8A6LniQo 8 MÜNCHEN ABENDZEITUNG SAMSTAG, 14. 2. 2015 Nach dem Salz ist in die Alte Saline die Kunst eingezogen. König Ludwig I. ließ die Anlage mit den Sudhäusern – hier ist das Hauptgebäude zu sehen – ab 1836 errichten. Top-Kunst für jedermann Die Kunstakademie in der Alten Saline von Reichenhall steht jedem offen – Spitzenkünstler lehren hier als Dozenten, manchmal auch nachts R eichenhall, das steht für Salz, Kuren und diese postkartentaugliche Alpenbeschaulichkeit. Man fragt sich schon, wie es eine bestens vernetzte Kunstmanagerin aus dem dauerbewegten Berlin in den eher beschaulichen Kurort verschlagen konnte. Brigitte Hausmann lächelt da nur. Wer sie in der behutsam renovierten Alten Saline besucht, spürt schnell, dass sie ihr Terrain gefunden hat und Außergewöhnliches entwickeln kann. Die Kunstakademie gibt es dort zwar schon seit fast 20 Jahren, mit der neuen Leiterin gelingt aber nun die Verbindung zur aktuellen Top-Kunstszene. Das Besondere: Jeder kann hier studieren – und von den Erfolgreichen lernen. INTERVIEW mit Brigitte Hausmann Die Kunsthistorikerin aus Regensburg hat in Ulm und Berlin als Kuratorin und Kulturmanagerin gearbeitet. Seit 2014 leitet sie die Kunstakademie Bad Reichenhall. AZ: Frau Hausmann, Ihre Dozentenliste liest sich wie ein Who’s Who der Ausstellungsszene. Wollen Sie den großen Kunstakademien Konkurrenz machen? BRIGITTE HAUSMANN: Bei uns lehren tatsächlich namhafte Künstlerinnen und Künstler – und das in allen Gattungen. Etliche unterrichten sogar exklusiv bei uns. Für die Studierenden eröffnen sich damit einzigartige Gelegenheiten. Denken Sie an Rosa Loy, eine Hauptvertreterin der Leipziger Schule, oder Rui Chafes, der schon in jungen Jahren sein Land Portugal auf der Biennale in Venedig vertreten hat. Den Münchnern ist er auch durch seine Galeristin Karin Sachs präsent. Oder die in New York lebende Foto- künstlerin Sonja Braas, die mit der Galerie Tanit zusammen arbeitet. Heribert C. Ottersbach, der 2008 eine Einzelausstellung in der Villa Stuck hatte, wird übrigens ab 2015 einen Studiengang in Malerei durchführen. Ihre künstlerischen Ansprüche sind ziemlich hoch. Wir legen aber genauso großen Wert darauf, dass die Dozenten Lehrerfahrung haben und mit Menschen umgehen können. Wir wollen ein Gespür für Qualität vermitteln, und das kann man nur mit Künstlern, die ein bedeutendes Werk schaffen, bzw. diese Qualität in ihrem Werk verkörpern. Unsere Studierenden sind sehr ambitioniert und anspruchsvoll, sie wollen sich künstlerisch entwickeln. Was kommen denn für Leute? 90 Prozent sind weiblich, und eigentlich sind alle Berufsgruppen vertreten: viele Juristen, Ärztinnen, Lehrerinnen, Psychologinnen, Sekretärinnen, Vertreter aus Architektur und Design sowie Kunst, Managerinnen, Hausfrauen, Coachs, PR-Leute, Geschäftsfrauen…. Aus ganz Deutschland, Österreich, der Schweiz, aber natürlich viele aus dem Süden und besonders aus dem Münchner Raum. Wir haben etwa 2000 Gäste jährlich, trotzdem sind die Kurse mit maximal 12 Teilnehmern sehr überschaubar, so dass eine individuelle Betreuung garantiert ist. Wie alt sind die Studenten? Wir haben Studierende von Mitte 20 bis Mitte 80, doch die Mehrheit zählt zur Generation 50 plus, also zu den Best Agern. Erfüllen sich manche den Traum vom Kunststudium, das in jungen Jahren tabu war? Viele sogar, ich bin manchmal richtig baff, wenn die Leute von sich erzählen. An der normalen Akademie bewirbt man sich mit einer Mappe. Bei uns reicht man für die Studiengänge und Meisterkurse Mappen ein. Die regulären Akademiekurse sind für jeden offen. Darauf lege ich Wert, wir wollen niemanden von der Kunst fern halten oder entmutigen. Und das künstlerische Niveau? Blutige Anfänger sind eher selten. Viele haben schon Kurse WWW.AZ-MUENCHEN.DE Fotos: Kunstakademie Bad Reichenhall Und so schaut es innerhalb der Saline aus: Ein riesiges Atelier im historischen Gemäuer. Die Leiterin dr Kunstakademie Reichenhall: Brigitte Hausmann. besucht und kennen verschiedene Techniken. Die meisten wollen einen eigenen Stil entwickeln, souverän mit Komposition, Farbe etc. umgehen. Bekommt man am Ende ein Zertifikat? Ja, mit Unterschrift des Dozenten. Für einige ist das gar nicht unwichtig, vor allem wenn sie ausstellen und auf dem Kunstmarkt Fuß fassen wollen. Wir haben sogar eine eigene Galerie, und wenn wir der Meinung sind, ein Werk ist reif genug, um der Öffentlichkeit präsentiert zu werden, dann kann das auch hier geschehen. Sie vermitteln auch Ausstellungs-Know-How? Ja, das reicht von der Hängung bis zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Durch Ihre frühere Kuratorentätigkeit bringen Sie die Kontakte mit, wie locken Sie die Künstler dann tatsächlich nach Reichenhall? Unsere finanziellen Möglichkeiten sind beschränkt – falls Sie darauf anspielen. Nein, im Ernst, ich war selbst überrascht, wie gerne die Künstler kommen. Die Akademie mit ihren Ateliers liegt schon sehr schön in der Alten Saline, also einem wunderbar renovierten Industriedenkmal. Hier ist Campusatmosphäre entstanden. Viele Künstler leben in Großstädten, sie schätzen es, hier im Voralpenland in traumhafter Umgebung mit äußerst interessierten Studenten zusammen zu arbeiten. Da treffen oft interessante Biografien aufeinander. Was kosten denn die Kurse? Für eine Woche muss man zwischen 300 und 800 Euro rechnen. Dafür arbeitet man in sehr gut ausgestatteten großzügigen Ateliers, die rund um die Uhr genutzt werden können. Dem Schaffensdrang sind also nicht einmal nächtliche Grenzen gesetzt. Wir sind eine öffentliche Einrichtung und möchten, dass möglichst viele Menschen zu uns kommen können. Deshalb bieten wir auch Stipendien an. Dürfen die Künstler zum Ausgleich kuren? Das haben wir noch nicht ausprobiert, aber Kunst schaffen ist ziemlich anstrengend, auch der Unterricht. Vielleicht sollten wir das ins Auge fassen und ein neues Paket entwickeln… Christa Sigg Kunstakademie, Alte Saline 10, ,kunstakademie-reichenhall.de, ☎ 0 86 51/37 13, neue Kurse laufen derzeit gerade an.
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