Besucher - mondregenbogen

Die jüdischen Enkircher
1801 bis 1945
Ihr Leben vor 1933,
sowie ihre Verfolgung, Emigration
oder Deportation und Ermordung
im nationalsozialistischen Deutschland
zusammengetragen von
Thomas Hüttmann
Vorwort
Im Gegensatz zu anderen Gemeinden im Umkreis hat die Beschäftigung mit der NSVergangenheit in dem Moselort Enkirch gerade erst begonnen. Das mag auch darin
begründet liegen, dass gerade Enkirch als selbsternannte Hochburg des
Nationalsozialismus an der Mittelmosel galt.
In einer Zeit, da die Generation mit dem „Stigma der späten Geburt“ am aussterben
ist, welche großteils gewillt ist ihr Wissen schweigend mit ins Grab zu nehmen und
vergeblich hofft, dadurch „Gras darüber wachsen lassen“ zu können, ist es Aufgabe,
aber auch Chance für eine Gesellschaft der Enkel des Faschismus, die nicht mehr in
direkter Zeitzeugenschaft zum NS-System steht, sich unvoreingenommener mit
dieser geschichtlichen Periode auseinanderzusetzen.
Denn dieses Stigma, das eigentlich ein Trauma der späten Geburt ist, nämlich in das
faschistische Erziehungssytem hineingeboren zu sein, besteht darin, ein Leben lang
darauf beharrt zu haben, „nichts dafür zu können“, faschistisch geprägt worden zu
sein, und anstatt zu versuchen diese ideologisch und gerade auch psychisch
indoktrinierten Deformationen aufzuarbeiten und zu überwinden, „nichts gewusst
haben“ will oder nichts davon wissen wollte, was als Kriegsverbrechen und
Völkermord bezeichnet wird, und sich stattdessen in Ausreden, Rechtfertigungen, in
Lügen und Ressentiments flüchtet, und im Extrem soweit geht, entweder den
Holocaust zu leugnen, oder die Opfer selbst für ihre Verfolgung und Ermordung und
die daraus resultierende Schuld der Täter als verantwortlich zu erklären.
Solches Verhalten hat das Nazierbe der 1950er und 60er Jahre in der Bundesrepublik
weitergetragen, indem es ausdrücklich Aufarbeitung und Aufklärung verhindert hat.
Die (Ex-) Nazis u.a. in Politik, Justiz, in die Ärzteschaft und die Wirtschaft wurden in
die Gesellschaft reintegriert, sie wurden gedeckt, gebilligt und unterstützt oder ihnen
wurden Renten für ihre Kriegsverbrechen ausbezahlt, während etlichen Opfern
Entschädigungszahlungen verweigert wurden, u.a. den meisten der sowjetischen
Kriegsgefangenen, der bis zu 10 Millionen Zwangsarbeitern, Kommunisten, den
Roma und Sinti, Euthanasieopfern, Zwangssterilisierten, „Asozilaen“ und
Homosexuellen.
Natürlich hat diese Generation versucht, ihr Verhalten, das Vertuschen,
Herunterspielen, das Leugnen und das Verschweigen an ihre Kinder zu vererben.
Natürlich war der „liebe Opi“ kein Kriegsverbrecher, sondern ein guter Soldat, denn
natürlich sei auch die Wehrmacht „anständig geblieben“, wie Himmler das von seiner
Schutz-Staffel behauptete, selbst wenn sie an Erschießungen von Zivilisten, der
Exekution von angeblichen Partisanen, Massenhinrichtungen an jüdischen
Osteuropäern, oder Vernichtungsaktionen an ganzen Dorfgemeinschaften beteiligt
war; natürlich hat der Onkel bei der Waffen-SS nur seine Soldatenpflicht getan, hat
2
seine Gedenktafel bis heute auf dem „Ehrenfriedhof“ oder ist auf dem „Ehrenmal“
gewürdigt, und wird natürlich am „Heldengedenktag“, wie der „Volkstrauertag“ bis
heute umgangssprachlich genannt wird, von der Kirche als „pflichterfüllendes Opfer
des Krieges“ stilisiert. (Natürlich wurde das Grab des Kriegsverbrechers Baldur von
Schirach, der die Deportation der österreichischen Juden organisierte, im Nachbarort
Kröv noch bis vor einem Jahr, 2015, blumengeschmückt belassen).
Natürlich war der Großvater oder Großonkel zwar bei der SA, aber sicher „nur
widerwillig“ oder „gezwungenermaßen“ an der Schikanierung der jüdischen
Mitbewohner oder am Pogrom von 1938 beteiligt, natürlich hat er die
Zwangsarbeiter nicht geschlagen und gedemütigt, nein, „denen ging es doch hier
besser als von wo sie herkamen“, es wurde ihnen gar „ein Stück Brot zugesteckt“.
Natürlich will auch heute niemand so genau wissen, ob die Oma aktiv in der NSFrauenschaft war, ob die Tante oder Großtante als Parteigenossin sich für Euthanasie
und Zwangsabtreibung eingesetzt hat, und ob sie bis zu ihrem Lebensende von ihrer
Ideologie keinerlei Abstriche gemacht hat, sondern nach Filbingers Manier darauf
beharrte, dass auch heute kein Unrecht sein könne, was damals Recht gewesen sei.
„Man musste ja“, „man hätte ja nichts dagegen tun können“, „man hat ja nichts
gewusst“, das sind die Ausflüchte der Täter, der Mitläufer, der NSDAP-Wähler, der
bei den Aufmärschen Mitjubelnden, der Fahnenschwenkenden, der Auf-denReichsparteitag-Fahrenden, die Ausreden, die ihre Kinder und Enkel bis heute nur zu
gerne glauben und verinnerlicht haben: „Ich hätte damals wahrscheinlich genauso
gehandelt“ ist natürlich das zynische Fazit dieser Einstellung.
Dergestalt hat Adenauers unverschüttetes Schmutzwasser die Bundesrepublik über
Generationen hin verseucht.
Symbolischer Träger und Sinnbild dieser „zweiten Schuld“ ist der rheinlandpfälzische Politiker Helmut Kohl, der ausgerechnet sein Stigma und das Trauma
seiner Frau Hannelore in pseudoreligiöser Verbrämung zur „Gnade“ umdeuten zu
können glaubte.
1930 in Ludwigshafen geboren, wird er als 14-Jähriger in Berchtesgarden, unterhalb
von Hitlers Berghof auf dem Obersalzberg, zum Hitlerjungen ausgebildet.
Im Vorfeld der sog. Auschwitz-Prozesse ab 1963 äußert er 1962, es sei zu früh, den
Nationalsozialismus abschließend geschichtlich zu bewerten. Damit begründet er das
Verbot des Kultusministeriums, eine Schrift von Fritz Bauer, des Initiators dieser
Prozesse, an Höheren sowie an Berufs-Schulen zur Verfügung zu stellen.
Fritz Bauer stirbt 1968, als Ursache wird Suizid diagnostiziert, eine gerichtliche
Leichenöffnung unterbleibt aber unerklärlicherweise. Der Prozess gegen Täter der
Euthanasie-Verbrechen, den Fritz Bauer zu dieser Zeit vorbereitete, findet nie statt.
Während Kohl als Vorsitzender der CDU Anfang der 1980er Jahre eine geistigmoralische Wende proklamiert, sammelt er und seine Partei illegal steuerfrei
3
Spendengelder von zig Millionen Mark ein, darunter die mehr als 20 Millionen Mark
auf Schweizer Schwarzgeld-Konten, die vom seinem späteren Innenminister Kanther
in dessen Zeit als Generalsekretär der hessischen CDU um 1983 zum Teil mit der
Tarnbezeichnung „anonyme jüdische Erbschaften“ oder „jüdische Vermächtnisse“
benannt werden, um sie leichter nach Deutschland rücktransferieren (weißwaschen)
zu können. Helmut Kohl, der zu dieser Zeit bereits Bundeskanzler ist, beteuert in
altbekannter Manier, nichts davon gewusst zu haben, bis anhand von Dokumenten
seine Beteiligung an der Spendenpraxis nachgewiesen werden kann.
Gnadenlos, schamlos, skrupellos und verstockt setzt Kohl sich in der Spendenaffäre
über Gesetze und jegliche Moral hinweg und verhindert die Aufklärung der Straftaten
unter Berufung auf ein dubioses Schweige-„Ehrenwort“, das über dem Recht stehe;
vorher hat er alles versucht, zum einen mittels angeblicher Erinnerungslücken die
Vorgänge zu vertuschen, zum anderen indem im Kanzleramt nachweislich Daten
gelöscht und Akten vernichtet werden.
Ausgerechnet in der Bundestagsdebatte zur Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“
erinnert sein Parteikollege Alfred Dregger 1997, um gegen die Ausstellung zu
polemisieren, die im „Selbsthaß“ „Deutschland ins Mark treffen“ wolle und „die
gesamte Kriegsgeneration pauschal als Angehörige und Helfershelfer einer
Verbrecherbande abzustempeln“ versuche, daran, es sei Helmut Kohls Verdienst,
Boris Jelzin veranlasst zu haben, dass dieser „zehntausende von ehemaligen
deutschen Kriegsgefangenen, die damals von sowjetischen Militärtribunalen zu
Unrecht verurteilt wurden, rehabilitieren läßt (...)“.1
Aber die Rehabilitierung der Opfer faschistischer Justiz und die Aufhebung der
Unrechtsurteile nationalsozialistischer Juristen kann erst in den allerletzten Tagen
seiner Kanzlerschaft, und zunächst auch nur scheibchenweise erfolgen. Lediglich die
Urteile des Volksgerichtshofs und der Standgerichte werden ab dem 1. September
1998 aufgehoben, die Anerkennung vieler Opfergruppen der Nationalsozialisten wird
nach seiner Regierungszeit durchgesetzt und ergänzend in das Aufhebungsgesetz mit
aufgenommen.
Dieser Charakterkomplex und diese Handlungsweisen machen Helmut Kohl zum
prototypischen Repräsentanten der bundesdeutschen Kriegskinder-Generation.
Auch das Denkmal für die ermordeten Juden Europas wird 2005 nach der Ära Kohl
realisiert, es bietet zusammen mit dem Dokumentationszentrum „Ort der Erinnerung“
die Möglichkeit eines würdigen Gedenkens an die Opfer des Holocaust.
Denn der offensichtlichste Aspekt der Verbrechen des deutschen Nationalsozialismus
besteht in der Diskriminierung, der Verfolgung und Vertreibung der jüdischen
Mitbewohner, die vielfach, und das gilt auch für die jüdischen Enkircher, in deren
1
stenographischer Bericht zur 163. Sitzung des Deutschen Budnestages, 13. März 1997
4
Ermordung gipfelte, nur wenig konnten der faschistischen Verfolgung durch Flucht
und Emigration entkommen.
Besonders bedenklich und erschreckend ist, dass die Vernichtung jüdischer Kultur so
umfassend war, dass sich die wenigsten jüdischen Gemeinden im
Nachkriegsdeutschland neugründen konnten. Das gelang am ehesten in den Städten,
während auf dem Land heutzutage kaum jüdische Gemeinden existieren. Von den
wenigen Emigranten kamen nur ein paar nach dem Krieg zurück nach Deutschland,
und dort wurde auch nichts dafür getan, sie willkommen zu heißen.
In umliegenden Gemeinden wie Zell, Bernkastel oder in Wittlich gibt es bereits seit
einigen Jahren Initiativen, die sich der NS-Vergangenheit stellen und darüber
aufklären. Dazu gehören Projekte wie Gedenktafeln an ehemaligen Synagogen oder
die Verlegung von Stolpersteinen vor ehemaligen Wohnhäusern jüdischer Mitbürger,
die deportiert wurden oder zur Emigration gezwungen wurden.
Dieser Beitrag soll als ein erster kleiner Schritt zu solcher Gedenkarbeit auch in
Enkirch verstanden werden.
Im „Heimatbuch“ Anchiriacum-Enkirch von 1983 findet sich kein Hinweis zur
Geschichte der jüdischen Enkircher, lediglich eine Zeile mit Erwähnung jüdischer
Schüler in der Enkircher Grundschule, und der beiden blinden Brüder Hermann und
Isaak Simon, allerdings ohne Erwähnung ihres Namens im Artikel über
ausgestorbenen Handwerke.2
Auch auf der Enkircher Website3 gibt es keine Bemerkungen zur jüdischen
Geschichte, und auf der Seite der Kulturdenkmäler der Region Trier4 findet sich zu
Enkirch unter der Adresse der ehemaligen Synagoge, Backhausstraße 4, die
Bemerkung, die jüdische Geschichte sei bislang kaum erforscht, die Synagoge selbst
wird nicht erwähnt. Die Lage des alten jüdischen Friedhofs ist nicht beschrieben,
lediglich die Lagebezeichnung „im Wald“, und dass es 1929 noch vier Grabsteine
gab, heute aber keine mehr sowie, dass der Friedhof nicht mehr als solcher erkennbar
ist.
Die Veröffentlichung der folgenden Unterlagen soll zumindest einen Anfang zur
Erforschung dieser Geschichte darstellen, sie versteht sich dabei aber ausdrücklich
als vorläufige. Viele Nachforschungen stehen noch aus, die Angaben sind allzuoft
lückenhaft, im Text wird wie folgt darauf hingewiesen: bedarf weiterer Recherche.
Außerdem ist damit zu rechnen, dass einige Angaben auch fehlerhaft sind, was
Kritikern wohl willkommenen Anlass zur Polemik bieten könnte.
2
3
4
Anchiriacum-Enkirch
www.enkirch.de/ , aufgerufen August 2016
http://www.roscheiderhof.de/kulturdb/client/einOrt.php?gmde=Enkirch
5
Teilweise ergeben sich auch Widersprüche zwischen verschiedenen offiziellen
Dokumenten (oft sind z.B. Namen falsch geschrieben oder irrtümliche Angaben
werden gemacht), oder im Vergleich mit persönlichen Erinnerungen; besonders
deutlich wurde mir das bei den Recherchen zu Herbert Freudenberger (einem
Verwandten von Jeanette Freudenberger, und bekanntem US-Psychologen), dessen
eindrückliches Video-Interview zur Flucht aus Deutschland bei der Shoah Foundation
unter Interview Code 43679 aufgezeichnet ist. Dort beschreibt er, wie er mit falschen
Papieren alleine per Schiff nach New York reist, und, da er nicht am Pier abgeholt
wird, durch die Stadt irrt, bis er schließlich an der Zieladresse seiner Stieftante
Hannchen anlangt. Nach den offiziellen Passagierlisten sollte er aber erst später mit
den Eltern emigriert sein; vielleicht wurde einem anderen Kind an seiner Statt mit
seinen „echten“ Papieren die Flucht ermöglicht.
Ein Grund der Publikation ist aber die Hoffnung auf die wohlwollenden Leser, die
nach dem Lesen der Ausführungen auf ebendiese Lücken und Fehler hinweisen, und
vielleicht wichtige Angaben oder Quellen ergänzen können.
Die Untersuchung versteht sich nicht als geschichtliche Darstellung, vielmehr als
regionale Erinnerungsarbeit, viele historische Ereignisse sind nicht erwähnt, dafür
aber manche Berichte, die das Zeitgeschehen in Enkirch veranschaulichen sollen.
Die meisten der Ergebnisse meiner Untersuchungen konnte ich über das Internet
ermitteln. Eine Liste der aufgesuchten Seiten ist in den Quellenangaben zu finden.
Die Geschichte der Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden ist
inzwischen sehr gut und sehr ausführlich dokumentiert. In Datenbanken wie dem
Gedenkbuch des Bundesarchivs und der Dokumente von Yad Vashem fällt die
Recherche nach verschiedenen Suchkriterien, wie Personen- oder Ortsnamen, leicht
und bietet gute Möglichkeiten, sich zu informieren.
Leider geben die meisten Dokumente nur Auskunft über das Schicksal der darin
aufgeführten Menschen, und auch wenn sie über eine reine Aufzählung von Namen
hinausgehen, scheint nur selten, vor allem in einigen Selbstzeugnissen der
Betroffenen, das „Gesicht“ oder die Individualität der einzelnen Menschen auf, oder
werden die Schrecknisse, das Leiden und die Ängste vor dem oft Entsetzlichen der
Verfolgungen deutlich.
Trotzdem hoffe ich, mit diesen Unterlagen einen kleinen Beitrag gegen
Antisemitismus, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit leisten zu können.
Berlin, September 2016
6
Inhalt
Vowort
S. 2
Inhaltsverzeichnis
S. 7
1. jüdisches Leben an der Mosel von 1801 bis 1932
S. 10
1.1. preußische Rheinprovinz
S. 10
1.2. Beginn jüdischen Lebens in Enkirch
S. 13
1.2.1. Die ersten Familien
S. 19
1.2.2. Die Familien von 1822 bis 1851
S. 26
1.2.3. Die Entwicklung bis 1870
S. 40
1.3. Deutsches Reich ab 1871 bis zum Beginn des Faschismus
S. 47
1.3.1. Die jüdischen Familien in Enkirch bis 1933
S. 47
1.3.2. jüdische Familien von 1871 bis 1895
S. 51
1.3.3. Von 1895 bis 1932
S. 61
1.3.4. Übersicht der „20 Seelen in 7 Haushalten“ von 1928
S. 70
2. Enkirch ab 1933
S. 72
2.1. Institutionalisierter Antisemitismus im faschistischen
Deutschland
S. 72
2.1.1. Beginn des Boykotts jüdischer Geschäfte
S. 73
2.1.2. „Stürmerkästen“
S. 76
2.1.3. Die Pogromnacht
S. 78
7
2.2. Enkirch im Spiegel der Tageszeitung
S. 84
2.2.1. Vor und nach der „Befreiungsfeier“
S. 84
2.2.2. „Ehrenbürger Hitler“
S. 90
2.2.3. Besetzung des Rheinlands
S. 95
2.2.4. Der 9. November 1938
S. 102
2.3. Die Rolle der Kirche
S. 107
2.3.1. Die „Deutschen Christen“
S. 107
2.3.2. Die Enkircher Evangelische Kirche
S. 109
3. Verfolgung und Vertreibung der jüdischen Enkircher
3.1. jüdische Enkircher, die vor 1933 aus Enkirch verzogen sind
S. 113
S. 113
3.1.1. Familie Isidor Loeb
S. 113
3.1.2. Emma Beermann geb. Loeb, Sohn Julius mit Familie
S. 124
3.1.3. Eugen Hirsch
S. 127
3.1.4. Markus Krämer und Frieda geb. Hirsch, Sohn
Helmut Krämer und Tochter Irene Israel geb. Krämer
S. 128
3.1.5. Sophie Levy geb. Isaack, Tochter Eva und Sohn Kurt
S. 130
3.1.6.
Max Isaak, Greta Isaak geb. Goldschmidt, Söhne
Hans Herbert und Helmut
S. 133
3.1.7.
Carl Loeb und Frau
S. 136
3.1.8.
Johanna Klinger geb. Loeb, Kinder Eugen, Paula und
Lucie Springer mit Ehemann Albert
S. 137
3.1.9.
Mina Simon geb. Kahn
S. 140
3.1.10. Friederike Schmitz geb. Simon, Leopold Schmitz,
Töchter Margot, Lilli und Sohn Emil
S. 142
3.1.11. Erna von der Walde, geb. Simon
S. 145
3.1.12. Paula Wirth geb. Simon, Wilhelm Wirth, Tochter
S. 146
Selma und Familie, Sohn Paul Oskar und Familie
3.1.13. Martha Mayer geb. Simon und Sohn Hans
8
S. 149
3.1.14. Hedwig Frank geb. Simon, Meier Frank, Töchter
Henriette Henny und Gertrud
S. 150
3.1.15. Berta Liebensten geb. Loeb und Emil Liebenstein
S. 152
3.1.16. Walter Meyer Loeb (Isaak) und Mathilde Loeb
geb. Mayer
S. 153
3.1.17. Hans Loeb (Isaak)
S. 155
3.1.18. Alice Loeb (Isaak)
S. 156
3.1.19. Alfred Allmeier, dessen Ehefrau Johanna geb. Kahn,
Kinder Ruth und Edgar Allmeier
S. 157
3.2. jüdische Enkircher, die nach 1933 in Enkirch wohnen
S. 161
3.2.1. Rosalie Hirsch und Tochter Olga Levy, ihr Mann
Albert Levy und Sohn Kurt
S. 163
3.2.2. Gottfried Simon, Johanna Simon geb. Hermann,
Tochter Gisela, Sohn Kurt, und Isaak Simon
S. 168
3.2.3. Jeanette Loeb geb. Freudenberger
S. 171
3.2.4. Sigmund Loeb (Isaak) und Emma Loeb (Isaak),
geb. Simon
S. 174
3.2.5. Hermann Loeb (Isaak) und Kathinka Loeb geb.
Israel, Tochter Gerda Loeb (Isaak) und
Kathinkas Schwester Mathilde Israel
S. 179
4. Anhang
S. 191
4.1. Danksagung
S. 191
4.2. Abkürzungsverzeichnis
S. 192
4.3. Literaturverzeichnis und Linkliste
S. 193
9
1. Jüdisches Leben an der Mosel von 1801 bis
1932
1.1. Preußische Rheinprovinz
Die jüdischen Rheinländer erfahren bereits einige Jahre früher als in anderen Teilen
des heutigen Deutschland eine rechtliche Gleichstellung; bis dahin bestand die
Institution des „Schutzjudentums“, d.h. die Duldung durch den Landesherrn gegen
entsprechende Schutzgeldzahlungen.
Enkirch war Teil der hinteren Grafschaft Sponheim und vor 1776 Kondominium der
Herzöge von Pfalz-Zweibrücken mit den Markgrafen von Baden, seit 1776 ersteren
allein unterstellt.
Der Herzog nutzt in seinem Herrschaftsbereich Schutzjuden als Einnahmequelle,
auch wenn die traditionell lutherische Landesherrschaft ursprünglich streng
antijüdisch eingestellt ist.
Ein Judenretract ist deshalb im zweibrückischen Landrecht ursprünglich nicht
enthalten und wird erst später zugefügt5. Jedenfalls sind für die pfalz-zweibrücker
Ämter Meisenheim zweiundzwanzig und Lichtenberg dreizehn Schutzjuden zum
Ende des 18. Jahrhunderts namentlich belegt, zudem leben wohl auch weitere Juden,
die das Schutzgeld nicht aufbringen können, in der Grafschaft Pfalz-Zweibrücken,
die gesamte Anzahl wird für 1750 mit ca. 300 angegeben.6 Genauere Angaben zum
Sponheimer Territorium und dem Amtsbezirk Trarbach bedürfen weiterer Recherche.
In einer Zunftordnung, die 1784 in Kraft tritt, also kurz bevor die französischen
Revolutionstruppen im Februar 1793 das Herzogtum besetzen, wird in Artikel 42
„allen inländischen Schutzjuden erlaubt, jede Form von bürgerlichem Gewerbe,
mithin auch alle Arten des Zunfthandwerks, mit Ausnahme des Bäcker- und
Metzgerberufes, zu betreiben.“7
Seit 1791 gilt nach Beschluss der Französischen Nationalversammlung die volle
Gleichberechtigung der französischen Juden, sie erhalten alle Bürgerrechte, und nach
der Besetzung des Rheinlandes durch Frankreich und dessen Eingliederung in die
Französische Republik ab 1801 bzw. 1804 in das napoleonische Kaiserreich,
bekommt die jüdische Gleichberechtigung auch dort Gültigkeit.
Somit ist der Einschnitt von 1801 auch Beginn dieser Untersuchung, da mit ihm die
gesetzliche Gleichberechtigung der jüdischen Mitbewohner in der Region einsetzt.
5
6
7
Die rheinpreussischen Landrechte
Die Handhabung des Judenregals
Das Recht des zünftigen Handwerks, S. 111
10
Ob und wie diese Gleichberechtigung allerdings in der Praxis umgesetzt wurde, ist
umstritten. Festzustellen ist, dass antisemitische Tendenzen, die bereits in den
1770/80er Jahren gerade für den Moselraum zu verzeichnen sind und insbesondere
von den Zünften gegen die vermeintliche Konkurrenz von Juden ausgehen, sich
durch die Anerkennung der Bürgerrechte auch für Juden noch verstärken. Bekannt
sind etwa die Überfälle der sog. Schinderhannes-Bande zwischen 1798 bis 1802
hauptsächlich auf jüdische Händler im Hunsrück-Raum.8
Zahlreiche Beschwerden auch in der Zeit der französischen Verwaltung belegen die
antijüdischen Vorurteile und Einstellungen in der Bevölkerung, wie ein Dokument
des Bürgermeisters von Bernkastel zeigt, und fordern Beschränkungen der neuen
jüdischen Freiheiten:
„ ... In ehemaligen Zeiten, vor dem Krieg hätten sich nur drei Hausstätte in
Berncastel aufhalten dörfen. In damaliger Zeit, wo der übrige Bewohner der
Gegend in bessren Vermögensumständen sich befunden, wo das Commerz
besser gegangen, und wo keine Not ware, da hätten diese 3 Hausstätte sich kaum
durchbringen können, hingegen dermalen wo der Bewohner den Druck und die
Folgen des Kriegs noch schwer empfinde,wo das Commerz fast ganz still stehe,
hätten sie sich bis auf etliche 60 Seelen hierhin gezogen. Dies könne also als ein
Zeichen betrachtet werden, daß sie bloß von der gedruckten Menschen Klasse
ihre Existenz Mittel erpresseten.
Im allgemeinen könnten sie nicht anders als eine wahre Geißel der Gegend, wo
sie sich aufhalten, betrachtet werden und seien auch durch ihre
Niederträchtigkeit, durch den Mangel eines Professions- oder Güter Bau‘s
Verdienstes und folglich fehlender Existenz-Sicherung, fähig genug, das
Diebsgesindel, von denen sie die gestohlene Sachen spottpreisig und heimlich
erkaufen können, zu begünstigen und anzuziehen.“9
Und so werden bereits 1808 von Napoleon im sog. Schändlichen Dekret viele
Freiheiten wieder stark eingeschränkt und z. B. Gewerbetätigkeit nur mit einem
speziellen Pass erlaubt, der jährlich zu erneuern und an ein Leumundszeugnis
geknüpft ist. Zudem wird die Neu-Niederlassung von Juden erschwert und an den
Kauf von Land zum Zweck des Ackerbaus geknüpft, was zusätzlich als indirekte
Berufsbeschränkung und „Erziehungsmaßnahme“ gedacht war.10
Dem folgt im gleichen Jahr u.a. eine Regelung für eine neue Namensgebung der
Juden, die sie verpflichtet, verbindliche Vor- und Nachnamen anzunehmen.11
8
9
10
11
Juden im Aufbruch
Dokumentation zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung, Bd. 3, S.193
Juden im Aufbruch
Spuren der Vergangenheit, S. 22
11
Diese Bestimmungen bleiben erhalten, als 1814 deutsche Truppen die französisch
besetzten linksrheinischen Gebiete rückerobern und ab Juni 1815 die (seit 1822
bzw.1830 so genannte) Rheinprovinz preußisch verwaltet wird (während der
Rheinkreis, die heutige Pfalz, an Bayern fällt). Das preußische Judendekret findet in
Rheinpreussen (wie die Rheinprovinz auch genannt wird) eigentlich keine
Anwendung, jedoch werden einzelne Reglementierungen übernommen, etwa das
preußische Verbot für Juden, öffentliche Ämter zu bekleiden.12
Deshalb arbeiten viele Juden nach wie vor als Kleinhändler, Viehhändler oder
Metzger.
Ab 1819 breiten sich in ganz Deutschland, ausgehend von Würzburg und auch im
Rheinland um sich greifend, antijüdische Pogrome aus, die teilweise nur durch
Einsatz des Militärs eingedämmt werden können, die sog. Hep-Hep-Unruhen.
Bezeugt ist beispielsweise für das zur ehemaligen Grafschaft Sponheim gehörende
Bad Kreuznach der Aufruf vom 27. auf den 28. September per Flugblatt:
„Kreuznacher, das Vehmgericht hat beschlossen, daß auf den langen
Tag alle Juden aus Teutschland gejagt werden sollen. Es erwartet, daß
die Stadt Kreuzenach dabey nicht zurückbleibt.“13
1847 hebt ein Gesetz des Preußischen Landtages die Ungleichbehandlung durch das
Judendekret von 1812 auf und verleiht allen jüdischen Bewohnern die preußische
Staatsbürgerschaft und rechtliche Gleichstellung.
Um diese Zeit entstehen an der Mittelmosel mehrere Synagogen, der Grund ist die
„Genehmigung, seit 1841 in der Rheinprovinz Hauskollekten für den Bau und die
Unterhaltung von Synagogen durchführen zu dürfen.“14
Zudem werden ab1847 die Synagogenbezirke festgelegt. Mit seinen unter 40
jüdischen Bewohnern ist Enkirch zwar eine eher kleinere Gemeinde, Bernkastel zählt
1843 die doppelte Anzahl, also 80 Gemeindemitglieder, in Zell sind es 1858 derer 49,
in Merl weitere 17.
Aber im Nachbarort Traben-Trarbach entwickelt sich eine kleine Gemeinde erst um
die Jahrhundertwende mit einer Betstube, die um 1920 eingerichtet wird, und neben
den genannten gibt es Synagogen erst wieder in Bengel mit 34 Juden im Jahr 1843, in
Lösnich (1843 gibr es 22 jüdische Bewohner) sowie Zeltingen 1843 mit 55 und
Rachtig mit 46 jüdischen Bewohnern, moselabwärts in Ediger-Eller 1858 mit 21,
Beilstein 1858 mit 76 und Cochem im gleichen Jahr mit 69, 1895 gar mit 114
Gemeindemitgliedern.15
12
13
14
15
Spuren der Vergangenheit, S. 25
Monumenta Judaica, S. 293
Spuren der Vergangenheit, S. 91
Synagogen Rheinland-Pfalz-Saarland
12
1.2. Beginn jüdischen Lebens in Enkirch
In der Chronik über die verstorbenen jüdischen Enkircher ist ein Beer Nathan
aufgeführt, der 1822 in Enkirch im Alter von 87 Jahren verstirbt, wie lange er bereits
in Enkirch lebt, ob er gar dort um 1735 geboren ist, bedarf weiterer Recherche.16
1928 erscheint in der Traben-Trarbacher Zeitung folgende Geschichte:
In einem alten hebräischen Lesebuche findet sich folgende als wahr verbürgte
Erzählung, die sich vor etwa 150 Jahren ereignet haben mochte und die als ein
rührendes Beispiel treuer väterlicher Liebe und Fürsorge für die Seinen es
verdient, der Vergessenheit entrissen zu werden: „Ein armer Handwerksmann zu
Enkirch an der Mosel, namens Adam Steger, hatte eine Frau und 4 Kinder, die er
in der Zeit der großen Teuerung bei größtem Fleiße und sauerster Arbeit kaum
zu ernähren vermochte. Er war indes doch zufrieden, wenn er nur die Seinen
vergnügt sah. Einst aber nahm die Not in seinem Hause gar zu sehr überhand, er
sah sein gutes Weib und seine geliebten Kinder mit dem härtesten Mangel
kämpfen, sie schrien nach Brot und er konnte ihnen keines geben; mit bitteren
Tränen bat er um Almosen, die er von menschenfreundlichen Wohltätern sehr oft
erhielt; allein die Not und die Teuerung waren so groß, daß er mit den erhaltenen
Gaben das Leben der Seinigen nur wenige Stunden fristen konnte. Verzweifelnd
irrte er umher. Da begegnete er einem Bekannten, der fast ebenso arm war wie
er; der frug ihn nach dem Grunde seiner Verzweiflung. „Ach“, sprach jener,
„mein Weib, meine armen vier Kinder! Sie haben seit gestern Mittag keinen
Bissen Brot mehr und ich weiß ihnen keines zu schaffen, ich weiß auch nicht
mehr, wohin ich mich wenden soll, um Hilfe zu finden.“ Sehr gerührt von dem
traurigen Schicksal des Unglücklichen sprach der arme Freund: „Hier sind zwei
Kreuzer, das ist alles, was ich im Vermögen habe; wenn du aber Geld verdienen
willst, so will ich dir wohl ein Mittel sagen.“ „Was ist das für ein Mittel?“ rief
Adam. „Ich tue alles, wenn es nur nichts Schlechtes ist, sage es mir nur, ich bitte
dich um des Himmels willen!“ Jener antwortete ihm: „So gehe in die nächste
Straße, dort wohnt jemand, der das Aderlassen lernt. Wenn du dich entschließen
kannst, dir von ihm zur Ader zu lassen, so bekommst du etwas Geld dafür.“
Ohne langes Besinnen und ohne zu überlegen, welcher Lebensgefahr er sich
aussetzte, wenn er sich in die Hand eines Ungeübten begab, der noch keine
Erfahrung in der Kunst des Aderlassens hatte, lief Adam in das bezeichnete
Haus, ließ sich am Arm eine Ader öffnen und bekam dafür einen Gulden.
Nachdem er nun mit der größten Freude sein Blut vergossen hatte, um seinem
Weib und seinen Kindern zu helfen, lief er ungeachtet seiner Schmerzen zu
einem Bäcker, kaufte Brot und eilte nach Hause, es den Hungernden zu bringen.
Diese freuten sich sehr. Wie groß war aber ihr Schrecken, als sie aus dem Arme
16 Merischonim loacharonim
13
ihres guten Vaters Blut fließen sahen. Sie frugen ihn, was ihm fehle. Er erzählt
ihnen mit matter Stimme das Vorgegangene, konnte aber vor großer Schwäche
nicht mehr stehen, setzte sich auf einen Stuhl, drückte seine Kinder an sein Herz
und schlief ein, des Todes ewigen Schlaf.“17
Diese Geschichte würde sich also etwa auf die Zeit um 1770 bis 1780 datieren lassen,
die „große Teuerung“ beginnt mit nasskaltem Wetter und resultierenden Missernten
in ganz Nordeuropa ab 1770 und dauert mehr oder weniger bis Ende des Jahrhunderts
an.
Ob die Familie von Adam Steger tatsächlich in Enkirch existierte, und ob es sich um
einen inzwischen verarmten Schutzjuden handelte, welches Handwerk er ausübte
bzw. ob ein solches vor 1784 auszuüben möglich gewesen wäre, bedarf weiterer
Recherche. Sie spiegelt insofern die Situation der jüdischen Bevölkerung im
ländlichen Moselraum sehr treffend, als etliche Berichte vorliegen, die die
zunehmende Verarmung der jüdischen Familien in der Region dokumentieren. Diese
Verarmung resultiert aus den restriktiven Bestimmungen gegen die Schutzjuden und
ihre eingeschränkten Möglichkeiten der Berufswahl einerseits, zum anderen aus der
zunehmenden ökonomischen Krisensituation der Landbevölkerung insgesamt.
Gerade für die Zeit ab 1770 verbreitet sich zusammen mit den Missernten eine Welle
von Viehseuchen, und diese trifft die Juden, die im ländlichen Raum, also auf den
Dörfern fast ausschließlich vom Viehhandel leben, in besonderem Maße.18
In diesem Zusammenhang findet sich auch 1786 die Erwähnung des Enkircher
Martinsmarktes, wo der jüdische Viehhändler Benjamin Lövi aus Lösnich eine Kuh
verkauft, die von dem Käufer auf einem Merler Markt an Benedikt Moses aus
Gellnich eingetauscht wird, um von diesem wiederum nach Enkirch verkauft zu
werden, wo sie nach einigen Tagen „crepieret“ sei, die begutachtenden Enkircher
Metzgermeister Johann Peter und Philipp Christoph Spür attestieren, die Kuh sei
„sieg und perlig“ gewesen.19
1790 hat der gleiche Benjamin Lövi einen Rechtsstreit wegen einer toten Kuh, die er
auf dem Enkircher Viehmarkt kauft und wenige Tage später an einen Bauer Sausen
verkauft, dem die Kuh stirbt, weshalb Benjamin Lövi schuldig gesprochen wird.20
In einer Chronik zu den jüdischen Gemeinden an der Mittelmosel wird zu Enkirch
vermerkt: „Niederlassung von Juden seit Anfang des 19. Jahrhunderts durch Zuzug
von Beilstein und Bernkastel.“ 21
Da für Enkirch als Teil des Kantons Trarbach ab dem September 1798 die
französische Verwaltung und somit standesamtliche Dokumente angelegt werden,
17
18
19
20
21
Tr.-Tr. Ztg., 29.6.1928
Juden im Aufbruch, S. 113 u.117ff.
Juden im Aufbruch, S. 125 Fußnote 36
Juden im Aufbruch, S. 49 Fußnote 66
Merischonim loacharonim
14
lässt sich ab diesem Zeitpunkt die Entwicklung der jüdischen Bewohner gut
dokumentieren, allerdings ist die Ermittlung vor und zu diesem Zeitpunkt bereits in
Enkirch lebender Juden aufgrund der Aktenlage schwierig.
Die „Erhebung über die Zahl der Juden im Rhein-Moseldepartement“ von 1808
weist Enkirch nicht explizit als Ort aus, in dem jüdische Bewohner ansässig sind.22
Wahrscheinlich erst nach 1814, und vor dem Jahr 1822 ziehen zwei jüdische Familien
nach Enkirch:
Die eine Familie ist die von Isaac Simon und Dorothea Simon geb. Daniel. Isaac
Simon ist in Beilstein geboren. Der Vater von Dorothea Daniel, Michel oder Michael
Daniel, ist, ebenso wie bereits dessen Vater Daniel Samuel, einer der drei23 oder vier
in Bernkastel ansässigen kurtrierischen Schutzjuden.24 Nach Angaben der InternetDatenbank25 lebt die Familie in Bernkastel, der Umzug nach Enkirch erfolgt nach der
Geburt von Joseph 1811 in Bernkastel und vor der von Daniel Simon im Mai 1815 in
Enkirch.
Nach den Angaben der Chronik zu den jüdischen Gemeinden26 ist die Familie
allerdings aus Beilstein zugewandert, für Isaak Simon ist Beilstein Geburtsort, und
auch für die beiden Söhne Daniel und Simon Simon (*1818) gibt sie Beilstein statt
Bernkastel bzw. Enkirch als Herkunftsort an, obwohl Daniel Simon nachweislich
bereits in Enkirch geboren ist.
Die andere Familie ist die von Isaac Loeb und Therese Loeb geb. Mayer, die in
Bernkastel ansässig ist, mit fünf Söhnen, deren letzter, Israel Isaak, 1807 noch in
Bernkastel geboren wird, und 1808 dort stirbt und beigesetzt ist. Isaac Loeb stammt
aus dem polnischen Brod27 und ist Rabbiner und Lehrer in Bernkastel, seine Frau ist
in Bruschied bei Bad Kreuznach geboren.
Vielleicht ist die Familie Simon erst in der Übergangszeit, als 1814 die Franzosen
abziehen, und vor dem Mai 1815, der Geburt von Daniel Simon in Enkirch, bzw. Juni
1815, als Preussen die Verwaltung des Rheinlands vom geschlagenen Frankreich
übernimmt, nach Enkirch verzogen, die Familie Loeb möglicherweise erst nachdem
Enkirch preußisch war, das genaue Datum bedarf weiterer Recherche.
22
23
24
25
26
27
Dokumentation zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung, Bd. 5, S.26
Merischonim loacharonim
Juden im Aufbruch, S. 122
gedbas
Merischonim loacharonim
Merischonim loacharonim
15
Die „Generalnachweisung über die Bevölkerung der Städte und Flecken der
preußischen Rheinprovinz“ gibt am Schluss des Jahres 1822 dreizehn in Enkirch
lebende Juden an.28
In der Folge wächst die Gemeinde durch Zuzug einer Familie Daniel und durch
Heirat der inzwischen erwachsenen Kinder.
Um 1830 wird der (alte) Friedhof zum Eigentum erworben, die genaue
Lagebezeichnung von „im Wald“ bedarf weiterer Recherche.
Es gab bereits davor zwei jüdische Bestattungen „an der Straße“, damit ist die
Ortsausfahrt in Richtung Trarbach gemeint.29
Die Synagoge befindet sich bis 1852 im Hause von Isaak Simon, 1852 wird ein
eigenes Synagogengebäude in der (heutigen) Backhausstraße 4 erworben, das bis
heute als Teil des Gasthauses „Alte Weinstube“ erhalten ist.30
Außer der Enkircher Synagoge existiert ein rituelles Bad und eine jüdische
Religionsschule.
Ein Lehrer Anselm Cahn aus Zürndorf, verheiratet mit Dorothea Beermann aus
Kirchberg, stirbt am 12.1.1844 und wird in Enkirch beigesetzt, ob er an der Schule
unterrichtet hat, bedarf weiterer Recherche.
Das gleiche gilt für den Lehrer Hirsch Lubliner aus Breslau, am 9.3.1872 verstorben
und auf dem Jüdischen Friedhof beigesetzt.31
Vor 1875 wird als Lehrer ein A. Wasserthal erwähnt32.
Einer Statistik von 1858 zufolge leben zu dieser Zeit in Enkirch 38 jüdische
Einwohner, davon 15 Kinder, 3 über 60-Jährige, und 20 Erwachsene. Von diesen 20
arbeitet einer als Händler, 8 umherziehende Händler sind aufgeführt, daneben ein
nichtselbständig gewerblich Tätiger, und ein Tagelöhner.33 Die restlichen 9
erwachsenen Personen dürften die (Ehe-) Frauen sein.
28
29
30
31
32
33
Dokumentation zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung, Bd. 5, S.38
Jüdische Friedhöfe in Rhl.-Pfalz, S. 59
Allemannia judaica
Merischonim loacharonim
Allemannia judaica
Dokumentation zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung, Bd. 5, S. 88
16
Da die neue Namensgebung mit der jüdischen Tradition in Konflikt steht, dass der
Sohn den Vornamen des Vaters zu seinem Nachnamen macht (z.B. Isaac bar Loeb),
kommt es in der Enkircher Familie Loeb zu Verwechslungen, so dass ein Teil der
Nachkommen von Isaac Loeb den Nachnamen Isaak, ein anderer Loeb benutzt. 1927
werden in den Standesamts-Akten mehrere Mitglieder der Familie Isaak auf eigenen
Wunsch zu Loeb.
Im Jahr 1927 wird in der Enkircher Zeitung berichtet:
Tr.-Tr. Ztg.
7.11.1927
Enkirch, 7. Nov. 1927
Ein interessanter Fall hat sich bei der hier wohnenden Familie Siegmund Isaak
in der Unterstraße ereignet. Der Familienname Isaak ist vor langen Jahren bei
irgend einem Trau- oder Taufakte mit Löb verwechselt worden, da die Namen
Isaak und Löb bei manchen Familien Vornamen oder auch Nachnamen sind.
Schon über ein Jahr ist es her, daß dem jetzt hier wohnenden Herrn Isaak durch
Zufall bekannt wurde, daß Zweifel an seinem Namen aufgetaucht sind, und hatte
selbiger in dieser Angelegenheit Nachforschungen angestellt, welche auch nicht
ergebnislos waren. Es wäre ja schließlich gleich, welchen Namen man führt,
aber man hat aus dem Grunde nachgeforscht, weil dem Namen Löb in der
jüdischen Religion bedeutend mehr Achtung geschenkt wird. Diese Zweifel
haben sich nun zur Wahrheit gestaltet und heißt die bisherige Familie Isaak
fürderhin Löb.
17
Auf den betreffenden standesamtlichen Urkunden findet sich in diesem
Zusammenhang oft folgendes oder ein ähnliches Vermerk wie auf der Sterbeurkunde
von Leo Isaak von 1923, das 1927 nachgetragen wird:
Auf Anordnung des Amtsgerichts in Traben-Trarbach wird berichtigend
vermerkt, daß der Familienname des Anzeigenden sowie des Verstorbenen nicht
Isaak sondern
„Loeb“ heißt.
Enkirch, den 24. Oktober 1927
der Standesbeamte
Max Isaak, ein Neffe von Sigmund Loeb und Sohn von Leo Isaak wiederum macht
diese Änderung für seine Familie rückgängig und trägt, anders als sein Bruder Carl
Loeb, „auf Grund der Ermächtigung des Preußischen Justizministers seit 16.08.1930
den Familiennamen „Isaak““.34
Auf den Grabsteinen des Jüdischen Friedhofs ist teilweise die jüdische
Datumszählung angegeben, zudem sind dort in hebräischer Schrift die traditionellen
Namen einiger Gemeindeglieder aufgeführt, die wohl zeitweise neben den neuen
Namen weiter vergeben und benutzt wurden:35
Bernhard Isaak:
Leo Isaak:
Isaak, Simon:
Heymann Loeb:
Therese Marx:
Michael Schoemann:
Auguste Simon:
Daniel Simon:
Hermann Simon:
Greta Stern:
Moshe bar Meir
Elieser bar Meir Aissek
Shimeon bar Eljakom
Uri bar Chajim
Gittel bath Shimeon
Micha bar Elieser ha Levi
Marat Gittel bath Gedalja
Gedalja bar Jizchak
Naftali bar Shimon
Gitel bath Naftali ha Levi
Zipora bath Abraham Fr. d. Gedalja
34 Handschriftlicher Eintrag auf der Geburtsurkunde
35 Jüdische Friedhöfe zwischen Rhein und Maas
18
1.2.1. Die ersten Familien
Familie Isaac Simon und Dorothea geb. Daniel
Daniel, Michael
* 1749
† 27. Februar 1819
Rhens
Beermann, Barbara
† 11. Mai 1822 Rhens
Daniel, Dorothea
* um 1775 Bernkastel
† 12. Juli 1858 Enkirch
Levy, Meier
*
Levy, Karoline
* etwa 1797 Thalfang
† 31. Januar 1816 Enkirch
Marx, Simon Isaac
* 1748 Beilstein
† 14. Januar 1820
Beilstein
Sinai, Clara
* 1743
† 1816 Beilstein
Simon, Isaac
* um 1774 Beilstein
† 22. Oktober 1869
Enkirch
Handelsmann
Simon, Sinai
* 1801 Bernkastel
† 17. Januar 1850 Enkirch
Simon, Regina
* 1805 Bernkastel/Enkirch
Simon, Maria Anna
* 12. September 1810 Enkirch
† 13. November 1847
Kottenheim
19
Simon, Joseph
* 1811 Enkirch
† 10. Januar 1884 Enkirch
Simon, Daniel
* 19. Mai 1815 Enkirch
† 13. April 1895 Enkirch
Simon, Simon
* 6. Januar 1818 Enkirch
† 4. Juni 1889 Enkirch
Simon, Michele
* 14. März 1820 Enkirch
Karoline Levy, die Tochter aus erster Ehe von Dorothea Daniel, stirbt 1816 in
Enkirch und wird „an der Straße“ bestattet, ist also wohl mit ihrer Mutter nach
Enkirch umgezogen. Da noch kein eigener jüdischer Friedhof existiert, ist mit der
Bezeichnung des Grabes wohl der Ortsausgang in Richtung Trarbach gemeint, an
dem später der (alte) Friedhof angelegt wird.
Isaac Simon und Dorothea Daniel leben nach den Angaben der Internet-Datenbank36
zuerst in Bernkastel, wo wohl der erste gemeinsame Sohn Sinai Simon und später die
Tochter Regina geboren wird.
Laut der Chronik jüdischer Gemeinden37 kommt die Familie allerdings aus Beilstein
bei Cochem, wo auch Isaac Simon geboren ist, und seine Eltern wohnen bzw.
versterben in Beilstein.
Dorothea Daniel und ihre Eltern stammen hingegen aus Bernkastel.
Die Geburt von Daniel Simon in Enkirch ist im Jahre 1815 belegt. In dieser Zeit
wohnt die Familie also in Enkirch.
Die Synagoge befindet sich bis 1852 im Hause der Familie Isaac Simon, bevor das
Gebäude in der Backhausstraße erworben wird.
Sinai, Regina, Joseph, Daniel und Simon Simon gründen eigene Familien in Enkirch.
36 gedbas
37 Merischonim loacharonim
20
Geburtseintrag von Daniel Simon 1815 (erster Standesamtseintrag zu einer
jüdischenPerson in Enkirch)
38
No 92
Im Jahr eintausend achthundert fünfzehn, den zwanzigsten May nachmittags
um drey Uhr erschien vor mir Bürgermeister von Enkirch, im Kreise Simmern
des Rhein und Mosel Departements Isaac Simon Viehhändler alt ein und
vierzig Jahre wohnhaft in Enkirch, und machte die Anzeige daß ihm gestern
morgens um acht Uhr ein Söhnchen geboren worden sey von seiner Ehefrau
Dorothea Daniel alt acht und dreißig Jahre und welchem er den Vornamen
Daniel beylege; In Gegenwart von Christopher Spier Winzer alt neun und
zwanzig Jahre und Philipp Koch Gerber alt zwey & zwanzig Jahre erster in
Enkirch, letzter in Zell wohnhaft, welche mit uns und dem Vater nach
Verlesung unterzeichnet haben.
Isak Simon
Christoff Spier
Ph. Koch
.....
38 Geburtseintrag Daniel Simon, Kopie zur Verfügung gestellt von Ulrich Conrath, Wuppertal
21
Sterbeurkunde von Daniel Simon
39
39 Sterbeurkunde Daniel Simon, Kopie zur Verfügung gestellt von Ulrich Conrath, Wuppertal
22
C.
Nr. 19
Enkirch am 15 April 1895
Vor dem unterzeichneten Standesbeamten erschien heute, der Persönlichkeit nach
bekannt,
der Handelsmann Gottlieb Daniel,
wohnhaft zu Enkirch,
und zeigte an, daß sein Oheim der Kleinhändler
Daniel Simon, Witwer von Ester geborene Löbchen,
79 Jahre alt, israelitischer Religion
wohnhaft zu Enkirch,
geboren zu Enkirch,
Sohn der verstorbenen Eheleute Isaak Simon
Handelsmann und Dorothea geborene Daniel ohne
Gewerbe, beide zuletzt wohnhaft zu Enkirch,
zu Enkirch
am dreizehnten April
des Jahres tausend acht hundert neunzig und fünf,
nachmittags um zwölf Uhr
verstorben sei. Der Anzeigende erklärte, von dem Sterbefall aus eigener
Wissenschaft unterrichtet zu sein.
Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben
Gottlieb Daniel
Der Standesbeamte
Müller
23
Familie Isaac Loeb und Theresia geb. Mayer, Heirat vor 1797
Loeb, Isaac
* um 1749 Brod, Polen
† 11. Januar 1810 Bernkastel
Rabbiner und Schullehrer
Mayer, Theresia
* 1760 Bruschied
† 9. Februar 1833 Enkirch
Loeb, Carl
* 1794 Bernkastel
† 7. Februar 1868 Enkirch
Isaak (Loeb), Gottlieb
* 9. Juli 1799 Bernkastel
† 3. Januar 1842 Enkirch
Isaak (Loeb), Mendel
* 8. Juni 1804 Bernkastel
† 23. Juni 1804 Bernkastel
Isaak (Loeb), Daniel
* 1806 Bernkastel
† 5. Februar 1832 Enkirch
Isaak (Loeb), Israel
* Dezember 1807 Bernkastel
† 21. April 1808 Bernkastel
Die Familie zieht zwischen 1808 und 1822 von Bernkastel nach Enkirch,
wahrscheinlich nach dem Tod von Isaac Loeb, der 1810 in Bernkastel verstirbt.
Therese geb. Mayer ist jedenfalls in Enkirch verstorben (auch wenn Sie nicht in der
Liste der auf dem alten Friedhof Beigesetzten genannt ist), und die drei Kinder
gründen in Enkirch Familien, sie leben und sterben dort.
Daniel Isaak, der im Alter von 26 Jahren 1832 verstirbt, ist der erste belegte
Beigesetzte auf dem alten Friedhof.40
40 Merischonim loacharonim
24
Einzelpersonen
Laut Personenstandsregister ist Johann Karl Löb, geboren um 1814 in Wolf, 1834 in
Enkirch gestorben, ob und wie lange er dort gelebt hat, und ob und wie er mit der
Familie Isaak Loeb verwandt ist, bedarf weiterer Recherche.41
Zudem ist in den Merichonim loacharonim42 ein Beer Nathan aufgelistet, der am
4. Dezember 1822 im Alter von 87 Jahren verstirbt und in Enkirch beerdigt wird,
„an der Straße“, wie eine Ortsüberlieferung noch 1929 überliefert.43
Der Name Beer/Baer/Bermann könnte auf eine Herkunft aus Cochem oder Mayen
hinweisen.
Ein Grabstein trägt die hebräische Inschrift:44
Zipora bath Abraham Fr. d. Gedalja
Der Name lässt sich nicht genau zuordnen und könnte sich vielleicht auf eine Familie
Abraham Bermann und Frau Zipora Wolff beziehen.45
Vielleicht steht er im Zusammenhang mit obigem Beer Nathan, da auch Familie
Abraham Bermann in der Region Mayen lebt.
Allerdings dürfte der Grabstein sich dann nicht auf dem Neuen Jüdischen Friedhof
befinden, es sei denn er wurde nach dessen Anlage oder der endgültigen Auflassung
des alten Friedhofes dorthin überführt (1929 gab es dort noch vier Grabsteine, die
inzwischen nicht mehr vorhanden sind).
41
42
43
44
45
gedbas Datenbank
Merischonim loacharonim
Merischonim loacharonim
Jüdische Friedhöfe zwischen Rhein und Maas
Zeugnisse jüdischen Lebens in der Osteifel
25
1.2.2. Die Familien von 1822 bis 1851
Familie Marx Daniel und Sarah geb. Simon, Heirat 1824
Daniel, Michael
Marx, Rahel
Daniel, Marx
* 1790 Bernkastel
† 17. Januar 1868 Enkirch
Handelsmann
Mayer, Theresia
† vor 1824 Kirchberg
Daniel, Sarah
* 6. Juni 1817 Bernkastel
Simon, Isaak
(Johann)
Michel, Dorothea
Simon, Sarah
* 1803 Bernkastel
† 11. Juli 1869 Enkirch
Daniel, Caroline
* 28. September 1825 Enkirch
Daniel, Michael
* 13. Oktober 1827 Enkirch
† 31. März 1833 Enkirch
Daniel, Florina
* 22. Mai 1830 Enkirch
† 17. März 1833 Enkirch
Daniel, Gottlieb
* 19. Februar 1833 Enkirch
Daniel, Jeanette
* 18. Juni 1835 Enkirch
† 14. April 1873 Enkirch
Daniel, Carl
* 19. Juni 1839 Enkirch
† 19. Juni 1839 Enkirch
26
Daniel Marx hat aus erster Ehe mit Theresia Mayer, die 1824 stirbt, eine Tochter
Sarah Daniel. Sie wohnt bis zu ihrer Hochzeit mit Daniel Salomon 1839 in Enkirch,
ist also wohl nach dem Tode der Mutter mit dem Vater und dessen zweiter Frau
dorthin umgezogen.
Die Adresse bei Geburt der Tochter Regina ist Hinterdorfstraße 12/2.
Gottlieb und Jeanette Daniel gründen eigene Familien in Enkirch.
Transkription Geburftsurkunde von Florina Daniel
Nr. 74
Gemeinde Enkirch
Kreis Zell
Regierungs-Bezirk Coblenz
Im Jahre tausend acht hundert ein und dreißig, den vier und zwanzigsten
des Monats May Nachmittags vier Uhr, erschienen vor mir
Marcus Peter Molz Bürgermeister von
Trarbach Beamten des Personenstades, Marx
Daniel sieben und dreißig Jahre alt, Standes Handelsmann wohnhaft zu Enkirch Regierungs-Bezirk Coblenz
welcher mir ein Kind weiblichen Geschlechts vorzeigte, und
mir erklärte, daß dies Kind den zwey und zwanzigsten des Monats
May Jahres tausend acht hundert und dreißig Morgens
neun Uhr geboren ist von Marx Daniel und von
Sara Simon seiner Ehefrau, Standes ohne
Gewerb wohnhaft zu Enkirch in der Hinterdorf Straße, im Hause
Nr. 12/2 und erklärte ferner diesem Kinde den Vornamen
Florina zu geben.
Diese Vorzeigung und Erklärung haben Statt gehabt in Beiseyn des Sinais
Simon dreißig Jahre alt, Standes Handelsmann wohnhaft
zu Enkirch und des Adplph Caesar vier und
zwanzig Jahre alt, Standes Fleischer wohnhaft zu Trarbach
und haben vorbenannter erklärender Theil sowohl als den beiden Zeugen nach
ihnen geschehener Vorlesung, gegenwärtige Urkunde mit mir unterschrieben.
Marx Daniel
Sinai Simon
Adolph Caesar
Molz
46
46 Kopie des Originals zur Verfügung gestellt von Ulrich Conrath, Wuppertal
27
Familie Sinai Simon und Dorothea geb. Isaac, Heirat vor 1828
Simon, Isaac
* um 1774 Beilstein
† 22. Oktober 1869 Enkirch
Handelsmann
Daniel, Dorothea
* um 1775 Bernkastel
† 12. Juli 1858 Enkirch
Simon, Sinai
* 1801 Bernkastel
† 17. Januar 1850
Enkirch
Viehhändler
Isaac, Dorothea
Simon, Caroline
* 19. August 1828 Enkirch
Simon, Philippina
* 5. März 1831 Enkirch
Simon, Babetta
* 29. Mai 1834 Enkirch
† 22. Dezember 1835 Enkirch
Simon, Simonis
* 11. Dezember 1836 Enkirch
Simon, Hermann
* 31. März 1839 Enkirch
Simon, Wilhelm
* 27. September 1841 Enkirch
Simon, Amalia
* 17. Februar 1845 Enkirch
Die Adresse bei der Geburt der Tochter Philippina ist Hinterdorfstraße 52.
Die Daten zur Familie bedürfen weiterer Recherche, vielleicht ist die Familie nach
dem Tod des Vaters 1850, die älteste Tochter ist gerade einundzwanzig Jahre alt, die
jüngste fast fünf, aus Enkirch verzogen.
28
Familie Gottlieb Loeb und Johanette geb. Hirsch, Heirat 1.
Dezember 1829
Loeb, Isaac
* um 1749 Brod,
Polen
† 11. Januar 1810
Bernkastel
Mayer, Theresia
* 1760 Bruschied
† 9. Februar 1833
Enkirch
Isaak (Loeb), Gottlieb
* 9. Juli 1799 Bernkastel
† 3. Januar 1842 Enkirch
Handelsmann
Hirsch, Nathan
Simon, Redele
Hirsch, Johannetta
* 3. Februar 1810 Talling
† 13. Mai 1884 Enkirch
Loeb, Isaac
* 18. September 1830 Enkirch
† 17. April 1909 Enkirch
Isaak, Regina
* 8. Dezember 1832 Enkirch
Isaac, Nathan
* 7. März 1835 Enkirch
Isaak (Loeb), Michael
* 8. Februar 1838 Enkirch
† 30. März 1892 Enkirch
Isaak (Loeb), Simon
* 23. Juni 1843 Enkirch
† 14. März 1908 Enkirch
Die Familie wohnt beid der Geburt des ältesten Sohnes 1830 in dem Haus Nr. 122,
bei der Geburt der Tochter Regina ist als Adresse (Wein?) Straße Nr. 138 angegeben.
Isaac, Michael und Simon Loeb gründen eigene Familien in Enkirch.
29
Familie Carl Loeb und Henrietta geb. Hirsch, Heirat vor 1831
Loeb, Isaac
* um 1749 Brod, Polen
† 11. Januar 1810
Bernkastel
Mayer, Theresia
* 1760 Bruschied
† 9. Februar 1833
Enkirch
Loeb, Carl
* 1794 Bernkastel
† 7. Februar 1868 Enkirch
Handelsmann
Hirsch, Henrietta
* 1796 Hottenbach
† 30. April 1867 Enkirch
Loeb, Isaac
* 27. Juni 1831 Enkirch
Loeb, Heymann
* 14. Juli 1835 Enkirch
† 4. Februar 1895 Enkirch
Die Familie wohnt in der Thones Straße Nr. 256.
Isaac und Heymann Loeb gründen eigene Familien in Enkirch.
30
Familie Regina geb. Simon und Benjamin Haas, Heirat 1830
Simon, Isaac
* um 1774 Beilstein
† 22. Oktober 1869 Enkirch
Handelsmann
Daniel, Dorothea
* um 1775 Bernkastel
† 12. Juli 1858 Enkirch
Simon, Regina
* 1805 Bernkastel
† 31. Januar 1864
Haas, Salomon
* um 1760 Hottenbach
† 23. April 1823 Hottenbach
Gubrich, Johanna
Haas, Benjamin
* 1803 Hottenbach
† 3. August 1864
Handelsmann
Haas, Marie
* 9. Januar 1831
† 27. Dezember 1833
Haas, Carolina
* 15. Januar 1833 Hottenbach
† 15. Februar 1906 Enkirch
Haas, Jeanette
* 29. August 1835
Haas, Babette
* 20. April 1838
Haas, Salomon
* 6. Juni 1840
Haas, Rosina
* 21. Februar 1843
† 1876
Haas, Henriette
* 2. August 1845
31
Haas, Johanetta
* 8. Januar 1848
Regina geb. Simon wird auch mit dem Vornamen Rösgen oder Rosina benannt.
Ob die Familie in Hottenbach wohnte, und Regina und Benjamin Haas dort gestorben
und bestattet sind, bedarf weiterer Recherche.
Die Tochter Carolina heiratet allerdings wieder nach Enkirch und gründet hier eine
eigene Familie.
Familie Salomon Daniel und Sara geb. Daniel, Heirat 1839
Daniel, Samuel
† 2. Juni 1829 Bernkastel
Daub, Dorothea
† 1. August 1824 Bernkastel
Daniel, Salomon
* 3. Januar 1813
Bernkastel
Handelsmann
Daniel, Marx
* 1790 Bernkastel
† 17. Januar 1868 Enkirch
Handelsmann
Mayer, Theresia
† vor 1824 Kirchberg
Daniel, Sara
* 6. Juni 1817 Bernkastel
Sara Daniel wohnt in Enkirch bis zu ihrer Hochzeit 1839, die in Trarbach stattfindet.
32
Familie Josef Simon und Juliane Therese geb. Marx, Heirat vor
1843
Simon, Isaac
* um 1774 Beilstein
† 22. Oktober 1869
Enkirch
Handelsmann
Daniel, Dorothea
* um 1775
Bernkastel
† 12. Juli 1858
Enkirch
Simon, Joseph
* 1811 Enkirch
† 10. Januar 1884 Enkirch
Handelsmann
Marx, Simon
† 28. November
1887
Daniel,Henriette
* Moers
Marx, Juliane Therese
* etwa 1816 Moers
† 28. November 1887
Enkirch
Simon, Heinrich
* 16. Oktober 1843 Enkirch
Simon, Bertha
* 21. Dezember 1844 Enkirch
† 5. Dezember 1845 Enkirch
Simon, Moritz
* 23. April 1846 Enkirch
† 20. November 1914 Enkirch
Simon, Friederike
* 22. August 1847 Enkirch
† 28. September 1847 Enkirch
Simon, Daniel
* 9. November 1848 Enkirch
33
Simon, Paulina
* 28. Juli 1850 Enkirch
† 30. März 1907 Mülheim/Mosel
Simon, Rosetha
* 3. November 1851 Enkirch
Simon, Rosalie
* 30. April 1853 Enkirch
Simon, Sinai
* 29. Januar 1855 Enkirch
† 16. Februar 1855 Enkirch
Simon, Markus
* 17. Juni 1856 Enkirch
Simon, Emanuel
* 6. Juni 1858 Enkirch
Nach einem Verzeichnis von jüdischen Grabinschriften existiert ein Grabstein von
Josef Simon.47
Nach einem Verzeichnis von jüdischen Grabinschriften existiert ein Grabstein von
Therese Marx.48 Dort ist als traditioneller Name auch Gittel bath Shimeon angegeben.
Heinrich, Paulina, Rosetha und Rosalie verziehen aus Enkirch und gründen eigene
Familien, Moritz Simon gründet eine Familie in Enkirch.
Drei Kinder sterben bereits im Säuglingsalter.
Emanuel wohnt (zeitweise) in Trier.
47 Jüdische Friedhöfe zwischen Rhein und Maas
48 Jüdische Friedhöfe zwischen Rhein und Maas
34
Familie Salomon Daniel und Sara geb. Marx, Heirat 1839
Daniel, Salomon
Marx, Sara
Daniel, Wilhelm
* um 1845
† 29. Juli 1908
Müller, Delphine
Die Familie von Wilhelm Daniel lebt in Reil, das zur Enkircher Gemeinde gehört.
Wilhelm wird auf dem Enkircher Friedhof bestattet. Ob der Vater der gleiche
Salomon Daniel ist, der 1839 Sara Daniel in Trarbach geheiratet hat, und also ein
zweites Mal verheiratet wäre, oder ein zweiter gleichen Namens, bedarf weiterer
Recherche.
Familie Daniel Simon und Esther geb. Loebchen, Heirat vor 1846
Simon, Isaac
* um 1774 Beilstein
† 22. Oktober 1869
Enkirch
Handelsmann
Daniel, Dorothea
* um 1775 Bernkastel
† 12. Juli 1858
Enkirch
Simon, Daniel
* 19. Mai 1815 Enkirch
† 13. April 1895 Enkirch
Handelsmann
Loebchen, Jakob
Loebchen, Tina
Loeb(chen), Ester
* 1815 Sonsbeck
† 20. April 1875 Enkirch
35
Simon, Jacob
* 6. September 1846 Enkirch
† 11. Oktober 1874 Enkirch
Kaufmann
Simon, Auguste
* 28. Februar 1848 Enkirch
† 10. Mai 1920 Enkirch
Simon, Gottfried
* 25. Januar 1851 Enkirch
† 25. Februar 1851 Enkirch
Simon, Goldina
* 12. November 1853 Enkirch
† 1922 Miesenheim
Nach einem Verzeichnis von jüdischen Grabinschriften ist auf dem Grabstein auch
der traditionelle Name Gedalja bar Jizchak angegeben.49
Daniel Simon ist auf dem Jüdischen Friedhof begraben, es existiert ein Grabstein.
Das Geburtsdatum ist hier abweichend mit 4. Mai 1815 angegeben.
Nach einem Verzeichnis von jüdischen Grabinschriften existiert ein Grabstein von
Ester Löbschen50
Der älteste Sohn Jakob verstirbt im Alter von 28 Jahren.
1880 wird die Enkelin Emma, eine Tochter von Auguste, im Wohnhaus von Daniel
Simon geboren.
Goldina heiratet am 6. August 1877 Joseph Klee (24. Juli 1858 bis 1895) aus
Miesenheim, die Familie lebt dort und 1880 wird eine Tochter Elisabeth Klee in
Miesenheim geboren, die aber am 1. Januar 1882 bereits wieder verstirbt. Es existiert
ein Grabstein in Miesenheim für das Ehepaar, mit der Inschrift „Hier ruhen unsere
lieben Eltern“, so dass neben Elisabeth weitere Kinder anzunehmen sind.
49 Jüdische Friedhöfe zwischen Rhein und Maas
50 Jüdische Friedhöfe zwischen Rhein und Maas
36
Familie Simon Simon und Carolina geb. Haas, Heirat 19. Mai 1852
Simon, Isaac
* um 1774 Beilstein
† 22. Oktober 1869
Enkirch
Handelsmann
Daniel, Dorothea
* um 1775 Bernkastel
† 12. Juli 1858
Enkirch
Simon, Simon
* 6. Januar 1818
Enkirch
† 4. Juni 1889 Enkirch
Handelsmann
Simon, Regina
* 1805 Enkirch
Haas, Benjamin
* 1803 Hottenbach
Handelsmann
Haas, Carolina
* 15. Januar 1833
Hottenbach
† 15. Februar 1906
Enkirch
Simon, Bertha
* 21. Mai 1853 Enkirch
† 1. September 1870 Enkirch
Simon, Julius
* 14. April 1855 Enkirch
† 30. Juni 1880 Enkirch
Simon, Hermann
* 24. März 1857 Enkirch
† 11. März 1924 Enkirch
Simon, Emil
* 3. März 1859 Enkirch
† 1. Juni 1919 Enkirch
37
Simon, Johanna
* 11. März 1861 Enkirch
† 24. März 1933 Enkirch
Simon, Mathilde
* 11. März 1861 Enkirch
Simon, Siegmund Charles
* 3. März 1863 Enkirch
† Oktober 1937 South Bend, USA
Simon, Benjamin William
* 8. Februar 1865 Enkirch
† 11. Februar 1924 Springfield, USA
Simon, Daniel
* 14. November 1867 Enkirch
† 9. August 1920 Lincoln, USA
Simon, Gottfried
* 15. Juli 1869 Enkirch
† Mai 1964 South Bend, USA
Simon, Isaak
* 3. März 1872 Enkirch
† South Bend, USA
Simon, Max
* 16. Juni 1875 Enkirch
† 5. April 1947 Chicago, USA
Karoline Simon ist auf dem Jüdischen Friedhof begraben, es existiert ein Grabstein.
Das Geburtsdatum ist hier abweichend mit 16. Januar 1832 angegeben.
Hermann Simon ist auf dem Jüdischen Friedhof begraben, es existiert ein Grabstein.
Nach einem Verzeichnis von jüdischen Grabinschriften ist auf dem Grabstein als
traditioneller Name auch Naftali bar Shimon angegeben.51
Emil Simon gründet eine eigene Familie in Enkirch.
Siegmund, der in USA den Namen Charles S.(iegmund) Simon führt, und Benjamin
Simon (in USA William Simon) emigrieren und gründen in Springfield/Illinois einen
Lebensmittelhandel, 1930 steigt Neffe Kurt Simon ins Geschäft ein und bringt seine
Eltern, Gottfried Simon und Johanna geb. Hermann, seinen blinden Onkel Isaak und
seine Schwester Gisela in die USA (siehe Kapitel 3.2.2.)
51 Jüdische Friedhöfe an Rhein und Maas
38
Hermann und Isaak Simon sind beide blind und wohnen im Haushalt von Gottfried
Simon und seiner Frau in der Priesterstraße 321, sie stellen Seile und Stricke her und
verkaufen diese, Schwester Johanna wohnt ebenfalls dort, sie ist nach Kurt Simons
Erinnerungen „disabled“ und stirbt 1933 in Enkirch.52
Daniel Simon ist von Beruf Bäcker und er wandert per Schiff am 19. September 1889
über New York nach Elkhard/Illinois aus. Er heiratet Fanny, das Paar hat fünf Kinder,
1910 ist die Familie in Lincoln/Illinois wohnhaft. Daniel stirbt am 9. August 1920 in
Lincoln.
Max Simon reist wohl gemeinsam mit seinem Bruder Daniel am 19. September 1889
aus, er ist gerade 14 Jahre alt und wohnt 1900 in Elkhard/Illinois bei der Familie des
Bruders. 1910 ist Max mit Regina verheiratet, das Paar wohnt in Springfield/Illinois
und hat drei Töchter, die dort 1907,1910 und 1913 geboren sind. Wahrscheinlich
besteht Kontakt zu den älteren Brüdern Siegmund und Benjamin (s.o.). Max Simon
stirbt am 5. April 1947 in Chicago.
52 Biografie Kurt Simon
39
1.2.3. Die Entwicklung bis 1870
Familie Samuel Daniel und Jeanette geb. Daniel, Heirat 1857
Daniel, Marx
* 1790 Bernkastel
† 17. Januar 1868
Enkirch
Simon, Sarah
* 1803 Bernkastel
† 11. Juli 1869
Enkirch
Daniel, Jeanette
* 18. Juni 1835 Enkirch
† 14. April 1873 Enkirch
Daniel, Samuel
* 1830 Zell/Merl
Handelsmann
(Anonymus)
* 13. September 1858 Enkirch
† 13. September 1858 Enkirch
Die Hochzeit findet 1858 in Trarbach statt, Samuel Daniel arbeitet als Handelsmann
in Friedrichsthal im Saarland. Ein Knabe wird entweder tot geboren oder stirbt am
gleichen Tag.
Jeanette Daniel stirbt 1873 in Enkirch.
40
Familie Gottlieb Daniel und Magdalena geb. Kaufmann, Heirat
4. Mai 1863
Daniel, Marx
* 1790 Bernkastel
† 17. Januar 1868 Enkirch
Handelsmann
Simon, Sarah
* 1803 Bernkastel
† 11. Juli 1869 Enkirch
Daniel, Gottlieb
* 19. Februar 1833
Enkirch
Handelsmann
Kaufmann, Abraham
Stern, Philippina
* 5. April 1840 Odenbach
Kaufmann,
Magdalena
* 11. Juli 1836
Odenbach
† 13. November
1899 Enkirch
Daniel, Max
* 2. April 1864 Enkirch
† 23. Februar 1935 Karlsruhe
Daniel, Ferdinand
* 11. April 1865 Enkirch
† 20. Februar 1926 Lincolnwood
Daniel, Bertha
* 17. Juli 1867 Enkirch
Daniel, Moritz
* 7. August 1869 Enkirch
Daniel, Ludwig
* 7. November 1874 Enkirch
† 19. November 11940 Chicago
Daniel, Selma
* 28. Juli 1877 Enkirch
41
Todesort und -datum von Gottlieb Daniel ist unbekannt, er ist 1896 sowie 1905 als
Vorsteher der Synaogengemeinde genannt, und ist wohl danach aus Enkirch
verzogen.
Max Daniel ist im Karlsruher Adressbuch von 1920 als Kaufmann unter der Adresse
Wilhelmstraße 34 eingetragen, er ist verheiratet und seine Frau Jenny führt unter
gleicher Adresse ein Pelz- und Konfektions-Geschäft.
Max Daniel wird 1935 auf dem Karlsruher Liberalen Jüdischen Friedhof beigesetzt.
Ferdinand Daniel wandert in die USA aus und wird 1926 auf dem New Light
Cemetery in Lincolnwood/Illinois beigesetzt.
Ludwig Daniel wandert nach Chicago aus und arbeitet als Kaufmann. Er heiratet
Jenny Daniel aus Österreich, ein Sohn Nathan wird um 1903 geboren.
1940 wohnt eine Nichte Hella Daniel bei dem Ehepaar. Ludwig Daniel wird am 22.
November 1940 auf dem Jewish National Friedhof in Forest Park, Illinois bestattet.
42
Familie Isaac Loeb und Elisabetha geb. Kahn, Heirat 1. Sept. 1863
Loeb, Carl
* 1794 Bernkastel
† 7. Februar 1868
Enkirch
Handelsmann
Hirsch, Henrietta
* 1796 Hottenbach
† 30. April 1867
Enkirch
Loeb, Isaac
* 27. Juni 1831 Enkirch
†
Kahn, Samuel
Abraham, Maria
Kahn, Elisabetha
* 7. März 1836 Tholey
†
Loeb, Emma
* 26. Juli 1864 Enkirch
† 23. November 1943
Theresienstadt
Zur Geschichte von Emma Loeb siehe Kapitel 3.1.2.
43
Familie Heymann Loeb und Sara geb. Israel, Heirat 4. Juli 1865
Loeb, Carl
* 1794 Bernkastel
† 7. Februar 1868
Enkirch
Hirsch, Henrietta
* 1796 Hottenbach
† 30. April 1867
Enkirch
Loeb, Heymann
* 14. Juli 1835 Enkirch
† 4. Februar 1895 Enkirch
Handelsmann
Israel, Moses
* 1796 Hottenbach
† 22. Dezember
1862 Föhren
Kaufmann, Karolina
Israel, Sara (Susanne)
* 28. Septermber 1837
Föhren
† 1924 Illingen
Loeb, Moses
* 8. Mai 1866 Enkirch
Loeb, Isidor
* 25. Septembe 1867 Enkirch
† 8. Juni 1929 Illingen
Loeb, Albert
* 7. März 1874 Enkirch
† 2. Oktober 1937 New York
Heymann Loeb ist auf dem Jüdischen Friedhof begraben, es existiert ein Grabstein.
Nach einem Verzeichnis von jüdischen Grabinschriften ist als traditioneller Name
auch Uri bar Chajim angegeben.53
Zur Geschichte von Familie Isidor Loeb siehe Kapitel 3.1.1.
53 Jüdische Friedhöfe zwischen Rhein und Maas
44
Albert Loeb emigriert 1893 nach New York, 1897 heiratet er Bertha Kaufmann, das
Paar hat drei Kinder, Hermann, geboren 1898, Helen 1899, und Ida Loeb 1906.
Im September 1918 wird Albert in der US-Armee eingeschrieben, ob er als Soldat
nach Europa kommt, bedarf weiterer Recherche.
1937 stirbt Albert Loeb in New York.
Familie Michael Loeb und Johanette geb. Kahn, Heirat 30. Oktober
1866
Isaak (Loeb), Gottlieb
* 9. Juli 1799
Bernkastel
† 3. Januar 1842
Enkirch
Handelsmann
Hirsch, Johannetta
* 3. Februar 1810
Talling
† 13. Mai 1884
Enkirch
Isaak (Loeb), Michael
* 8. Februar 1838 Enkirch
† 30. März 1892 Enkirch
Handelsmann
Kahn, Johanetta
* 11. Juli 1838 Konz
† 25. Januar 1927 Enkirch
Isaak (Loeb), Gustav
* 3. April 1867 Enkirch
† 25. Januar 1927 Enkirch
Loeb (Isaak), Leo
* 4. Juli 1868 Enkirch
† 13. Juni 1923 Enkirch
45
Loeb (Isaak), Rosalie
* 22. März 1870 Enkirch
† 8. Januar 1941 Lannemezan
Isaak (Loeb), Bernhard
* 22. November 1871 Enkirch
† 22. März 1924 Enkirch
Loeb (Isaak), Hermann
* 10. März 1875 Enkirch
† 6. Mai 1942 Chelmno
Loeb (Isaak), Sigmund
* 16. März 1878 Enkirch
† Mai 1942 Chelmno
Loeb, N
* 29. Juli 1882 Enkirch
† 31. Juli 1882 Enkirch
Zur Geschichte von Rosalie Loeb (Isaak) siehe Kapitel 3.2.1.
Zur Geschichte von Hermann Loeb (Isaak) siehe Kapitel 3.2.5.
Zur Geschichte von Sigmund Loeb (Isaak) siehe Kapitel 3.2.4.
Leo Loeb (Isaak) und Bernhard Isaak gründen eigene Familien in Enkirch.
Michael Loeb führt auch den Beinamen Meier oder Meyer, in der Todesanzeige
seiner Frau wird sie als Wwe. Meyer-Isaac bezeichnet. Am 18. Juli 1938 wird die
Firma Meyer-Isaak, Enkirch, aus dem Firmenregister gelöscht.
Johanetta Kahn ist als Janette Isaac auf dem Jüdischen Friedhof begraben, es
existiert ein Grabstein. Das Geburtsdatum ist hier abweichend mit 17. Juli 1838
angegeben.
Die Familie wohnt in der (Talstraße) Nr. 152 in Enkirch, Johanetta, vielleicht nach
dem Tod ihres Mannes, in der Wolfsstraße 447.
46
1.3. Deutsches Reich ab 1871 bis zum Beginn des
Faschismus
Da die Situation der bäuerlichen Bevölkerung insgesamt einschneidenden
Veränderungen unterliegt, bedingt durch die wachsende Industrialisierung, aber auch
Missernten in der Mitte des 19. Jahrhunderts (Kartoffelfäule), gibt es neben
Auswanderungswellen von Mosel und Hunsrück nach (Süd-) Amerika auch
antisemitische Tendenzen in der Landbevölkerung, die einerseits durch den
aufkommenden Nationalismus des Kaiserreichs nach dem Krieg von 1870/71, die
Ideologie des germanisch/christlichen Deutschlands und andererseits die jüdische
Emanzipationsbewegung im neu entstandenen deutschen Kaiserreich noch verstärkt
werden. Exemplarisch für diese Entwicklung ist der sog. Berliner
Antisemitismusstreit und die Antisemitenpetition von 1880.
1.3.1.Die jüdischen Familien in Enkirch bis 1933
Diesem Zeitgeist entsprechend kommt es 1881 zu antisemitischen Ausschreitungen
auch in Enkirch.
Die Zeitschrift Der Israelit berichtet am 21.9.1881:
"Trarbach, 9. September (1881). Der hiesige Bürgermeister veröffentlicht in der
'Trarbacher Zeitung' folgende Bekanntmachung: 'Es ist zu meinem großen
Bedauern zu meiner Kenntnis gebracht worden, dass auch in Enkirch (statt
Einkirch) eine Rotte roher Burschen sich ein Vergnügen daraus macht,
allabendlich ihre jüdischen Mitbürger zu verhöhnen und selbst in ihren
Wohnungen zu insultieren. Ich nehme daraus Veranlassung, alle gutgesinnten
Einwohner Enkirch's aufzufordern, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln
diesem jeder Gesittung Hohn sprechenden Skandal entgegenzutreten. Die
Polizei-Exekutiv-Beamten werden angewiesen, jeden, der sich öffentliche
Verhöhnung der Juden erlaubt, unnachsichtlich zur Anzeige zu bringen, wonach
ich für eine exemplarische Bestrafung Sorge tragen werde. Der Herr Vorsteher
wird ersucht, dies durch die Schelle in Enkirch publizieren zu lassen."54
Die schlechte wirtschaftliche Situation, verbunden mit Diskriminierungen wie oben
beschrieben, bewegen auch viele vor allem jüngere jüdische Enkircher zur
Auswanderung, hauptsächlich nach den Städten der USA. Infolge nimmt die Anzahl
der jüdischen Einwohner Enkirchs bis 1933 stetig ab, der Altersdurchschnitt steigt.
54 Zitiert nach: Alemannia judaica
47
Um 1885 wird der neue Friedhof angekauft. Er grenzt direkt an den christlichen
Friedhof und hat einen eigenen Eingang durch die Umfriedungsmauer an der linken
(nördlichen) Seite des Geländes.
48
Zu Ostern 1893 zählt die Enkircher Schule 6 jüdische Schüler. 55
1895 leben 35 jüdische Einwohner in Enkirch56.
1896 sind es 37 Seelen in 11 Familien, der Gemeindevorsteher ist Gottlieb Daniel.57
1899 sind es 39 Personen58, ebenso im Jahr 1900.59
Die Zahl bleibt auch 1903 die gleiche 39 Seelen in 11 Haushalten,
Gemeindevorsteher ist aber Leo Isaak.60
1905 gibt es noch 35 Gemeindeglieder, Vorsteher der Gemeinde ist (wieder) Gottieb
Daniel, Gottesdienst findet nur am Sabbat statt. In der Gemeinde gibt es 14
Steuerzahler, in diesem Jahr werden 20 Mark Kultussteuer eingenommen, der
Gemeinde-Etat beträgt 150 Mark.61
1909 brennt die Synagoge vollständig aus, wie im „Frankfurter Israelitischen
Familienblatt“ vom 6.8.1909 zu lesen ist62:
"Enkirch (Mosel). Am Tischo-be-Aw (= 27. Juli 1909) brach in der hiesigen
Synagoge Feuer aus. Das Innere der Synagoge ist vollständig ausgebrannt. Dank
dem beherzten Eingreifen des Herrn Ludwig Hirsch konnten die Sefer-Thoras
(Torarollen) gerettet werden."
1916 wird das letzte jüdische Kind, Gisela Simon, in die Gemeinde geboren, wie in
der Biografie ihres Bruders Kurt erwähnt wird.63
1917 wird Michael Schoemann aus Trarbach auf dem Enkircher Jüdischen Friedhof
beerdigt, er ist im 1. Weltkrieg gefallen.
55
56
57
58
59
60
61
62
63
Anchiriacum-Enkirch-S.242
Dokumentration zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung, Bd.5, S.147
Statistisches Jahrbuch, 1896
Statistisches Jahrbuch, 1899
Merichonim loacharonim
Statistisches Jahrbuch, 1903
Statistisches Jahrbuch, 1905
Allemannia judaica
Biografie Kurt Simon
49
Micha bar Elieser ha Levi
Hier ruht
Michael Schoemann
aus Trarbach
geb. 21.2.1879 zu Lösnich
gest. 29.10.1917 i. Lazarett zu
Mainz
14. Cheschwan 5678
ein Leben voll Güte und Treue
gab er hin dem Vaterlande.
1924 gehören 26 Personen zur Gemeinde, dazu zählen auch drei in Reil lebende
Personen.64
1925 leben 18 jüdische Personen in Enkirch65 (wohl ohne die Reiler
Gemeindemitglieder), 1928 sind es 20 Seelen in 7 Haushalten.
Gottesdienst wird nur noch an Feiertagen zusammen mit Familien aus Cröv und
Trarbach abgehalten.66
1933 verbleiben 12 jüdische Bewohner in 5 Haushalten in Enkirch67, welche
letztendlich in Folge des Faschismus vertrieben werden.
Wohl bald nach 1933 wird die Synagoge aufgegeben und das Gebäude verkauft. 68
64
65
66
67
68
Merischonim loacharonim
Dokumentration zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung, Bd.5, S.147
Merischonim loacharonim
BArch ZSG 138/45
Alemannia judaica
50
1.3.2. jüdische Familien von 1871 bis 1895
Auguste Simon
Simon, Daniel
* 19. Mai 1815 Enkirch
† 13. April 1895 Enkirch
Handelsmann
Loebchen, Ester
* 1815 Sonsbeck
† 20. April 1875 Enkirch
Simon, Auguste
* 28. Februar 1848
Enkirch
† 10. Mai 1920 Enkirch
Handelsfrau
Simon, Emma
* 15. März 1880 Enkirch
† Oktoer 1941 Litzmannstadt
Simon, Caroline
* 25. April 1873 Enkirch
† 27. April 1874 Enkirch
Auguste Simon ist auf dem Jüdischen Friedhof begraben, es existiert ein Grabstein.
Das Geburtsdatum ist hier abweichend mit 25. Februar 1848 angegeben.
Nach einem Verzeichnis von jüdischen Grabinschriften ist auf dem Grabstein als
traditioneller Name auch Marat Gittel bath Gedalja angegeben, zudem eine
Anmerkung: lange in Paris, verheiratet.69
Zur Geschichte von Emma Simon siehe Kapitel 3.2.4.
Auguste ist wohl die Inhaberin von A. Simon Nachf., dem Kleidergeschäft in der
Unterstraße 125, das bis 1938 von der Tochter Emma geb. Simon und Ihrem Mann
Sigmund Loeb (Isaak) geführt wird.
Die Väter ihrer beiden Töchter sind nicht aktenkundig, es ist auch nicht bekannt, ob
es ein Partner war, oder zwei verschiedene. In Emma Simons Geburtsurkunde ist
vermerkt, dass die Niederkunft beim Vater der „unverehelichten“ Auguste in dessen
Wohnhaus stattfand, und dass die Hebamme zugegen war, die auch die Geburt auf
dem Amt angezeigt hat.
69 Jüdische Friedhöfe zwischen Rhein und Maas
51
Familie Simon Isaak und Rebecca geb. Fraenkel, Heirat vor 1873,
mit Sara geb. Oberdorfer, Heirat 1889, und mit Bertha geb.
Oppenheim, Heirat 1890
Isaak (Loeb), Gottlieb
* 9. Juli 1799 Bernkastel
† 3. Januar 1842 Enkirch
Handelsmann
Hirsch, Johannetta
* 3. Februar 1810 Talling
† 13. Mai 1884 Enkirch
Isaak (Loeb), Simon
* 23. Juni 1843 Enkirch
† 14. März 1908 Enkirch
Handelsmann
Fraenkel, Leopold
Salomon, Babette
Fraenkel, Rebecca
* 1842 Rhaunen
† 13. November 1887
Enkirch
Loeb, N (Totgeburt)
* 21. Juni 1873
Loeb, Bertha
* 20. September 1875 Enkirch
Loeb, N (Totgeburt)
* 24. Oktober 1881
Oberdorfer, Hirsch
Neumann, Sophie
Oberdorfer, Sara
* 1853 Hainsfarth
† 3. Juli 1889 Enkirch
52
Oppenheim, Aron
Schwabe, Sara
* 1827 Stadtlengsfeld
† 20. August 1892
Witzenhausen
Oppenheim, Bertha
* 11. Juni 1857
Abterode
Isaack, Sophie
* 1. Dezember 1897 Enkirch
† 14. Juli 1942 Litzmannstadt
Nach einem Verzeichnis von jüdischen Grabinschriften70 ist auf dem Grabstein von
Simon Isaak als traditioneller Name auch Shimeon bar Eljakom angegeben.
Simon Isaak war dreimal verheiratet, nach dem Tod seiner ersten Frau Rebecca
heiratet er erneut, aber seine zweite Frau Sara stirbt noch im Hochzeitsjahr. Ob er
auch seine dritte Frau überlebt hat, ist unbekannt. Auch das Schicksal seiner ersten
Tochter Bertha bedarf weiterer Recherche.
Simon Isaak ist auf dem Jüdischen Friedhof begraben, es existiert ein Grabstein.
Zur Geschichte der zweiten Tochter (aus dritter Ehe) Sophie Isaack und ihrer
Familie siehe Kapitel 3.1.5.
Nach einem Verzeichnis von jüdischen Grabinschriften existiert ein Grabstein von
Rebecca Fraenkel. ebenso von Sara Oberdorfer.71
70 Jüdische Friedhöfe zwischen Rhein und Maas
71 Jüdische Friedhöfe zwischen Rhein und Maas
53
Familie Heinrich Simon und Adelheid Herz, Heirat 9. Sept. 1872
Simon, Joseph
* 1811 Enkirch
† 10. Januar 1884
Enkirch
Handelsmann
Marx, Juliane Therese
* um 1816 Moers
† 28. November 1887
Enkirch
Simon, Heinrich
* 16. Oktober 1843 Enkirch
Kaufmann
Fraenkel, Leopold
Salomon, Babette
Herz, Adelheid
* um 5. August 1842 Merzig
Simon, N
* 20. Januar 1874 Trarbach
Simon, Franziska
* 18. März 1875 Trarbach
Ob die Familie in Trarbach lebt, und zur Gemeinde Enkirch gehörte, bedarf weiterer
Recherchen. Jedenfalls ist keines der Familienmitglieder in Enkirch beerdigt.
54
Familie Moritz Simon und Jutta Hermann, Heirat 31. August 1875
Simon, Joseph
* 1811 Enkirch
† 10. Januar 1884
Enkirch
Handelsmann
Marx, Juliane Therese
* um 1816 Moers
† 28. November 1887
Enkirch
Simon, Moritz
* 23. April 1846 Enkirch
† 20. November 1914
Enkirch
Handelsmann
Hermann, Salomon
* 1804 Steinhardt
† 22. August 1882
Steinhardt
Schlossmann,
Karolina Kehla
Hermann, Jutta
* 8. August 1846
Steinhardt
† 18. Dezember 1916
Trier
Simon, Thekla
* 30. Juni 1876 Enkirch
† 30. Juni 1876 Enkirch
Simon, Isaak
* 10. Mai 1877 Enkirch
† 10. Mai 1877 Enkirch
Simon, Paula
* 27. Dezember 1878 Enkirch
† 4. März 1957 Chicago
Simon, Martha
* 21. Mai 1880 Enkirch
† 1944 Auschwitz
55
Simon, Oskar
* 6. Februar 1882 Enkirch
† 13. Juli 1899 Enkirch
Simon, Hedwig
* 24. August 1883 Enkirch
† 21. November 1950 Aylesbury
Simon, N
* 30. Oktober1886 Enkirch
† 30. Oktober1886 Enkirch
Zur Geschichte von Paula Simon siehe Kapitel 3.1.12.
Zur Geschichte von Martha Simon siehe Kapitel 3.1.13.
Zur Geschichte von Hedwig Simon siehe Kapitel 3.1.14.
56
Familie Isaac Loeb und Bertha geb. Levi, Heirat vor 1881
Isaak (Loeb), Gottlieb
* 9. Juli 1799
Bernkastel
† 3. Januar 1842
Enkirch
Handelsmann
Hirsch, Johannetta
* 3. Februar 1810
Talling
† 13. Mai 1884
Enkirch
Loeb, Isaac
* 18. September 1830
Enkirch
† 17. April 1909 Enkirch
Handelsmann
Levi, Berhta
* 29. Juni 1850 Konz
† 2. März 1931 Enkirch
Loeb, Johanna
* 25. Januar 1881 Enkirch
† 10. JAugust 1942 Auschwitz
Loeb, Elise
* 19. April 1884 Enkirch
Ob die Familie in der Unterstraße 31 wohnt, bedarf weiterer Recherche, jedenfalls ist
Bertha Levi vor ihrem Tode 1931 dort gemeldet.
Zur Geschichte von Johanna Loeb siehe Kapitel 3.1.8.
Elise Loeb reist nach den USA, es gibt Einreisedokumente von Hamburg nach New
York am 5. Juni 1910, den Angaben zufolge ist sie ledig, als bisheriger Wohnort ist
einmal Enkirch, einmal Reil angegeben, eine Immigration ist aber nicht angestrebt.
Sie ist 2. Klasse auf der Cincinnati gebucht, nicht auf der Titanic, die nur zwei Jahre
später auf gleicher Route (Southhampton-Cherbourg-New York) startet.
57
Familie Daniel Simon und Ida Lohmann, Heirat 5. Oktober 1880
Simon, Joseph
* 1811 Enkirch
† 10. Januar 1884
Enkirch
Handelsmann
Marx, Juliane Therese
* um 1816 Moers
† 28. November 1887
Enkirch
Simon, Daniel
* 9. November 1848 Enkirch
Handelsmann
Lohmann, Lazarus
* 14. August 1811
Baiersdorf
Silbermann, Jeanette
Lohmann, Ida
* 15. September 1853
Baiersdorf
Simon, Ludwig
* 20. Juli 1881 Enkirch
Die Familie verzieht wohl aus Enkirch, die Lebenswege bedürfen weiterer
Recherche.
58
Familie Emil Simon und Mina geb. Kahn, Heirat 1889
Simon, Simon
* 6. Januar 1818 Enkirch
† 4. Juni 1889 Enkirch
Handelsmann
Haas, Carolina
* 15. Januar 1833
Hottenbach
† 15. Februar 1906
Enkirch
Simon, Emil
* 3. März 1859 Enkirch
† 1. Juni 1919 Enkirch
Handelsmann
Kahn, Isaak
* 28. Juli 1819
Freudenburg
† 14. Mai 1896
Freudenburg
Kaan, Rebekka
* 24. Mai 1822 Merzig
† 23. Mai 1871
Kahn, Mina
* 25. Mai 1862
Freudenburg
† 23. Juli 1944
Theresienstadt
Simon, Friederike
* 5. März 1890 Trarbach
† Maly Trostinec
Simon, Siegfried
* 25. März 1891 Enkirch
Simon, Robert
* 26. Oktober 1892 Enkirch
Simon, Erna
* 2. Juli 1895 Enkirch
† 24. April 1956 Bogota
59
Emil Simon ist auf dem Jüdischen Friedhof begraben, es existiert ein Grabstein.
Nach einem Verzeichnis von jüdischen Grabinschriften72 existiert ein Grabstein von
Mina Kahn.
Die Familie wohnt zwischenzeitlich, vielleicht nach der Hochzeit 1889, in TrabenTrarbach, wo auch die älteste Tochter Friederike 1890 geboren wird. Emil Simon ist
von Beruf Metzger und betreibt dort vielleicht einen Laden, jedenfalls ist Sohn
Siegfried ein Jahr später in Enkirch geboren, und die Familie lebt seitdem auch
(wieder) dort.
Zur Geschichte von Mina geb. Kahn siehe Kapitel 3.1.9.
Zur Geschichte von Friederike Simon siehe Kapitel 3.1.10.
Zur Geschichte von Erna Simon siehe Kapitel 3.1.11.
Robert Simon emigriert in die USA. Um 1917 lebt er in Cuyahoga County In Ohio,
wo er zur Einberufung in die Armee registriert wird. 1926 ist Cleveland sein
Wohnsitz, und 1930 ist er mit Rennie Simon verheiratet und wohnt mit seiner Frau in
Euclid.
72 Jüdische Friedhöfe zwischen Rhein und Maas
60
1.3.3. Von 1895 bis 1932
undatierter Grabstein
Auf dem Jüdischen Friedhof gibt es einen Grabstein für Simon Bar Jizchak, † Mai
1899, der nicht zugeordnet werden kann. Der einzig 1899 Bestattete ist Oskar Simon,
der am 13. Juli siebzehnjährig gestorben war.
Familie Leo Loeb (Isaak) und Greta geb. Stern, Heirat vor 1895
Isaak (Loeb), Michael
* 8. Februar 1838
Enkirch
† 30. März 1892
Enkirch
Handelsmann
Kahn, Johanetta
* 11. Juli 1838 Konz
† 25. Januar 1927
Enkirch
Loeb (Isaak), Leo
* 4. Juli 1868 Enkirch
† 13. Juli 1923 Enkirch
Kaufmann
Stern, Greta
* 21. November 1867
Kleinwallstadt
† 26. November 1928
Enkirch
Isaak, Max 1895
* 7. Januar 1895 Enkirch
† Theresienstadt
Loeb, Carl
* 23. Februar 1896 Enkirch
† Haifa
61
Leo Loeb (Isaak) ist auf dem Jüdischen Friedhof begraben, es existiert ein Grabstein.
Nach einem Verzeichnis von jüdischen Grabinschriften ist auf dem Grabstein auch als
traditioneller Name Elieser bar Meir Aissek angegeben.73
Die Familie lebt in der Königstraße Nr. 112 und 113.
Greta Isaak geb. Stern ist auf dem Jüdischen Friedhof begraben, es existiert ein
Grabstein. Nach einem Verzeichnis von jüdischen Grabinschriften ist dort als
traditioneller Name auch Gitel bath Naftali ha Levi angegeben.74
Zur Geschichte von Max Isaak und Familie siehe Kapitel 3.1.6.
Zur Geschichte von Carl Loeb siehe Kapitel 3.1.7.
73 Jüdische Friedhöfe an Rhein und Maas
74 Jüdische Friedhöfe an Rhein und Maas
62
Familie Ludwig Hirsch und Rosalie geb. Loeb (Isaak), Heirat
11. März 1895
Hirsch, Lippmann
Meier, Karoline
Hirsch, Ludwig
* 4. Juni 1868 Enkirch
† 21. August 1917
Enkirch
Handelsmann
Isaak (Loeb), Michael
* 8. Februar 1838 Enkirch
† 30. März 1892 Enkirch
Handelsmann
Kahn, Johanetta
* 11. Juli 1838 Konz
† 25. Januar 1927 Enkirch
Loeb (Isaak), Rosalie
* 22. März 1870
Enkirch
† 8. Januar 1941
Lannemezan
Hirsch, Ernst
* 25. Oktober 1895 Enkirch
† 19. Dezember 1911 Enkirch
Hirsch, Frieda
* 29. Oktober 1896 Enkirch
† 1965 Haifa
Hirsch, Eugen
* 12. Dezember 1903 Enkirch
† 16. Dezember 1951 New
York
Hirsch, Olga
* 8. Juli 1907 Enkirch
Frieda Hirsch gründet eine eigene Familie und lebt in Reil, das zur Gemeinde
Enkirch gehört.
63
Rosalie Hirsch wohnt 1933 mit Tochter Olga in der Wolfsstraße 447, im Hause, in
dem auch ihre Mutter Johanetta Kahn († 1927) wohnte.
Zur Geschichte von Rosalie Hirsch siehe Kapitel 3.2.1.
Zur Geschichte von Eugen Hirsch siehe Kapitel 3.1.3.
Zur Geschichte von Olga Hirsch siehe Kapitel 3.2.1.
Familie Bernhard Isaak und Jeanette geb. Freudenberger, Heirat vor
1901
Isaak (Loeb), Michael
* 8. Februar 1838
Enkirch
† 30. März 1892
Enkirch
Handelsmann
Kahn, Johanetta
* 11. Juli 1838 Konz
† 25. Januar 1927
Enkirch
Isaak (Loeb), Bernhard
* 22. November 1871
Enkirch
† 22. März 1924 Enkirch
Handelsmann
Freudenberger, Judas
Stern, Babette
Freudenberger, Jeanette
* 24. Februar 1869
Heßdorf
† 29. November 1966
New York
Loeb (Isaak), Bertha
* 3. August 1901 Enkirch
† 26. September 1986 New York
Loeb (Isaak), Walter Meyer
* 20. Februar 1903 Enkirch
† 1. Juni 1970 New York
64
Zur Geschichte von Jeanette Freudenberger, Bertha Loeb (Isaak) und Walter Meyer
Loeb (Isaak) siehe Kapitel 3.2.3. bzw. 3.1.16. und 3.1.15
Die Familie wohnt um 1924 in der Unterstraße 153,
Jeanette Freudenberger um 1933 bis 1937 Adolf-Hitler-Straße Nr. 149.
Bernhard Isaak ist auf dem Jüdischen Friedhof begraben, es existiert ein Grabstein.
Nach einem Verzeichnis von jüdischen Grabinschriften ist dort als traditioneller
Name auch Moshe bar Meir angegeben.75
Familie Hermann Loeb (Isaak) und Kathinka geb. Israel, Heirat
7. September 1900
Isaak (Loeb), Michael
* 8. Februar 1838
Enkirch
† 30. März 1892
Enkirch
Handelsmann
Kahn, Johanetta
* 11. Juli 1838 Konz
† 25. Januar 1927
Enkirch
Loeb (Isaak), Hermann
* 10. März 1875 Enkirch
† 6. Mai 1942 Chelmno
Zigarrenfabrikant
Israel, Philipp
Kahn, Theresia
Israel, Kathinka
* 31. August 1876
Schweich
† 8. April 1942
Litzmannstadt
75 Jüdische Friedhöfe an Rhein und Maas
65
Isaak (Loeb), Therese
* 17. August 1901 Enkirch
† 13. Oktober 1901 Enkirch
Isaak (Loeb), Ida
* 28. März 1903 Enkirch
† 13. November 1917 Enkirch
Isaak (Loeb), Meta
* 22. Juni 1904 Enkirch
† 2. Februar 1907 Enkirch
Loeb (Isaak), Gerda
* 25. Juli 1907 Enkirch
† nach 1941 Litzmannstadt
Zur Geschichte der Familie Hermann Loeb (Isaak) siehe Kapitel 3.2.5.
Ida Isaak ist auf dem Jüdischen Friedhof begraben, es existiert ein Grabstein.
66
Familie Sigmund Loeb (Isaak) und Emma geb. Simon, Heirat
27. November 1902
Isaak (Loeb), Michael
* 8. Februar 1838
Enkirch
† 30. März 1892
Enkirch
Handelsmann
Kahn, Johanetta
* 11. Juli 1838 Konz
† 25. Januar 1927
Enkirch
Loeb (Isaak), Sigmund
* 16. März 1878 Enkirch
† 6. Mai 1942 Chelmno
Kaufmann
Simon, Auguste
* 28. Februar 1848
Enkirch
† 10. Mai 1920
Enkirch
Simon, Emma
* 15. März 1880 Enkirch
† nach 19. Oktober 1941
Litzmannstadt
Isaak (Loeb), Kurt
* 14. August 1903 Enkirch
† 1.September 1909 Enkirch
Loeb (Isaak), Hans
* 124. Februar 1905 Enkirch
† 6. Mai 1942 Chelmno
Isaak (Loeb), Ewald
* 18. November 1906 Enkirch
† 26. November 1906 Enkirch
Loeb (Isaak), Alice
* 27. September 1908 Enkirch
Zur Geschichte der Familie Sigmund Loeb (Isaak) siehe Kapitel 3.2.4.
67
Familie Gottfried Simon und Johanna geb. Hermann, Heirat 1912
Simon, Simon
* 6. Januar 1818
Enkirch
† 4. Juni 1889 Enkirch
Handelsmann
Haas, Carolina
* 15. Januar 1833
Hottenbach
† 15. Februar 1906
Enkirch
Simon, Gottfried
* 15. Juli 1869 Enkirch
† 2Mai 1964 USA
Handelsmann
Hermann, Johanna
* um 1883 Oberemmel
Simon, Kurt
* 22. September 1913 Enkirch
† 8. Januar 2013 South Bend
Simon, Gisela
* 25. Dezember 1916 Enkirch
† 20. Februar 2007 USA
Die Familie wohnt in der Priesterstraße 321, nach Angaben der Gemeinde Enkirch
wohnt sie 1933 in der (Backhausstraße) Nr. 347.
Zur Geschichte der Familie Gottfried Simon siehe Kapitel 3.2.2.
68
Familie Frieda Krämer geb. Hirsch und Markus Krämer, Heirat 1919
Hirsch, Ludwig
* 4. Juni 1868 Enkirch
† 21. August 1917
Enkirch
Handelsmann
Loeb (Isaak), Rosalie
* 22. März 1870 Enkirch
† 8. Januar 1941
Lannemezan
Hirsch, Frieda
* 29. Oktober 1896
Enkirch
† 1965 Haifa
Krämer, Isaak
Mayer, Sara
Krämer, Markus
* 2. Mai 1894
Niederflörsheim
† 1965 Haifa
Kaufmann
Krämer, Irene
* 10. Januar 1921 Reil
Krämer, Lothar
† 21. Dezember 1923 Reil
Krämer, Helmut
* 16. August 1925 Bonn
Die Familie lebt in Reil, das zur Enkircher Jüdischen Gemeinde gehört.
Zur Geschichte der Familie Markus Krämer siehe Kapitel 3.1.4.
69
1.3.4. Übersicht der „20 Seelen in 7 Haushalten“ von 1928 76
1. Familie Gottfried Simon in der Priesterstraße 321, zum Haushalt gehören
Gottfrieds Geschwister Hermann ,†1924, Isaak, Johanna †1933, Frau Johanna geb.
Hermann, und die Kinder Kurt und Gisela. Die Familie emigriert 1937.
2. Die Witwe von Michael Loeb, Johanetta Kahn, stirbt 1927 im Hause Wolfsstraße
447, dort ist dann bis 1933 die Tochter Rosalie Hirsch mit ihrer Tochter Olga
gemeldet. Michael Loeb wohnte (wohl mit der Familie) um 1892 in der Talstraße
(=Unterstraße?) Nr. 152.
3. Familie Isaac Loeb (†1909) wohnt in der Unterstraße 37, jedenfalls die Witwe
Bertha geb. Levi, die 1931 stirbt.
4. Familie Sigmund Loeb / Emma geb. Simon wohnt in der Unterstraße 125, wo sie
das Textilwarenkaufhaus A. Simon Nachf. betreibt, bis 1939. Der Sohn Hans macht
1929 in Bonn bereits sein medizinisches Staatsexamen, der Lebensweg von Tochter
Alice (*1908) bedarf weiterer Recherche.
5. Familie Bernhard Isaak (†1924), die Familie wohnt in der Unterstraße 153, später
zieht die Witwe Janet geb. Freudenberger in die Unterstraße 149, wo sie 1933
gemeldet ist und bis 1937 lebt.
6. Familie Hermann Loeb wohnt in der „Oberstraße“(?) Nr. 382, zum Haushalt
gehören seine Frau Kathinka geb. Israel und Tochter Gerda. Sie werden 1940
gezwungen nach Köln umzusiedeln. Höchstwahrscheinlich betreibt die Familie ein
kleines Kolonialwarengeschäft Unterstraße/Ecke Bergstraße, heute Zum
Herrenberg/Weingasse (=382?), das heute noch besteht; diese mündliche Quelle
bedarf aber weiterer Verifizierung.
7. Familie Markus Krämer, Ehefrau Frieda geb. Hirsch, lebt bis 1924 in Reil, das
zur Enkircher Synagogengemeinde zählt. Kinder Irene und Lothar († 1923) sind dort
geboren, der Sohn Helmut 1925 in Bonn, die Familie lebt allerdings bis 1930 in Reil,
von wo sie nach Niederflörsheim umzieht.
Die Reiler Familie Krämer mitgezählt, wären das genau die 20 Personen in 7
Haushalten.
76 Merischonim loacharonim
70
Die beiden Witwen Greta geb. Stern und Mina geb. Kahn sind wahrscheinlich in der
Zählung nicht erfasst:
8. Familie Leo Isaak (†1923), Frau Greta geb. Stern. Bei Ihrem Tod im November
1928 wird auch das Haus in der Königstraße 112 (und 113?) verkauft, in dem die
Familie wohnte und die zwei Kinder, Max und Carl geboren wurden.
9. Familie Emil Simon (†1919) wohnt in der Unterstraße, Nummer unbekannt. Wann
die Witwe Mina Kahn Enkirch verlässt, bedarf weiterer Recherche, jedenfalls ist
unklar, ob der Haushalt 1928 noch besteht, da die jüngste Tochter Erna 1926 nach
Koblenz heiratet. Sohn Robert lebte schon 1917 in den USA, der Verbleib des Sohnes
Siegfried ist unbekannt, die älteste Tochter Friederike war 1920 zu ihrem Ehemann
nach Bornheim bei Bonn verzogen, was auch als Adressort von Mina Kahn bezeugt
ist.
Entwicklung bis 1933
Am 1.1.1933 gibt es noch 12 Personen in 5 Haushalten, die namentlich verzeichnet
sind (siehe unter Kap. 3.2.).77
Die unter Nr. 3 und 7 aufgeführten Haushalte Wwe. Bertha Levi und Fam. Krämer in
Reil bestehen zu diesem Datum nicht mehr.
Zudem ist Johanna Simon von Familie Nr. 1 in dieser Aufstellung nicht aufgeführt,
obwohl sie erst im März 1933 in Enkirch verstorben ist. Kurt Simon ist bereits 1930
nach den USA ausgewandert.
Alice Loeb Fam. Nr. 4 ist ebenfalls nicht aufgelistet, wahrscheinlich ist sie
inzwischen aus Enkirch verzogen, ihr Lebensweg bedarf weiterer Recherche.
77 BArch ZSG 138/45
71
2. Enkirch ab 1933
Vorbemerkung:
Wenn im folgenden Kapitel in umfangreichem Maße aus Quellen der NS-Zeit zitiert
wird, liegt ein gewisses Dilemma darin, diese nicht alle in jeder ihrer Aussagen
kritisch kommentieren zu können. Die Gefahr liegt dabei nahe, durch Übernahme des
zeitgenössischen Sprachgebrauchs unfreiwillig Diskriminierungen, Vorurteile und
die Ideologie dieses Systems darzustellen, anstatt es zu entlarven.
Umbezeichnungen wie Reichspogomnacht statt des früher benutzten Terminus
Reichskristallnacht, oder Ghettohäuser statt Judenhäuser und das Setzen von
Anführungszeichen als Kenntlichmachung und Kommentieren solcher
Begrifflichkeiten sind oft unzureichende Hilfsmittel.
Trotzdem denke ich, durch die Publikation der folgenden Materialien nicht zur
Verbreitung von NS-Gedankengut beizutragen, sondern glaube, dass die kritischen
Leser diese Dokumente als Belege für die verbrecherische Unmenschlichkeit
verstehen, mit der der Faschismus sich darin selbst bloßstellt.
Auch sei nochmals erwähnt, dass hier keine zusammenhängende geschichtliche
Darstellung angestrebt, sondern eine Auswahl von Texten mit regionalem Bezug
wiedergegeben ist.
2.1 Institutionalisierter Antisemitismus im
faschistischen Deutschland
Obwohl die nationalsozialistische Bewegung bereits Ende der 1920er Jahre auch im
Rheinland Anhänger findet und eine institutionelle Struktur aufzubauen beginnt, ist
die NSDAP im besetzten Rheinland bis zum Abzug der Besatzungstruppen und der
„Befreiungsfeiern“ am 1. Juli 1930 verboten.
Die Region bleibt aber weiterhin „entmilitarisierte Zone“, bis die Wehrmacht am 7.
März 1936 das Rheinland unter Bruch des Versailler Vertrages besetzt, was in der
Propaganda als „Rheinlandbefreiung“ gefeiert wird.
Sofort mit Übernahme der faschistischen Herrschaft 1933 beginnt auch die soziale,
wirtschaftliche und rechtliche Ausgrenzung der Juden, der staatlich organisierte
Antisemitismus.
72
2.1.1. Beginn des Boykotts jüdischer Geschäfte
Für den 1. April wird zum Boykott jüdischer Geschäfte aufgerufen.
Im gleichen Monat werden Juden aus dem öffentlichen Dienst entfernt, weiterhin aus
dem Militär, sie dürfen nicht mehr als Kassenarzt oder Staatsanwalt praktizieren:
Richtlinien des Gaues Koblenz-Trier im Abwehrkampf gegen die Greuellüge.
Der Aktionsauschuß des Gaues Koblenz-Trier der NSDAP teilt mit: Zur Abwehr
der jüdischen Greuelpropaganda im Ausland hat die Reichsleitung eine
Boykottaktion gegen jüdische Kaufhäuser, Ärzte, Rechtsanwälte pp. für
Samstag, 1. April 10 Uhr vormittags, angeordnet.
Für den gesamten Gaubereich wurde zur einheitlichen schlagfertigen
Durchführung der Abwehrmaßnahmen ein Gauaktionsausschuß gebildet, unter
dem Vorsitz des Gaupropagandaleiters Dr. Meyer, dem Vertreter der politischen
Leitung, der SA, SS und HJ-Führung und des Kampfbundes für den
gewerblichen Mittelstand angehören. Die von diesem Ausschuß festgesetzten
Richtlinien sind von allen örtlichen Aktionsausschüssen strengstens zu beachten,
damit Einzelaktionen vermieden werden; sie gingen jeder Ortsgruppe und jedem
Stützpunkt zu. Die bürgerliche Presse ist aufgefordert, uns im Kampf um Ehre
und Ansehen der Nation zu unterstützen, die Behörden sind gebeten, auf ihre
Beamtenschaft entsprechend einzuwirken, da wir es als Verrat an der deutschen
Nation und als Provokation betrachten müssen, wenn die Beamtenschaft oder
ihre Angehörigen noch den Weg zum Juden finden sollten.
Parteigenossen! Trefft rechtzeitig Vorbereitungen, damit am Samstag schlagartig
um 10 Uhr vormittags der Kampf beginnen kann, den wir mit Ernst und
Disziplin durchführen wollen.
Eine weitere Anordnung des Aktionsauschusses hat folgenden Wortlaut:
„Das Judentum, das im Ausland durch eine gewissenlose Lügen- und
Greuelpropaganda das Ansehen und die Ehre der deutschen Nation in aller Welt
durch die Macht seiner Presse zu schädigen sucht, hat, soweit es sich um
deutsche Juden handelt, in diesen Tagen sein Schicksal in der Hand. Es ist
bisher, seit Adolf Hitler Reichskanzler ist, noch keinem deutschen Juden ein
Haar gekrümmt worden, und trotzdem erscheinen die tollsten Lügen in der
Auslandspresse, weil das nationale Deutschland nicht mehr länger
Sklavenkolonie der internationalen jüdischen Hochfinanz sein will.
Damit endlich dieser Lügenfeldzug eingestellt wird, - und das ist möglich, wenn
das deutsche Judentum seinen Einfluß in dieser Richtung bei seinen
Rassegenossen im Ausland geltend gemacht - sieht sich das nationale
73
Deutschland gezwungen, zum Schutz des Ansehens und der ehre des
Vaterlandes, Gegenmaßnahmen in Form einer planmäßigen, einheitlich
geleiteten Boykottaktion gegen jüdische Geschäfte, Ärzte, Rechtsanwälte pp.
durchzuführen unter Beteiligung aller deutschen Volksgenossen. Die Juden
haben eine Frist bis Samstag, 1. April, vormittags 10 Uhr. Wenn bis dahin die
Greuelpropaganda nicht eingestellt ist, setzt unsere Boykottaktion schlagartig in
allen Orten und Städten ein. Ich mache es allen Ortsgruppen und Stützpunkten
zur Pflicht, genau nachstehende Richtsätze zu beachten. SA und SS sowie HJ
wird von ihren Führern angewiesen, sich in diesem Abwehrkampf der
politischen Leitung zur Verfügung zu stellen.
Richtlinien:
A.1. In jedem Ort, wo eine Ortsgruppe oder Stützpunkt besteht, ist sofort ein
Aktionsausschuß zu bilden unter dem Vorsitz des politischen Leiters.
2. Grundsätzlich ist das in der NS-Presse erschienene Abwehrprogramm
genauestens zu beachten.
B. Zusätzlich und ergänzend wird im Gau Koblenz-Trier der Kampf nach
nachstehenden Richtlinien geführt:
B.1. Falls nicht anders bestimmt wird, sind am Samstag, 10 Uhr vormittags, die
jüdischen Geschäftsinhaber aufzufordern, die Geschäfte zu schließen und ihre
Angestellten mit vollem Gehalt bzw. Lohn zu beurlauben.
2. Eine SA- oder SS-Wache von zwei Mann steht vor dem Eingang und fordert
in höflichem, aber bestimmten Tone die Bevölkerung aufklärend auf, nichts in
Judengeschäften zu kaufen, die es dulden, daß ihre Rassegenossen im Ausland
die Ehre des deutschen Volkes mit Füßen treten.
3. Nach Möglichkeit erfolgt die Schließung im Rahmen eines Umzuges, in dem
Transparente und Schilder des Inhalts zu tragen sind, daß es nationale Pflicht ist,
die jüdischen Kaufhäuser, Ärzte und Rechtsanwälte zu meiden.
4. Nach Möglichkeit ist das Publikum, das trotzdem noch Juden etwas zu
verdienen gibt, auf der Photoplatte festzuhalten und zu verfemen. Das gilt
besonders von deutschen Beamten und ihren Familienangehörigen.
5. Im Abwehrkampf hat strenge Disziplin zu herrschen, Ausschreitungen wie
Plünderungen und Tätlichkeiten sind zu unterlassen. Den Juden darf kein Haar
gekrümmt werden, denn es handelt sich bei dieser Aktion nicht um Pogrome,
sondern um ein nationales Kampfmittel zur Erreichung eines bestimmten Zieles.
74
6. Die christlichen Geschäfte und Gasthäuser zeichnen ihre Schaufenster durch
Plakatstreifen mit der Aufschrift: „Kein Jude“. Vor der Wohnung jüdischer Ärzte
stehen SA-Leute mit Schildern: „Dieser Arzt ist Jude“. Auch jüdische Künstler
sind abzulehnen.
7. Die bürgerliche Presse ist aufgefordert, sich dem nationalen Abwehrkampf
zur Verfügung zu stellen und jüdische Anzeigen vorerst abzulehnen. Diese
Presse ist zu überwachen und gegebenenfalls zu ächten, abzubestellen und
anzuprangern, daß sie es lieber mit den Juden als mit dem Vaterlande halte.
8. Wer an diesem nationalen Abwehrkampf nicht mitmacht, versündigt sich an
Volk und Vaterland und bleibt geächtet. In Massenversammlungen, besonders in
Hausfrauenversammlungen, ist das Volk an seine nationale Pflicht zu erinnern.
9. Wo Zweifel besteht, ob es sich um eine jüdische Firma handelt, wie bei AG
oder sonstigen Gesellschaftsformen, ist durch die einzusetzende
Sonderprüfungskommission bei Handelskammer oder Handelsregister Inhaber
festzustellen.
10. Dieser Abwehrkampf schließt den Kampf gegen die Warenhäuser nicht aus,
hat aber eine andere Zielsetzung. Er richtet sich gegen alle, auch kleine jüdische
Spezialgeschäfte.
11. Der Kampf dauert so lange an, bis vom Gauaktionsausschuß durch Presse
oder Rundschreiben abgeblasen wird.
12. Das Personal der jüdischen Geschäfte ist nach Möglichkeit in christlichen
Geschäften unterzubringen, die Verhandlungen führt der örtliche
Aktionsausschuß mit den christlichen Geschäftsleuten. Das Personal ist zu
veranlassen, auf ihre jüdischen Chefs in ihrem eigenen Interesse einzuwirken,
daß sie ihren Einfluß im Ausland geltend machen.
13. Um die Fleischversorgung der Städte nicht zu gefährden, bringen die Bauern
ihr fettes Vieh selbst zu den Stadtmärkten, sofern keine christlichen Viehhändler
vorhanden sind. Auf dem Lande sind die Metzger zu veranlassen, ihr
Schlachtvieh unmittelbar unter Ausschaltung jüdischer Händler im Stall des
Bauern oder auf den Wochenmärkten einzudecken.
14. Die Kreisleiter berichten über das Erfolgte im nächsten Tätigkeitsbericht.
Koblenzer Generalanzeiger vom 31. März 1933 78
78 Nationasozialismus im Alltag, 1983, S. 17ff
75
Dass diese Boykottmaßnahmen nicht nur auf eine eintägige Einzelaktion beschränkt
sind, zeigt der Beschwerdebrief von Alfred Allmeier aus Mülheim/Mosel im Juli
1934, der sich im Namen der jüdischen Geschäftsleute über die anhaltenden
Boykottmaßnahmen beim Regierungspräsidenten ohne Erfolg beschwert (siehe
Kapitel 3.1.19.).
2.1.2. „Stürmerkästen“
Ortsschilder „Juden sind hier unerwünscht“, an jüdischen Geschäften angebrachte
Schriften „Kauft nicht bei Juden“,Verbotsmarkierungen an öffentlichen Sitzplätzen
für Juden, die antisemitische Hetze mittels „Stürmer-Kästen“ zementieren die soziale
Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung.
Zwei Beispiele von Moseldörfern, denen Enkirch sicher von der Gesinnung her in
nichts nachsteht, veranschaulichen diese Ausgrenzung:
Nachahmenswerter Entschluß des Gemeinderats Bullay
Bullay. Die in letzter Zeit von Juden betriebenen Schändungen und
Vergewaltigungen deutscher Frauen und Mädchen haben innerhalb der
Volksgenossen große Empörung ausgelöst und werden von jedem anständigen
Volksgenossen auf das schärfste verurteilt.
Wir sehen in dem Juden den unerbittlichen Feind gegen das neue Deutschland,
den Schänder deutscher Frauenehre, den Ausbeuter unseres Volkes, den
Fremdrassigen im Volke.
Den Juden zu meiden, muß vornehmste Pflicht eines jeden deutschen
Volksgenossen sein.
In Erkenntnis dieser Tatsachen und in der Erkenntnis, daß ohne Lösung der
Judenfrage keine Erlösung des deutschen Volkes möglich wird, faßt daher der
Gemeinderat Bullay folgende Erschließung.
1. Der Zuzug von Juden nach Bullay wird hiermit untersagt.
2. Die Erwerbung von Grund und Boden, die Errichtung neuer jüdischer
Geschäftshäuser, überhaupt neuer jüdischer Geschäftshäuser, überhaupt das
Anlegen von Neubauten, wird ebenfalls dem Juden verboten.
Kein Jude darf bei Verpachtungen und Versteigerungen ein Gebot abgeben.
3. Gemeindeaufträge werden nicht an solche Volksgenossen vergeben, die ihre
Einkäufe bei Juden tätigen oder mit dieser Verkehr pflegen.
Dieser Beschluß tritt sofort in Kraft und wird allen Volksgenossen durch
öffentlichen Aushang, durch Bekanntgabe durch die Ortsschelle und durch
Veröffentlichung in der Gaupresse und im Stürmer zur Kenntnis gebracht.
79
79 Nationalblatt, Koblenz, 14.8.1935, Nr. 188
76
Beschluß eines Gemeinderates im Kreis Bernkastel vom 13. August 1935.
Das Judentum, das unser deutsches Vaterland so tief ins Unglück geführt hat,
erhebt heute wieder frecher denn je sein Haupt. In Verkennung unserer
Anständigkeit beginnen diese Parasiten am deutschen Volkskörper sich in dem
ihnen so verhaßten nationalsozialistischen Deutschland wieder wohnlich
einzurichten und ihre jüdischen Frechheiten und Gemeinheiten auf die
deutschen Volksgenossen auszuschütten. In Erkenntnis dieser Tatsachen wird
beschlossen:
1. An den Ausgängen der Gemeinde B werden Tafeln mit folgender Inschrift
angebracht: „Juden sind hier nicht gewünscht.“
2. Der in der Mitte des Ortes zur Aufstellung gelangte Zeitungskasten „Der
Stürmer“ wird allen Volksgenossen zur Beachtung empfohlen.
3. Kein Handwerker, kein Geschäftsmann oder sonst ein Volksgenosse erhält
eine Gemeindearbeit und das Gemeindenutzungsrecht wird ihm sofort
entzogen, wenn er oder seine Familienangehörigen noch mit Juden Verkehr
pflegen bzw. diese in ihrem Handeln unterstützten.
4. Das Kaufen bei Juden, die Inanspruchnahme jüdischer Ärzte oder
Rechtsanwälte bedeutet Verrat am Volke und der der Nation.
5. Da die Rassefrage der Schlüssel zu unserer Freiheit ist, soll derjenige
verachtet und geächtet sein, der diese Grundsätze durchbricht.
80
Dies geht einher mit Pöbeleien und tätlichen Angriffen gegen jüdische Mitbewohner,
Schändung von jüdischen Friedhöfen oder nächtlichen Überfällen auf Wohnhäuser.
Solche und weitere Vorfälle sind gerade auch für den Moselraum belegt.
Oft werden solche Übergriffe aus der Bevölkerung heraus, quasi in vorauseilendem
Gehorsam, verübt, so daß die Regierung, sei es wegen offenkundiger
Gesetzeswidrigkeit, oder zeitweilig aus außenpolitischer Rücksichtnahme in der Zeit
vor den olympischen Spiele 1936, gezwungen ist einzelne solcher „wilden“Aktionen
zugunsten einer systematischen, staatlich gelenkten Verfolgung zu unterbinden oder
zu verfolgen, was jedoch vor Ort meist nicht oder nur halbherzig umgesetzt wird, wie
ein weiteres Beispiel verdeutlicht:
Bericht des Gendarmerie Postenbereichs Monzel an den Landrat in Wittlich
betr. Antijüdische Schmierereien. - 14. Oktober 1935, Monzel
In der Nacht vom 12. zum 13. dieses Monats wurde das an der Hauptstraße in
Osann gelegene Haus des Winzers G. Mit Ölfarbe verschmiert. Die
Beschriftung lautet: „Judenmarie“.
80 Nationalsozialismus im Alltag, 1967: Akten des Landeshauptarchiv Koblenz, Abt. 655, 175 Nr. 423
77
Ebenfalls ist das an derselben Stelle gelegene Haus des Juden B. in derselben
Weise verschmiert. Inschrift: „Achtung, Sonderzug nach Palästina, koscheres
Mittagessen“. Im Interesse des Reiches und zwecks Unterbindung der
Greuelpropaganda wäre es erforderlich, die Besitzer aufzufordern, diese
Schmiererei zu beseitigen. Eine Aufforderung meinerseits ist unbeachtet
geblieben. Die Ermittlungen nach diesen Tätern sind ergebnislos verlaufen. Ein
Bericht ist der Ortspolizeibehörde Wittlich-Land übersandt.
81
Mit „Besitzer“ sind in diesem Zusammenhang die Opfer gemeint, die aufgefordert
werden, den Schaden selbst zu beseitigen.
Die „Nürnberger Gesetze“ 1935 sprechen Juden die deutsche Reichsbürgerschaft ab,
weitreichende Entrechtungen sind die Folge, Juden dürfen kein öffentliches Amt
mehr bekleiden, sie sind nicht mehr wahlberechtigt, und jüdische Beamten erhalten
endgültig Berufsverbot.
Sog. Mischehen zwischen jüdischen und nichtjüdischen Eheleuten werden verboten.
Die Trennung zwischen sog. Ariern „deutschen oder artverwandten Blutes“ und
solchen, die es nicht sind, vor allem jüdischen Menschen, aber nach damaligem
Sprachgebrauch zählten dazu auch „Zigeuner, Neger und ihre Bastarde“, wurde
gesetzlich festgeschrieben, damit konnte die Entrechtung der jüdischen Mitbürger
auch juristisch legitimiert und umgesetzt werden, ebenso konnten
Zuwiderhandlungen gegen diese und folgende Gesetze und Verordnungen polizeilich
geahndet und bestraft werden.
Im Juli 1938 wird eine Kennkarte für Juden eingeführt, seit August werden die
zweiten Vornamen „Israel“ und „Sara“ verbindlich, ab Oktober werden die
Reisepässe mit einem rot gestempelten „J“ versehen. (siehe z.B. Meier Frank in
Kapitel 3.1.14)
2.1.3. Die Pogromnacht
Am 9. November (und dem folgenden Tag) kommt es zur Reichspogromnacht. Sie ist
teilweise geplant und arrangiert, aber zugleich von der Bevölkerung getragen, so dass
es auch auch hier notwendig wird, die Übergriffe zu kontrollieren oder einzudämmen;
jedenfalls gilt es Plünderungen zu vermeiden, da der jüdische Besitz an den Staat
fallen soll. Dies verdeutlichen beispielhaft die folgenden Notizen aus dem „Gau
Koblenz“:
81 Nationalsozialismus im Alltag 1983, S. 72: StA Koblenz, Best. 442 Nr. 16804 S. 473
78
Erlaß des Reichsministeriums des Innern, Berlin, an die Geheime Staatspolizei
– Staatspolizeidienststelle Darmstadt – Außendienststelle Main. - Dringend –
Dringend – Sofort vorlegen. Abschrift blitz München 47767. 10 November
1938, 1 Uhr 20:
An alle Stapoleit- und Stapostellen, an alle SD-Oberabschnitte und
Unterabschnitte. Sofort vorlegen – Geheim. Dringend sofort dem Leiter doer
seinem Stellvertreter vorlegen. Gez. Heydrich, SS-Gruppenführer. StA Koblenz
Best. 805 Nr. 1772 S. 261-265.
Auf Grund des Attentats gegen Legationssekretär vom Rath in Paris sind im
Laufe der heutigen Nacht – 9. auf 10. November 1938 im ganzen Reich
Demonstrationen gegen Juden zu erwarten. Für die Behandlung dieser
Vorgänge ergehen folgende Anordnungen:
1. Die Leiter der Stapostellen oder ihre Stellvertreter haben sofort nach
Eingang dieses Fernschreibens mit den für ihren Bezirk zuständigen
politischen Leitungen, Gauleitung oder Kreisleitung, fernmündlich Verbindung
aufzunehmen und eine Besprechung über die Durchführung der
Demonstrationen zu vereinbaren, zu der der zuständige Inspekteur oder
Kommandeur der Ordnungspolizei zuziehen ist. In dieser Besprechung ist der
politischen Leitung mitzuteilen, daß die deutsche Polizei vom RFSSuChdDtP
die folgenden Weisungen erhalten hat, denen die Maßnahmen der politischen
Leitung zweckmäßig anzupassen wären:
a. Es dürfen nur solche Maßnahmen getroffen werden, die keine Gefährdung
deutschen Lebens oder Eigentums mit sich bringen (z.B. Synagogenbrände
nur, wenn keine Brandgefahr für die Umgebung vorhanden ist).
b. Geschäfte und Wohnungen von Juden dürfen nur zerstört, nicht geplündert
werden. Die Polizei ist angewiesen, die Durchführung dieser Anordnung zu
überwachen und Plünderer festzunehmen.
c. In Geschäftsstraßen ist besonders darauf zu achten, daß nichtjüdische
Geschäfte unbedingt gegen Schäden gesichert werden.
d. Ausländische Staatsangehörige dürfen, auch wenn sie Juden sind, nicht
belästigt werden.
2. Unter der Voraussetzung, daß die unter 1 gegebenen Richtlinien eingehalten
werden, sind die stattfindenden Demonstrationen nicht zu verhindern, sondern
nur auf die Einhaltung der Richtlinien zu überwachen.
3. Sofort nach Eingang dieses Fernschreibens ist in allen Synagogen und
Geschäftsräumen der jüdischen Kultusgemeinden das vorhandene
Archivmaterial polizeilich zu beschlagnahmen, damit es nicht im Zuge der
Demonstrationen zerstört wird. Es kommt dabei auf das historisch wertvolle
79
Material an, nicht auf neuere Steuerlisten usw. Das Archivmaterial ist an die
zuständige SD-Dienststelle abzugeben.
4. Die Leitung der sicherheitspolizeilichen Maßnahmen hinsichtlich der
Demonstrationen der Juden liegt bei den Staatspolizeistellen, soweit nicht die
Inspekteure der Sicherheitspolizei Weisung erteilen. Zur Durchführung der
sicherheitspolizeilichen Maßnahmen können Beamte der Kripo sowie
Angehörige des SD, der Verfügungstruppe und der allgemeinen SS zugezogen
werden.
5. Sobald der Ablauf der Ereignisse dieser Nacht die Verwendung der
eingesetzten Beamten hierfür zuläßt, sind in allen Bezirken soviel Juden,
insbesondere wohlhabende, festzunehmen, als in den vorhandenen Hafträumen
untergebracht werden können. Es sind zunächst nur gesunde männliche Juden
nicht zu hohen Alters festzunehmen. Nach Durchführung der Festnahme ist
unverzüglich mit den zuständigen Konzentrationslagern wegen schneller
Unterbringung der Juden in den Lagern Verbindung aufzunehmen. Es ist
besonders darauf zu achten, daß die auf Grund dieser Weisung
festgenommenen Juden nicht misshandelt werden.
6. Der Inhalt dieses Befehls ist an die zuständigen Inspekteure und
Kommandeure der Ordnungspolizei und an die SD-Ober- und Unterabschnitte
weiterzugeben mit dem Zusatz, daß der RFSSuChdDtPol. diese polizeilichen
Maßnahmen angeordnet hat. Der Chef der Ordnungspolizei hat für die
Ordnungspolizei, einschließlich der Feuerlöschpolizei, entsprechende Weisung
erteilt. In der Durchführung der angeordneten Maßnahmen ist engstes
Einvernehmen zwischen der Sicherheitspolizei und der Ordnungspolizei zu
wahren. Der Empfang des Fernschreibens ist von den Stapoleitern oder seinem
Vertreter durch Fernschreiben an das Gestapa z.H. des SS-Standartenführers
M. zu bestätigen.
Vermerk eines Amtsbürgermeisters über ein Ferngespräch mit dem
Landratsamt Wittlich betr. die Judenaktion. - 10. November 1938, 9 Uhr 30.
Verbandsgemeinde Kröv o. Sig. Bl. 353 (StA Koblenz Film NR. 12.)
Sofern heute Nacht bei Juden Fensterscheiben eingeschlagen worden sind, sind
die Juden anzuhalten, die Fenster sofort mit Brettern zu verschalen. Die Juden
müssen bis heute vormittag 10 Uhr alle Waffen abliefern. Nach 10 Uhr ist den
Juden das Verlassen der Läden verboten. Zuwiderhandelnde sind in Haft zu
nehmen.
80
Das Landratsamt Wittlich gibt an diesen Amtsbürgermeister telefonisch einen
Funkspruch aus der vergangenen Nacht durch. - 10. November 1938, 11 Uhr.
Ebd. S. 354
Im Lauf dieser Nach sind Aktionen gegen die Juden zu erwarten. Es sollen im
Reich gegen 30.000 Juden festgenommen werden, besonders die reichen Juden.
Es werden insbesondere Aktionen gegen die Synagogen erwartet. Das gesamte
Material ist dort sicherzustellen.
1. Fühlungnahme mit dem Kreisleiter.
2. Zerstörungen nicht verhindern.
3. Plünderungen vermeiden.
4. Brandlegungen unter allen Umständen vermeiden.
5. Keine Personen verletzen.
6. Gegen ausländische Juden in keiner Weise vorgehen.
Durchgabe erfolgt nur zur Kenntnis, nichts weiter veranlassen. Gegebenenfalls
zur Beachtung, falls etwas entsteht.
Das Ausgehverbot der Juden ist noch ungeklärt, bleibt bis auf weiteres aufrecht
erhalten. Ob es sich auch auf Wohnungen bezieht, ist noch ungeklärt; vorläufig
werden auch die Wohnungen einbezogen … Bei etwaigen Vorkommnissen bitte
ich um sofortigen Bericht. Weiter eingehende Weisungen werde ich Ihnen
fortlaufend übermitteln und bitte, für sofortige Aufnahme und Durchführung
besorgt zu sein.
Funkspruch des Chefs der Ordnungspolizei – Sonderbefehlsstab - , Berlin, über
den Landrat von Wittlich an alle Polizeistationen des Kreises. - 10. November
1938, 21 Uhr 10. Geheim! - Az. O-Kdo. g.a. Nr. 224/38. Abschrift Ebd. S. 363
Sobald von Gauleitungen Anweisung zur Beendigung der Aktionen vorliegt,
dafür sorgen, daß zertrümmerte Läden durch Holzverkleidungen usw. so
verschlossen werden, daß Zerstörung möglichst wenig sichtbar. - Hausbesitzer
anweisen, gegebenenfalls Arbeiten im Auftrage der Polizei ausführen zu lassen.
- Trümmer von Synagogen usw. beschleunigt beseitigen lassen.
Das Landratsamt Wittlich gibt telefonisch an die Amtsbürgermeistereien des
Kreises die Weisung zur Einstellung der Aktion weiter. - 11. November 1938.
Ebd. S. 361
Nach Mitteilung des Oberpräsidiums sind auf Anordnung des RFSSuChdDtPol
alle Aktionen gegen Juden zu beenden. Die Ortspolizeibehörde setze sich mit
der SS in Verbindung, um Plünderungen zu vermeiden.
81
Aktenvermerk der Amtsbürgermeisterei Birkenfeld über einen Funkspruch des
Landratsamtes (Birkenfeld) betr. Judenaktion. - 10. November 1938,
Birkenfeld, 9 Uhr 15. - Az. IV a-9-19; gez. i.V. Unterschrift
Verbandsgemeinde Birkenfeld Fach 15 Nr. 5 Bl. 1303 (StA Koblenz Film Nr.
33)
Vom Landratsamt wurde folgender Funkspruch durchgegeben: Anordnung des
Herrn Oberpräsidenten der Rheinprovinz und des Herrn Regierungspräsidenten
in Koblenz:
1. Juden, bei denen Schaufenster oder sonstige Fenster eingeschlagen worden
sind, haben die Rolläden herunter zu lassen oder die eingeschlagenen Fenster
zu verschalen. (Durchführung hat bis 10 Uhr zu erfolgen).
2. Bis 10 Uhr haben sämtliche Juden die in ihrem Besitz befindlichen Waffen
abzuliefern.
3. Es ist ab 10 Uhr den Juden untersagt, ihre Wohnung oder ihre
Geschäftsräume zu verlassen. Anderenfalls sind sie festzunehmen. - Die
Ortspolizeibehörden bzw. Gendarmeriebeamten sind angewiesen, daß diese
Maßnahmen sofort durchgeführt werden.
Aktenvermerk der Amtsbürgermeisterei Birkenfeld über eine Verfügung betr.
Einstellung der Protestaktion. - 11. November 1938, Birkenfeld. Az Iva-9-19;
gez. Dr. Hofmann. Ebd. Bl. 1307.
Von Herrn B. wurde folgender Funkspruch durchgegeben: Die Protestaktionen
sind einzustellen; falls noch in dieser Nacht Aktionen erfolgen, sind sie
möglichst zu verhindern. Es ist jedoch seitens der Polizeibeamten, mit
Rücksicht auf die berechtigte Empörung nicht scharf durchzugreifen, sondern
die Personen sind in geeigneter Form von der Aktion abzuhalten. Gegen
Plünderer ist rücksichtlos einzuschreiten. Dieselben sind festzunehmen und der
Stapoleitstelle zur Verfügung zu stellen.
82
In vielen Gemeinden werden im Verlaufe des Pogroms die männlichen
(arbeitsfähigen) Erwachsenen zusammengetrieben und in Konzentrationslager
verbracht, ein Beispiel sind die Gebrüder Loeb (vgl. Kapitel 3.1.1.), die von
Quierschied nach Dachau verschleppt werden.
Frauen, Kinder und Alte bleiben von dieser ersten Verhaftungswelle noch verschont,
aber die systematische Erfassungs- und Vernichtungsmaschine läuft bereits.
Die Pogromnacht ist der Auftakt zur physischen „Entfernung“ der Juden aus
Deutschland:
82 Nationalsozialismus im Alltag 1983, S. 129 ff.
82
Am 6. Dezember wird in Berlin ein Verbot für Juden verhängt, bestimmte öffentliche
Plätze zu betreten, u.a. alle Theater und Kultureinrichtungen, Badeanstalten, und
zentrale Straßen wie Unter den Linden, Wilhelmstraße, Voßstraße, Hermann-GöringStraße usw., eine Ausweitung wird angekündigt. Juden sollen in „Judenvierteln“
konzentriert werden.83
Die Zusammenfassung und Zwangsumsiedlung der jüdischen Bevölkerung in
sogenannte „Judenhäuser“ oder Ghettohäuser, also Wohnhäuser und zum Teil auch
ehemalige jüdische Schulen, Krankenhäuser oder Betsäle, welche alle ab 1942
zusätzlich mit einem schwarzen Stern an der Eingangstür gekennzeichnet sein
müssen, wird umgesetzt. Dies muss als Vorstufe zum Ghetto oder
Konzentrationslager angesehen werden, es geht einher mit der Enteignung und
Arisierung jüdischen Besitzes, der Wohnhäuser, Wohnungseinrichtungen, des
Vermögens oder der Bankguthaben.
Seit Beginn des Krieges, besonders dem Überfall auf Polen, beginnen auch die
Massenerschießungen der dortigen jüdischen Bewohner, bereits 1939 werden dort ca.
7000 Juden erschossen. In Luxemburg, Belgien, Niederlanden und Frankreich wird
die Erfassung der Juden und ihre Deportation ab 1940 vorbereitet.
Die Wagner-Bürckel-Aktion in Baden, der Pfalz und dem Saarland markiert im
Oktober 1940 den Beginn der Deportationen aus Deutschland, zuerst in das
Internierungslager Gurs in Südfrankreich. Ziel dieser Aktion ist noch nicht die
komplette Ermordung, sondern die Abschiebung aus Deutschland.
Mit dem Krieg gegen die Sowjetunion im Juni 1941weiten sich die
Massenexekutionen aus, und der Plan zur „Vernichtung des Judentums“ wird gefasst.
Die Kennzeichnung mit dem gelben Stern, der auf der Kleidung sichtbar zu tragen
ist, wird am 1. September 1941 eingeführt.
Die systematische und organisatorische Planung des Holocaust wird auf der sog.
Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942 unter Reinhard Heydrich koordiniert.
Es beginnen die Deportationen aus Deutschland und aus den eroberten und besetzten
Ländern in die in Osteuropa eingerichteten Ghettos, später in die Vernichtungslager
und Tötungsstätten.
83 Nationalblatt Koblenz, 5.12.1938
83
2.2. Enkirch im Spiegel der Tageszeitung
Bei der Durchsicht der Ausschnitte aus der Traben-Trarbacher Zeitung und besonders
beim Nationalblatt Koblenz fällt auf, dass die Artikel mit regionalem Bezug wenig zu
Aktionen gegen die jüdische Bevölkerung schreiben, bereits die Boykottaktionen im
April 1933 finden darin keine Erwähnung, und auch zum Pogrom von 1938 erscheint
nur ein kurzer standardisierter Bericht. Eine Ausnahme bilden die beiden Artikel aus
gleicher Zeit zum Verkauf und Abriss des Hauses eines jüdischen Enkirchers. Die
Aktionen gegen die Juden sollen nicht publik gemacht oder möglichst
heruntergespielt werden.
Dabei ist gerade das Nationalblatt voller allgemeiner Hetze gegen „den Juden“ als
„Täter“, jeden Tag erscheinen entsprechend widerwärtige Artikel im Stil des
„Stürmer“, es gibt laufende thematische Reihen antisemitischen Inhalts, auf die
wiederzugeben ich verzichtet habe.
Dies liegt zum einen daran, dass Dörfer wie Enkirch allgemein zu klein sind, um
entsprechend relevant für ausführliche Artikel zu sein, zum anderen daran, dass die
Faschisten zur Zeit der Konsolidierung ihrer Macht darauf bedacht sind, in der sog.
„Auslandspresse“ ein nicht zu negatives Bild abzugeben, dies ist besonders vor den
Olympischen Spielen der Fall.
Stattdessen wird das Image der Heimat- und Volksgemeinschaft gepflegt, die einig
und solidarisch Eintopfsonntage begeht, das Winterhilfswerk unterstützt und bei
Luftschutzübungen verdunkelt.
2.2.1. Vor und nach den „Befreiungsfeiern“
Mit dem Beginn der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten 1933 ändern sich auch
in Enkirch die Verhältnisse nicht nur für die jüdische Bevölkerung grundsätzlich.
Aber bereits seit 1929 gibt es in Enkirch eine Ortsgruppe, wie in der TrabenTrarbacher Zeitung zu lesen ist:
Enkirch, 7. Okt. SA.-Aufmarsch.
Morgen Sonntag findet hier ein SA.-Aufmarsch statt. Es wird deshalb
interessant sein, etwas über die Entstehungsgeschichte der Enkircher SA im
Jahre 1929, welche damals gleichzeitig auch die Ortsgruppe führte, zu berichten.
Bekanntlich war zur damaligen Zeit in unserer näheren und weiteren
Umgebung, mit wenigen Ausnahmen, vom Nationalsozialismus so gut wie
nichts bekannt. Da kam am 1. März 1929 der damalige Redner Albrecht hierhin
84
und zog eine nat.-soz. Versammlung auf, welche zum ersten Male gleich einen
vollen Saal aufwies. Die Bresche an der Mosel war nunmehr geschlagen und es
meldeten sich gleich etwa 12 junge Männer, die auch sofort die SA. gründeten.
Als Ortsgruppenführer wurde Ernst Bauer bestimmt. Es wurde nun planmäßig
jeder Ort in der Umgebung mit Versammlungen bedacht, und bald war Enkirch
infolge seiner unermüdlichen Tätigkeit für den Nationalsozialismus als
Hochburg bekannt; es hat sich diesen Ruf auch bis heute bewahrt. Mit der SA.
stand und fiel damals die Bewegung in unserem Ort und den übrigen
Ortschaften, wo der Nationalsozialismus schon Fuß gefaßt hatte. Manche
Anfeindungen offener und versteckter Art mußten die alten SA.-Männer
einstecken, und trotzdem hielten sie unserem Führer Adolf Hitler die Treue, und
dürfen heute stolz sein auf den Kampf, der hinter ihnen liegt. Und wenn die SA.
Enkirch am morgigen Tage einen SA.-Tag veranstaltet, dann freuen wir uns alle
darüber und folgen freudig dem Rufe zum SA.-Abend um ½ 9 Uhr im Saale
Kettermann. Näheres zu erfahren ist jedem Gelegenheit gegeben, indem er sich
ein Programm erwirbt. Die Bürger werden gebeten, ihre Häuser zu beflaggen. 84
Wichtiges Mittel der Propaganda sind die Partei-Redner, die auf Versammlungen und
Deutschen Abenden auftreten, angefangen vom Auftritt Robert Leys, der eine
wichtige Rolle für obige Gründung spielt.
Enkirch, 21. Okt.
…
Hier war es auch, wo der nat.-soz. Gedanke in den Herzen der Enkircher sofort
Fuß faßte, als am 1. März 1929 ein nat.-soz. Redner die erste Versammlung im
Kettermann‘schen Saale aufzog. Der Erfolg dieses Abends war, daß sich
folgende jungen Leute in die Partei meldeten und sofort der SA. beitraten:
…
An einem schönen Septembertag, es war der 8. Sept. 1929, kam der damalige
Gauführer des Gaues Köln-Koblenz Dr. Ley mit seinen Kampfgenossen Pg.
Kerrl, Willickens, Schmeer und Lohse nach Enkirch, um hier gemeinsam eine
Versammlung zu eröffnen. Ein starker Besuch zeigte das große Interesse für den
Nationalsozialismus.
84 Tr.-Tr. Ztg., 7.10.1933
85
85
Anschließend wurde dann in Irmenach und Lötzbeuren eine Versammlung
abgehalten, Pg. Max Fischer leitete in Irmenach, und Max Immich in
Lötzbeuren die Versammlung, in welcher Pg. Dr. Ley sprach. Am nächsten Tag,
Sonntag, 9. Sept., wurde nachmittags in Trarbach eine Versammlung eröffnet, in
welcher Pg. Kerl sprach; abends fand dann in Cröv eine Versammlung statt, in
welcher Dr. Ley sprach. Durch jüdische Provokateur kam es hier zu einer
wüsten Saalschlacht, an welcher sich ein großer Teil der Cröver beteiligte, die
jedoch heute fast restlos in unsere Reihen als gute Kämpfer eingetreten sind. Pg.
Dr. Ley erhielt damals einen Messerstich am Kopfe, verschiedene SA.-Männer
Kopfverletzungen von Steinwürfen. Nur dem Eintreten der Enkircher und
Traben-Trarbacher SA. ist es zuzuschreiben, daß größeres Durcheinander
verhütet wurde.
…
86
85 Nationalblatt, Koblenz, 24.6.1938
86 Tr.-Tr. Ztg., 21.10.1933
86
Im April 1930 bereist ein Kölner Kriminalkommissar die Mosel, um über die (zu der
Zeit verbotene) NSDAP zu berichten.87 Darin wird Enkirch zweimal erwähnt:
Versammlungen haben stattgefunden in Veldenz, Wintrich, Andel, Mühlheim,
Brauneberg, Bernkastel, Graach, Wehlen, Erden, Lösnich Ürzig, Wolf, Kinheim,
Traben-Trarbach, Enkirch, Kövenig, Cochem, im Cochemer Krampen und in
Zell.
…
In Hermeskeil ist eine Ortsgruppe von etwa 200 Personen. Die Ortsgruppe in
Wittlich soll 300 bis 400 Personen zählen. Die Hochburg und Keimzelle der
Nationalsozialisten ist Enkirch (zwischen Trarbach und Zell).
Die Domäne der Nationalsozialisten ist vorwiegend in den protestantischen
Orten Veldenz, Traben-Trarbach, Wolf und Enkirch.
...
P.S.: Enkirch soll Hauptstützpunkt der Nationalsozialisten sein. Man erklärt
landläufig, daß gegen die Enkirchener mit Vernunft nicht anzugehen wäre.
Enkirch hat 800 Mitglieder der NSDAP. ...
Die „Befreiungsfeier“ in der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli 1930 wird auch in
Enkirch offiziell begangen. Es werden „Scheiterhaufen“ entzündet, eine Ansprache
gehalten, und die Kinder bekommen am nächsten Morgen eine Brezel wie früher zu
Sedanfeiern und Kaiser-Geburtstag.
Bereits in den Jahren 1931 und 1932 treten etliche Redner auf, um
nationalsozialistisches Gedankengut hoffähig zu machen.
So spricht Im Juni 1931 Karl Heinrich Carius aus Koblenz über „den
Zukunftsstaat“88, im gleichen Monat Reichstagsabgeordneter Oberlindober aus
München u. Pg. Pies aus Langenlonsheim89, im August tritt Pfarrer Rudolf Wolfrum
als Propagandist auf (s.u.).
Rudolf Georg Melsheimer aus einem Nachbarort spricht im Oktober90, im November
läßt sich Major Ludwig Fürholzer glorifizierend über den 1. Weltkrieg aus, rund 160
87
88
89
90
Nationalsozialismus im Alltag, S. 23 und 25
Tr.-Tr. Ztg., 1.6.1931
Tr.-Tr. Ztg., 3.6.1931
Tr.-Tr. Ztg., 12.10.1931
87
Bilder von allen Waffengattungen und Schlachtfeldern des Weltkrieges werden dabei
gezeigt.91
Im April 1932 geht Ernst Katzmann, M.d.R., Thüringen, sodann „auf die verfehlte
Politik der letzten 13 Jahre ein und legt dar, daß diese Politik von falschen
Grundsätzen ausgegangen sei. Nicht Friede-Pazifismus-sondern Kampf sei das
Natürliche. Wohin wir sehen in der Natur ist Kampf. Kampf ist das Leben der
Menschen u. Kampf das Leben der Völker. Die ganze Politik eines Volkes sei nur der
Kampf um die Selbstbehauptung.“92
Im Mai tritt Superintendent Reindell aus Staudernheim auf93, im Juli Richard Franz
Suchenwirth, der ausführt, „der große Reinigungsprozeß der in unserem Vaterlande
nötig sei, erfordere die Mitarbeit aller treudeutschen Männer und Frauen. Alles
Undeutsche müsse ausgefegt werden, dann könne Deutschland wieder gedeihen.“94
Der Reichstagsabgeordnete Max Alfred von Detten, Bad Kreuznach, erklärt, „der
unaufhaltsame Vormarsch der nat.-soz. Bewegung habe uns aus der größten Gefahr,
der Bolschewisierung Deutschlands und damit Vernichtung aller schaffenden Werte,
herausgeführt“ und ermahnt, „zum Schluß, Vertrauen in die Staatskunst Adolf Hitlers
zu haben und am 31. Juli der nat.-soz. Partei, Liste 2, seine Stimme zu geben.“95
Und zur Adventszeit predigt Karl Hermann Josef Marten, Divisionspfarrer a.D. (s.u.).
Ein weiteres Instrument sind die Kino-Filme, die seit Anfang der 1930er Jahre auch
in Enkirch gezeigt werden, und teils direkt als Dokumentarfilm, teils verpackt in
Unterhaltung, die Ideologie des Faschismus verbreiten.
Enkirch, 12. Dez.
Wie wir erfahren, soll der in vielen Gemeinden mit lebhaftem Anklang
entgegengenommene Film „Der große Strom“, ein Film von Mutter und Volk,
am Montag, den 14. Dezember, abends 8 Uhr auch in der evangelischen Kirche
Enkirchs vorgeführt werden. - 96 (s.u.)
Die letzte Werbeanzeige des Textilwarenladens A. Simon Nachf. erscheint am 17.
November 1932 in der Traben-Trarbacher Zeitung.97
91
92
93
94
95
96
97
Tr.-Tr. Ztg., 14.11.1931
Tr.-Tr. Ztg., 21.4.1932
Tr.-Tr. Ztg., 21.5.1932
Tr.-Tr. Ztg., 19.7.1932
Tr.-Tr. Ztg., 25.7.1932
Tr.-Tr. Ztg., 12.12.1931
Tr.-Tr. Ztg., 17.11.1932
88
Stattdessen inseriert bald nach dem 30. Januar 1933, als Adolf Hitler deutscher
Reichskanzler wird, ein Schuhgeschäft am 12.4.1933 zu Ostern mit der Unterzeile
Kein jüdisches Geschäft!98
98 Tr.-Tr. Ztg., 12.4.1933
89
2.2.2. „Ehrenbürger Hitler“
Der Rücktritt der Reichsregierung und Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 28.
und am 30. Januar 1933 wird in Enkirch „gebührend“ gefeiert:
Enkirch, 28. Jan.
Uns wird geschrieben: Am Sonntag nachmittag findet hier ein Aufmarsch der
SA und SS von Traben-Trarbach, Enkirch und Umgebung statt. Auch hier an der
Mosel marschieren die braunen Bataillone Adolf Hitlers. Es wirken mit die SSKapelle aus Trier sowie der Spielmannszug von Enkirch. Abends um 8 Uhr
beginnend findet dann im Steffensberg-Saale ein „Deutscher Abend“ mit
Verlosung und einem reichhaltigen Programm statt. Als Redner wurde Pg.
Keyßner, Düsseldorf, gewonnen.99
Enkirch, 2. Febr.
Wohl zum ersten Male, seit im Jahre 1929 der nat.-soz. Gedanke sofort bei fast
allen Enkirchern festen Fuß gefaßt hatte, ist die elementare Kraft des
Nationalsozialismus bei der Bevölkerung in sichtliche Erscheinung getreten
durch den SA-Aufmarsch am vergangenen Sonntag, an welchem die SS. u. HJ.
der näheren Umgebung teilnahm. Etwa 350 uniformierte braune Kämpfer
durchzogen unter Vorantritt der SS.-Kapelle aus Trier und des Enkircher
Spielmannszuges unseren Ort. Überall sah man freudige Gesichter und mancher
hatte wieder neue Zuversicht bekommen, als er die braunen Kolonnen
marschieren sah. Erst recht war die Freude groß, als am Montag die Ernennung
Hitlers zum Reichskanzler erfolgte, und es war selbstverständlich, daß dieser
Tag durch einen Fackelzug und entsprechende Nachfeier gebührend gefeiert
wurde.100
Schon Ende März werden Straßen umbenannt:
Enkirch, 30. März.
Der neugewählte Gemeinderat hatte gestern seine erste Sitzung. ... Die NSDAP.
Enkirch legte einen Antrag vor, nach welchem seitens der Gemeinde Herrn
Reichskanzler Adolf Hitler das Ehrenbürgerrecht zu verleihen sei. Der
Bürgermeister betonte, daß dies aufgrund der rheinischen
Landgemeindeordnung nicht möglich sei. Ein weiterer Antrag, die Unterstraße
mit Hohlweg in Adolf-Hitler-Straße und die Neuetalstraße in Hindenburgstraße
umzubenennen, wird einstimmig gutgeheißen. Da die beiden Straßen
Provinzialstraßen sind, soll antragsgemäß an letztere herangetreten werden. ...101
99 Tr.-Tr. Ztg., 28.1.1933
100 Tr.-Tr. Ztg., 2.2.1933
101 Tr.-Tr. Ztg., 30.3.1933
90
Die Ehrenbürgerschaft lässt nicht lange auf sich warten:
Enkirch, 18. April. Die Gemeindevertretung unseres nat.-soz. Ortes hat nunmehr
beschlossen, unseren Führer und Reichskanzler Adolf Hitler, dessen
unersetzliche Verdienste um die Errettung Deutschlands aus den Klauen des
internationalen Marxismus und Kommunismus heute von allen Deutschen
anerkannt wird, (selbst von denjenigen, die stets mehr wissen wollten), zum
Ehrenbürger zu ernennen. Damit hat die Gemeinde einem sehnlichen Wunsche
der Bevölkerung Rechnung getragen. Auch für den neuen Ehrenbürger unseres
Ortes wird dies eine besondere Freude sein, denn Enkirch ist seit dem März
1929, als zum erstenmal das Evangelium des Nationalsozialismus hier gepredigt
wurde, einer der besten und zähesten Verteidiger der Idee Adolf Hitlers
geworden, sodaß es nicht mit Unrecht eine nat.-soz. Hochburg in Deutschland
genannt wird. Aber auch unserem lieben und hochverehrten Herrn
Reichspräsidenten von Hindenburg, dessen hervorragenden Verdienste vor allem
auch durch die Berufung der heutigen Reichsregierung bekannt sind, ist durch
die Ernennung zum Ehrenbürger unseres Ortes der beste Dank zum Ausdruck
gebracht worden. Im Sitzungssaal werden nunmehr die Bilder der beiden Führer
den ihnen gebührenden Ehrenplatz einnehmen.102
Gleichzeitig nehmen die Repressionen gegen die jüdische Bevölkerung zu, Juden
werden aus dem öffentlichen Leben verdrängt und erhalten Berufsverbote. Der
Turnverein schließt bereits im Mai 1933 jüdische Mitglieder aus:
Enkirch, 5. Mai.
Der Turnverein hatte gestern abend zu einer Versammlung einberufen. Der
Vorsitzende H. eröffnete dieselbe und teilte die neuen Richtlinien und Ziele der
DT. mit. Danach wird nunmehr auch der Wehrsport in den Turnvereinen zur
Pflicht gemacht. Ferner ist in den Turnersatzungen neuerdings auch der
Arierparagraph aufzunehmen. Danach dürfen Nichtarier nicht mehr in den
Vereinen sein. Ein weiterer Beschluß wurde sodann vorgenommen, aufgrund
dessen die Turnvereinsfahne, die in den Ortsfarben gehalten ist und auf der
einen Seite den alten früheren Reichsadler mit ausgebreiteten Flügeln zeigt,
nunmehr mit den neuen schwarz-weiß-roten Reichsfarben umgeben werden soll.
Ferner wurden die Anmeldungen für den Kreis-Turn- und Spieltag bekannt
gegeben. Derselbe findet, wie schon mitgeteilt, im Juni in Enkirch statt. - Mit
einem „Heil“ auf den Reichspräsidenten und Reichskanzler schloß die
Versammlung.103
Seit der Faschismus sich politisch etabliert, beginnt er auch, das soziale und das
Alltagsleben der Bevölkerung zu durchsetzen. Der Antisemitismus kann nun offen
102 Tr.-Tr. Ztg., 18.4.1933
103 Tr.-Tr. Ztg., 5.5.1933
91
auftreten. Über die ersten Boykottaufrufe gegen jüdische Geschäfte gibt es für
Enkirch in der Zeitung keine Belege, aber es ist anzunehmen daß auch die hiesige
Ortsgruppe den oben zitierten Richtlinien der Gauleitung Koblenz-Trier
nachgekommen ist.
Die Rednerliste für Enkirch in den Jahren 1933 bis 1935:
Schon Ende Januar war Werner Rudolf Keyßner aufgetreten (s.o.), im April redet
Peter Oskar Hildebrandt, Hauptschriftleiter des Koblenzer Nationalblattes104, im Mai
bekommt Enkirch den Pfarrer Ludwig Johannes Herbert Martin Münchmeyer (s.u.)
zu hören.
Peter Paul Freiherr von Eltz-Rübenach spricht zu „Deutschlands Kampf um
Gleichberechtigung und Frieden“.105
Reg.-Präs. H. Wild, Oberstein, der bei der seinerzeitigen Gründung der Ortsgruppe
als Redner zugegen war gibt „einen Ueberblick von der Bewegung“.106
Im März 1934 folgt der Redner Reg.-Präsident Harald Turner107, im Dezember der
stellvertretende Kreisleiter von Ahrweiler, Guthausen108, im Februar 1935 „Pg.
Weimer“, er beleuchtet „die Zustände in unserem Vaterland im verflossenen Zeitalter
des Marxismus und Liberalismus; dann kam er zu sprechen auf die großen Erfolge
unserer Regierung im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und wies hin auf die
Maßnahmen zur Hebung des Arbeiter-, Bauern- und Winzerstandes.“109
Im April schildert in einem Lichtbildvortrag Eugen Hobein, „Gaupropagandaredner
der Kolonialen Arbeitsgemeinschaft, seine Erlebnisse im schwarzen Erdteil,
insbesondere in Deutsch-Südwest- und Portugiesisch-Westafrika.“110
Auch Auswahl und Präsentation des Kinoprogramms wird gleichgeschaltet, seit 1935
übernimmt eine Gaufilmstelle die Abwicklung. Neben einem Spielfilm, oft mit
unterhaltendem Charakter, wird die Wochenschau und/oder ein sog. Kulturfilm mit
dokumentarischem Inhalt gezeigt, zudem gibt es eine Filmreihe „Deutschland gestern
und heute“ bzw. „Deutschland einst und jetzt“.
Aber auch „private“ Initiativen sind vorerst zu verzeichnen, wie dieser Artikel von
1933 zeigt:
104 Tr.-Tr. Ztg., 24.4.1933
105 Tr.-Tr. Ztg., 29.10.1933
106 Tr.-Tr. Ztg., 6.3.1934
107 Tr.-Tr. Ztg., 15.3.1934
108 Tr.-Tr. Ztg., 6.12.1934
109 Tr.-Tr. Ztg., 27.2.1935
110 Tr.-Tr. Ztg., 9.4.1935
92
Enkirch, 19. Mai.
Filmvorführung. Nachdem schon des öfteren der Wunsch laut wurde, auch
einmal in Lichtbildern den großen Aufmarsch von Potsdam und Sobernheim zu
sehen, hat sich Herr O. C., Bad Bertrich, bereit erklärt, am Sonntagabend um 8
½ Uhr den Film im Kettermann‘schen Saale vorzuführen.111
Im Januar 1934 läuft ein Film über den 1. Weltkrieg: „Die große Sommeschlacht“112,
am 6. Nov. „Flüchtlinge“, von Goebbels mit dem Nationalpreis ausgezeichnet.113
Im Januar 1935 wird der „Groß-Tonfilm“ „Stoßtrupp 1917“ gezeigt, ein weiterer
Film über den 1. Weltkrieg,114 am 21. Juni zeigt die Gaufilmstelle einen weiteren
Groß-Tonfilm: „Die Reiter von Deutsch-Ostafrika“. Im Beiprogramm wird außer der
Wochenschau noch „Thüringen, Land und Leute und ihre Arbeit“ gezeigt.115
Am 7. August läuft „Im Wald, im grünen Walde“.116
Am 12. September werden „Die beiden Seehunde“117 gezeigt, am 29. Oktober.
„Abenteuer eines jungen Herrn in Polen“, begleitet von der „Tönenden
Wochenschau“.118
Die Organisation zur gleichgeschalteten Freizeitgestaltung, Kraft durch Freude, von
der auch eine Ortsgruppe gegründet wird, veranstaltet Mosel- und Heimatabende für
den einsetzenden „Massentourismus“, auf denen ein arisch deutsches Volkstum
präsentiert wird, das extra dafür von einer „Heimatdichterin“ in Form von
Singspiel119, Mosellied und „traditionellem“ Tanz sowie als Winzerkostüm bzw.
-tracht120 erfunden und auf die Bühne gebracht wird.
Moselabend mit den KdF-Urlaubern
Enkirch. Einen fröhlichen Moselabend verlebten unsere Gäste aus dem Gau
Weser-Ems mit den Volksgenossen aus Enkirch am Sonntagabend im Lokale
Steffensberg. Unsere bewährte Musikkapelle bot Unterhaltungs- und Tanzmusik.
Der Gesangverein brachte Mosel- und Weinlieder zum Vortrag. Die Tanzgruppe
des BDM und Turnvereins verschönte den Abend durch Tänze und Reigen,
wobei besonders der Reigen der Winzerinnen in Tracht gefiel. Auch die Gäste
halfen mit an der Gestaltung des Abends und bald herrschte eine Stimmung, die
alle Sorgen des Alltags vergessen ließ. Unsern Urlaubern gefällt es
ausgezeichnet im weinfrohen und gastfreundlichen Enkirch, und noch oft und
111 Tr.-Tr. Ztg., 19.5.1933
112 Tr.-Tr. Ztg., 27.1.1934
113 Tr.-Tr. Ztg., 6.11.1934
114 Tr.-Tr. Ztg., 14.1..1935
115 Tr.-Tr. Ztg., 21.6.1935
116 Tr.-Tr. Ztg., 7.8.1935
117 Tr.-Tr. Ztg., 12.9.1935
118 Tr.-Tr. Ztg., 29.10.1935
119 Natioanlblatt Koblenz, 22.6.1938, erste Aufführung des Heimatsingspiels von Hanna Bartz
120 Anchiriacum-Enkirch, S. 261f., Leitung der Tanzgruppe, Gestaltung der Tracht „nach alten Überlieferungen“
93
gerne werden sie an die schönen Tage zurückdenken, die sie am Moselstrand
verleben durften.121
Nachdem in Traben-Trarbach gleich zwei Stürmer-Kästen aufgestellt werden, will
auch Enkirch im Oktober 1935 nicht nachstehen.122
Gleichzeitig wird zur offenen Denunziation aufgerufen:
Enkirch, 4. Okt.
Auch Enkirch erkennt die Judengefahr.
In der letzten Versammlung der Politischen Leiter wurde unter anderem
bekanntgegeben, daß ein neuer „Stürmer“-Kasten angebracht wird. Auf einer
Tafel sollen die Namen derjenigen angegeben werden, die immer noch bei Juden
kaufen.123
Ob ein neuer bereits einen älteren Stürmer-Kasten voraussetzt, bedarf weiterer
Recherche.
Das Kinoprogramm erfasst derweil die ganze Familie:
Enkirch, 23. Nov. Filmvorführung.
Am Montag abend zeigt die Gaufilmstelle im Saale des Steffensberg den GroßTonfilm „Der alte und der junge König“, sowie die Sonderschau des
Reichsparteitages 1935. Nachmittags 3 Uhr findet im gleichen Saale eine
Vorstellung für die Jugend, vor allem für die Schulen, statt, an der auch die
Kinder aus Burg und Starkenburg teilnehmen. Vorgeführt wird ein Märchenfilm,
„Dornrös‘chen“ oder „Schneewitt‘chen“.124
Am 1. Weihnachtstag läuft der Film „Polenblut“, sowie im Rahmen der Wochenschau
der „Kulturfilm“ „Götter, Tempel und Fakire“.125
1936 werden im Januar „Schloß Hubertus“126, im Februar der „Soldatenfilm“ „Im
gleichen Schritt und Tritt“ gezeigt.127
121 Nationalblatt, Koblenz, 18.9.1935
122 Nationalblatt, Koblenz, 1.10.1935
123 Tr.-Tr. Ztg.,4.10.1935
124 Tr.-Tr. Ztg., 23.11.1935
125 Tr.-Tr. Ztg., 24.12.1935
126 Tr.-Tr. Ztg., 24.1.1936
127 Tr.-Tr. Ztg., 14.2.1936
94
Auch die mentale Vorbereitung auf den Krieg nutzt den Film:
Enkirch, 29. Febr. Luftschutz tut not!
Der Reichsluftschutzbund, Ortsgruppe Traben-Trarbach, veranstaltet in der
Gemeindegruppe Enkirch am heutigen Samstagabend um 8.30 Uhr im Lokale
Kettermann einen Luftschutzwerbeabend, zu dem die gesamte Bevölkerung
herzlich eingeladen ist. Filme und Lichtbilder werden einen Vortrag umrahmen,
der uns über die Bedeutung des zivilen Luftschutzes und die Arbeiten und
Aufgaben des Reichsluftschutzbundes aufklären wird. Eintritt frei.128
2.2.3. Besetzung des Rheinlands
Der Einmarsch der Wehrmacht in das bis dahin entmilitarisierte Rheinland am
7. März 1936 wird mit einer Versammlung gewürdigt:
Enkirch, 10 März. Die hiesige Ortsgruppe der NSDAP veranstaltete am
Samstagabend im Parteilokale eine öffentliche Versammlung, die einen sehr
guten Besuch aufzuweisen hatte. Der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt,
als unter den Klängen des Badenweiler-Marsches die Fahnen ihren Einzug
hielten. Nach zwei eindrucksvollen Chören des Männergesangvereins begrüße
Ortsgruppenleiter Gall die Erschienenen. In seinen weiteren Ausführungen wies
er auf die große Bedeutung dieses Tags hin, da durch den Willen unseres Führers
deutsche Truppen wieder in das Rheinland einmarschiert sind.
Gauabteilungsleiter Pütz (Mayen) hielt eine mit großem Beifall aufgenommene
Rede über weltanschauliche Fragen. Mit dem Gruß an den Führer wurde die
Versammlung geschlossen.129
Der Einmarsch wird von der Gaufilmstelle im Beiprogramm von „Artisten“ neben
„Deutschland einst und jetzt“ nur zwei Wochen später in einer Dokumentation
„Einzug der deutschen Truppen ins Rheinland“ gezeigt.130
Am 27. März 1936 feiert der Koblenzer Gauleiter persönlich in Enkirch dieses
Ereignis und macht Wahlkampf.
Unser Gauleiter sprach in Enkirch.
Enkirch, 28. März.
Gestern hatte Enkirch seinen großen Tag. Das am Nachmittag gegebene
Kommando „Heißt Flagge“ [sic!] hatte hier einen besonders freudigen Widerhall
gefunden und der Ort prangte im prächtigsten Fahnenschmuck, galt es doch,
128 Tr.-Tr. Ztg., 29.2.1936
129 Tr.-Tr. Ztg., 10.3.1936
130 Nationalblatt, Koblenz, 24.3.1936
95
dem Gauleiter, der sich diesen letzten Wahlpropagandatag für Enkirch reserviert
hatte, würdig zu begrüßen. In den Abendstunden war auf den Straßen und
Gassen ein geschäftiges Treiben, jeder beeilte sich, mit seiner Arbeit so schnell
wie möglich fertig zu werden, um im Kettermann'schen Saale oder im
Steffensberg der Stimme von Staatsrat Simon lauschen zu können.
Enkirch war sich der hohen Ehre wohl bewußt, die in diesem Besuch des
Gauleiters lag; andererseits hatten sich die Enkircher bereits so früh für Hitler
und seine Bewegung eingesetzt, daß der Gauleiter es als eine Dankesschuld
betrachtete, am Vorabend der Wahl den einstigen Ausgangspunkt der Bewegung
an der Mosel zu besuchen.
Schon eine Stunde vor Beginn der Wahlkundgebung füllte sich der
Kettermann'sche Saal, der in kurzer Zeit bis auf den letzten Platz besetzt war,
sodaß in dem Steffensbergsaal eine Parallelversammlung eingesetzt werden
mußte; die Rede des Gauleiters wurde durch Mikrophon- und
Lautsprecheranlage nach dort übertragen. Der kleine aber anheimelnde
Kettermann'sche Saal, der in hellen und freundlichen Farben gehalten ist, war
sehr geschmackvoll mit dem Hoheitszeichen der Bewegung, den Fahnen des 3.
Reiches, den Symbolen der Arbeitsfront und der HJ geschmückt. Auf der Bühne
war das auch in Traben-Trarbach verwandte Bild des Führers angebracht, hier
hatten auch SA-Kapelle, SA-Sprechchor und HJ-Singschar Aufstellung
genommen. Dazwischen Blumen und Tannengrün und als Zeichen des Frühlings
um das Rednerpult gerankt einen hellen Blütenflor.
96
Als die Kundgebung punkt 8.30 Uhr begann, marschierten unter den Klängen
des Badenweiler-Marsches die Fahnen ein, gefolgt von dem stürmisch begrüßten
Gauleiter; ferner sah man Kreisleiter Dr. Unger, Ortsgruppenleiter Böcking,
Kreiswalter Molz sowie sämtliche Mitglieder der Kreisleitung. Nach einem von
einem Hitlerjungen vorzüglich vorgetragenen Gedicht von H(einri)ch. Anacker
„Wir senken die Fahnen“ folgte die Totenehrung; dann eröffnete Kreisleiter Dr.
Unger die Treuekundgebung für den Führer. Er begrüßte vor allem den Gauleiter
und dankte ihm, daß er nach hier gekommen sei zu der Stätte, wo der Kampf der
Bewegung seinen Anfang nahm (Beifall.) Jetzt in der entscheidenden Stunde
stehen wir alle wie ein Mann, um ein einmütiges Bekenntnis zum Führer
abzulegen. - Dann ergriff Staatsrat Simon das Wort.
... 131
Die Propaganda im Film wird fortgesetzt:
Am 25. April läuft der Film „Bengali“, einer der Lieblingsfilme Adolf Hitlers132, am
12. Mai „Die Sporckschen Jäger“, ein Militärfilm, im Beiprogramm Wochenschau.
„Kulturfilm“ und „Deutschland gestern und heute“.133
Am 10. Juni 1936 steht der Film über den Reichsparteitag 1934 „Triumpf des
Willens“ auf dem Programm:
Enkirch, 7. Okt. Filmvorführung.
Am kommenden Samstag, den 10. Okt., abends 8.30 Uhr führt die hiesige SA.
im Parteilokale Kettermann den Film „SA. schafft Arbeit und Brot“ vor. Die
Veranstaltung findet im Rahmen der SA.-Werbeaktion statt, die augenblicklich
im ganzen Reichsgebiet durchgeführt wird. Die Filmvorführung wird durch
verschiedene Vorträge umrahmt werden, u.a. wird der Sturmbannführer das Wort
ergreifen. Der SA.-Sturm 11/69 Enkirch lädt die ganze Bevölkerung von
Enkirch zu dieser Veranstaltung ein. Die Einladung gilt besonders der HJ., sowie
allen jungen Männern, die heute der SA. noch fernstehen, und denen jetzt die
einmalige Gelegenheit geboten ist, in die braunen Kolonnen Adolf Hitlers
eingegliedert zu werden. Der Eintritt zu der Veranstaltung ist frei.134
Im Juli läuft „Mein Herz ruft nach dir“, daneben die „Tonwochenschau“, ein
„Kulturfilm“ und „das Filmwerk: „Das ganze Volk soll Wächter sein.““135,
Im Oktober wird „Der Vogelhändler“ gezeigt136, im Dezember „Friesennot“.137
131 Tr.-Tr. Ztg., 28.3.1936
132 Tr.-Tr. Ztg., 25.4.1936
133 Nationalblatt Koblenz, 12.5.1936
134 Tr.-Tr. Ztg., 7.10.1936
135 Nationalblatt Koblenz, 27.7.1936
136 Nationalblatt Koblenz, 15.10.1936
137 Nationalblatt Koblenz, 14.12.1936
97
Am 18. Januar 1937 wird der „Großtonfilm“ „Der höhere Befehl“ angekündigt138, ein
Historienfilm, der als einer der ersten als „staatspolitisch und künstlerisch besonders
wertvoll“ ausgezeichnet und nach 1945 von den Alliierten verboten wird.
Im März 1937 zeigt die Gaufilmstelle im Parteilokale Kettermann den
Unterhaltungsfilm „Einer zuviel an Bord“.139
Im April folgt Luis Trenkers „Der Kaiser von Kalifornien“140, im Mai „So endete eine
Liebe“ sowie „Jugend der Welt“ und „Sport und Soldaten“141, im September
„Soldaten – Kameraden“.142
Der Bericht über die Maifeier 1937 vermittelt eindrücklich, wie der Faschismus
bereits die gesamten Verhältnisse in Enkirch prägt:
Enkirch, 3. Mai. Der nationale Feiertag der Arbeit nahm auch in unserem Ort
beim herrlichsten Maiwetter einen festlichen Verlauf. Der Spielmannszug und
der Musikverein zogen schon in aller Frühe zum Weckruf mit klingendem Spiel
durch die festlich geschmückten Straßen und riefen alle zur frohen Maifeier,
welche auf dem Marktplatz unter dem Maibaum den Feiertag der nationalen
Arbeit einleiten sollte. Unter den Klängen des Lieder „Der Mai ist gekommen“
richteten die Zimmerleute den stolzen Maibaum mitten auf dem Platz auf und
lustig flatterten die bunten Bänder in den frischen, sonnigen Maimorgen,
während sämtliche Formationen und Verbände sowie die übrige
Einwohnerschaft in einem großen Kreis Aufstellung genommen hatten. Ein
Hitlerjunge sagte den Vorspruch: „Ein Volk bricht auf“; der BdM. brachte den
Kanon: „Ihr Werkleut all“ und das Lied: „Nun will der Lenz uns grüßen“ zum
Vortrag, aus den Reihen der SA. und der SA.-Reserve erklang in wuchtiger
Form das Bekenntnis zum Führer, während die Musik einen flotten Marsch und
das Potpourri „Horrido“ spielte. Sehr anmutig wirkte wieder unsere Tanzgruppe,
welche mit Musik- und Gesangbegleitung einen lustigen Reigen unter dem
Maibaum zur Aufführung brachte. Einen schönen Abschluß fand die Feier durch
die Worte des Dichters, gesprochen von Ortsgruppenleiter G.:
Wie wir hier stehen in Kolonnen,
stolzestes Arbeiterheer,
haben den Sieg wir gewonnen,
keiner nimmt ihn uns mehr.
Denn von den Sorgen und Mühen
trägt nun jeder sein Teil.
Unser Reich soll leben!
Unserm Führer Sieg Heil!
138
139
140
141
142
Nationalblatt Koblenz, 18.1.1937
Tr.-Tr. Ztg., 20.3.1937
Tr.-Tr. Ztg., 19.4.1937
Tr.-Tr. Ztg., 24.5.1937
Tr.-Tr. Ztg., 23.9.1937
98
Begeistert stimmten alle in den Gruß auf den Führer und die Lieder der Nation
ein.
Nun begab sich die Jugend in das HJ.-Heim, um der Übertragung der
Jugendfeier aus Berlin beizuwohnen, während die Formationen unter Vorantritt
der Musikkapelle einen Umzug durch den Ort veranstalteten. Nachdem man ab
12 Uhr die Übertragung des Staatsaktes aus Berlin und die Führerrede angehört
hatte, traf man sich wieder beim Platzkonzert und Preisschießen auf dem
Sportplatz. Hier herrschte in den Nachmittagsstunden reger Betrieb, und die
Jugend übte besonders fleißig Aug' und Hand fürs Vaterland, aber auch die Alten
bewiesen,daß sie noch schießen können. Über den Abschluß des Preisschießens,
das auch am gestrigen Sonntag fortgesetzt wurde, werden wir noch berichten.
Abends gab es dann einen fröhlichen Ausklang des Feiertages der Arbeit im
Parteilokal Schmidt, wo das Tanzbein fleißig geschwungen wurde, und man sich
so recht des Lebens freute. 143
Im Oktober 1937 redet Dr. Winkelnkemper Köln, MdR. , „der als glänzender
Reichsredner und Propagandist bekannt ist“, und versucht „den aufmerksamen
Zuhörern ein klares Bild von den großen Linien der deutschen Politik der letzten
Jahre vor Augen zu führen und im Hinblick auf die Parole des Führers: „Ein Volk
hilft sich selbst“ alle zur Mitarbeit aufzurufen.144
Das Kino bereitet auch 1938 auf den Krieg vor:
Enkirch, Di., 25. Jan.
Jahresappell der Enkircher Kriegerkameradschaft.
Am vergangenen Sonntagabend hielt die hiesige Kriegerkameradschaft im
festlich geschmückten Saale Schmidt ihren traditionelle[n] Jahresappell ab, zu
welchem außer den Kriegerkameraden und ihren Angehörigen noch viele andere
Volksgenossen erschienen waren. So war der Saal bei Beginn des Abends
übervoll besetzt und die Musikkapelle konnte mit einem schneidigen Marsch die
Feier eröffnen. Eine glänzende Einleitung der Festfolge bot die Vorführung von
zwei Filmen die von unserer jungen Wehrmacht handelten und die Herzen der
alten Soldaten höher schlagen ließen. Der 1. Film hieß „Kreuzer Königsberg“
und zeigt das Leben und Treiben unserer blauen Jungens auf einer Fahrt in die
nordischen Gewässer. Der 2. Film brachte ganz ausgezeichnete Bilder von
unserer neuen Wehrmacht zu Lande, zu Wasser und in der Luft. 145
Am 1. Februar läuft der Film „Mazurka“, und „Opfer der Vergangenheit“, der das
Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses legitimieren soll und auf die T4Aktion vorbereitet.146
143
144
145
146
Tr.-Tr. Ztg., 3.5.1937
Tr.-Tr. Ztg., 21.10.1937
Tr.-Tr. Ztg., 25.1.1938
Tr.-Tr. Ztg., 1.2.1938
99
Im August zeigt die Gaufilmstelle „Schwert des Friedens“147, im gleichen Monat den
Film „Signal in der Nacht“148, ein „Drama hinter der Dolomitenfront“ des 1.
Weltkrieges, am 26. August Zarah Leander in „Zu neuen Ufern“,149 im September
folgt „Unternehmen Michael“, der gleichfalls im ersten Weltkrieg spielt und heute als
sog. „Vorbehaltsfilm“ eingestuft ist.150
Enkirch, Sa., 5. Nov.
Schulfilm-Veranstaltung. Am kommenden Montag nachmittag 14 Uhr findet im
Saale Schmidt eine Schulfilm-Veranstaltung für die Schulen des Amtsbezirks
Enkirch statt. Gezeigt wird der 1. Teil des Olympiafilmes. -- Abends ist eine
Filmveranstaltung der Gaufilmstelle ebenfalls im Saale Schmidt. Es gelangt zur
Aufführung der Soldatenfilm „Der Etappenhase“. Im Beiprogramm Kulturfilm
und Wochenschau.151
Ebenfalls im Jahr 1938 beginnt die Enteignung und „Arisierung“ jüdischen Besitzes,
zunächst mit der zwangsweisen Löschung jüdischer Firmen sowie Gesellschaften und
ihrer Streichung aus den jeweiligen Registern.
Enkirch, Sa., 26. Febr.
Bekanntmachung
Gemäß § 31 Abs. 2 HGB. und § 141 FGG. sollen die nachstehend bezeichneten
Firmen von Amtswegen gelöscht werden:
Handelsregister:
...
Nr. 133: Schoemann & Seiferheld, Kröv,
...
Firmenregister:
...
Nr. 33: Fa. Isaak Loeb, Inh.: Isaak Loeb, Handelsmann, Enkirch,
...
Gesellschaftsregister:
...
147 Tr.-Tr. Ztg., 8.8.1938
148 Tr.-Tr. Ztg., 11.8.1938
149 Koblenzer Nationalblatt, 26.8.1938
150 Tr.-Tr. Ztg., 21.9.1938
151 Tr.-Tr. Ztg., 5.11.1938
100
Nr. 2: Fa. Gebr. Loeb (Isaak Loeb II und Herm. Loeb), Enkirch,
Nr. 4: Fa. Gerson und Söhne (Simon Gerson, Josef Gerson, Jakob Gerson,
Nathan Gerson in Sohren), Kirchberg, Zweigniederlassung Sohren, ...
...
Die Inhaber dieser Firmen oder deren Erben werden hierdurch aufgefordert,
einen etwaigen Widerspruch gegen die Löschung binnen drei Monaten bei dem
unterzeichneten Gericht geltend zumachen , widrigenfalls die Löschung erfolgen
wird.
Traben-Trarbach, den 28. Januar 1938
Amtsgericht. 152
Neben den Enkircher Unternehmen sind hier auch die Traben-Trarbacher Firmen
Schoemann und Gerson aufgeführt.
Nach Verstreichen der Einspruchsfrist wird die Löschung bekanntgegeben:
Enkirch, Mo., 18. Juli.
Bekanntmachung.
Von Amtswegen wurden heute folgende Firmen gelöscht:
Firmenregister:
...
n“ 24: D. Simon, Enkirch.
n“ 33: Isak Löb, Enkirch.
n“ 74: Meyer Isaak, Enkirch.
...
Gesellschaftsregister:
...
Nr. 2: Gebr. Loeb, Enkirch.
n“ 4: Gerson u. Söhne, Kirchberg, Zweigniederlassung Sohren.
...
Handelsregister A:
...
n“ 133: Schoemann & Seiferheld, Kröv.
...
Traben-Trarbach, den 18. Juli 1938.
Amtsgericht.153
152 Tr.-Tr. Ztg., 26.2.1938
153 Tr.-Tr. Ztg., 18.7.1938
101
2.2.4 Der 9. November 1938
Vor und nach dem Pogrom vom November 1938 ist die Bevölkerung bereits froh,
dass die jüdischen Bewohner aus Enkirch vertrieben werden:
Enkirch, Di., 5. April 1938
Verkehrshindernis verschwindet. Zur Zeit ist man damit beschäftigt, in unserer
sehr belebten Adolf-Hitlerstraße ein Verkehrshindernis zu beseitigen, das für
manchen Autofahrer ein Schrecken war. Es handelt sich um ein kleines Haus,
das dem früheren Kaufmann Loeb gehörte und nun durch Kauf an den Nachbarn
übergegangen ist. Das Haus ragte weit in die Straße hinein und nahm nach
beiden Seiten die Sicht. Nun verschwindet der vorspringende Teil des Hauses
und aus dem übrigen Teil wird eine Scheune gemacht. So sehr die
Straßenverbreiterung zu begrüßen ist, so möchten wir doch wünschen, daß die
Wagenführer nun die freie Sicht nicht dazu benutzen, ein noch schnelleres
Tempo bei der Durchfahrt durch unsere sehr gelebte Hauptstraße anzuschlagen,
zumal mehrere Nebenstraßen rechtwinklig darin einmünden.154
Enkirch, Mi, 25. Jan. 1939
Verkehrsverbesserung. In der hiesigen sehr belebten Adolf-Hitler-Straße, der
wichtigsten Durchgangsstraße unseres Ortes, ist nun eine wesentliche
Verbesserung des Verkehrs erreicht worden. Das dem früher hier wohnenden
Juden Loeb gehörende Haus stand weit in die Straße vor, behinderte für jeden
Verkehrsteilnehmer die Uebersicht und war immer eine große Gefahrenquelle
für den Kraftwagenverkehr. Das Haus wurde angekauft und abgerissen, sodaß
die Fahrbahn um mehr als 2 Meter erbreitert werden konnte. Sodann wurde an
der eben erwähnten Stelle und vor der Anlage auf Thones eine neue Pflasterung
durchgeführt, was man besonders auch im Interesse der Sauberkeit des Orts
allseits begrüßt.155
Um welches Haus es sich handelt, und wer der Besitzer, der früher dort wohnende
Kaufmann Loeb genau ist, bedarf weiterer Recherche. Denn Fam. Hermann Loeb und
Fam. Sigmund Loeb leben beide im April 1938 bzw. im Januar 1939 noch in Enkirch.
Am Vorabend des Pogroms, zur Gedenkfeier am 9. November 1938, treffen sich alle
Formationen der NSDAP zur Einstimmung:
154 Tr.-Tr. Ztg., 5.4.1938
155 Tr.-Tr. Ztg., 5.1.1939
102
Enkirch, 11. Nov. Zu einer würdigen Feierstunde versammelten sich am
Mittwochabend im Saale Schmidt alle Formationen, Partei- und Volksgenossen,
um der Toten Deutschlands zu gedenken. Der Saal war dem Tag entsprechend
würdig ausgeschmückt. Auf der mit den Symbolen der Bewegung dekorierten
Bühne standen rechts und links Opferschalen, die ein Mahnmal in der Mitte der
Bühne mit ihren Flammen beleuchteten. In goldenen Buchstaben trug das Mal
die Inschrift: „Ihr habt doch gesiegt!“ Nachdem die Fahnen einmarschiert und
von einem SS.- und SA.- Mann mit einem Fahnenspruch gegrüßt waren,
herrschte eine ernste, feierliche Stimmung über den versammelten. Der
Musikzug der SA. intonierte die „Feiermusik zum 9. November“ und leitete
über zu der Ehrung der Toten, die von dem Führer des Sturmes der SA., E. B.,
vorgenommen wurde. Unter dumpfem Trommelwirbel folgte die Verlesung der
in München am 9. Nov. 1923 gefallenen Blutzeugen der Bewegung. Leise
ertönte das Lied vom guten Kameraden. Dann brachte der Musikzug der SA.
den Trauermarsch von Grieg zum Vortrag. Im Mittelpunkt der Feierstunde stand
eine Ansprache des Bannführers Sch., Traben-Trarbach. Er erinnerte an die
Schicksalstage des deutschen Volkes in den Novembertagen 1918 und 1923, an
die Geschehnisse in Berlin, München und Pasewalk, wo damals der Führer im
Lazarett lag und den Entschluß faßte, das darniederliegende Vaterland wieder
zur Höhe zu führen. Der Redner gedachte dann in ehrenden Worten der
Millionen Helden im feldgrauen Ehrenkleid, der Toten an der Feldherrnhalle,
der 400 gefallenen Kämpfer der Bewegung, der ungezählten Opfer in der
Ostmark, im Sudetenland und des soeben verstorbenen Mitglieds der deutschen
Gesandtschaft in Paris. Sie alle gaben ihr junges Leben für ein schöneres
Deutschland, und sie alle mahnen uns, daß ihr Opfer ein heiliges Vermächtnis
bedeutet zum festen Glauben aller Deutschen an ein ewiges, stolzes, großes und
freies Vaterland. - Ortsgruppenleiter Pg. F. schloß die feierliche Stunde mit
einem Treuegelöbnis an den Führer, dann folgen die Lieder der Nation.156
Entweder noch in der Nacht oder während des Vormittags des 10. November werden
in Enkirch die Geschäfte A. Simon Nachf. in der Adolf-Hitler-Straße 125 und das
Geschäft Adolf-Hitler-Straße Ecke Bergstraße (heute Lebensmittelgeschäft Ecke
Weingasse) angegriffen und die Schaufenster zerstört, der genaue Verlauf bzw. das
Ausmaß der Ausschreitungen bedarf weiterer Recherche, auch ob noch weitere
Haushalte von den Pogrom betroffen sind, laut des folgenden Zeitungsberichts
wurden auch Wohnungseinrichtungen zerstört, vielleicht die Besitzer in Schutzhaft
genommen. Die jüdischen Bewohner werden am nächsten Tag gezwungen die auf der
Straße liegenden Scherben selbst zu beseitigen.
156 Tr.-Tr. Ztg., 11.11.1938
103
Hämisch wird eine standardisierte Verlautbarung abgedruckt:
Traben-Trarbach, 11. Nov. Wie überall im Reich, so kam auch am gestrigen
Donnerstag in Traben-Trarbach und Enkirch nach Bekanntwerden des Todes des
von jüdischer Mörderhand niedergeschossenen Gesandtschaftsrates vom Rath
die durchaus verständliche und berechtigte Empörung der Bevölkerung zum
Ausdruck, Die noch hier ansässigen Juden wurden in Schutzhaft genommen,
während im Laufe des Vormittags die Schaufenster und Ladeneinrichtungen in
Trümmer gingen und auch zum Teil die Wohnungseinrichtungen zerstört
wurden. Nirgends kam es dazu, daß sich irgend jemand Waren angeeignet hätte;
es macht sich lediglich der Volkszorn Luft. Nachdem überall gründliche Arbeit
geleistet worden war, wurden vor dem zertrümmerten Schaufensterscheiben
Holzverkleidungen angebracht. - So hat die jüdische Unverfrorenheit, die in
letzter Zeit auch in unserem engeren Heimatgebiet wieder recht frech zu Tage
trat, einmal einen wohlverdienten Denkzettel erhalten.157
157 Tr.-Tr. Ztg., 11.11.1938
104
Im Dezember 1938 treten zwei Redner auf, ein Redner des Vereins für das
Deutschtum im Ausland, Bruno Hübler158, und Reichsstoßtruppredner Dr. Friedrich
Alfred Beck aus Dortmund predigt „Adolf Hitler, der größte Feldherr des
Friedens“.159
Enkirch, Sa., 7. Jan.
Morgen Filmveranstaltung. Am morgigen Sonntag, um 20 Uhr, bringt die
Gaufilmstelle außer einem Kulturfilm und der Wochenschau den
vielbewunderten Tonfilm „Der Katzensteg“ nach dem gleichnamigen Roman
von Hermann Sudermann. Man beachte den frühen Beginn der Veranstaltung.160
Am 17. April 1939 verlassen Sigmund und Emma Loeb (Isaak) Enkirch, um in ein
sog. Judenhaus in Trier, Zuckerbergstraße 19, zwangsweise umzuziehen, kurz danach
eröffnet ihr Textilwarenkaufhaus unter neuem Namen und Besitzer wieder.
Als letzte Familie verlassen Hermann Loeb (Isaak), seine Frau Kathinka und Tochter
Gerda am 4. März 1940 Enkirch, sie ziehen nach Köln, um von dort ins Ghetto
Litzmannstadt deportiert zu werden.
Auch nach Beginn des Krieges wird die Indoktrination der Bevölkerung fortgesetzt,
die NS.-Frauenschaft verschickt bereits im Dezember 1939 Päckchen an die
Soldaten.
Festfreude für unsere Soldaten
Enkirch. Fleißige Hände regten sich an diesen Abenden in den Räumen des
Amtsgebäudes, galt es doch, die Paketchen versandfertig zu machen, mit denen
unseren Soldaten, die zu Weihnachten nicht zu Hause sein können, eine kleine
Festesfreude bereitet werden soll. Mitglieder der NS.-Frauenschaft nahmen sich
dieser Arbeit liebevoll an. Die von der Gemeindeverwaltung beschafften
Sachen, wie Zigarren, Zigaretten, Gebäck, Aepfel und Nüsse wurden sorgsam
verpackt, und der Sendung ein Schreiben und ein Tannenzweig aus
heimatlichem Walde beigefügt. Unsere Soldaten draußen sollen sehen, daß auch
die Heimatgemeinde ihrer gedenkt.161
158
159
160
161
Tr.-Tr. Ztg., 2.12.1938
Tr.-Tr. Ztg., 6.12.1938
Tr.-Tr. Ztg., 7.1.1939
Koblenzer Nationalblatt, 7.12.1939
105
Die Frauen rüsten weiterhin, so auch im November 1940, zur Wehrtüchtigkeit an der
Heimatfront:
Gemeinschaftsabend der NS-Frauenschaft
Enkirch. Die NS.-Frauenschaft Enkirch begann ihre Winterarbeit mit einem
Gemeinschaftsabend, zu dem die Kreisfrauenschaftsleiterin Frau W. und Frl. M.
als Vortragende erschienen waren. Nach einem Gedicht „Der deutsche Weg“
verlas Frau Weiß die vielen deutschen Volksgruppen,die der Führer im Laufe des
letzten Jahres heimgeholt hat ins Reich. Sie führte dann weiter aus: „Den
größten Anteil an dem gewaltigen Geschehen dieses Krieges tragen unsere
braven Soldaten, die Uebermenschliches geleistet und Leben und Gesundheit für
unser Vaterland eingesetzt haben und noch einsetzen werden. Darum gedenken
wir auch immer wieder der Gefallenen und Verwundeten. Ihrer müssen wir uns
würdig erweisen, denn der Kampfgeist und die innere Haltung sind
ausschlaggebend für den Sieg. Wir müssen den Kampfesmut unserer Truppen
stärken, indem wir freudig Wehrarbeit auf uns nehmen und Entbehrungen
ertragen, denn nur so können wir im Entscheidungskampf über England Sieger
bleiben. Jeder trage zu seinem Teil dazu bei, daß das große Werk des Führers
vollendet werde.“
Nach dem gemeinsam gesungenen Lied „Uns ward das Los gegeben“ sprach
Frl. M. über Rasse, Vererbung und Kinderreichtum. Sie führte dabei aus, daß
alle Lebewesen Naturgesetzen unterworfen sind. Auch wir als Volk müßten uns
diesen unterordnen. Völker, die dieses Naturgesetz nicht beachten, müßten
untergehen. Deshalb habe der Führer das Blutschutzgesetz erlassen. Nur unter
Berücksichtigung des Naturgesetzes sei es uns möglich, einen wirklichen Sieg
zu erringen in diesem Kampf. - Die Ausführungen fanden bei den Frauen großen
Beifall.162
Und wie zum Dank zeigt die Gaufilmstelle, in der gleichen Ausgabe angekündigt:
Enkirch. Am heutigen Freitag gelangt im Saale Schmidt außer der
Kriegswochenschau der Film „Mutterliebe“ zur Aufführung.
162 Koblenzer Nationalblatt, 29.11.1940
106
2.3. Die Rolle der Kirche
2.3.1. Die „Deutschen Christen“
Gerne wird, mit entschuldigendem Unterton, als Ursache der „Anfälligkeit“ Enkirchs
für die nationalsozialistische Propaganda der konfessionelle Hintergrund angegeben,
die protestantische „Insellage“ an der katholischen Mosel.
Tatsächlich scheint der Katholizismus resistenter gegen die faschistische Ideologie als
die evangelische Kirche, auch wenn von der Trierer Diözese mit dem heiligen Werner
von Oberwesel ein angeblich durch jüdischen Ritualmord Getöteter bis 1963 als
Heiliger verehrt wird.
Der Protestantismus durchlebt bereits seit der Abdankung des Kaisers als oberstem
Bischof eine Krise. Schon zuvor entwickelt sich eine deutschnationale Strömung, die
auch den Antisemitismus zum wesentlichen Bestandteil ihres „Glaubens“ macht.
Es gibt Initiativen, den „jüdischen“ Anteil aus dem Christentum zu eliminieren und
das sog. alte Testament und die Briefe des Paulus gleich ganz zu streichen, auch die
vier Evangelien sollen umgeschrieben werden und Jesus zu einen arischen
Siegerhelden stilisiert werden, nach einer Theorie stammte er gar von germanischen
Söldnern im römischen Heer ab und hatte „deutsches Blut“.
Die 1932 als Kirchenpartei gegründeten „Deutschen Christen“ nehmen diese
Bestrebungen auf und verbinden sie mit der nationalsozialistischen Politik, sie
fordern das Führerprinzip in der Kirche und die Einführung des „Arierparagraphen“,
in diesem Zusammenhang verstanden als den Ausschluß der Judenchristen aus den
Glaubensgemeinschaften.
Die Wahl Adolf Hitlers zum Reichskanzler wird mit Dankgottesdiensten für den von
Gott gesandten Führer begangen, viele Kirchen sind mit Hakenkreuzflaggen
geschmückt.
Die „Deutschen Christen“ gewinnen 1933 fast in der gesamten Evangelischen
Kirche, so auch in der Kirchenprovinz Rheinland in der Kirche der Altpreussischen
Union, stark an Einfluss.
Hitler gibt der Evangelischen Kirche in Deutschland eine neue Verfassung mit einem
Reichsbischof an der Spitze, wie es die „Deutschen Christen“ gefordert haben.
Bei einer Wahl der Landeskirchen am 23. Juli 1933 ergreift Hitler in einer
Radioansprache persönlich Partei für die „Deutschen Christen“, die daraufhin eine
absolute Mehrheit von mehr als Zwei Drittel der Sitze erringen.
107
Hitlers Wunschkandidat wird in das neue Amt des Reichsbischofs gewählt und bis
zum September 1933 innerkirchlich durchgesetzt, daraufhin wird der Arierparagraf in
der Kirche eingeführt, der sog. judenchristliche Geistliche und Beamte aus der Kirche
ausschließt.
Anlässlich ihrer Gründung proklamieren die Deutschen Christen:
Wir sehen in Rasse, Volkstum und Nation uns von Gott geschenkte und
anvertraute Lebensordnungen, für deren Erhaltung zu sorgen, uns Gottes Gesetz
ist. Daher ist der Rassenmischung entgegenzutreten. Die deutsche Äußere
Mission ruft auf Grund ihrer Erfahrung dem deutschen Volke seit langem zu:
„Halte deine Rasse rein!“ und sagt uns, daß der Christusglaube die Rasse nicht
zerstört, sondern vertieft und heiligt.
In der Judenmission sehen wir eine schwere Gefahr für unser Volkstum. Sie ist
das Eingangstor fremden Blutes in unsern Volkskörper. Sie hat neben der
Äußeren Mission keine Daseinsberechtigung. Wir lehnen die Judenmission in
Deutschland ab, solange die Juden das Staatsbürgerrecht besitzen und damit die
Gefahr der Rassenverschleierung und –bastardierung besteht. Die Heilige
Schrift weiß auch etwas zu sagen von heiligem Zorn und sich versagender
Liebe. Insbesondere ist die Eheschließung zwischen Deutschen und Juden zu
verbieten.163
Kritik an den staatlichen Aktionen gegen die jüdische Bevölkerung ist von dieser
Kirche nicht zu erwarten, im Gegenteil hat sie den Antisemitismus befördert.
Gerade in den dörflich geprägten Regionen spielt der Pfarrer als „Vertreter der
Obrigkeit“ noch bis in die 1950er Jahre hinein eine nicht zu unterschätzende Rolle in
der Meinungsbildung der Bevölkerung, sicher nicht weniger als der Bürgermeister
bzw. die Stellvertreter politischer Macht.
Inwieweit die politischen Flügelkämpfe innerhalb der Deutschen Christen und ihrer
Nachfolgeorganisationen in den folgenden Jahren, sowie die Radikalisierung vieler
deutscher Christen hin zu einem völkisch-deutschen Neuheidentum, Auswirkungen
auch auf die religiöse Praxis der Bevölkerung haben, bedarf weiterer Recherche.
Mit einem Einfluss der Bekennenden Kirche ist jedenfalls in weiten Kreisen der
protestantischen Gemeinden nicht zu rechnen.
163 Punkt 7. und 9. der Richtlinien der Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ vom 6. Juni 1932
108
2.3.2. Die Enkircher Evangelische Kirche
In welchem Umfang auch die Enkircher evangelischen Pfarrer in ihren Predigten
solche „Richtlinien“ vertreten, bedarf weiterer Recherche.
Seit 1909 ist Hermann Roetzel Pfarrer in Enkirch, er bleibt bis 1943 im Amt.
Er wird abgelöst durch Johannes Bier, der zuvor die Pfarrstelle in Rhaunen im
Hunsrück innehatte. Bier bleibt Pfarrer bis 1957, seinem 65. Lebensjahr.
Es fällt auf, dass gerade zur Zeit bis 1933, als der Nationalsozialismus noch verboten
ist, die Kirche als Verbündeter oder als Podium für die braune Propaganda genutzt
wird.
1931 tritt auf einer Versammlung der NSDAP „der bekannte Redner“ Pfarrer
Wolfrum auf.
Pfarrer Rudolf Wolfrum ist ein überzeugter Nationalsozialist, rheinischer Gauleiter
des NS-Pfarrerbundes, DC-Obmann des Obergaues Köln-Aachen, Mitglied der
NSDAP, NS-Gauredner und SA-Führer. Er wird bald nach seinem Auftritt dem
radikalen Thüringer DC angehören.
Zum Advent 1931 wird die Kirche zur Vorführstätte des Films „Der große Strom“.
„Ein jeder, ob Mann oder Frau, ob Alt oder Jung, der wünscht, daß der Strom
deutschen Lebens nicht versiege und verschlamme, ein jeder, dem es
Herzenssache ist, daß gesundes, reines Familienleben, die Grundlage des
Volkstums, unserem deutschen Volke erhalten bleibe, und soweit es schon krank,
wieder gesunden möge, ein jeder, der den unheilvollen gesundes sittliches
Volksleben zersetzenden Einflüssen einen wirksamen Damm entgegengesetzt
sehen möchte, um unser Volk vor dem drohenden Abgrund zu bewahren, darf
nicht versäumen, selbst diesen Film kennen zu lernen und andere dazu zu
veranlassen.“164
1932 wird das überregionale Gustav-Adolf-Fest in Enkirch ausgetragen. Es steht
ganz im Zeichen der Christen im Ausland, so der Siebenbürger Sachsen in Rumänien,
und Spaniens, das die „Rettung unserer deutschen Brüder in Westafrika nach
Spanien“ im 1. Weltkrieg ermöglicht habe.165
Im gleichen Jahr lädt die Ortsgruppe den Pfarrer Minor aus Winningen ein.
164 Tr.-Tr. Ztg., 12.12.1931
165 Tr.-Tr. Ztg., 27.5.1932
109
Herr Pfarrer Dr. Minor hat einen hervorragenden politischen Weitblick, sodaß
sicher mancher Zweifler durch seine Ausführungen wieder zu klarem nat.-soz.
Denken zurückgeführt wird.166
Auch der „Bund Königin Luise“ ist in Enkirch vertreten und nutzt die Kirchenräume
als Plattform. Der Bund ist die Frauenorganisation des Frontkämpferbundes
Stahlhelm und völkisch-national, antisemitisch, er unterstützt in der Folge offen die
NSDAP, bevor er sich im Zuge der Gleichschaltung selbst auflöst.
Am 1. Dezember 1932 lädt die Ortsgruppe zu einer Adventsfeier. Es predigt ein
Divisionspfarrer a.D. Marten:
Als die alttestamentlichen Propheten- und Adventsworte entstanden, lag das
jüdische Volk in babylonischer Gefangenschaft und sehnte sich nach Freiheit,
auf den Befreier hoffend. So ergeht es auch dem deutschen Volke, gerade im
Advent. Dem jüdischen Volke wurde Jesus gesandt. Aber er brachte ihnen nicht
das irdische Reich der Freiheit, sondern das Gottesreich. Auch unsere
Adventssehnsucht und – Erwartung soll in erster Linie dem Gottesreich gelten,
daß es in uns sein möge. Wohl sollen wir für die Neugestaltung unseres
Vaterlandes glühen, jedoch müssen wir bedenken, daß diese nur Menschenwerk
sein kann mit seinen Fehlern. Aus diesem Gedanken heraus werden wir duldsam
gegen die, die andere Wege dabei einschlagen. Dagegen wer Erdenreich und
Gottesreich gleichsetzt, wird sagen, nur mein Weg ist der richtige. Nur Jesus
konnte sagen: Wer nicht für mich ist, ist wider mich. Die Unduldsamkeit und der
Parteihaß sind ein Fluch für das deutsche Volk. Wir wollen doch die
Weihnachtsbotschaft „Friede auf Erden“ nicht pazifistisch gedacht – im Advent
in uns erklingen lassen. Dies gerade ist besonders Frauenaufgabe.167
Nach 1933 scheint die Kirche fest eingebunden in die nationalsozialistische
Propaganda, der 1. Mai, Erntedankfest, „Heldengednktag“ und sonstige
Veranstaltungen beginnen oder enden mit einem Gottesdienst, das Ehrenmal an der
Kirche ist zentraler Veranstaltungsort.
Bereits der 1. Mai 1933 wird parteipolitisch gefeiert.
Die einzigartige Beflaggung unseres Ortes mit Hakenkreuz- und schwarz-weißroten Fahnen, sowie die sonstige Ausschmückung war für jeden ein herrlicher
Anblick. So ist Enkirch und war es gewesen vom ersten Tage an, wo der Funke
des nat.-soz. Wollens in unserem Orte Feuer gefangen hatte.- Am Vorabend
bewegte sich ein endloser Fackelzug sämtlicher Enkircher Verbände durch den
166 Tr.-Tr. Ztg., 24.9.1932
167 Tr.-Tr. Ztg., 1.12.1932
110
Ort. Die verschiedenen Spielmannszüge sowie der Musikverein sorgten dafür,
daß der Rhythmus deutscher Marschart den nötigen Schneid bekam. Nach
Beendigung des Umzuges auf dem Sportplatz wurde ein Feuerwerk von der
Köveniger Seite aus abgebrannt. Währenddessen leuchtete plötzlich ein riesiges
Hakenkreuz über der Mosel am Fährseil auf. Es war jene Stelle, an welcher vor
Jahresfrist die Hakenkreuzfahne „verbotswidrig“ flatterte. - Dann sprach Pg.
Weiß über die Bedeutung des 1. Mai und symbolisierte das von der H.-J.
nunmehr angezündete Freudenfeuer. Das Horst-Wessel-Lied und anschließend
die Rundfunkübertragungen beendeten die Vorabendfeier. - Am 1. Mai morgens Wecken und anschließend Antreten zum Feldgottesdienst.
Die Feldpredigt hielt Herr Pfarrer Roetzel. Seine überzeugenden und von tiefem
christlichen Glauben getragenen Worte wiesen auf die Bedeutung des 1. Mai
und der göttlichen Gnade und Hilfe als Voraussetzung für ein segensreiches
Arbeiten der Menschen hin.
... 168
Ebenfalls im Mai bekommt Enkirch
„den weltberühmten Redner und Pg. Pfarrer Münchmeier zu hören, vor dessen
Rede die Novemberlinge zitterten, und die nichts unversucht ließen, ihn
unschädlich zu machen, was ihnen jedoch nicht gelang, denn Pg. Pfarrer
Münchmeier war in ca. 130 Prozessen stets Sieger. Als einer der ältesten und
mutigsten Pg., als Reichsredner und Reichstagsabgeordneter lag er stets mit
ihnen in Fehde.“169
Zur Reichsgründungsfeier am 23. Januar 1934 hält auf der Versammlung der
Ortsgruppe im Kettermann‘schen Saal Pfarrer Roetzel eine Rede.
Der Redner schloß mit den Worten: „Nimmer wird das Reich zerstöret, wenn ihr
einig seid und treu.“ Reicher Beifall wurde Pg. Pfr. Roetzel für seine
ausgezeichnete Ausführungen zuteil.170
1934 stimmt die Kirchengemeinde selbstverständlich der Nutzung des Kindergartens
in den Wintermonaten als Versammlungsraum des BdM. zu.171
168 Tr.-Tr. Ztg., 3.5.1933
169 Tr.-Tr. Ztg., 23.5.1933
170 Tr.-Tr. Ztg., 23.1.1934
171 Tr.-Tr. Ztg., 1.11.1934
111
Parteigenosse Pfarrer Rotzel ist auch Vorsitzender der Winzergenossenschaft und
weiß die Arbeit der „neuen Zeit“ zum Wohle der Winzer zu loben.172
Nicht nur an den „Heldengedenktagen“ im Frühjahr sowie an den Aufmärschen zum
9. November ist das Ehrenmal an der Außenwand der Kirche Veranstaltungsort,
nachdem in der Kirche ein Gottesdienst stattgefunden hat, ebenso zu Veranstaltungen
des Kriegervereins Enkirch, und sogar an Feuerwehr-Verbandstagen oder dem „Tag
der deutschen Polizei“.173
Auch am Ehrenmal predigt Pfarrer Roetzel, so etwa 1938:
Enkirch, Mo., 14. März.
Der Heldengedenktag wurde auch in unserem Ort wieder in gebührender Weise
begangen und begann mit einem Gottesdienst, der gut besucht war.
Anschließend fand am Ehrenmal an der Kirche die Gedenkfeier für die
gefallenen Helden statt. Das Ehrenmal war mit frischen Blumen und Kränzen
würdig geschmückt. Hier hatten die Formationen, Verbände und Vereine mit
ihren Fahnen Aufstellung genommen. Zur Einleitung der Feierstunde spielte die
Musikkapelle den Choral „Näher mein Gott zu Dir“, dann sang der MännerGesangverein den Chor „An die gefallenen Helden“ von Sonnet. Nach einem
Sprechchor des Jungvolkes widmete Pfarrer Roetzel den gefallenen Helden in
einer kurzen Gedächtnisansprache eindrucksvolle und ergreifende Worte. Dann
senkten sich die Fahnen und leise erklang das Lied vom „Guten Kameraden“.
Zahlreiche Kränze wurden niedergelegt, so unter anderen seitens der NSDAP.,
der NSKOV., Kriegskameradschaft, NS.-Frauenschaft und des Reichsbundes für
Leibesübungen. Der kommissarische Ortsgruppenleiter Fischer schloß die Feier
mit einem Gruß an den Führer, die Lieder der Nation gaben einen würdigen
Abschluß der Feierstunde.174
Dass die Kirche oder kirchliche Arbeit einen gewissen Schutz vor den
Nationalsozialisten geboten hätte, wie nach dem Krieg teilweise behauptet wird, ist
für Enkirch nicht zu erkennen oder belegbar.
172 Tr.-Tr. Ztg., 14.2.1935
173 Tr.-Tr. Ztg., 30.1.1939
174 Tr.-Tr. Ztg., 14.3.1938
112
3. Verfolgung und Vertreibung der jüdischen
Enkircher
3.1. jüdische Enkircher, die vor 1933 aus Enkirch
verzogen sind
3.1.1. Familie Isidor Loeb
Isidor Loeb (1867-1929) wird in Enkirch geboren, seine Frau ist als Adelheid
Schlachter am 3. August 1876 in Merchweiler im Saarland geboren. Die Familie
wohnt bis ca. 1914 in Enkirch.175
Hier wird der Sohn Hermann am 31. August 1900 geboren, am 19. April 1902 folgt
Tochter Helene, am 6. August 1904 wird Sohn Albert geboren, am 3. November 1910
Sohn Karl und am 4 Dezember 1912 Hilda Loeb.
Um 1914 zieht die Familie nach Quierschied im Saarland um und wohnt in der
Spielmannsgasse.
Hier werden die beiden letzten Kinder geboren, am 27. Juli 1914 Erna und am 4.
Februar 1918 der jüngste Sohn Helmut.
Adelheid Loeb geb. Schlachter
„Adelheid Loeb war inhaftiert im Lager Camp de Gurs in Frankreich, bei Pau. Sie
kam über Drancy mit dem 69. Transport am 7.März 1944 nach Auschwitz, Ankunft in
Auschwitz am 10. März 1944. Mit dem 69. Transport des RSHA aus Frankreich sind
1501 jüdische Männer, Frauen und Kinder aus dem Lager Drancy eingetroffen. Nach
der Selektion werden 110 Männer, die die Nummern 174904 bis 175013 erhalten,
und etwa 80 Frauen als Häftlinge ins Lager eingewiesen. Die übrigen mehr als 1300
Menschen werden in den Gaskammern getötet.“176
Darunter auch Adelheid Loeb. Sie wurde 67 Jahre alt.
Adelheid Loeb kann zunächst aus dem Saarland nach Luxemburg auswandern, wohl
zusammen mit Tochter Erna und Sohn Helmut, die Luxemburger Adresse ist
Neypergstraße 51. Am 21. Januar 1941 gelangt Sie mit den Kindern nach Dijon im
besetzten Frankreich, nachdem Luxemburg bereits im Mai 1940 von den Deutschen
175 Brief von Doris Deutsch
176 Brief von Doris Deutsch, nach Angaben aus dem Deportiertenbuch Auschwitz
113
besetzt worden war und die jüdische Bevölkerung (und die jüdischen Flüchtlinge aus
Deutschland) Repressionen nach deutschem Muster ausgesetzt wude. Ca. 1450 Juden
emigrieren zwischen September 1940 und Oktober 1941, als ein Auswanderungsstop
verhängt wird, aus Luxemburg.
177
Wie und wann Adelheid Loeb von Dijon aus ins Internierungslager Gurs verbracht
wird, bedarf weiterer Recherche, auch wann Sie von Gurs nach Drancy deportiert
wird.
Dokumente aus Drancy geben Ihre Häftlingsnummer mit 15079 (bzw. 15077) an. Auf
der entsprechenden Deportationsliste ist sie unter der Transportnummer 922
genannt.178
177 www.genami.org/documents/Luxembourg_notes.pdf
178 www.memorialdelashoah.org/
114
Hermann Loeb
Hermann Loeb arbeitet als Kaufmann.
Er wird kurz nach der Pogromnacht, am 15. November 1938, ins Konzentrationslager
Dachau deportiert.
Ein knappes Jahr später, am 26. September 1939, wird er von dort ins
Konzentrationslager Buchenwald überstellt.
Ob Hermann Loeb zwischenzeitlich aus der Haft freikommt und nach Esch sur
Alzette in Luxemburg flüchten kann,179 bedarf weiterer Recherche. Vielleicht kann er
mit seiner Mutter und den Geschwistern Erna und Helmut dorthin emigrieren.
Die Zeit von 1941 bis 1945 bedarf weiterer Recherche.
Am 6. Februar 1945 wird er vom Konzentrationslager Sachsenhausen aus ins
Konzentrationslager Flossenbürg verschickt, Haftnummer ist 46755.
Am 20.2.1945 wird er in das Außenlager des KZ Flossenbürg nach Plattling
überstellt. Das Außenlager wird am 24. April 1945 von der SS geräumt und die
Häftlinge auf einen sog. Todesmarsch getrieben.180
Hermann Loeb stirbt am 19. Mai 1945 an den Folgen der Haft. Nach Auskunft seiner
Schwägerin Doris Deutsch wird er erschossen, entweder von Partisanen oder von
fanatischen SS-Angehörigen. Er wurde 44 Jahre alt.
Nummernbuch des KZ Flossenbürg (Auszug)
179 Angaben von Doris Deutsch bei Yad Vashem
180 Antwortschreiben der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
115
Helene Moseler geb. Loeb
Helene Moseler heiratet einen katholischen Ehemann, lebt also nach damaligem
Sprachgebrauch in einer Mischehe, die sie vor den ersten Verfolgunswellen schützt.
Wann und unter welchen Umständen Sie in die Fänge der faschistischen Verfolgung
gerät, bedarf weiterer Recherche.
In der Zugangsliste Theresienstadt wird Helene Moseler unter der Nr. 41 genannt.
Als Adresse ist die Brefelder Straße 4 genannt, wahrscheinlich in Quierschied. Die
nächstgenannte Station ist „Hühnerfeld“, also das Lager bei Niederbardenberg, von
dort wird sie mit dem Sammeltransport von Köln am 14. März 1945 nach
Theresienstadt deportiert.181
Da die Befreiung Deutschlands vom Faschismus kurz bevorsteht, überlebt Helene
Moseler die Inhaftierung und kann nach Kriegsende ins Saarland zurückkehren.
Albert Loeb, seine Kinder Walter, Marlies und Albert
Über das Schicksal von Albert Loeb (sen.) wissen wir hauptsächlich durch seinen
ältesten Sohn Walter, der als Zeitzeuge über die Verfolgungen seiner Familie in der
NS-Zeit Auskunft geben konnte.
Demnach heiratet Albert Loeb, von Beruf Bauarbeiter, die katholische Barbara, die
Familie hat insgesamt sechs Kinder. Die Familie lebt in Saarlouis, damals
Saarlautern, und Albert Loeb wird in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November
1938 nachts aus seinem Wohnhaus verschleppt und mit den anderen jüdischen
Bewohnern auf einem Dorfplatz zusammengetrieben. Am nächsten Morgen werden
die Gefangenen mit Lastwagen nach Saarbrücken gebracht und von dort nach Dachau
deportiert.
Albert Loeb kommt wohl wieder frei und kann nach Shanghai emigrieren, von wo er
nach dem Krieg wieder in seine Heimat zurückkehrt.
Walter Loeb berichtet:
„Auch mein Vater kehrte Jahre später heim – aus dem Exil in Shanghai. Er erkannte
mich nicht mehr.“ Fast zehn Jahre war die Familie getrennt. Walter Löb hatte viele
Fragen an seinen Vater, dessen Zeit im Exil und im Konzentrationslager Dachau.
Doch er kannte stets nur eine Antwort darauf: „Lass mich in Ruhe!“182
181 BArch ZSG 138/86
182 Interview mit Pascal Becher, 9.11.2013
116
Walter Loeb wird 1928 geboren, ist also bei der Verhaftung des Vaters zehn Jahre alt.
1943 arbeitet er für den französichen Widerstand, er macht Botengänge und
übermittelt Nachrichten in Lothringen und dem Elsass. 1944 wird er vom deutschen
Militär zwangsrekrutiert und gerät in britische Kriegsgefangenschaft, wo er das
Kriegsende erlebt.
Walter Loeb
2013
Walters Bruder Albert Loeb (jun.) stirbt im Alter von 18 Monaten 1939 an
Keuchhusten und einer Lungenentzündung. Der Arzt hatte noch in der Todesnacht die
Behandlung verweigert, da die Gestapo ihm verboten hätte, Nicht-Arier zu
behandeln.
Walter Loebs Schwester Marlies Loeb, geboren 1933, wird 1942 in ein Heim
eingewiesen, weil sie Wachstumsstörungen hat und lispelt, außerdem „Halbjüdin“ ist.
1943 wird Marlies in der Heilanstalt Hadamar, einem überregionalen EuthanasieZentrum, ermordet.
117
Karl Loeb und seine erste Frau Martha Margarethe geb. Nelson
Karl Loeb lebt 1941 mit seiner Frau in Berlin-Halensee, die Adresse ist
Schweidnitzer Straße 8.
Er hat am 18. Dezember 1941 Martha Margarethe Nelson geheiratet, die am 23.
November 1912 in Xions in Polen geboren wurde.
Die genauen Umstände der Deportation bedürfen weiterer Recherchen.
Nach Angabe des Gedenkbuches des Bundesarchivs wird Martha von Frankfurt/Main
aus am 15. September 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert und am 16. Mai
1943 nach Auschwitz überstellt und dort ermordet.
Nach Angaben der zweiten Frau von Karl Loeb, Doris Deutsch183, ist Martha
gezwungen, bei Siemens und Halske als Einrichterin Zwangsarbeit zu leisten, bevor
sie von Berlin aus am 1. März 1943 direkt nach Auschwitz deportiert wird. Diese
Angabe stimmt auch überein mit der Transportliste des 31. Osttransportes von Berlin
nach Auschwitz, auf dem Martha Loeb unter der Nummer 1213 aufgeführt ist.
Martha Margarethe Nelson wird 1943 in Auschwitz ermordet.
183 Brief von Doris Deutsch
118
Karl Loeb wird mit dem 33. Osttransport zwei Tage später als seine Frau am 3. März
1943 unter Transportnummer 1501 nach Auschwitz deportiert. Da ist er 42 Jahre alt.
Das weitere Schicksal von Karl Loeb berichtet Alex Deutsch, der mit dem gleichen
Transport von Berlin nach Auschwitz transportiert wird und Karl wohl bereits in
Auschwitz kennenlernt184. Alex Deutsch und wohl Karl Loeb werden nach Auschwitz
III Monowitz überstellt, wo Alex Maschinen und Maschinenteile entladen muss. Am
18. Januar 1945 werden die noch Arbeitsfähigen auf einem sog. Todesmarsch nach
Gleiwitz (Gliwice) gebracht und von dort nach Buchenwald und weiter in das KZAußenlager Langenstein-Zwieberge verschickt.
Am 15. April flüchtet die SS aus dem Lager, am 20.April werden Alex Deutsch, Karl
Loeb und zwei weitere Kameraden von amerikanischen Soldaten gefunden, während
sie bei einem Fliegerangriff in Magdeburg, wo sie Zwangsarbeit leisten müssen, sich
in den Ruinen verstecken können.
Sie gehen zu Fuß zu einer Schwester von Karl Loeb nach Luxemburg, wahrscheinlich
Erna Loeb, deren Mann sie weiter nach Belgien geleitet. Von dort gelangen sie nach
Lyon in Frankreich, um Anträge zur Einreise in die USA stellen zu können.
Allerdings ist Karl Loeb so erkrankt, dass er keine entsprechende ärztliche
Bescheinigung für die Emigration beibringen kann und in Frankreich bleiben muss,
Alex Deutsch gelangt in die USA und lässt sich in St. Louis, Missouri nieder.
Karl Loeb kehrt zurück ins Saarland und lernt dort seine zweite Frau Doris kennen.
In der Ausgabe vom 14. Februar 1947 vermeldet die Zeitschrift Aufbau die Rückkehr
von Karl Loeb nach Quierschied:
Er stirbt 1971 an den Spätfolgen seiner Haft im Konzentrationslager.
184 Alex Deutsch
119
Hilda Obermann und Sohn Horst
Hilda Obermann geb. Loeb lebt zu Kriegsbeginn in Bamberg, sie hat einen Sohn
Horst, der am 4. Januar 1931 in Homberg geboren ist.
Auf der Deportationsliste vom 21. November 1941 ist Sie unter der Nummer 134 als
Arbeiterin aufgeführt, die Bamberger Adresse ist Zinkenwörth 2.
Für den Transport am 23. November ab Nürnberg werden Juden aus ganz Franken
zuvor in das Sammellager Nürnberg-Langwasser verbracht.
Am 27. November erreicht der Transport das Ghetto in Riga.
Von dort wird Hilda Obermann ins Konzentrationslager Stutthof verlegt. Dort
überlebt Hilda das Kriegsende und kann 1945 ins Saarland zurückkehren.
Vielleicht heiratet Hilda ein zweites Mal, wie die Auskunft für die Datenbank von
Yad Vashem zu ihrem Bruder Hermann nahelegt, wo sie als dessen Schwester Hilda
Frosh unterzeichnet.
120
Ihr Sohn Horst Obermann wird er am 21. Januar 1941 nach Frankreich, vielleicht
nach Dijon, deportiert, als Wohnsitz ist Luxemburg angegeben, der Zehnjährige wird
als Schüler gelistet.185
Ob er in Begleitung seiner Mutter oder anderer Familienanghöriger ist, und wo und
wie er den Faschismus überlebt, bedarf weiterer Recherche.
Jedenfalls findet er nach Kriegsende zurück zu seiner Mutter, und die beiden
emigrieren wohl in die USA, jedenfalls stellen sie nach 1945 in München einen
Antrag auf Auswanderung aus Deutschland.
185 USHMM
121
Erna Hoffmann geb. Loeb
Erna Hoffmann ist wohl mit einem katholischen Ehemann verheiratet.
Ihre Biografie bedarf weiterer Recherche.
In einer Luxemburger Liste zur Volkszählung 1940 wird Sie unter N° 960 unter p.17
als Teilnehmende an einem Transport vom 24. Dezember 1940 mit Ziel in das
unbesetzte Frankreich aufgeführt.
Während die Deportation der Mutter Adelheid Loeb aus Luxemburg nach Dijon erst
für den 21. Januar 1941 anzunehmen ist, kann Erna vielleicht in das unbesetzte
Frankreich entkommen und dort dem Zugriff der faschistischen Verfolgung entgehen,
nach Kriegsende kehrt Sie anscheinend zurück ins Saarland, wo Sie von Ihrem
Bruder Karl und Freunden aufgesucht wird, die aus der KZ-Haft zurückkehren.
(Ernas Ehemann geleitet die Besucher weiter nach Belgien, s.o. zu Karl Loeb).
186
186 www.genami.org/documents/Luxembourg_notes.pdf
122
Helmut Loeb
Nach Angaben des Gedenkbuches des Bundesarchivs kann Helmut Loeb zunächst
nach Esch sur Alzette in Luxemburg emigrieren und wird von dort am 21. Januar
1941 nach Vichy, Allier, in Frankreich deportiert.
In der Luxemburger Erfassungsliste wird er unter N°1276 aufgeführt, als Adresse
wird die Neypergstraße 51, als Beruf Landwirt angegeben.
Die Adressangabe ist auch die der Mutter, mit der und seiner Schwester Erna er wohl
nach Luxemburg emigriert war.
Der Transport von Luxemburg nach Dijon erfolgt einen Tag nach dem der Mutter
zum 21. Januar 1941, zwei Wochen vor seinem 23. Geburtstag.187
Wie er von dort in das unbesetzte Frankreich gelangt, bedarf weiterer Recherche.
Nach einem Bericht von Doris Deutsch188 versucht Helmut, von Frankreich aus der
deutschen Verfolgung zu entkommen, wird aber in Marseille verhaftet.
Die Häftlingsliste von Drancy weist ihn als Häftling aus Les Milles aus, das ist ein
Internierungslager bei Aix-en Provence unweit Marseille.189
Von diesem Lager wird er zum Camp Drancy deportiert, und von dort am 28. August
1942 mit Transport Nr. 25 nach Auschwitz überstellt, auf der entsprechenden
Transportliste wird er unter der Nummer 64 genannt.
Von Auschwitz wird Helmut Loeb nach Buchenwald verbracht, wo sich seine Spur
verliert.
187 www.genami.org/documents/Luxembourg_notes.pdf
188 Telefonat mit Doris Deutsch
189 www.memorialdelashoah.org/
123
3.1.2. Emma Beermann geb. Loeb, Sohn Julius mit Familie
Emma Beermann wird als Tochter von Isaac Loeb (*1831) und seiner Frau
Elisabetha geb. Kahn am 26. Juli 1864 geboren.
Wann Sie heiratet, und wie ihr Mann mit Vornamen heißt, bedarf weiterer Recherche.
Ihr Sohn Julius Beermann wird am 21. September 1900 geboren, Geburtsort ist
entweder Paris, oder nach einer anderen Quelle Tholey, der Geburtsort von Emmas
Mutter Elisabetha. Emmas Nachname ist in den unterschiedlichsten Schreibweisen
angegeben, von Bär, Beer (früherer Name) bis Berman, Beerman oder Beermann
(neuerer Name).
Wohnort der Familie ist wohl auch zeitweise Düsseldorf; vielleicht hat Julius
Bermann dort seine Frau kennengelernt, Friederike geb. Markus, die am 24. Juli
1912 in Düsseldorf geboren ist.
Irgendwann vor 1923 muss Emma Beermanns Mann gestorben sein, und sie zieht mit
ihrem Sohn nach Tholey, denn in diesem Jahre ist Witwe Emma Beer, geb. Loeb,
ohne Stand, sowie deren Sohn Julius Beer, Handelsgehilfe, geboren 28.9.1900, in
Tholey bezeugt, die Adresse ist wohl „in der Judenschule“ Trierer Straße 32 bzw.
später in der Trierer Straße 4 in Tholey. „Sie verdient ihren Unterhalt als Büglerin.“190
Am 13. Februar 1935 wird dem Ehepaar Julius und Friederike Bermann ein Sohn
Manfred geboren.
Laut der gleichen Quelle wird die gesamte Familie 1940 von der Gestapo in
Schutzhaft genommen und nach Frankreich deportiert.
Allerdings tauchen die Namen nicht auf der Deportationsliste der 134 Saarländer
Juden nach Gurs im Zuge der sog. Wagner-Bürckel-Aktion am 22.10.1940 auf;
stattdessen ist Emma Beermann spätestens 1942 in Berlin gemeldet, unklar ist unter
welchen Umständen sie von Tholey nach da umgezogen ist.
Von Berlin wird sie jedenfalls am 15. Dezember 1942 mit dem sogenannten AltenTransport I/80 ins Ghetto Theresienstadt deportiert, unter Häftlingsnummer 9986, die
Nummer auf der Transportliste ist 17, ihre Berliner Adresse ist mit Gipsstraße 12a im
Berliner Stadtteil N4 (Mitte) angegeben.
190 Dokumentation über ehemalige jüdische Einwohner von Tholey
124
Am 23. November 1943 stirbt Emma Beermann in Theresienstadt, sie ist 79 Jahre alt.
Auf der Geburtsurkunde wird als Todeszeit angegeben:
Zwischen 15.12.1942 und 23.11.1943 in Theresienstadt.
Sonderstandesamt Arolsen, Abteilung I Nr. 289/1988
125
Julius Bermann und Familie
Julius Bermann emigriert 1939 nach Belgien, von wo aus er am 10./15. Mai 1940 in
die Internierungslager Saint Cyprien, Rivesaltes, und Gurs verschleppt wird.191
Die Deportationsliste vom Durchgangslager Drancy weist ihn als Häftling von
Rivesaltes aus und zeigt seine Verbringung nach Auschwitz mit dem Transport Nr. 31
am 11. September 1942 an, die Nummer ist 267 auf der Liste. 192
Ob seine Frau Friederike ihn begleitet, ist unklar, sie wird von Gurs aus nach Drancy,
und von dort mit Transport Nr. 60 aus Drancy am 7. Oktober 1943 nach Auschwitz
verbracht, Nr. 76 auf der entsprechenden Deportationsliste.193
Für beide ist der 7. Oktober 1943 als Todestag angegeben.194 Julius ist 43 Jahre alt,
seine Frau Friederike 31 Jahre.
Der Verbleib des gemeinsamen Sohnes Manfred ist unbekannt; es lassen sich keine
Belege für seine Deportation finden. Er ist aber auf dem Gedenkstein in Tholey
genannt:
Auf dem jüdischen Friedhof ist nach 1945 ein solcher für die Ermordeten der
Synagogengemeinde Tholey errichtet worden. Die Inschrift lautet:
"Zum Andenken an die aus hiesiger Gemeinde 1933-1945 Deportierten“
Es folgen die Namen, darunter auch:
„Emma Bär geb. Löb, Julius Bär mit Frau und Kind".195
191
192
193
194
195
Gedenkbuch des Bundesarchivs
Memorial de la shoa
Memorial de la shoa
Gedenkbuch des Bundesarchivs
Allemannia judaica
126
3.1.3. Eugen Hirsch
Eugen Hirsch wird am 12. Dezember 1903 als drittes Kind von Ludwig Hirsch
(1868-1917) und Rosalie Hirsch geb. Loeb (siehe Kapitel 3.2.1.) geboren, er hat noch
einen älteren Bruder, Ernst (1895-1911), eine ältere Schwester Frieda (siehe Kapitel
3.1.4.), sowie eine jüngere Schwester Olga (siehe Kapitel. 3.2.1.).
Die Biografie von Eugen bedarf weiterer Recherche, erst 1943 berichtet eine
Kleinanzeige in der New Yorker jüdischen Zeitschrift Aufbau von seiner Heirat mit
Jane Roseboom.
Offensichtlich konnte Eugen Hirsch also nach New York emigrieren.
Eine weitere Anzeige im Aufbau gibt 1951 seinen plötzlichen Tod bekannt:
127
3.1.4. Markus Krämer und Frieda geb. Hirsch, Sohn Helmut
Krämer und Tochter Irene Krämer
Frieda geb. Hirsch wird am 29. Oktober 1896 als zweites Kind von Ludwig Hirsch
(1868-1917) und seiner Frau Rosalie geb. Loeb geboren, sie hat noch einen älteren
Bruder, Ernst (1895-1911), einen jüngeren Bruder Eugen (siehe Kapitel 3.1.3.), sowie
eine jüngere Schwester Olga (siehe Kapitel 3.2.1.).
Frieda heiratet 1919 Markus Krämer und zieht mit ihrem Mann ins benachbarte
Reil, dessen jüdische Bewohner zur Gemeinde Enkirch zählen.
Am 10. Januar 1921 wird die Tochter Irene geboren, ein Sohn Lothar stirbt bereits
nach der Geburt 1923, am 6. August 1925 folgt Sohn Helmut.
Markus Krämer ist Kaufmann und wird am 2.5.1894 in Niederflörsheim geboren. Er
arbeitet in einem Wormser Kaufhaus, unterbrochen von seinem Kriegsdienst beim
Jägerbataillon Nr. 8 als Soldat im 1. Weltkrieg.
1930 zieht die Familie von Reil vorübergehend nach Niederflörsheim, vom 15.
Januar bis 20. November 1930, dann nach Worms in die Römerstraße 42. Markus
Krämer arbeitet als Kaufmann für Möbel en gros.
Am 18. August 1936 zieht die Familie in die Herzogenstraße 22.
Nach der Pogromnacht zieht die Familie Anfang 1939 nach Mannheim, GJ 5, und
einige Monate später nach H7, Nr. 13.
Von dort aus werden sie am 22.10.1940 bei der sogenannten Wagner-Bürckel-Aktion,
einer der ersten Deportationen, in das Lager Gurs in Südfrankreich verbracht.
Auf der Deportationsliste ist die Familie unter den Nummern 3680 bis 3684
aufgeführt.
Sie können aber aus dem Lager Gurs entkommen und sich mit falschen Papieren in
Frankreich verstecken. Die Familie überlebt die Verfolgung durch die faschistischen
Deutschen.
Helmut Krämer kann 1944 als 18- oder 19-Jähriger über Spanien flüchten und
emigriert nach Palästina, dort lebt er in Kfar-Aza. Die Eltern folgen ihm nach dem
Krieg nach Israel und sterben beide 1965 in Haifa.
Die um drei Jahre jüngere Schwester Irene Krämer bleibt in Frankreich, sie heiratet
Claude Israel und lebt mit ihm in Dijon.
Jenny Mayer geb. Krämer, eine Schwester von Markus Krämer, wird zusammen mit
Ihrem Mann David und dem 1926 geborenen Sohn Lothar im März 1942 von
Niederflörsheim aus nach Piaski deportiert und dort ermordet.196
196 wwww.wormserjuden.de/Biographien/Kraemer-I.html
128
197
197 Auszug aus dem Verzeichnis der am 22. Oktober 1940 aus Baden ausgewiesenen Juden
129
3.1.5. Sophie Levy geb. Isaack, Tochter Eva und Sohn Kurt
Sophie Levy wird am 1. Dezember 1897 in Enkirch als Tochter von Simon Isaak
(1841-1908) und seiner zweiten Frau Bertha Oppenheim aus Abterode geboren, sie
hat noch eine ältere Halbschwester Bertha Loeb.
Sophie heiratet Elias Levy, er ist sehr wahrscheinlich1885 in Könen geboren und
ebendort auch 1924 gestorben und begraben, auf dem Grabstein wird er als „Gatte
und Vater“ bezeichnet.198 In den Dokumenten wird Sophie Levy 1939 als Witwe
geführt.
Am 22. Juli 1922 wird Tochter Eva Hilde bei oder in Könen geboren, am 11. Januar
1924 folgt Sohn Kurt. Im gleichen Jahr stirbt Elias Levy.
Nach dem 16. September 1939 muss die Familie Könen verlassen und ein sog.
Judenhaus in der Zuckerbergstraße 19 in Trier bewohnen, wie die Enkircher Eheleute
Sigmund und Emma Loeb (Isaak) (siehe Kapitel. 3.2.4.).
Der Auszug der Liste des Finanzamts gibt beschlagnahmtes Mobiliar und ein
Sparguthaben bei der Dresdner Bank an:
Eva Levy hält sich 1940 in Berlin-Charlottenburg auf, vielleicht hat sie dort als
Lehrerin gearbeitet, am 19.2.1940 muss sie anscheinend von Berlin in die
Zuckerbergstraße 19 in Trier umziehen.
Am 19.September 1940 muss sie wohl nach Stuttgart gehen, kommt aber am 25.
Januar 1941 zurück nach Trier.199
Eva Levy versucht aus Deutschland zu emigrieren, es gibt eine
Unbedenklichkeitsbescheinigung vom Arbeitsamt Trier wegen einer Auswanderung,
noch am 4. Oktober.1941 fragt sie bei der „Reichsvereinigung der Juden in
Deutschland, Abteilung Wanderung“ in Köln nach einem Termin nach, der am
8.10.1941 stattfindet. Sie ist zu diesem Zeitpunkt 19 Jahre alt.
198 Jüdische Friedhöfe zwischen Rhein und Maas, S. 157
199 Trier vergisst nicht
130
131
Kurt Levy gelangt von Trier aus am 8. März 1940 nach Schniebinchen, dort befindet
sich ein Ausbildungslager zur Auswanderung nach Palästina200, aber die Emigration
gelingt nicht. Am 26. April 1941 kommt er nach Berlin201 und von dort zurück nach
Trier.
Gemeinsam mit Familie Loeb und anderen Hausbewohnern werden Sophie Levy und
ihre beiden Kinder von dort aus am 16. Oktober 1941 nach Luxemburg gebracht, wo
sie in der Nacht zum 17. Oktober den Transport ins Ghetto Litzmannstadt besteigen
müssen.
Dort stirbt Sophie Levy am 14. Juli 1942.
Für Eva Hilde Levy sind mehrere Adressen im Ghetto und eine Berufsangabe
„Gymnastiklehrerin“ belegt.202 Sie wird am 28. Juni 1944 in Kulmhof ermordet.
Kurt Levy bleibt bis zum 4. März 1944 in Litzmannstadt, kommt am 24. März 1944
nach Theresienstadt203, von dort wird er am 27. August 1944 ins KZ Buchenwald
verbracht und am 14. September 1944 ins Außenlager Sonneberg transportiert.204
Er hat das Kriegsende und die Befreiung von Buchenwald nicht mehr erlebt, Kurt
Levy stirbt im Alter von gerade 20 Jahren.
200 www.mahnmal-trier.de/Koenen.pdf
201 T rier vergisst nicht
202 www.mahnmal-trier.de/Koenen.pdf
203 BArch ZSG 138/86
204 www.mahnmal-trier.de/Koenen.pdf
132
3.1.6. Max Isaak, Greta Isaak geb. Goldschmidt, Söhne Hans
Herbert und Helmut
Max Isaak wird am 7. Januar 1895 als Sohn von Leo Loeb (Isaak) (1868-1923) und
seiner Frau Greta geb. Stern (1867-1928) in Enkirch geboren, er hat einen um ein
Jahr jüngeren Bruder Carl Loeb (siehe Kapitel. 3.1.7.).
Die Familie wohnt in der Königstraße 112 und 113. Als der Vater stirbt, unterzeichnet
Max Isaak die Traueranzeige mit Dr. Max Isaak, er ist also schon Arzt und wohnt
wohl auch bereits in Köln.
Am 9. März 1928 heiratet er Grete Goldschmidt, die am 21. September 1905 in
Düren geboren wurde.
Am 27. Juni 1930 wird Sohn Hans Herbert geboren, am 16. November 1935 folgt
Sohn Helmut.
"Die Eheleute führen auf Grund der Ermächtigung des Preuß. Justizministers seit
16.08.1930 den Familiennamen "Isaak" statt ursprünglich "Loeb"".205
Die Familie wohnt 1928 am Karolingerring 11 in Köln, 1933 ist sie an den Ubierring
7 umgezogen; 1941 ist als Adresse „Köln-Müngersdorf, Baracke“ angegeben.206
Im Adressbuch von Köln 1938 ist als Wohnsitz Ubierring 11 genannt.
205 Namensliste Düren
206 Namensliste Düren
133
134
Am 16. Juni 1942 wird die Familie mit Transport III/1 von Köln ins Ghetto
Theresienstadt deportiert, die Listennummern sind 913-916.
Die ganze Familie wird am 19. Oktober 1944 mit Transport Es, Nr. 97, nach
Auschwitz transportiert und wohl am gleichen Tag ermordet, Hans Herbert ist 14
Jahre, Helmut erst 8 Jahre alt.
In Köln, Ubierring 11, sind für Max Isaak, seine Frau Grete geb. Goldschmidt und
seine Söhne Hans Herbert und Helmut Stolpersteine zum Gedenken an die
Deportation und Ermordung verlegt worden.
135
3.1.7. Carl Loeb und Frau
Carl Loeb wird am 23. Februar 1896 als Sohn von Leo Loeb (Isaak) (1868-1923) und
seiner Frau Greta geb. Stern (1867-1928) in Enkirch geboren, er hat einen um ein
Jahr älteren Bruder Max Isaak (siehe Kapitel 3.1.6.).
Die Familie wohnt in der Königstraße 112 und 113. Als der Vater stirbt, unterzeichnet
Carl Loeb die Traueranzeige mit Max Isaak, er ist Direktor und wohnt wohl in
Mainz.
1927 heiratet Carl Loeb in Dortmund; der Name seiner Frau sowie deren weiterer
Lebensweg bedarf weiterer Recherche.
Am 16. November 1930 ist Carl Loeb auf einer Wahlliste zur Gründung der liberalen
jüdischen Synagogengemeinde mit der Adressangabe Wildenbruch 22 in
Gelsenkirchen aufgeführt.
Von dort aus wandert Carl Loeb nach Jaffa in Palästina aus, das genaue Datum bedarf
weiterer Recherche.
207
207 www.gelsenzentrum.de/wahlliste_juedische_1930.htm
136
3.1.8. Johanna Klinger geb. Loeb, Kinder Eugen, Paula und
Lucie Springer mit Ehemann Albert
Johanna Klinger wird am 19. April 1884 als Tochter von Isaak Loeb (1830-1909)
und dessen Frau Bertha Levi (1850-1931) in Enkirch geboren.
Johanna heiratet Sigmund Klinger, der 1878 in Mannheim geboren ist und dort lebt.
Am 10. Oktober 1905 wird Sohn Eugen geboren, am 4. Juni 1907 die Tochter Paula,
am 15. Juni 1918 Lucie Charlotte Lieselotte.
Die Familie wohnt in Mannheim in der Dammstraße 16. Sigmund Klinger verstirbt
am 7. April 1936, er ist auf dem Mannheimer Hauptfriedhof begraben.
Der Adressbucheintrag von 1938 für Mannheim weist zu Sigmund Klinger
„Möbelgeschäft S 2. 6“ aus:
(Adressbuch Mannheim 1938, unter Klinger, Sigmund)
Um 1940 wohnt Johanna Klinger mit ihrer Tochter Paula in der Werderstraße 55 in
Mannheim. Sie waren höchstwahrscheinlich gezwungen, ihre alte Wohnung zu
verlassen.
Von der Werderstraße aus werden beide im Zuge der Wagner-Bürckel-Deportation
nach Gurs verschleppt. Dort kommen sie am 22. Oktober 1940 an.
Von Gurs werden sie mit Transport 17 Zug 901-12 am 5. August 1942 Richtung
Auschwitz deportiert208, mit Zwischenstation im Übergangslager von Drancy bei
208 Yad Vashem
137
Paris, von wo sie am 10. August 1942 nach Auschwitz überstellt werden, die
Listennummer des Transportes sind 688 und 689.209
(Auszug)210
Dort werden Johanna Klinger und ihre Tochter Paula ermordet, Johanna ist 61, ihre
Tochter 35 Jahre alt.
Eugen Klinger wohnt auch während des Krieges in Mannheim S 2. 6, (Hinterhaus 3.
Etage?), eine weitere Anschrift ist Waldhofstraße 47.
(Adressbuch Mannheim 1938, unter S 2. 6)
Er wird am 17. Feburar 1945 mit Transport XIII/6, Häftlingsnummer 49 von
Mannheim nach Theresienstadt deportiert. Da der Transport Juden, die in bestehender
Mischehe lebten, unabhängig von bestehenden Arbeitsverhältnissen deportiert, ist
dies auch für Eugen anzunehmen.211 Wahrscheinlich musste er bis vor dem Transport
in Mannheim Zwangsarbeit leisten, ob er das Möbelgeschäft noch innehatte, ist
höchst zweifelhaft.
Eugen Klinger überlebt den Holocaust.
Nach dem Krieg wohnt er in Römhild in Thüringen.212
209
210
211
212
http://www.memorialdelashoah.org/
Auszug aus dem Verzeichnis der am 22. Oktober 1940 aus Baden ausgewiesenen Juden
http://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger.html
USHMM
138
Die Tochter Lucie Charlotte Lieselotte heiratet den am 8. Oktober 1907 in
Schwetzingen geborenen Albert Aron Springer, die Familie wohnt in Mannheim.
Lucie wird am 22 Oktober 1940 zunächst gemeinsam mit ihrem Mann Albert Aron
Springer nach Gurs verschleppt, von dort über das Durchgangslager Drancy am 10.
August 1942 deportiert, ihre Nummern sind 854 und 855 auf Seite 29 der Liste von
Transport N° 17 nach Auschwitz.
Das Todesdatum von Lucie Springer geb. Klinger ist der 23. November 1942.
Albert Aron Springer ist offiziell für tot erklärt.213
214
Auch zwei Geschwister von Sigmund Klinger, Abraham Albert Klinger, der in der
Obermainanlage 28 L in Frankfurt wohnt, und die vor 1938 verwitwete Babette
Engel geb. Klinger, wohnhaft in Mannheim G 7 - 5a, sterben in Litzmannstadt bzw.
in Auschwitz.
213 Gedenkbuch des Bundesarchivs
214 Yad Vashem, Datenblatt
139
3.1.9. Mina Simon geb. Kahn
Mina Simon wird am 25. Mai 1862 als Tochter von Isaak Kahn (1819-1896) und
seiner Frau Rebekka geb. Kaan (1822-1871) in Freudenburg an der Saar geboren, Sie
hat acht weitere Geschwister..
Als Sie 1889 Emil Simon (1859-1919) heiratet, zieht Sie mit ihrem Ehemann zuerst
nach Traben-Trarbach, dann 1890 nach Enkirch.
Dort wohnt die Familie im Unterdorf, das Haus ist regelmäßig vom Hochwasser
betroffen, das oft bis ins Erdgeschoss steigt.215
1890 wird die Tochter Friederike in Traben-Trarbach geboren (siehe Kapitel 3.1.10),
1891 kommt Sohn Siegfried in Enkirch zur Welt, 1892 Robert und schließlich 1895
Erna Simon (siehe Kapitel 3.1.11).
Vielleicht zieht Mina nach dem Tod ihres Mannes zu der ältesten Tochter Friederike,
die nach ihrer Heirat 1920 am Wohnort ihres Mannes lebt, Bornheim-Walldorf bei
Bonn, nachdem auch die beiden Söhne und die jüngste Tochter das Haus verlassen
haben:
Ob Sohn Siegfried ähnlich wie sein Bruder Robert nach den USA auswandert, ist
unbekannt. Robert scheint 1914 nach Euclid in Ohio ausgewandert zu sein, er wird
1917/18 zur Armee eingezogen, 1924 lässt er sich einbürgern und ist 1930
verheiratet, im November 1951 ist seine Sozialversicherungsnummer in Euclid
gelistet.
Erna Simon heiratet 1926 und verlässt wohl spätestens zu dieser Zeit Enkirch; ob und
wie lange Mina noch alleine in Enkirch lebt, bedarf weiterer Recherche, ihr Wohnort
wird vor Köln mit Bornheim angegeben.
Dies ist der Wohnort der Familie ihrer Tochter Friederike. Die Familie wird von
Bornheim aus ins Lager Hühnernest in Niederbardenberg verschleppt und von dort
über Köln deportiert; wie Mina Kahn von der Familie getrennt wird und nach Köln
gelangt, bedarf weiterer Recherche.
215 Biografie Kurt Simon
140
1942 jedenfalls wohnt Sie in Köln am Horst-Wessel-Platz 14, dies ist wahrscheinlich
ein sog. Judenhaus, in das Sie zwangseingewiesen wurde, von wo aus Sie am 19.
September 1942 mit Transport III/5 unter Listennummer 43 ins Ghetto Theresienstadt
deportiert wird.
Transportliste Köln (Auszug)
Mina Simon stirbt am 23. Juli 1944 im Alter von 82 Jahren im Ghetto Theresienstadt.
141
3.1.10. Friederike Schmitz geb. Simon, Leopold Schmitz,
Töchter Margot, Lilli und Sohn Emil
Friederike wird am 5. März 1890 als Tochter von Emil Simon (1859-1919) und
seiner Frau Mina geb. Kahn (siehe Kapitel 3.1.9) in Traben-Trarbach geboren,
kurzfristig Wohnsitz der Familie, sie hat drei jüngere Geschwister, Siegfried, Robert
und Erna Simon (siehe Kapitel 3.1.11), die in Enkirch geboren sind, wohin die
Familie zwischenzeitlich verzogen war.
Dort wohnt die Familie im Unterdorf, das Haus ist regelmäßig vom Hochwasser
betroffen, das oft bis ins Erdgeschoss steigt.216
Am 1. November 1920 heiratet Sie Leopold Schmitz und zieht in die Geburtstadt
ihres Mannes nach Bornheim-Waldorf bei Bonn. Dort wird am 17. Dezember 1921
Tochter Margot geboren, am 9. Juni 1923 folgt Tochter Lilli, am 4. Januar 1925 Sohn
Emil Schmitz.
Die Familiengeschichte bedarf weiterer Recherchen; bekannt ist erst, dass die
gesamte Familie aus dem Lager „Hühnernest“ in Niederbardenberg am 20. Juli 1942
in einem dritten großen Transport von Köln aus direkt ins Vernichtungslager Maly
Trostinec deportiert wird.
Leopold Schmitz (62 Jahre), Friederike Schmitz geb. Simon (52 Jahre) und ihre
Kinder Margot (20 Jahre), Lilli ( 19 Jahre) und Emil (17 Jahre) werden sehr
wahrscheinlich direkt nach der Ankunft ermordet.
Gedenkblatt Yad Vashem, Ausschnitt
216 Biografie Kurt Simon
142
Gedenkblatt Yad Vashem, Ausschnitt
Gedenkblatt Yad Vashem, Ausschnitt
143
Gedenkblatt Yad Vashem,
Ausschnitt
Gedenkblatt Yad Vashem, Ausschnitt
144
3.1.11. Erna von der Walde, geb. Simon
Erna wird am 2. Juli 1895 als Tochter von Emil Simon (1859-1919) und seiner Frau
Mina geb. Kahn (siehe Kapitel 3.1.9) geboren, sie hat drei ältere Geschwister,
Friederike (siehe Kapitel 3.1.10.), Siegfried und Robert Simon.
Dort wohnt die Familie im Unterdorf, das Haus ist regelmäßig vom Hochwasser
betroffen, das oft bis ins Erdgeschoss steigt.217
Die Biografie von Erna von der Walde bedarf noch weiterer Recherche.
Bekannt ist lediglich, dass Erna 1926 José von der Walde heiratet und dass sie 1953
in Rio de Janeiro einwandert.
Wahrscheinlich hat Sie zwei Kinder, Simon von der Walde und Cain Nudelmann.
Am 24. April 1956 stirbt Erna von der Walde in Bogota in Kolumbien.
217 Biografie Kurt Simon
145
3.1.12. Paula Wirth geb. Simon, Wilhelm Wirth, Tochter Selma
und Familie, Sohn Paul Oskar und Familie
Paula Wirth wird am 27. Dezember1878 als drittes Kind von Moritz Simon (18461914) und seiner Frau Jutta geb. Herrmann (1846-1916) in Enkirch geboren.
Sie heiratet Hermann Wirth, der am 12. August 1871 in Gemünden im Hunsrück
geboren ist, und verzieht dorthin. Dort wird am 3. April 1898 Tochter Selma geboren.
Am 26. Juni 1916 folgt der Sohn Paul Oskar.
Die Biografie der Familie bedarf weiterer Recherchen.
Wahrscheinlich flüchtet die Familie vor der faschistischen Bedrohung nach
Argentinien.
Aufbau 1946
146
Im November 1946 erreichen sie New York, wo Paula Wirth ihren 75. Geburtstag
begeht.
Aufbau
1948
Hermann Wirth stirbt 85jährig am 5. Februar 1957 in Chicago, Paula nur einen
Monat später am 4. März 1957 ebendort.
Die Kinder Selma und Paul Oskar Wirth
Tochter Selma Wirth heiratet am 4. Mai 1920 in Gemünden Sally Samuel Aron,
geboren am 6. Februar 1892 in Koblenz.
Die Familie hat zwei Söhne, Fred Siegfried und Larry Lothar Aron.
Die Familie emigriert am 22. Juni 1938 von Rotterdam aus nach New York. Die
Mutter von Sally Samuel, Karoline Aron geb. Heilbronn, begleitet die Familie.
147
Karoline Aron geb. Heilbronn stirbt schon am 7. Juli 1940 in Chicago.218
Sally Samuel Aron stirbt am 5. Mai 1964 in Chicago.
Selma Wirth stirbt am 1. März 1982 in Los Angeles.219
Wie der Sohn Paul Oskar Wirth in die USA emigriert, bedarf weiterer Rechere. Er
scheint nicht mit seinen Eltern aus Argentinien nach New York gekommen zu sein.
Er heiratet Ruth Doro Wirth, die beiden bekommen eine Tochter Diane, Paul gründet
einen us-weiten Schmuckhandel, die Familie lebt in Beverly Hills.
Paul Oskar stirbt am 2. August 2010 in Beverly Hills.220
218 http://www.wikitree.com/wiki/Heilbronn-19
219 Raphael Schoemann‘s family tree
220 Los Angeles Times, 4. Aug. 2010
148
3.1.13. Martha Mayer geb. Simon und Sohn Hans
Martha Mayer wird am 1. Mai 1880 als viertes Kind von Moritz Simon (1846-1914)
und seiner Frau Jutta geb. Herrmann (1846-1916) in Enkirch geboren.
Sie heiratet Peter Mayer (1879-1927), die Familie wohnt in Frankfurt und hat einen
Sohn Hans, der 1905 geboren wird. Vater und Sohn gehören der Dreikönigsgemeinde
an und sind evangelisch christlich, aber Hans gilt als Mischling 1. Grades.
Die Familie wohnt in der Brückenstraße 4, nach dem Tod des Vaters in der
Offenbacher Landstraße 43.
Aufgrund der sog. Mischehe wird Martha Mayer wohl von den ersten Verfolgungen
verschont, aber am 15. März 1943 wird sie in ein „Judenhaus“ in der Ostendstraße 18
zwangseingewiesen und von dort am 8. Januar 19444 ins Ghetto Theresienstadt
deportiert.
Am 9. Oktober 1944 wird Sie nach Auschwitz verbracht und dort ermordet.
Hans Mayer ist mit einer katholischen Frau verheiratet vom 2. Juni 1943 bis zum 11.
April 1945 bzw. 12. Mai 1945 Häftling in Buchenwald, Hans Mayer überlebt und
wird befreit, 1946 wird eine Tochter geboren.
Ein Stolperstein in der Löherstraße 2 (ehemals Brückenstraße 4) erinnert an die
Ermordung von Martha Mayer.221
221 www.stolpersteine-frankfurt.de/downloads/doku2012_WEB.pdf
149
3.1.14. Hedwig Frank geb. Simon, Meier Frank, Töchter
Henriette Henny und Gertrud
Hedwig Frank wird am 24. August 1893 als sechstes Kind von Moritz Simon (18461914) und seiner Frau Jutta geb. Herrmann (1846-1916) in Enkirch geboren.
Sie heiratet Meier Frank, der am 12. März 1885 in Osann/Monzel geboren wurde,
wahrscheinlich zieht die Familie nach Trier.
Dort wird am 8. Januar 1914 Tochter Henriette Henny geboren.
Die Biografie bedarf weiterer Recherchen, auch in Bezug auf die zweite Tochter
Gertrud.
Die Familie ist gezwungen, in die Zuckerbergstraße 19 in Trier umzuziehen, das
gleiche sog. „Judenhaus“, in dem auch Familie Siegfried Loeb (siehe Kapitel 3.2.4.)
und Fam. Sophie Levy (siehe Kapitel 3.1.5) wohnen müssen.
222
222 Alemannia judaica, zur Gemeinde Osann
150
Von dort kann die Familie nach Großbritannien emigrieren, am 27. März 1939 Meier
Frank nach London und Hedwig Frank nach Oxford, Tochter Henriette Henny
gelingt die Emigration über Luxemburg bereits am 15. Oktober 1938, und am 14.
April 1939 weiter nach London, vielleicht war der ursprüngliche Plan, weiter in die
USA zu übersiedeln.
Hedwig Frank geb. Simon stirbt am 21. November 1950 in Aylesbury,
Buckinghamshire. Sie ist 67 Jahre alt.
Meier Frank stirbt am 2. November 1965 in London als 80-Jähriger.
Henriette Henny heiratet Siegfried Müller und stirbt am 26. August 2004 in
Bridgewater in Somerset.
151
3.1.15. Berta Liebenstein geb. Loeb und Emil Liebenstein,
Sohn Eric und Tochter Ilse
Berta Liebenstein geb. Loeb ist die Tochter von Bernhard Isaak (Loeb) und Jeanette
Loeb (Isaak) geb. Freudenberger.
Sie wird am 3. August 1901 in Enkirch geboren, ein jüngerer Bruder Walter Meyer
folgt etwa eineinhalb Jahre später.
Die Familie wohnt in der Unterstraße 153.
Berta heiratet am 9. Dezember 1921 vor dem Standesbeamten in Enkirch den
Viehhändler Emil Liebenstein aus Hüttenheim, geb. am 29. Oktober 1890.
Trauzeugen sind der Vater und dessen Bruder Leo Loeb (Isaak), der auch in Enkirch
wohnt.
Vielleicht zieht die Familie nach Hüttenheim. Noch vor 1924 wird ein Sohn Erick
geboren, das Geburtsdatum der Tochter Ilse bedarf weiterer Recherche.
Am 4.10.1937 kommt Berta mit ihrem Mann Emil und den zwei Kindern in New
York an, denn Tochter Ilse heiratet 1949 in New York, muss also 12 Jahre zuvor
bereits geboren sein. Die Einzelheiten der Emigration bedürfen weiterer Recherche.
Emil Liebenstein stirbt 1982, Berta Liebenstein 1986.
Aufbau, 1982 und 1986
152
3.1.16. Walter Meyer Loeb (Isaak) und Mathilde Loeb geb.
Mayer
Walter Meyer Loeb ist der Sohn von Bernhard Isaak (Loeb) und Jeanette Loeb
(Isaak) geb. Freudenberger.
Er wird am 20. Februar 1903 in Enkirch geboren, er hat eine ältere Schwester Bertha.
Die Familie wohnt in der Unterstraße 153.
Wie lange Walter Meyer in Enkirch lebt, bedarf weiterer Recherche, jedenfalls ist er
1935 in Oberwesel als mit Mathilde (Tilly) geb. Mayer verheiratet gemeldet. Die
Adresse ist Simmernerstraße 4c.
Von dort aus kann Walter Meyer Loeb (Isaak) gemeinsam mit seiner Frau Mathilde
am 25.5.1938 nach Kuba flüchten und weiter am 22. Juli 1938 über Miami in die
USA und nach New York reisen, wo er spätestens 1940 im entsprechenden USCensus erfasst ist:
Ausschnitt aus dem US-Census 1940
Im Haushalt wohnt auch Walters Mutter, Jeanette Loeb (siehe Kapitel 3.2.3.)
153
Aufbau 1970
Walter Meyer Loeb (Isaak) stirbt 1970 in New York, seine Frau Mathilde 2009 im
Alter von 102 Jahren.
154
3.1.17. Hans Loeb (Isaak)
Hans Loeb (Isaak) wird am 24. Februar 1905 als zweites Kind von Sigmund Loeb
(Isaak) und Emma Loeb geb. Simon in Enkirch geboren, ein zwei Jahre älterer Bruder
Kurt stirbt als Sechsjähriger, ein jüngerer Bruder Ewald wird nur eine Woche alt, und
1908 wird die Schwester Alice geboren.
Hans macht am Trarbacher Gymnasium sein Abitur.
1929 legt er sein Medizinisches Staatsexamen in Bonn ab.
Sein Lebensweg bedarf weiterer Recherche.
Hans kann am 10.Oktober 1941 in die Schweiz flüchten, wie aus den
Flüchtlingsakten des Schweizer Archivs für Zeitgeschichte hervorgeht, dort verbleibt
er wohl bis zum 8. Oktober 1947. Da ist er 42 Jahre alt.
Ob er nach Deutschland zurückkehrt, in der Schweiz bleibt oder emigriert, bedarf
weiterer Recherche.
155
3.1.18. Alice Loeb (Isaak)
Alice Loeb (Isaak) wird am 27. September 1908 als jüngste Tochter von Sigmund
Loeb (Isaak) und Emma Loeb geb. Simon in Enkirch geboren, der älteste Bruder
stirbt 1909 im Alter von sechs Jahren, das dritte Kind, Ewald, stirbt bereits eine
Woche nach der Geburt.
Der gesamte Lebensweg von Alice bedarf weiterer Recherche. Sie ist wahrscheinlich
vor 1933 aus Enkirch verzogen.
Ob und wie sie der Verfolgung durch die Nationalsozialisten entgehen konnte, ist
ungewiss. Es lässt sich kein eindeutiger Nachweis zuordnen, der ihre Ermordung
bescheinigt, aber auch keiner, der Auskunft über ihren Verbleib gibt.
156
3.1.19. Alfred Allmeier, dessen Ehefrau Johanna geb. Kahn,
Kinder Ruth und Edgar Allmeier
Paulina Allmeier geb. Simon ist die Tochter von Joseph Simon und Juliane Therese
Marx, sie ist am 28. Juli 1850 in Enkirch geboren und heiratet den 1852 geborenen
Marx Allmeier, die Familie lebt in Mülheim/Mosel, dort wird der Sohn Alfred
Allmeier am 30. April 1878 in Mülheim geboren.
Johanna Allmeier geb. Kahn 223
Während Marx Allmeier 1927 in Mülheim/Mosel verstirbt, und auch Paulina bereits
am 30. März 1907 ebendort gestorben und beerdigt ist, wird der Sohn Alfred mit
seiner Frau Johanna geb. Kahn, die 1881 in Wöllstein geboren wurde, von Köln aus
deportiert, beide sterben im Ghetto in Riga, während die beiden Kinder, und damit
die Enkel von Paulina Allmeier geb. Simon, Ruth und Edgar Allmeier, nach USA
flüchten können.
Alfred Allmeier hat ein Konfektions- und Lebensmittelgeschäft und eine
Weinhandlung in Mülheim. Sein Geschäft ist vom Boykott durch die
Nationalsozialisten betroffen, so dass er am 26.7.1934 eine Eingabe an den
Regierungspräsidenten in Trier richtet:
223 www.geni.com/people/Johanna-Allmeier/6000000033835772619
157
Eingabe des Juden Alfred Allmeier aus Mülheim/Mosel an den
Regierungspräsidenten zu Trier mit der Bitte um Abhilfe gegen die Boykotthetze
der HJ. - 26. Juli 1934, Mülheim/Mosel.
Ausfertigung. StA Koblenz Best. 442 Nr. 16804 S. 39
Wir hiesigen jüdischen Geschäftsleute müssen uns heute Beschwerde führend
an Sie, Herrn Regierungspräsidenten, wenden. Hier wird in jeder
Zusammenkunft der HJ, BDM, Jungvolk usw. die Parole ausgegeben „Kauft
nicht bei Juden, nich in und nicht ohne Uniform“.
Soviel mir bekannt ist, ist doch vom Wirtschaftsministerium der strenge Befehl
ausgegangen, nicht in die Wirtschaft einzugreifen. Nebenbei bemerkt, sind hier
drei jüdische Kolonialwarengeschäfte und zwei Metzgereien, alle waren im
Felde (!), von zwei Inhabern ist je ein Sohn gefallen, einer davon war
Kriegsfreiwilliger. Ich selbst war viereinhalb Jahre während dem Kriege
eingezogen, drei Jahre davon als Fronstsoldat, Infanterist. Dies war zu einer
Zeit, als diejenigen, die heute hier den Boykott gegen uns predigen, noch nicht
auf der Welt waren. Ich frage nun hierdurch höflichst an, ob diese Maßnahmen
erlaubt sind und ob das Vaterland dies billigt. Ich war bis zum letzten Tage
draußen und habe meine Pflicht voll und ganz wie jeder andere erfüllt. Wir
bitten den Herrn Regierungspräsidenten, hier Abhilfe zu schaffen.
Der Landrat von Bernkastel bitten den Bürgermeister von Mülheim/Mosel um
Bericht in dieser Angelegenheit. - 10. August, 1934, Bernkastel-Kues. - I. 3984;
gez. …
Ausfertigung. Ebd. S. 41
In der Anlage übersende ich, gegen Rückgabe, eine Verfügung des Herrn
Regierungspräsidenten in Trier vom 4. dieses Monats betreffend Beschwerde
des Alfred Allmeier in Mülheim vom 26. vorigen Monats. Ich bitte um Bericht
zu dem Sachverhalt bis zum 14. dieses Monats, bestimmt. Ich bitte, dabei
insbesondere zu prüfen, ob die Weisungen, nicht bei Juden zu kaufen, öffentlich
oder aber – wie aus der Eingabe entnommen werden kann – in einer
geschlossenen innerparteilichen Zusammenkunft der HJ pp. gegeben worden
sind. Falls Letzteres der Fall sein sollte, dürfte ein Verstoß gegen die bekannten
Weisungen des Herrn Reichsminister nicht vorliegen, da lediglich
Boykottmaßnahmen, d. h. In der Öffentlichkeit in Erscheinung tretende
Maßnahmen, verboten sind.
158
Bericht des Bürgermeister von Mülheim/Mosel an den Landrat von Bernkastel.
14. August 1934, Mülheim/Mosel.
Ausfertigung Ebd. S. 42
Ich habe nicht feststellen können, daß jemals hier in der Öffentlichkeit zu einem
Juden-Boykott aufgefordert worden ist. Die jüdischen Geschäfte gehen nach
wie vor sehr gut; zu einer Beschwerde liegt keinerlei Anlaß vor.
Wenn Mülheimer Juden sich aber erdreisten, das, was ihnen etwa von
unverantwortlichen Elementen aus Dienst- oder Mitgliederversammlungen der
NS-Gliederungen zugetragen wird, zum Gegenstand einer Eingabe zu machen
und damit beabsichtigen, ein NS-Erziehungswerk zu stören, so ist dies
Vorgehen für die Unverfrorenheit der hier ansässigen Juden bezeichnend.
Ich bitte zu veranlassen, daß der Alfrd Allmeier darüber vernommen wird,
woher er seine Informationen hat.
224
Die Beschwerde läuft nicht nur bürokratisch ins Leere, sondern der Landrat weist
bereits auf, wie die Eingabe widerlegt werden kann, und der Bürgermeister in seinem
Zynismus unterstellt gar Alfred Allmeier antifaschistische Agitation und schlägt vor,
ihn zu verhören.
Ruth ist um 1910 geboren, Edgar vielleicht etwas jünger. Die beiden sind Mitglieder
des Jüdischen Jugendbundes, und sie emigrieren noch vor der Pogromnacht in die
Vereinigten Staaten. Die Passagierliste weist für Ruth April 1936 als Einreisedatum
aus.
Ausschnitt Passagierliste vom 29. April 1936 Cherbourg nach New York
224 Natioanlsozialismus im Alltag, 1983
159
In der Nacht des 9. November 1938 wird auch das Wohnhaus von Alfred und
Johanna Allmeier von SA-Männern überfallen und verwüstet, Möbel werden aus dem
Fenster geworfen.
Zwei Monate später, am 14.1.1939, ziehen Alfred und seine Frau nach Köln, die
Adresse ist Salierring 47, später Lothringer Str. 39.
Am 7.12.1941 werden sie nach Riga transportiert, nach Aussagen einer Bekannten
wird Alfred vergast, während Johanna Freitod verübt.
225
Ruth und Edgar (über-)leben in den USA.226
225 www.geni.com/people/Ruth-Allmeier/6000000033836375968
226 www.alemannia-judaica.de/images/Images%20400/Muelheim%20Mosel%20Sachor%201-2000.pdf
160
3.2. jüdische Enkircher, die nach 1933 in Enkirch
wohnen
Abschrift:
Amtsverwaltung Enkirch
Kreis: Zell/Mosel
Verzeichnis der im Amtsbezirk Enkirch wohnhaften jüdischen Personen
Stand 1.1.1933
Aufgestellt:
Enkirch/Mosel, den. 21. März 1962
Amtsverwaltung Enkirch
An den
Internationalen Suchdienst
Arolsen
Betr.: Unterstützung der Arbeiten von „Yad Washen“
Bezug: Runderlaß des Ministeriums des Innern von Rheinland/Pfalz vom
29.12.1960 MBI.Sp. 13 u. 73
Unter Bezugnahme auf vorstehenden Runderlaß übersenden wir umstehende
Aufstellung.
161
Lfd.
Nr.
Name
Vorname
Geb.Tag
Geb. Ort
Früherer Wohnhort
Verzogen
am
Verzogen nach
B
.
1
LOEB
Hermann 10.3.75
Enkirch Enkirch 382 4.3.
1940
Köln,
Brüsselerstr.
89/III
2
LOEB geb.
Isaak
Kathinka 31.8.76
Enkirch Enkirch 382 4.3.
1940
dto.
3
LOEB
Gerda
25.7.07
Enkirch Enkirch 382 4.3.
1940
dto.
4
LOEB geb.
Freudenberger
Jeanette
24.2.69
Heßdorf Enkirch 149 14.12. Wesel
1937
5
LOEB
Siegmund 16.3.78
Enkirch Enkirch 125 17.4.
1939
Trier
6
LOEB geb.
Simon
Emma
15.3.80
Enkirch Enkirch 125 17.4.
1939
Trier
7
SIMON
Gottfried 15.7.69
Enkirch Enkirch 347 18.6.
1937
South-Bend,
Nord-Amerika
8
SIMON geb. Johanna
Herrmann
17.3.83
Oberemmel
Enkirch 347 18.6.
1937
dto.
9
SIMON
Gisela
25.12.16 Enkirch Enkirch 347 18.6.
1937
dto.
10 SIMON
Isaak
3.3.72
Enkirch Enkirch 347 18.6.
1937
dto.
11 HIRSCH
geb. Loeb
Rosalie
22.3.70
Enkirch Enkirch 447 25.4.
1933
Merschweiler
12 HIRSCH
Olga
8.7.07
Enkirch Enkirch 447 18.3.
1933
dto.
Heute sind keine jüdischen Familien bezw. Personen im Amtsbezirk ENKIRCH
wohnhaft.
227
[der Geburtsname unter 2. Isaak statt Israel ist falsch angegeben. Es fehlt Johanna
(geb.) Simon, Schwester von Gottfried und Isaak, die erst im März 1933 in Enkirch
verstorben ist. Merchweiler unter 11. schreibt sich nur mit ch statt sch.]
227 BArch ZSG 138/45
162
3.2.1. Rosalie Hirsch und Tochter Olga Levy, ihr Mann Albert
Levy und Sohn Kurt
Rosalie Hirsch geb. Loeb
Rosalie Loeb (Isaak) wird am 22. März 1870 in Enkirch geboren, Ihre Eltern sind
Michael Isaak (1838-1892) und Johanetta geb. Kahn (1838-1927).
228
Rosalie hat sechs Geschwister, der älteste Bruder Gustav ist 1867 geboren, stirbt aber
im gleichen Jahr.
Ein weiterer älterer Bruder, Leo Loeb (Isaak), wird 1868 geboren, er stirbt 1923 in
Enkirch.
Ein jüngerer Bruder, Bernhard Isaak, wird am 22 November 1871 geboren, er stirbt
1924 in Enkirch.
Der Bruder Hermann Loeb (Isaak) wird am 10. März 1875 geboren, er stirbt nach der
Deportation nach Litzmannstadt im Vernichtungslager Chelmno (siehe Kapitel 3.2.5).
Sigmund Loeb (Isaak) wird am 16. März 1878 geboren, er muss in ein Judenhaus
nach Trier umziehen, wird von dort aus nach Litzmannstadt deportiert, und stirbt
ebenso wie sein Bruder Hermann im Vernichtungslager Chelmno (siehe Kapitel
3.2.4).
Das jüngste Geschwister stirbt nur zwei Tage nach der Geburt im Juli 1882.
Die Familie wohnt in der (Talstraße) Nr. 152.
228 Yad Vashem
163
Am 11. März 1895 heiratet Rosalie den am 4.6.1868 in Treis geborenen
Handelsmann Ludwig Hirsch, der am 21.August 1917 in Enkirch verstirbt und auf
dem Enkircher jüdischen Friedhof beerdigt wird.
Das Ehepaar hat vier Kinder, der älteste, Ernst, wird 1895 geboren und verstirbt
bereits 1911. Tochter Frieda wird 1896 geboren (siehe Kapitel 3.1.4), Eugen Hirsch
folgt 1903 (siehe Kapitel 3.1.3.), die jüngste Tochter Olga wird am 8. Juli 1907
geboren und lebt 1933 bei ihrer Mutter in Enkirch, die Adresse ist Hausnr. 447229 im
ehemaligen Wohnhaus der Großmutter Johanette geb. Kahn in der Wolfsstraße (die
vielleicht nach dem Tod ihres Mannes 1892 dorthin umgezogen war).
Am 25. April 1933 verzieht Rosalie Hirsch nach Merchweiler, gemeinsam mit
Tochter Olga, die dort heiratet.
230
229 BArch ZSG 138/86
230 Auszug aus dem Verzeichnis der am 22. Oktober 1940 aus Baden ausgewiesenen Juden.
164
Als Olga mit ihrem Mann 1935 emigriert, verzieht Rosalie Hirsch zu ihrer älteren
Tochter Frieda Krämer nach Mannheim.231 Allerdings weicht die Adresse
„Collinistraße 53“ von der der Familie der Tochter ab.
In der Liste wird Rosa unter der Nummer 3433 verzeichnet, als Geburtsdatum ist statt
dem 22. der 20. März 1870 angegeben, zudem ist hier der zweite Zwangsvorname
„Sara“ dokumentiert.
Von Mannheim aus wird Rosalie Hirsch im Zuge der sog. Wagner-Bürckel-Aktion
am 22. Oktober 1940 in das Lager Gurs in Südfrankreich deportiert.
Danach wird sie wohl in das Nebenlager Lannemezan verbracht, wo sie am 8. oder
am 14.1.1941 im alter von 70 Jahren verstirbt.
Ein Grabstein auf dem Enkircher jüdischen Friedhof erinnert an ihr Schicksal.
Ludwig Hirsch
* 4.5.1869 † 18.8.1917
Rosalie Hirsch
geb. Loeb
*22.3.1870 † 14.1.1941
Im Gedenken an unsere
unvergeßliche Mama und
Großmutter, im Oktober
1940 von den Nazis von
Mannheim zum Lager
Gurs (Frankreich)
deportiert, im Januar
1941 im Lager gestorben.
231 Geschicke der Merchweiler Juden
165
Tochter Olga Levy geb. Hirsch, Alfred Levy, Sohn Kurt
Olga geb. Hirsch wird am 8. Juli 1907 in Enkrich geboren, sie wohnt bis 1933 mit
ihrer Mutter in der Wolfsstraße 447 in Enkirch. Im gleichen Jahr heiratet sie Alfred
Levy aus Merchweiler und zieht mit der Mutter nach Merchweiler.
Am 17. August 1934 wird ein Sohn Kurt geboren.
Die Familie wohnt vom 28. März 1933 bis zum 28. November 1935 in Merchweiler
und emigriert dann nach Forbach, Olgas Mutter Rosalie zieht zur Familie von Olgas
älterer Schwester Friederike Krämer.
Bei Kriegsbeginn flüchtet Olga mit Familie nach Montmoreau (Charente) und weiter
nach St. Amand (Cher).
Alfred Levy kämpft in der französichen Armee gegen die deutsche Wehrmacht. Er
stirbt als Soldat am 11. Juni 1940 in Rixensart in Belgien.
Nach dem Krieg kehrt Olga mit ihrem Sohn zurück nach Forbach.232
1949 erstattet sie eine Restitutionsklage.
233
Sie unterzeichnet 1951 in der in New York erscheinenden jüdischen Zeitschrift
Aufbau die Todesanzeige für ihren Bruder Eugen (siehe Kapitel 3.1.3.).
Eine Randbemerkung auf ihrer Geburtsurkunde zeigt für das Jahr 1954 im Alter von
46 oder 47 Jahren eine zweite Heirat in Forbach an, wie der Ehemann heißt sowie der
weitere Lebensweg von Olga Hirsch bedarf weiterer Recherche.
232 Geschicke der Merchweiler Juden
233 www.hfrg.de/index.php?id=572
166
Alfred Levy ist am 15. September 1904 in Merchweiler geboren, seine Eltern sind
Salomon Levy (16. März 1876, † Auschwitz) und seine Frau Elma geb. Schlachter
(13. November 1878, † Monmoerau). Er hat zwei Geschwister, Helene Raber geb.
Levy (21. März 1909) und Walter Levy (25. Juni 1912, † 17 Mai 1940).
Die Familie Levy flüchtet zunächst nach Forbach, Walter arbeitet dort als Metzger.
1939 werden sie nach Montmoreau verschickt, wo die Mutter Elma geb. Schlachter
an einem Herzleiden stirbt.
Alfred Levy und sein Bruder Walter treten in die französische Armee ein, Alfred stirbt
am 11.September 1940 in Belgien, Bruder Walter fällt bereits am 17. Mai 1940 und
ist auf dem französischen Soldatenfriedhof Haubourdin bei Lille bestattet.
Der Vater, Salomon Levy, war ebenfalls nach Frankreich geflüchtet und versucht
1942, zu seiner Schwiegertochter Olga nach Monmoreau zu gelangen. Er wird aber
von der Gestapo verhaftet. Er wird am 10. Februar 1944 mit Transport N° 68 unter
Listennummer 863, Häftlingsnummer 13747, über Drancy nach Auschwitz deportiert
und dort ermordet.
Ob Tochter Helene Levy, die mit Albert Raber verheiratet ist und eine 1936 geborene
Tochter Ruth verh. Lapré hat, auch nach Frankreich flüchtet, bedarf weiterer
Recherche. Sie ist in Mellin inhaftiert, in der dortigen Grube (Steinkohlebergwerk)
bei Sulzbach existiert ein Arbeitserziehungslager bzw. ein Lager für polnische oder
russische Zwangsarbeiter, am 5. März 1945 wird sie von dort nach Theresienstadt
überstellt, kann aber die letzten Kriegswochen überleben und kehrt im Juli 1945
zurück.
Der Sohn von Alfred und Olga Levy, Kurt Levy, geboren 17. August 1934 in
Merchweiler, emigriert mit den Eltern nach Frankreich und lebt wohl bei der Mutter
in Montmoreau (Charente) und St. Amand (Cher). Er überlebt Krieg und Verfolgung.
234
234 Geschicke der Merchweiler Juden
167
3.2.2. Gottfried Simon, Johanna Simon geb. Hermann, Tochter
Gisela, Sohn Kurt, und Isaak Simon
Die Familie Gottfried Simon emigriert am 18. Juni 1937 nach South Bend in den
USA. Neben Gottfrieds Ehefrau Johanna geb. Hermann, die um 1883 in Oberemmel
geboren wird, und der Tochter Gisela, geboren am 25. Dezember 1916, reist auch der
blinde Bruder von Gottfried, Isaak Simon, geboren am 3. März 1872, mit aus. Der
mit im Haushalt wohnende Bruder Hermann war bereits 1924 verstorben, die
Schwester Johanna Simon lebte bis zu ihrem Tod 1933 im Haus, die Adresse ist
(Backhausstraße) 347, nach der Erinnerung von Kurt Simon, des älteren Sohnes von
Gottfried Simon, wohnte die Familie aber in der Priesterstraße Hausnr. 321.
Kurt Simon war bereits am 4. März 1930 zu seinem Onkel Charles Sigmund Simon
nach South Bend gezogen, und rettet 1937 seine Familie vor dem Faschismus in
Deutschland, wie in seiner Biografie nachzulesen ist, aus der die folgenden
Ausführungen entnommen sind.235
Kurt Simon wird am 22. September 1913 geboren und geht von 1918-23 in die
Enkircher Grundschule, in der gleichen Straße, in der sein Geburtshaus steht. Danach
wechselt er zum Gymnasium nach Traben-Trarbach, wohin er die ersten Jahre zu Fuß
laufen muss.
235 Biografie Kurt Simon
168
Sein Vater und dessen zwei blinde Brüder Hermann und Isaak betreiben ein
Seilmacher-Gewerbe und verkaufen ihre Produkte auch selbst.
Auf einem fast fußballfeldgroßen Gelände stellen sie mithilfe spezieller hölzerner
Gestelle236 Stricke und Taue her. Diese sog. Seilerbahn liegt an dem Pfad, der von der
katholischen Kirche abzweigend nach Starkenburg führt und von dieser den Namen
„Seilerpfad“ erhalten hat.237
Kurt ist nach der Schule oft in Traben-Trarbach mit seinem Onkel Isaak unterwegs,
um die selbstgemachten Hanfseile zu verkaufen.
1929 beendet er die Schule, und folgt einem Onkel, Sigmund Simon, der mit seinem
Bruder Benjamin nach den USA ausgewandert war (die beiden nannten sich dort in
Charles und William um), um dort ein Studium zu absolvieren und in den
Lebensmittelhandel der Brüder einzusteigen.
Zunehmend besorgt über die Nachrichten von seiner Familie und über die Lage in
Hitler-Deutschland, drängt Kurt seine Familie, Enkirch zu verlassen und zu ihm nach
South Bend in den USA zu emigrieren, wo er ihnen ein Leben in Freiheit und Würde
ermöglichen kann, da das Geschäft der Simons auch durch Kurts Mitwirken aufblüht.
Die Familie entscheidet sich endlich 1937 zur Ausreise, am 4. Juli 1937 kommen
Gottfried Simon, seine Frau Johana geb. Hermann, sein Bruder Isaak und seine
Tochter Gisela in New York an, wo Kurt sie empfängt und nach South Bend
begleitet.
Im Oktober 1937 stirbt Kurts Onkel Charles Sigmund Simon.
1942 heiratet Kurt Tessye Dounn, 1947 adoptieren sie einen Sohn Robert, der 1990
stirbt.
Godfrey Simon, Kurts Vater, stirbt im Mai 1964 mit 94 Jahren.
Im Oktober 2008 besucht Kurt Simon anlässlich eines Urlaubs in Deutschland für
einen Tag Enkirch. Er wird vom Bürgermeister empfangen, und er besucht sein
Geburtshaus, das er mithilfe einer Enkircherin, die ihn auf der Straße erkennt, findet.
Er besichtigt die ehemalige Synagoge in der Backhausstraße sowie den jüdischen
Friedhof, anschließend das Trarbacher Gymnasium.
Kurt Simon stirbt 2013 in South Bend. Er wird 99 Jahre alt.
Seine Schwester Gisela (Gizelle), verheiratete Bennett, war bereits 2007 verstorben.
236 Biografie Kurt Simon, S. 14
237 Anchiriacum-Enkirch
169
Das Grab von Kurt Simon und seiner Frau Tessye Simon
befindet sich auf dem
Hebrew Orthodox Cemetery
Mishawaka
St. Joseph County
Indiana, USA
238
238 http://www.findagrave.com/cgi-bin/fg.cgi?page=gr&GRid=104024111
170
3.2.3. Jeanette Loeb geb. Freudenberger
Jeanette Loeb (Isaak) wird am 24. Februar 1869 in Heßdorf geboren, die Eltern sind
Judas Freudenberger und Babette geb. Stern. Sie ist das dritte von neun
Geschwistern, zudem gibt es zwei Halbgeschwister aus der zweiten Ehe des Vaters.
Nach der Hochzeit mit dem 1871 geborenen Geschäftsmann Bernhard Isaak lebt sie
in Enkirch, wo 1901 die Tochter Berta geboren wird, 1903 folgt Sohn Walter Meyer.
Die Familie wohnt 1924 in der Unterstraße 153 und betreibt vielleicht im
Erdgeschoss einen Tabakwaren- oder Kolonialwaren-Laden.
Am 22. März 1924 stirbt Jeanettes Ehemann Bernhard Isaak und wird auf dem
jüdischen Friedhof in Enkirch beerdigt239.
Tr.-Tr. Ztg.
1924
Jeanette gehört zu dem Familienzweig, der ab 1927 den Nachnamen von Isaak zu
Loeb wechselt.
239 Merischonim loacharonim
171
In einer Werbeanzeige in der Enkircher Zeitung von 1930 werden unter dem Namen
„Bernhard Loeb Ww., Enkirch“ „Cigarren - Cigaretten - en gros - en detail“
angeboten.
Tr.-Tr. Ztg.
2.8.1930
Jeanette ist spätestens 1933 mit Adresse Unterstrasse/Adolf-Hitler-Strasse 149
gemeldet240.
Am 14. Dezember 1937 verzieht Jeanette Loeb nach Wesel (vielleicht Oberwesel, wo
ihr Sohn mit Frau lebt)241, wahrscheinlich eine Zwischenstation zur Ausreise in die
USA, am 1.1.1938 emigriert Sie nach New York. Ob Sie mit Hilfe von Geschwistern,
der Tochter oder des Sohnes die Einreise ermöglichen konnte, bedarf weiterer
Recherche.
Jedenfalls teilt Sie 1940 in Manhattan gemeinsam mit ihrem Sohn und dessen
Ehefrau eine Wohnung242.
Zum 24.2.1949 erscheint in der New Yorker jüdischen Zeitschrift Aufbau eine
Glückwunsch-Anzeige zum 80. Geburtstag von Jeanette Loeb:
240 BArch ZSG 138/45
241 BArch ZSG 138/45
242 US-census
172
Aufbau, 1949
Am 29. November 1966 stirbt Jeanette Loeb, wie die Todesanzeige, ebenfalls in der
Zeitschrift Aufbau vermeldet.
Unterzeichnet ist sie von Walter und Tillie Loeb, Emil und Berta Liebenstein, und den
Halbgeschwistern Richard (mit Ehefrau Paula) Freudenberger und Josef (mit
Ehefrau Jenny) Freudenberger (deren Sohn Herbert ein bekannter und sozial
engagierter Psychologe wird), sowie Enkelkindern und Urenkeln.
Aufbau
1966
173
3.2.4. Sigmund Loeb (Isaak) und Emma Loeb (Isaak), geb.
Simon
Sigmund Loeb (Isaak) wird am 16. März 1878 als vorletztes Kind von Michael Loeb
und dessen Frau Johanetta geb. Kahn in Enkirch geboren.
Am 27. November 1902 heiratet er Emma Simon.
Emma ist ebenfalls in Enkirch am 15. März 1880 als Tochter von Auguste Simon
(1848-1920) geboren, welche wohl bereits ein Bekleidungsgeschäft in der
Unterstraße 125 betreibt. Die Wohnung ist vermutlich im gleichen Haus.
1903 wird der erste Sohn Kurt geboren, der aber bereits 1909 stirbt.
1905 folgt Sohn Hans. Ein weiterer Sohn, Ewald, wird 1906 geboren, stirbt aber
schon nach einer Woche. Als letzte kommt 1908 Tochter Alice zur Welt.
Sigmund und Emma betreiben das Bekleidungsgeschäft von Emmas Mutter in der
Unterstraße 125 mit dem Namen A. Simon Nachf.
Bis zum Jahr 1932 erscheinen regelmäßig Werbeanzeigen in der Traben-Trarbacher
Zeitung:
Tr.-Tr. Ztg.,
Dez.1928
174
Sigmund und seine Frau Emma nehmen die ab August 1938 zwangsweise
verordneten zweiten Vornamen „Israel“ bzw. „Sara“ an. In den Standesamtsurkunden
wird folgender handschriftlicher Vermerk angefügt:
Der Nebenbezeichnete hat auf Grund der Anordnung des Reichsministers des
Innern vom 17.8.1938 durch Erklärung vom 9. Dezember 1938 zu seinem
nebenbezeichneten Vornamen Siegmund zusätzlich den weiteren Vornamen –
Israel angenommen.
Traben-Trarbach, den 9. Dezember 1938
der Standesbeamte
In Vertretung:
(Unterschrift des Standesbeamten)
1945 wird der Randvermerk durchgestrichen und ein neuer Randvermerk darunter
angefügt:
„Ungültig!“
Verfügung des Landrats -Standesamtsaufsicht- in Zell/Mosel vom 12. Juli
1945
Tgb. Nr. 257W.
Traben-Trarbach, den 16. Juli 1945
Der Standesbeamte
In Vertretung
(Unterschrift des Standesbeamten)
In der Zwischenzeit war das Geschäft der beiden von der Pogromnacht am 9.11.1938
betroffen, es werden die Scheiben eingeschlagen, was darüber hinaus geschieht,
bedarf weiterer Recherche.
Wenig später ist die Familie gezwungen, den Laden sowie das Wohnhaus zu
verkaufen.
Am 16. oder 17. April 1939 ist Sigmund Loeb (Isaak) gezwungen, in ein sog.
Judenhaus nach Trier, Zuckerbergstrasse 19, zu verziehen, seine Frau folgt ein oder
zwei Tage später.
Das Geschäft wird bereits im Mai 1939 „arisiert“ und wiedereröffnet, wie eine
Annonce verrät:
175
Tr.-Tr. Ztg.
6.5.1939
Am 16.Oktober 1941 werden die beiden von Trier aus zuerst nach Luxemburg
verbracht und in der Nacht auf den 17. Oktober mit einem der ersten „systematisch“
organisierten Bahntransporte ins Ghetto Litzmannstadt deportiert, die Nummern auf
der entsprechenden Deportationsliste sind 439 bzw. 440.
In den Unterlagen des Trierer Finanzamt sind sie wie folgt vermerkt:
176
In Litzmannstadt ist ein Brief und ein ärztliches Attest erhalten243, das Sigmund Loeb
(Isaak) sich noch zwei Tage vor der Deportation, am 14. Oktober ausstellen lässt.
Wie daraus hervorgeht, erleidet er bereits im Frühjahr 1941 einen Gehirnschlag, in
dessen Folge sein linkes Bein und sein linker Arm gelähmt sind.
Höchstwahrscheinlich treffen Sigmund Loeb (Isaak) und seine Frau im Ghetto den
nur ein paar Tage später nach dort von Köln aus deportierten Bruder Hermann Loeb
(Isaak) mit seiner Frau Kathinka und deren Schwester Mathilde Israel, deren Adresse
vermutlich im Nachbarhaus Talstraße 11 Zimmer 23 ist.
In seinem Brief am 8.5.1942 an die Aussiedlungskommission bittet er aufgrund
dieser Krankheit, von der bevorstehenden „Ausweisung“ aus dem Ghetto abzusehen.
Das Gesuch wird abgelehnt.
Der Brief lautet:
Sigmund Loeb
v.8.5.1942
Talweg 12/13
Aufgrund dieses ärztlichen Attestes bitte ich die Ausweisung von mir und meiner
Frau vorläufig zurückstellen zu wollen, da ich infolge meiner körperlichen
Gebrechen meistenteis das Bett hüten muß. - Ein weiteres Attest von meinem
hiesigen Arzt werde ich im Laufe des Tages beibringen.- Ich bitte eine ärztliche
Kommission nach meiner Wohnung Talweg 12-Zimmer 13 entsenden zu wollen.
Ergebenst
Sigmund Loeb
243 Überlebenskampf jüdischer Deportierter
177
Er wird mit seiner Frau wohl noch im Mai 1942 ins Vernichtungslager Chelmno
deportiert und dort höchstwahrscheinlich direkt nach der Ankunft ermordet.
178
3.2.5. Hermann Loeb (Isaak) und Kathinka Loeb geb. Israel,
Tochter Gerda Loeb (Isaak) und Kathinkas Schwester Mathilde
Israel
Hermann Loeb (Isaak) wird am 1. März 1875 als fünftes Kind von Michael Isaak
und dessen Frau Johanetta geb. Kahn in Enkirch geboren.
Er heiratet am 7.9.1900 Kathinka Israel, geboren am 31. August 1876 in Schweich
bei Trier, das Ehepaar lebt in Enkirch und hat vier Kinder:
1901 wird Tochter Therese geboren, die allerdings im zweiten Lebensmonat stirbt.
1903 wird Tochter Ida geboren, sie verstirbt 1917 im Alter von 14 Jahren und ist auf
dem Enkircher jüdischen Friedhof bestattet.
Auch die dritte Tochter, Meta, geboren 1904, stirbt bereits 1907.
1907 wird die vierte Tochter Gerda geboren.
Hermann ist Zigarrenfabrikant, die Adresse ist (1933) Hausnr. 382.244
Diese Adresse ist eigentlich in der Oberstraße, heute Sponheimer Straße, an der
Viehport Richtung Ortsausgang. Sehr wahrscheinlich betreibt die Familie aber auch
das kleine (Lebensmittel-) Geschäft Unterstraße Ecke Bergstraße, heute Zum
Herrenberg Ecke Weingasse.
Hermann gehört zu dem Familienzweig, der sich 1927 von Isaak in Loeb umbenennt,
wie auf der Geburtsurkunde als Randvermerk verzeichnet ist.
Jedenfalls ist dieses Geschäft vom Pogrom am 9.11.1938 betroffen, die Scheiben
werden eingeschlagen, der Inhaber und seine Frau sind am nächsten Tag gezwungen,
selbst die Scherben auf der Straße zu beseitigen. Diese Inhaber sind vermutlich
Hermann Loeb (Isaak) und seine Frau Kathinka, sowie Tochter Gerda, die im
Haushalt der Eltern wohnt.
Am 3. April 1940 müssen Hermann Loeb (Isaak), seine Frau Kathinka und die
Tochter Gerda Enkirch verlassen und nach Köln verziehen, dort ist ihre Adresse
Brüsseler Straße 89/III.
Es handelt sich dabei vermutlich um ein Haus, in das jüdische Menschen
zwangsumgesiedelt werden, ein sog. Judenhaus, was eine Vorstufe der Deportationen
darstellt und neben der Ausgrenzung eine besseren Kontrolle und einen schnelleren
Zugriff der Behörden gewährleistet.
Jedenfalls lassen die Namen der meisten Hausbewohner eine jüdische
Familientradition als möglich erscheinen.
244 BArch ZSG 138/45BArch ZSG 138/45
179
Löb Herm. Isr.
Auszug aus dem
Adressbuch
Köln von
1941/42, unter
dem
Straßennamen
Brüsseler Str.
die
Hausnummer
89
(rechte Spalte)
Bei der Deportation ist allerdings als Adresse Eburonenstraße angegeben245, so dass
die Familie wohl noch einmal umzuziehen gezwungen ist.
Am 22. Oktober 1941 erfolgt die Deportation mit dem „8. Transport" gezählt seit
Beginn der Herbstdeportationen, ins Ghetto Litzmannstadt.
Die Transportlisten-Nummer von Hermann Loeb (Isaak) ist 395, da er die dreifache
Summe für den Transport bezahlen muss (300,- für 3 ), ist anzunehmen, dass seine
Frau Kathinka und seine Tochter Gerda unter gleicher Nummer miterfasst sind.
Zudem wird die Schwester von Kathinka, Mathilde Israel, unter Nr. 394 aufgelistet:
245 Überlebenskampf jüdischer Deportierter
180
Nr. 394 Israel, Sara Mathilde Sara
Nr. 395 Löb Hermann Isr.
181
Bei der Deportation von Hermann Loeb wird bei ihm ein Sparbuch aufgefunden und
beschlagnahmt, wie ein Akt des Trierer Finanzamtes zeigt.
Es handelt sich bei der Besitzerin um eine Verwandte seiner Frau Kathinka, nämlich
die Witwe von deren Bruder Moses Israel aus Schweich. Die Schwester Mathilde
Israel (s.u.) macht bei einem Verhör durch die Gestapo, das auf den folgenden Seiten
dokumentiert ist, Angaben zu der Witwe und ihren Kindern.
Ob Hermann Loeb das Guthaben von Köln aus sichern wollte oder weshalb er im
Besitz dieses Sparbuches war ist unbekannt, auch der Verbleib der betreffenden
Familie bedarf weiterer Recherche.
Das Amt forscht nach, ob die Besitzerin bereits deportiert sei bzw. ob das Guthaben
eingezogen werden kann:
Aus der Antwort lässt sich schließen, dass Sara Israel geb. Kahn, die Witwe von
Moses Israel, wahrscheinlich nach Argentinien entkommen und sich dem Zugriff der
Verfolgungsbehörden entziehen konnte:
182
246
246 LHKo, Bestand 572 / 15959 Bl. 57 f.
183
Kathinka Loeb stirbt am 8. April 1942 im Ghetto Litzmannstadt.
Hermann Loeb (Isaak) wird am 6. Mai 1942 ins Vernichtungslager Kulmhof
deportiert und wahrscheinlich bereits am gleichen Tag dort ermordet.
Auf der Geburtsurkunde von Hermann Loeb (Isaak) vermerkt der Standesbeamte:
Durch rechtskräftigen Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 27.7.1953 unter
Feststellung des 8.5.1945 als Todestag für tot erklärt.
(Am. 4. II 589-91 und 594/52) Buch für Todeserklärugen St. Amt Berlin I. Nr.
14201/1954
Gerda Loeb (Isaak) wird zusammen mit ihrem Vater Hermann am 6. Mai 1942 ins
Vernichtungslager Kulmhof deportiert und dort ermordet.
Mathilde Israel
Auf der Deportationsliste ist zudem die Schwester von Kathinka, Mathilde Israel aus
Schweich, mitaufgeführt, die laufende Nummer ist 394.
Auch Mathhilde Israels Kölner Adresse ist Eburonenstraße 10/12, sie lebt vorher in
Schweich. Im Ghetto lebt sie gemeinsam mit Kathinka und Hermann Loeb, die
Adresse im Ghetto ist Talweg 11 Zimmer 23, sie treffen dort zudem Sigmund Loeb
(Isaak), Hermanns Bruder, und dessen Frau Emma, die im Talweg 12/13 leben.
Mathilde Israel wird in Litzmannstadt von der Gestapo am 6. März 1942 vorgeladen,
da Unklarheiten zu ihrem Vermögen bestehen.
Der Vorgang soll hier ausführlich dokumentiert werden.
Das Finanzamt Trier sendet einen Bericht nach Köln.
Die darin angesprochenen 133 Juden aus Trier und insgesamt 190 (davon 56 aus dem
Bezirk Bernkastel) werden über Luxemburg ins Ghetto Litzmannstadt deportiert,
darunter Sigmund Loeb mit Frau Emma geb. Simon.
Unter Punkt c) ist Mathilde Israel verhandelt, die mit Hermann Loeb und dessen Frau
Kathinka Israel, der Schwester von Mathilde, und der Tochter von Hermann und
Kathinka, Gerda Loeb, von Köln aus nach Litzmannstadt verbracht wird.
184
247
247 LHA Ko Best. 572, Nr. 15959, Bl.103
185
Das Finanzamt Trier wendet sich an die Geheime Staatspolizei Trier:
diese und folgende Seiten: 248
248 LHA Ko Best. 572, Nr. 15959, Bl. 121-122v
186
Ausschnitt
Ausschnitt
187
Die Geheime Staatspolizei Trier antwortet dem Finanzamt am 18. März 1942:
Ausschnitt
Zuvor hat die Gestapo Mathilde Israel im Ghetto Litzmannstadt am 6. März 1942
vorgeladen und verhört, der Bericht ist als Anlage beigelegt:
188
249
249 LHA Ko, Best. 572 Nr. 15959, Bl. 187
189
Dabei sagt Sie aus, ihr gesamtes Erbe ihrer Schwester Kathinka übertragen zu haben.
Was mit der Witwe ihres Bruders Moses und den sechs Kindern geschieht, die noch
in dem betreffenden Haus in Schweich wohnen, bedarf weiterer Recherche. Die
beiden angesprochenen Schwestern sind Kathinka verh. Loeb, und Emma Israel, die
mit Hugo Frenkel verheiratet ist. Wahrscheinlich lebt letzteres Ehepaar nicht mehr in
Schweich, vielleicht konnten sie emigrieren, jedenfalls sind sie nicht als Opfer des
Holocaust nachweisbar, vielleicht sind sie aber auch, wie Bruder Moses, bereits
vorher verstorben.
Aus der Aussage lässt sich rückschließen, dass Mathilde wohl bereits befürchtet hat,
dass Sie den nationalsozialistischen Terror nicht überleben würde, weshalb sie im
Frühjahr 1941 eine „letztwillige Verfügung“ notariell aufnehmen lässt, vielleicht in
der Hoffnung, ihre Schwester Kathinka habe größere Chancen der Verfolgung zu
entkommen. Aber zur Zeit der Aussage ist auch Kathinka bereits im Ghetto
Litzmannstadt, die beiden waren zusammen von Köln aus deportiert worden.
Einen Monat später stirbt Kathinka im Ghetto infolge der Bedingungen der
Unterbringung.
Mathilde Israel wird wahrscheinlich gemeinsam mit ihrem Schwager Hermann Loeb
(Isaak) und dessen Bruder Sigmund Loeb (Isaak) am 6.5.1942 ins Vernichtungslager
Chelmno verbracht und dort ermordet.250 Mathilde ist 68 Jahre alt, Hermann Loeb 67
Jahre, Sigmund 64 Jahre.
250 Überlebenskampf jüdischer Deportierter
190
4. Anhang
4.1. Danksagung
Besonderen Dank möchte ich Frau Doris Deutsch aussprechen, die mir in einem
ausführlichen Brief Unterlagen zu Ihrem ersten Ehemann, Karl Loeb, und eine
Broschüre ihres zweiten Mannes, Alex Deutsch, zugeschickt hat. Durch einen
weiteren Briefen und Telefonate hat Sie mir zudem wichtige Informationen zur
Familie von Karl Loeb mitgeteilt, die über die „amtlichen“ Daten hinaus
eindrucksvoll die Verfolgung und das Leid der Betroffenen belegen.
Ebenso hat mich auf Anfrage Herr Willi Körtels bei meinen Recherchen unterstützt,
indem er extra das Stadtarchiv Konz für mich aufsuchte und Daten zu Sophie Levy
geb. Isaack und ihren beiden Kindern recherchierte. Herzlichen Dank dafür, und für
die umfangreichen Untersuchungen zur Verfolgungsgeschichte jüdischer Mitbürger
im Raum Trier und im Saarland, die mich mit zu meiner Arbeit angeregt haben.
Herr Ulrich Conrath hat mich mit einer Vielzahl von Personenstandsurkunden
unterstützt und seine Datenbank im Internetportal Gedbas zu Enkirch war
wesentliche Grundlage der Familienstammbäume, die unten aufgeführt sind.
Herzlichen Dank für die vielen Informationen sowie für die Erlaubnis, die Urkunden
zu Daniel Simon veröffentlichen zu können.
Einen wichtigen Hinweis zu Emma Beer(mann) geb. Loeb und ihrem Sohn Julius und
dessen Familie, die in Tholey lebten, habe ich Herrn Eberhard Wagner vom Verein
„Wider das Vergessen und gegen Rassismus“ e.V. Marpingen zu verdanken.
Bedanken möchte ich mich auch bei Herrn René Richtscheid vom Emil-FrankInstitut in Wittlich für Informationen zur Familie Israel in Schweich.
Ein besonderer Dank geht zudem an das Landeshauptarchiv in Koblenz für die
unkomplizierte Zusendung wichtiger Unterlagen und Dokumente.
191
4.2. Abkürzungsverzeichnis
DAF
Deutsche Arbeits-Front (Einheitsgewerkschaft)
DC
Deutsche Christen
DT
Deutsche Turnerschaft
GHG
Gesamtverband des deutschen Handwerks, Handels, und
Gewerbes
HJ
JV
BdM
JM
Hitler-Jugend
Jungvolk (auch DJ: Deutsches Jungvolk), „Pimpfe“
Bund Deutscher Mädel, weiblicher Zweig der Hitlerjugend
Jungmädelbund
KdF
Kraft durch Freude, Organisation zur Gleichschaltung der
Freizeitgestaltung
MdR
Mitglied des Reichstages
NSDAP
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-Partei
NSF
NS-Frauenschaft
NS-Hago
Nationalsozialistische Handels-, Handwerks- und GewerbeOrganisation
NSKOV
Nationalsozialistische Kriegsopferversorgung
NSRL
Nationalsozialistischer Reichsbund für Leibesübungen
NSV
Nationalsozialistische Volkswohlfahrt
Pg.
Parteigenosse
RFSSuChdDtPol
Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei
RLB
Reichsluftschutzbund
Stahlhelm BdF
Bund der Frontkämpfer
VDA
Volksbund für das Deutschtum im Ausland
SA
Sturm-Abteilung
SD
Sicherheitsdienst des Reichsführers SS
SS
Schutz-Staffel
Stapo
Staatspolizei
T-4 Aktion
Ermordung psychisch Kranker, beschlossen in der Villa mit der
Berliner Adresse Tiergartenstr. 4
WHW
Winterhilfswerk
192
4.3. Literaturverzeichnis und Linkliste
Nachweis der Fußnoten in der Reihenfolge ihrer Erwähnung:
Anchiriacum-Enkirch 733 - 1983, Gemeinde Enkirch 1983
Die rheinpreussischen Landrechte. Dr. Romeo Maurenbrecher, zweiter Band , Eduard
Weber Bonn 1831
Peter Schichtel: Das Recht des zünftigen Handwerks im Herzogtum PfalzZweibrücken während des 18. Jahrhunderts, Duncker und Humboldt, Berlin 1986
Die Handhabung des Judenregals im Herzogtum Pfalz-Zweibrücken. Dr. Karl Lillig,
In: Saarpfalz. Blätter für Geschichte und Volkskunde, Sonderheft 1989
Juden im Aufbruch. Zur Sozialgeschichte einer Minderheit im Saar-Mosel-Raum um
1800, Cilli Kasper-Holtkotte: Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1996
Spuren der Vergangenheit. Die Geschichte der Juden im Landkreis Cochem-Zell.
Angelika Schleindl: Rhein-Mosel-Verlag 1996,
Onlineversion: http://mosella-judaica.de/index.html
Synagogen Rheinland-Pfalz / Saarland, Mainz 2005
Monumenta Judaica. Konrad Schilling, 2. Auflage 1964
Merischonim loacharonim, Hugo Friedmann: 1929 (Selbstverlag)
Dokumentation zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Rheinland-Pfalz und im
Saarland von 1800 bis 1945, herausgegeben von der Landesarchivverwaltung
Rheinland-Pfalz in Verbindung mit dem Landesarchiv Saarbrücken, Bd. 5 und 7,
Selbstverlag
gedbas: Genealogie-Datenbank des Vereins für Computergenealogie, für Enkirch u.a.
zusammengestellt von Ulrich Conrath, Wuppertal
https://gedbas.genealogy.net/
Jüdische Friedhöfe, Begräbnisstätten, Gedenkstätten in Rheinland-Pfalz, Dieter
Peters/Martina Strehlen, in: Sachor 1998 Band 8 (1988) 2, Heft 16
Jüdische Friedhöfe zwischen Rhein und Maas. Grabinschriften: Dieter Peters, 1996
(mit Auswertung und Übersetzung der hebräischen Grabinschriften)
193
Allemannia judaica:
http://www.alemannia-judaica.de/enkirch_synagoge.htm
Zeugnisse jüdischen Lebens in der Osteifel. Das Familienbuch der Juden in Mayen
bis um 1875. Klaus H. S. Schulte, Mayen 1995
Statistisches Jahrbuch des deutsch-israelitschen Gemeindebundes, 1887-1905, zitiert
nach: Zeugnisse jüdischen Lebens in der Osteifel, Mayen 1995, Anhang 8, S. 107 ff.
Biografie Kurt Simon:
Gabrielle Robinson: Kurt Simon – Businessman and Benefactor, 2009, ISBN 978-09799532-3-1
Bundesarchiv Berlin:
BArch ZSG 138/45: Bundesarchiv Berlin, Kopie von ITS Bad Arolsen, Brief an das
Amt Enkirch und Antwort
BArch ZSG 138/86: Bundesarchiv, Kopie von ITS Bad Arolsen: Zugangsliste
Theresienstadt
Gedenkbuch des Bundesarchivs online:
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html.de
Nationalsozialismus im Alltag : Quellen zur Geschichte des Nationalsozialismus im
Raum Mainz-Koblenz-Trier, Franz Josef Heyen, Harald Boldt Verlag, Boppard 1967
Nationalsozialismus im Alltag : Quellen zur Geschichte der NS-Herrschaft im Gebiet
des Landes Rheinland-Pfalz aus dem Landeshauptarchiv Koblenz und Landesarchiv
Speyer, Anton Doll, Speyer 1983
Nationalblatt, Koblenzer Ausgabe, NSDAP-Tageszeitung, Ausgaben in der
Staatsbibliothek Berlin, Zeitschriftenarchiv
Traben-Trarbacher Zeitung … der Bürgermeistereien Traben-Trarbach und Enkirch,
ab 1935 mit Untertitel Enkircher Zeitung, die Artikel zu Enkirch herausgegeben von
Hans Schneis: Enkirch im Pressespiegel der Jahrhunderte, Selbstverlag
Brief von Doris Deutsch an den Verfasser
Alex Deutsch: Ich habe Auschwitz überlebt. ISBN 3-9801611-3-7
Interview Walter Loeb in der SZ mit Pascal Becher:
http://www.saarbruecker-zeitung.de/politik/themen/Diese-Nacht-veraenderte-meinLeben;art2825,5012831
194
Antwortschreiben der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg an den Verfasser
Dokumentation über ehemalige jüdische Einwohner von Tholey, Aloys Schneeberger:
1975
http://www.genami.org/documents/Luxembourg/Luxembourg_notes.pdf
Memorial de la Shoa:
http://www.memorialdelashoah.org/
USHMM: United States Holocaust Memorial Museum:
http://www.ushmm.org/online/hsv/person_advance_search.php
wwww.wormserjuden.de/Biographien/Kraemer-I.html
Auszug aus dem Verzeichnis der am 22. Oktober 1940 aus Baden ausgewiesenen
Juden, http://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/content/pageview/1082440
Trier vergisst nicht: Gedenkbuch für die Juden aus Trier und dem Trierer Land,
Stadtarchiv, 2010
www.mahnmal-trier.de/Koenen.pdf
email von Willi Körtels an den Verfasser zu Fam. Sophie Levy geb. Isaack
Namensliste Düren:
http://www.geschichtswerkstatt-dueren.de/juedische-mitbuerger-innen/article/2201isaak
www.gelsenzentrum.de/wahlliste_juedische_1930.htm
Datenbank von Yad Vashem:
http://db.yadvashem.org/names/search.html?language=de
www.stolpersteine-frankfurt.de/downloads/doku2012_WEB.pdf
www.geni.com/people/Johanna-Allmeier/6000000033835772619
Aufbau-online:
https://archive.org/details/aufbau
195
Die Geschicke der Merchweiler Juden in den 30er und 40er Jahren, Josef Martin. In:
Merchweiler Heimatblätter, Bd. 21 (2001), S. 104-146
http://www.hfrg.de/index.php?id=572
Historische Forschungen Roland Geiger: Restitutionsakten 1947-1949
aufbewahrt im Landesarchiv Saarbrücken
http://www.findagrave.com/cgi-bin/fg.cgi?page=gr&GRid=104024111
US-Census, online-Datenbanken
Raphael Schoemanns family tree:
http://gw.geneanet.org/rschoemann?
lang=en&pz=benjamin&nz=schoemann&ocz=0&p=larry+lothar&n=aron
Der Überlebenskampf jüdischer Deportierter aus Luxemburg und der Trierer Region
im Getto Litzmannstadt: Briefe Mai 1942, Pascal Eberhard: Katalog zur Ausstellung,
Blattlausverlag 2012
zitiert als: Überlebenskampf jüdischer Deportierter
LHA Ko: Landeshauptarchiv Koblenz
weitere Datenbanken
Deportationslisten:
http://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger.html
Gedenkbuch Köln:
http://www.museenkoeln.de/ns-dokumentationszentrum/pages/1214.aspx?
s=1214&buchstabe=A
Theresienstadt Datenbank:
http://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/
American Jewish Joint Distribution Committee
http://names.jdc.org/search-detail.php?id=124497
196