Dienstagsvorträge - Deutsches Historisches Institut Warschau

Wir möchten Sie auch auf folgenden
Vortrag hinweisen:
Mittwoch, 28. September 2016, 18.00 Uhr
Dr. Małgorzata Pakier (Warschau)
A Shared European Memory?
Eastern Europe as a Challenge
ACHTUNG: Dieser Vortrag und die anschließende Diskussion
finden ausnahmsweise in englischer Sprache ohne Simultanübersetzung statt.
Memory research on Eastern Europe is gradually growing into
a sub-discipline of Memory Studies. Until the mid-2000s, the time
of the EU’s enlargement, East European memory studies had gone
through a period of silence or marginalization on the international
arena. Sandra Kalniete’s speech about the double totalitarian
legacy of Europe, Nazism and Stalinism, brought the distinct
historical experience of the societies of Central and Eastern Europe
into the scope of the European memory debate. However, this
process also involved an ‘othering’ of Eastern Europe. The former
eastern bloc appeared as more of a challenge to consensus and stability than a natural part of the liberal democratic West. Memory
conflict, rivalry of memories, or victimhood competition is the
dominating paradigm through which to interpret the puzzling
memory dynamics in societies of post-communist Europe. While
recently scholars have studied ‘travelling’, ‘multidirectional’ or
‘unbound’ memories worldwide, similar concepts of transcultural
memory trends endowed with transformative power (Assmann)
have been rarely applied to Eastern Europe. The lecturer will
discuss aspects of Polish memory culture with special focus on the
place of Jewish memory within it. She will show some emerging
Polish-Jewish ‘travelling’ memories, and discuss them in the context
of both, the East European remembrance, and memory Europeanization and globalization.
Małgorzata Pakier is Head of the Research and Publications Department at the POLIN Museum of the History of
Polish Jews in Warsaw. Since 2011 she is a coordinator of the
‘Genealogies of Memory in Central and Eastern Europe’ program at the European Network Remembrance and Solidarity.
Pakier’s academic interests include social and cultural remembrance in Eastern Europe, the concept of Europeanization of
memory and memory regions, and Holocaust memory and
representation. Her most important publications include:
The Construction of European Holocaust Memory: German
and Polish Cinema after 1989 (2013); A European Memory?
Contested Histories and Politics of Remembrance (ed. with
Bo Stråth; 2010, 2012); Memory and Change in Europe. Eastern Perspectives (ed. with Joanna Wawrzyniak, 2015); Polish
Sociological Review 3 (183) 2013, issue on Memory Studies in
Eastern Europe (ed. with Joanna Wawrzyniak).
Information
Dienstagsvorträge
2016/2
Die Vorträge finden jeweils dienstags
um 18.00 Uhr im Vortragssaal des
Deutschen Historischen Instituts statt.
Die Vorträge und die anschließende
Diskussion werden simultan ins
Polnische bzw. ins Deutsche übersetzt.
Kontakt
Deutsches Historisches Institut
Pałac Karnickich
Aleje Ujazdowskie 39
PL-00-540 Warszawa
Telefon (+48-22) 525 83 00
Telefax (+48-22) 525 83 37
E-Mail [email protected]
Besuchen Sie uns im Internet:
www.dhi.waw.pl
18. Oktober 2016
Prof. Dr. Jascha Nemtsov (Weimar/Potsdam)
8. November 2016
Prof. Dr. Dr. h.c. Michael North (Greifswald)
13. Dezember 2016
Prof. em. Dr. Alfons Söllner (Berlin)
Nationale Bewegung und transkulturelle Identität im
Schaffen jüdischer Komponisten des 20. Jahrhunderts
Der Ostseeraum:
Konstitution und Neuerfindung einer Region
Jürgen Habermas als politischer Intellektueller
1901 prägte Martin Buber den Begriff „Jüdische Renaissance“.
Damit sollte eine komplexe Erneuerung des Judentums
bezeichnet werden, die damals unter dem Zeichen eines
neuen nationalen Selbstbewusstseins stattfand. Indem die
Religion ihre Bedeutung für die emanzipierten und säkularisierten Juden immer mehr verlor, übernahm die nationale
Idee zunehmend eine identitätsstiftende Rolle. Die jüdische
nationale Bewegung war Teil eines europaweiten Prozesses
der Herausbildung nationalstaatlicher Strukturen, der seit
dem frühen 19. Jahrhundert im Gange war und auf kulturellem Gebiet u. a. die Entwicklung zahlreicher nationaler
Schulen in der Musik beförderte. Dabei entfaltete sich die
von zionistischen Gedanken inspirierte jüdische Schule jedoch
nicht im eigenen Land, sondern in verschiedenen Ländern der
Diaspora. Somit hatte die für das Judentum generell charakteristische transkulturelle Identität auch im Schaffen der
national gesinnten jüdischen Komponisten eine besondere
Bedeutung. Nationalspezifische und transkulturelle Elemente
bildeten keinen Widerspruch, sondern eine produktive
Synthese. Die Vorstellung von einem „Konzert der Nationen“,
in dem auch eine eigene jüdische Stimme zu hören sein sollte,
beeinflusste speziell in der Zwischenkriegszeit das Schaffen
vieler jüdischer Komponisten.
1925 wurde in Thorn (Toruń) das Instytut Bałtycki gegründet,
das sich die Erforschung der Ostseeregion – frei vom Einfluss
der Großmächte Russland und Deutschland – zur Aufgabe
machte. Dies war nur eine von vielen Initiativen, die Ostsee
als Region zu konstituieren. Geprägt von den verschiedenen
sprachlichen Gemeinschaften der Germanen, Slawen, Balten
und Finnen, kann die Ostsee gleichsam als Laboratorium
der Regionsbildung angesehen werden. Hier konstituierten
zahlreiche Protagonisten über die Jahrhunderte die Region
und erfanden sie immer wieder neu. Die Konstruktionen
der Ostseeregion reichen von der Missionsregion Adams
von Bremen über die Handelsregion der Hanse und die
beherrschte Region (dominium maris Baltici) der Frühen
Neuzeit bis hin zur Modell- und Zukunftsregion der Ostseestrategie der Europäischen Union von 2009. Der Vortrag
untersucht, wie und von wem der Ostseeraum in Mittelalter
und Neuzeit als Region konstruiert und wahrgenommen
wurde und welche Motive sich dahinter verbargen. Zugleich
soll er einen Beitrag zu der Frage liefern, ob maritime
Regionen sich in ihrer Regionalität vom binnenländischen
Mitteleuropa unterscheiden.
Jascha Nemtsov, geb. 1963 in Magadan (Russland), Pianist
und Musikwissenschaftler, Professor für Geschichte der
jüdischen Musik an der Hochschule für Musik Franz Liszt
Weimar, Akademischer Studienleiter des Kantorenseminars
des Abraham Geiger Kollegs, Mitglied der School of Jewish
Theology der Universität Potsdam und des Editorial Board des
Milken Archive of Jewish Music (New York / Santa Monica).
Herausgeber der Schriftenreihe „Jüdische Musik. Studien und
Quellen zur jüdischen Musikkultur“ im Harrassowitz Verlag
Wiesbaden. Weltweite Konzerttätigkeit und mehr als 30 CDs,
darunter zahlreiche Ersteinspielungen von Werken jüdischer
Komponisten. 2007 Preis der Deutschen Schallplattenkritik.
Künstlerischer Leiter der ACHAVA Festspiele Thüringen.
Michael North ist seit 1995 Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Geschichte der Neuzeit an der Universität Greifswald;
von 2007 bis 2010 war er dort Prorektor. Er war Sprecher
des Graduiertenkollegs „Kontaktzone Mare Balticum“ und
fungiert zurzeit als Sprecher des Internationalen Graduiertenkollegs „Baltic Borderlands“, einer Kooperation mit den
Universitäten Lund und Tartu. North ist Ehrendoktor der
Universität Tartu und war 2010/2011 Fulbright Distinguished
Chair in Modern German Studies an der University of California
in Santa Barbara. Zurzeit forscht er über Meere und kulturellen
Austausch. Zuletzt erschienen von ihm The Baltic: A History
(Harvard University Press, 2015) und Zwischen Hafen und
Horizont: Weltgeschichte der Meere (C. H. Beck Verlag, 2016).
Deutsches Historisches Institut Warschau
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Habermas ist heute einer der bekanntesten Intellektuellen – nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen
Welt. In seiner intellektuellen Biographie zeichnet sich eine
Entwicklung ab, in der sich drei Stationen der deutschen
Zeitgeschichte und gleichzeitig ein eindrucksvoller Prozess
der Internationalisierung widerspiegeln:
I.
1960er/1970er Jahre: Frankfurter Schule, Studentenbewegung und „Tendenzwende“ – Habermas’
Entwicklung zum politischen Professor
II.
1980er/1990er Jahre: Vom Geschichtsrevisionismus
zum Verfassungspatriotismus – Habermas’ Etablierung als öffentlicher Intellektueller
III. Um das Jahr 2000: Postnationale Demokratie und
Weltbürgertum – Habermas als internationaler
Akteur für das „Projekt Europa“.
Über fünf Jahrzehnte hinweg hat Habermas einen großen,
wenngleich schwer messbaren Einfluss auf die Entwicklung
der politischen Kultur genommen. Dank einem „avantgardistischen Spürsinn für Relevanzen“, durch den er den
Intellektuellen definiert sieht, wurde er zu einer Leitfigur
für eine weltoffene Gesellschaft, und zwar gleichgültig, ob
man darin einen Fortschritt oder eine Gefahr erblickt.
Alfons Söllner ist emeritierter Professor für politische
Theorie und Ideengeschichte, er lehrte von 1994 bis 2012 an
der Technischen Universität Chemnitz. Söllner studierte in
Regensburg, München und Harvard. 1977 promovierte er an
der Ludwig-Maximilians-Universität München, 1986 wurde
er an der FU Berlin habilitiert. 1990/1991 war er Fellow am
Wissenschaftskolleg zu Berlin, 1994–1997 Prorektor der TU
Chemnitz. Zu Söllners Forschungsschwerpunkten zählen die
Wirkungsgeschichte der Hitler-Flüchtlinge, Geschichte der
Politikwissenschaft, Politische Theorien im 20. Jahrhundert,
Politische Ästhetik sowie Flüchtlingspolitik. Seine Publikationsliste umfasst Titel wie Peter Weiss und die Deutschen
(1988); Deutsche Politikwissenschaftler in der Emigration
(1996); Fluchtpunkte. Studien zur politischen Ideengeschichte
des 20. Jahrhunderts (2006) und Deutsche Frankreich-Bücher
aus der Zwischenkriegszeit (2012).