LOTUS CAROLL @ FLICKR.COM [CC-BY-NC-SA-2.0]
FOREVER YOUNG?
Visiotype ‚junger Alter‘ in Journalismus und Werbung
Neben der Unterrepräsentanz von Alter(n) und
alternden Körpern in den Medien bleibt das Phänomen einer positiven wie negativen Stereotypisierung
älterer Menschen bestehen. Mit dem Aufkommen der
Sozialfigur der „jungen Alten“ (Bosch 1990; van Dyk
& Lessenich 2009) und einer quantitativen Zunahme
medialer Repräsentationen der 55+-Generation – vor
allem in der Werbung – werden traditionelle Darstellungen jedoch nicht dekonstruiert, sondern um
ein ebenfalls stereotypes, ideologisches Muster
ergänzt. Denn ganz überwiegend wird in der Darstellung der sogenannten „jungen Alten“ anhaltende
bzw. neu erlangte Jugendlichkeit visualisiert und für
„Selbstoptimierung“ geworben.
Der Vortrag widmet sich der übergeordneten Frage
nach dem Appellcharakter und Diskriminierungspotential der Bilder „vorbildlicher“ junger Alter. Zur
Diskussion gestellt werden zum einen die theoretischen Voraussetzungen und Methoden zur Identifizierung visueller Repräsentationen „junger Alter“,
zum anderen die Ergebnisse der Bildanalysen in
Printmedien, die auf eine Quantifizierung und Typologisierung zielen: Von Interesse ist, in welchen
thematischen Zusammenhängen junge Alte präsentiert werden, wofür sie stehen, für welche Haltungen,
Produkte und Dienstleistungen sie werben, worin
sich ihr (Noch-)Nicht-Alt-Sein ausdrückt, welche
weiteren sozialen Kategorien – etwa Klasse, Ethnie
und Geschlecht – mit Alter und Körper visuell
verbunden sind. Dafür nehmen wir sowohl Anzeigen
in Printmedien unterschiedlicher Gattungen in den
Blick, als auch Pressefotos, die redaktionelle Beiträge illustrieren. Beides zu berücksichtigen, ermöglicht
den Vergleich journalistischer und werblicher
Alterskonstruktionen, wobei frühere Studien (vgl.
Thiele, Atteneder & Gruber 2013) gezeigt haben,
dass gerade auch in journalistischen Texten die
Sozialfigur der jungen Alten präsent ist –etwa wenn
es um die Anhebung des Renteneintrittsalters geht.
Das Beispiel zeigt, dass Altersrepräsentationen in
den Medien immer auch politische Implikationen
haben und, wie verschiedene Rezeptionsstudien
belegen (vgl. Derra 2012), nicht ohne Wirkung auf
den gesellschaftlichen Alter(n)sdiskurs sowie individuelle Einstellungen bleiben.
Martina Thiele | Universität Salzburg
[email protected]
Helena Attender | Universität Salzburg
[email protected]
FOREVER YOUNG?
Visiotypes of ‚Young-Elderly‘ in Journalism and Advertisment
Studies on portrayals of elderly in the mass media
have reported a consistent underrepresentation in
proportion to total population. If elderly are represented this images are mostly stereotypical. Also
the upcoming social figure of the so called “youngelderly” (Bosch 1990; van Dyk & Lessenich 2009)
and an increasing number of representations of the
generation 55+ driven by advertising do not lead to
less stereotypical depictions or even to a deconstruction of existing stereotypes.
attention must be paid as well to the political
context as to intersections between age, body,
gender, class and race (Thiele, Atteneder & Gruber
2013). Lastly there is a need of reception studies. As
Derra (2012) could show elder people know about
rising demands on the elderly. On the one hand most
of them criticise the psychosocial pressure to stay
“forever young”, on the other hand they try to adjust
oneself.
We argue that visual communication is as important
as words and numbers in creating meaning. In our
talk we will present findings from a content analysis
and semiotic interpretation of media coverage and
advertisements with an accent of visible representation. The analysis aims at developing a typology of
images of young-elderly used in German and
Austrian newspapers and magazines. Furthermore
we will discuss theoretical and methodological
preconditions to identify visual representations of
young-elderly as well as possibly discriminatory
effects of the new visiotype, which is characterized
by on-going youth, activity, mobility and selfoptimization.
Earlier studies have shown that there is an
increasing number of media representations of the
young-elderly and that at the same time the political
agenda is dominated by issues like the retirement
age or rising costs of health care. For this reason
Literaturauszug | Literature [excerpt]
Bosch, E.-M. (1990). Altersbilder in bundesdeutschen Medien. In G. Straka, T. Fabian & J. Will (eds.), Aktive Mediennutzung im Alter. Modelle und
Erfahrungen aus der Medienarbeit mit älteren Menschen (pp. 77–91). Heidelberg: Roland Asanger.
Derra, J. M. (2012). Das Streben nach Jugendlichkeit in einer alternden Gesellschaft. Eine Analyse altersbedingter Körperveränderungen in Medien und
Gesellschaft. Baden-Baden: Nomos.
Dyk, S. van, & Lessenich, S. (eds.) (2009). Die jungen Alten. Analysen einer neuen Sozialfigur. Frankfurt am Main, New York: Campus.
Horn, M., & Naegele, G. (1976). Gerontologische Aspekte der Anzeigenwerbung. Ergebnisse einer Inhaltsanalyse von Werbeinseraten für ältere Menschen
und mit älteren Menschen. Zeitschrift für Gerontologie 9(6), 463–472.
Thimm, C. (1998). Sprachliche Symbolisierungen des Alters in der Werbung. In M. Jäckel (ed.), Die umworbene Gesellschaft. Analysen zur Entwicklung der
Werbekommunikation (pp. 113–140). Opladen: Westdeutscher Verlag.
Thiele, M., Atteneder, H., & Gruber, L. (2013). Neue Altersstereotype. Das Diskriminierungspotenzial medialer Repräsentationen „junger Alter“. In D. Hoffmann, C. Schwender & W. Reißmann (eds.), Screening Age: Medienbilder – Stereotype – Altersdiskriminierung (pp. 39–53). München: KoPaed.