„Eine EU-Armee ist nach dem Brexit im Spiel“ Interview mit Botschafter Freytag von Loringhoven für die Tageszeitung Lidové Noviny, 15.9.2016 Nach dem kürzlich stattgefundenen NATO-Gipfel in Warschau hat DEU angekündigt, die Führung des multinationalen Bataillons in LTU zu übernehmen, die BK’in appellierte an die NATO-MS, ihre Verteidigungsbudgets zu erhöhen. Viele Analysten sehen darin eine Wende in der deu. Sicherheitspolitik. Kann das so ausgelegt werden? Nein, eher geht es um eine Anpassung an die neue sicherheitspolitische Lage, in der sich DEU ebenso wie die NATO heute befinden. Wir werden die Verteidigungsaufgaben aufstocken mit Blick auf das von den NATO-Staaten erklärte Ziel, sie auf 2% des jeweiligen BIP zu erhöhen. Es geht konkret aber auch um die Bildung gemischter Bataillone in Polen und dem Baltikum , dies ist auch eine Reaktion auf die russische Aggression auf der Krim und in der Ost-Ukraine. Ich möchte aber betonen, dass DEU immer den Grundsatz vertreten hat, dass Militär und Politik gemeinsam vorgehen sollten. Auf der einen Seite also das Verteidigungspotential der NATO ausbauen, auf der anderen einen Dialog mit RUS suchen. Nicht nur aus CZE, sondern auch aus HUN kam der Gedanke der Schaffung einer europäischen Armee. Wie steht DEU dazu? DEU setzt sich seit langem für weitere Schritte hin zu einer europäischen Armee ein. Diese Zusammenarbeit wird immer wichtiger und erlangt eine neue Dynamik, infolge der Verschlechterung des sicherheitspolitischen Umfelds im Osten Europas und im Nahen Osten. Hinzu kommt: Europa sucht nach dem Brexit-Referendum nach Themen, die den Bürgern zeigen, wozu die Union gut ist, warum sie sie brauchen. Solche Themen liegen vor allem in den Bereichen Sicherheit und Wirtschaft. Die Briten haben sich bislang am stärksten gegen eine weitere Vertiefung der gemeinsamen EUVerteidigung gestemmt. Konkret tritt Deutschland für den Aufbau eines ständigen EU-Hauptquartiers, stärkere Zusammenarbeit bei der Aufklärung und der Herstellung von Lagebildern und gegenseitiger Hilfe der europäischen Armeen bei Transport und Logistik ein. Auch die europäische Rüstungskooperation muss verstärkt werden, z.B. auf dem Gebiet der Cyberabwehr. Sollte es nur eine Zusammenarbeit der Armeen sein, oder auch direkt eine gemeinsame Führung? In Brüssel gibt es schon ein Operationszentrum und DEU hat immer die Ansicht vertreten, dass es (dieses Zentrum) stärkere Kompetenzen bekommen sollte. Bis wohin eine europäische Armee gehen wird müssen die MS präzise Vorstellungen entwickeln und untereinander klären. Sicherheitspolitik betrifft nicht nur die Armee, sondern auch die Polizei. Im Oktober tritt der neue Vertrag über polizeiliche Zusammenarbeit zwischen DEU und CZE in Kraft. Was wird er Polizisten auf beiden Seiten der Grenze ermöglichen? Der Vertrag wurde letztes Jahr von den Innenministern unterzeichnet und er ersetzt das alte Abkommen aus dem Jahr 2000, also noch vor dem EU-Beitritt von CZE. In den 15 Jahren hat sich natürlich viel verändert. Vom Inhalt her umfasst dieser Vertrag, übrigens einer der modernsten in Europa, den die deutsche Polizei hat, viele Themen. Bekämpfung der OK, des Drogenhandels oder Terrorismus. In der Praxis sind z. B. gemeinsame Streifen auf beiden Seiten der Grenze oder die Durchführung polizeilicher Maßnahmen in grenzüberschreitenden Zügen möglich. Am Wochenende finden in Ostrava die NATO-Days statt, wo DEU „Special Partner Nation“ ist. Was können wir uns darunter vorstellen? Jedes Jahr ist ein anderes Land Partner, in diesem Jahr ist es DEU. An den NATO-Days nehmen auch viele andere NATO-MS teil, das Partnerland bekommt aber viel Raum und kann die ganze breite Palette seiner Kräfte aufzeigen – sowohl der zivilen als auch militärischen. Wir haben da eine sehr breite und enge Zusammenarbeit mit Tschechien. Es ist wichtig zu zeigen, wie sich diese Teile ergänzen und zusammenarbeiten. Deshalb wollen wir nicht nur die Bundeswehr vorstellen, sondern auch Polizei, Zoll, das DRK oder das THW. Eine solche Organisation gibt es bei uns nicht. Wozu dient sie? Es ist eine staatliche Zivilschutzorganisation, die bei schweren Krisen und Katastrophen, wie Überschwemmungen oder Erdbeben eingesetzt wird. Der THW hilft Menschenleben zu retten, kommt aber z. B. auch bei der Beseitigung von Ölhavarien zum Einsatz. Und das nicht nur zu Hause, sondern auch im Ausland. Hier ist es interessant, dass es auf ehrenamtlicher Basis funktioniert. Die übergroße Mehrheit der 80.000 Einsatzkräfte macht ihre Arbeit im In- und Ausland ohne Anspruch auf Lohn. Was würden sie den Besuchern in Ostrava empfehlen? Es wird viele und wichtige Ausrüstungsgeräte zu sehen geben, es ist ja eine große Show mit voraussichtlich 200.000 Gästen. Zum Beispiel den Eurofighter oder den Kampfhubschrauber Tiger. Die Bundeswehr wird ihren modernisierten Panzer Leopard II vorstellen. DEU zeigt auch zivile Technik – DRK-Einsatzfahrzeuge, Boote oder Trinkwasseraufbereitungsanlagen. Es wird nicht nur Ausstellung sein, wir wollen die Technik in Aktion vorführen. Sicherlich ist das für Eltern und Kinder interessant, zum Anfassen und auch zum Mitmachen.
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