ONORM B1300, Engelbert Spiß

ÖNORM B 1300
Objektsicherheitsprüfungen für Wohngebäude
Prok. Ing. Engelbert Spiß
NEUE HEIMAT TIROL, Innsbruck
Innsbruck, 10. 9.2016
Agenda

Ausgangslage und Anwendungsbereich

Verantwortung, Risiken

Fachbereiche der ÖNORM B 1300
–
Technische Objektsicherheit
–
Gefahrenvermeidung und Brandschutz
–
Gesundheits- und Umweltschutz
–
Einbruchsschutz und Schutz vor Außengefahren

Prüfroutinen in der Praxis – Checklisten

Resümee/Ausblick

MEHRWERT?!
22. St. Wolfganger Tage 10.9.2016
Ausgangslage
22. St. Wolfganger Tage 10.9.2016
Grundlagen
 Bundes,- Landesgesetze (ABGB, MRG, WEG,
Elektrotechnikgesetz, Gasgesetz, Heizanlagengesetz,
Wasserrecht, usw.)
 Landesverordnungen (techn. Bauvorschriften,
Kaminkehrordnung)
 OIB Richtlinien
 Ö-Normen
 Din Normen
 VDMA`s (Lüftungsanlagen)
 ÖVE – Vorschriften, Elektrotechnikverordnungen
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Ausgangslage
Verantwortung, Verpflichtungen, Risiken
• Abwendung von Gefahren und Gewährleistung der Sicherheit
des Gebäudes bzw. der Liegenschaft
• ABGB § 1318, 1319 (Haftung für ein Bauwerk), ABGB § 1319a Haftung
für einen Weg
Verpflichtung zur Instandhaltung
• Bauordnungen (z.B. Tirol § 40 (1)TBO)
• MRG (§ 3 Abs 1,2)
• ABGB § 1096 Gebrauchstauglichkeit
• Richtlinie, Bescheide, Erlässe …
• Normen
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OIB Richtlinien
OIB … Österreichisches Institut für
Bautechnik
OIB 1 Mechanische Festigkeit, Standsicherheit
OIB 2  Brandschutz
OIB 3 Hygiene, Gesundheit, Umweltschutz
OIB 4  Nutzungssicherheit, Barrierefreiheit
OIB 5  Schallschutz
OIB 6  Energieeinsparung und Wärmeschutz
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Aktueller Status – OIB Richtlinien 2015
Bundesland
OIB-Richtlinien 1 bis 5
Burgenland
(OIB-Richtlinien 2011
noch in Kraft)
Kärnten
(OIB-Richtlinien 2011
noch in Kraft)
Niederösterreich
(OIB-Richtlinien 2011
noch in Kraft)
Oberösterreich
(OIB-Richtlinien 2011
noch in Kraft)
Salzburg
Steiermark
Tirol
Vorarlberg
Wien
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OIB-Richtlinie 6
27. Mai 15
(OIB-Richtlinie 2011 noch
in Kraft)
15. Apr 16
(OIB-Richtlinie 2011 noch
in Kraft)
01. Jul 16
01. Jul 16
1. Jän. 2016
1. Jän. 2016
01. Mai 16
01. Mai 16
(OIB-Richtlinien 2011
noch in Kraft)
02. Okt 15
(OIB-Richtlinie 2011 noch
in Kraft)
02. Okt 15
Rechtliche Ausgangssituation
Unterschiedliche Haftungsmaßstäbe
 Verwaltungsrecht: „Konsensmäßiger Zustand“ nach den
Verwaltungsvorschriften
statische Betrachtung
 Zivilrecht/Strafrecht: „Stand der Technik“ nach Maßgabe
der Zumutbarkeit
dynamische Betrachtung
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Unterschiedliche Haftungsmaßstäbe
 Eine zivil- und strafrechtliche Haftung kommt unter
Umständen schon dann zum Tragen, wenn den
Verwaltungsvorschriften zur Gänze entsprochen wird!
 Ob die Liegenschaft dem „Stand der Technik“
anzupassen ist, liegt daher in der Eigenverantwortung
des jeweiligen Liegenschaftseigentümers!
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Rechtliche Ausgangssituation
Zivilrechtliche Haftungstatbestände
§ 1319 ABGB - Bauwerkshaftung
 Diese Bestimmung legt dem „Besitzer“ eines Bauwerkes
(Gebäude, Baugerüst, Sendemast, Baugrube, Tribüne, etc.)
eine Haftung auf, die durch Einsturz oder Ablösen von
Teilen des Werkes entstanden sind.
 Maßgeblich ist eine Beziehung zum Bauwerk, die den
Besitzer in die Lage versetzt und nach der Verkehrsanschauung auch dazu verpflichtet, Gefahren rechtzeitig
vorzubeugen (es kommt also nicht auf das rechtliche,
sondern auf das tatsächliche wirtschaftliche Verhältnis an).
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Rechtliche Ausgangssituation - Beispiel
 Beispiel Zivilrecht „Balustradenfall“
– Errichtung Gebäude bescheid mäßig (Bj. 1878)
– Generalsanierung im Jahr 1964 aufgrund der
gültigen Normen
– Bei einem Fest Gedränge, Personen stürzten
samt der Balustrade in die Tiefe
OGH: Es sind die im Unfallzeitpunkt gültigen
Normen heranzuziehen
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Haftungsgrundlagen
§93 Straßenverkehrsordnung
Pflichten der Anrainer
(1) Die Eigentümer von Liegenschaften in Ortsgebieten, ausgenommen die Eigentümer von
unverbauten, land- und forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaften, haben dafür zu sorgen, daß
die entlang der Liegenschaft in einer Entfernung von nicht mehr als 3 m vorhandenen, dem
öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteige und Gehwege einschließlich der in ihrem Zuge
befindlichen Stiegenanlagen entlang der ganzen Liegenschaft in der Zeit von 6 bis 22 Uhr von
Schnee und Verunreinigungen gesäubert sowie bei Schnee und Glatteis bestreut sind. Ist
ein Gehsteig (Gehweg) nicht vorhanden, so ist der Straßenrand in der Breite von 1 m zu
säubern und zu bestreuen. Die gleiche Verpflichtung trifft die Eigentümer von Verkaufshütten.
(1a) In einer Fußgängerzone oder Wohnstraße ohne Gehsteige gilt die Verpflichtung nach Abs. 1
für einen 1 m breiten Streifen entlang der Häuserfronten.
(2) Die in Abs. 1 genannten Personen haben ferner dafür zu sorgen, daß Schneewächten oder
Eisbildungen von den Dächern ihrer an der Straße gelegenen Gebäude bzw.
Verkaufshütten entfernt werden.
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Haftungsgrundlagen
§93 Straßenverkehrsordnung:
(3) Durch die in den Abs. 1 und 2 genannten Verrichtungen dürfen Straßenbenützer nicht
gefährdet oder behindert werden; wenn nötig, sind die gefährdeten Straßenstellen ab
zuschranken oder sonst in geeigneter Weise zu kennzeichnen. Bei den Arbeiten ist darauf
Bedacht zu nehmen, dass der Abfluss des Wassers von der Straße nicht behindert,
Wasserablaufgitter und Rinnsale nicht verlegt, Sachen, insbesondere Leitungsdrähte,
Oberleitungs- und Beleuchtungsanlagen nicht beschädigt und Anlagen für den Betrieb von
Eisenbahnen, insbesondere von Straßenbahnen oder Oberleitungsomnibussen in ihrem Betrieb
nicht gestört werden.
 Rechtsgeschäftliche Übertragung auf Dritte zulässig!
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Haftungsgrundlagen
Haftung für Wege: §1319a ABGB
 Haftung für Halter eines Weges (Geh- und
Fahrweg)
 Haftungsprivileg – Grobe Fahrlässigkeit
 Beispiele:
– Durchgangswege auf Liegenschaft
Achtung: keine Verbindungswege innerhalb der
Liegenschaft
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ÖNORM B1300
 ÖNORM B1300 – Objektsicherheitsprüfung
für Wohngebäude – Regelmäßige
Prüfroutinen im Rahmen von Sichtkontrollen
und zerstörungsfreien Begutachten
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Anwendungsbereich
Allgemein
 Eigentümergemeinschaften, Liegenschaftsgemeinschaften
• zahlreiche Prüf und Kontroll- und Überwachungspflichten
• Ziel
• Orientierungshilfe – standardisierte Verfahrensregeln
• regelmäßige Sichtprüfungen von Bauten u. Ausstattung
• Aufmerksamkeit - Gefahrenquellen
• technisches Regelwerk, Empfehlung
• strukturierte Dokumentation
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Anwendungsbereich
ÖNORM B 1300 – für Wohngebäude
• Regelmäßige Prüfroutine im Rahmen von Sichtkontrollen für
bestehende Gesamtanlagen mit Wohngebäuden
• Mit zumindest einer Wohnung
• Ausgenommen sind Wohngebäude mit Dienst-, Natural- oder
Werkswohnungen
• Ausgenommen sind Prüfroutinen in Bestandseinheiten
(z.B. Wohnungen, Büros, Geschäftsräume usw.)
EXKURS: ÖNORM B 1301 –
Objektsicherheitsprüfungen für NICHTWohngebäude (2016 erschienen)
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Fachbereiche der ÖNORM B 1300
• Technische Objektsicherheit
• Gefahrenvermeidung und Brandschutz
• Gesundheits- und Umweltschutz
• Einbruchsschutz und Schutz vor
Außengefahren
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Fachbereich 1 – technische
Objektsicherheit
 Bauliche, technische und organisatorische
Vorkehrungen zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen und vor allem sicheren Gebäudesubstanz
 Elemente der Objektsicherheit sind z.B.
– Gebäudehülle: Dach, Fassade, Fenster, Kaminköpfe
– Tragkonstruktion: Mauern, Decken, Säulen, Stiegen
– Verbindungswege: Wand-, Boden- und Deckenflächen, inkl.
Geländer, Verbindungstüren
– Aufzugsanlagen, Lüftungsanlagen, HKSL- Anlagen
– Außenanlagen: Zugangswege, Zäune, Tore, Parkplätze
– Anlagen der allgemeinen Nutzung: Kellerräume, Trockenräume
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Fachbereich 2 – Gefahrenvermeidung und
Brandschutz
 Bauliche, technische und organisatorische Vorkehrungen
– Vorbeugender und unmittelbarer Brandschutz, TRVB N 116
– Schutz vor Gefahren: Gasaustritt, Blitz-, Stromschlag
– Sicherstellung der Objekträumung im Gefahrenfall
–Elemente der Objektsicherheit sind z.B.
– Brandabschnittsbildende Bauteile (Wände, Decken, Türen)
– Brandschutzeinrichtungen (Brandrauchentlüftungen, usw.)
– Löschwasserversorgungseinrichtungen
– Blitzschutzanlagen
– Fluchtwege und deren Freihaltung
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Fachbereich 3: Gesundheit und
Umweltschutz
 Bauliche, technische und organisatorische
Vorkehrungen zur Aufrechterhaltung gesunder und im
Einklang mit Regelungen des Umweltschutzes stehender
(Lebens-) Bedingungen
 Elemente der Objektsicherheit sind z.B.
– Hygienevorkehrungen betreffend Lüftungsanlagen
(Passivhäuser)
– Hygienevorkehrungen betreffend Warmwasserverteilungsnetz
B 5019
– Hygienevorkehrungen betreffend gemeinschaftlich genutzter
Schwimmbäder und Saunen
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Fachbereich 4: Einbruchsschutz und Schutz
vor Außengefahren
 Bauliche, technische und organisatorische
Vorkehrungen in Zusammenhang mit
– Einbruchsschutz
– Zivilschutz
– Schutz vor Naturgefahren
–Elemente der Objektsicherheit sind z.B.
– Zutrittskontrollen
– Zivilschutzräume
– Anlagen zum Schutz vor Hochwässern
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B 1300 erforderliche Prüfroutinen
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B 1300 erforderliche Prüfroutinen
Bild 2 ÖNORM B 1300 Aufgabenübersicht objektspezifischer
Sicherheitsbelange
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B 1300 erforderliche Prüfroutinen
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Verantwortungsdelegation
* Vgl. Betreiberverantwortung – Helmut Flögl Vortrag v. 25.06.2013
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Feststellung der
Verantwortlichkeiten
Neben der Art der Prüfroutinen und den Maßnahmen
samt der dazugehörigen Überprüfungszyklen wird
seitens der NORM auch die Benennung der
VERANTWORTLICHEN für die Durchführung und den
Ablauf der Prüfroutinen.
Darüber hinaus sind Sicherheitsbeauftragte und
Aufgabenträger festzuhalten.
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Dokumentation
Um der Verpflichtung zur DOKUMENTATION
nachzukommen, bedarf es neben den Checklisten und der
ordnungsgemäß durchgeführten Sichtkontrollen und
Begutachtungen auch der Wahrnehmung von
VERANTWORTUNG.
Dies dient vor allem dem lückenlosen Nachweis im
Bedarfsfalle (bei Personen- oder Sachschäden), dass man
alle Anstrengungen unternommen hat, um etwaige
Gefährdungen zu vermeiden.
(Entfall des Verschuldensvorwurfs).
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B 1300 ObjektsicherheitsPrüfroutinen
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Resümee, Ausblick
Der Großteil der beinhalteten Punkte der
ÖNORM B 1300 sind bereits durch Gesetze,
Bescheide, Auflagen usw. ohnehin zu erfüllen.
 ÖNORM stellt eine gute Zusammenfassung dar
 Checklisten – individuell adaptierbar
 Gebäudedokumentationsunterlagen nach
Gebäudeerrichtung unbedingt notwendig
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Gibt es einen Mehrwert?!
MEHRWERT
 Sichere Objekte
 Werterhalt und Wertsteigerung
 Haftungsthemen minimiert
 Umfangreiche Kenntnis der Objekte
 Kenntnis des Zustandes der Objekte
 Gute Datenstruktur
 Kostenoptimierung in der Erhaltung
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NEUE HEIMAT TIROL
Projekte für die Zukunft entwickeln
Wir bauen Häuser für
die nächsten 100 Jahre.
Danke
Bild Quelle: http://www.roche.de/about/verantwortung/nachhaltigkeit.html
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v
„Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren
Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert.“
Oscar Wilde (1854-1900)
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