Business Improvement Districts für Niedersachsen

FOKUSNIEDERSACHSEN
AUGUST 2016
Business Improvement Districts für Niedersachsen
Ein Ausschlag in den positiven (grünen) Bereich bedeutet, dass sich über das Einzelmerkmal die Attraktivität einer Stadt aktiv steigern lässt.
Ein Ausschlag in den negativen (roten) Bereich bedeutet, dass bei Schlechterfüllung des Einzelmerkmals die Attraktivität einer Stadt unweigerlich
sinkt.
Neue Chancen für Innenstädte
Quartiersinitiativen fördern
Die Entwicklung der Innenstädte und Ortskerne ist seit Jahren ein Dauerthema für Händler, Kommunen und Grundstückseigentümer, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, ihre Zentren zu attraktiven Standorten mit hoher Aufenthaltsqualität zu machen.
Nicht zuletzt durch die steigenden Marktanteile des Onlinehandels werden neue Konzepte und Ideen, die „aus der Reihe tanzen“
sowie weiche Standortfaktoren wie Sauberkeit, Sicherheit, Licht-, Wasser- oder Grünelemente immer wichtiger für die Profilierung
eines Quartiers. Hier setzen so genannte Business Improvement Districts (BIDs) an.
Lesen Sie mehr zum Thema und zu den Handlungsempfehlungen des Niedersächsischen Industrie- und Handelskammertages
(NIHK) auf den folgenden Seiten im aktuellen „Fokus Niedersachsen“.
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Innenstädte und Zentren zunehmend unter Druck
Innenstädte, Stadtteilzentren und Ortskerne in Niedersachsen
verändern sich. Die zunehmende Digitalisierung, großflächige
Handelsansiedlungen auf der grünen Wiese und die demografische Entwicklung verstärken den Druck. Der Strukturwandel
zeigt sich in sinkenden Kundenfrequenzen, zunehmenden
Leerständen und dem Wertverlust von Immobilien.
Häufig reduzieren inhabergeführte Geschäfte ihr Angebot
oder ziehen sich ganz zurück. Aufgrund dieser Trends
werden in der aktuellen Studie „Stadt, Land, Handel 2020“
des Instituts für Handelsforschung, Köln (IFH) für einige Teile
Niedersachsens über 30 Prozent Umsatzeinbrüche im stationären Einzelhandel prognostiziert.
…but the city has no money
An Ideen mangelt es den Händlern und Eigentümern meistens
nicht, wenn es darum geht, ihren Standort, ihre Geschäftsstraße
oder ihr Quartier in Szene zu setzen. Es sind vor allem die dafür
erforderlichen finanziellen Mittel, die eine Umsetzung der Pläne
verhindern.
Aus den kommunalen Haushalten sind attraktivitätssteigernde
Maßnahmen vielerorts nicht finanzierbar. Gleichzeitig stehen
engagierte Händler vor dem Problem, dass sich nicht alle
Ladeninhaber an der Finanzierung beteiligen möchten.
An diesem Punkt scheitern viele ehrgeizige Ideen zur Aufwertung des eigenen Geschäftsumfeldes.
In der Diskussion um Instrumente zur Revitalisierung von
Innenstädten und Ortskernen sind in den letzten Jahren zunehmend Business Improvement Districts in den Blickpunkt
von Politik und Planung gerückt. Aber auch bei den Einzelhändlern, der Immobilienwirtschaft und den kommunalen
Verwaltungen gewinnt diese Form der privaten Quartiersinitiativen zunehmende Aufmerksamkeit.
Umsatzentwicklung des stationären Einzelhandels bis 2020 auf Stadt- / Landkreisebene
(Trend Online-Szenarien)
Quelle: IFH Köln, 2015
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BID-Gesetz stärkt privates Engagement in den Innenstädten
Business Improvement Districts (BIDs) sind ein internationales
Erfolgsmodell. Weltweit werden in über 1.800 BIDs durch Engagement und Eigeninitiative von Hauseigentümern und Gewerbetreibenden meist innerstädtische Quartiere aufgewertet. Auch der
Blick auf andere Bundesländer zeigt, dass BIDs durchaus einen
nachahmenswerten Lösungsansatz zur Verbesserung von Zentren in funktionaler und gestalterischer Hinsicht leisten und dem
Stadtmarketing neue Impulse geben können. Gleichzeitig kann
damit der Abwertung von Grundstücken entgegengesteuert
werden.
In einem BID schließen sich Unternehmer und Eigentümer
zusammen und verpflichten sich gemeinsam Maßnahmen zur
Verbesserung „ihres“ Standortes zu finanzieren. Häufige BIDProjekte sind Baumaßnahmen, Sachinvestitionen, Aktivitäten zur
Steigerung von Sicherheit und Sauberkeit, Pflege und Ausbau
des Geschäftsbestandes, Durchführung von gemeinschaftlichen Veranstaltungen und Marketing. Anders als bei herkömmlichen Stadtmarketinginitiativen werden im Falle von
BIDs grundsätzlich alle Eigentümer gewerblich genutzter
Grundstücke im Quartier zur Finanzierung herangezogen.
Sie bieten damit einen Ansatz zur Lösung des so genannten
Trittbrettfahrerproblems.
Die rechtliche Grundlage hierfür gibt es mittlerweile in zehn
Bundesländern. Inzwischen ist auch ein Gesetz für Niedersachsen im Gespräch. Der Niedersächsischen Industrie- und
Handelskammertag begrüßt die zielgerichtete Unterstützung
zur Aufwertung von Zentren und Quartieren durch BIDs,
knüpft aber auch gewisse Bedingungen an den gesetzlichen
Rahmen.
BID-Gesetzgebung in Deutschland
Quelle: IHK Stade, Stand 01.07.2016
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Was ist zu tun?
Minderheitenschutz gewährleisten!
Basis für die Einrichtung eines BIDs ist das Erreichen einer gesetzlich geregelten Zustimmungsquote der Eigentümer. Damit
wird sichergestellt, dass eine hohe Akzeptanz unter allen Beteiligten für die geplanten Maßnahmen erreicht wird.
Die Akteure in einem bestimmten Straßenabschnitt gehen dabei
als Standortgemeinschaft mit einem Antrag und einem klar definierten Konzept auf die Kommune zu. Es enthält die Ziele zur
Standortaufwertung, die geplanten Maßnahmen und den entsprechenden Finanzierungsplan. Voraussetzung für die Antragstellung ist in der Regel die Zustimmung von mindestens 15
Prozent der Eigentümer, die gleichzeitig über 15 Prozent der
Grundstücke verfügen. Wenn nach einer weiteren umfassenden
Information aller Eigentümer nicht mehr als 30 Prozent davon
widersprechen, kann die Gemeinde eine Satzung zur
Einrichtung des BIDs erlassen.
In der Kombination Positivquorum und Negativquorum wird
sichergestellt, dass die BID-Initiative auf einer breiten Basis
steht und über eine hohe Zustimmung unter den Grundeigentümern verfügt. So kann ein effektiver Minderheitenschutz hergestellt und zugleich die Dominanz eines großen
Grundstückseigentümers im Verfahren vermieden werden.
Zugleich ist gewährleistet, dass alle, die von den umgesetzten Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung profitieren, auch
in die Finanzierung eingebunden werden.
BIDs durch Anschubfinanzierung und Begleitung fördern!
Bei vielen BIDs – insbesondere in kleineren Zentren und ländlichen Räumen – stellte sich in der Praxis heraus, dass sie gerade
in der Anfangsphase organisatorisch und finanziell an ihre Grenzen stoßen. Für den Anschub eines BIDs ist ein Anreiz in Form
von finanziellen Start-Impulsen durch das Land daher unabdingbar. Auch Mittel aus Förderprogrammen und öffentlichen Bürgschaften sollten dazu genutzt werden können, die Startphase
eines BIDs finanziell zu unterstützen. Hessen geht mit gutem Beispiel voran und hat das dortige BID-Gesetz (Gesetz zur Stärkung
von innerstädtischen Geschäftsquartieren – „INGE“) mit Fördermitteln des Landes gebündelt. Dabei unterstützt das Umweltministerium mit dem Förderprogramm INGEplus die organisa-
torischen und administrativen Vorbereitungen zur Einrichtung
eines BIDs. Dazu gehören der Aufbau von Managementstrukturen, Beratung und Moderation oder auch die Entwicklung von passenden Konzepten für die Quartiere. Auch eine
aktive Öffentlichkeitsarbeit sowie Beteiligungsprozesse sind
förderfähig.
Damit die Initiativen gleich zu Beginn organisatorisch professionell unterstützt und begleitet werden, ist ergänzend der
Aufbau einer vom Land bereitgestellten zentralen Koordinierungsstelle sinnvoll.
Maßnahmen als On-Top-Leistung verstehen!
BIDs sind kein Instrument zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben
durch Private. Es muss sichergestellt werden, dass durch BIDs
keine öffentlichen Investitionen ersetzt werden. Die BID-Abgabe
ist somit auch keine versteckte Kommunalsteuer. Die Maßnahmen, die umgesetzt werden, sind als ein “i-Tüpfelchen“ zu verstehen. Grundsätzlich sollte die Initiative eines BIDs „bottom up“ von
den Akteuren vor Ort im Vordergrund stehen und nicht den
Eigentümern durch die Kommune auferlegt werden. Nur so
wird gewährleistet, dass das BID durch Eigenengagement
getragen wird und eine breite Zustimmung im Quartier erhält.
Mit den Kommunen kooperieren!
Die Bereitschaft zur Kooperation und die aktive Einbindung der
jeweiligen Kommune müssen zentrale Funktionen der Gesetzgebung sein. Dazu gehört unter anderem, dass die Kommunen
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den Initiatoren Einblick in die Grundstücksstrukturen und Eigentumsverhältnisse gewähren, soweit dies für die ungehinderte Meinungsbildung im Quartier, für die Erstellung des
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Maßnahmenkonzeptes oder für die Abgabenberechnung erforderlich ist. Die Aktivitäten zur Stärkung von Quartieren sollten
zwar auf private Veranlassung, aber stets in Übereinstimmung mit
den städtebaulichen Zielen der jeweilige Stadt oder Gemeinde
durchgeführt werden. Letztlich besteht kein Zwang, ein BID einzurichten. Das Gesetz soll nur ein Angebot und keine Verpflichtung
sein. Die Motivation zur Umsetzung wird aber dadurch erhöht, wenn die Konzepte von den Betroffenen in Eigeninitiative entwickelt werden. Das Engagement für das Quartier
kann so befördert und das Gemeinschaftsgefühl gestärkt
werden.
BIDs als Chance sehen!
Viele Kommunen und Unternehmer in Niedersachsen tragen bereits aktiv zu einer vitalen Entwicklung ihrer Zentren bei. Zukünftig
können diese Aktivitäten durch BIDs sinnvoll ergänzt werden. Die
Kommunen sollten diese Initiative in allen Politikbereichen unterstützen und gegebenenfalls weitere Instrumente zur Aufwertung
einsetzen. Klar ist, dass ein BID kein Allheilmittel für sämtliche
Probleme eines Quartiers sein kann. Aber dort, wo BIDs bisher
eingerichtet wurden, haben sie sich als wichtiges Element der
Stadtentwicklung etabliert.
Der Erfolg von inzwischen über 40 Initiativen deutschlandweit
macht neugierig, nun auch das Modell auf Niedersachsen zu
übertragen.
Der Niedersächsische Industrie- und Handelskammertag wird
die BID-Initiativen in Niedersachsen aktiv unterstützen und
begleiten.
Ansprechpartner für den Fokus Niedersachsen
NIHK-Sprecher für Handel und Dienstleistungen:
Martin Bockler, Tel. 04141 524-119, E-Mail: [email protected]
NIHK
Hinüberstr. 16-18, 30175 Hannover
Tel. 0511 33708-75
E-Mail: [email protected]
Der NIHK vertritt rund 270.000 Unternehmen in Niedersachsen. Mitglieder sind die die IHK Lüneburg-Wolfsburg, die Oldenburgische IHK, die IHK Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim, die IHK für Ostfriesland und Papenburg sowie die IHK Stade
für den Elbe-Weser-Raum.
Der Fokus Niedersachsen erscheint in regelmäßigen Abständen zu aktuellen Themen aus Wirtschaft und Politik und
steht unter www.n-ihk.de/Publikationen auch zum Download zur Verfügung.
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