DER BAUERNSPRECHER Rücklieferaktion für Milchbauern Verschafft das nur der Molkerei Luft oder bringt es auch den Bauern etwas? P Hans Meister Buchtipp „Wie viel ist g enug?“ ISBN 978-3-70201381-3, Preis: 19,90 Euro rinzipiell halte ich Rücklieferungen von Milchprodukten der eigenen Molkerei an ihre Milchlieferanten für eine gute Idee. Es müssen dabei drei Kriterien erfüllt sein: Freiwilligkeit, Auswahlmöglichkeit und Preisklarheit der Produkte. Nicht immer ist das so. üblich Produkte via Sammelwagen direkt von seiner Molkerei beziehen könnte. Aber ohne jegliche Auswahl eine derart große Kiste zu bekommen, ist keinesfalls in unserem Interesse.“ Die Niederösterreichische Molkerei (NÖM) hat sich zu einer Rückliefer-Aktion entschlossen. Dazu schreibt mir Landwirt B.: „Die Milchgenossenschaft Niederösterreich hat in Zusammenarbeit mit „ihrer“ Molkerei, also der NÖM AG, ein „Selbsthilfeprogramm“ gestartet, bei dem die Mitglieder die Molkerei aus dem Dreck ziehen sollen. Erste Überlegungen waren durchaus zu begrüßen, die Mitglieder sollten vermehrt auf Produkte der eigenen Molkerei setzen und für diese auch im Bekanntenkreis Werbung machen. Bei einer Versammlung wurde die gute Idee dann zum in meinen Augen sehr bedenklichen „Hilfspaket.“ Aktuell ist es nun so, dass alle rund 3.200 Lieferanten zwei Mal pro Jahr eine „Nöm bleib frisch-Box“ via Kühllieferwagen mit dem Milchsammelwagen zugestellt bekommen und dazu „genötigt“ werden diese für 40 Euro – die natürlich einfach vom Milchgeld einbehalten werden – zu erwerben. Eine aktive Bestellung der Milchbauern ist dazu nicht von Nöten, ein Vorab-Storno ist ebenfalls nicht vorgesehen. Was genau sich in dieser „Schatzkiste“ verbirgt, bleibt für die meisten Mitglieder bis zum Erhalt ein gut gehütetes Geheimnis. Im angehängten Rundschreiben wird der drohend wirkende Satz: „Sollte jemand wider Erwarten die Übernahme des Paketes ablehnen, so ist dies ebenfalls mit der Unterschrift zu bestätigen!“ hinzufügt. Zudem möchte ich anmerken, dass ich Biomilch abliefere und die NÖM ja praktisch keine eigenen Bioprodukte am Markt hat, somit geht auch der Grundgedanke „Produkte aus der eigenen Milch“ zumindest bei den Biobauern am Ziel vorbei. Meine Familie und ich würden es grundsätzlich sehr begrüßen wenn man wie früher Geschäftsführer Leopold Gruber-Doberer von der NÖM AG teilt mir dazu mit: „Wie soeben telefonisch besprochen, haben viele Landwirte an uns den Wunsch herangetragen, dass sie mit den Produkten aus der eigenen Molkerei versorgt werden wollen. Aufgrund der Anforderungen an die Qualität und Hygiene haben wir uns für eine Direktbelieferung der Lieferanten mit einem gekühlten Lieferwagen entschieden. Das Sortiment ist aus organisatorischen Gründen, immerhin beliefern wir mehr als 3.200 Milchbauern, fix zusammengestellt und beinhaltet Biobutter, Topfen, Sauerrahm, Schlagobers, NÖM MIX etc. Kurz gesagt, das Basissortiment für jeden bäuerlichen Haushalt. Die Belieferung erfolgt zeitgleich mit der Milchabholung und ist derzeit zweimal jährlich geplant. Sollte ein Landwirt keinen Bedarf an Milchprodukten aus seiner eigenen Milch haben, so nehmen wir dies zur Kenntnis. Die Produkte werden den Landwirten zu äußerst günstigen und fairen Preisen verrechnet. Wir sind der Überzeugung, damit einen wesentlichen Schritt zur noch besseren Identifikation mit den eigenen Produkten und dem eigenen Verarbeitungsunternehmen zu erreichen. Gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ist ein näheres Zusammenrücken noch wichtiger!“ [email protected], Tel.: 0043/316/821636-167, Fax: DW 151 LANDWIRT 17 / 2016 Zusammenrücken Solche Aktionen funktionieren nur, wenn die Milchbauern als Abnehmer sich genauso ernst genommen fühlen wie jeder andere Kunde. Dabei geht es nicht darum, was für die Molkerei einfach ist. Es muss der Vorteil für die Landwirte dabei klar erkennbar sein. Zusammenrücken allein ist zu wenig. n Diskutieren Sie mit: Molkerei-Rücklieferung: Zwangsbeglückung oder sinnvoll? Internet-Diskussion unter www.landwirt.com/Bauernsprecher 3
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