AUER H I L D E G A R D HILDEGARD AUER Vorwort Hildegard Auer ist eine bemerkenswerte Künstlerin: eine Frau, die sich nicht nur im Berufsleben behauptet, sondern schließlich auch ihrer Berufung zielstrebig folgt. In der deutschen Nachkriegsmalerei wird sie so zu einer der wichtigen Künstlerinnen der Naiven Malerei. Werk verzeichnis des Kunsthistorikers Reinhold Heller (1987) krönen die malerische Karriere. Die Galerie Ketterer in München zeigt bereits 1979 eine vielbeachtete Einzelausstellung, begleitet von einem Text des bedeutenden Malers und Kulturschaffenden Thomas Grochowiak. Dieses Ziel erreicht Hildegard Auer über steinige Umwege. Schon als junge Frau verspürt Auer einen Drang zur Kunst der Klassischen Moderne. Das Elternhaus jedoch hat wenig Verständnis für die aufkeimende Leidenschaft, die sich zunächst im Erwerb von Kunstdrucken nach Franz Marc oder Lyonel Feininger die Bahn bricht. Auer wird also Stenotypistin, dann Sekretärin und später sogar geschäftsführende Direktorin der Maschinenbaufirma von Eugen Eisenmann – eine wahrlich außergewöhnliche Karriere für eine Frau in der Nachkriegszeit. An diese Tradition knüpft Ketterer Kunst heute an. Wir freuen uns, Ihnen im Jahr 2016 erneut eine Selektion aus dem Nachlass Hildegard Auers präsentieren zu können. Entdecken Sie mit uns eine der wichtigsten Naiven Künstlerinnen der Nachkriegszeit und eine Seelenverwandte Gabriele Münters. Ich freue mich auf Sie. Ihr Robert Ketterer Zugleich eröffnet sich ihr hier die nicht minder außergewöhnliche zweite Karriere. Der Firmengründer Eisenmann ist es, der Hildegard Auer zur Malerei bringt. Und seine Bemühungen haben Folgen: 1977 hängt Auer ihren Brotberuf an den Nagel. Jeder Tag soll fortan der Malerei gehören. Ausstellungen wie jene im Museum of Contemporary Art in Chicago (1983) und auch die opulente Monografie mit Galerie Wolfgang Ketterer, München: Ausst.-Kat. Hildegard Auer, mit Text von Thomas Grochowiak, München 1979, Titelblatt. Links v.l.n.r.: Christa und Wolfgang Ketterer, Eugen Eisenmann, Hildegard Auer Unten v.l.n.r.: Wolfgang Ketterer, Hildegard Auer, Thomas Grochowiak, Eugen Eisenmann 1 HILDEGARD AUER Essay Im Vorwort zur Auer-Ausstellung in der Galerie Ketterer schreibt Thomas Grochowiak im Jahr 1979: „Auers Realismus ist ein magischer, der in der Tradition von Rousseau und den Malern der neuen Sachlichkeit Wurzeln geschlagen hat und in seinen Bildinhalten signalisiert, daß weniger Kontaktarmut und mehr Herzenswärme, weniger Maskenhaftigkeit und mehr offene Aufrichtigkeit nottut in einer hoffnungslos der Ratio, technischer Perfektion und Naturentfremdung zusteuernden Welt.“ Dieses Urteil kann auch heute noch uneingeschränkt gelten. Betrachtet man Hildegard Auers Werke, die meist den Menschen, oft die Frau in den Mittelpunkt rücken, so wird die tiefe, echte und unverstellte emotionale Kraft dieser Arbeiten unmittelbar augenscheinlich. Die Autodidaktin schult sich an den von ihr verehrten Expressionisten, allen voran an der Seelenverwandten Gabriele Münter – wie sie selbst eine Frau, die sich in einem Männerberuf zu behaupten hatte. Auch die Haltung zur Kunst hat Hildegard Auer mit Gabriele Münter gemein: Beide suchen die Verwirklichung eines Ideals, das im Umfeld des „Blauen Reiter“ besondere Wichtigkeit erlangt: Kunst soll nicht mehr akademisch erlerntes Handwerk sein, nicht mehr seelenloses Arbeiten nach starren Regeln und Mustern. Kunst soll, ja muss vielmehr urtümlich werden, aus dem Innersten des Künstlers schöpfen, unverderbt durch Wissen oder Lehre. Was sich in den Werken von Kindern und Naturvölkern instinkthaft ausdrückt, wird zu einem Vorbild, dem die bewusst „Naiven“ nacheifern. Nur so kann echte „Wahrheit“ der Kunst entstehen. mit scharf definierten Konturen. Henri Rousseau bevorzugt reine Farben und in seinem Werk finden sich selten Schatten. Die Gemälde Henri Rousseaus zeugen von einer bemerkenswerten Vorstellungskraft und muten wie Traumvisionen an, weshalb sie einen großen Einfluss auf den Surrealismus ausüben. Auch Gabriele Münter zählt zu den herausragenden Vertreterinnen der Naiven Kunst und wird gerade aufgrund der Ursprünglichkeit ihres Schaffens von Malern wie Wassily Kandinsky hoch geschätzt. In der Nachkriegszeit knüpfen die „Sonntagsmaler“ an die Tradition der Naiven Kunst an. Hildegard Auer entscheidet sich ganz bewusst für den Stil der Naiven Kunst – keineswegs mangels Könnerschaft oder Ausbildung. Sie verzichtet mit gutem Grund nach dem Vorbild von Rousseau und Münter auf alles „Akademische“, auf jede technische Perfektion: Sie will eine Kunst von höherer, tief empfundener Wahrheit. Dies erkennen auch die Sammler. Auers Werke sind in der „Naiven Kunstszene“ bald international gesucht, und auch Museen interessieren sich für die außergewöhnlichen Gemälde – sowohl die Städtische Kunsthalle Recklinghausen als auch das Württembergische Landesmuseum Stuttgart kaufen Malereien von Hildegard Auer. Die Unmittelbarkeit und emotionale Ausdrucksstärke dieses Œuvres berühren den Betrachter im Innersten – auch und gerade durch die bewusste Naivität der Formen. Naive Kunst Die „Naive Kunst“ oder die Kunst von autodidaktischen Laien zählt zusammen mit den Werken von Kindern, Geisteskranken und außereuropäischen Kulturen zu den großen Entdeckungen der Avantgardisten des beginnenden 20. Jahrhunderts. Die Bezeichnung „Naive Kunst“ bezieht sich auf den antiakademischen, ungeschult anmutenden Charakter dieser Werke. Obwohl so geartete Kunst keine Erfindung der Moderne ist, findet sie erst um 1900, im Rahmen der allgemeinen Suche nach unverdorbener Ursprünglichkeit, Anerkennung. Die Naiven Künstler bevorzugen leuchtende, antinaturalistische Farben, sie verzichten auf die Zentralperspektive und schildern zum Teil kindliche und elementare Visionen. Diese scheinbare Spontaneität des künstlerischen Ausdrucks reizt viele ausgebildete Künstler, wobei die Naive Kunst deutliche Spuren im Werk wichtiger Avantgardisten wie etwa Franz Marc und Paul Klee hinterlässt. Zur Entdeckung der Naiven Kunst sowie der wichtigsten Naiven Künstler wie Henri Rousseau, Camille Bombois und Séraphine Louis trägt der deutsche, in Paris ansässige Sammler und Kunsthistoriker Wilhelm von Uhde wesentlich bei. Der wichtigste Vertreter der Naiven Kunst ist Henri Rousseau, der auch als „Le Douanier“ in Anspielung auf seine Anstellung beim Zoll bekannt ist. Seine Kompositionen bestehen aus vereinfachten, unverbunden nebeneinanderstehenden Elementen 2 KETTERER KUNST 1 Ausstellungsplakat: Naive and Outsider Painting from Germany and Paintings by Gabriele Münter, Museum of Contemporary Art Chicago, 1983. Sommer im Norden. 1971. Öl auf Malpappe. Heller 17. Links oben signiert und datiert. Verso abermals datiert, sowie betitelt und bezeichnet. 100 x 80 cm (39,3 x 31,4 in). Maße im Werkverzeichnis fälschlich mit 90 x 75 cm angegeben. 3 2 Blumenstillleben. 1972. Öl auf Leinwand. Heller 22. Rechts unten signiert und datiert. Verso abermals datiert sowie betitelt und bezeichnet. 70,4 x 50,3 cm (27,7 x 19,8 in). 4 KETTERER KUNST 3 Herr Kortüma. 1974. Öl auf Leinwand. Heller 28. Verso signiert, datiert, betitelt und bezeichnet. 68,9 x 56,3 cm (27,1 x 22,1 in). 5 5 4 Windo auf blauem Teppich. 1985/89. Cello und Eule (Die Macht der Musik). 1983. Öl auf Leinwand. Heller 130. Links unten signiert und datiert. 141 x 105,3 cm (55,5 x 41,4 in). 6 KETTERER KUNST Öl auf Leinwand. Rechts unten signiert und datiert „89“. Verso auf dem Keilrahmen signiert und datiert „1985“. 75,6 x 90,5 cm (29,7 x 35,6 in). 7 7 6 Haus im Herbst. 1988. Selbstporträt. 1986. Öl auf Leinwand. Heller 172. Links unten signiert und datiert. 80,4 x 60,9 cm (31,6 x 23,9 in). 8 KETTERER KUNST Öl auf Leinwand. Links unten signiert und datiert. Verso abermals signiert sowie betitelt. 85,6 x 105,6 cm (33,7 x 41,5 in). 9 8 Der Besitzer. 1988. Öl auf Leinwand. Links oben signiert und datiert. Verso auf dem Keilrahmen betitelt. 75,6 x 90,8 cm (29,7 x 35,7 in). 10 KETTERER KUNST 9 Das rote Kleid. 1988. Öl auf Leinwand. Rechts unten signiert und datiert. Verso auf dem Keilrahmen betitelt. 100,5 x 70 cm (39,5 x 27,5 in). 11 10 Umarmung. 1988. Öl auf Leinwand. Rechts oben signiert und datiert. Verso betitelt. 100,5 x 70,5 cm (39,5 x 27,7 in). 12 KETTERER KUNST 11 Überdruß. 1988. Öl auf Leinwand. Links unten signiert und datiert. Verso auf dem Keilrahmen betitelt. 90,5 x 120,6 cm (35,6 x 47,4 in). 13 12 Sich aufstützende Frau mit Vogel. 1988. Öl auf Leinwand. Rechts unten signiert und datiert. 60,3 x 80,2 cm (23,7 x 31,5 in). 14 KETTERER KUNST 13 Wilde Rosen. 1988. Öl auf Leinwand. Links oben signiert und datiert, verso auf dem Keilrahmen betitelt. 105,4 x 85,5 cm (41,4 x 33,6 in). 15 14 15 Stillleben mit rosa Flasche. 1989. Drei Musikanten (Teil des Triptychons „Maskerade“). 1989. Öl auf Leinwand. Links unten signiert und datiert. Verso betitelt. 90,4 x 70,6 cm (35,5 x 27,7 in). Öl auf Leinwand. Rechts unten signiert und datiert. 120,3 x 90,7 cm (47,3 x 35,7 in). 16 KETTERER KUNST 17 16 17 Das begabte Kind. 1989. Stillleben mit Kaviarbüchse. 1990. Öl auf Leinwand. Rechts unten signiert und datiert. 90,3 x 70,3 cm (35,5 x 27,6 in). Öl auf Leinwand. Links unten signiert und datiert. 80 x 96 cm (31,4 x 37,7 in). 18 KETTERER KUNST 19 18 19 Kind vor Rot. 1990. Das grün-blaue Zimmer. 1990. Öl auf Leinwand. Links oben signiert und datiert. 70,7 x 50,3 cm (27,8 x 19,8 in). Öl auf Leinwand. Rechts unten signiert und datiert. 75,6 x 91 cm (29,7 x 35,8 in). 20 KETTERER KUNST 21 20 21 Freisitz Siegenhofen. 1991. Stillleben mit Kartoffeln und Früchten. 1991. Öl auf Leinwand. Links unten signiert und datiert. 95,5 x 70,2 cm (37,5 x 27,6 in). Öl auf Leinwand. Links unten signiert und datiert. 70,3 x 100,2 cm (27,6 x 39,4 in). 22 KETTERER KUNST 23 22 23 Porträt und Blumenstrauß. 1991. Herbstlaub. 1991. Öl auf Leinwand. Links unten signiert und datiert. 100,3 x 70,2 cm (39,4 x 27,6 in). Öl auf Leinwand. Links unten signiert und datiert. 70,2 x 55,5 cm (27,6 x 21,8 in). 24 KETTERER KUNST 25 24 25 Gartentisch mit Ananas. 1991. Weisse Rosen und Kürbisse. 1991. Öl auf Leinwand. Links unten signiert und datiert. 120,5 x 100,7 cm (47,4 x 39,6 in). Öl auf Leinwand. Rechts unten signiert und datiert. 70,4 x 100,4 cm (27,7 x 39,5 in). 26 KETTERER KUNST 27 26 27 Mann mit Pelzjacke. 1992. Schlafende Frau mit Blumenstillleben. 1992. Öl auf Leinwand. Rechts unten signiert und datiert. 105 x 85 cm (41,3 x 33,4 in). Öl auf Leinwand. Links unten signiert und datiert. 100,3 x 120,2 cm (39,4 x 47,3 in). 28 KETTERER KUNST 29 28 29 Dirigentenporträt. 1992. Frau vor Bergen. 1993. Öl auf Leinwand. Links unten signiert und datiert. 99,7 x 70,3 cm (39,2 x 27,6 in). Öl auf Leinwand. Links unten signiert und datiert. 105,2 x 85 cm (41,4 x 33,4 in). 30 KETTERER KUNST 31 HILDEGARD AUER Biografie 1929 Hildegard Auer wird in Stuttgart geboren. 1947 Stenotypistin bei der Stadtverwaltung Stuttgart. 1951 Angestellte der Maschinenbaugesellschaft Eisenmann in Böblingen. 1962 Autodidaktische Annäherung an die Malerei. Späte 1960er Jahre Parallel zur Berufstätigkeit erste Ölmalereien, Teilnahme an den „Sonntagsmaler“-Ausstellungen der Firma Eisenmann. 1970 Geschäftsführerin der Maschinenbaugesellschaft Eisenmann in Böblingen. 1971 Ausstellung ihrer Werke in der Städtischen Kunsthalle Recklinghausen. Hildegard Auer. Private Fotografie. 1977 Rückzug aus dem Berufsleben, vollkommene Hinwendung zur Malerei. Parallel zum eigenen malerischen Schaffen ist Hildegard Auer eifrige Sammlerin insbesondere expressionistischer Werke. 1979 Einzelausstellung in der Galerie Ketterer in München. 1983 Ausstellung ihrer Werke im Museum of Contemporary Art in Chicago. Durchbruch ihrer Malerei auf dem amerikanischen Kunstmarkt. 1987 Der Kunsthistoriker Reinhold Heller veröffentlicht die opulente Monografie mit Werkverzeichnis „Hildegard Auer. Ein Verlangen nach Kunst“ im renommierten Belser-Verlag. 2015 Hildegard Auer verstirbt im Alter von 85 Jahren. 30 Frau mit weißem Pullover. 1993. Öl auf Leinwand. Links unten signiert und datiert. 60,3 x 50,3 cm (23,7 x 19,8 in). 32 KETTERER KUNST 33 ANSPRECHPARTNER München Nadine Frank (geb. Trunk) M.A. Tel. +49 (0)89 5 52 44 - 148 [email protected] Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz Ketterer Kunst in Kooperation mit The Art Concept Bettina Beckert M.A. Tel. +49 (0)89 5 52 44 - 140 [email protected] Miriam Heß [email protected] Tel. +49 (0)62 21 5 88 00 38 Andrea Roh-Zoller M.A. [email protected] Tel. +49 (0)172 4 67 43 72 Andreas Geffert M.A. Tel. +49 (0)89 5 52 44 - 146 [email protected] Berlin Hamburg Ruth Tenschert M.A. [email protected] Tel. +49 (0)40 37 49 61- 0 Dr. Simone Wiechers [email protected] Tel. +49 (0)30 88 67 53 63 Düsseldorf Ralf Radtke [email protected] Tel. +49 (0)2 11 36 77 94 - 60 Lydia Kumor [email protected] Tel. +49 (0)2 11 36 77 94 - 60 Sachsen / Thüringen Stefan Maier [email protected] Tel. +49 (0)3 42 93 44 92 83 Ketterer Kunst GmbH & Co. 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