Was bringt der Glaube? Liebe Gemeinde Predigt zum 15. Sonntag nach Trinitatis Was bringt mir der Glaube? Was ist der Gegenwert, der Profit für den Einsatz, den ich für Gott investiere? Gemeindehaus Bangkok Evangelium: Matth. 6,25-34 4.9.2016 Predigttext: Luk. 18,28-30 Genau das ist auch die Frage, die Petrus – einer der prominentesten Jünger! – an Jesus stellt. Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen. Petrus hat viel riskiert als er sich diesem Wanderprediger Jesus angeschlossen hat. Er hat seinen Fischereibetrieb am See Genezareth verlassen. Und hat deswegen sicher Ärger mit seiner Familie bekommen der nun eine wichtige Arbeitskraft im Betrieb fehlt. Liebe Gemeinde Er zieht mit diesem Jesus und anderen Jüngern kreuz und quer durch Galiläa ohne festes Einkommen angewiesen allein auf die Gastfreundschaft der Menschen in deren Dörfer sie kommen. Kommt ein Mann zum Pfarrer und fragt: Wenn ich der Kirche 10.000,- Euro spende, komme ich dann in den Himmel? Der Pfarrer antwortet: Das kann man nicht wissen. Aber einen Versuch wäre es wert … Er sieht erstaunliche Dinge: Menschen, die von Jesus geheilt werden Verzweifelte, die durch Jesus wieder Mut zum Leben bekommen. Ein provokanter Witz. Was bringt mir der Glaube? Was ist der Gegenwert, der Profit für den Einsatz, den ich für Gott investiere? Aber er bekommt auch mit dass Jesus Gegner hat die ihn für einen falschen Propheten oder gar Gotteslästerer halten. Oder ist das ungehörig, pietätlos, so zu fragen? Dann hören Sie sich mal den Predigttext für den heutigen Sonntag an. Er steht im Evangelium nach Lukas im 18. Kapitel: Und Petrus fragt sich: worauf läuft das alles hinaus? Und was wird das für mich bedeuten in Zukunft? Ich habe viel aufs Spiel gesetzt. Was wird mein Gewinn dabei sein? Luk. 18,28-30 15.So.n.Trin. III Luk.18,28-30 Predigt 4.9.2016 Bangkok -1- Wenn ich mich hier in den buddhistischen Tempeln in Thailand umschaue, dann bekomme ich auf so eine Frage eine ziemlich klare Antwort: Liebe Gemeinde Was bringt mir der Glaube? Die Frage des Petrus bleibt aktuell, bis heute. Was habe ich davon, wenn ich an den Gott der Bibel glaube? Wenn ich mich zu einer christlichen Gemeinde halte wenn ich versuche, nach den biblischen Geboten zu leben? deine Gaben an die Mönche und an die Tempel sind tamboon, merit making bringen Dir ein gutes karma in diesem Leben und bei Deiner nächsten Wiedergeburt. In der Gemeinde, in der ich früher als Pastor gearbeitet habe haben ganz Pfiffige mal den Stundenlohn eines Konfirmanden ausgerechnet: der Wert der Geschenke bei der Konfirmation geteilt durch die Anzahl der Unterrichtsstunden ... Leistung und Gegenleistung. Ein klarer Deal. Und beide Seiten haben etwas davon: die Klöster haben das Geld, um ihre Gebäude und den Lebensunterhalt der Mönche zu finanzieren und die Gläubigen haben die zumindest gefühlte Gewissheit, dass sie etwas für ihr Seelenheil getan haben. Einspruch: so geht das doch nicht! Manchmal habe ich den Eindruck, dass der Ablasshandel im christlichen Mittelalter ähnlich funktioniert hat. Gott ist doch kein Krämer. Und das Entscheidende beim Glauben können wir uns doch gar nicht verdienen das ist doch Gnade, Geschenk. Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt. Bis dann eben der Reformator Martin Luther kam und diesen Ablass abschaffte. Das ist doch gerade für uns Evangelische wichtig wenn wir uns auf den Apostel Paulus und auf den Reformator Martin Luther berufen. Und seitdem stehen wir Evangelischen vor derselben Frage, die Petrus an Jesus stellt: Was habe ich davon, wenn ich Dir im Glauben nachfolge? Vielleicht ist diese Überzeugung ein Grund dafür dass dann jenseits des Konfirmandenalters die Frage des Petrus bei uns kaum noch gestellt wird – jedenfalls nicht laut: Oder, mal etwas provokant und in der Sprache des Wirtschaftslebens ausgedrückt: Was genau ist denn das Produkt, das wir als Kirche vermarkten? Was ist der Gegenwert für die Mitgliedsbeiträge und Spenden die an die Kirchen gezahlt werden? Was habe ich davon wenn ich einen Teil meiner Zeit und meines Geldes in die Mitgliedschaft und manchmal auch aktive Mitarbeit in einer christlichen Gemeinde investiere? 15.So.n.Trin. III Luk.18,28-30 Predigt 4.9.2016 Bangkok -2- Denn Petrus hat ja nicht einfach ein paar gute Taten vollbracht, und will jetzt wissen, welche Belohnung er dafür erwarten kann. Der Jünger Petrus scheint keine Hemmungen zu haben, genau so zu fragen. Und Jesus, der ihm auf die Frage antwortet, offenbar auch nicht. Wer Haus oder Frau oder Brüder oder Eltern oder Kinder verlässt um des Reiches Gottes willen der wird es vielfach wieder empfangen in dieser Zeit und in der zukünftigen Welt das ewige Leben. Petrus arbeitet also für Gottes Lohn. Das hat er davon. Petrus hat sich selbst aufs Spiel gesetzt. Er hat alles verlassen, was ihm bisher Sicherheit gab: Beruf, Familie, Heimat. Wirtschaftlich gesehen ist das eine äußerst riskante Strategie. Ein kluger Investor behält immer noch ein paar Reserven auf der hohen Kante. Und aus der Perspektive eines Investments ist die Antwort Jesu an Petrus ist auch ziemlich wolkig: Aber Gottes Lohn heißt offenbar nicht: nur ein paar freundliche Worte des Dankes. ewiges Leben in der zukünftigen Welt – Was soll denn das für ein Profit, für ein Lohn sein? Sondern mehr ernten als ich ausgesät habe. Und sogar etwas Ewiges erfahren. In einer zukünftigen Welt – was immer das ist Wenn, dann hätte ich als Profit des Glaubens doch lieber das Gefühl, ein guter Mensch zu sein. Und zwar möglichst bald, am besten heute. Klingt auf den ersten Blick wie im Wirtschaftsleben: Investiere was. Und wenn Du es geschickt anstellst, wirst du es mit Zins und Profit zurück bekommen. Und damit, liebe Gemeinde, sind wir beim entscheidenden Punkt: Worin besteht denn der Glaube, und das Beten, und das Leben in der Gemeinschaft der Christen? Aber was ist das denn genau, was da investiert werden soll, wenn es um den Glauben geht, und darum, Jesus nachzufolgen? Glauben heißt – und genau das sehen wir bei Petrus – Glauben heißt erst einmal nicht, etwas zu tun, oder zu investieren. Liebe Gemeinde, Glauben heißt zuerst einmal los zu lassen. wenn wir an dieser Stelle genauer hinhören, werden wir merken dass die Frage des Petrus und die Antwort Jesu gar nicht vom Investieren handelt. 15.So.n.Trin. III Luk.18,28-30 Predigt 4.9.2016 Bangkok -3- Los zu lassen von allen möglichen Weltanschauungen und Erwartungen, die andere an mich habe. Glauben vertraut darauf, dass die Verletzlichkeit unseres Schicksal und dieser Welt nicht das Letzte ist. Los zu lassen auch von meinen eigenen Plänen und Wünschen im Blick auf die anderen Menschen, und auch im Blick auf Gott. Glauben vertraut darauf, dass es so etwas wie eine schützende Hand gibt, die uns immer wieder aufrichtet und trägt. Und dass aus aller Verletzlichkeit und Verletzung noch etwas wachsen kann, das größer ist als all unser Hoffen und Verstehen. So wie es schon im zweiten der Zehn Gebote der Bibel heißt: Du sollst dir kein Bildnis machen – nicht von Gott, nicht von dem, was im Himmel ist und auch nicht von dem, was auf der Erde ist. Petrus ist also damals nicht einfach weggelaufen vor seinen familiären und beruflichen Bindungen, als er Jesus nachfolgte. Und so vertritt es übrigens ja auch die ursprüngliche Lehre des Buddhismus: das alles Leiden in dieser Welt ja vor allem daher kommt, dass sich Menschen aus Unwissenheit, Gier und Angst immer wieder an Vergängliches klammern Petrus hat sich ergreifen lassen von etwas, das größer war als er selbst, und seine kleine begrenzte Welt, in der er bis dahin lebte. Glauben heißt zuerst einmal los zu lassen. Aber ob das Ganze am Ende gut ausgeht – das weiß Petrus nicht. Und genau danach fragt er Jesus. Weil wir, wenn wir einmal ehrlich und nüchtern hinsehen, nämlich unser Leben, und unser Schicksal und diese ganze Welt nicht in unserer Hand haben. Und wir, die wir heute im Rückblick die weitere Lebensgeschichte dieses Jüngers Petrus kennen können diese Frage auch nicht beantworten – ob das Ganze am Ende gut ausgegangen ist. Und damit macht es streng genommen auch keinen Sinn, sich an irgend etwas oder irgend jemanden zu klammern. Diese erschreckende Einsicht war wahrscheinlich auch der Anstoß für Petrus damals die eigene Familie, Geschwister, Eltern, Kinder innerlich und äußerlich los zu lassen. Petrus, der Fels auf dem die Kirche steht, wie es später hieß erlebte manches Scheitern, auch an eigenen Zweifeln und Feigheit. Petrus wurde aber auch eine der Schlüsselfiguren der ersten Christengemeinden. Er hat nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass die Botschaft Jesu weiter getragen wurde. Aber, und dass gehört dann auch zum Glauben: Er besteht nicht nur im Loslassen. Sonst würde er in Verzweiflung und Weltverachtung enden. Glauben riskiert auch eine neue Bindung. 15.So.n.Trin. III Luk.18,28-30 Predigt 4.9.2016 Bangkok -4- Wenn man so will: dass es uns heute als deutsche evangelische Gemeinde in Thailand überhaupt gibt hat auch etwas mit dem Glauben des Petrus vor fast 2000 Jahren zu tun. Petrus hat aber auch – wie Jesus selber – seinen Glauben mit seinem Leben bezahlt. Das so mitsprechen zu können – darin beginnt das, was Jesus das ewige Leben nennt. Die Kraft der zukünftigen Welt Gottes, die unsere gegenwärtige Welt durchdringt und verwandelt. Liebe Gemeinde Kommt ein Mann zum Pfarrer und fragt: Wenn ich der Kirche 10.000,- Euro spende, komme ich dann in den Himmel? Der Pfarrer antwortet: Das kann man nicht wissen. Aber einen Versuch wäre es wert … Liebe Gemeinde, was bringt mir der Glaube? Es kann sein, dass Menschen durch den Glauben Heilung erfahren, Ermutigung, Lebensglück. Es kann aber auch sein, dass der Glaube den Blick auf die Abgründe dieser Welt öffnet. Und es kann schließlich sein, dass Menschen durch den Glauben entdecken, wo überall sie bewahrt worden sind, und wo sich Verletztes und Hoffnungsloses am Ende in Segen verwandelte. Wenn die 10.000,- Euro nicht als Investment gemeint sind, sondern als ein erster Schritt sich von bisherige Gewissheiten und Abhängigkeiten zu verabschieden – dann stehen diesem Spender vielleicht noch spannende Zeiten bevor. Und das nicht nur irgendwann einmal im Himmel. Sondern schon jetzt, mitten im Leben. So, wie wir es vorhin in der Lesung des Evangeliums gehört haben, mit den Worten Jesu aus seiner Bergpredigt: Sorgt euch nicht um euer Leben – keiner von euch kann sein Leben auch nur eine Stunde verlängern durch dauerndes Sorgen. Und der Friede Gottes der größer ist als alle Vernunft bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen. Seht die Vögel unter dem Himmel Seht die Lilien auf dem Feld – sie arbeiten nicht, sie sorgen nicht, und sie wachsen und leben. Ulrich Holste-Helmer 15.So.n.Trin. III Luk.18,28-30 Predigt 4.9.2016 Bangkok -5-
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