Ruppiner Tageblatt Vom Kirchturm aus 16.09.2016 Dosse-Kurier Geleit zum Sonntag 17.09.2016 Unser Glaube entsteht durchs Hören Ist der Glaube eine private Sache? Bis heute wird um diese Frage heftig gestritten. Freilich, was einer wirklich denkt und glaubt, lässt sich schwer sagen. Man kann in den anderen Menschen nicht hineinsehen, auch wenn wir es manchmal gern wollten. Es bleibt unverfügbar. Wer in das Innere eines anderen Menschen eindringen will, der begeht einen seelischen Hausfriedensbruch. Andererseits verkümmert der Glaube, wenn er sich nach außen hin nicht zu zeigen wagt. Im Predigttext des 17. Sonntags nach Trinitatis wird sehr deutlich gesagt, woher unser Glaube kommt und wodurch er bestimmt wird. Paulus schreibt: „Der Glaube kommt vom Hören auf die Botschaft. Die Botschaft aber geht zurück auf den Auftrag von Christus.“ (Römer 10,17). Ohne den christlichen Glauben ist die Geschichte unseres Landes nicht zu verstehen. Menschen vor uns haben die Botschaft gehört und gehandelt. Dazu folgende Beispiele aus unserer Geschichte: Das Heiligen-Geist-Hospital zu Wismar wird in einer Beschreibung von Michael Bunners als „Gebaute Liebe“ bezeichnet. In dem Heft steht weiter: „Urkundliche Quellen des Hospitals in Wismar lassen die theologisch-geistesgeschichtliche Konzeption für den Kirchenraum in der Bibel finden. Jesus erzählt im Gleichnis vom großen Abendmahl“ (Lukas Kap. 7, V.15ff), wie ein von seinen Freunden enttäuschter Gastgeber seine Diener auf die Straßen und Gassen der Stadt schickt, um die Armen, Krüppel. Blinden und Lahmen in den vorbereiteten Festsaal zu führen. Dann stellt der Gastgeber fest: „Es ist immer noch Raum da.“ Darauf lässt er die Bedürftigen und Leidenden von den Landstraßen und Zäunen holen: „Nötiget sie, hereinzukommen, auf dass mein Haus voll werde!“ Hospitäler sind Vorläufer unserer Krankenhäuser. Selbst unsere Stadt beruft sich auf die Werte des christlichen Glaubens. Zwei Parteien tragen sogar das „C“ in ihrem Namen. Unsere Verfassung beruft sich auf Gott und vieles mehr. Sich besonders der Notleidenden und Fremden anzunehmen, geht auf Jesus selbst zurück. Zu einem fairen Dialog mit Menschen aus anderen Kulturen kann es nur kommen, wenn wir selbst zu den eigenen Werten stehen. Damit wird unser Glaube öffentlich. Viele haben Angst vor dem Islam, doch ihre eigene Kirche betreten sie selten oder gar nicht. Von Menschen muslimischen Glaubens, die in unserem Land leben, darf zu Recht erwartet werden, die Leistungen des Christentums bei allen Irrtümern zu respektieren. Sicher ist es notwendig, mehr aufeinander zu hören und mehr voneinander zu wissen! Christian Ruch (Pfarrer) Dahlhausen, den 13.09.2016
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