Fünf Selbstfahrer im Vergleich

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Agrifac, Amazone, Bräutigam/Agrio, Challenger, Dammann:
Fünf Selbstfahrer
im Vergleich
Im zweiten Teil des großen Vergleichs geht es um die Details:
Aufstieg Kabine, Bedienzentrum, Schleppschlauchmontage —
jede Spritze hatte in unserem Test ihre Stärken und Schwächen.
profi-Redakteur Hubert Wilmer hat diese mit Bildern von
Stefan Tovornik zusammengefasst.
IS
icher ist jeder Selbstfahrer zu
komplex, um alle Maschinen bis
ins Detail vorstellen zu können.
Aber schon die vielen Messwerte
im ersten Teil des Tests (profi 12/2011) haben dem einen oder anderen Interessenten
wichtige Ansatzpunkte für eine Auswahl der
richtigen Maschinen gebracht.
Genauso ist das mit den Details bei der
Bedienung und dem Komfort. Wie oft sind
es die Kleinigkeiten, die einem später im Alltag das Leben schwermachen. Denn eines
ist klar: Die Spritztechnik selber ist mittlerweile bei allen Maschinen auf einem sehr
hohen Niveau angekommen. Egal ob Pumpen, Rührwerke oder Ventile — funktionieDie fünf Selbstfahrer von Challenger, Dammann, Amazone, Agrifac
und Bräutigam/Agrio haben
aufgrund der vielfältigen Ausstattungsmöglichkeiten alle ihre Stärken
und Schwächen.
Fotos: Tovornik
ren tun sie alle! Erst wenn man genau hinsieht, findet man die Unterschiede.
Und das können Alleinstellungsmerkmale
wie der „Touchscreen“-gesteuerte Flüssigkeitskreislauf (Agrifac), die komplett automotive Fahrweise auch beim Spritzen (Amazone), ein sehr großer Düsenverstellbereich
(Bräutigam/Agrio), das höhenverstellbare
Fahrwerk (Challenger) oder die GPS-gesteuerte Schaltung jeder Düse als eine von 72(!)
Teilbreiten sein (Dammann).
Genauso können nur die Tracs von Bräutigam und Dammann dank der Schnellverschlüsse z. B. auch für andere Aufbauten wie
Düngerstreuer genutzt werden, während
Agrifac den Condor als Einziger wahlweise
mit zwei Meter Bodenfreiheit anbietet.
Was die Bedienkonzepte angeht, lässt
sich vortrefflich streiten. Interessanterweise haben aber alle Selbstfahrer zwei Terminals — eines vorwiegend für die Fahrzeugbedienung und -überwachung und ein
zweites hauptsächlich für die Spritzenbedienung und -überwachung. Lediglich bei
Agrifac wird nur das GPS über das zweite
Terminal gesteuert.
Noch größere Unterschiede gibt es bei
den Fahrhebeln. Während Amazone, Bräutigam und Dammann auf einen Multifunktionshebel mit acht Tasten und dreifacher
Belegung setzen, nutzt Agrifac den Fahrhebel von Claas. Aus Erfahrung wissen wir
aber, dass man beide Lösungen schon nach
kurzer Zeit „blind“ bedienen kann.
Einen ähnlichen „Gewöhnungseffekt“ wird
es bei den Kabinen geben. Während die
Claas-Kabinen bei Agrifac und Amazone riesige Glasflächen bis auf den Boden bieten,
hat man beim Challenger eine große Lenkkonsole, und beim Dammann-Trac ist die untere Hälfte rundum „zugebaut“. Das stört
aber bei Weitem nicht so, wie die (zu) kleinen Fenster nach hinten. Eine pneumatische
Kabinenfederung hatte nur der Hydrotrac
Während der
Challenger RoGator
mit 2,48 m Breite
auskommt, ist der
Agrifac Condor
3,06 m breit.
Die Claas-Kabine bei Agrifac und Amazone bietet die perfekte Sicht rundum. Bei Dammann ist dagegen der untere Bereich „zugebaut“,
und auch nach hinten hat sie nur zwei kleine Fenster.
von Bräutigam. Wir haben diese aber bei
den anderen Spritzen nicht vermisst, zumal
Bräutigam die Abstimmung noch verbessern
will. Eine Klimaautomatik ist heute Standard, aber nur die Kabinen von Challenger
und Dammann erfüllen laut Prüfbericht die
Kategorie 4 der Norm in Bezug auf die Reduktion von Staub, Dämpfen und Aerosolen.
Die unterschiedlichen Leistungen der
Einspülschleusen hatten wir bereits im
ersten Teil bewertet. Aber auch die Bedienung ist sehr unterschiedlich, obwohl alle
Hersteller immer häufiger auf elektrische
Ventilschaltungen setzen.
Nur ein Beispiel: Bei der Agrifac Condor gibt
es eine sehr gute Füllstandkontrolle von
Haupt- und Klarwassertank über Schwimmer mit Winkelpoti. Außerdem besteht die
Möglichkeit, alle Ventile mit einem Tastendruck zu schließen, um die Filter reinigen
zu können. Dagegen fehlen der kleinen Einspülschleuse Sieb und Skala. Außerdem
braucht man beide Hände, um sie ausklappen zu können.
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Pneumatisch geklappt und mit elektrisch
geschalteten Ventilen — die Einspülschleuse
bei Dammann. Klein, ohne ausreichenden
Dämpfer beim manuellen Klappen und auch
noch scharfkantig — die Schleuse von Agrifac.
Apropos Ausklappen: Bei der Gestängeführung waren die Unterschiede zwischen den
Spritzen geringer als erwartet. Auch hier
sind es eher die Details: So hängen Schleppschläuche bei den zweifach geklappten
36-m-Gestängen (Bräutigam/Agrio, Challenger und Dammann) immer im Aufstieg.
Agrifac Condor
Für das Gestänge mit Trapezaufhängung soll es im nächsten Jahr eine verbesserte Ultraschall-Gestängeführung geben. Statt LED-Düsenbeleuchtung
setzt man bei Agrifac auf Xenon-Licht, um auch das Umfeld auszuleuchten.
Die Kabine vom Claas Jaguar-Häcksler bietet Platz und eine hervorragende Sicht rundum und einen vollwertigen Beifahrersitz.
Die Lenksäule ist dreifach verstellbar.
Der Multifunktionshebel stammt (samt
Beschriftung!) ebenfalls vom Häcksler,
hat aber drei frei
programmierbare
Tasten. Die beiden
großen TouchscreenTerminals haben
eine vorbildliche
Grafik.
Die hydraulisch geklappte Leiter
raubt leider 10 cm Bodenfreiheit.
Im Aufstieg ist ein Ablagefach, und
die Kabine sitzt auf Silentblöcken.
Die Mehrfachdüsenstöcke werden
pneumatisch geschaltet. Ab Frühjahr
2012 bietet Agrifac aber auch eine
Einzeldüsenschaltung für die per GPS
geschaltete „Ein-Düsen“-Teilbreite an.
Mit dem doppelten Düsensatz können auch alle 25 cm Schleppschläuche montiert werden. Aber an dem übergeklappten Gestängeteil knicken die Schläuche entsprechend ab.
Eine elektrische Bedienung gibt es sogar oben
am Fassdom. Dazu passt
die kleine, handgeklappte
Einspülschleuse unten
leider überhaupt nicht.
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Der Behälter hat ein Injektor-Rührwerk (auf
Wunsch mechanisch)
und rotierende Innenreinigungsdüsen. Am
Ende des Edelstahlstabes ist ein Schwimmer
zur Füllstandbestimmung per Winkelsensor.
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Dammann hatte schon die „Ein-Düsen“Teilbreite, während z. B. Amazone und Agrifac
noch mit herkömmlichen Mehrfachüsenstöcken ausgerüstet waren.
Wir fassen zusammen: Die Auswahl der
richtigen Selbstfahrspritze gleicht einem
großen Puzzle. Jede einzelne Maschine hat
(nicht zuletzt aufgrund der teilweise sehr
individuellen Ausstattungsmöglichkeiten)
unterschiedlichste Vor- und Nachteile. Und
diese können nur Sie für Ihren Betrieb abwägen, um damit die optimale Lösung zu
finden. Denn spritzen können sie alle!
Amazone Pantera
Die Kabine stammt
wie bei der Condor
vom Claas Jaguar.
Klimaautomatik und
Kühlschrank bieten
auch hier einen sehr
guten Komfort.
Das vierfach geklappte Gestänge liegt sehr kompakt am Behälter an und
ist über die Parallelogramm-Aufhängung beim Transport federnd abgelegt. Eine Ultraschall-Gestängeführung und die LED-Einzeldüsenbeleuchtung sind Wunschausstattungen.
In dem Aufstieg befindet
sich ein Ablagefach für Handschuhe und Zubehör. Vorne ist
eine Schublade z. B. für den
Saugschlauch.
Der Multifunktionshebel ist von den Anhängespritzen bekannt
und bewährt. Der untere Touchscreen ist fürs Fahrzeug, das
Amatron-III-Terminal hat ein Farbdisplay, beleuchtete Tasten
und vereint Spritz- und GPS-Steuerung. Alternativ gibt es auch
das neue Amapad.
Der GFK-Behälter hat ein Hauptrührwerk mit separater Pumpe sowie ein
Nebenrührwerk vom Rücklauf der
Spritzpumpe. Oben sitzen drei rotierende Innenreinigungsdüsen.
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Neben den Dreifachdüsenkörpern mit DUS-Zirkulation und
LED-Lichtleiste wird es zukünftig auch die neuen, elektrisch geschalteten Vierfachdüsen „Amaselect“ mit Hockdruckzirkulation
und integrierter LED geben.
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Das „Comfort“-Paket enthält den automatischen Befüllstopp,
die Rührwerksregelung und die Reinigungsfunktion.
Der Pumpenantrieb ist unten schaltbar.
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Bräutigam/Agrio
Das zweifach
geklappte
Gestänge ist
über eine Stickstoffblase
gedämpft.
Das „DistanceControl“ von
Müller gibt es
auf Wunsch mit
ausschwenkbaren Sensoren.
Am Fahrzeug
sind mehrere
Ablagefächer.
Die Sicht ist prima, die Lenksäule aber nur
zweifach verstellbar. Über die Fußtaster
werden Vorgewende-Management, Sperre
und Hinterachszentrierung geschaltet.
Die pneumatisch gefederte
Kabine entwickelte Bräutigam
mit einem lokalen Zulieferer.
Die Spritzenbedienung läuft über Joystick und Comfort-Terminal von Müller. Die Fahrstufen können am Joystick oder auf
der Konsole geschaltet werden.
Die pneumatisch geschalteten Zweifachdüsenkörper erlauben einen Druckumlauf. Eine LEDGestängebeleuchtung ist in Vorbereitung.
Challenger RoGator 655
Das zweifach
geklappte Gestänge
liegt so kompakt
an, dass die Spritze
nur 2,48 m breit ist.
Beim Ausklappen
muss man aber mit
den GestängeEnden aufpassen.
Die automatische
Gestängeführung
stammt von Norac.
Der Controller vorne in
der Armlehne ist für das
Fahrzeug, das neue
„X 30“-TouchscreenTerminal für die Spritzenbedienung.
Die Kabine erfüllt die Kat. 4
in Bezug auf die Reduktion
von Staub und Aerosolen.
Der geräumige Aufstieg ist
komfortabel und hat ein
Ablagefach. Nur der untere
Tritt muss mit dem Fuß
hochgeschwenkt werden.
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Die Kabine stammt von der Raupe. Das Lenkrad ist nur zweifach
verstellbar, das Armaturenbrett
stört die Rundumsicht aber nicht.
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Der PE-Behälter ist zwar zerklüftet, hat aber
reichlich Rühr- und Reinigungsdüsen. Der Füllstand wird über einen Drucksensor im Behälterboden bestimmt, der (z. B. bei AHL) entsprechend kalibriert werden muss.
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Dammann DT2500H
Der GFK-Behälter hat Schwallwände in
Längs- und
Querrichtung
sowie ein Rührwerk und Innenreinigungsdüsen.
Die Einspülschleuse wird
hydraulisch
geklappt, und
man kann von
unten Motordrehzahl und
Pumpenantrieb
schalten.
Das zweifach geklappte Gestänge
hatte die hydraulische Anwinkelung
und die „Distance
Control“-Gestängeführung von
Müller.
Das „MC 1“-Terminal ist
für die Spritze, das „Basic“Terminal für das Fahrzeug.
Zukünftig wird es hier ein
neues Terminal geben, das
den Kamera-Monitor darüber überflüssig macht.
Die Tasten auf dem Fahrhebel sind dreifach belegt.
Die Kabine ist unten rundum „zugebaut“,
Sicht nach hinten bieten zwei kleine Fenster.
Der Komfort ist super, große Ablagen
gibt es reichlich.
Schleppschläuche hängen unweigerlich direkt
im Aufstieg.
Die große und
saugstarke Einspülschleuse wird
pneumatisch ausgeschwenkt, und
alle Ventile werden per Knopfdruck geschaltet.
Die Einspülschleuse schwenkt weit
aus, und man
kann die Füllmenge vorwählen.
Eine Füllstandanzeige für den
Frischwasserbehälter gibt es erst
2012.
Die Zweifachdüsenkörper
werden pneumatisch geschaltet.
Statt LED-Licht
beleuchten
Xenon-Scheinwerfer das
Gestänge.
Die Schlepprohre stören nicht nur den Aufstieg,
sondern sind auch hinten am Behälter im Weg.
profi 1/2012
Der schräge Aufstieg samt
Schiebetür ist sehr bequem,
und die Kabine erfüllt die Kat.
4 in Bezug auf die Reduktion
von Staub und Aerosolen.
Die Schleppschlauchmontage ist einfach; sie hängen
aber auch beim Dammann-Trac im Aufstieg.
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In dem GFK-Behälter werden die
Rührdüsen elektrisch hin und her
geschwenkt. Bei
der Behälterreinigung drehen sie
mit 360°.
Alleinstellungsmerkmal: Dammann hatte bereits die elektrische Einzeldüsenschaltung für
die „Ein-Düsen“-Teilbreite, natürlich mit LED-Beleuchtung.
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