PDF - Katholische Kirche beim hr

Diakon Uwe Groß, kath. Kirche in Wiesbaden
hr2-kultur, Zuspruch am Morgen, Mittwoch, 7. September 2016
Große Dinge werden niemals langweilig
„Große Dinge werden durch die Wiederholung nicht langweilig. Nur das Belanglose
braucht die Abwechslung und muss schnell durch anderes ersetzt werden. Das
Große wird größer, indem wir es wiederholen, und wir selbst werden reicher dabei.“
Diese Gedanken hat einmal der zurückgetretene Papst Benedikt geäußert, und ich
kann das für mich gut nachempfinden. Da fallen mir als erstes richtig gute Filme ein.
Als ich jünger war, war das der Film: „Der Club der toten Dichter.“ Mich hat dieser
Film, als ich 23 Jahre alt war, ziemlich berührt. Ich glaube, ich bin siebenmal ins Kino
gegangen, um den Film nochmal und nochmal zu sehen. Die Sehnsucht der jungen
Schüler nach Selbstbestimmung und Lebenssinn war genau mein Thema, und ich
habe in dem Film immer neue Facetten entdeckt, die mich innerlich bereichert haben.
Später habe ich ein Ähnliches bei der „Heimat“-Trilogie von Edgar Reitz gespürt. All
diese Lebensgeschichten von Menschen im Hunsrück im 20. Jahrhundert - die haben
vieles in mir wachgerufen, was ich selbst aus dem Westerwald kannte. Heimat hinter
sich zu lassen und neue Heimat zu finden, das hat mich ganz stark berührt.
„Große Dinge werden durch die Wiederholung nicht langweilig.“ Ich habe ähnliches
wie bei den Filmen generell bei Kunst entdeckt. Es gibt Bilder, die ich immer wieder
gerne ansehe, es gibt Romane, die ich immer wieder gerne lese, es gibt besonders
auch Musik, die ich immer wieder gerne höre. Als Richard Wagner-Fan schau ich mir
gerne verschiedene Inszenierungen von ein und demselben Stück an. Das Stück
wird für mich nicht langweilig. „Große Dinge werden durch Wiederholung nicht
langweilig.“ Ich glaube, man kann das auch auf zwischenmenschliche Beziehungen
anwenden. Meiner Frau und meinem Kind zu sagen, dass ich sie liebe, ist nichts
Langweiliges, sondern etwas, dass unsere Beziehung vertieft. Mich mit einem
Freund regelmäßig zu treffen und ihm mein Herz auszuschütten – das hat gar nichts
von Langeweile, auch wenn wir uns schon viele Jahrzehnte kennen und über den
anderen vieles wissen. „Große Dinge werden durch Wiederholung nicht langweilig.“
Ich glaube, das gilt auch für die Religion. Eine Religion lernt man nicht dadurch
kennen, indem man ein Buch darüber liest. Eine Religion lerne ich nur dadurch
wirklich kennen, dass ich diese eine Religion lebe: Die Gebete dieser Religion
spreche, die Traditionen dieser Religion kenne, die Gottesdienste der Religion feiere
und mich immer mehr, wie bei einem guten Bild, einem guten Film in die Tiefe einer
Religion hinein begebe.
„Große Dinge werden durch Wiederholung nicht langweilig.“ Ich glaube, dass der
christliche Glaube ein ganz großes Ding ist. Ein so großes, dass wir es in unserem
Leben nicht ausschöpfen können. Ich kann mich immer mehr in diese Religion
vertiefen, und ich weiß, dass es mein Leben reicher macht.
1