über das Guillain-Barré-
Syndrom, das Versagen der üblichen Therapien und erfolgreiche, moderne Medikamente spricht.
Schon am nächsten Tag wird Gerado C. nach Bochum transportiert. Doch der Spezialist ist
skeptisch: Das rasche Fortschreiten spricht gegen das Guillain-Barré-Syndrom. Er erinnert sich an
einen Patienten mit ähnlichen Lähmungen, aber die Ursache war nicht das Immunsystem, sondern
ein versteckter Krebsherd. Bei einer simplen Tastuntersuchung stößt der Spezialist auf eine winzige
Beule am Brustbein.
Gerardo C. kommt sofort in ein spezielles PET-CT, in dem besonders aktive Gewebe wie Krebsherde
sichtbar werden. Und tatsächlich leuchtet die Stelle am Brustbein hochaktiv. Der Patient wird auf
die Krebsstation verlegt und nach Hautfärbung und Haarwachstum befragt. Schnell steht die
Diagnose: In der kleinen Beule am Brustbein werden Krebszellen nachgewiesen – eine Art
Blutkrebs: Hier ist eine blutbildende Knochenmarkzelle entartet. Sie vermehrt sich ständig und
produziert Massen von Antikörpern – und zwar genau die Sorte, die das Immunsystem beim
Guillain-Barré-Syndrom bildet. Die Antikörper greifen die Nerven an und führen zu den typischen
Veränderungen an Haut und Haaren. Es ist das POEMS-Syndrom. Bis der seltene Blutkrebs besiegt
ist, kämpft Gerado C. ein halbes Jahr: Drei Chemotherapien und eine Knochenmarktransplantation
sind nötig.
Interviewpartner im Beitrag:
Prof. Dr. David Liebetanz
Klinik für Klinische Neurophysiologie
Universitätsmedizin Göttingen
Robert-Koch-Straße 40, 37075 Göttingen
Internet: www.neurologie.uni-goettingen.de
PD Dr. Min Suk Yoon
Klinik für Neurologie
St. Josef- und St. Elisabeth-Hospital gGmbH
Gudrunstraße 56, 44791 Bochum
Internet: http://neurologie.klinikum-bochum.de
Dr. Nadine Höffken
Medizinische Klinik 1, Abteilung für Hämatologie und Onkologie
St. Josef- und St. Elisabeth-Hospital gGmbH
Gudrunstraße 56, 44791 Bochum
Internet: http://josef-hospital.klinikum-bochum.de/abteilung-fuer-haematologie-undonkologie.html
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