DE DE BEGRÜNDETE STELLUNGNAHME EINES NATIONALEN

Europäisches Parlament
2014-2019
Rechtsausschuss
20.6.2016
BEGRÜNDETE STELLUNGNAHME
EINES NATIONALEN PARLAMENTS
ZUR SUBSIDIARITÄT
Betrifft:
Begründete Stellungnahme der Nationalversammlung der Republik Bulgarien zu
dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates
über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur
Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010
(COM(2016)0052 – C80035/2016 – 2016/0030(COD))
Nach Artikel 6 des Protokolls Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und
der Verhältnismäßigkeit können die nationalen Parlamente binnen acht Wochen nach dem
Zeitpunkt der Übermittlung eines Entwurfs eines Gesetzgebungsakts in einer begründeten
Stellungnahme an die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der
Kommission darlegen, weshalb der Entwurf ihres Erachtens nicht mit dem
Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist.
Die Nationalversammlung der Republik Bulgarien hat die als Anlage beigefügte begründete
Stellungnahme zu dem genannten Vorschlag für eine Verordnung übermittelt.
Gemäß der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments ist der Rechtsausschuss für die
Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips zuständig.
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In Vielfalt geeint
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ANLAGE
DER VORSITZENDE
REPUBLIK BULGARIEN
NATIONALVERSAMMLUNG
HERRN
MARTIN SCHULZ
PRÄSIDENT DES
EUROPÄISCHEN
PARLAMENTS
BETRIFFT: Begründete Stellungnahme der Nationalversammlung der Republik Bulgarien zu
dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über
Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der
Verordnung (EU) Nr. 994/2010
Sehr geehrter Herr Schulz,
In seiner Sitzung vom 20. April 2016 erörterte der Ausschuss für europäische
Angelegenheiten und Kontrolle der EU-Fonds (AEAKEF) der bulgarischen
Nationalversammlung den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und
des Rates über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur
Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010.
Die Mitglieder des AEAKEF befürworten die Initiative der Kommission, Verordnung (EU)
Nr. 994/2010 zu überarbeiten, damit die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten intensiviert und
die Gasversorgung gesichert wird. Zugleich waren sich die Mitglieder des AEAKEF nach
sorgfältiger Prüfung des Entwurfs einer Verordnung unter Berücksichtigung des
Rahmenstandpunkts des Rates für Europaangelegenheiten im Ministerrat der Republik
Bulgarien sowie der Berichte des Ausschusses für Wirtschaftspolitik und Tourismus und des
Energieausschusses der Nationalversammlung darin einig, dass die Nationalversammlung
von den ihr nach Artikel 6 des dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
beigefügten Protokolls Nr. 2 verliehenen Befugnissen Gebrauch machen sollte, eine (hier als
Anlage beigefügte) begründete Stellungnahme zu dem genannten Vorschlag für eine
Verordnung abzugeben.
Gemäß dem vorgeschriebenen Verfahren übersende Ihnen hiermit den angenommenen
Bericht und die begründete Stellungnahme, in denen der Standpunkt der Republik Bulgarien
zu diesem Thema zum Ausdruck kommt.
Anlage: Angenommener Text
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DER NATIONALVERSAMMLUNG
DER REPUBLIK BULGARIEN
REPUBLIK BULGARIEN
DREIUNDVIERZIGSTE NATIONALVERSAMMLUNG
AUSSCHUSS FÜR EUROPAANGELEGENHEITEN UND KONTROLLE
DER EU-FONDS
B E R I C H T
BETRIFFT: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates
über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung
der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 – Punkt 16 des Arbeitsprogramms der
Nationalversammlung im Bereich Europaangelegenheiten für das Jahr 2016 und am
1. April 2016 vom Ministerrat angenommener einschlägiger Rahmenstandpunkt Nr. 60200-20 der Republik Bulgarien.
I. In seiner Sitzung vom 20. April 2016 erörterte der Ausschuss für europäische
Angelegenheiten und Kontrolle der EU-Fonds (AEAKEF) in der bulgarischen
Nationalversammlung den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments
und des Rates über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur
Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010, der als Punkt 16 in das
Jahresarbeitsprogramm 2016 der Nationalversammlung zu Europaangelegenheiten
aufgenommen wurde.
An der Sitzung des AEAKEF nahmen teil: Zhecho Stankov – stellvertretender
Energieminister, Albena Trasieva – Leiterin des Referats für internationale Zusammenarbeit
in der Abteilung für Energiewirtschaft der Direktion für internationale Zusammenarbeit im
Energieministerium sowie Tsvetan Vladikov, Dennitsa Nedeva und Mariana Vasileva –
Regierungssachverständige in der Direktion Koordination von EU-Angelegenheiten der
Verwaltung des Ministerrates.
II. Mit diesem Verordnungsentwurf soll gewährleistet werden, dass alle Mitgliedstaaten über
geeignete Instrumente zur Vorbereitung auf einen Gasversorgungsengpass und zu dessen
Bewältigung verfügen, gleichgültig, ob dieser auf eine Versorgungsunterbrechung oder eine
außergewöhnlich hohe Nachfrage zurückzuführen ist. Der Entwurf einer Verordnung sieht
folgende Maßnahmen vor: bessere regionale Zusammenarbeit und Koordination, im
Einzelnen festgelegte Verpflichtungen und Bereitstellung der erforderlichen Infrastruktur,
bessere
Risikobewertung
und
-prävention,
garantierte
Versorgung
einiger
Verbraucherkategorien („geschützte Kunden“) mit Gas, selbst unter schwierigen
Bedingungen (Versorgungsstandard), und Einführung des Grundsatzes der Solidarität
zwischen den Mitgliedstaaten.
Nach Auffassung der Kommission müssen angesichts der Spannungen zwischen der Ukraine
und Russland auch fünf Jahre nach der Verabschiedung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010
immer noch zusätzliche Maßnahmen erlassen werden, um die Gasversorgungssicherheit in
Europa zu garantieren. Der Kommission zufolge ist die Rechtsgrundlage der vorgeschlagenen
Verordnung Artikel 194 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
(AEUV), der sich auf Maßnahmen zur Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit in
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der Union bezieht. Als Begründung wird angeführt, dass im Falle einer schweren Störung der
Gaslieferungen in die EU die Gefährdung nicht an nationalen Grenzen halt mache, mehrere
Mitgliedstaaten betroffen sein könnten und eine nationale Vorgehensweise zu suboptimalen
Maßnahmen führe und die Folgen einer Krise noch verschärfe. In dieser Hinsicht und nach
eingehender Bewertung der Instrumente, auf die in der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 Bezug
genommen wird, und ihrer Umsetzung durch die Mitgliedstaaten, schlägt die Kommission
vor, dass die regionale Zusammenarbeit und Koordinierung als kosteneffizientester Ansatz
zur Verbesserung der Versorgungssicherheit in der gesamten EU ausgebaut werden sollte.
In dem Entwurf einer Verordnung sind obligatorische regionale Präventions- und
Notfallpläne und regionale Risikobewertungen vorgesehen, die für die (in Anhang I
aufgeführten) verschiedenen Regionen zu erstellen sind. Diese Pläne werden einer
Begutachtung durch Sachverständige unterzogen und in Abstimmung mit den übrigen
Regionen in der Koordinierungsgruppe „Erdgas“ ausgearbeitet, wobei die Kommission
Änderungen an ihnen verlangen kann, bevor sie sie endgültig genehmigt.
Nach den von der Kommission vorgeschlagenen neuen Bestimmungen ergreift jeder
Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, damit bei Ausfall der größten einzelnen
Gasinfrastruktur die technische Kapazität der verbleibenden Infrastruktur, die gemäß der N-1Formel in Anhang II des Entwurfs einer Verordnung bestimmt wurde, in der Lage ist, die
Gasmenge zu liefern, die zur Deckung der Gesamtnachfrage nach Erdgas in dem berechneten
Gebiet an einem Tag mit einer außerordentlich hohen Nachfrage benötigt wird, der mit
statistischer Wahrscheinlichkeit einmal in 20 Jahren auftritt. Zudem werden – bis auf die
aufgeführten ausgenommenen Fälle – dauerhafte physische Kapazitäten für Gasflüsse auf
allen Verbindungsleitungen zwischen Mitgliedstaaten ermöglicht (Artikel 4 Absatz 4 und
Anhang III des Entwurfs einer Verordnung).
Durch die in dem Verordnungsentwurf vorgeschlagenen Änderungen soll dafür gesorgt
werden, dass die zuständigen nationalen Behörden und die Kommission besseren Zugang zu
Informationen erhalten. Sie werden befugt sein, von Erdgasunternehmen im Notfall und unter
gebührend begründeten Umständen Informationen (auch vertraglicher Art) anzufordern.
Überdies müssen die Erdgasunternehmen der zuständigen nationalen Behörde und der
Kommission alle Verträge melden, die für die Gasversorgungssicherheit relevant sind, sobald
diese unterzeichnet oder geändert werden. Dies betrifft langfristige Verträge, die die
Lieferung von mehr als 40 % des jährlichen Erdgasverbrauchs in dem jeweiligen
Mitgliedstaat umfassen.
Keine Änderung ist hingegen für den Versorgungsstandard vorgesehen, der geschützten
Kunden für einen bestimmten Zeitraum die ununterbrochene Gasversorgung garantiert, und
zwar auch im Falle von Lieferengpässen bzw. außergewöhnlich hoher Nachfrage. Die
Kategorie des „geschützten Kunden“ wird beibehalten und umfasst alle an das
Erdgasverteilernetz angeschlossenen Haushaltskunden sowie – unter bestimmten Umständen
und nach Ermessen der Mitgliedstaaten – Fernwärmeanlagen und kleine und mittlere
Unternehmen.
Gemäß
dem
Verordnungsentwurf
ist
die
Anwendung
des
Solidaritätsgrundsatzes zwischen den Mitgliedstaaten obligatorisch. Diesem Grundsatz
zufolge wird in dem Fall, dass sich ein Mitgliedstaat in einer Notsituation befindet, in der
geschützte Kunden nicht versorgt werden, kein Gas an Kunden geliefert, die in anderen, mit
dem Fernleitungsnetz des ersten Landes verbundenen Mitgliedstaaten nicht unter die
Kategorie der „geschützten Kunden“ fallen.
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III. Dem Rahmenstandpunkt des Ministerrates ist zu entnehmen, dass die Republik Bulgarien
den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über
Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der
Verordnung (EU) Nr. 994/2010 im Allgemeinen unterstützt. Gleichwohl beharrt die Republik
Bulgarien darauf, dass ihr angesichts der Zeit und der beträchtlichen Investitionen, die für den
Aufbau der erforderlichen Infrastruktur mit größerer Kapazität benötigt werden, eine
Ausnahmeregelung zugestanden wird, wie sie für Luxemburg, Slowenien und Schweden
(Artikel 4 Absatz 8) bzw. Malta und Zypern (Artikel 19) gilt. Die Republik Bulgarien vertritt
die Auffassung, dass die Kommission durch die vorgeschlagenen Änderungen stärkere
Kontrolle über die Tätigkeiten der Teilnehmer am Erdgasmarkt erlangt. Dies steht zum einen
im Widerspruch zu den Grundsätzen des freien und wettbewerbsorientierten Markts, zum
anderen werden dadurch die Rechte der Mitgliedstaaten in Bezug auf ihre
Vertragsbeziehungen zu Dritten eingeschränkt. Die Republik Bulgarien geht davon aus, dass
Unternehmen bzw. Behörden infolge des Vorschlags für eine Verordnung zusätzliche
Verwaltungslasten entstehen. Schließlich schlägt die Republik Bulgarien vor, einige
Bestimmungen des Verordnungsentwurf zu konkretisieren, damit geregelt wird, welcher
Ausgleich den verpflichteten Parteien für die ihnen auferlegten Verpflichtungen gegenüber
der Gesellschaft gewährt wird.
IV. Der genannte Vorschlag für eine Verordnung wurde vom Ausschuss für
Wirtschaftspolitik und Tourismus in seiner Sitzung vom 13. April 2016 geprüft. In seiner
Stellungnahme erachtet der Ausschuss für Wirtschaftspolitik und Tourismus sämtliche von
der Republik Bulgarien vorgebrachten und in den Rahmenstandpunkt eingeflossenen
Bedenken zu diesem Thema als begründet. Der Ausschuss für Wirtschaftspolitik und
Tourismus führt aus, dass die Annahme des Verordnungsentwurfs keine Änderung des
rechtlichen Rahmens in Bulgarien bewirken, wohl aber erhebliche Verwaltungs- und
Finanzlasten für die bulgarische Wirtschaft mit sich bringen wird.
V. Der Vorschlag für eine Verordnung wurde vom Energieausschuss in seiner Sitzung vom
14. April 2016 geprüft. In seiner Stellungnahme stellt sich der Ausschuss uneingeschränkt
hinter den vom Rat für Europaangelegenheiten im Ministerrat angenommenen
Rahmenstandpunkt der Republik Bulgarien.
VI. Nach Erörterung des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und
des Rates über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur
Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 sowie unter Berücksichtigung der
Stellungnahmen des Ausschusses für Wirtschaftspolitik und Tourismus und des
Energieausschusses gibt die Nationalversammlung der Republik Bulgarien über den
Ausschuss für Europaangelegenheiten und Kontrolle der EU-Fonds folgende begründete
Stellungnahme ab, die den Organen und Einrichtungen der EU übermittelt wird:
1. Der AEAKEF befürwortet die Initiative der Kommission, die Verordnung (EU)
Nr. 994/2010 zu überarbeiten, damit die Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den
Mitgliedstaaten intensiviert und die Gasversorgung gesichert wird.
2. Der AEAKEF ist besorgt darüber, dass die obligatorische Koordinierung zwischen den
Mitgliedstaaten dem Entwurf zufolge in Regionen durchgeführt wird, die von der
Kommission festgelegt werden, und dass keine überzeugenden Nachweise dafür vorliegen,
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dass den Standpunkten der verschiedenen Staaten in angemessener Form Rechnung getragen
wurde. Sollte das Konzept der verpflichtenden regionalen Zusammenarbeit in Zukunft
angenommen werden, müssen – in ständigem Dialog mit allen Mitgliedstaaten – einige
geografische, politische und wirtschaftliche Eigenheiten berücksichtigt werden.
3. Nach Ansicht des AEAKEF wird gegen das in Artikel 5 Absatz 3 des Vertrags über die
Europäische Union (EUV) niedergelegte Subsidiaritätsprinzip verstoßen, da die der
Kommission übertragene Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 3
Absatz 7 des Entwurfs einer Verordnung (in Bezug auf die Zusammensetzung der genannten
Regionen) in dem Gesetzgebungsakt (in Artikel 18 „Ausübung der Befugnisübertragung“)
nicht ausdrücklich festgelegt wird. Dies steht im Widerspruch zu Artikel 290 Absatz 2
AEUV.
4. Der AEAKEF ist der Auffassung, dass der Vorschlag für eine Verordnung mit dem in
Artikel 5 Absatz 4 EUV ausgeführten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht im Einklang
steht, weil er sowohl Mitgliedstaaten als auch Unionsbürgern zusätzliche Verwaltungs- und
Finanzlasten auferlegt und daher über das hinausgeht, was zur Verwirklichung der Ziele des
Entwurfs einer Verordnung erforderlich ist. Durch die Verpflichtung, eine neue Infrastruktur
mit höherer Kapazität aufzubauen, wird die Republik Bulgarien finanziell übermäßig stark
belastet.
5. Schließlich gibt es nach Auffassung des AEAKEF eine weitere Maßnahme, die über das
hinausgeht, was zur Verwirklichung des angestrebten Ziels erforderlich ist, dass nämlich die
Kommission in dem Fall, dass ein Erdgasunternehmen seiner Meldepflicht nicht nachkommt,
ein Vertragsverletzungsverfahren gegen den Mitgliedstaat einleiten kann, dessen zuständige
Behörden befugt sind, den Vertrag zu erhalten oder anzufordern.
In Anbetracht dessen und nach Aussprache im AEAKEF wurden der Bericht und die
zugehörige begründete Stellungnahme mit 14 Stimmen einstimmig angenommen.
DER VORSITZENDE DES AUSSCHUSSES
FÜR EUROPAANGELEGENHEITEN UND
KONTROLLE DER EU-FONDS
SVETLIN TANCHEV
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