AKTUELL BUNDESVERFASSUNGSGERICHT Neuer Aktionsplan verabschiedet Gesetzeslücken bei der Zwangsbehandlung Das Bundeskabinett hat den von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vorgelegten „Aktionsplan zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Deutschland“ verabschiedet. Er soll die Anstrengungen zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit – bisher gab es bereits drei Aktionspläne – fortsetzen. Der neue Aktionsplan umfasst insgesamt 42 Maßnahmen. Unter anderem geht es darum, Patienten, Ärzte, Apotheker, Pflegende und die Öffentlichkeit für vermeidbare Risiken der Arzneimitteltherapie zu sensibilisieren, die Informationen über Arzneimittel und die Kennzeichnung von Arzneimitteln zu verbessern und Strategien zur Verbesserung der Sicherheit des Arzneimitteltherapieprozesses zu entwickeln. Der Aktionsplan wurde unter Beteiligung der Ärzteschaft, der Apothekerschaft, der Deutschen Krankenhausgesellschaft, dem Aktionsbündnis Patientensicherheit, dem Foto: picture alliance ARZNEIMITTELTHERAPIESICHERHEIT Deutschen Pflegerat und Patientenverbänden erarbeitet. Für die Umsetzung einzelner Maßnahmen des Aktionsplans – wie etwa dem Aufbau einer Datenbank zur Dosierung von Arzneimitteln für Kinder oder der Entwicklung einer Medikationsplan-App für Sehbehinderte – stellt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) bis 2019 knapp drei Millionen Euro zur Verfügung. hil/sb Der Aktionsplan für mehr Arzneimittelsicherheit umfasst 42 Maßnahmen. STATISTIK Jeder elfte Arzt arbeitet in einem MVZ Foto: picture alliance Jeder elfte Arzt aus der ambulanten Versorgung arbeitet in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ). Darauf hat die Kassenärzt- Die Zahl der Medizinischen Versorgungszentren ist im vergangenen Jahr gestiegen. A 1516 liche Bundesvereinigung (KBV) unter Berufung auf die veröffentlichte MVZ-Statistik für das Jahr 2015 hingewiesen. Die seit dem Jahr 2004 geführte Statistik basiert auf Daten der Kassenärztlichen Vereinigungen. Danach erhöhte sich die Zahl der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) im vergangenen Jahr auf 2.156, das sind 83 mehr als noch 2014. Mit Stand 31. Dezember 2015 arbeiteten in den Einrichtungen 14.317 Ärzte, davon 91 Prozent als Angestellte. Neun Prozent waren als Vertragsärzte tätig. Im Durchschnitt zählte ein MVZ 6,6 Ärzte. Zu den Fachärzten, die am häufigsten in einem MVZ vertreten sind, zählen Hausärzte, fachärztliche Internisten und Chirurgen. Der überwiegende Teil der MVZ-Träger sind Vertragsärzte (40 Prozent) und Krankenhäuser (40 Prozent). Gegründet wird hauptsächlich in städtischen Gebieten. Bevorzugte Rechtsformen sind die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). EB Die gesetzlichen Regeln zur ärztlichen Zwangsbehandlung psychisch Kranker müssen nachgebessert werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden (Az.: 1 BvL 8/15). Seit 2013 regelt das Bürgerliche Gesetzbuch, in welchen Fällen sie gegen ihren Willen behandelt werden dürfen. Eine Voraussetzung ist, dass sie in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht sind. Nicht zwangsbehandelt werden können deshalb bettlägerige Patienten, die in einer normalen Klinik liegen. Diese Lücke ist laut BVerfG „unverzüglich zu schließen“. Übergangsweise erlauben die Verfassungsrichter die Zwangsbehandlung auch dieser Menschen. Die Verfassungsrichter begründen ihre Entscheidung mit staatlichen Schutzpflichten. „Die staatliche Gemeinschaft darf den hilflosen Menschen nicht einfach sich selbst überlassen“, heißt es in ihrem Beschluss. In gravierenden Fällen könne das auch bedeuten, dass in das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen eingegriffen werden darf. Grundvoraussetzung ist, dass „kein freier Wille“ vorhanden ist. Wie die Lücke geschlossen wird, ist dem Gesetzgeber freigestellt. Die Patientin, wegen der die Regeln überprüft wurden, ist inzwischen gestorben. Sie hatte in der Vergangenheit in einer geschlossenen Demenzstation schon einmal zwangsweise Medikamente bekommen, nachdem sie nichts mehr essen wollte und Suizidabsichten geäußert hatte. Dann erkrankte sie an Brustkrebs. Die Frau lehnte eine Behandlung ab. Weil sie zu diesem Zeitpunkt schon so schwach war, dass sie sich nicht mehr ohne Hilfe fortbewegen konnte, war eine Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie nicht möglich. Der Betreuerin gelang es deshalb nicht, vor den Gerichten eine Zwangsbehandlung durchzusetzen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte allerdings verfassungsrechtliche Bedenken und legte den Fall dem Bundesverfassungsgericht vor. dpa Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 35–36 | 5. September 2016
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