Zwischenruf vor Leipzig Bis vor wenigen Tagen leitete Michael Schmetz die Geschicke der AG Verleih, in der 36 unabhängige Filmverleih-Unternehmen zusammengeschlossen sind, als Geschäftsführer, wobei ihm der Verband seinen ausdrücklichen Dank für die geleistete Arbeit ausgesprochen hat. Exklusiv für Filmecho zieht Michael Schmetz ein Resümee seiner Arbeit und bezieht Stellung zu weiteren filmpolitischen Themen. „Die Filmkunstmesse Leipzig, auf der 73 Filme gezeigt werden, steht vor der Tür. Und letzten Freitag war auch Annahmeschluss für die Beantragung auf Verleihförderung bei der BKM. Die nächste Möglichkeit gibt es erst wieder 2017. Im September 2017 findet dann auch die nächste Filmkunstmesse statt, auf der ein Teil der Filme mit deutschem Ursprungszeugnis gezeigt werden, die 2016 von der BKM in der Entwicklung, Produktion und/oder im Verleih gefördert wurden. Und es werden sicher auch herausragende Arbeiten gezeigt, die nicht von der BKM gefördert wurden. In dieser Woche starten ebenso herausragende Filme, die im Verleih von der BKM gefördert wurden, aber leider nicht auf der Filmkunstmesse Leipzig zu sehen sein werden – so z. B. ‚Das Geständnis’. Unter der Regie von Bernd Michael Lade spielen etwa Maria Simon, Martin Neuhaus, Ralf Lindermann, Thomas Schuch und Bernd Michael Lade selbst. Diesen aus der Kraft eines hochkarätigen Ensembles entstandenen Film, der am 15. September im Kino Babylon vor der Volksbühne Berlin seine Premiere feiert, würde ich mit den Worten von Kulturstaatsministerin Monika Grütters als ein ‚Leuchtturmprojekt’ bezeichnen. ‚Das Geständnis’ ist in der Produktion ohne jegliche Filmförderung entstanden und kein deutscher Sender wollte sich an der Finanzierung beteiligen. In Hof (2015) fand ‚Das Geständnis’ seinen Verleiher mit Aries Images. Der BKM ist es mit breiter Unterstützung der Filmbranche und mit allen Verbänden in der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) gelungen, die Haushälter der aktuellen Bundesregierung zu überzeugen, den Etat um 15 Mio. Euro auf insgesamt 28 Mio. Euro zu erhöhen. Ihr ist es auch gelungen, diesen Betrag für das Jahr 2017 zu verstetigen. Alle Verbände der deutschen Filmkultur-Wirtschaft werden voraussichtlich daran mitwirken, die Verstetigung über das Jahr 2017 hinaus vor der Bundestagswahl 2017 zu erzielen. Sie tun gut daran, sich nicht im Vorfeld in der Aufteilung der Pfründe gegenseitig zu zerfleischen und die aktuellen Haushälter zu überzeugen, wie wichtig eine starke und gut ausgestattete Filmkultur-Förderung für die Bürger Deutschlands ist, damit diese die vielfältigen Geschichten ihres eigenen Landes im Kino sehen können. Sollte die Verstetigung der o. g. Mittel vor Fortsetzung auf nächster Seite der Bundestagswahl 2017 nicht gelingen, so könnten diese Mittel je nach Wahlergebnis ab dem Jahr 2018 vielleicht nicht mehr zur Verfügung stehen. Im Ergebnis gäbe es dann schlicht 15 Mio. Euro weniger, wobei dieses Geld dann nicht mehr für die Sache des Films zur Verfügung stünde. Einen Film zunächst im Ort des Kinos sehen zu können und nicht im Fernsehen, ermöglicht es den Betreibern, dass dem Film eine Chance auf eine längerfristige Auswertung ermöglicht wird. Es sei denn, der Kinobetreiber setzt den Film selbst vom Programmplan ab. Für den Film ‚Das Geständnis’ wäre dies schade, aber leider auch keine Ausnahme mehr in unserer Kinolandschaft. In den vielen Gesprächen der letzten Tage nach Bekanntgabe durch die AG Verleih wurde ich oft gefragt, warum wir denn nun getrennte Wege gehen – jetzt, wo das Schiff gut im Wind liegt. Dies hat einen einfachen Grund. Die AG Verleih ist jetzt gut aufgestellt, der sechsköpfige Vorstand leistet herausragende Arbeit. Immer mehr Verbände, wie z. B. die Produzentenallianz, HDF Kino und auch die SPIO stehen hinter der AG Verleih. Im parlamentarischen Verfahren wird hoffentlich ein Sitz im Verwaltungsrat der FFA und in der Richtlinienkommission eingerichtet werden. Eine geeinte Branche, die insgesamt bereit ist, die Sache der Unabhängigen zu stützen – dies finde ich klasse und ungewöhnlich, auch wenn natürlich einige Wenige dies nicht unterstützen. Auf der traditionellen Verleiherparty am 21. September in Leipzig treffen sich auf Einladung der AG Verleih die Teams der deutschen Verleiher, die Betreiber der Filmtheater Deutschlands, Produzenten, Förderer und nun auch Experten im Segment der E-Delivery. Schon vor dem Jahr 2020, also in weniger als vier Jahren wird es kaum mehr ein Kino geben, das noch traditionell mit DCPs versorgt wird. Schon jetzt sind viele Kinos Deutschlands durch das französische Unternehmen Ymagis, das holländische Unternehmen Gofilex und z. T. auch durch deutsche Anbieter angebunden. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich für das Vertrauen der Kinobetreiber bedanken, das es z. B. Gofilex ermöglicht hat, diesen Prozess zu beschleunigen. Umkehrbar ist diese Entwicklung ohnehin nicht, genauso wenig wie es die der Digitalisierung vor acht Jahren war. Das Thema E-Delivery wird meines Erachtens Gesprächsstoff der Verleiherparty 2016 sein. Ab dem 1. November werde ich gerne versuchen, mich aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Dänemark heraus daran zu beteiligen zu versuchen, so dass unserer Branche nicht die Geschäftsgrundlage entzogen wird. Viele Menschen wirken daran mit zu versuchen, dass uns nicht das Territorialprinzip entzogen wird und dass uns TTIP nicht den Garaus machen wird. Ich selbst baue gerne Brücken, falle aber auch immer mal wieder ins Wasser. Das erfrischt.“ Michael Schmetz
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