Diakonie 2016 Sommer 54 Das Magazin der Diakonie Düsseldorf Diakonie 54 Männersache – Wie die Diakonie Jungen mit speziellen Angeboten fördert Fahr Rad! Aktionstag für Neuzugezogene und Alteingesessene 14 Wo Perspektiven geboren werden – 20 Jahre TrebeCafé 19 Vom Lehrer zum Altenpfleger Thema 9 Diakonie 54 Anmerkung Schwer zu glauben Es gibt eine enorme Sehnsucht nach Menschlichkeit, nach Gemeinschaft, nach Sinn. Das wurde 2016 deutlich, als sich viele spontan für Flüchtlinge enga gierten. Das hatte etwas von Aufbruch zu einer anderen Gesellschaft und zu einem anderen Füreinander. Diese Stim mung hält auch noch ein bisschen vor, ist aber bei vielen irritiert worden: weil immer mehr Menschen gekommen sind und das eigene Engagement dazu kein Verhältnis gefunden hat. Und dann ließ auch noch der mediale Beifall nach. Das alles führte zu einer großen Verunsi cherung und dazu, dass nur die dabei blieben, für die es aufging. Es gibt einige solcher Beispiele für Menschen, die auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens irgendwann stecken bleiben, ein bisschen enttäuscht sind und schließlich lieber ihre Sehnsucht verbergen. Vor anderen und irgend wann auch vor sich selbst. Die Erfahrung, dass es nicht leicht ist, haben Menschen schon immer gemacht. An Gott zu glauben, Sinn zu erleben, ist ein Geschenk. Sinn ist nicht produ zierbar. Biblisch gesprochen: Der Geist Gottes weht, wo und wann er will. Und deshalb kann es sich trotz der Zugehö rigkeit zur Kirche oder anderen Glau bensgemeinschaften anfühlen, als hätte Gott sich versteckt, als wäre der Sinn aus dem Leben gewichen. Der Ausruf Jesajas: „Fürwahr, du bist ein verborgener Gott“, drückt das aus, öffnet aber zugleich eine andere Dimension: Dass wir den Sinn nicht immer sehen, spricht nicht gegen ihn. Mut und Geduld machen auf Dauer den Unterschied. Sich zu etwas zu halten, das nicht in der allgemeinen Gunst steht. Warten zu können, dass sich das mit Sinn erfüllt, was man schon als sinnerfüllt erlebt hat. Das gilt für Beziehungen, Engagement, Gemein schaft und vielleicht sogar in beson derer Weise für den Glauben an Gott, der es uns nicht leicht macht, dessen Kirche und Diakonie es uns nicht immer leicht machen, dessen Menschen es uns manchmal schwer machen, der aber gerade darin eine große Verheißung ent hält: Glaube ist ein schönes, aber kein leichtes Geschenk. Thorsten Nolting 2 Diakonie 54 Thema 3 Männersache Wie die Diakonie Männer und Jungen mit speziellen Angeboten fördert „Fürwahr, du bist ein verborgener Gott.“ Jesaja, Kapitel 45, Vers 15 Sich Hilfe suchen, wenn es zu Hause einmal nicht so gut läuft? Sich beraten lassen, wenn die Kinder nach einer Scheidung nur noch schlechte Noten mit nach Hause bringen oder man das Gefühl hat, sich selbst nicht mehr im Griff zu haben? Das fällt Männern häufig schwer. Zu groß ist die Sorge, vor den Kumpels als Versager dazustehen, zu tief sitzt immer noch die Vorstellung, dass der Mann der Versorger ist, der immer irgendwie alles gere gelt bekommt und immer alles mit sich selbst Diakonie 54 Thema ausmacht. Hinzu kommt, dass viele Hilfsangebote nur in Verbindung mit Frauen zu haben sind, vor denen die Männer sich – auch aus Scham – lieber nicht offen äußern möchten. Die Diakonie hat das früh erkannt und bietet des halb verschiedene Hilfen speziell für Jungen und Männer an. Statt zu warten, dass Männer in die Beratungsstellen kommen, laden die Kollegen der einzelnen Fachbereiche der Diakonie sie zum Bei spiel lieber selbst ein: etwa zum Fußballspiel nach Feierabend. Anders als bei einer Beratung im Büro können Sorgen – etwa um die Familie – dann ganz nebenbei zur Sprache gebracht oder Erziehungs fragen diskutiert werden. Spezielle Angebote für Väter gibt es auch in den Kitas. So bietet die Kita am Hackenbruch zum Bei spiel regelmäßig Aktionen ausschließlich für Väter und ihre Kinder an, an denen natürlich statt des Vaters auch der Lebensgefährte der Mutter oder der Großvater teilnehmen kann. Gemeinsames Zelten auf der Wiese in der Nachbarschaft steht dabei ebenso auf dem Programm wie Geschich tenerzählen am Lagerfeuer oder Kuchenbacken. Mit der Aktion will die Diakonie auch den Zusam menhalt von Vater und Kind stärken. Denn immer noch ist der Vater häufig der Alleinernährer, der seine Kinder nur abends und vor dem Zubettgehen 4 Weil viele ältere Männer sich von den Angeboten des Sozialen Dienstes wie Basteln oder Aquarellmalen nicht angesprochen fühlten, hat die Diakonie in einem ihrer Pflegeheime eine Kleine Kneipe eingerichtet. Dort können sich die Senioren nun auf ein Bierchen, zum Kartenspielen oder einfach nur zum Klönen treffen. Die Kneipe ist beliebt – auch bei den Frauen, die natürlich ebenfalls vorbeischauen dürfen. Diakonie 54 Thema sieht. Dabei sind Männer – das haben Studien gezeigt – für die Kindererziehung genauso unver zichtbar wie Frauen: Bringen Männer und Frauen sich gleichermaßen in die Erziehung ein, kann sich das sogar positiv auf die Entwicklung der Kinder auswirken. Darum, Männlichkeit neu zu definieren, geht es unter anderem bei AlleMann am Oberlinplatz. Alle Mann ist Ausgangspunkt für die flexible Jungen arbeit in Düsseldorf. Hier treffen sich regelmäßig Jungengruppen, um sich bei freizeitpädagogischen Angeboten wie Holzhacken und Feuermachen auszuprobieren und über Dinge zu sprechen, die sie beschäftigen. Von hier aus steuern die Mit arbeitenden die Projektarbeit an Schulen und im Jugendarrest oder planen erlebnispädagogische Workshops für Jungen. Außerdem bekommen Jungen bei AlleMann individuelle Hilfe, etwa wenn sie Schwierigkeiten in der Familie, in Schule, Aus bildung oder im Job haben. Ein wichtiger Baustein der Jungenarbeit ist bei AlleMann auch die Ausei nandersetzung mit der Körperlichkeit, zum Beispiel im Rahmen von Kampfesspielen, bei denen sich die Jugendlichen körperlich messen können. Dabei lernen die Jungen auch, sich gegenüber anderen fair zu behaupten, ohne gewalttätig zu sein, ein realistisches Selbstbild zu entwickeln und Grenzen 5 zu akzeptieren. Zugleich ist AlleMann ein Schutz raum, in dem Jungen tradierte Rollenbilder infrage stellen und ihre Fähigkeiten unabhängig von Geschlechterrollen entwickeln können. Anders als auf dem Schulhof, wo die Jungen im Zweifel lieber auf „bewährte“ Verhaltensmuster zurückgreifen. Doch um tradierte Rollenbilder infrage zu stellen, braucht es auch männliche Vorbilder. Zumal Jugendliche heute überwiegend von Frauen umgeben sind: Immer noch leben viele Scheidungs kinder bei ihren Müttern, in den Sozialberufen sind überwiegend Frauen tätig. Darum tut die Diakonie einiges dafür, um mehr Männer für den Beruf zu gewinnen. Denn eines ist klar: Sollen Männer sich an der Erziehung beteiligen, brauchen sie positive Vorbilder: Und das fängt schon beim Erzieher in der Kita an. Rudolf Brune Diakonie 54 Kommentar 6 Diakonie 54 „Der geringe Männeranteil in den sozialen Berufen wird zum Problem“ Ein Kommentar von Prof. Dr. Holger Brandes, Rektor der Evangelischen Hochschule Dresden Prof. Dr. Holger Brandes hat Psychologie, Pädagogik und Soziologie an der Universität Münster studiert und war als Psychotherapeut unter anderem in der Männerarbeit tätig. 2002 wurde Brandes Prorektor der Evangelischen Hochschule Dresden, seit 2013 ist er deren Rektor. Schwerpunkte seiner Lehre sind unter anderem Genderaspekte in sozialer Arbeit und Erziehung und die Männerforschung. Der 63-Jährige ist verheiratet, hat zwei Töchter und lebt in Dresden Kommentar 7 In Zeiten der Gleichstellung ist es nicht selbstverständlich, geschlechtsspe zifische Förderung für notwendig zu erachten und entsprechende Angebote zu machen. Zumindest nicht bezogen auf Jungen und Männer. Als in den 1970er- und 1980er-Jahren in Erziehung und Bildung, der Jugendarbeit, in sozi alen Hilfen sowie der Beratung spe zielle Förderangebote für Frauen und Mädchen gefordert und entwickelt wurden, geschah dies mit der Zielper spektive der Überwindung einer über Jahrhunderte zementierten Benachteili gung. Inzwischen sind Frauen und Mäd chen ebenso wie Männer und Jungen in den Sog gesellschaftlicher Verände rungen gekommen, die die Lebensbe dingungen und Zukunftsperspektiven beider Geschlechter tangieren und dabei Ungleichheiten abbauen, aber auch neue Problemlagen schaffen: Die Geschlechtsrollen haben sich ange glichen, dabei aber an Eindeutigkeit verloren. Berufstätigkeit und Karriereplanung von Frauen sind zur Selbstverständlichkeit geworden und Männer werden vermehrt bei der Kindererziehung in die Pflicht genommen, das Problem der Vereinbar keit von Familie und Beruf wird dadurch aber nicht gelöst, sondern betrifft viel mehr jetzt beide Geschlechter. Im Bil dungsbereich haben wir es sogar mit einer Umkehrung der Verhältnisse zu tun: Inzwischen liegen Mädchen bei den Abiturientenzahlen vorn, während Jungen die Mehrheit der Schulabbre cher und Hauptschüler stellen. Galten in den 1970er-Jahren Mädchen aus katholisch geprägten ländlichen Regionen als Inbegriff für Bildungsbe nachteiligung, betrifft die deutlichste Problemanzeige heute Jungen aus städ tischen Regionen und mit Migrations hintergrund, die Leistungsdefizite oder Verhaltensauffälligkeiten aufweisen. Angesichts dieser Entwicklung stehen Erziehung und Bildung, aber auch die sozialen Hilfesysteme vor der Herausfor derung, in ihren Angeboten eine neue Form der Geschlechterbalance herzu stellen. Für beide Geschlechter gilt, dass sich mit veränderten Lebensbe dingungen und Problemlagen auch ihr Orientierungsbedarf ändert – und zwar bei Frauen und Männern, Mädchen und Jungen unterschiedlich. Deshalb müssen nicht nur Mädchen in Bildung und Freizeit gezielt angesprochen werden, auch die Förderung von Jungen setzt voraus, dass sie sich mit ihren spezifischen Interessen, Themen und Neigungen in dem wiederfinden, was ihnen zur Unterstützung und Orientie rung angeboten wird. Und Gleiches gilt auch für Erwachsene. Angesichts dieser Herausforderung wird der anhaltend geringe Männer anteil in den sozialen Berufen und im Bildungssystem zum Problem. Denn Jungen sind im Bildungsbereich häufig vergeblich auf der Suche nach männli chen Vorbildern, und Männer finden nur schwer den Zugang zu professionellen Hilfe- und Beratungssystemen, wenn sie sich lediglich weiblichen Fachkräften gegenübersehen. Insofern spricht viel dafür, gezielte Anstrengungen zu unter nehmen, um in diesen Berufsfeldern den Anteil männlicher Fachkräfte zu erhöhen. Im Bereich der Kindertages einrichtungen werden Schritte in diese Richtung unternommen. Gleiches wäre aber auch notwendig in anderen Berei chen der Sozialarbeit und Pädagogik. Diakonie 54 Rückblick 8 Diakonie 54 Rückblick 9 Einfach eine gute Zeit Das Filmfest „Ja Hallo!“ brachte die Menschen zusammen Fahr Rad! Beim Aktionstag für Neuzugezogene und Alteingesessene war richtig was los Es war ein sonniger, warmer Frühlingstag auf dem Lessingplatz in Düsseldorf-Oberbilk. Für Tim Turiak und Tobias Textor fast ein wenig zu sonnig. Sie hofften zumindest auf ein paar Wolken bis 18 Uhr, aber auch darauf, dass es trocken bleiben würde. Dann wären die Sichtverhältnisse per fekt für den Auftakt zum Filmfest „Ja Hallo!“ für Flüchtlinge und Alteingesessene. „Na, was gibt’s?“ Schüchtern rollt ein vielleicht gerade einmal Sechsjähriger sein Rad an den Stand von Armin Dörr vom Verein vision:teilen, deutet dann auf den wackeligen Lenker und die platten Reifen. Dörr lässt sich nicht lange bitten und greift zum Schrau benschlüssel, um den Lenker festzu zurren. Es dauert nicht lange, bis auch sein kleiner Kunde seine Zurückhal tung überwindet und kräftig mit anpackt. Keine fünf Minuten später ist das Fahrrad repariert und der nächste Besucher an der Reihe. Die Filme leben durch die Kraft der Bilder Turiak und Textor sind zwei der Organisatoren des Filmfestes. An drei Terminen im Mai und Juni zeigten sie in Kooperation mit der Diakonie Filme in Oberbilk, Golzheim und Kaiserswerth. „Die Idee kam uns, als wir im vergangenen Jahr ein Film fest in einem kleinen Dorf in Island veranstaltet haben. Da haben Menschen zusammengesessen und einfach Filme zusammen geschaut. Das war eine tolle Atmosphäre und die wollten wir hier auch schaffen.“ So war das Ziel des Filmfests in Düsseldorf ein fach: Menschen zusammenbringen. Oder wie es auf der Webseite ja-hallo.com steht: „Wir vom ,Ja Hallo!‘-Filmfest haben uns gefragt, was wäre, wenn wir uns einfach mal kennenlernen: im echten Leben, anstatt nur aus der Zeitung oder, noch schlimmer, aus dem Fernsehen voneinander zu hören. An drei Terminen wollen wir deshalb das tun, was sehr gute Nachbarn manchmal machen: bei Essen und Trinken einen tollen Film zusammen schauen.“ Tobias Textor glaubt daran, dass es solche einfachen Begegnungen braucht: „Bei vielen Veranstaltungen wird über Prob leme und Schwierigkeiten diskutiert. Wir wollen einfach nur, dass wir miteinander eine gute Zeit verbringen.“ Und weil dazu Essen und Trinken gehört, gab es internationale Gerichte und Erfrischungsgetränke von einem Sponsor. Die Kinder spielten Fußball, malten oder bastelten. Um 18 Uhr ging es dann auf der Leinwand los – erst mit einem Film für die Kinder, „Chihiros Reise ins Zauberland“, später dann mit dem Weltall-Abenteuer „Gravity“ für die Erwachsenen. Filme, die durch die Kraft der Bilder leben und ohne ausgefeilte Dialoge – schließlich sollten auch die etwas davon haben, die des Deut schen noch nicht so mächtig sind. Die Sonne stand tief genug, die Sicht war perfekt, es blieb warm an diesem Abend. Menschen ver schiedenster Herkunft schauten sich gemeinsam einen Film an. Sie hatten einfach eine gute Zeit. Christoph Wand Akteure wollen Geschmack aufs Fahrradfahren machen Armin Dörr repariert kostenlos Fahr räder für Menschen in Not und ist nur einer von vielen Akteuren beim Akti onstag „Fahr Rad!“ auf dem Platz der Diakonie. Mit dem Aktionstag unter Schirmherrschaft von Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke wollen die Akteure Neuzugezogenen und Alteingeses senen Geschmack aufs Fahrradfahren machen, Grundlegendes zur Sicherheit vermitteln, und – wie Dörr – die ein oder andere lose Schraube festdrehen. „Das Fahrrad ist kostengünstig, man steht damit nicht im Stau und tut nebenbei sogar etwas für die Gesund heit. Für Menschen, die nach Deutsch la nd gef lüchtet sind, ka n n es ein ideales Fortbewegungsmittel sein“, sagt Christel Powileit vom Stadtteil laden der Diakonie, die den Tag mitor ganisiert hat. „Allerdings müssen sich die Neuzugezogenen oft erst einmal an den Verkehr in Düsseldorf gewöhnen: In Syrien herrscht zum Beispiel Linksver kehr.“ Auch Menschen, die schon länger in Düsseldorf leben, seien oft unsicher, was auf dem Fahrrad alles zu beachten ist, und ließen es deshalb im Zweifels fall häufig lieber in der Garage stehen. Um sattelfester zu werden, können Gäste beim Aktionstag zum Beispiel bei ADFC und Verkehrswacht an einem Fahrradtraining teilnehmen und bei einer Fahrt durch einen mit Verkehrs schildern gesäumten Parcours ihre Geschicklichkeit testen. Jugendliche geben schlappen Reifen Luft Die Fahrtüchtigkeit des Rades selbst steht am Stand der Generationenwerk statt und des zentrum plus Flingern der Diakonie an erster Stelle, wo unter anderem Schülerinnen und Schüler der KGS Mettmanner Straße schlappen Reifen neue Luft geben. Gegen 17 Uhr neigt sich der Aktionstag auf dem Campus dem Ende zu. Das heißt aber nicht, dass Fahrradfahren bei der Diakonie nun kein Thema mehr ist. So trifft sich zum Beispiel regelmäßig frei tags die Fahrradgruppe 1996 Flingern am Platz der Diakonie, um gemeinsam zu Radtouren aufzubrechen. In diesem Jahr feiert die Gruppe am 17. Juli ihren 20. Geburtstag mit einer Jubiläumstour zum Geopark nach Dormagen. Treff punkt ist um 9.45 Uhr am Platz der Dia konie. „Wer sich anschließen möchte, ist herzlich willkommen“, sagt Mitbe gründer Paul Drüge. Anne Wolf Aus dem Nähkästchen plauderte der Düsseldorfer Radrennprofi Ruben Zepuntke, der beim Rad-Aktionstag am Platz der Diakonie genauso vorbeis chaute wie Oberbürgermeister Thomas Geisel. Wer an den Touren der Fahrradgruppe 1996 der Diakonie teilnehmen möchte, kann Routen und Uhrzeit erfragen bei Paul Drüge unter Tel 0211 7 33 40 15 Diakonie 54 Ehrenamt 10 Diakonie 54 Ehrenamt 11 Zwischen Szeneviertel und sozialem Brennpunkt Patrick Guttek engagiert sich im Stadtteilladen Flingern Der 25 -jährige Patrick Guttek liebt Kontraste: Er lebt auf der Ackerstraße mit ihren trendigen Läden und Cafés, arbeitet bei einer Modekette, aber engagiert sich ehrenamtlich im Stadt teilladen der Diakonie Düsseldorf. „Mir gefällt dieser Gegensatz: auf der einen Seite Leuten Mode und Style nahe bringen, auf der anderen Seite Men schen unterstützen, die dringend Hilfe brauchen“, erzählt er mit einer Inbrunst, die im Gespräch oft zutage tritt. Unge wöhnlich für einen so jungen Mann. Denn mit seinen 25 Jahren ist er fast ein Exot unter den Ehrenamtlichen. Jeden Mittwoch zwischen 9 und 12 Uhr kommt Guttek in den Stadtteilladen am Platz der Diakonie. Dann ist er Ansprechpartner für alle, die dort Hilfe suchen: Flüchtlinge, wohnungslose oder alte Menschen oder auch Menschen, die Schwierigkeiten haben beim Ausfüllen von Formularen. „Das Behördendeutsch ist auch für mich oft eine Herausforde rung, wie sollen dann erst Menschen den Inhalt verstehen, die nicht so gut oder gar kein Deutsch verstehen“, unter streicht er. Nicht immer hat der junge Mann gleich eine Antwort auf alle Fragen parat; dann sucht er im Internet nach Lösungen, oder er ruft eine der Sozialarbeiterinnen aus dem Stadtteil laden an und fragt nach. Geschichten, die berühren Ei n ma l ka m ei n ju nger I ra ker zu ihm, der ihm die Geschichte seiner Flucht erzählte: eine harte Reise mit vielen unsicheren Etappen, teils von Schleppern im Laderaum eines LKWs versteckt, ständig in Angst vor der Entdeckung oder dass es nicht weiter geht. Eine Geschichte, die Guttek sehr berührt hat: „Meist hört man so etwas nur in den Nachrichten, aber wenn die Geschichte einer Flucht von einem Men schen erzählt wird, der sie durchlitten hat und der direkt vor einem sitzt, dann wird das alles plötzlich ganz echt und real.“ Solche Geschichten beschäftigen ihn lange. Aber es erfüllt ihn auch mit Stolz, wenn sich ihm Menschen anver trauen und wenn er dazu beitragen kann, dass sich die Situation eines Men schen verbessert. Aufgewachsen ist Guttek in Duisburg. Zur Ausbildung kam er nach Düs seldorf, und er ist immer noch davon begeistert, hier zu leben: „Hier ist so viel los, es gibt immer etwas Neues zu entdecken.“ Seit einem Jahr wohnt er in einem kleinen, liebevoll eingerichteten Apartment auf der Ackerstraße. Mit tendrin im Leben. Er trifft sich gerne mit Freunden auf einen Kaffee, weil er es als Luxus empfindet, Teil der Gesellschaft zu sein und in Kontakt mit Menschen zu stehen. Aber manchmal schaut er dem Treiben auch nur zu: Dann sitzt er in seiner Lieblingsbuch handlung mit seinem Notizblock und schreibt kleine Texte über all das, was ihn beschäftigt und ihm auf der Seele brennt. Denn Patrick Guttek liebt Gegensätze. Kira Küster Diakonie 54 Spenden 12 Vom Smoothie bis zum Arztbesuch Gesundheitsprojekt für benachteiligte Menschen geht an den Start Diakonie 54 Spenden 13 Flüchtlingspatinnen und Sprachlernkisten Experian unterstützt Integrationsprojekte der Diakonie Das Projekt ist mit einer Gesundheitswoche in allen drei Tagesstätten für Wohnungslose öffentlich gestartet. Koch-, Kreativ- und Sportangebote, ein Gesundheitsquiz und Vorträge standen auf dem Programm. Bilder dazu finden Sie auch der Facebookseite der Diakonie unter www.facebook.com/ diakonie.duesseldorf Hans ist obdachlos. Das Leben auf der Straße hat die Gesundheit des 40-Jäh rigen angegriffen. Jetzt benötigt er regelmäßig Medikamente. Die Versi cherung übernimmt nur einen Teil der Kosten. Für den Rest muss Hans auf kommen. „Das Geld dafür habe ich aber nicht“, erzählt er. So wie Hans geht es vielen Menschen ohne Wohnung in Düs seldorf. Hinzu kommt, dass sich viele von ihnen scheuen, zum Arzt zu gehen. Nicht nur, weil sie keine Versicherungs karte haben, sondern auch, weil sie sich für ihren Lebenswandel schämen. Um ihnen zu helfen, bietet die Diakonie künftig in einem neuen Projekt ärzt liche Sprechstunden für wohnungslose Menschen im Arztmobil des Vereins „Medizinische Hilfe für Wohnungslose“ an. Auch Hans bekommt Hilfe von der Diakonie, die nun die Kosten für seine Medikamente übernimmt. Die medizinische Erstversorgung im Arztmobil ist nur ein Baustein des neuen Gesundheitsprojekts der Diakonie. Das forschende Pharmaunternehmen Janssen, die Pharmasparte des welt weit tätigen Gesundheitskonzerns Johnson & Johnson, und der Johnson & Johnson Corporate Citizenship Trust, eine Treuhandgesellschaft, finanzieren mit einer Geldspende das Projekt, das sich die Verbesserung der Gesundheit sozial benachteiligter Menschen in Düs seldorf zum Ziel gesetzt hat. Das Projekt ist zunächst auf drei Jahre angelegt und zeichnet sich durch seinen ganz heitlichen Ansatz aus. „Wir freuen uns, dass wir mit der Diakonie Düsseldorf einen Partner gefunden haben, der die Bedürfnisse der Zielgruppe kennt und mit dem wir gemeinsam hier vor Ort viel bewegen können“, sagt Barbara Stählin, Manager Corporate Communi cations von Janssen. So kommen in den Tagesstätten Hori zont, café pur und Shelter künftig zum Beispiel einmal in der Woche ein gesundes Frühstück mit Obst und täglich Smoothies auf den Tisch. Außerdem will die Diakonie im Zuge des Projekts in den drei Tagesstätten regelmäßig eine Ernährungsberatung und ein Grup penprogramm anbieten. Mitarbeitende von Janssen werden sich ebenfalls gerne engagieren, zum Beispiel Vor träge zu gesundheitlichen Themen wie Infektions- oder Suchterkrankungen anbieten. Und weil zum gesunden Leben auch die Pflege der Seele gehört, werden im Rahmen des Projekts kreative Ange bote in den Tagesstätten gefördert, zum Beispiel das Werken mit Holz oder Ton oder Museums- und Ausstellungsbe suche. „Wir arbeiten mit den Menschen an ihrem Selbstwert und ermutigen sie, ihr Leben selbstbestimmter zu gestalten“, erklärt Projektkoordinator Kai Lingenfelder. Auch Soforthilfen, zum Beispiel wenn ein Wohnungsloser dringend eine Brille braucht, werden durch die Spende des Unternehmens finanziert. Eine weitere Säule des Gesundheitspro jekts ist die präventive Sozialberatung. Denn auch hohe Schulden, anhaltende Schwierigkeiten mit Ämtern oder lange Arbeitslosigkeit können krank machen, beispielsweise Depressionen auslösen. Die Sozialberatung der Diakonie sucht gemeinsam mit den Betroffenen nach Lösungen. Außerdem motiviert sie die Menschen, etwas für ihre Gesundheit zu tun und bei gesundheitlichen Pro blemen einen Arzt aufzusuchen, oder vermittelt sie an entsprechende Fach stellen. „Und nicht zuletzt erklären wir auch, wie sich mit einfachen Mitteln leckere und gesunde Mahlzeiten zube reiten lassen“, erklärt Lingenfelder. Anne Wolf Oft müssen sie monatelang, wenn nicht jahrelang darauf warten. Dann ist sie endlich da – die Anerkennung als Asyl berechtigte. Damit haben Flüchtlinge endlich eine Perspektive. Die Integ ration ist damit aber natürlich noch lange nicht abgeschlossen. Um sich zurechtzufinden, ist es auch für aner kannte Flüchtlinge hilfreich, wenn sie Menschen an ihrer Seite haben, die sie bei der Bewältigung des Alltags unterstützen. Dafür sind die Flücht lingspatinnen der Diakonie in Düssel dorf-Flingern da. Mit einer Spende des Marketing-Spezialisten Experian in Höhe von 10.000 Euro können jetzt vier zusätzliche Patinnen Flüchtlingsfami lien im Stadtteil zur Seite stehen. Flüchtlingspatinnen sind Frauen, die selbst eine Migrationsgeschichte haben, aber inzwischen gut in die Gesell schaft integriert sind. Sie stehen neu zugewanderten Familien eine Zeit lang zur Seite, begleiten die Eltern zu Elternsprechtagen, zum Kinderarzt, zu Behörden. Sie dolmetschen und erklären den Eltern all die Dinge, die wichtig sind für Gesundheit, Erzie hung und gesellschaftliche Integration. „Außerdem sind sie auch ein Vorbild für die Neuangekommenen“, sagt Christel Powileit, Leiterin des Welcome Points 02 der Diakonie, wo das Projekt ange dockt ist: „Schließlich haben sie sich schon erfolgreich integriert.“ Für ihr Engagement erhalten die Flüchtlings patinnen eine Aufwandsentschädi gung im Rahmen der sogenannten Übungsleiterpauschale. Für die Kinder in den Offenen Ganztagsschulen gibt es Sprachlernkisten „Für uns als Unternehmen ist es wichtig, unserer sozialen Verantwortung gerecht zu werden. Im Rahmen unseres Heart of Experian Charity Funds fördern wir soziale Projekte rund um die Welt. Wir freuen uns sehr, die Diakonie Düssel dorf von einem unserer deutschen Unternehmensstandorte aus unter stützen zu können und bei der Integ ration von Flüchtlingen zu helfen. Die Patinnen, die selbst einen Migrations hintergrund haben, leisten hier echte, wertvolle Basisarbeit. Für uns ein wun derbares und zielführendes Projekt“, sagt Gregor Wolf, Geschäftsführer Experian Deutschland GmbH. Experian setzt sich auch über das Pro jekt hinaus für die soziale Arbeit ein. So konnten mit weiteren 5.000 Euro die Offenen Ganztagsschulen der Diakonie Materialkisten mit vielfältigem Spielund Sprachlernmaterial anschaffen. Puppen mit schwarzer Hautfarbe, mehr sprachige Kinderbücher oder Bausteine mit arabischen Ornamenten: Die Materialien eignen sich besonders gut, um speziell mit Flüchtlingskindern zu arbeiten und ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. „Die Auswahl solcher Materialien ist wichtiger, als man viel leicht denkt“, sagt Heike Kasch von der Integrationsagentur der Diakonie. Sie hat das Sachgebiet Offene Ganztags schule bei der Zusammenstellung der Materialien beraten. „Für die Kinder ist es wichtig, dass sie in Büchern vorkommen, mit ihrer Religion, Haut farbe oder anderen Merkmalen, in ganz banalen Geschichten.“ Im EUgeförderten Projekt „Bilder im Kopf“ berät die Diakonie auch pädagogische Fachkräfte zur Vielfalt in Kinder- und Jugendmedien, zu Antidiskriminierung, zum Einsatz mehrsprachiger Materia lien und einer Pädagogik, die sich der alltäglichen Vorurteile bewusst ist und entsprechend handelt. Mehr dazu auf www.bilderimkopf.eu. Christoph Wand Diakonie 54 Jugend und Familie 14 Wo Perspektiven geboren werden Seit 20 Jahren ist das TrebeCafé für Mädchen in Schwierigkeiten da Diakonie 54 Jugend und Familie 15 Kakao ist fertig! An der Alfred-Herrhausen-Schule kümmert sich der Nachwuchs selbst ums Frühstück In diesem Jahr feiert das TrebeCafé der Diakonie Düsseldorf. 1996 wurde die Anlaufstelle für Mädchen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben, dank einer großzügigen Spende von Ute Huneke eröffnet, erst an der Eintrachtstraße, später dann in größeren Räumen an der Kölner Straße. Nein, schön war Lenas Kindheit nicht. Die Mutter psychisch krank, der Vater gewalttätig – kein Wunder, dass Lena sich früh eine eigene Bleibe suchte. Aber auch da war es nicht einfach, mit einer Mitbewohnerin, mit der sie sich nicht ver stand, und einem Ex-Freund, der ihr dort auflau erte. So verbrachte Lena viel Zeit auf der Straße, rauchte Marihuana, trank viel, machte Schulden. Und so gewalttätig, wie ihr Vater war, waren auch ihre Beziehungspartner. Die Signale für Lenas Zukunft standen nicht sehr positiv. Dann kam die junge Frau mit dem TrebeCafé der Diakonie in Kontakt. Ein Wendepunkt in ihrem Leben. Die Mitarbeiterinnen begleiten die Gäste auch zum Arzt oder ins Jobcenter Im TrebeCafé können Mädchen und junge Frauen an einigen Stunden des Tages den schwierigen Alltag auf der Straße hinter sich lassen und sich ausruhen, etwas essen oder sich waschen. Sozialarbeiterinnen stehen für Gespräche zur Verfügung und unterstützen bei Gesprächen mit Eltern oder offiziellen Stellen, helfen beim Schulabschluss oder der Suche nach TherapieAngeboten, einem Job oder einer Wohnung. Street workerinnen suchen außerdem die Mädchen auf der Straße auf. Die Präventionsarbeit des TrebeCafés richtet sich gezielt an Schulen, Jugendeinrichtungen oder Kon firmandengruppen. Hier wird das Selbstwertge fühl der Jugendlichen gestärkt und sie lernen, mit Gefühlen und Krisen umzugehen oder Konflikte und Stress ohne Suchtmittel zu bewältigen. Wie bei allen Mädchen, die in die Anlaufstelle an der Kölner Straße in Düsseldorf-Oberbilk kom men, fand auch Lena erst einmal ein offenes Ohr. Frauen, die ihr zuhörten, die sie nicht verurteilten, sondern gemeinsam mit ihr Perspektiven entwi ckelten, wie es weitergehen könnte. Die Mitarbei terinnen des TrebeCafés begleiteten Lena zum Jobcenter, zur Verbraucherberatung, zur statio nären Therapie. Sie berieten sie, was ihre Schulden angeht, zu ihrer familiären Situation, aber auch dazu, was sie denn selbst für Ziele im Leben hat. Sie vermittelten ihr eine weitere ambulante The rapie und besuchten sie auch zu Hause. „Unsere Arbeit ist Beziehungsarbeit“, sagte Marita Wenzel, Leiterin des TrebeCafés. „Die Mädchen und jungen Frauen wissen, dass sie sich in allen Situationen an uns wenden können, dass wir sie nicht fallen lassen. Das Vertrauen, das dadurch entsteht, trägt, auch wenn es zwischendurch mal Rückschläge geben mag.“ Bei Lena hat die intensive Begleitung des Trebe Cafés auf jeden Fall das Leben verändert. Sie ist in eine andere Stadt gezogen, hat ihre Schulden getilgt und eine Arbeit aufgenommen. Sie lebt jetzt in einer neuen, stabilen Beziehung und hat ein Kind bekommen. Die Kontakte ins TrebeCafé seien natürlich selten geworden, sagt Marita Wenzel. „Sie braucht uns nicht mehr – und das ist ja gut so.“ Christoph Wand Sorgfältig gießt Joel die Milch in die Becher, fügt ein paar Teelöffel Kakao hinzu und rührt dann ein paarmal kräftig um. Während er die Becher seinen Mitschülern über den Tresen reicht, schneiden seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter Obst in handliche Stücke und stecken sie auf Schaschlikspieße. Der 16-jährige Kevin wirft einen zufrie denen Blick auf sein Werk. „Das sieht doch gut aus.“ Joel und Kevin gehören zu einer Gruppe Schülerinnen und Schü ler, die an der Alfred-Herrhausen-Schule dafür sorgt, dass die Mitschülerinnen u nd Mitschü ler jeden Morgen vor dem Unterricht ein gesundes Frühstück bekommen. Die Idee stammt von den Schülern selbst. Jeder kann seine Talente einbringen Schulsozialarbeiterin Anna Gojtowski von der Diakonie betreut das Projekt, das im Rahmen des buddY-Programms entstanden ist. „Ob als Moderatorin oder Moderator in den Teamsitzungen oder bei der Erstellung der Essenspläne am Computer – im Frühstückstreff kann jeder verschiedene Talente einbringen und diese weiterentwickeln“, erläutert sie das Konzept. „Und ganz nebenbei lernen die Kinder, mit Lebensmitteln zu haushalten und respektvoll mitein ander umzugehen.“ Thematisiert werde außerdem, wie wichtig Hygiene beim Umgang mit Lebensmitteln ist und was eine ausgewogene und gesunde Ernäh rung ausmacht. Manchmal dürfen es auch Brötchen mit Schokoküssen sein Das bedeutet nicht, dass beim Früh stückstreff ausschließlich Obst auf den Teller kommt. Ab und zu dürfen es auch Brötchen belegt mit Schokoküssen sein. Ein Kompromiss, denn die Kinder können selbst entscheiden, was sie im Frühstücktstreff servieren wollen. Die Gruppe trifft sich jeden Freitag, um den Essensplan für die kommende Woche aufzustellen und abzusprechen, wer wann bei der Vorbereitung des Früh stücks hilft. Die Abstimmung erfolgt ganz demokratisch per Handzeichen. Wer deshalb meint, dass SchokokussBrötchen jeden Tag auf der Speisekarte stehen, irrt gewaltig: Tatsächlich sind Haferflocken und frisches Obst beson ders beliebt. Angeliefert werden die Lebensmittel von der Tafel. Das Projekt hat auch den Verein buddY überzeugt, der den Frühstückstreff an der Alfred-Herrhausen-Schule jetzt aus gezeichnet hat. Ihre Urkunden konnten die Frühstückstreffler und Coach Anna Gojtowski von buddY-Programmleiterin Anja Throm und von Andrea Zinnen lauf, Leiterin Programmbereich Bil dungspraxis von der Vodafone Stiftung Deutschland, entgegennehmen. „Uns hat überzeugt, dass die Schülerinnen und Schüler keinen Anstoß brauchen und alles aus ihnen selbst herauskommt“, sagte Throm bei der Preisverleihung und lobte auch den Umgang der BuddYs untereinander. „Sie respektieren sich gegenseitig, geben Tipps und nehmen Rücksicht aufeinander.“ Anne Wolf Die Schulsozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter der Diakonie sind an 25 Schulen in Düsseldorf für Schülerinnen und Schüler da. Sie helfen dem Nachwuchs nicht nur, wenn es zu Hause oder in der Schule Probleme gibt, sondern betreuen auch besondere Gruppena ngebote in Zusammenarbeit mit internen und externen Kooperationspartnern. Mehr Infos zu buddY gibt's unter: www.buddy-ev.de Diakonie 54 Gesundheit und Soziales 16 „Der Weg aus der Sucht ist für jeden anders“ Expertin Anja Vennedey erklärt, welche Hilfen es gibt Außerdem bieten wir Gruppen an, die informieren und motivieren, der Sucht ein Ende zu machen. In den ersten Gesprächen geht es oft auch darum, bei den Betroffenen eine Krankheitseinsicht zu schaffen. So kommen zum Beispiel viele Menschen mit der Bitte zu uns, ihnen beizubringen, kontrollierter zu trinken. Das ist natürlich nicht möglich, denn Alkoholismus ist eine Krankheit, die nur durch Abstinenz „stillgelegt“ werden kann. In solchen Fällen geben wir den Tipp, einfach mal vier Wochen gar keinen Alkohol anzufassen. Wer das nicht schafft, kommt dann vielleicht zu der Einsicht, dass sich etwas grundle gend ändern muss. Oft sind es ja die Angehörigen, denen als Erstes auffällt, dass etwas nicht stimmt. Woran kann ich erkennen, dass Familienmitglieder oder Freunde ein Suchtproblem – zum Beispiel mit Alkohol – haben? Anja Vennedey ist Sozialarbeiterin und Suchttherapeutin. Die 41-Jährige lei tet das Suchtberatungs- und Therapie- zentrum der Diakonie an der Langer straße. Im Interview erzählt sie, woran sich eine Abhängigkeit erkennen lässt, wie Angehörige helfen können und warum Rückfälle vorkommen können. Frau Vennedey, im Sucht- und Therapiezentrum der Diakonie haben sich im vergangenen Jahr mehr als 1.000 Menschen mit Suchtproblem oder deren Ange hörige beraten lassen. Darunter Menschen, die ein Problem mit Alkohol, Medikamenten, Glücks- oder Computerspiel haben. Was erwartet Menschen, die zum ersten Mal zu Ihnen kommen? Wenn Menschen von Außenstehenden schon öfter auf ihren Alkoholkonsum angesprochen worden sind, der Füh rerschein vielleicht bereits wegen Trun kenheit am Steuer eingezogen worden ist oder Familienmitglieder möglicher weise heimlich trinken, können das Anzeichen für eine Alkoholabhängig keit sein. Auch wichtig zu wissen: Tat sächlich greifen viele Alkoholiker nicht bereits morgens, sondern erst abends zur Flasche. Wer abhängig ist, kann leichter reizbar oder aggressiv sein, manche Menschen ziehen sich aber auch einfach immer mehr aus ihrem sozialen Umfeld zurück. Diakonie 54 Zu helfen heißt in dem Fall, nicht zu helfen. Es ist entscheidend, das zu akzeptieren. Sonst wird der Betroffene nie zu der Einsicht gelangen, dass er ein Problem hat. Decken Angehörige das Familienmitglied, etwa indem sie es nach einer durchzechten Nacht beim Arbeitgeber entschuldigen, erleichtern sie ihm dagegen das Weitertrinken. Wichtig ist außerdem, dass Angehörige von Suchtkranken lernen, sich abzu grenzen. Nur so kann die Spirale des Deckens und Helfenwollens ein Ende 17 Ein neues Zuhause für Familie Bastouni Wie das Ehepaar aus Syrien endlich eine Wohnung fand haben. In speziellen Gruppen unterstützen wir Angehörige auf diesem Weg. In der Tagesklinik des Sucht- und Therapiezentrums kommen Menschen mit einer Suchterkrankung tagsüber in die Therapie, den Abend können Sie zu Hause verbringen. Für wen eignet sich das Konzept? Vor allem für Menschen, die in sich gefestigt sind, Wohnung, Familie und vielleicht einen Arbeitsplatz haben, ist das Konzept ideal. In der Tagesklinik können sie sich Schritt für Schritt von ihrer Sucht lösen, ohne ihr gewohntes Umfeld verlassen zu müssen. Der Vor teil daran: Sie können die Erkenntnisse aus der Therapie unmittelbar in ihrem eigenen Umfeld in die Tat umsetzen. Und wenn einer der Menschen, die Sie betreuen, doch rückfällig wird? Früher haben Rückfälle dazu geführt, dass Menschen von der Therapie ausge schlossen wurden. Das ist heute nicht mehr so. Denn der Weg in die Absti nenz ist steinig. Und Rückfälle können auch dazugehören. Leider ist es heute immer noch so, dass viele Menschen nicht begreifen, dass Alkoholismus keine Schwäche, sondern eine Krank heit ist. Das muss sich dringend ändern. Das Gespräch führte Anne Wolf Die Haustür steht offen, wie eine Ein ladung an die Nachbarschaft, jederzeit vorbeizuschauen. Durch den Türrahmen fällt der Blick auf den gedeckten Kaffee tisch. Auf jedem Teller liegt ein großes Stück Zitronenkuchen. „Greifen Sie zu, den hat Aya gebacken“, sagt Ayman Bastouni nicht ohne Stolz und nickt seiner 13-jährigen Tochter anerken nend zu. Die strahlt. Wer die Familie Bastouni besucht, fühlt sich dort sofort wohl. Auch wenn das Wohnzimmer bis auf ein paar Bücher noch leer ist und ein Plastikstuhl aus dem Garten als Sitzplatz herhalten muss. Großfamilien haben es besonders schwer, eine Wohnung zu finden Wie können Angehörige dann helfen? Der Weg aus der Sucht ist für jeden anders. Darum unterscheiden sich auch die Beratungsverläufe. Grundsätzlich klären wir erst einmal in einem Zweier gespräch die persönliche Situation. Je nachdem bieten wir dann weitere Bera tungsgespräche an, auch in der Gruppe, um auszuloten, wie wir helfen können. Wenn es sinnvoll ist, suchen wir dann nach einer möglichen Therapie – die kann in einer Klinik stattfinden, aber auch tagsüber bei uns. Auch eine ambu lante Therapie mit Gruppenbesuchen in den frühen Abendstunden ist möglich. Gesundheit und Soziales Wegen Umbauarbeiten war das Suchtberatungs- und Therapiezentrum der Diakonie 18 Monate lang an der Fichtenstraße untergebracht. Jetzt ist es zurück an der Langerstraße: Unter anderem sind in der Einrichtung nun alle Räume barrierefrei und auch für Menschen mit Gehbehinderung problemlos zugänglich. Den Umbau haben die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW und die Aktion Mensch mit insgesamt 560.000 Euro gefördert. Ayman Bastouni ist Syrer und vor bald zwei Jahren als Flüchtling nach Düssel dorf gekommen. Seinen Besitz musste er in seiner Heimat zurücklassen. Die vergangenen Monate haben er, seine Frau Dalin Awad und die fünf Kinder in einer Flüchtlingsunterkunft in Düs seldorf gelebt – obwohl Ayman Bas touni längst als Flüchtling anerkannt war und aus der Unterkunft hätte aus ziehen können. „Aber es ist schwierig, eine Wohnung zu finden. Vor allem für Großfamilien“, sagt der 42-Jährige. Dank einer großzügigen Spende von fif tyfifty konnte die Familie Bastouni nun eine Wohnung in einem Haus beziehen, das die Diakonie extra für Flüchtlinge gekauft hat. 320.000 Euro hat fiftyfifty dafür zur Verfügung gestellt. Das Geld stammt aus dem Verkauf von sechs Bil dern des Malers Gerhard Richter. Schulen und Kindergärten liegen ganz in der Nähe Im Haus befinden sich drei Wohnungen auf drei Etagen. Es liegt in einer ganz normalen Wohngegend im Düsseldorfer Stadtteil Reisholz mit Schulen und Kin dergärten ganz in der Nähe. Im August wird die Kleinste (5), Asmaa, nur ein paar Meter weiter in den Kindergarten gehen. Aya und ihr Bruder Mohammad (14) werden ganz in der Nähe die Schule besuchen. Die anderen Kinder (7 und 12) gehen bereits zur Schule. „Uns gefällt es in Reisholz sehr“, sagt Dalin Awad. Auch mit der Wohnung sei sie sehr zufrieden. „Toll ist, dass es einen Garten gibt, in dem die Kinder mitein ander spielen können.“ Die Unterbringung mitten im Quartier gehört zum Konzept: „Denn für die Inte gration ist es das Beste, wenn Flücht linge mitten unter uns leben“, erklärt Sabine Hollands von der Diakonie. Gemeinsam mit Kulturmittlerin Fassla Alomari bringt sie seit Mitte Oktober in Zusammenarbeit mit dem städtischen Amt für Wohnungswesen Flüchtlinge und Vermieter zusammen. Auch nach Abschluss des Mietvertrages und nach dem Einzug sind sie für beide Seiten ansprechbar, wenn es Fragen und Prob leme gibt. So sind die beiden weiterhin für die Familie Bastouni da, falls diese Hilfe braucht. Ayman Bastouni hofft, dass er schnell in Deutschland Fuß fasst. Erst einmal will er jetzt seinen Führerschein ein zweites Mal machen, damit dieser auch in Deutschland gültig ist. Er würde gerne als LKW-Fahrer arbeiten und das so schnell wie möglich. „Zu Hause rum zusitzen und nichts zu tun, ist einfach nichts für mich“, sagt er. Da kann die Wohnung noch so perfekt sein. Anne Wolf Diakonie 54 Leben im Alter 18 Diakonie 54 Ran an die Beete Beim Urban Gardening: Kinder und Senioren pflanzen Gemüse Leben im Alter 19 „In älteren Menschen steckt so viel Lebensfreude!“ Vom Lehrer zum Altenpfleger – ein Auszubildender erzählt Mehr Informationen zur Ausbildung in der Altenpflege bei der Diakonie und einen Film, in dem Auszubildende von ihren Erfahrungen in der Altenpflege berichten, gibt es im Internet unter: www.altenpflege-jetzt.de nur hauchdünn mit Erde bedeckt sein. Als Faustregel gelte: Nie mehr Erde über ein Samenkorn streuen, als es dick ist. „Sonst verfaulen die Samen.“ Bald möchte sie auch Setzkartoffeln mit bringen. „Aus einem Hochbeet mit den Ausmaßen wie hier habe ich schon mal zwölf Kilo rausbekommen.“ Die Nachbarn können jederzeit in den Garten kommen Es geht nur um ein paar Beete. Aber um diese Beete ranken sich Werte – wie Gemeinschaft und Verantwortung: Drei mit Erde gefüllte Gefäße mit Holzver schalung stehen im Innenhof des zen trum plus Golzheim-Derendorf bereit. Genau genommen sind es Hochbeete, in die Seniorinnen und Senioren und Kinder aus der benachbarten Kita der Diakonie in der Collenbachstraße die ersten Samen und Setzlinge pflanzen, damit dort Gemüse, Blumen und Kräuter wachsen. Astrid Walker, Waldpädagogin, Ingeni eurin für Landespflege und Referentin für das Projekt, hat spezielle Erde mit gebracht. „Torffrei“ steht auf der Ver packung. „Diese Erde ist zwar etwas teurer, schont aber die Natur“, sagt die Fachfrau. Der Torf könne so bleiben, wo er hingehört: in den Mooren, wo er oft über Jahrhunderte entstanden ist und einen wertvollen Lebensraum für Pflanzen und Tiere bietet. Fünf Termine sind angesetzt, um die Hochbeete zu bepflanzen. „Es geht um das Miteinander der Generationen, um Nachhaltigkeit und darum, neue Zugänge zum Gärtnern in der Stadt zu schaffen“, sagt Inge Gößling, Leiterin des zentrum plus. Eingebettet ist das Projekt in eine Reihe von Veranstal tungen, bei der sich Kitakinder und ältere Menschen schon seit Jahren mit unterschiedlichsten Themen beschäf tigen, zum Beispiel Theaterspielen, Lesen oder Gespräche über Demenz. Die Freizeitgärtner wollen auch Kartoffeln pflanzen Diesmal ist also Pflanzen angesagt. Von „Urban Gardening“ spricht die Refe rentin in einem Nebensatz und ver weist damit auf eine soziale Bewegung, getragen von Menschen, die mitten in der Stadt gärtnern – ob in New York, London oder eben Düsseldorf. Die Kinder, alle im Vorschulalter, stehen neugierig vor den Beeten und greifen zu den Schaufeln. „Achtet darauf, die Samen nicht zu tief in die Erde zu pflanzen“, sagt Astrid Walker. Die feinen Samen von Kräutern und Blumen dürften Ben, fünf Jahre alt, ist eifrig bei der Sache. Er greift beherzt in die Erde, gräbt Setz ling nach Setzling ein. „Möhren kann man zum Glück essen“, sagt er unver mittelt. Das findet auch Sigrid Emme rich, eine von gut zehn Seniorinnen und Senioren, die am Projekt teilnehmen. Sie hat drei Enkel, ist gerne mit Kindern zusammen. „Kinder stellen interessante Fragen, auf die man als Erwachsener nicht kommt“, sagt sie. „Wir können alle etwas voneinander lernen.“ Jetzt, da Kräuter und Gemüse sprießen, soll der Innenhof auch von Nachbarn genutzt werden, die durch ein stets offenes Tor freien Zugang haben. „Wir möchten einen Ort schaffen, an dem sich Menschen treffen“, sagt Inge Gößling. Eine Oase der Ruhe mitten in der Stadt. Thomas Becker Philipp Wienke hat fünf Jahre als Lehrer gearbeitet. Jetzt macht der 31-Jährige eine Ausbildung zum Altenpfleger im Ferdinand-Heye-Haus in Gerresheim. Im Interview erklärt er, was ihn antreibt und warum ihn der Beruf fasziniert. Herr Wienke, vom Lehrer zum Altenpfleger – das ist ein eher ungewöhnlicher Werdegang. Wieso haben Sie sich für eine Ausbildung in der Altenpflege entschieden? Ich wollte schon immer Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, helfen. Darum habe ich mich neu ori entiert. Anfangs konnte ich mir auch vorstellen, eine Ausbildung zum Ret tungssanitäter oder Krankenpfleger zu machen. Doch dann habe ich ein Prak tikum in der Altenpflege absolviert und sofort gewusst: Der Beruf passt zu mir. Was gefällt Ihnen an dem Beruf? Als Altenpfleger kann ich viel bewirken. Zum Beispiel Menschen dabei helfen, im Alter ein schönes Leben zu haben – trotz all der Defizite, die das Leben im Alter mit sich bringen kann. Viele meinen immer, Altenpflege sei eine bitterernste Sache. Das stimmt nicht. Ich bin selbst oft überrascht, wie viel Lebensfreude in den Seniorinnen und Senioren steckt. Wir lachen viel zusammen. Was sagen Ihre Freunde zu Ihrer Entscheidung, in die Altenpflege zu gehen? Wie gelingt es Ihnen, diese Lebensfreude zu erhalten? Das Wichtigste ist, die Menschen ernst zu nehmen, ihre Wünsche zu respek tieren. Manchen Bewohnerinnen oder Bewohnern ist zum Beispiel ihr Aus sehen sehr wichtig. Sie brauchen des halb im Bad morgens oft länger. Das kann schon mal den Ablauf etwas durcheinanderbringen, weil vielleicht das Frühstück wartet – aber wir lassen ihnen diese Zeit. Ältere Menschen wissen übrigens ganz genau, was sie wollen, und das sagen sie auch. Diese direkte Art gefällt mir sehr. Meine Freunde finden das toll. Gleich zeitig bekomme ich oft zu hören: „Krass, das könnte ich nicht.“ Viele haben Vor urteile, was die Altenpflege betrifft. So denken einige immer noch, dass Alten pflege gleichzusetzen ist mit Körper pflege. Dabei macht die Körperpflege nur einen Teil unserer täglichen Arbeit aus. Wir müssen uns zum Beispiel auch eng mit Ärzten abstimmen und Medikamente verabreichen. Außerdem befassen w i r u ns m it recht l ichen Fragen oder arbeiten am Computer, etwa um den Gesundheitszustand der Bewohnerinnen und Bewohner zu dokumentieren. Wie gehen Sie damit um, wenn einer der Menschen, die Sie betreuen, stirbt? Haben Sie schon Pläne, wie es für Sie nach der Ausbildung weitergehen soll? Die Menschen, die ich betreue, wachsen mir ans Herz. Deshalb ist es natür lich belastend, wenn einer von ihnen stirbt. Aber in der Ausbildung lernen wir auch, damit umzugehen. Der Tod gehört nun einmal zum Leben. Wer das nicht akzeptieren kann, ist falsch in dem Beruf. Ich möchte mich auf jeden Fall wei terbilden, könnte mir sogar vorstellen, künftig selbst Auszubildende zu be- treuen. Denn es gibt zu wenig Nach wuchs. Das möchte ich gerne ändern. Wozu ich keine Lust habe, ist, in die Verwaltung zu gehen. Ich brauche ein fach den Kontakt zu den Menschen. Das Gespräch führte Anne Wolf Diakonie 54 Diakonie und Kirche 20 Unter einem Dach Frischer Wind in der Matthiaskirche in Lichtenbroich Diakonie 54 Diakonie und Kirche 21 Talente ausfindig machen Ehrenamtskoordination deckt versteckte Potenziale auf methodistischen Gemeinden und dem zentrum plus angehören. Wir haben einiges vor: Das Haus wird umgebaut, wir lassen demnächst eine barrierefreie Toilette einbauen und die Küche neu gestalten. Im Hausteam koordinieren wir eigene Veranstaltungen, daneben bekommen wir viele Anfragen von Ver einen und Gruppen aus dem Stadtteil, die unsere Räume nutzen möchten. Der Flüchtlingsbeauftragten der Stadt Düsseldorf, Miriam Koch, haben wir beispielsweise ermöglicht, eine Sprech stunde abzuhalten, damit sich Bürger über die Unterbringung von Flücht lingen vor Ort informieren konnten – eine wichtige Veranstaltung für den Stadtteil. Als zentrum plus haben wir gerade auch einen Deutschkurs für Flüchtlinge in Lichtenbroich mit ehren amtlichen Sprachlehrern gestartet. Seit sieben Jahren ist das zentrum plus Lichtenbroich der Diakonie in der Mat thiaskirche untergebracht. Die Evan gelische Kirchengemeinde Unterrath hat die Kirche vor einem Jahr verkauft. Neue Eigentümerin ist die evangelischmethodistische Kirche (emK), die mit gleich drei Gemeinden einzogen ist: einer internationalen, einer deutschen und einer ghanaischen Gemeinde. Das zentrum plus darf die Räume wei terhin nutzen und will mit der emK kooperieren. Thomas Becker sprach mit Andrea Faust, Sozialpädagogin und Leiterin des zentrum plus Lichtenbroich, und Van Jollie, evangelisch-methodistischer Pastor im Bezirk Rheinland (Bonn, Düsseldorf, Köln). Wofür steht die evangelisch-methodistische Kirche? Van Jollie Theologisch unterscheiden wir uns kaum von der Evangelischen Kirche in Deutschland, mit der wir eine Kanzel- und Abendmahlsgemein schaft vereinbart haben: Ordinierte dürfen gegenseitig in Gottesdiensten predigen und die Abendmahlsliturgie durchführen. Als Methodisten ist es uns wichtig, Glauben bewusst zu leben und die Welt durch unser Handeln zu verbessern. Unsere Erfahrung ist, dass Menschen, die Gott in Christus ken nenlernen, sich dazu verpflichtet und angetrieben fühlen, sich aktiv in die Gesellschaft einzubringen und sie mitzugestalten. Auch bei der Diakonie stehen Hilfe und Handeln im Vordergrund. Andrea Faust Ja, wir erleben das Mitei nander als gute Ergänzung und sehen auf diakonischer Ebene viele Gemein samkeiten: Menschen zu unterstützen und sie zu begleiten, wobei unser Schwerpunkt als zentrum plus auf der Seniorenarbeit liegt. Wir zeigen Mög lichkeiten auf, wie Seniorinnen und Senioren das Leben und den Alltag besser bewältigen können, machen Angebote zu Freizeitgestaltung und Gesundheit und fördern die Beteiligung älterer Menschen in ihrem Stadtteil. Gibt es auch gemeinsame Projekte mit den evangelisch-methodistischen Gemeinden? Andrea Faust Wir sind erst seit gut einem halben Jahr unter einem Dach und noch dabei, uns kennenzulernen. Wir haben ein Hausteam gegründet, dem Personen aus den drei evangelisch- Beteiligen sich auch Ehrenamtliche aus den evangelisch-methodistischen Gemeinden? Van Jollie Zurzeit nicht, was aber einen pra k t ischen Gr u nd hat: A l le Mitglieder unserer drei Gemeinden stammen aus anderen Stadtteilen oder Nachbarstädten, wo sich einige auch engagieren. Die meisten reisen extra an, samstags und sonntags. Ich bin mir sicher: Die Schnittmengen unserer Arbeit werden sich im Laufe der Zeit zeigen. Wir haben einander nicht aus gesucht, uns aber beide für den Ort, die Kirche, entschieden. Aus dieser Nähe und gemeinsamen Interessen kann eine Zusammenarbeit wachsen. Andrea Faust Man merkt schon jetzt, dass ein frischer Wind weht. Der Ein führungsgottesdienst, den die drei Gemeinden gemeinsam gefeiert haben, war sehr beeindruckend. Ein Gottesdienst mit Chören, Trachten und viel Bewegung, in drei Sprachen: Deutsch, Englisch und Twi, einer ghanaischen Sprache. Da musste man einfach mitmachen. Ehrenamtskoordination – was bürokra tisch klingt, hat sich bei der Diakonie über Jahre hinweg bewährt. Verläss liche Strukturen zu schaffen macht die Zusammenarbeit zwischen Hauptund Ehrenamtlichen – wie im Café des Evangelischen Gemeindezentrums an der Hardenbergstraße – einfacher und erhöht die Zufriedenheit sowohl bei den Engagierten als auch bei den Einrich tungen. Der Erfolg gibt Ursula Wolter vom Referat Ehrenamt der Diakonie Düsseldorf recht: Ihr „Qualitätshand buch Freiwilligenmanagement am Bei spiel von Diakonie und Kirche“ ist so etwas wie das Standardwerk für viele soziale Einrichtungen geworden. Seit einiger Zeit ist ihr Referat jetzt auch im Evangelischen Kirchenkreis veran kert, und gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus mehreren Kirchenge meinden hat sie im „Arbeitskreis Ehren amtskoordination“ einen intensiven Austausch zwischen Diakonie und Kir chengemeinden vorangebracht. Ehrenamtliche sollen von Anfang an wissen, worauf sie sich einlassen Pfarrer Stefan Kläs aus der Evangeli schen Kirchengemeinde Unterrath ist Mitglied im Arbeitskreis. Für ihn ist Ehrenamtskoordination auch in den Kirchengemeinden absolut notwendig. „Wir können damit besser heraus finden, welche Talente die Menschen mitbringen. Bisher ist es in vielen Kirchengemeinden Zufall, wer in wel chem Bereich etwas eh renamtlich macht. Wenn wir das Ganze koordi nieren, können wir damit unsere großen Potenziale besser nutzen, als wir das bisher tun. Und für die Ehrenamtlichen ist das auch gut. Sie wissen dann von Anfang an, worauf sie sich einlassen. Es ist ja bisher oft so, dass man, wenn man für ein Ehrenamt gefragt wird, auf einmal in noch ein anderes rein rutscht, ohne dass man das eigentlich will. Oder man wird seine Aufgabe, die man eigentlich zeitlich befristet machen wollte, einfach nicht mehr los.“ Eine Kultur der Begrenzung oder des Abschiednehmens vom Amt – auch so etwas gehört zur Ehrenamtskoordina tion, genauso wie verlässliche Regeln für Zuständigkeiten oder für die Erstat tung von Fahrtkosten. Eine Befürchtung, die gerade im kirch lichen Bereich öfter geäußert wird: Wenn man das Ehrenamt koordiniert, dann begräbt man alle Freiheiten und alle Kreativität. Stefan Kläs kann diese Befürchtung nicht nachvollziehen. „Eine Freiheit, die ganz ungestaltet ist, in der man diffus vor sich hin arbeitet, da bin ich skeptisch. Es ist im Gegenteil wohl tuend, wenn alle Beteiligten wissen, worauf sie sich einlassen. Damit sind ja nicht a lle Spielräume weg. Das Schlimmste ist, wenn die Ehrenamtli chen gar nicht wissen, welche Spiel räume sie haben.“ Klaes freut sich über die professio nelle Erfahrung, die die Diakonie in diesen Austausch mit hineinbringt. Die Dia konie kön ne v iel leicht von den Kirchengemeinden lernen, wie groß die Bedeutung von Beziehungen und informellen Leitungsstrukturen sind. „Und wir als Kirchengemeinden können lernen, wie wir unsere Arbeit mit Ehrenamtlichen so ausrichten, dass wir besser unsere Ziele erreichen. ‚Wir haben’s schön miteinander‘, das ist auch wichtig, aber nicht alles.“ Christoph Wand Den Fachaustausch zum Thema „Ehrenamt und Ehrenamtskoordination – Chancen für die Zukunft einer Kirchengemeinde“ dokumentiert eine Handreichung, die beim Evangelischen Kirchenkreis erschienen ist. Sie ist bei der Evangelischen Pressestelle erhältlich, Telefon 0211 95 75 77 81. Diakonie 54 Kurzmeldung 22 Diakonie 54 Palliative Versorgung im Pflegeheim Ältere Menschen bis zuletzt begleiten Gastfamilien für junge Flüchtlinge gesucht Diakonie unterstützt Pflegeeltern Umzug zur Kirchfeldstraße Schuldnerberatung in neuen Räumen Offener Brief an die Bundes kanzlerin „Abschiebungen in die Türkei sind inhuman“ Impressum Die meisten älteren Menschen wün schen sich, ihre letzte Lebensphase in ihrer vertrauten Umgebung zu ver bringen. Für viele Seniorinnen und Seni oren zählt dazu nicht nur das eigene Zuhause, sondern auch das Pflege heim. Dennoch sterben immer noch rund 20 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen im Krankenhaus. „Oft weisen Notärzte ältere Menschen ins Krankenhaus ein aus Unwissenheit darüber, dass eine Spezialisierte Ambulante Palliative Versorgung (SAPV) von Menschen im Pflegeheim genauso möglich ist.“ Darauf hat Dr. Nada Ralic vom Quali tätsmanagement der Diakonie anläss lich des Internationalen Tags der Pflege am 12. Mai hingewiesen. Um unheilbar kranken Menschen ihren letzten Wunsch zu erfüllen, arbeitet die Diakonie Düsseldorf in ihren Pfle geheimen eng mit dem Palliative Care Team Düsseldorf der Stiftung Evan gelisches Krankenhaus Düsseldorf zusammen. Dem Palliative Care Team Düsseldorf gehören Ärzte, Pflegefach kräfte, Psycho-Onkologen und Sozialpä dagogen an. Die Diakonie ruft das Team immer dann, wenn die Pflege nicht mehr ausreicht, die Bewohnerinnen zum Beispiel an starken Schmerzen oder Übelkeit leiden oder große Angst haben. Im vergangenen Jahr sind auch viele unbegleitete minderjährige Flücht linge nach Düsseldorf gekommen. Die meisten von ihnen leben in Wohn gruppen, von denen auch die Diakonie einige betreut. Für andere aber wären Gastfamilien eine ideale Möglichkeit. Die Diakonie sucht jetzt Familien, die sich vorstellen können, einen unbe gleiteten minderjährigen Flüchtling aufzunehmen. Voraussetzungen sind ein Zimmer für den jungen Menschen, Neugier und Geduld. Wer sich vor stellen kann, einen Jugendlichen an die Hand zu nehmen und ihm das Leben in Deutschland näherzubringen, kann sich an Boris Wellssow vom Adoptions- und Pflegekinderdienst der Diakonie Düssel dorf wenden, Telefon 0211 60 10 11 61, [email protected] Die Evangelische Schuldnerberatung der Diakonie Düsseldorf ist umge zogen – von der Collenbachstraße in Derendorf an die Kirchfeldstraße 149 in Friedrichstadt. Die Beratungsstelle ist jetzt die erste Schuldner- und Verbrau cherinsolvenzberatungsstelle der Wohl fahrtsverbände im Stadtbezirk 3, dem bevölkerungsreichsten Stadtbezirk in Düsseldorf. Die neue Räume sind barrie refrei und gut mit öffentlichen Verkehrs mitteln zu erreichen. Im neuen, größeren Veranstaltungsraum können die Berate rinnen und Berater jetzt Seminare zur Schuldenprävention anbieten. Im Zentrum der Arbeit steht nach wie vor die Einzelfallberatung für über schuldete Bürgerinnen und Bürger aus Düsseldorf. Außerdem vermitteln die Mitarbeitenden Finanzkompetenz an Kinder, Jugendliche und junge Erwach sene – zukünftig auch speziell an min derjährige, unbegleitete Flüchtlinge und Menschen im Übergang vom Arbeits leben in den Ruhestand. Ziel ist, früh zeitig für den bewussten Umgang mit Geld zu sensibilisieren, auf Schulden fallen hinzuweisen und finanzielle Ver änderungen rechtzeitig zu planen. In der Einzelfallberatung wurden im vergangenen Jahr 1.042 Bürgerinnen und Bürger betreut. Ein wichtiges Ins trument zur Schuldenregulierung stellt das Verbraucherinsolvenzverfahren dar. 2015 wurden insgesamt 153 Ratsu chende bei der Antragstellung begleitet. Die Diakonie Düsseldorf hat sich in einem offenen Brief an Bundeskanz lerin Angela Merkel gewandt. Darin kritisiert sie die Zustände in den Flücht lingslagern in Griechenland und der Türkei. Außerdem appelliert sie an die Kanzlerin, die Vereinbarung mit der Türkei, alle illegal nach Griechen land eingereisten Flüchtlinge zurückzu nehmen, vorerst auszusetzen. „Vor allem die Inhaftierung von Flüchtlingen, daru nter auch schwer traumatisierte Menschen, ist inhuman“, sagt Diakonie pfarrer Thorsten Nolting. Die Diakonie Düsseldorf betreut in Düs seldorf rund 5.000 Flüchtlinge. Viele von ihnen seien in großer Sorge um Fami lienmitglieder, die in der Türkei und in Griechenland unter teilweise men schenunwürdigen Bedingungen leben müssten, so Nolting: „Wir haben die Bundeskanzlerin deshalb gebeten, auf eine europäische Lösung hinzuarbeiten, die mit den Schutzrechten der Europä ischen Menschenrechtskonvention, der Genfer Flüchtlingskonvention und des Europarechts in Einklang steht. Jeder Flüchtling muss einen fairen Zugang zum Asylverfahren haben.“ Herausgeber Diakonie Düsseldorf – Gemeindedienst der evangelischen Kirchengemeinden e. V. www.diakonie-duesseldorf.de Anne Wolf Christoph Wand Christoph Wand Kurzmeldung 23 Redaktion Christoph Wand (verantwortlich) Kira Küster Anne Wolf Redaktionssekretariat Katharina Fornfeist Platz der Diakonie 3, 40233 Düsseldorf Telefon 0211 73 53 299 E-Mail [email protected] Art-Direktion Fons M. Hickmann Gestaltung Fons Hickmann m23, Berlin Salomé Guyot www.fonshickmann.com Fotografie Gerald Biebersdorf (S. 1–5, S. 8, S. 12, S. 14, S. 17, S. 19–21), Judith Michaelis (S. 15), privat (S. 7), Christoph Wand (S. 13), Petra Warrass (S. 10, S. 16, S. 18) Anne Wolf Druck Tannhäuser Media, Düsseldorf Print CO 2 -kompensiert: Id-Nr. 1654147 www.bvdm-online.de Papier Cyclus Offset, 100 % Altpapier, Umweltzertifizierungen: Blauer Engel, EU-Blume, ISO 41 001, EMAS Auflage 8.500 Erscheinungsweise Vierteljährlich Spendenkonto Diakonie Düsseldorf IBAN DE87 3005 0110 0010 1057 57 BIC DUSSDEDDXXX Diakonie 54 53 Termine Juli / August 2016 September 2016 Andererseits Andacht für Diakonie und Holthausen Mit Thorsten Nolting Donnerstag, 7. Juli, 8.30 Uhr Diakonie-Institut, Oberlinplatz 2 Andererseits Andacht für Diakonie und Holthausen Mit Thorsten Nolting Donnerstag, 1. September, 8.30 Uhr Diakonie-Institut, Oberlinplatz 2 Lutherratten Kirchenkabarett zum Diakoniejubiläum Samstag, 17. September, 18 Uhr Versöhnungskirche, Platz der Diakonie 2 Eintritt frei! Andererseits Andacht für Diakonie und Flingern Mit Heinz Frantzmann Montag, 11. Juli, 8.30 Uhr Versöhnungskirche, Platz der Diakonie 2 Diakoniegottesdienst Mit Thorsten Nolting und Heinz Frantzmann Donnerstag, 1. September, 18 Uhr Bergerkirche, Berger Straße 18b Aus der Geschichte der Diakonie Düsseldorf Vorstellung der Forschungsergebnisse Vortrag von Dr. Uwe Kaminski Dienstag, 20. September, 19.30 Uhr Versöhnungskirche, Platz der Diakonie 2 Kunst & Kohlrabi Sommerfest Donnerstag, 21. Juli, 12 bis 14.30 Uhr zentrum plus Derendorf-Golzheim, Klever Straße 75 Gospelchurch – 100 Jahre Nächstenliebe Mit dem Pater Noster Chor Eller, Heinz Frantzmann (Predigt) und Elke Wisse (Leitung) Samstag, 3. September, 18 Uhr Johanneskirche, Martin-Luther-Platz 1 Diakoniegottesdienst Mit Heinz Frantzmann und Team Mittwoch, 27. Juli, 18 Uhr Bergerkirche, Berger Straße 18b Andererseits Andacht für Diakonie und Holthausen Mit Thorsten Nolting Donnerstag, 4. August, 8.30 Uhr Diakonie-Institut, Oberlinplatz 2 Andererseits Andacht für Diakonie und Flingern Mit Thorsten Nolting Donnerstag, 29. August, 8.30 Uhr Versöhnungskirche, Platz der Diakonie 2 Campusfest – 100 Jahre Diakonie Wir feiern in Flingern. Donnerstag, 25. August, 17 Uhr Platz der Diakonie 1–3 Geheiligt werde Dein Name 20 Jahre Interreligiöser Dialog im Stadtteilladen Flingern Mit Thorsten Nolting und Rabbiner Jehoshua Ahrens Montag, 5. September 2016, 18.30 Uhr Platz der Diakonie 2a Ehrenamtstag Dienstag, 6. September, 17 Uhr Markuskirche, Sandträgerweg 101 zentrum plus – open air Das zentrum plus stellt sich vor Mittwoch, 7. September, 11 bis 13.30 Uhr Vor der evangelischen Kreuzkirche, Collenbachstraße 10 Zukunft gestalten Kongress für soziale Entwicklungen Freitag, 9. September, ab 11 Uhr Factory Campus Düsseldorf Erkrather Straße 401 Anmeldung erforderlich! Mehr Informationen: www.zukunftdessozialen.de 24 100 Jahre Diakonie Düsseldorf Festgottesdienst Sonntag, 25. September, 10 Uhr Johanneskirche, Martin-Luther-Platz 39 Andererseits Andacht für Diakonie und Flingern Mit Thorsten Nolting Montag, 26. September, 8.30 Uhr Versöhnungskirche, Platz der Diakonie 2 Dankbar ohne Buddha? Christlicher Dialog mit Thorsten Nolting Erntedank Mittwoch, 28. September, 15 Uhr Bergerkirche, Berger Straße 18b Die Bergerkirche ist dienstags bis sonntags von 15 bis 18 Uhr geöffnet, samstags zusätzlich von 12 bis 15 Uhr. Ehrenamtliche Ansprechpartner geben Auskunft zu Geschichte und gegenwärtiger Gestaltung der Bergerkirche. Immer donnerstags (außer in den Ferien und an Feiertagen) finden außerdem von 19 bis 21.30 Uhr die Ringgespräche des OMNIBUS für Direkte Demokratie mit Johannes Stüttgen in der Bergerkirche statt.
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