die zukunft der vorsorge

SCHWEIZER
MONATSMAGAZIN FÜR
ASSEKURANZ, FINANZ UND VORSORGE
VERSICHERUNG
NR. 9 / SEPTEMBER 2016 / CHF 9.80 / EURO 8.–
Broker
Zusammenschlüsse und
Kooperationen sollen für nötigen
Skaleneffekt sorgen.
Knip
Das Vorzeige-Fintech kämpft mit
miesen Benutzerzahlen.
Rückversicherer
Warum es nicht gelingt,
die Preise anzuheben.
DIE ZUKUNFT DER VORSORGE
Diffuse
Aussicht
EINE
RUND
SACH
1/4
DE
HE
VoRSoRgE
AUf DEN
PUNkt
gEbRACHt
DREH
ANgEl
UND
Werte, die uns abheben.
Unsere Leistungen sind nah am Kunden,
zukunftssicher und einfach zu verstehen. Dreh- und Angelpunkt unserer
Leistung ist unsere Haltung.
Wir denken und handeln glaubwürdig,
vorausschauend und direkt.
3/4
EDITORIAL
Polemik statt
Pragmatismus
L
iebe Leserin, lieber Leser. Jetzt geht es beim Reformprojekt «Altersvorsorge 2020» um die Wurst. Der Pensionskassenverband Asip setzte auf gutes Timing und richtete
einen Tag vor der zweiten Lesung der nationalrätlichen
Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit SGK am
16. August in Bern einen medienwirksamen Appell an Politiker und
Sozialpartner, auf «Maximalforderungen um jeden Preis» zu verzichten, sich zu mässigen und die 1. nicht gegen die 2. Säule auszuspielen. Dies im Interesse einer nachhaltigen Zukunft von AHV
und BVG.
Nach den vielen gescheiterten
Reformvorhaben müsse die
Reform «Altersvorsorge 2020»
unbedingt gelingen,
betonte der neue Asip-Präsident
Jean Rémy Roulet. Es handle
sich schliesslich um eine zentrale
innenpolitische Reform «von
staats- und gesellschaftspolitischer Tragweite». Angesichts
der demografischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Herausforderungen, die auf
AHV und Berufliche Vorsorge
zukommen, sei der Re­
formbedarf klar ausgewiesen.
Doch der Asip-Appell an die «Stakeholders», auf Maximalforderungen zu verzichten und nicht die 1. gegen die 2. Säule auszu­spielen,
hielt nicht lange. Nur eineinhalb Stunden nach
der Asip-­Medienkonferenz verschickte «PKNetz», die BVG-Plattform der Arbeitnehmenden, eine «Replik-Medienmitteilung», in der
eine Stärkung der AHV gegen die serbelnde
berufliche Vorsorge propagiert wird. Der
gehässige Ton in der Medienmitteilung lässt erahnen, dass der Erfolg
der «Altersvorsorge 2020» vermutlich noch lange auf Messers
Schneide verharren wird.
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Werner Rüedi
Chefredaktor
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Unabhängigkeit.
Der Ausgangspunkt unserer Stabilität
ist seit über 130 Jahren die Genossenschaft. Wir sind immer im Interesse
unserer Kunden tätig, denn jeder Kunde
ist Genossenschafter. Ihm kommt
zugute, was wir erwirtschaften. Das
macht uns unabhängig und hält uns
beweglich.
4/4
SCHWEIZER VERSICHERUNG7
SEPTEMBER 2016
INHALT
18
MÄRKTE & KUNDEN
BILDER COVER: ZAIN FIAZ, ISTOCK; BILDER INHALT: WILL VAN WINGERDEN, MARCO ZANONI
18|Broker Auf dem Schweizer Markt bleibt
derzeit kein Stein auf dem anderen
24|Online-Broker Warum dem
Fintech Knip sowohl Benutzer als auch
Personal davonlaufen
26|Gesundheitswesen Der Sektor hat in
den kommenden Jahren an einigen Baustellen
zu arbeiten
28|Rückversicherungen Der jahrelange
Preiszerfall bringt nun auch Hedge-FundRückversicherer in Schwierigkeiten
30|Versicherungswirtschaft Die weltweite
Assekuranz wächst langsam, aber konstant
32| Jean-Daniel Gerber
46
MANAGEMENT & BILDUNG
46|Serie HR Workforce Planning Kultur
als Strategie im Change Management der
Helvetia
49|Rekrutierung Bei der Allianz Suisse
können neue Talente mit einem originellen
Bewerbungsvideo eine Lehrstelle gewinnen
50
10
TECHNOLOGIE & PROZESSE
50|Innovationen Fünf Schlüsseltechnologien,
mit denen sich Versicherer im Wettbewerb
durchsetzen können
TITEL
52|Mainframe-Computer Die Ablösung von
alten zu neuen Systemen hat viele Vorteile,
birgt aber auch Risiken
AUSSICHT
MIT NEBEL
Die Zukunft der Altersvorsorge
ist unklar. Klar ist hingegen, dass
der Umbruch in Wirtschaft
und Gesellschaft Korrekturen am
heutigen Dreisäulen-Konzept
erfordert. In Politik und Wissenschaft werden die erforderlichen
Einschnitte kontrovers beurteilt.
54
32
RECHT & REGULIERUNG
FINANZ & VORSORGE
32|Nachhaltige Investitionen Sie zahlen
sich aus, findet Jean-Daniel Gerber, Präsident
von Swiss Sustainable Finance
05| Editorial
34|Next Generation Altersvorsorge auf Basis
von ETFs: Das Start-up Fairr machts möglich
37| Standpunkt: Martin Eling
08| Nachrichten
56| Personen
56| Impressum
FIRMENINDEX
Ageas
29
AirBnB
51
Allianz
29, 49, 53
Apple
53
Asip
3
Assepro AG
18
Audi
37
Aspen Switzerland
57
Avenir Suisse
17
Aviva
53
Axa
9, 57
Axa-Arag
56
Balrisk Versicherungsbroker
AG
23
Bank Vontobel
28
Credit Suisse
41
54|Bundesgericht Die Voraussetzungen zur
Erlangung einer Nachfrist
CSS
9, 58
Curafutura
9
Fairr
34
Finma
23, 27
Fraumünster Insurance
Experts
18
Funk
18
Gartner
53
Godly & Partner AG
21
Groupe Burrus
19
Hannover Re
8
Helsana
9
Helvetia
46
IBM
53
InsureandGo
18
Knip
8, 24
KPMG
KPT
Lloyd’s of London
Microsoft
Mobiliar
Moody’s
Morgan Stanley
Munich Re
Nationale Suisse
Pax
Qualibroker
Sanitas
Santésuisse
SIBA
Siemens
Sorrel-IES
9
9
25
53
8, 53
50
8, 28, 50
8
46
36
18
9
26
21, 23
56
19
Swica
9, 57
Swissbroke
18
Swisscom
9
Swiss Life
19, 48, 52
Swiss Quality Broker
19
Swiss Re
8, 30
Swiss Risk & Care
18
Uber
51
Uni Basel
11
Uni St. Gallen
11, 37, 56
Uni Zürich
56
VBV
57
ZHAW
56
Zurich
29, 42, 57
Zurich Global Corporate
Switzerland
38
58| Persönlich: Philomena Colatrella, CSS
PUBLIFORMATE
36| Wie Pax Solidarität mit Gewinn verbindet
VERBÄNDE
38| ASDA
41| FPVS
42| SVVG
SCHWEIZER VERSICHERUNG
SEPTEMBER 2016
NACHRICHTEN
Gemäss den
Prognosen der
Analysten der Deut­
schen Bank dürften
die Brände in Ka­
nada, die Erdbeben
in Japan und in
Ecuador sowie die
Unwetter in Texas
und in Europa die
Gewinne von drei
der vier grossen
kontinentaleuropä­
ischen Rückversiche­
rungen deutlich
belasten. Für ­Munich
Re rechnen sie mit
einem deutlichen
Einbruch von
58 Prozent. Bei Scor
soll der Gewinn­
rückgang 39 Prozent
ausmachen und
Swiss Re soll gemäss
dieser AnalystenPrognose einen
um 22 Prozent
geschrumpften
Gewinn ausweisen.
Lediglich für Han­
nover Rück sieht es
besser aus. (mn)
VERSICHERUNG ZU SMARTPHONE-SPIEL
GEFÄHRLICHE POKÉMON
BILD: KEYSTONE/EPA/
PIROSCHKA VAN DE WOUW
8
Augen aufs
Handy statt
auf die Strasse.
Das birgt
gewisse Risiken.
Wenn derzeit entgegenkommende
Fussgänger besonders intensiv auf ihre
Smartphones starren, dann liegt das
meistens nicht am aufregenden News­
flow der Online-Medien oder den
neusten Facebook-Postings. Das mobile
Computerspiel Pokémon Go ist viel­
mehr Schuld. Es ist laut dem Hersteller
Nintendo eines der erfolgreichsten
Smartphone-Spiele aller Zeiten. Aller­
dings steigen für die Spieler auch die
Risiken: Sie stürzen, laufen in andere
Menschen und vereinzelt kommt es zu
Unfällen. Knip, der Online-Broker,
empfiehlt den Spielern deshalb eine
Unfallversicherungs-Police, welche die
Risiken der passionierten Zocker abde­
cken soll. Die Police ist offiziell eine
Trainer-Unfallversicherung (die Spieler
fungieren als Trainer der Pokémons,
daher der Name) und soll die Folgen
von unachtsamem Verhalten decken,
die auf die Spieler zukommen, denn die
Krankenkassen übernehmen nicht alle
Massnahmen. (mn)
MOBILIAR/SWISSCAUTION
STRATEGISCHE AKQUISITION
DIGITAL
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App iKiosk.
Nachdem sich die Mobiliar im
Frühjahr 2016 am Netzwerk von
Online-Marktplätzen in der
Schweiz, Scout24, beteiligt hat,
erwirbt sie nun als weitere
strategische Akquisition die
vollständig digitalisierte Versi­
cherungsgesellschaft SwissCau­
tion AG (SC). Mit diesem
InsurTech will Mobiliar-CEO
Markus Hongler das eigene
Geschäftsmodell auf dem
Gebiet vernetzter Ökosysteme
ausbauen. Die im Jahr 1991
gegründete SC ist die erste
Versicherungsgesellschaft,
welche sich auf die Mietkaution
ohne Bankdepot spezialisiert
hat. Mit einem Prämienvolu­
Will das eigene Geschäftsmodell
­ausbauen: Mobiliar-CEO Markus Hongler
men von mehr als 40 Millionen
Franken und 180 000 Kunden
ist SC gemäss eigenen Angaben
Marktführer für die Mietkau­
tion in der Schweiz. Dank der
Mobiliar und ihrem ausgedehn­
ten Generalagenturnetz soll
SC ein verstärktes Wachstums­potenzial aufweisen. SC wird
als Tochter-Unternehmen in die
Gruppe Mobiliar eingegliedert.
Sie wird weiterhin unabhängig
unter ihrem Firmennamen
mit ihrem Management sowie
den aktuellen Mitarbeitern tätig
sein. Das Unternehmen hat
seinen Firmensitz in Bussigny
(Kanton Waadt) und beschäf­
tigt 75 Mitarbeitende.
SCHWEIZER VERSICHERUNG9
SEPTEMBER 2016
NEUE TERROR-ABDECKUNG
EINE GROSSE KLUFT
Reservieren,
freischalten, laden,
zahlen. Das ermöglicht Axa Winterthur
ihren Kunden in
Zusammenarbeit mit
swisscharge.ch
europaweit an rund
BILD: KEYSTONE/EPA/CHRISTOPHE PETIT TESSON
Die zahlreichen Terror-Anschläge in Europa haben am Versicherungsmarkt zur
Einschätzung geführt, dass eine gänzlich
neue Form der Abdeckung des TerrorRisikos unumgänglich sei. Paul Merrey
etwa, Partner bei KPMG, fordert die Versicherungswirtschaft auf, eine neue Lösung
zu finden, denn «zwischen dem, was die
Versicherer anbieten und dem, was die Kunden tatsächlich benötigen, herrscht
inzwischen eine grosse Kluft». Konkret
bemängeln Merrey und andere, dass die
Terror-Risikoabdeckung bisher im wesen­t­lichen Gebäudeschäden absichert. Tatsächlich aber ist die Geschäftseinbusse durch
Terror-Fälle ungleich grösser und damit
gewichtiger als die einschlägigen Gebäudeschäden. Der zurückliegende grosse
Anschlag in Paris führte beispielsweise zu
Kosten von 12 Milliarden Euro allein aus
der dadurch bedingten Betriebsunterbrechung. Die Schwierigkeit liegt allerdings
vielfach darin, den Zusammenhang zwischen einem Terror-Anschlag und einem
scharfen Einbruch des laufenden Geschäfts
zweifelsfrei zu begründen. KPMG geht
von einer schnell wachsenden Nachfrage
nach Terror-Schutz aus, während die Nachfrage nach der herkömmlichen Versicherung
von Schiffen und Flugzeugen, einschlägigen
Transporten und Gebäuden bei tendenziell
rückläufigen Prämien stagnieren werde. (po)
6000
Seit den Terroranschlägen in
Paris wächst die
Nachfrage nach
Terror-Schutz.
SWICA
DIGITALE DISRUPTION
PLATTFORM MIT
BONUSPROGRAMM
EARLY BIRD ERWISCHT
DEN WURM
Mit «Benevita» lanciert Swica ein kostenloses
Onlineportal, das Interessierte bei der Erreichung ihrer gesundheitlichen und sportlichen
Ziele unterstützt. Die Gesundheitsplattform
bietet Informationen verschiedenster Quellen
(z.B. Schweizerische Gesellschaft für Ernährung), erlaubt die Einbindung der gängigen
Fitness Tracker und ermöglicht einen Vergleich
mit anderen Nutzern. Betrieben wird die Plattform in Zusammenarbeit mit Swisscom,
dem Provider des Portals. Dieses steht Kunden
und Nicht-Kunden zur Verfügung. SwicaVersicherte, die am Bonusprogramm teilnehmen,
können ihre Prämien je nach erreichter Punktezahl in der ambulanten Zusatzversicherung
Completa Top bis 5 Prozent und in den Spitalversicherungen Hospita bis 15 Prozent senken.
Reif für die digitale Disruption ist das KMUVersicherungsgeschäft, heisst es von den Analysten der Bank Morgan Stanley. Denn viele
jüngere Menschen, die Firmen gründen oder
übernehmen, erwarten von den Angeboten der
Versicherungen das Gleiche, was sie von anderen
Branchen her kennen: Vollständig digitale Prozesse (alles mobil und online möglich), ein­
fache Abläufe, verständliche Vertragsformulierung (ohne Legal-Kauderwelsch) und
transparente Produkte (ohne Multitier-Coverage und Ausnahme-Layer). Die Analysten
warnen auch gleich davor, dass die digitale
Disruption für Versicherungen aufgrund der
hohen internen Barrieren und Widerstände
kein Selbstläufer ist. Aber wer sich den Markt
früh holt, der wird ihn dominieren. (mn)
Ladestationen für
Elektro-Autos – einfach per App. AxaPrivatkunden mit
einem Elektro-Fahrzeug erhalten neu
kostenlos einen
swisscharge.chAccount und ein
Tankguthaben von
30 Franken, um
ihr Fahrzeug innerhalb des Netzwerkes
aufzuladen.
Eine Behandlung in einem Spitalambulatorium
oder einer privaten
Arztpraxis geht
vollumfänglich
zulasten der Krankenkassen; wird sie
stationär im Spital
durchgeführt, muss
der Kanton gut die
Hälfte der Kosten
übernehmen. Dieses
Finanzierungskons­
trukt führt zu offensichtlichen Fehlanrei-
zen und unnötigen
Kosten. Deshalb
die Forderung von
Curafutura, des
Verbandes der grossen Krankenversicherer CSS, Helsana,
KPT und Sanitas:
Alle medizinischen
Behandlungen – ambulante und stationäre – sind einheitlich zu finanzieren.
10
SCHWEIZER VERSICHERUNG
SEPTEMBER 2016
­ chleierhafte
S
Altersvorsorge
Das Schweizer Vorsorgesystem hat Reformbedarf.
Wie eine für alle Parteien
zufriedenstellende Lösung
aussehen könnte,
lässt sich bisher noch
nicht erkennen.
SCHWEIZER VERSICHERUNG11
SEPTEMBER 2016
TITEL ALTERSVORSORGE
Der Umbruch in Wirtschaft und Gesellschaft erfordert Korrekturen am heutigen
Dreisäulen-Konzept. In Politik und Wissenschaft werden die erforderlichen
­Einschnitte kontrovers beurteilt. Unbestritten ist: Für ein nachhaltiges Vorsorgesystem braucht es eine gute W
­ irtschaftspolitik und das Solidaritätsprinzip darf
bei den Sozialversicherungen nicht verloren gehen.
D
as Urteil fiel im Konferenzsaal eines Prager
Businesshotels fast schon euphorisch aus:
«Die Schweiz verfügt in der Altersvorsorge
über ein vorbildliches Dreisäulen-Konzept», lobte Bernt Rürup vor wenigen Jahren bei einem Presse-Workshop. Der prominente Professor für Finanz- und
Wirtschaftspolitik muss es wissen.
Als Vorsitzender des Sachverständigenrates der deutschen Bundesregierung stand er am Ursprung
der sogenannten Rürup-Rente,
die im nördlichen Nachbarland als
steuerlich begünstigte Form der
privaten Vorsorge äusserst beliebt
ist. Die sichere Rente gibt es für
ihn nicht. Deshalb hat das Prinzip
der Umverteilung aus seiner Sicht
eine hohe Bedeutung. «Damit wird
innerhalb einer nationalen Gesell­
schaft der Solidaritätsgedanke um­
gesetzt.» Seine Rürup-Rente funk­
tioniert demgegenüber nach dem
Kapitaldeckungsverfahren, das
sich an der Globalisierung der Fi­
nanzmärkte orientiert. Als Wissenschaftler plädiert Rürup
für eine Mischung zwischen Umlage- und Kapitaldeckungsverfahren, weil beide ihre Vor- und Nachteile haben.
Meinungen sind vielfältig
Was auch immer ausländische Experten wohlwollend zur
Altersvorsorge anmerken, es mangelt beim Schweizer Modell nicht an Reformbedarf. Im Visier stehen speziell die ers-
ten beiden Pfeiler: AHV und berufliche Vorsorge. Beide
sind den Kinderschuhen längst entwachsen. Die AHV als
1. Säule ist bald 70 Jahre alt, die Pensionskassen als 2. Säule
sind seit gut 30 Jahren obligatorisch. Das individuelle Sparen, in den angloamerikanischen Staaten ein wesentlicher
Teil im Vorsorgekonzept, fristet in der Schweiz als 3. Säule
eher ein Mauerblümchendasein.
Einzig das steuerbegünstigte 3aKonto wird in der Bevölkerung
von rund der Hälfte genutzt (siehe
Kasten «Förderanreize und Innovationen» Seite 13). Dafür gehen
die Meinungen zu AHV und beruflicher Vorsorge je nach Interessenlage weit auseinander. Selbst in
wissenschaftlichen Kreisen werden die Perspektiven der Vorsorge
äusserst kontrovers beurteilt. Eine
Studie der Universität St. Gallen
kommt zum Schluss, dass der
wirtschaftliche und gesellschaftliche Umbruch die Anforderungen
an die Alterssicherung verändere,
aber kein grundlegend neues Gesamtmodell notwendig sei. Den
Autoren sind eine nachhaltig umlagefinanzierte Existenzsicherung via AHV und optimale Entwicklungsbedingungen
für eine moderne, kapitalfinanzierte Vorsorge wichtig.
Eine pessimistischere Sicht hat Wirtschaftsprofessor
Heinz Zimmermann von der Universität Basel: «Kapital­
gedeckte Vorsorgesysteme haben angesichts der extrem
niedrigen Zinsen in ihrer heutigen Ausgestaltung keine
­Zukunft mehr», prophezeit der Finanzexperte am World
BILDER: NURSULTAN RAKYSH, ISTOCK
Von Kurt Speck
EN
Mit Privater und Beruflicher
Vorsorge.
Pax bietet Private und Berufliche Vorsorge aus einer Hand – und punktet mit
beiden. Massgeschneiderte Lösungen
zu fairen Preisen. Damit machen wir
Menschen unabhängig, weil sie dank
der Vorsorge die finanzielle Sicherheit
für ihre Zukunft erhalten.
5/4
SCHWEIZER VERSICHERUNG13
SEPTEMBER 2016
TITEL ALTERSVORSORGE
Finanzierungslücken bei der AHV
Die demografischen Veränderungen haben fundamen­
tale Auswirkungen auf die Alters- und Hinterlassenen­
versicherung. Bei der Gründung dieses Vorsorgewerkes
kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zahlten fünf Erwerbs­
tätige für eine pensionierte Person. Heute sind es noch
knapp drei Aktive, die für einen Rentner aufkommen
und spätestens 2050 werden es
lediglich zwei aktive Junge sein.
Bereits jetzt ist die AHV fak­
tisch in die roten Zahlen ge­
rutscht. Im vergangenen Jahr
gab die AHV über 300 Millio­
nen Franken mehr aus, als sie
durch Prämien einnahm. Ein­
zig ein gutes Anlageergebnis
sorgte für den Ausgleich. Zwar
liegen in der Kasse des AHVAusgleichsfonds gut 33 Milliar­
den Franken, aber der Fonds
könnte weniger als ein Jahr die
fälligen Renten zahlen, wenn
die Prämieneinnahmen fehl­
ten. Dafür ist dieser Kapital­
puffer auch nicht vorgesehen.
Er soll lediglich die Schwan­
kungen zwischen Prämien und Renten abfedern. Die
AHV-Beiträge stammen zu rund drei Vierteln von Ar­
beitnehmern und Arbeitgebern. Ein Viertel steuert die
öffentliche Hand bei, mit Geldern von Bund und Kanto­
nen, der Spielbankenabgabe und dem Mehr­
wertsteuerprozent der Konsumenten.
Die Reformbemühungen sind bei der
staatlichen Sozialversicherung in jüngster
Heute sind es
Vergangenheit immer wieder gescheitert –
noch knapp
zuletzt die 11. AHV-Revision. Dabei haben
drei Aktive,
unabhängige Studien für die Zukunft hohe
die für einen
Finanzierungslücken ermittelt. Mit dem
Rentner
aufkommen
Reformprojekt «Altersvorsorge 2020» soll
nun verhindert werden, dass bei der AHV
und spätestens
bis 2030 mehr als 8 Milliarden Franken feh­
2050 werden
len. Der Ausgleich soll über eine Erhöhung
es lediglich
der Mehrwertsteuer von maximal 1 Prozent
zwei aktive
Junge sein.
geschehen. Bürgerliche Politiker unterstüt­
zen ein Sanierungsmodell des Wirtschafts­
dachverbandes Economiesuisse und des Ar­
beitgeberverbandes, das im Kern eine Schuldenbremse
vorsieht. Sinken die finanziellen Mittel der AHV u
­ nter
100 Prozent einer Jahresausgabe und bleibt der nega­tive
Trend während weiteren drei Jahren erhalten, wird
mit höheren Beiträgen und Anpassungen bei den Ren­
ten korrigiert. Knackpunkt bei dieser Lösung: In
3. SÄULE
FÖRDERANREIZE
UND INNOVATIONEN
BILD: JUSTIN LUEBKE
­Demographic and Ageing Forum. Für ihn gilt es, die
sozialpolitischen Ziele und Vorsorgeleistungen voneinan­
der zu trennen. Die garantierten Leistungen müssten
über das Umlageverfahren geschehen. Was darüber hi­
nausgehe, sei in der Verantwortung von Arbeitnehmern
und Arbeitgebern. Walter Ackermann, emeritierter Pro­
fessor der Universität St. Gallen, ruft beim gleichen An­
lass zu Reformen auf, «bevor wir am Abgrund stehen».
Aufgrund der digitalen Revolution würden die Volkswirt­
schaften vor fundamentalen Veränderungen stehen, die
auch die Altersvorsorge betreffen. Klar ist für alle Exper­
ten: Wegen des grossen Kapitalstocks werden die Pro­
bleme in der 1. und 2. Säule zu wenig wahrgenommen.
I
n der Diskussion um das Dreisäulensystem der Altersvorsorge
ist die 3. Säule meist eine Randnotiz. Beim Reformprojekt
«Altersvorsorge 2020» wurde das Thema praktisch ausgeklam­
mert. Politische Vorstösse zur Förderung dieses Pfeilers sind in
der jüngsten Vergangenheit gescheitert.
Eine Motion für höhere Steuerfreibeträge
in der gebundenen Vorsorge (Säule 3a)
wurde von einer Mehrheit im Nationalrat
zwar unterstützt, vom Ständerat aber
wegen der befürchteten Steuerausfälle
abgelehnt. Auch der Bundesrat stellte sich
dem Vorschlag entgegen. Seine Begrün­
dung: Die Massnahme käme nur vermögen­
den Personen zugute.
Neuere Studien zeigen ein anderes Bild.
Speziell die steuerbegünstigte Vorsorge ist
äusserst beliebt. Rund jeder zweite Schwei­
zer verfügt über ein 3a-Konto. Gemäss
einer Untersuchung des Vereins Vorsorge
Schweiz (VVS) hält der Wachstumstrend
an. Derzeit können Arbeitnehmende pro
Jahr maximal 6768 Franken und Selbständigerwerbende ohne Pensionskasse 33 840 Fran­
ken in dieses Gefäss einzahlen. Künftig stellt sich die Frage, ob die
Senkung der Neurenten in der 2. Säule vermehrt über eine Förderung
der 3. Säule abgefedert wird oder nicht. Aus der Sicht von VVS-­
Vorstandsmitglied Werner Hertzog, früher Chef der Bundes-Pensi­
onskasse Publica, könnte man «die steuerlichen Anreize verbessern».
Der Verein, dem drei Dutzend Freizügigkeits- und Säule 3a-­
Stiftungen angehören, fordert zudem die Ablösung der bisherigen
Verordnung für die 3. Säule durch ein Gesetz. Damit liessen
sich kantonale Unterschiede bei der Besteuerung und dem Vorbezug
solcher Gelder verringern oder beseitigen.
Versicherungen und Banken zeigen sich in der 3. Säule seit Jahren
äusserst innovativ. Dabei fordern die tiefen Zinsen speziell heraus.
Bei den 3a-Konten liegen die Zinssätze mittlerweile unter 1 Prozent.
Entsprechend rücken Anlagefonds in den Vordergrund, die bis zur
Hälfte in Aktien investieren können. Zudem gibt es Lösungen mit
einem renditeorientierten Kapitalaufbau und fester Ablaufgarantie.
Besonders vielfältig ist die Produktpalette in der freien Vorsorge
(Säule 3b). Zu diesem allgemeinen Vorsorgesparen ohne steuerliche
Begünstigung zählen Sparkonti, Investments in Wertpapiere wie
Aktien und Obligationen, Immobilien, Fondssparpläne, Lebensver­
sicherungen und Leibrenten. Die Assekuranz forciert zudem Auszah­
lungspläne mit fixen Laufzeiten, um das demografische Risiko
zu eliminieren. Für die Zukunft vermehrt absehbar sind kombinierte
Lösungen mit einem Auszahlungsplan und einer Altersrente. (spe)
bERüHRUNgS
Flexibilität in der Beruflichen
Vorsorge.
Unternehmen sind kontinuierlich im
Wandel. Die Fähigkeit, sich anzupassen,
ist lebenswichtig. Unsere Vorsorgelösungen sind anpassungsfähig. Wir
bieten genau das, was Unternehmen
jeder Grösse überzeugt: flexible und
stabile Berufliche Vorsorge.
6/4
­Abhängigkeit vom AHV-Vermögen soll es zu einer
schrittweisen Erhöhung des Rentenalters von 65 auf
67 Jahre kommen.
Rentenalter als Tabuthema
Das Rentenalter bleibt in der Schweiz vorderhand ein Tabuthema. Beim Reformprojekt des Bundesrates ist lediglich die Anpassung des Frauen-Rentenalters an dasjenige
der Männer mit 65 Jahren vorgesehen. Dabei wurde
diese Veränderung als Folge der höheren Lebenserwartung in vielen OECD-Staaten bereits eingeleitet. So haben etwa Deutschland, Skandinavien oder Italien das
Rentenalter 67 schon vorgesehen. Auf der Agenda steht,
dass in allen Mitgliedsstaaten bis 2050 zumindest dieses
oder ein höheres Alter für die Pensionierung gilt. Der
Aufschub hat gemäss Experten eine gewaltige Wirkung.
Zwei Jahre weniger auf die 19 Rentenjahre der Männer
heute führen zu Kosteneinsparungen von rund zehn Prozent und dazu kommen im Idealfall weitere Einzahlungen bei einer vollen oder teilweisen Beschäftigung. Allerdings ist es fraglich, ob das Volk bei einer Abstimmung
für eine Erhöhung des Rentenalters bereit ist. Die Gewerkschaften halten von einer Schuldenbremse und einem höheren
Rentenalter nichts. Sie setzen
auf ihre Initiative «AHV-plus»,
die im September zur Abstimmung gelangt. Bei einer Annahme durch das Volk würden
die Renten in der staatlichen
1. Säule um zehn Prozent nach
oben angepasst. Die Initianten
begründen den Ausbau der
AHV mit Rentenkürzungen in
der 2. Säule.
Die Pensionskassen haben
mit der Absenkung des Umwandlungssatzes sowohl auf demografische Veränderungen als
auch die eingetrübten Aussichten an den Kapitalmärkten
reagiert. Möglich ist das für umhüllende Kassen, die sowohl den obligatorischen wie den überobligatorischen Teil
der beruflichen Vorsorge miteinschliessen. Im BVG-Obligatorium verharrt der Umwandlungssatz seit dem VolksNein von 2010 bei 6,8 Prozent.
Nun soll er im Rahmen von
«­Altersvorsorge 2020» auf 6 Prozent sinken. Damit vermindern
sich die Renten auf breiter Front.
Zur Erhaltung des Leistungsniveaus sind Ausgleichsmassnahmen notwendig. Unter anderem
will der Bundesrat die Eintrittsschwelle für das Obligatorium
senken, wodurch über ein ganzes
Arbeitsleben mehr Beiträge angehäuft würden. Als Schwachpunkt
bleibt aber der sogenannte «dritte
Beitragszahler» neben Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Die Rendite auf dem Alterskapital. Die
Nullzins-Politik der westlichen
Notenbanken drückt auf die Performance der Vorsorgeeinrichtungen. Auch wenn derzeit nicht
SCHWEIZER VERSICHERUNG15
SEPTEMBER 2016
Es wäre fatal, wenn die derzeitigen
Defizite einfach zu Lasten
der künftigen Jungen aufgeschoben
würden.
die notwendigen Renditen erzielt werden, um die abgegebenen Leistungsversprechen zu erfüllen, gilt es trotz momentanem Tiefzinsumfeld, die Langfristigkeit der Altersvorsorge in der 2. Säule nicht aus den Augen zu verlieren.
Generationengerechtigkeit erhalten
Letztlich ist ein nachhaltiges Vorsorgesystem von einer
guten Wirtschaftspolitik abhängig. Dabei gilt es ganz
­besonders auf einen flexiblen Arbeitsmarkt zu achten,
der Beschäftigungsmöglichkeiten bis ins hohe Alter er­
möglicht. Bisher hat sich die
Schweiz in diesem Bereich gute
Noten verdient. Das sind günstige Voraussetzungen, um das
Dreisäulen-Konzept trotz teil­
weiser finanzieller Schieflage
mit den eingeleiteten Reform­
schritten mittelfristig wieder
auf eine solide Basis zu stellen.
Internationale Organisationen
empfehlen die Alterssicherung
vorzugsweise auf mehrere Säu­
len zu verteilen. Ob mit einer
obligatorischen Pflegeversiche­
rung zu den bestehenden drei
Säulen noch eine weitere dazu­
kommt, muss sich in der nahen
Zukunft weisen (siehe Kasten
«Braucht es eine
4. Säule?« Seite 17). Experten verweisen da­ Wohin uns der Weg
rauf, dass sich die AHV im Umlageverfah­ren bezüglich Altersführen wird,
und die Kapitaldeckung in der 2. Säule vorsorge
lässt sich noch nicht
auch künftig ideal ergänzen. Auftauchende genau voraussagen.
Probleme werden durch diese beiden
BILD: JOE BECK
TITEL ALTERSVORSORGE
WEN
Innovation in der Privaten
Vorsorge.
Die Private Vorsorge steht an einem
Wendepunkt. Vorausschauen und
Bewährtes mit Neuem verbinden – das
ist unser Weg. Unsere Kunden sagen,
was sie wünschen, und wir finden die
Lösung, mit der sie mit Sicherheit
glücklich werden: solide und innovative
Private Vorsorge.
7/4
SCHWEIZER VERSICHERUNG17
SEPTEMBER 2016
TITEL ALTERSVORSORGE
PFLEGEVERSICHERUNG
BRAUCHT ES EINE
4. SÄULE?
BILD: WILL VAN WINGERDEN
D
­unterschiedlich aufgebauten Modelle gegenseitig austariert.
Der Generationengerechtigkeit kommt bei
der weiteren Entwicklung der Altersvorsorge
eine grosse Bedeutung zu. Es wäre fatal, wenn die derzeitigen Defizite einfach zu Lasten der
künftigen Jungen aufgeschoben
würden. Wichtig ist dabei, die
Versicherten als Mitgestaltende
in den laufenden Reformprozess
mit einzubeziehen. Das Solidaritätsprinzip darf mit Korrekturmassnahmen bei der Vorsorge nicht verloren gehen.
Sozialversicherungen funktionieren auch in den nächsten
dreissig Jahren nur, wenn sie
von einer Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen werden. Das Schweizer Vorsorgesystem als Fels in
der Brandung: Das soll
nicht nur für die Alten,
sondern auch für die
Jungen gelten.
RÉSUMÉ
PRÉVOYANCE QUI A DE L’AVENIR
Le concept actuel des trois piliers doit être corrigé compte tenu des
mutations de l’économie et de la société. Les restrictions nécessaires sont controversées dans les milieux politiques et scientifiques.
Il ne fait en revanche pas de doute qu’un système de prévoyance durable requiert une politique économique de qualité et que le principe
de solidarité ne doit pas se perdre dans les assurances sociales.
Le projet de réforme «Prévoyance vieillesse 2020» vise à éviter un
déficit de l’AVS de plus de 8 milliards de francs d’ici 2030. La compensation doit être assurée au moyen d’une augmentation de la TVA
d’au plus un pour cent. Les partis bourgeois soutiennent un modèle
d’assainissement de l’association faîtière Economiesuisse et
de l’Union patronale qui prévoit essentiellement de mettre un frein
à l’endettement. Au cas où les ressources financières de l’AVS
­tomberaient en dessous de 100 pour cent d’une dépense annuelle
et si cette tendance négative se maintenait pendant trois années,
une correction seraient apportée par un relèvement des cotisations
et une adaptation des rentes. Point d’achoppement de cette solution: l’âge de la retraite doit être progressivement relevé de 65 à
67 ans en fonction de la fortune AVS. Cependant, l’âge de la retraite
reste pour l’instant un sujet tabou en Suisse.
ie Alterspyramide weitet sich an der Spitze ständig aus.
­Derzeit leben 1,5 Millionen Menschen über 65 in der Schweiz.
2030 werden es mit 2,7 Millionen fast doppelt so viele sein.
Das hat Konsequenzen für die Pflegefinanzierung. Die Zahl der über
80-Jährigen steigt rasant. In diesem Alterssegment aber ist jede
dritte Person auf Pflege angewiesen. Der Bundesrat hat kürzlich in
einem Bericht vorgerechnet, dass sich die Pflegkosten innerhalb der
nächsten dreissig Jahre auf 18 Milliarden Franken verdreifachen
werden. Einen konkreten Vorschlag, wer die zusätzlichen Gelder für
die Pflegefinanzierung künftig beisteuern soll, liefert die Regierung
allerdings nicht.
Für die Alterspflege zuständig sind der Bund sowie vor allem Kantone
und Gemeinden, die mit laufend höheren Belastungen konfrontiert
sind. Über eine obligatorische Pflegeversicherung wurde eingehend diskutiert - ohne
Resultat. Umgesetzt wurde dagegen ein
neues Finanzierungsmodell, bei dem sich
die Versicherten zuhause oder in einem
Heim an den Kosten für Pflegeleistungen
beteiligen müssen. Trotzdem bleibt eine
wachsende Finanzierungslücke, die vom
Staat mit Ergänzungsleistungen abzudecken ist. Will jemand nicht auf staatliche
Gelder angewiesen sein, kann er eine
­Zusatzversicherung bei der Krankenkasse
abschliessen. Private Pflegeversicherungen
sind bei uns aber ein ausgeprägter
­Nischenmarkt. Anders ist das in den USA,
Frankreich und Japan, wo bereits bis zu
15 Prozent in der Bevölkerung über einen
individuellen Versicherungsschutz verfügen.
In der Schweiz gab es dafür immer wieder
politische Vorstösse für eine obligatorische Pflegeversicherung. Ein
Modell sieht vor, dass die heutigen Finanzierungsbeiträge von
­Gemeinden, Kantonen und Bund durch eine einkommens- und
vermögensabhängige Abgabe der Versicherten ergänzt würden.
Ein anderer Ansatz zielt auf einen Zuschlag bei den Krankenkassenprämien ab. Grobe Kalkulationen haben ergeben, dass genügend
Geld für Pflegeleistungen vorhanden wäre, wenn alle über 55-Jährigen monatlich 14 Franken in eine obligatorische Pflegeversicherung
einzahlen würden. Ob ein solcher Betrag ausreicht, um die stark
steigenden Kosten in der Alterspflege abzudecken, lässt sich erst aufgrund von einigermassen realistischen Zukunftsszenarien abschätzen. Das Modell basiert auf einem individuellen Konto, das nach dem
Kapitaldeckungsverfahren funktioniert. Wird das angesparte Guthaben nicht für die Pflege beansprucht, geht es nach dem Tod des
Versicherten an die Nachkommen über. Der liberale Thinktank
Avenir Suisse hat auf dieser Grundlage eine obligatorische Pflegesäule, quasi eine 4. Säule, zur Entschärfung des finanziellen Problems
vorgeschlagen. Bei dieser Variante wird jedoch mit deutlich höheren
Beiträgen kalkuliert. Jeder über 55-Jährige müsste rund 250 Franken
pro Monat für die Pflege im Alter ansparen. Für Gesundheitsexperten
ist klar: Freiwillige Pflegeversicherungen reichen angesichts der
demografischen Veränderungen keineswegs. Wenn die BabyboomGeneration in den nächsten 15 Jahren das Ruhestandsalter erreicht,
wird sich die Finanzierungsfrage mit aller Deutlichkeit stellen. (spe)
18
SCHWEIZER VERSICHERUNG
SEPTEMBER 2016
Hektik auf dem
Brokermarkt
Nachfolgeregelung, Regulierung, mit harten Bandagen
geführter Wettbewerb: Auf dem Brokermarkt bleibt
derzeit kaum ein Stein auf dem anderen. Kooperationen
und Zusammenschlüsse sollen nun für Skaleneffekte sorgen.
Von Werner Rüedi
I
n der Schweizer Brokerlandschaft bewegt sich einiges.
Fand die Marktbereinigung
zuvor eher im Stillen statt, indem Klein- und Kleinstunternehmen im Hinblick auf die
Pensionierung der Inhaber übernommen oder die Aktivitäten eingestellt
wurden, scheint die Konsolidierungswelle auch die grösseren ungebundenen Versicherungsvermittler der
Schweiz erfasst zu haben. Die Regulierung ist dabei ein starker Treiber –
deren Auflagen machen das Leben vor
allem für kleinere Broker immer
schwerer. Aber auch die Versicherungsgesellschaften tragen dazu bei,
indem sie eine eigentliche «Brokersegmentierung» eingeführt haben: Broker, welcher bei den Versicherern nicht
ein «A-Rating» aufweisen, haben
Schwierigkeiten, kompetitive Konditionen zu erhalten. Auch sind die Anforderungen grosser Versicherungskunden an Broker gestiegen.
Daniel Oberhänsli, Verwaltungsrat
und GL-Mitglied bei Qualibroker,
weist auf eine weitere Herausforderung
hin: Immer mehr Schweizer KMU haben auch im Ausland Niederlassungen, welche durch ein internationales
Netzwerk betreut werden wollen. «Von
diesen Netzwerken gibt es aber nur
etwa 10, welche eine gute Qualität zu
liefern in der Lage sind», so seine Einschätzung. Von diesen Netzwerken
seien aber schon alle einem Broker in
der Schweiz zugeteilt. Neue Broker
würden fast nicht aufgenommen.
Näher zusammenrücken
Kein Wunder, versuchen sich die ungebundenen Versicherungsvermittler
zusammenführen. Mit rund 580
Millionen Franken verwalteten Prämienvolumina, 11 Standorten und
rund 150 Mitarbeitenden will sich
Swissbroke als «führender Versicherungsbroker und -experte für KMUs
im Schweizer Markt» positionieren,
wie Gruppen-CEO Beat Blaser erklärt. Swissbroke und Fraumünster
bleiben dabei auf dem Markt als eigenständige Marken unter einem gemeinsamen Dach – der Assepro AG
– erhalten. Waren die bisherigen
Swissbroke-Niederlassungen als
selbständige Körperschaften unterwegs, ist neu die Gruppenleitung
weisungsbefugt.
Swissbroke verfügt mit rund 110
Mitarbeitenden über Niederlassungen
in Chur, Dübendorf, Ziegelbrücke,
Muri, Sarnen, St.Gallen, St.Moritz,
Vaduz und Wetzikon. Fraumünster
Insurance Experts dagegen ist mit
rund 40 Mitarbeitenden in Zürich
und in Basel vertreten. «Eine ideale
Ergänzung», sagt Blaser. Auch bezüglich Kundenstruktur ergänze man
sich gut. Swissbroke betreue viele
Kunden der öffentlichen Hand wie
Gemeinden und Spitäler, Fraumünster sei dagegen stark im Immobilienbereich, Bau- und Baunebengewerbe.
Wachstum angestrebt
Der Gruppen-CEO ist überzeugt,
dass sich die zunehmenden Herausforderungen durch verstärkte Markt-
Die Konsolidierung ist
noch lange
nicht abgeschlossen.
an die sich stetig verändernde neue Situation anzupassen. So haben kürzlich zwei Meldungen aufhorchen lassen: Die Swissbroke-Gruppe schliesst
sich mit Fraumünster Insurance Experts zusammen und die Sorrel-IES
Group SA steigt bei der Qualibroker
Holding AG ein. Bereits vor zwei Jahren hatten die hpr groupe, Unirisc
Group und Unicare ihren Zusammenschluss zur Holding Swiss Risk &
Care bekanntgegeben. Und anfangs
2014 fand die Integration der damaligen GWP Insurance Brokers AG in
die «Funk Insurance Brokers AG»
statt (siehe auch «Schweizer Versicherung» vom Juli 2014). Die Strategien
in eine erfolgreiche Zukunft haben die
gleiche Stossrichtung, unterscheiden
sich jedoch im Detail.
Gemeinsames Dach
Beispiel Swissbroke-Fraumünster: Im
Juli teilten die Swissbroke-Gruppe
und die Fraumünster Insurance Experts mit, dass sie ihre Unternehmen
SCHWEIZER VERSICHERUNG19
SEPTEMBER 2016
MÄRKTE & KUNDEN BROKER
grösse und flächendeckende lokale
Präsenz künftig erfolgreicher meistern lassen. Das sei jedenfalls die Ambition der neuen Holding Assepro
AG. Blaser: «Wir packen die fortschreitende Konsolidierung als
Chance, nachhaltig und trotzdem zügig zu wachsen und so unseren Kunden durch das Nutzen von Synergien
schneller neue, innovative Produkte
und Dienstleistungen anbieten zu
können.»
Um eine aktive Wachstumsstrategie über die nächsten Jahre zu ermöglichen, ist das Unternehmernetzwerk
Investnet mit dabei, in dem sich Unternehmer als Investoren engagieren.
Investnet verfügt gemäss Beat Blaser
über einen «substanziellen Anteil am
Aktienkapital». Die Swissbroke-Fraumünster-Gruppe selber hat auf Stufe
Verwaltungsrat mit dem neuen Präsidenten Peter Wüst, ehemaliger CEO
der Valora und insbesondere Bruno
Pfister, ehemaliger CEO der Swiss
Life, spezifische Kenntnisse der relevanten Märkte und Zielgruppen sowie
strategisches Wissen stärker eingebunden.
Starker Mehrheitsaktionär
Beispiel Sorrel-IES-Qualibroker: Vor
wenigen Monaten machte die Meldung die Runde, dass die Sorrel-IES
Group SA einen namhaften Aktienanteil der Qualibroker Holding AG
übernommen hatte und beabsichtige,
Mehrheitsaktionär zu werden. «Dieser
Schritt ermöglicht es der Gruppe, im
Verdrängungsmarkt des Versicherungsbrokerages weiter zu wachsen
und die technologischen Herausfor-
Drohender Dichtestress im
Kundensegment KMU:
Die CEOs von Qualibroker,
Urs Thalmann; Swiss Risk &
Care, Pierrick Leprince
und der Swissbroke-Fraumünster-Gruppe, Beat Blaser
(v.l.), setzen auf kleine und
mittelgrosse Unternehmen.
derungen der Zukunft gestärkt anzugehen», sagt Urs Thalmann, CEO von
Qualibroker. Bis heute sind jedoch
noch die Alt-Aktionäre in der Mehrheit. Eine Namensänderung ist übrigens nicht vorgesehen, wie Verwaltungsrat und GL-Mitglied Daniel
Oberhänsli bestätigt.
Urs Thalmann lässt durchblicken,
dass die Gruppe mit den beiden Tochtergesellschaften Qualibroker AG mit
Sitz in Zürich und Schreiber + Maron
mit Sitz in Liechtenstein umworben
waren: «Wir konnten aus einer Position der Stärke heraus verhandeln und
haben uns für den Partner entschieden, der am besten zu uns passt», betont Thalmann, «für den Fortbestand
unserer Unternehmen und unsere Tätigkeit im KMU-Geschäft ist die gewählte Lösung ideal.»
Stark im Firmenkundengeschäft
Im Zuge der Neuausrichtung hat
Qualibroker-Mitgründer Adrian Ill
seine Aktien zugunsten der neuen
Strategie abgegeben. Seinen Kunden
will er aber weiterhin die Stange halten, wie Ill in einer Medienmitteilung
zitiert wird. Die Kundenpflege und
das Beziehungsmanagement lägen
ihm am Herzen.
Die Sorrel-IES Group SA ist vor allem im Firmenkundengeschäft der
Westschweiz stark. Die Aktienmehrheit des Unternehmens übernahm
kürzlich die Groupe Burrus Courtage
(GBC), die ihren Sitz in Pully hat und
2015 mit allen ihren Gesellschaften einen Jahresumsatz von 148 Millionen
Euro erzielte.
Zur GBC gehört unter anderem
auch der fünftgrösste französische
Versicherungsbroker Diot, mit dem
die Unternehmen der QualibrokerGruppe auf internationaler Ebene bereits länger zusammenarbeiteten. «Für
diese Zusammenarbeit und generell
für unsere internationalen Geschäfte
bringt uns der Einstieg der Sorrel-IES
Group SA in eine deutlich bessere
Ausgangslage», ist Urs Thalmann
überzeugt, denn «mit dem neuen starken Partner im Rücken können wir ein
weiteres Wachstum anstreben, das
auch auf der Akquisition von weiteren
Firmen basiert.»
Rahmenbedingungen festgelegt
Die Rahmenbedingungen für weitere
Akquisitionen in der deutschsprachigen Schweiz sind gemäss Daniel
Oberhänsli festgelegt: «Weitere Übernahmen von Brokern mit fünf bis 15
Mitarbeitenden sind prüfenswert, sofern die Portefeuillestruktur, die Altersstruktur der Führungspersonen
sowie der geographische Standort für
uns passen. Zudem muss selbstverständlich die Preisvorstellung vernünftig sein, denn der Kaufpreis muss
innerhalb nützlicher Frist abbezahlt
werden können.» Konkret soll der Return on Investment innerhalb von
fünf Jahren abgeschlossen sein. Oberhänsli stützt sich dabei auf die Richtlinien vieler Banken, was die Refinanzierungsdauer anbelangt.
Angesichts der zunehmenden
Komplexität des Versicherungsgeschäfts und der vermehrten Regulierung sei eine minimale Unternehmensgrösse heute unabdingbar,
erklärt CEO Urs Thalmann. «Dazu
kommt, dass die Verhandlungsposition gegenüber den Versicherungsanbietern vom verwalteten Kundenvolumen abhängig ist.»
Bei der Qualibroker-Gruppe betrug das verwaltete Prämienvolumen
letztes Jahr 320 Millionen Franken. In
Kombination mit der Sorrel-IES
StAND
fokussiert auf unabhängige
Vertriebspartner.
Unser Standpunkt ist klar: Produkte
und Lösungen von Pax werden nur
durch unabhängige Partner vertrieben.
Die Partner werden von uns umfassend
betreut, kennen unsere Leistungen
und engagieren sich persönlich, um
gemeinsam mit ihren Kunden die
ideale Vorsorgelösung zu entwickeln.
8/4
SCHWEIZER VERSICHERUNG21
SEPTEMBER 2016
MÄRKTE & KUNDEN BROKER
Group SA soll dereinst ein Volumen
von einer Milliarde Franken angepeilt
werden.
Durch die
steigende
Komplexität
sind auch
Broker
gefordert. Vor
allem die
Digitalisierung führt zu
hohen Investitionen, welche
kleinere
Brokerunternehmen nicht
immer zu
stemmen in
der Lage sind.
Ein Platz an der Sonne
Beispiel Swiss Risk & Care: Ambitionen auf einen Platz an der Sonne hat
auch die Westschweizer Brokergruppe
Swiss Risk & Care, die 240 Personen
beschäftigt, davon 65 Beraterinnen
und Berater, die rund 40 Millionen
Franken Umsatz und eine Prämiensumme von etwa 700 Millionen Franken erarbeiten. Die Holding Swiss
Risk & Care ist im März 2014 durch
den Zusammenschluss von hpr
groupe, Unirisc Group und Unicare
entstanden mit dem Ziel, die grösste
Westschweizer Gruppe für Vermittlung von Versicherungs- und Vorsorgeleistungen sowie Risk Management
zu bilden. Die einzelnen Marken bleiben
vorerst noch bestehen.
Die Absicht sei jedoch,
lässt CEO Pierrick Leprince durchblicken,
voraussichtlich im Jahr
2018 nur noch als
Swiss Risk & Care aufzutreten.
Der Geschäftsleitung gehören nebst
CEO Leprince zwei
ständige Delegierte des
Verwaltungsrats und
historische Gründer
an: Richard Racine
(hpr) und Thierry
Chardonnens (Unirisc). Die beiden hatten vor 14 Jahren
Unicare gegründet. Pierrick Leprince
möchte die Gruppe mit der Bildung
besonderer Geschäftseinheiten zielgerichtet auf die spezifischen Bedürfnisse der breiten Kundenpalette ausrichten.
Zum Kundenstamm gehören internationale Organisationen, KMU,
multinationale Unternehmen, Pensionskassen und Privatpersonen. Für
internationale Bedürfnisse steht Swiss
Risk & Care mit Jardine Lloyd Thomson (JLT) und MSH ausserdem ein
internationales Netzwerk zur Verfügung. «Wir sind stark auf internationale Kundschaft fokussiert und in der
Schweiz auf mittelgrosse und grosse
Unternehmen», erzählt Pierrick Leprince. Und: «Die Privatkundschaft ist
insofern von Interesse, als wir uns auf
Expats unserer Firmenkundschaft
spezialisiert haben. Weil diese international tätig sind, haben sie auch spezielle Versicherungs- und Vorsorgebedürfnisse.»
In der Schweiz ist Swiss Risk &
Care bisher nur in der Romandie mit
Standorten in Vésenaz-Genf, Carouge, Ecublens, Vevey, Neuchâtel,
Crissier, Montreux und Sion präsent.
Erst kürzlich sind mit der AD Conseils Büros in Zürich und Lugano dazugekommen. Dabei soll es nicht bleiben. Leprince, lässt durchblicken,
dass er mit Wettbewerbern in der
Deutschschweiz seit längerem «im Gespräch» sei bezüglich Zusammenschluss oder Übernahme.
Gesamtschweizer Präsenz
angestrebt
Sein Ziel ist klar: Swiss Risk & Care
möchte in der gesamten Schweiz präsent sein. Weitere Details will er aber
nicht bekanntgeben: «Solche Gespräche sind nicht so einfach, sie brauchen
Zeit.» Der Kaufpreis für ein Brokerunternehmen ist für ihn nicht einmal
ausschlaggebend. Wichtiger ist Leprince die Rendite, die erarbeitet wird
– und ob die Teams, die neu zur
Gruppe stossen werden, die gleichen
Werte und Ziele teilen, denn das seien
die besten Voraussetzungen für eine
schnelle Integration. «Wir wollen jedoch nicht einfach ein Portefeuille
übernehmen, sondern ein unternehmerisch denkendes Team, das zu uns
passt, unsere Strategie mitträgt und
mit uns wachsen will», so Leprince.
Wachstumspotenzial ist für den Chef
der Swiss Risk & Care jedenfalls immer noch vorhanden, auch wenn der
Wettbewerb härter geworden ist in
den letzten Jahren.
Konsolidierungsdruck
steigt weiter
Für Beat Blaser, CEO der SwissbrokeGruppe, wird die Konsolidierung
noch an Fahrt zunehmen. Ein wichtiger Grund sei nebst zunehmendem
Regulierungsdruck und entsprechend
höherem Verwaltungsaufwand die
Digitalisierung: «Damit sind signifikante Investitionen für die Branche
verbunden. Diese Kosten sind für
Kleinstunternehmen schlicht nicht
tragbar.»
Ähnlich die Beurteilung von Qualibroker-Verwaltungsrat und GL-Mitglied Daniel Oberhänsli: «Es wird weitere Transaktionen geben.» Neben der
zunehmenden Regulierung und vermehrten Investitionen in die IT sieht
er als Treiber der Marktbereinigung
eine steigende Komplexität insbesondere im Haftpflichtbereich sowie in
der beruflichen Vorsorge.
Bietet sich also das Wachstum
durch Übernahmen im Inland an. «Es
gibt einige mittelständische Brokerunternehmen, bei denen der Mehrheitsaktionär allmählich in die Nähe des
Pensionsalters kommt und eine Nachfolgelösung anstrebt. Doch der Wert,
respektive der Preis einer solchen
Firma ist oft zu hoch, als dass die
nachrückende Garde den Kauf finanzieren kann», so die Beobachtung von
Daniel Oberhänsli.
Konstanz wichtig
Haben die Kleinen also ausgedient?
«Überhaupt nicht», sagt Remo Godly,
Geschäftsführer des Versicherungsbrokers Godly & Partner AG, der mit
10 Personen in den Regionen Chur
und Rheintal aktiv ist und sich im
Vorstand des Brokerverbandes Siba
engagiert: «Kleinere Brokerunternehmen sind in aller Regel dank eines persönlichen Beziehungsnetzes in der regionalen Wirtschaft stark verwurzelt,
was hilft, Kunden zu gewinnen und
zu halten.» Dieser Faktor sei nicht zu
unterschätzen.
Er höre von Kunden immer wieder,
dass die Konstanz der Beziehung eine
enorme Bedeutung habe, so Godly.
Bei grösseren Brokergesellschaften sei
die Fluktuation in der Tendenz höher.
Vor allem KMU-Unternehmer und
Gewerbler wollen sich aber nicht alle
paar Jahre oder gar Monate mit neuen
Ansprechpartnern auseinandersetzen.
Daniel Oberhänsli von Qualibroker kann sich durchaus vorstellen,
dass es vermehrte Zusammenschlüsse
von kleineren Brokern gibt mit dem
Ziel, eine gewisse Grösse zu erreichen,
wobei sich dann immer die Frage
stelle, wer die «neue» Firma führe. Neben einer optimalen Organisation und
Ablaufprozessen bleiben Köpfe eben
doch noch wichtig. Auch im Brokergeschäft. VER
gAbE
lösungen, die im Wettbewerb
bestehen.
Unser Vertriebsmodell ist unser Motor.
Unsere Lösungen müssen besonders
marktnah und konkurrenzfähig sein.
Nur so können unsere Partner ihren
Kunden überzeugende Angebote
unterbreiten. Damit erzielen wir Spitzenplätze bei der Punktvergabe für
die beste Vorsorge.
9/4
SCHWEIZER VERSICHERUNG23
SEPTEMBER 2016
MÄRKTE & KUNDEN BROKER
NACHGEFRAGT
«BROKER SIND GUTE
KONSUMENTENSCHÜTZER»
Markus Lehmann, Präsident des Verbandes Schweizerischer
Versicherungsbroker SIBA über Veränderungen im Brokermarkt Schweiz.
INTERVIEW: WERNER RÜEDI
Genau beobachten müssen wir die Qualität
bei unseren Versicherungspartnern, aber
auch wer sich im Markt als Versicherungs­
broker bewegt, sich als ungebundener
Versicherungsvermittler bezeichnet; dazu
das Stichwort Registrierung und Finma.
All diese Themen stehen im Zusammen­
hang mit der Stärkung unseres Berufs­
standes, was ich als ganz wichtige Heraus­
forderung betrachte.
Markus Lehmann
Präsident des Verbandes Schweizerischer
Versicherungsbroker SIBA
In letzter Zeit schliessen sich vermehrt
grössere und mittelgrosse Brokergesellschaften zusammen. Was läuft da?
Nun, der Markt ist Bewegung und die
verschiedenen Zusammenschlüsse haben
wohl unterschiedliche Gründe, aber immer
die gleichen Ziele, nämlich Effizienz
steigern und Kosten reduzieren durch die
Nutzung von gemeinsamen Synergien.
Wichtige Indikatoren sind die Kosten, denn
von den Kunden werden immer mehr
Leistungen erwartet und die Entschädi­
gungen der Gesellschaften sind immer
gleich, obwohl die Aufwände der Versiche­
rungsbroker exorbitant gestiegen sind.
Ich stelle einen Trend zu grösseren
Firmen fest. Wie können sich da
Klein- und Kleinstbroker noch im
Markt halten?
Versicherungen sind immer noch Vertrau­
enssache und gut ausgebildete routinierte
und unabhängige Versicherungsfachleute
sind gefragt, da ist es für den Kunden nicht
allein entscheidend, bei welcher
Brokerfirma er ein Mandat unterzeichnet
hat, sondern die Leistung des Betreuers
ist massgebend. Darum haben auch kleinere
Versicherungsbroker ihre Berechtigung
im Markt, wie beispielsweise Privatbanken
im Finanzsektor.
Wo orten Sie die grössten Herausforderungen?
Der Kampf gegen die Tendenz zu immer
noch mehr Regulatorien welche – ausser
dass sie Kosten verursachen – keinen
Nutzen erzeugen. Die Versicherungsbroker
sind aus meiner Sicht gute Konsumenten­
schützer, sie schauen den Versicherern sehr
genau auf die Finger und setzen sich für ihre
Kunden ein. Dann ist zur Zeit die Ausbil­
dung eine grosse Herausforderung, welche
aktuell von uns genauestens unter die Lupe
genommen wird. Diesbezüglich schauen
wir auch auf die internationalen Standards,
welche auch für die Schweiz von Relevanz
werden könnten. Gut ausgebildete Versiche­
rungsbroker sind essentiell für einen
funktionierenden Versicherungsmarkt, dazu
gehören brokerspezifische Ausbildungstools.
Wie wird der Brokermarkt nach der
Konsolidierung aussehen?
Grosse Broker hat es schon immer gegeben.
Ich gehe heute aber davon aus, dass sich
der Brokermarkt durch die Zusammen­
schlüsse verändern dürfte. Grosse Broker
werden vermehrt Druck ausüben können
gegenüber den Versicherungsgesellschaften,
davon können alle im Markt profitieren.
Wenn der Kuchen verteilt ist, findet in der
Ökonomie zwangsläufig ein Verdrängungs­
markt statt, das wird kleinere Broker
betreffen, aber ist auch gleichzeitig eine
Chance besser zu sein als «die Grossen».
Kleine Broker, welche eine Spezialität
beherrschen oder entwickeln, bleiben gefragte
Adressen.
Sie sind Mitinhaber der Balrisk
Versicherungsbroker AG. Wie
sieht Ihre Strategie zur nachhaltigen
Entwicklung aus?
Wir machen uns natürlich seit einiger Zeit
vertiefte Gedanken und planen auch in
der Nordwestschweiz mit Kooperationen
aus der Position der Stärke heraus neue
Synergien zu nutzen, um uns im Markt
weiterhin erfolgreich zu behaupten. Wir
werden aber unsere individuellen Stärken
nicht verlieren oder vernachlässigen, sondern
unsere Kunden noch besser betreuen
können, denn die vorgesehenen Verbindun­
gen ergänzen sich qualitativ ideal.
24
SCHWEIZER VERSICHERUNG
SEPTEMBER 2016
Gefährliche
Disruption
Knip galt als das Schweizer Vorzeige-Fintech. Nun hat
der Online-Versicherungsbroker mit miesen
Benutzerzahlen und einem Personalexodus zu kämpfen.
Von Heinz-Roger Dohms
A
nfang April erscheint
im Internet ein Manifest, nach dessen
Lektüre man glaubt,
hierzulande wachse
ein neuer Finanzgigant heran. «Die Wahrheit über Disruption in der Versicherungsbranche»
lautet der selbstbewusste Titel des
11 000-Zeichen-Konvoluts, das von
Dennis Just stammt, dem Gründer
und Chef des Zürcher Online-Versichungersbrokers Knip. Kurz zusammengefasst schreibt der 28-Jährige,
sein Unternehmen sei «der klare
Marktführer in allen Ländern, in denen wir tätig sind». Zum Beleg führt er
die Download-Zahlen an. Schon
230 000 Menschen hätten sich die
Knip-App heruntergeladen.
Vier Monate später ist von der damaligen Mitteilsamkeit nicht mehr
viel übrig. Fragt man bei Knip nach,
ob das Unternehmen einem die aktualisierten Zahlen – also jene für die Periode zwischen April und Juli – zur
Verfügung stelle, wartet man nach einer Woche noch immer auf die entsprechende Statistik. Die Buchhalterin ist krank, entschuldigt sich der
Firmensprecher per E-Mail. Eine bemerkenswerte Begründung. Sobald
die Buchhalterin ausfällt, kann das
wohl bekannteste Schweizer Fintech
seine eigenen Download-Zahlen nicht
mehr nachverfolgen?
Einbruch von mehr als 90 Prozent
Tatsächlich dürften die wahren
Gründe triftiger sein. Nach Recherchen der Handelszeitung sind die
jüngsten Zahlen verheerend, der vermeintliche Finanzgigant scheint bin-
nen kürzester Zeit auf Zwergengrösse
geschrumpft zu sein. Laut dem Analyse-Tool Priodata – das ist jene
Quelle, auf die sich auch Just in seinem Manifest beruft – luden sich im
Juli in der Schweiz bloss noch 328
Menschen mit Apple-Betriebssystem
iOS die Knip-App herunter. Im Vergleich zum April war das ein Einbruch
von mehr als 90 Prozent.
Für Deutschland, den zweiten
Markt, in dem Knip tätig ist, ist die
Statistik relativ betrachtet genauso katastrophal. Im April waren es 15 241,
im Juli noch 924 Downloads. Auf den
ersten Blick ist der Rückgang ein Rätsel. Schliesslich wurde Knip lange
Zeit nicht nur von sich selbst, sondern
auch von der Schweizer Finanz-Community gefeiert. Das Start-up erhielt
verschiedene Preise, wurde von renommierten Investoren hofiert. Rund
15 Millionen Franken sammelte Knip
im vergangenen Herbst bei Risikokapitalgebern ein. Das war damals die
grösste Finanzierung für ein Versicherungs-Fintech im gesamten deutschsprachigen Raum.
Hohe Marketingausgaben
Den Recherchen der Handelszeitung
zufolge floss ein grosser Teil des im
Oktober eingesammelten Geldes allerdings nicht in die Verbesserung des
Produkts, sondern ins Marketing. So
fuhr Knip umfangreiche TV-Kampagnen, warb für teures Geld auf Facebook und Google. Der Ertrag blieb al-
Knip-Gründer Dennis Just: Das Geschäft ist auf Zwergengrösse geschrumpft.
SCHWEIZER VERSICHERUNG25
SEPTEMBER 2016
MÄRKTE & KUNDEN KNIP
lem Anschein nach jedoch bescheiden:
In Branchenkreisen heisst es, im
Kernmarkt Deutschland habe Knip
derzeit bestenfalls rund 20 000 feste
Kunden – also Menschen, die nicht
bloss die App herunterladen, sondern
mittels digitaler Unterschrift auch tatsächlich ein Maklermandat erteilen.
Bei durchschnittlichen Provisionen von grob geschätzt 50 Euro jährlich ergäbe dies einen monatlichen
Umsatz von nicht einmal 100 000
Euro. Knip will sich zu den Zahlen
nicht äussern, sondern weist lediglich
darauf hin, dass die Kundenzahlen
in der Schweiz ähnlich hoch seien wie
in Deutschland. Diese Provisionsumsätze müsste man also noch hinzuaddieren.
Trotzdem dürften die Erlöse nicht
einmal entfernt ausreichen, um die
Ausgaben zu decken. Nach eigenen
Angaben beschäftigte Knip zwischenzeitlich rund 120 Mitarbeitende, leistete sich Büros nicht nur in
Zürich und Berlin, sondern sogar in
Paris und New York. Den fixen Kostenapparat mit grob einer halben
Million Franken im Monat zu veranschlagen, wird nicht zu hoch gegriffen sein. Hinzu kommen Marketingaufwendungen, die nach Angaben
aus Branchenkreisen in Spitzenzeiten ähnliche Dimensionen erreicht
haben sollen.
Der Einbruch bei den DownloadZahlen deutet nun allerdings darauf
hin, dass Knip seine Werbeausgaben
inzwischen drastisch zurückgefahren hat. Ein Beleg: Selbst wenn man
bei Google zuletzt das Stichwort
Knip eingab, erschienen auf den
wichtigen Anzeigeplätzen die Namen von Konkurrenten wie Clark
oder Moneymeets. Das ist höchst ungewöhnlich. Denn es ist viel billiger,
als Werbetreibender bei Google auf
die eigene Marke zu bieten als auf die
Marke eines Konkurrenten.
Mitgründerin tritt ab
Tatsächlich ist von Büros in Paris und
New York inzwischen keine Rede
mehr. Ebensowenig von 120 Mitarbeitenden. Es seien 101, heisst es, allerdings wolle man gerade 14 neue
einstellen. Schon vor Monaten musste
Knip den Abgang von Mitgründerin
Christina Kehl verkraften. Inzwischen haben offenbar auch weitere
Führungskräfte die Firma verlassen.
So gingen laut dem Karriereportal
Linkedin im Februar der Produktchef, im Mai der Art Director, im Juni
der Marketingchef und im Juli der
Strategiechef.
Dem Eindruck, es habe sich womöglich schon wieder ausgeknipst,
tritt die Firma trotzdem entschieden
entgegen. Versicherungen würden
von September bis November verkauft, heisst es – und Apps würden
sich am besten von Oktober bis März
vermarkten lassen. Darum bereite
Knip gerade neue Spots und Tools
vor, um zur Hauptsaison effizient und
nachhaltig Kunden zu gewinnen.
Auch für die Personalien hat das
Fintech eine Erklärung: Man steigere
gerade Effizienz und Automatisierung. Darum brauche Knip tendenziell immer weniger Manpower, um die
Kunden exzellent zu beraten. Das soll
sie also sein – die Wahrheit über Disruption? NUR AUF DEN ERSTEN
BLICK KOSTENLOS
Der Online-Makler wurde 2013 von Dennis
Just und Christina Kehl gegründet und
ist nach eigenen Angaben das mit Abstand
grösste Insuretech im deutschsprachigen
Raum. Über die Knip-App können User ihre
Versicherungen hochladen, die von dem
Fintech dann zu einem digitalen Versicherungsordner zusammengestellt werden.
Auf den ersten Blick ist dieser Service
kostenlos – tatsächlich zielt er aber darauf
ab, dass der Kunde das Fintech zu seinem
Makler macht. Damit fliessen die Bestandsprovisionen der Versicherer an Knip.
Die Kooperation mit der Versicherungs­
branche ist deshalb überlebenswichtig.
Manche Versicherer wie Helsana weigern
sich allerdings, mit Knip zu kooperieren.
LLOYD`S IN DUBAI
AUF TUCHFÜHLUNG
D
er altehrwürdige, internationale
Versicherungsmarkt
Lloyd’s of London und die Dubai
Financial Services Authority (DFSA),
die Regulierungsbehörde des Dubaier
Finanzzentrums DIFC, haben sich
auf Rahmenbedingungen für eine Zu­
sammen­arbeit verständigt. Lloyd’s
Chairman John Nelson und der CEO
der DFSA Ian Johnston unterzeichneten
kürzlich ein entsprechendes Abkommen, das einen «effektiven Informationsfluss» zwischen beiden Institutionen
gewährleisten soll, insbesondere im
Hinblick auf jene Versicherungsunternehmen, die Mitglied bei Lloyd’s sind
und von ihrer Niederlassung im
DIFC aus im Mittleren Osten operieren.
Während die DFSA, deren Regelwerk
fast identisch ist mit dem der britischen
Finanzaufsicht, die Mitgliedsfirmen
von Lloyd’s beaufsichtigt, unterhält der
britische Versicherungsmarkt selbst
seit März 2015 eine Zweigstelle im DIFC.
Die neun Lloyd’s-Mitgliedsfirmen
Amlin, Argo Re, Liberty, Markel, Visionary, Talbot, Watkins, Catlin and
Beazley bearbeiten die Region über das
DIFC, dessen Geschäftssprache Englisch anstelle von Arabisch und dessen
offizielle Währung der US-Dollar
und nicht der Emirate-Dirham ist.
Im vergangenen Jahr generierte Lloyd’s
in Dubai ein Bruttoprämienvolumen
von 91 Millionen US-Dollar, für 2016
rechnet Nelson mit 30 Prozent Prämienwachstum.
Das Rahmenabkommen stellt laut
Johnston «einen bedeutenden Schritt
dar für die Entwicklung von Lloyd’s im
DIFC». Einige Mitgliedsfirmen bei
Lloyd’s seien bereits seit zehn Jahren im
DIFC, «doch die vor einem Jahr
geschaffene Präsenz der Lloyd’s-Plattform im DIFC erweitert die Markttiefe.»
Auch Nelson lobte das Abkommen:
«Die Vereinbarung anerkennt die Verantwortlichkeiten und gemeinsamen
Inte­ressen zwischen Lloyd’s und
der DFSA und es stellt sicher, dass die
Geschäftsaktivitäten der Lloyd’s Coverholders im DIFC ordnungsgemäss
ausgeführt und beaufsichtigt werden.»
Gérard Al-Fil
26
SCHWEIZER VERSICHERUNG
SEPTEMBER 2016
E
ine neue Studie der Universität St. Gallen – erstellt im Auftrag des
Krankenversicherungsverbands Santésuisse –
hat den Status quo und
zukünftige Herausforderungen im
Gesundheitssystem aus Perspektive
der Krankenversicherer analysiert. Zu
diesem Zweck wurden ausgehend von
sogenannten Megatrends zentrale
strategische Herausforderungen identifiziert und im Rahmen einer Marktbefragung zur Diskussion gestellt. Für
die Befragung konnten 18 Versicherer,
welche mit ihren Kunden etwa die
Hälfte der Schweizer Bevölkerung repräsentieren, gewonnen werden.
Schweiz in oberen Rängen
Im Ergebnis zeigt sich, dass die
Schweiz ein sehr gutes Gesundheitssystem mit einem sehr hohen Leistungsniveau hat. So nimmt sie in internationalen Studien zum Vergleich
der Gesundheitssysteme in der Regel
einen der oberen Plätze ein. Einzig
das relativ hohe Kostenniveau ist Gegenstand anhaltender, kontroverser
Diskussionen, denn die relativ hohe
Qualität in der Schweiz wird mit relativ hohen Kosten erkauft. Daher konzentriert sich die politische Diskussion häufig auf die Frage, wie die
Gesundheitsvorsorge kosteneffizienter gestaltet werden kann. Sprich also:
ähnlich gute Leistung und dies –
wenn irgendwie möglich – zu geringeren Kosten.
Dies ist aber kaum realisierbar.
Denn der Studie zufolge sieht sich das
Gesundheitssystem in den kommenden Jahren mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, welche
enorme zusätzliche Kostenwirkungen
entfalten. Dazu gehören etwa die demografische Alterung mit erheblichen
zusätzlichen Kosten in den Bereichen
Pflege und chronische Krankheiten
bis hin zum medizinisch technologischen Fortschritt, der vielen Menschen ein langes Leben bei guter Gesundheit ermöglicht, zugleich aber
auch sehr teuer ist.
Neben diesen allgemeinen Entwicklungen sehen sich die Krankenversicherer mit einem zunehmend
dynamischen Geschäftsumfeld konfrontiert. Zunehmender Wettbewerb,
geringe Renditen auf der Kapitalanlageseite, wachsender Regulierungsdruck, neue Technologien sowie die
anhaltende institutionelle Auseinandersetzung mit den Leistungserbringern stellen das Management vor besondere Herausforderungen. Auf der
Grossbaustelle
Gesundheit
Die eigentliche demografische Bombe ist nicht die AHV,
sondern die Themen Langzeitpflege und altersbedingte
Krankheiten. Diese werden in den nächsten Jahren zu
Mehrkosten in Milliardenumfang führen. Was ist zu tun?
Von Martin Eling
In der
Altersvorsorge
sind die
Reformhebel
vollständig
bekannt. Im
Gesundheitssystem sind
die passenden
Lösungsansätze noch
zu entwickeln.
politischen Seite hat der Bundesrat
mit der Initiative Gesundheit 2020 zudem eine umfassende Strategie mit 36
Einzelmassnahmen lanciert, welche
die Balance zwischen hoher Versorgungsqualität und Bezahlbarkeit sichern sollen.
Drei Grossbaustellen
Das Gesundheitssystem und die
Krankenversicherer sind folglich in
Bewegung. Mit welchen Themen
werden sich die Krankenversicherer
aber bis ins Jahr 2020 schwerpunktmässig befassen? Im Rahmen der Studie werden verschiedene aktuelle strategische Herausforderungen und
Handlungsfelder vorgestellt. Die
wichtigsten Herausforderungen bis
ins Jahr 2020 liegen nach Angaben
der befragten Unternehmen in den
drei Themenblöcken demografischer
Wandel, zunehmende Regulierung
und mangelhafte institutionelle
Strukturen im schweizerischen Gesundheitsmarkt.
1. Demografischer Wandel
Das Resultat, dass der demografische
Wandel bei den strategischen Herausforderungen die erste Position einnimmt, mag auf den ersten Blick
überraschen. Dies insbesondere auch,
weil dieses Thema die Schweiz bereits
seit vielen Jahrzehnten kontinuierlich
begleitet. Im Moment kommt aber
hinzu, dass die letzte Generation mit
einer hohen Geburtenrate (die sogenannte Baby-Boomer-Generation)
ins Pensionsalter eintritt. Dies führt
zu einer deutlichen Erhöhung des
Altersquotienten und damit zu erheblichen Herausforderungen für die Sozialwerke. Die entsprechende Diskussion ist momentan im Bereich der
Altersvorsorge sehr präsent, insbesondere auch im Hinblick auf die laufende Reformdebatte Vorsorge 2020.
Die Resultate der Studie zeigen aber,
dass diese Entwicklung aufgrund der
Finanzierungsstruktur und der Entwicklung der Gesundheitskosten auch
für die Krankenversicherung und für
das Gesundheitssystem insgesamt
von grosser Relevanz ist.
Im Vergleich zum Einfluss des demografischen Wandels auf den Bereich der Altersvorsorge besteht im
Bereich der Gesundheit das spezifische Problem, dass Lösungsansätze
zum Management der Langzeitpflege
und altersbedingter Krankheiten (wie
etwa Alzheimer) nur sehr rudimentär
vorhanden sind. Im Bereich der Altersvorsorge sind die Reformhebel
(wie Rentenalter und Umwandlungssatz) vollständig bekannt; lediglich deren politische Umsetzung ist Gegen-
SCHWEIZER VERSICHERUNG27
SEPTEMBER 2016
BILD: KEYSTONE/MARKUS WIDMER
MÄRKTE & KUNDEN GESUNDHEITSWESEN
Rentner-Kino als
Zeitvertreib.
Doch die Baustellen, die sich im
Gesundheitssektor
abzeichnen,
verlangen nach
passenden
Lösungsansätzen.
stand kontroverser Diskussionen. Im
Gesundheitssystem sind die entsprechenden Lösungsansätze aber noch zu
entwickeln, was in den kommenden
Jahren eine grosse Herausforderung darstellen wird. Insofern
kann die These aufgestellt werden, dass die
eigentliche demografische Bombe nicht die
AHV ist, sondern die
Themen Langzeitpflege und altersbedingte Krankheiten.
Diese Themen werden
in nächsten 10 bis 15
Jahren zu Mehrkosten
in Milliardenumfang
führen und es ist noch
weitgehend unbestimmt und teilweise
unbekannt, wie diese
in der Gesellschaft adäquat aufgefangen werden können.
2. Zunehmende Regulierung
Auch die Krankenversicherer sehen
sich einem zunehmenden Regulierungsdruck ausgesetzt. Speziell für
die Krankenversicherungsbranche ist
anzuführen, dass diese in vielen Fällen nicht nur von einer Regulierungsbehörde beaufsichtigt wird, sondern
neben dem Bundesamt für Gesundheit (BAG, für das KVG-Geschäft)
auch unter der Aufsicht der Finma
(für das VVG-Geschäft) stehen. Folglich gibt es zwei Aufsichtsbehörden,
die jeweils ihre eigene Agenda an Reformmassnahmen und Initiativen im
Bereich der Regulierung vorbringen.
3. Mangelhafte institutionelle
Strukturen
Die mangelhaften institutionellen
Strukturen werden als schwerwiegendes Problem des Gesundheitssektors
erachtet. Es herrscht auch eine ge-
wisse Resignation beim Problem der
Mengenausweitung, vermutlich wegen der gescheiterten Managed-CareVorlage und weiterer politischer Initi-
ativen zur Einschränkung von
Wahlfreiheiten und Wettbewerb.
Auch sehen sich die Versicherer hier
mit dem Problem der mangelnden direkten Beeinflussbarkeit konfrontiert:
Mit den Verwaltungskosten können
nur etwa 5 Prozent der Gesamtkosten
direkt beeinflusst werden, während 95
Prozent der Gesamtkosten weitgehend von aussen vorgegeben sind.
Offen für Reformen
Den grössten Hebel für die politische
Diskussion sehen die befragten Unternehmen im Bereich Finanzierbarkeit und Finanzierungsgerechtigkeit.
Offensichtlich besteht an dieser Stelle
die Erwartung, dass eine grössere Offenheit für eine Reformdiskussion bestehen könnte. So hat jüngst die Sozial- und Gesundheitskommission
(SGK) des Nationalrats den Vorschlag eingebracht, eine Prämienentlastung der 19 bis 35-Jährigen vorzusehen. Die Studie geht hier sogar noch
einen Schritt weiter und bringt die ge-
zielte Entlastung junger Familien ins
Spiel. Gerade diese Gruppe ist erheblichen Belastungen ausgesetzt, die
auch vor dem Hintergrund der Generationengerechtigkeit hinterfragt werden können.
Die unternehmerische Prägung
der Krankenversicherer ist einer der
wesentlichen Vorteile des schweizerischen Krankenversicherungssystems
und einer der wesentlichen Unterschiede zu anderen Krankenversicherungssystemen im internationalen
Vergleich. Denn die Krankenversicherer sind aufgrund der unternehmerischen Prägung eine der wenigen Parteien im Gesundheitssystem, welche
ein Interesse an den Kosten und damit
an der Effizienz insgesamt haben. Die
Sorge um die Effizienz spiegelt sich in
unserer Marktbefragung in vielen
Feedbacks der Krankenversicherer
wider. Dies sicherlich aus Eigeninte­
resse, aber zugleich auch aus Interesse
an der nachhaltigen Entwicklung des
Sektors insgesamt.
Die Resultate der Marktbefragung
zeigen folglich, dass es den Versicherern nicht um eine pauschale Diskussion (im Sinne von «weniger Regulierung» oder «mehr Wettbewerb») geht,
sondern um eine differenzierte Auseinandersetzung zu Wirksamkeit und
Effizienz im Gesundheitswesen. Insofern liefert die Studie Politikern, Versicherern und weiteren Interessengruppen Gedankenanstösse für die
aktuelle Debatte um die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems. MARTIN ELING ist Professor am Institut
für Versicherungswirtschaft der Universität
St. Gallen
28
SCHWEIZER VERSICHERUNG
SEPTEMBER 2016
Kapazitäten so weit
das Auge reicht
Die misslichen Bedingungen bringen
selbst die Hedge-Fund-Rückversicherungen in Schwierigkeiten.
Von Matthias Niklowitz
D
BILD: KEYSTONE/AP KYODO NEWS/YOHEI FUKAI
ie 14 Milliarden
Dollar Schäden,
welche die global
versicherten Katas­
trophen im zweiten
Quartal gekostet
hatten und die deutlich über dem
mehrjährigen Durchschnitt von 9
Milliarden Dollar liegen, brachten
kaum eine Entspannung: Der Druck
des Marktes ist einfach noch nicht
gross genug, um den jahrelangen
Preiszerfall aufzuhalten, so die Ana­
lysten von Morgan Stanley. Der an­
haltende Preiszerfall über alle Linien
von 5 Prozent belastet die Eigenkapi­
talrendite jeweils mit zwei Prozent­
punkten. Lediglich bei einzelnen Spe­
zialitäten sowie bei US-Health gibt es
Anzeichen für eine Stabilisierung.
«Die Kapazitäten bleiben hoch und
trotz rekordtiefen Investmentrenditen
schafft es die Industrie nicht, die
Preise anzuheben», stellt auch Stefan
liegt meiner Ansicht nach der mögli­
che Inflektionspunkt», so Schürmann.
«Denn sollte die Schadeninflation stei­
gen, könnte die Diskussion zur Ja­
nuar-2017-Erneuerungsrunde, die in
Monte Carlo angestossen wird, für die
Rückversicherungsindustrie interes­
sant werden.»
Das Erdbeben in
Japan war gravierend, kann aber
den Preiszerfall in
der Rückversicherungsbranche auch
nicht aufhalten.
Schürmann, Versicherungsanalyst bei
der Bank Vontobel in Zürich fest. Ein
wichtiger Grund sei die tiefe Schaden­
inflation, die es bisher erlaubt hat, Re­
serven aus früheren Jahren aufzulösen
und die Resultate zu stützen. «Hier
Scheues Kapital
Alleine die Feuer in Kanada hatten
laut Morgan Stanley versicherte Schä­
den in einer Höhe zwischen 3 und 7
Milliarden Dollar angerichtet. Davon
werden zwischen 2 und 5 Milliarden
Dollar von den Rückversicherungen
und den ILS-Investoren, welche CatBonds gekauft hatten, getragen. Ka­
nadische Erstversicherungen geben
typischerweise zwei Drittel bis drei
Viertel der Risiken an die Rückversi­
cherungen weiter. Hinzu kommen
Hagelstürme in Texas (2 bis 3 Milliar­
den Dollar Schaden), Erdbeben in Ja­
pan und in Ecuador (3 bis 7 Milliar­
den) sowie die Überschwemmungen
in Europa (2,5 Milliarden Dollar).
In den USA zeichnet sich gemäss
der US-Rückversicherung Willis Re
eine gewisse Stabilisierung der Preise
ab. In Europa dagegen sind die Kapa­
zitäten unverändert hoch, was wiede­
rum das Prämienniveau auf vielen
Linien belastet. Gemäss Willis han­
deln Erst- und Rückversicherungen in
den reifen Märkten berechenbar: Die
Käufer von Versicherungsleistungen
vermeiden es zunehmend, grosse ge­
bündelte Abschlüsse vorzunehmen.
Stattdessen kaufen sie Schutz diffe­
renziert ein, je nach unterschiedlichen
Einzelrisiken. Man bleibt aber auf bei­
den Seiten des Tisches pragmatisch,
wie man bei Willis beobachtet hat,
SCHWEIZER VERSICHERUNG29
SEPTEMBER 2016
MÄRKTE & KUNDEN RÜCKVERSICHERUNGEN
und schliesst auch wiederum bei den
gleichen Adressen ab. Flexibilität gibt
es bei Details wie bei der Indexierung
von Provisionen. Über alle Linien gibt
es für Europa einen Preisrückgang bis
Der Druck des Marktes ist
einfach noch nicht gross
genug, um den jahrelangen
­Preis-zerfall aufzuhalten.
10 Prozent, wobei die Erneuerungen
stärker betroffen sind als ganz neue
Abschlüsse.
Bemerkenswerterweise haben sich
auch die Preise für Policen, welche politische Risiken abdecken, generell
nicht besser gehalten: Investoren
schauen sich laut Willis die einzelnen
Risiken und möglicherweise betroffenen Märkte genau an, bevor sie entscheiden. Gebündelte Policen sind
auch hier nicht en vogue. Offener ist
laut Morgan Stanley die Reaktion der
ILS-Investoren. Bei diesen spielten
die Preise selber eine wichtige Rolle –
die Beziehungen hier sind hingegen
ganz anders strukturiert.
Rückzüge und Newcomer
Der Hedge-Fund-Rückversicherungsmarkt ist im Umbruch: Investoren bevorzugen laut den Experten von
Willis liquide Papiere, sie decken sich
auch auf dem Sekundärmarkt ein.
Einige Player hatten sich aus gewissen
Märkten zurückgezogen: Zurich und
Allianz aus Taiwan, Aegas aus Hongkong. Die Distribution via Banken
steht weiterhin im Fokus, wobei die
Adressen mit gutem Distributionsnetz in Asien vergleichsweise hohe
Gebühren verlangen (und auch
durchsetzen).
Einen besonderen Blick auf die
Hedge-Fund-Rückversicherungen
hat Standard & Poor’s (S&P) vorgenommen. Diese waren in den vergangenen Jahren besonders aggressiv in
einen bereits nachgebenden Markt
eingestiegen, obwohl die junge Geschichte dieser Versicherungen eine
durchzogene Bilanz zeigt: Scottish Re,
eine in den 1990er-Jahren von Maverick Capital gesponserte Rückversicherung, kollabierte und Max Re, die
von Moore Capital gegründet worden
war, hat sich zu einer «normalen»
Rückversicherung weiterentwickelt.
Bekannte jüngere Stand-aloneAdressen (also ohne Sponsor im Rücken) sind Fidelis Insurance, Greenlight Capital Re, Hamilton Re und
Third Point Re. Sie haben jeweils Kapital zwischen 800 Millionen und 1,5
Milliarden Dollar zur Verfügung. Einigen Neugründungen – unter anderem ABR Re, Aligned Re und Harrington Re – stehen temporäre
Schliessungen (wie AQR Capital) und
Run-offs (PacRe) gegenüber und aufgrund der misslichen Marktgegebenheiten sah die XL Group davon ab, die
eigene Neugründung Alloy Re überhaupt ins Rennen zu schicken. Laut
S&P zeichnen sich diese alternativen
Anbieter durch unterschiedliche Strategien aus: Stand-alone-Anbieter verfolgen oft eine Asset-heavy-Strategie,
hier liegt das Gewicht auf den Anlage-
erträgen und weniger auf den Erträgen
aus dem Underwriting. Gesponsorte
Hedge-Fund-Rückversicherungen
(mit einem Rückversicherungs-Sponsor im Rücken) dagegen legen mehr
Wert auf ein ausbalanciertes Modell
mit Erträgen sowohl aus den Anlagen
wie auch aus dem Underwriting.
Nach jahrelangem aggressivem
Wachstum ziehen die Spezialisten von
S&P eine ernüchternde Bilanz: Die
Hedge-Fund-Rückversicherungen
sind erst als Nischenanbieter etabliert;
ihr Prämienvolumen liegt bei 2 Prozent dessen, was die konventionellen
Bermudas-basierten Peers jährlich
stemmen.
Hohe Kostenbasis
Hedge-Fund-Rückversicherungen
hatten in den vergangenen drei Jahren
mit dem Underwriting kein Geld verdient, obwohl sich die Combined Ratio gesamthaft und gemittelt von 117
auf 102 Prozent verbessert hatte. Die
eigenen Kosten und die ausbezahlten
Gelder nach Schäden sind höher als
die verdienten Prämien. Und die
Schere geht weiter auseinander: 2013
gab es eine Differenz von 15 Prozentpunkten zwischen der Combined
Ratio von traditionellen Rückversicherungen und den Hedge-Fund-Rückversicherungen. Die Lücke wuchs
2015 auf 22 Prozentpunkte an: HedgeFund-Rückversicherungen meldeten
eine Combined Ratio von über 110
Prozent, die konventionellen Bermuda-Gesellschaften hingegen kamen auf knapp 89 Prozent. Der Trend
setzte sich auch im laufenden Jahr fort.
Laut S&P machen den HedgeFund-Rückversicherungen die höhere
Verlustquote sowie die ebenfalls überdurchschnittlichen Akquisitionskosten schwer zu schaffen: Zwischen
2013 und 2015 meldeten die HedgeFund-Rückversicherungen eine
durchschnittliche Schaden-Auszahlungsquote von 66 Prozent sowie Akquisitionskosten von 30 Prozent. Zum
Vergleich: Die traditionellen Bermuda-Gesellschaften kamen auf 53
bzw. 20 Prozent.
Damit stellen sich fundamentale
Fragen nach der Risiko-Selektion.
Hedge-Fund-Rückversicherungen
tendierten dazu, eher tiefmargige
Quoten-Sharing-Konstellationen einzugehen, bei denen die Volatilität nicht
überdurchschnittlich ist und bei denen
das Exposure eher bei der Anzahl von
Schadenereignissen und weniger bei
der Schwere liegt. Aber bei vielen weiteren Faktoren (Makro-Umgebung,
Schadenverläufe usw.) unterscheiden
sich Hedge-Fund-Rückversicherungen nicht von den traditionellen Anbietern – und damit steht das ganze
Geschäftsmodell auf dem Prüfstand.
Denn die Risikoselektion und auch
das Risk Management zeigte einige
Schwächen. Dabei entsteht ein kostspieliger Teufelskreis: Weil die HedgeFund-Rückversicherungen eher höhere Risiken auf die eigenen Bücher
nehmen, müssen sie mehr Eigenkapital vorhalten als die traditionellen
Peers, die sich in der Regel mit Investment-Grade-Anlagen bedienen.
Aufgrund der vergleichsweise kleinen zusätzlichen Kapazitäten gäbe es
lediglich in einigen Linien eine leichte
Entspannung bei den überschüssigen
Kapazitäten. Das Modell selber zeigt
Schwächen, obwohl es laut Standard
& Poor’s auch substanzielle Vorteile
gibt wie Diversifizierungseffekte und
die Möglichkeiten der Kapitaloptimierung, welche traditionellen Rückversicherungen nicht (immer und
überall) offen stehen. 30
SCHWEIZER VERSICHERUNG
SEPTEMBER 2016
Im
Schleichgang
Die globale Versicherungsbranche wächst
2015 konstant bei moderatem Wirtschaftswachstum.
Die Aussichten sind indes gemischt.
Von Peter Marti
D
ie weltweiten Versicherungsprämien
haben bei 2015 regional unterschiedlichen Wachstumsraten um real 3,8
Prozent zugelegt. Die Gesamtentwicklung der gebuchten Erstversicherungsprämien war nach einem Anstieg im Jahr 2014 um 3,5 Prozent
damit stabil. Dies trotz des nur moderaten weltweiten Wirtschaftswachstums von 2,5 Prozent. Das sind die Ergebnisse der neusten Sigma-Studie.
Während die Entwicklung real
betrachtet gut ausfiel, ging 2015 das
Prämienvolumen in US-Dollar zu
laufenden Devisenmarktkursen um
4,2 Prozent zurück. Dies könnte als
Anzeichen einer Schwäche des Versicherungssektors gewertet werden, ist
jedoch nur auf weit verbreitete Währungsabwertungen gegenüber dem
US-Dollar zurückzuführen.
Lebensektor schwach,
Nichtlebensektor stark
In den entwickelten Märkten verlangsamte sich das Gesamtprämienwachstum im Lebensektor von 3,8 Prozent
im Vorjahr auf real 2,5 Prozent im
Jahr 2015. Nordamerika kehrte nach
zwei Jahren rückläufiger Entwicklung
zu einem positiven Wachstum zurück.
Das Prämienwachstum war auch stärker in den entwickelten Märkten Asiens, allen voran Japan und Korea. In
Westeuropa kam es jedoch zu einer
deutlichen Verlangsamung des
Wachstums von 5,8 Prozent im Jahr
2014 auf 1,3 Prozent. In den Schwellenländern verdoppelte sich das Prämienwachstum im Lebensektor auf
tum fortsetzen (plus 7,8 Prozent), das
in erster Linie durch China angekurbelt wurde.
Seit der
Finanzkrise
bewegt sich
die durchschnittliche
jährliche
Wachstumsrate der
weltweiten
Versicherungsprämien
unter dem
Vorkrisenniveau.
beinahe 12 Prozent, was durch die
starke Entwicklung in den asiatischen
Schwellenländern, insbesondere in
China, unterstützt wurde. Das
Wachstum verbesserte sich zudem in
Lateinamerika, war aber langsamer
im Nahen Osten und in Zentralasien
sowie in Afrika. In Mittel- und Osteuropa waren die Prämien rückläufig.
In der Nichtlebenversicherung waren die entwickelten Märkte die wichtigsten Treiber. Die entwickelten
Märkte Asiens verzeichneten dabei
das höchste Wachstum (plus 4,1 Prozent), und auch Nordamerika legte
deutlich zu ( plus 3,2 Prozent). In
Westeuropa fiel das Wachstum moderater aus (plus 1,5 Prozent), verzeichnete aber eine deutliche Verbesserung
im Vergleich zu früheren Jahren der
Stagnation. Die Schwellenländer
konnten ihr solides Prämienwachs-
Niedrige Zinsen schlecht für
die Profitabilität
Die Zinsen blieben 2015 in den entwickelten Ländern äusserst niedrig,
was die Profitabilität im Lebensektor
und in geringerem Masse auch im
Nichtlebensektor unter Druck setzte.
Im Lebengeschäft wirkte sich auch
das moderate Prämienwachstum in
vielen Märkten auf die Gewinne aus.
Im Nichtlebensektor waren sowohl
die versicherungstechnischen als
auch die anlagebedingten Ergebnisse
schwächer als 2014. Das versicherungstechnische Ergebnis wurde
durch geringere Rückstellungsauflösungen beeinflusst, und die anlagebedingten Ergebnisse litten unter den
niedrigen Zinsen.
«Die Zinsen und das makroökonomische und finanzielle Marktumfeld
bestimmen weiterhin die Aussichten
für die Versicherungsbranche», sagt
Kurt Karl, Chefökonom bei Swiss Re.
«Angesichts der angespannten Profitabilität werden sich die Lebensversicherer weiter auf die Verbesserung des
Kapitalmanagements, auf Kostensen-
SCHWEIZER VERSICHERUNG31
SEPTEMBER 2016
MÄRKTE & KUNDEN VERSICHERUNGSWIRTSCHAFT
bald die Zinssätze vor allem in den
USA und in Grossbritannien wieder
steigen.
BILD: ISTCOK
Leichte Besserung in Sicht
Das Wachstum der Lebensversicherungsprämien wird 2016 in den entwickelten Ländern voraussichtlich
leicht zulegen, wohingegen es in den
Schwellenländern zu einer Verlangsamung kommen dürfte. Die leichte
Verbesserung in den entwickelten
Märkten basiert auf einer erwarteten
Erholung in Ozeanien und einer geringfügigen Verbesserung in Westeuropa. In den Schwellenländern spiegelt das Wachstumstempo die
anhaltend starke Entwicklung in
Asien wider. Das Prämienwachstum
in China dürfte leicht zurückgehen,
jedoch stark bleiben.
Langsam unterwegs:
Die weltweite Versicherungsbranche wächst,
aber in moderatem Tempo.
kungen und auf die Steigerung der
Anlagerenditen konzentrieren. Auch
im Nichtlebensektor bleibt die Profitabilität angesichts der nach wie vor
niedrigen Anlagerenditen und nachgebenden Preise angespannt.»
Dennoch bleibt die Versicherungsbranche insgesamt gut kapitalisiert,
wodurch die Versicherer besser gegen
turbulente Wirtschafts- oder Marktphasen gewappnet sind. Der Leben­
sektor war Ende 2015 besser kapitalisiert als 2014, was auf die soliden
Ergebnisse in China, aber auch auf die
Auswirkungen sinkender Zinssätze
zurückzuführen ist, die eine höhere
Bewertung für festverzinsliche und
derivative Anlageinstrumente zur
Folge hatten. Die Solvabilität im
Nichtlebensektor erreichte 2015 mit
130 Prozent ein Rekordhoch.
Die Kapitalisierung bleibt voraussichtlich stark, doch die Unterstützung durch höhere nicht realisierte
Gewinne aufgrund der gegenwärtigen Niedrigzinsphase wird enden, so-
schen Anfang der 1990er-Jahre und
Mitte der 2000er-Jahre etwa doppelt
so schnell zu wie das weltweite BIP, in
den vergangenen Jahren jedoch nur
noch etwa gleich schnell wie das BIP.
Die Verlangsamung des Handels
ist teilweise konjunkturell bedingt.
Der Handel sollte sich erholen, sobald
sich die Wirtschaftsleistung wieder
verbessert. Allerdings spiegelt die Verlangsamung auch tiefergreifende,
strukturelle Faktoren wider. Beispiele
dafür sind Grenzen im Ausbau globaler Wertschöpfungsketten, Protektionismus und die Umstellung der chinesischen Wirtschaft von export- und
Die Versicherungsbranche
bleibt insgesamt gut
kapitalisiert, wodurch die
Versicherer besser
gegen turbulente
Wirtschafts- oder Marktphasen gewappnet sind.
Das Wachstum des weltweiten
Nichtlebensektors wird sich aufgrund
der moderaten Wirtschaftsleistung
und der nachgebenden Preise insbesondere in den entwickelten Märkten
voraussichtlich abschwächen. Die
Aussichten für die Schwellenländer
sind gemischt. Das Prämienwachstum im Nichtlebensektor der asiatischen Schwellenländer wird wahrscheinlich stark ausfallen, vor allem
durch die Entwicklung Chinas. In anderen Schwellenregionen dürften die
Prämien dagegen langsamer wachsen
oder sogar zurückgehen.
Generelle Verlangsamung
Seit der Finanzkrise bewegt sich die
durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der weltweiten Versicherungsprämien unter dem Vorkrisenniveau. Der Trend reflektiert ein
langsameres Wirtschaftswachstum
sowie eine Verlangsamung beim
Wachstum des weltweiten Handelsvolumens. Der Welthandel nahm zwi-
investitionsgetriebenem Wachstum
auf einen zunehmenden Fokus auf inländische Dienstleistungen und Binnenkonsum.
Die Verlangsamung des Handels
wirkt sich auf das Wachstum der Weltwirtschaft aus, was sich wiederum auf
das Prämienwachstum auswirkt. Angesichts der fortbestehenden strukturellen Gründe für die Handelsverlangsamung wird eine anhaltende
Verlangsamung des Welthandels möglicherweise zu geringerem Wachstum
vor allem in der Transport- und Kreditversicherung führen. 32
SCHWEIZER VERSICHERUNG
SEPTEMBER 2016
Dort, wo nachhaltige Investitio­
nen am Nötigsten sind, funktio­
niert oftmals der Staat nicht gut
genug. Kann man dort mit Sus­
tainable Investments etwas errei­
chen oder ist es nur ein Schönwet­
ter-Instrument?
Im Gegenteil, nachhaltige Finanzierung ist ein Schlechtwetter-Instrument.
Wie meinen Sie das?
Nachhaltige Finanzierung ist im
Prinzip eine Versicherung: Man trifft
und leistet die nötigen Vorkehrungen,
um die Risiken im ESG-Bereich zu
mindern, also in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance.
Viele Pensionskassen gehen davon aus, dass eine nach­
haltige Investition weniger Return bringt als traditionelle
Anlagen. Diese Ansicht sei falsch, sagt Jean-­
Daniel ­Gerber, Präsident von Swiss Sustainable Finance.
Interview: René Maier; Bild: Marco Zanoni
BILD: MARCO ZANONI
Die Überalterung der Bevölke­
rung ist ein soziales und wirt­
schaftliches Zukunftsproblem. In
diesem Zusammenhang steuern
wir auf erhebliche Probleme in
der Altersvorsorge zu. Gibt es da­
gegen nachhaltige Lösungsan­
sätze in der Finanzindustrie?
Die Altersvorsorge ist ein klares Beispiel einer Finanzierung, die nicht
nachhaltig ist. Immer weniger jüngere, arbeitstätige Menschen müssen
für immer mehr Pensionäre aufkommen. Der
Nachhaltigkeitsaspekt
«Governance» wird in dieser Problematik sträflich vernachlässigt, weil die
Entscheide politisch gesteuert sind, so
beispielsweise die Festlegung des Umwandlungssatzes.
«Es zahlt sich
doch aus»
Jean-Daniel Gerber: «Für die Investoren wird das Anlagespektrum vielfältiger.»
Das klingt nicht sehr
zuversichtlich.
Immerhin haben wir das Drei-Säulen-Modell, AHV, Pension, Ersparnisse. Wenn es einer Säule schlecht
geht, geht es den anderen zwei vielleicht etwas besser und es findet so ein
Ausgleich statt. Klar, die AHV steht
nicht gut da. Es ist stossend, dass die
Pensionäre zum Teil auf dem Buckel
der jüngeren Generationen leben.
Bei institutionellen Anlegern wie
Pensionskassen stossen nachhal­
tige Investments bislang noch
nicht auf eine grosse Resonanz.
Wieso?
Einerseits gibt es in der Schweiz keine
Auflagen, wie stark unsere Pensionskassen Nachhaltigkeitskriterien bei
ihren Investitionen berücksichtigen
müssen. Anderseits fokussieren die
PKs ihre Aufmerksamkeit verständlicherweise auf den Ertrag. Allerdings
gehen dabei offenbar immer noch
viele PK-Verwalter davon aus, dass
eine nachhaltige Investition weniger
Return bringt als traditionelle Anlagen. Diese Ansicht ist falsch und wird
mittlerweile durch viele Studien widerlegt.
Und das ist noch nicht bei den
Pensionskassen angekommen?
Bei einigen schon. Diese haben den
Verband SVVK-ASR gegründet, der
den Nachhaltigkeitskriterien mehr
Beachtung verschaffen will. Ich hoffe
natürlich, dass PKs auch beim SSF
Mitglied werden. Wir ziehen am gleichen Strick.
SCHWEIZER VERSICHERUNG33
SEPTEMBER 2016
FINANZ & VORSORGE NACHHALTIGE INVESTITIONEN
SWISS SUSTAINABLE FINANCE
Der 2014 gegründete Verband
Swiss Sustainable Finance (SSF)
hat zum Ziel, die Position der
Schweiz im globalen Markt für
nachhaltige Finanzwirtschaft zu
stärken. Die Plattform zählt
bereits über 90 Mitglieder und
Netzwerk-Partner (Finanz­
dienstleister, Investoren, Universitä-
ten, Vertreter der öffentlichen Hand
und andere Organisationen).
Die Mitglieder von SSF beschäftigen über 180 000 Mitar­beit­
ende weltweit, über 90 000 in der
Schweiz und sie verwalten
700 Milliarden Franken an nachhaltigen Anlagen.
www.sustainablefinance.ch
hin den Bericht «Proposals for a Roadmap towards a Sustainable Financial
System in Switzerland» herausgegeben...
Kann ein nachhaltiges Finanzsystem über Marktmechanismen erreicht werden oder muss der Sektor reguliert werden?
Wo Markt ist, braucht es im Prinzip
keine Regulierung. Wo aber Marktversagen herrscht, z.B. in Teilen des
Umweltbereichs oder bei Monopolen,
muss der Staat regulieren.
Bei der Finanzkrise gab es ein klares Marktversagen.
Nicht unbedingt, die Markteilnehmer
haben eher die klaren Zeichen des
Markts verkannt.
Welche Bedeutung wird Sustainable Finance in 10 Jahren haben?
Sustainable Finance wird im Finanzierungsprozess Standard sein. Daneben wird es eine breite Vielfalt von innovativen Produkten geben, die
weiterführende Kriterien anwenden
wie etwa nachhaltige Themenfonds
wie Investitionen in Unternehmungen, die Arbeitsplätze schaffen und
nicht einfach wegrationalisieren oder
Investitionen die vorgängig nach nationalen und internationalen Standards
überprüft worden sind. Für die Investoren wird das Anlagespektrum somit
vielfältiger sein.
Aus Nachhaltigkeitssicht sollte die
Realwirtschaft idealerweise in
eine grüne, für jedermann frei zugängliche Wirtschaft transformiert werden und der Finanzsektor soll diesen Wandel ermöglichen
und beschleunigen. Kann das ein
Sektor, der so stark gewinnorientiert ist?
Jedes Unternehmen, das der Konkurrenz ausgesetzt ist, strebt aus Überlebensgründen nach Gewinn. Aber das
Problem ist, dass die Unternehmen
viertel- oder halbjährlich Bericht erstatten müssen. Und wenn man eine
Sustainable Finance wird
im Finanzierungsprozess
zum Standard werden.
grosse Investition beispielsweise im
Umweltbereich macht, belastet das
kurzfristig die Erfolgsrechnung. Positiv ist, dass in der Schweiz schon viele
Unternehmen vorausschauend Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen,
weil sie wissen, dass es sich längerfristig auszahlt und damit das Eingreifen
des Regulators vermieden werden
kann.
Sie plädieren also für möglichst
wenig Staat.
Staat und Unternehmen sollten Hand
in Hand arbeiten. Auch bei SSF versuchen wir zusammenzuarbeiten. So
haben die SFF-Mitglieder zusammen
mit dem Bundesamt für Umwelt letzt-
ZUR PERSON
JEAN-DANIEL
GERBER
Jean-Daniel Gerber (1946), Präsident von
Swiss Sustainable Finance, blickt auf
eine lange Karriere im Staatsdienst
zurück. In den späten 70er-Jahren war der
studierte Ökonom Delegierter der
Schweiz in der Welthandelsorganisation
(WTO). Danach wechselte er an die
Schweizer Botschaft in Washington als
Chef der Abteilung Finanz, Wirtschaft
und Handel. Mitte der 90er-Jahre war
Gerber während fünf Jahren Exekutivdirektor in der Weltbank. Von 2004 bis
2011 war er dann Staatssekretär und Direktor des Staatssekretariats für Wirt­
schaft (Seco). Unter anderem ist Gerber
heute Präsident von Swiss Investment
Fund for Emerging Markets (SIFEM)
Und werden dannzumal die Finanzinstitute in einem besseren
Licht als heute dastehen?
Ich denke schon. Aber die Konkurrenz wird auch zunehmen. Jene Finanzinstitute, die den Nachhaltigkeitsgedanken gut umsetzen, werden
einen Wettbewerbsvorteil haben. Für
jene Unternehmen, welche die Kriterien nicht berücksichtigen, steigen
hingegen die Reputationsrisiken. Gut
möglich, dass es in Zukunft Ranglisten geben wird, die aufzeigen, wer in
Sachen Nachhaltigkeit wie abgeschnitten hat. Was genau verstehen Sie eigentlich unter «Sustainable Finance»?
Eine allgemeine Definition: «Nachhaltige Finanzierungsdienstleistungen umfassen sämtliche Produkte und
Dienstleistungen, die Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte in
strukturierter Form in den Gesetzund Anlageentscheid einbeziehen
zum Nutzen der Kunden einerseits
sowie der Gesellschaft als Ganzes anderseits.»
34
SCHWEIZER VERSICHERUNG
SEPTEMBER 2016
Vorsorge in
Eigenregie
Das deutsche Start-up Fairr ermöglicht
die Altersvorsorge auf der Basis von ETFs – ideal
für die Generation Selbstentscheider.
Von Matthias Niklowitz
D
ie Rechnung der AHV
sei noch knapp im
Gleichgewicht, schrieb
der Bundesrat Anfang
Juli. In den kommenden Jahren verschieben
sich indes die Gewichte: Dann nämlich
gehen die «Baby-Boomer», die Vertreter der
geburtenstarken Jahrgänge der 1950er- bis
hin zu den mittleren
1960er-Jahren, in Pension. Damit seien, so
der Bundesrat, Defizite absehbar. Ohne
Gegenmassnahmen würden diese bis
zum Jahr 2030 auf 7 Milliarden Franken ansteigen.
Aber selbst wenn die Volksinitiative «AHV Plus – für eine starke AHV»
nicht angenommen wird – sie sieht
Erhöhungen der ersten Säule vor –
bleibt das Problem: Die erste Säule
kommt aufgrund der Demografie an
ihre Grenzen. Die zweite Säule
kommt aufgrund der Niedrigzinsen
ebenfalls an ihre Grenzen. Bleiben
noch die weiteren Vorsorgevarianten
der dritten Säule. Doch auch da gibt
es He­rausforderungen: Der typische
50- bis 80-prozentige Bond-Anteil
wirft ebenfalls kaum noch etwas ab.
Und der Rest? Die Aktieninvestments? Die reizen nur wenige aus,
denn sie werden oft als viel zu riskant
wahrgenommen.
Transparent, einfach, günstig
Dabei gäbe es laut ihren Verfechtern
eine Lösung: Die Exchange Traded
Funds, die ETFs, mit denen Anleger
via aktienähnliche Instrumente in ein
breites Portfolio von Indizes, Aktienkörben, Rohstoffen und Absicherungsinstrumenten investieren können. Aus der Sicht von vielen
Investoren haben solche ETFs grosse
Vorteile: Ihre Preisstellung ist transparent, der Handel viel einfacher als
jener mit Fondsanteilen und die Gebühren sind – oft, aber nicht immer –
gering. Jedenfalls geringer als die der
typischen Fonds.
Grösstes Problem aus der Sicht
vieler Anleger, die in Hinblick auf ihre
Altersvorsorge etwas unternehmen
möchten: Die misslichen Rahmenbedingungen. «Altersvorsorge ist im
Niedrigzinsumfeld nicht nur möglich,
sondern nötiger denn je», sagt Alexander Hinz, Sprecher beim Berliner
Start-up Fairr, das sich auf ETFbasierte Altersvorsorge spezialisiert
hat. Die Sparer müssten früher anfangen und mehr sparen, um das gleiche
Ziel zu erreichen. «Aber wer bereits
frühzeitig an den Vermögensaufbau
für die Altersvorsorge denkt, hat mehrere Jahrzehnte Zeit und kann in der
Anlage Risiken eingehen und Risikoprämien ernten.» Ein breit gefächertes
Portfolio mit laufzeitgerechter Aktienquote biete wissenschaftlich betrachtet die besten Aussichten. Zertifizierte
Fondssparpläne mit Beitragsgarantie
fördere beispielsweise auch der deutsche Staat mit Zulagen und Steuervorteilen – das vergrössert den Zinseszinseffekt enorm. Dennoch gibt es
auch hier Grenzen und an den Kapitalmärkten gelten die bekannten
Spielregeln von Risiko und Rendite
weiter. «Vorsorge-Sparer mit weniger
Zeit müssen die Zähne zusammenbeissen: Wenn es weniger Zinsen gibt,
muss mehr gespart werden», so Hinz.
Gerade im längerfristigen Vergleich war der Zinseszinseffekt äusserst wichtig für den Vermögensaufbau. In Zeiten mit Nullzinsen spielen
die entgangenen Gewinne, die Gebühren und das verfehlen der Benchmarks eine umso grössere Rolle. «Die
SCHWEIZER VERSICHERUNG35
SEPTEMBER 2016
FINANZ & VORSORGE NEXT GENERATION
Do-it-yourself:
ETFs sind für Menschen
geeignet, die im Hinblick
auf ihre Altersvorsorge
selbst aktiv werden wollen.
BILD: ISTOCK
Versprechen von aktiv gemanagten
Fonds werden über längere Zeiträume
regelmässig nicht eingelöst.» Die Vergleichsindizes rennen über die Jahre
häufig davon, weil Kosten für den Vertrieb und das Management die Rendite auffressen. «Kurzum: Mit ETFs
lassen sich wissenschaftliche Erkenntnisse preiswert umsetzen. Das bietet unseren
Kunden langfristig die
besten Renditeaussichten», hält Alexander
Hinz fest.
Die Gebühren
von ETFs
sind – oft,
aber nicht
immer –
gering.
Jedenfalls
geringer
als die von
den typischen
Fonds.
Keine Kick-Backs
Anschaulich ist die
Wirkung für schweizerische Vorsorgesparer
am besten im Vergleich des SMI mit
dem SMIC-Index zu
vermitteln: Der SMI
ist ein reiner Kursindex, die Dividenden
fliessen nicht ein. Der
SMIC ist ein Index,
der genau gleich wie der SMI zusammengesetzt ist, bei dem aber die Dividenden jeweils (theoretisch zu 100
Prozent perfekt) reinvestiert werden.
Auf lange Sicht ist die Lücke eklatant:
Der SMI selber hat sich seit dem 1. Januar 1999 um 14 Prozent verbessert –
also weniger als ein Prozent pro Jahr.
Anders der SMIC: Der gewann seit
diesem Stichtag 77 Prozent. Der
SMIC ist investierbar – entweder über
eine Handvoll Index-Tracker-Zertifikate oder über ETFs, welche die Dividenden automatisch investieren.
Allerdings sind auch schon etliche
Robo Advisor Start-ups auf die Idee
gekommen, via preisgünstige ETFs
Investoren zu attraktiven Renditen zu
verhelfen. Als Problem entpuppen
sich die riesigen Volumina, welche solche Plattformen anziehen müssten,
um von den schmalen Margen überleben zu können. Im Vorsorgesparbereich sind die Verhältnisse etwas
anders, weil auch die Kundenbeziehungen meistens viel langfristiger an-
gelegt sind. «Mit wachsenden Kundendepots steigen auch unsere
Einnahmen, da wir eine jährliche prozentuale Gebühr erheben», erklärt
Fairr-Sprecher Alexander Hinz. «Bleiben uns die Kunden über Jahrzehnte
treu, stimmt auch das Volumen. Wer
mit dem Einsatz von teuren und leistungsschwachen Fonds verdienen
muss, arbeitet aktiv am Inte­resse des
Kunden vorbei. Wir erhalten keinerlei
Kick-backs.»
Auch ohne versteckte Entschädigungen haben viele AltersvorsorgePortfolios ein Problem (es gibt Stimmen, die das als Sicherheitspolster
ansehen): Der hohe Obligationen-Anteil stabilisiert zwar den Wert des
Portfolios in Zeiten von Turbulenzen
an Aktienmärkten. Aber bei einem
Zins-Schock wäre auch der vermeint-
Corporate- und vor allem im HighYield- Bereich sein, die Liquidität in
einer Grössenordnung suggerieren,
die diese Segmente gar nicht hergeben. Dazu Alexander Hinz: «Wir investieren in Firmen nur in Form von
Aktien.»
Unbeliebte illiquide Anlagen
Ganz generell sieht man bei Fairr illiquide Assets, die möglicherweise in
guten Zeiten gute Renditen bringen,
als kritisch an. Um einen brauchbaren
Index zu bauen, werden regelmässige
und belastbare Preisinformation in
ausreichender Dichte benötigt», erklärt Hinz. «Illiquide Assets und sol-
Unter Sparern gibt es
immer mehr Selbst­
entscheider, die Produkte
und Kostenstrukturen
sehr genau hinterfragen.
lich solide Teil des Portfolios massiv
betroffen. Bei Fairr sieht man in der
graduellen Verschiebung der Aktien
zu Bonds und einer Verkürzung der
Laufzeiten die Lösung. «Das folgt
konsequent dem Grundsatz der laufzeitgerechten Anlage und bezweckt in
der Tat eine Reduktion der Volatilität
bei Kunden, die sich dem Rentenalter
nähern», so Hinz. Dabei investieren
wir fast ausschliesslich in europäische
Staatsanleihen bester Bonität.»
Damit will man gleich noch ein
weiteres Problem der Bond-ETFs lösen: Die Liquidität vieler Firmenanleihen ist niedrig – bei einem Ausverkauf, bei dem viel Material auf den
Markt kommt, kann der Markt das
oft gar nicht akzeptieren und es finden sich allenfalls noch Käufer, die
lediglich mit deutlichen Abschlägen
zulangen. «Das Liquiditätsthema bei
Anleihe-ETFs ist davon losgelöst zu
betrachten. Wir verfolgen das sehr
genau», sagt Hinz. Wirklich problematisch könnten Bond-ETFs im
che, bei denen es nur selten und in
ungeregelten Märkten zu einer Preisfeststellung kommt, sind unserer Meinung nach für ETFs ungeeignet.»
Das Geschäftsmodell von Fairr hat
sich laut Hinz bewährt und es nimmt
zunehmend Fahrt auf. «Solange
provisionsgetriebene Vermittler im
Deckmantel der Beratung schlechte
Finanzprodukte verkaufen, haben
Geschäftsmodelle wie unsere, die Produkte tatsächlich im Interesse des
Endkunden entwickeln, noch viel Potenzial», findet er. Unter den Sparern
gebe es eine steigende Zahl an Selbstentscheidern, die Produkte und Kostenstrukturen sehr genau hinterfragen. «Daher braucht es nicht zwingend
ein Verbot von Provisionsflüssen, wie
es einige Länder vorgemacht haben.
Viel wichtiger ist Transparenz und
Vergleichbarkeit innerhalb und zwischen den einzelnen Produktkategorien.» Und mit einer Handvoll solider
langfristiger Erfahrungswerte – ETFs
auf liquide Blue-Chip-Indizes mit
reinvestierten Dividenden sowie
ETFs auf Staatsanleihen – liessen sich
auch die jüngsten Turbulenzen einigermassen schadlos überstehen. PUBLI-INTERVIEW
Pax gehört ihren Kunden
Als Genossenschaft verbindet Pax Solidarität mit Gewinn.
Wie dies geht, erklärt Peter Kappeler, CEO von Pax.
Aber eine Aktiengesellschaft
stellt auch den Kunden
ins Zentrum.
PETER KAPPELER
CEO von Pax
Pax und andere Genossenschaften entstanden im 19.
Jahrhundert. Ist diese Gesellschaftsform nicht altmodisch?
Nein, sie ist hochmodern.
Denn die letzte Finanzkrise
hat gezeigt, dass eine
Renditemaximierung nicht
nachhaltig ist. Hier bildet die
Genossenschaft eine zukunftsweisende Alternative.
Leider ist der Nutzen dieser
Gesellschaftsform bei den
Jungen nicht mehr so bekannt.
Hier will Pax stärker aufklären
und zeigen, dass die Form der
Genossenschaft ideal zu einer
Vorsorgeversicherung passt.
Wo sehen Sie Gemeinsamkeiten
zwischen Genossenschaft und
Vorsorge?
Beide beruhen auf dem Prinzip
der Solidarität. Eine Versicherung
verteilt das Risiko, das ein
Einzelner nicht tragen kann,
auf viele Schultern. Im Zentrum
stehen stets die Interessen
der Genossenschafter, die bei
Pax auch immer Kunden sind.
Stimmt. Aber mit einem grossen
Unterschied: Eine Aktiengesellschaft bedient immer auch die
Aktionärsinteressen. Anders bei
der Genossenschaft. Hier gibt
es bei der Gewinnverteilung
eine
Anspruchsgruppe
weniger,
denn die
Genossenschaft
gehört
ihren
Mitgliedern.
Dadurch
ist sie
unabhängig,
was
eine
vorausschauende
Geschäftspolitik erlaubt.
Gerade für Pax ist dies ein
Vorteil, denn als Versicherung
gehen wir gegenüber
unseren Kunden langfristige
Versprechen ein.
Wie steht es mit der Gewinnorientierung? Genossenschaften
haben oft das Image von
sozialromantischen Gebilden,
die keine Rendite abwerfen.
Dieses Bild stimmt nicht.
In der Schweiz gibt es
viele Genossenschaften,
die Gewinne erwirtschaften
und erfolgreich sind, wie etwa
die Migros oder die Raiffeisengruppe. Auch Pax ist gewinnorientiert. Nur so können wir in
die Zukunft investieren sowie
innovativ und wettbewerbsfähig
bleiben. Wir sind nachhaltig
und langfristig aufgestellt,
was für das Vorsorgegeschäft
erfolgsentscheidend ist.
Da Pax genossenschaftlich
organisiert ist, bleibt der
Gewinn im Unternehmen.
Wir erwirtschaften ihn für die
Genossenschafter und Kunden,
die vom Gewinn profitieren.
Was heisst dies konkret?
Sie kommen in den Genuss
einer
stabilen
Überschussbeteiligung.
Gerade
in der
heutigen
Zeit der
tiefen
Zinsen
ist dies
eine
attraktive
Zusatzleistung.
Zudem dient der Gewinn dem
Ausbau des Eigenkapitals
und damit der Sicherheit der
Genossenschaft.
Gibt es noch weitere Vorteile
einer Genossenschaft?
Ja. Demokratie und Transparenz.
Eine Genossenschaft ist urdemokratisch. Sie funktioniert
nach dem Prinzip: Ein Mitglied
- eine Stimme. Kein Mehrheitsaktionär entscheidet über die
Entwicklung des Unternehmens,
sondern alle sind gleichberechtigt.
Oberste Instanz bei Pax sind
die Delegierten. Sie vertreten
die Interessen der Genossenschafter und können über
die Delegiertenversammlung
Einfluss auf die Geschäftstätigkeit nehmen. Da Verwaltungsrat
und Geschäftsleitung von Pax
den Delegierten Rechenschaft
ablegen müssen, sind Offenheit
und Transparenz «ein Muss».
Das hört sich an wie ein Stück
gelebte Social Responsibility
Ja genau. Dies zeigt auch den
Pioniergeist, der in den Genossenschaften steckt. Denn sie
verankerten den Wert «Soziale
Verantwortung» in ihrer Unternehmensform, lange bevor es
dafür einen Begriff gab. Dazu
zählen auch Eigenschaften wie
Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit
und Gewinnbeteiligung. Diese
Werte sind für Kunden heute
sehr wichtig und bilden ein
Demokratie und Transparenz.
Eine Genossenschaft
ist urdemokratisch.
Sie funktioniert
nach dem Prinzip:
Ein Mitglied - eine Stimme.
Kein Mehrheitsaktionär
entscheidet über
die Entwicklung
des Unternehmens,
sondern alle
sind gleichberechtigt.
Oberste Instanz bei Pax sind
die Delegierten.
starkes Argument, das für eine
Vorsorgelösung von Pax spricht.
Um dieses Potenzial stärker zu
nutzen, planen wir eine Informationskampagne, die unseren
Vertriebspartnern die Vorteile
der Genossenschaft noch
besser zeigt. Denn das positive
Image der Genossenschaft ist
quasi ein Vertrauensvorsprung,
der unsere Positionierung im
Markt stärkt.
Danke für das Gespräch.
SCHWEIZER VERSICHERUNG37
SEPTEMBER 2016
STANDPUNKT
Martin Eling
Pioniere gesucht
Die Digitalisierung rollt unaufhaltsam voran und stellt
alles auf den Kopf – auch die Assekuranz. Die Gesell­
schaften indes zeigen sich noch immer zurückhaltend.
D
er Audi-CEO Rupert Stadler hat
die These aufgestellt, dass die
Auswirkungen der Digitalisierung
noch weitreichender sind als diejenigen
der industriellen Revolution Ende des 19.
Jahrhunderts. Dies ist eine bemerkenswerte
Aussage, wenn wir uns vergegenwärtigen,
dass die industrielle Revolution Ausgangspunkt der Urbanisierung und die Geburt
des Sozialstaats in seiner heutigen Form ist.
Dennoch denke ich, dass Rupert Stadler mit seiner These Recht haben könnte.
Denn vergleichen wir die Welt heute mit
derjenigen vor 10 oder 20 Jahren, so ist die
Geschwindigkeit des technologischen
Wandels schon atemberaubend. Dies lässt
sich gut an der Art und Weise, wie wir
miteinander kommunizieren, verdeutlichen.
Denn für viele ist es heute undenkbar,
ohne Smartphone das Haus zu verlassen
und nicht permanent online zu sein.
Zahlreiche Beispiele lassen sich anführen, um den enormen Einfluss der
Digitalisierung auf die Versicherungsbranche aufzuzeigen. Ohne Zweifel stellt die
Digitalisierung eine fundamentale Transformation der Assekuranz und ihrer gesamten
Wertschöpfungskette dar. Sie verändert
Produkte (z. B. pay-as-you-live), Risiken
(z. B. Haftpflichtrisiken bei selbstfahrenden
Autos) und Prozesse (z. B. automatisierte
Belegerfassung). Auch in der Interaktion
mit dem Kunden bieten neue Technologien
eine Vielzahl neuer Kontakt- und Abschlussmöglichkeiten. Am deutlichsten sind
die Auswirkungen der Digitalisierung
heute schon in der Krankenversicherung
(aufgrund der Millionenzahl an Belegen)
und der Motorfahrzeugversicherung (etwa
in Form von Telematiktarifen) zu erkennen.
Kunden haben, liegt in Zukunft alles auf
dem Tisch – der gläserne Kunde kommt.
Dies ermöglicht ein sehr differenziertes
Monitoring und passgenaues Pricing. Die
damit einhergehenden Anpassungen am
Geschäftsmodell der Assekuranz werden
noch viel Anlass für Diskussionen geben.
So oder so: Die Digitalisierung bleibt eine
der Haupt-Baustellen der Branche.
Die Kommentatoren
Trotz dieser enormen Potenziale sind die
meisten Versicherer in der Schweiz noch
relativ zurückhaltend im Hinblick auf das
Thema Digitalisierung. Oder anders gefragt: Wer ist aus ihrer Sicht der Digital
Leader in der Schweizer Assekuranz? Dies
ist aus meiner Sicht schwierig zu beantworten, da kaum eine Gesellschaft hier als
echter Vorreiter in Erscheinung tritt. Warum ist das so? Mögliche Gründe können
eine hohe Dominanz des klassischen Vertriebs und eine vergleichsweise geringe Rolle
von Aggregatoren sein. In manchen Bereichen kommen noch institutionelle Besonderheiten wie beispielsweise ein fixierter
Leistungskatalog hinzu. So sind etwa payas-you-live-Konzepte derzeit nur in der
Krankenzusatzversicherung, nicht aber in
der Grundversicherung denkbar.
In den kommenden Jahren werden wir
im Hinblick auf die Digitalisierung noch
einen entscheidenden Schritt weiter gehen.
Denn mit dem Internet der Dinge nimmt
die Sichtschärfe auf den Kunden deutlich
zu. Während wir heute noch ein relativ
unscharfes Bild vom Risikoverhalten des
In unserer Rubrik «Standpunkt» setzen
sich alternierend Persönlichkeiten mit der
Assekuranz auseinander. Es sind dies:
Sabrina Hartusch
Präsidentin Vereinigung der Schweizer
­Insurance- und Risk-Manager SIRM (über Bedürfnisse von ­Geschäftskunden).
Urs Berger
Präsident des Schweize­rischen
Versicherungs­verbandes SVV
(zu Privatversicherungen und Politik).
Dr. Jérôme Cosandey
Projektleiter beim Think-Tank Avenir Suisse
(zu Sozialversicherungen).
Professor Dr. Martin Eling
Institut für Versicherungswirtschaft IVW der ­Universität St. Gallen
(zu Versicherungsmanagement).
Professor Dr. Hato Schmeiser
Institut für Versicherungswirtschaft IVW
der Universität St. Gallen
(zu Risikomanagement).
38
SEPTEMBER 2016
ASDA-KURIER
SCHUTZ WÄHREND
GESCHÄFTSREISEN IM AUSLAND
Geschäftsreisen haben in den vergangenen Jahren kontinuierlich
zugenommen. Die damit verbundenen Risiken sind vielfältig und nicht zu
unterschätzen. Eine Versicherung hilft, das Risiko zu minimieren.
VON LUKAS BECK
LUKAS BECK
ist Mitglied der ASDA-Sektion Zürich
und Underwriter Accident & Health
bei Zurich Global Corporate Switzerland
Über mögliche Risiken wie politische Unruhen, Naturkatastrophen,
Terroranschläge, Flugzeugabstürze, Zug-/Busunfälle oder
neuen Krankheitserreger wird in
den Medien beinahe täglich
berichtet. Weitaus häufiger ereignen sich während Geschäftsreisen
jedoch unangenehme Zwischenfälle wie Erkrankungen oder
Unfälle, Gepäckverspätungen,
Diebstahl oder Verlust von mitgeführten Gegenständen (zum
Beispiel Gepäck, Mobiltelefon,
Laptop) oder Reisedokumenten,
verpasste Ab- oder Anschlussflüge sowie Flugverspätungen.
Ungeplante Zwischenfälle sind
ärgerlich und verhindern, dass
sich Mitarbeitende vollends auf
ihren eigentlichen Auftrag konzentrieren können.
Bei kleinen und mittleren Unternehmen ist häufig die Absicherung des finanziellen Risikos der
ausschlaggebende Grund für den
Abschluss einer Geschäftsreiseversicherung. Hingegen ist dies
bei Gross- und internationalen
Unternehmen oft ein nachrangiger
Grund, weil diese aufgrund ihrer
Grösse allfällige Schadenfälle
selber finanzieren könnten.
Beistand im Fall der Fälle
Nebst dem eigentlichen Versicherungsschutz, welcher das finanzielle Risiko abdeckt, beinhaltet
eine Geschäftsreiseversicherung
Assistance-Dienstleistungen. Als
Assistance-Dienstleistung bezeichnet man die Unterstützung
und den Beistand in Not- und
Schadenfällen. Oft werden weitere
Dienstleistungen wie beispielsweise die Übersetzung von Krankenberichten oder Präventionsmassnahmen unter diesem Begriff
subsumiert. Mögliche Präventionsleistungen sind beispielsweise Risiko-Awareness-Trainings
und E-Learning-Kurse, länderspezifische Gesundheits- und Sicherheitsberatungen vor Reiseantritt
oder das Zurverfügungstellen von
Eine Geschäftsreiseversicherung steigert die
Attraktivität des
Versicherungsnehmers als
potenzieller Arbeitgeber.
wichtigen medizinischen und
sicherheitsrelevanten Informationen online oder via App.
Assistance-Dienstleistungen
werden von Versicherern meist an
Drittunternehmen ausgelagert.
Der Umfang und die Qualität der
Assistance-Dienstleistungen
unterscheiden sich stark von der
Produkt-Variante und dem
Assistance-Provider. Momentan
werden zwei Produkt-Varianten
angeboten. Die herkömmliche
Variante besteht aus einem Versicherungsvertrag zwischen dem
Versicherungsnehmer und dem
Versicherer. Die AssistanceDienstleistungen werden vom
Versicherer eingekauft und dem
Versicherungsnehmer im Rahmen
des Versicherungsvertrages zur
Verfügung gestellt. Der Vorteil
besteht darin, dass die Lösung aus
einem Vertragsdokument besteht,
was zu einem geringen adminis­
trativen Aufwand führt. Der Nachteil
ist, dass der Assistance-Provider
die Dienstleistungen im Auftrag des
Versicherers erbringt und sich
diese Dienstleistungen deshalb
meist auf die in der Police versicherten Deckungen beschränken.
Triangulierung als Lösung
Eine Alternative zur herkömmlichen Variante bietet Zurich Global
Corporate Switzerland mit dem
Produkt «Corporate Accident &
Business Travel», welche speziell
für (internationale) Unternehmenskunden konzipiert wurde.
Diese Lösung sieht eine Triangulierung zwischen dem Versicherungsnehmer, International SOS
(dem Assistance-Provider) und
Zurich vor. Nebst dem Versicherungsvertrag, welcher zwischen
dem Versicherungsnehmer und
Zurich abgeschlossen wird,
schliesst der Versicherungsnehmer einen separaten Vertrag mit
International SOS ab. Eine Zahlungsvereinbarung zwischen
Offizielles Organ von: Association suisse des diplômés en assurance – Schweizerische Vereinigung der diplomierten Versicherungsfachleute – Associazione svizzera dei diplomati in assicurazione.
Redaktion: Hanspeter Weber, CSS Versicherung, Tribschenstrasse 21/Postfach 2568, 6002 Luzern, [email protected]
Zurich und International SOS stellt
zudem sicher, dass Rechnungen
für versicherte Schäden direkt
abgerechnet werden. Der Vorteil
dieser Lösung ist die grössere
Flexibilität in Bezug auf die Wahl
des Dienstleistungsumfanges und
der Umstand, dass die Dienstleistungen im Interesse des Versicherungsnehmers erbracht werden.
Durch den direkten Zugang zu
International SOS können Prozesse individuell angepasst und
auf die Kundenbedürfnisse abgestimmt werden. Der Nachteil in
diesem Fall ist, dass zwei separate
Vertragsdokumente unterzeichnet
werden müssen.
Die Versicherungskomponente
besteht aus verschiedenen Deckungen, welche meist modular
aufgebaut sind. Angeboten werden Heilungskosten im Ausland,
Kosten für Krankentransporte
sowie die medizinisch notwendige Repatriierung in Ergänzung
zur Sozialversicherung, Annullierungskosten sowie Rückerstattung der Kosten bei vorzeitigem
Reiseabbruch- bzw. Unterbruch
(zum Beispiel bei Gefährdung des
Lebens, Naturkatastrophen) und
der Gepäckversicherung (inklusive
Gepäckverspätung). Weitere
zusätzliche Deckungen wie Unfallkapitalleistungen bei Tod oder
Invalidität, Privathaftpflicht,
Rechtsschutz oder Kidnapping
werden ebenfalls angeboten.
Die Deckungen, Limiten und
Ausschlüsse variieren je nach
Versicherer.
Berechnung der Prämie
Die Prämienberechnungsgrundlage für eine Geschäftsreiseversicherung basiert auf der Anzahl
Reisenden oder der Anzahl Reisetage pro Jahr, der Geschäftstätigkeit, dem Reiseziel (Europa,
Nordamerika, weltweit), den
gewünschten Versicherungsdeckungen und -limiten und dem
individuellen Schadenverlauf. Bei
internationalen Versicherungspro-
SEPTEMBER 2016
39
grammen können zusätzliche
Kosten für die Ausstellung von
Lokalpolicen anfallen. Lokalpolicen
werden benötigt, um die versicherungs- und steuerrechtlichen
Vorgaben in den einzelnen Ländern zu erfüllen.
• Je nach Umfang der Präventions-
Viele Vorteile
Weitere Gründe, welche für den
Abschluss einer Geschäftsreiseversicherung sprechen:
Eine Geschäftsreiseversicherung
unterstützt die Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung und steigert
die Attraktivität des Versicherungsnehmers als potenzieller
Arbeitgeber.
Eine Geschäftsreiseversicherung unterstützt
den Versicherungsnehmer
bei der Erfüllung
seiner gesetzlichen
Fürsorgepflicht.
•
massnahmen unterstützt eine
Geschäftsreiseversicherung den
Versicherungsnehmer bei der
Erfüllung seiner gesetzlichen
Fürsorgepflicht.
• Die Übertragung des Risikos an
den Versicherer führt zu einer
besseren Planbarkeit der Kosten.
Für internationale Unternehmen,
welche ein internationales Programm abschliessen, gelten
zusätzlich folgende Vorteile:
Die Vertragsverhandlungen
erfolgen zwischen dem Mutterkonzern und dem Versicherer.
Dadurch können Administrationsund Managementkosten in den
einzelnen Tochtergesellschaften
reduziert werden.
Alle Mitarbeitenden, unabhängig
von ihrem Arbeitsort, profitieren
von einem kongruenten Service
und einheitlichen Leistungen.
Zugang zu erfahrenen Experten
im Bereich Travel Risk Management.
•
•
•
ASDA OSTSCHWEIZ
BESUCH BEI DER BRAUQUÖLL IN APPENZELL
Am 8.Juli 2016 besuchte unsere Sektion die
Brauquöll in Appenzell. Frau Esther Abderhalden erklärte uns die verschiedenen
Bier- und Whiskyarten. Interessant zu
erfahren war, dass die Brauerei Locher in
Appenzell mittlerweile zu den grössten
Brauereien der Schweiz gehört. Die Firma
besticht durch innovative Produkte. Sie legt
mit neuen Produkten wie dem Bschorle
(Birnen, Äpfel & Bier) Wert auf Nachhaltigkeit. So werden bewusst aussterbende
Apfelsorten für die Herstellung verwendet.
Aus dem Treber, einem Brau-Nebenprodukt,
werden Chips produziert. Die Grundzutaten
sind Bierhefe und Treber aus Gerstenmalz.
Beide sind reich an pflanzlichen Proteinen,
Mineralstoffen und Nahrungsfasern. Ein
rundum stimmiges Produkt für Menschen,
die Sorge zu sich und zur Umwelt tragen.
Die Mitglieder der ASDA Ostschweiz genossen
den Ausflug zur Brauerei Brauquöll.
ren. Frau Abderhalden konnte zu jedem Bier
eine Geschichte erzählen und machte klar,
dass die Bierkulturen von Land zu Land
unterschiedlich sind. Interessant war, dass
Inder Starkbier bevorzugen, während
Tessiner gerne Reis-Bier trinken und der
Brandlöscher bei Feuerwehren sehr beliebt
ist.
Die ASDA-Mitglieder genossen die Bier- und
Whisky-Degustation . Am Schluss konnten
wir im Fabrikladen Brauereiprodukte kaufen,
welche nicht in jedem Detailhandelsgeschäft zum Kauf angeboten werden.
Wolfgang Weimer
Präsident Sektion Ostschweiz
Nach dem Audiorundgang und einem
Dokumentarfilm konnten wir diverse Biere
und einen Whisky nach Wunsch ausprobie-
40
SEPTEMBER 2016
ASDA-KURIER
SEKTION ZÜRICH
LUNCH & LEARN SPEZIALVERSICHERUNGEN
Um unser Angebot für die Mitglieder der
ASDA zu erweitern und ihnen die Möglichkeit zur Akkreditierung von Cicero-Punkten
zu geben, führten wir erstmals ein Lunch &
Learn zum Thema «Spezialversicherungen
für Unternehmen» durch. Dieses Bildungsangebot vermittelte Grundwissen zu den
wichtigsten Spezialversicherungen, deren
Anwendungen und Wirkungsweise.
Im Vordergrund stand im ersten Modul die
sog. Organhaftpflichtversicherung. Die
Organhaftpflichtversicherung wurde ursprünglich in den USA entwickelt, um den
Directors und Officers von Unternehmen
und Institutionen Versicherungsschutz
gegen zivilrechtliche Klagen hauptsächlich
von Aktionären zu gewähren. Die immer
höheren qualitativen Anforderungen an die
Leistungen von Führungsorganen, öffentlichkeitswirksame Diskussionen, Missmanagement, welches immer häufiger zur Haftung
führt und Fälle wie etwa derjenige der Swissair haben dazu geführt, dass auch das Thema
in der Schweizer Versicherungswelt seinen
Platz gefunden hat.
Der Referent Gregory Walker (Geschäftsführer
der Walker Risk Solution AG, einem unabhängigen Versicherungsbroker mit einem spezialisierten Angebot für Finanzinstitute) erklärte
Prinzip, Wirkungsweise und die Struktur von
ADRESSLISTE
SCHWEIZERISCHE VEREINIGUNG DER
DIPLOMIERTEN VERSICHERUNGSFACHLEUTE (ASDA)
ZENTRALVORSTAND/COMITÉ CENTRAL
D&O-Versicherungen und erwähnte die
wichtigsten Anbieter. Des Weiteren thematisierte er die Haftpflichtversicherung für
Diskriminierungsansprüche und Grundzüge
der Berufshaftpflichtversicherung.
Das Angebot wurde von den ASDA-Mitgliedern sehr begrüsst und eine Fortsetzung
der Ausbildungsserie gewünscht. Am 23.
August 2016 folgte ein weiteres Modul, das
wir Dank der Unterstützung der Zurich
Versicherung in den Räumlichkeiten der
Zurich erneut durchführen konnten.
Hanna Doreen Muschter
Vorstand Sektion Zürich
SEKTIONSPRÄSIDENTEN/PRÉSIDENTS DES SECTIONS
Aargau
Carmen Casulleras
Tel. 031 556 47 80
[email protected]
Basel
Martin Kuttler
Tel. 061 926 24 24
[email protected]
Bern-Solothurn
Thomas Bärtschi
Tel. 031 802 01 80
[email protected]
Hanspeter Weber
Präsident
[email protected]
Mob. 079 300 34 81
Fribourg
Ben Girard
Tel. 026 347 18 18
[email protected]
Reto Bächinger
Vizepräsident
[email protected]
Tel. 044 628 14 82
Mob. 078 774 47 82
Genève
Michel Rendu
Tel. 079 611 26 65
[email protected]
Doris Niedermann
Untersektion HFV
[email protected]
Tel. 043 280 68 68
Graubünden/FL/
St. Gallen Oberland
Rico Bär
Tel. 079 611 04 81
[email protected]
Ivano Denis
Patrone
Marketing
[email protected]
Tel. 058 280 33 26
Mob. 079 205 60 61
Luzern/
Innerschweiz
René Von Rohr
Tel. 041 416 63 79
[email protected]
Ernst Rietmann
Finanzen
[email protected]
Mob. 079 633 58 41
Neuchâtel/Jura
Philippe Terrier
Tel. 021 627 41 90
[email protected]
Simon Werren
Verbände/Partner
[email protected]
Mob. 079 476 04 11
Ostschweiz
Wolfgang Weimer
Tel. 079 234 20 19
[email protected]
Markus Stettler
Internet
[email protected]
Mob. 079 228 66 74
Ticino
Claudio Greco
Tel. 058 280 61 60
[email protected]
vakant
Sekretariat
Valais
Stéphane Clausen
Tel. 026 347 30 40
[email protected]
Salvatore Lavorato
Tessin
[email protected]
Tel. 091 260 02 02
Mob. 079 642 37 73
Vaud
Dominique Perler
Tel. 021 614 34 38
[email protected]
Beat-Michael Roth
Beisitzer
[email protected]
Tel. 058 262 39 94
Mob. 079 245 59 90
Zürich
Sacha Guggisberg
Tel. 079 404 85 69
[email protected]
FPVS-NEWS
SEPTEMBER 2016
41
VORSORGEAUFTRAG
FÜR UNTERNEHMER
Mit einem gültigen und alle Bereiche vollständig umfassenden
Vorsorgeauftrag kann sichergestellt werden, dass sich bei Eintritt einer
Urteilsunfähigkeit selbst ausgewählte, geeignete Personen ohne behördliche
Mitwirkung um private und geschäftliche Belange kümmern werden.
VON RETO REICHENBACH
RETO REICHENBACH
ist Vorstandsmitglied des Finanzplanerverbandes Schweiz sowie Leiter
Wealth Planning bei der Credit Suisse
Eine zentrale Aufgabe jedes
Unternehmers ist die Minimierung
der persönlichen Risiken. Die
Thematisierung von Risiken wie
Krankheit, Invalidität und Tod ist
seit jeher Teil der Vermögensberatung. Doch niemand denkt gerne
daran, dass eine Zeit kommen
kann, in der man nicht mehr
urteilsfähig ist. Solange es uns gut
geht, neigen wir dazu, wichtige
Vorkehrungen immer wieder
aufzuschieben.
Selbst- statt Fremdbestimmung
Seit der Revision des Vormundschaftsrechts ermöglicht ein
Vorsorgeauftrag die Selbstbestimmung bei einer Einschränkung der
eigenen Urteilsfähigkeit, zum
Beispiel durch einen Unfall oder
eine schwere Krankheit. Mit dem
Vorsorgeauftrag kann rechtzeitig
bestimmt werden, durch wen und
wie man im Falle der Urteilsunfähigkeit betreut werden will. Die in
einem Vorsorgeauftrag bestimmte
Betreuung kann die Personen-
sorge und/oder die Vermögenssorge wie auch die Vertretung im
Rechtsverkehr umfassen. Falls
kein Vorsorgeauftrag vorliegt und
die Massnahmen von Gesetzes
wegen nicht ausreichen, ordnet
hingegen die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) eine
Beistandschaft an.
In der Beratung von Unternehmern
ist zu berücksichtigen, dass nicht
alle Bedürfnisse mittels Vorsorgeauftrag abgedeckt werden können. Der Unternehmer hat zwei
Ebenen zu unterscheiden: einerseits seine eigene Person (Privatperson und Unternehmer) und
anderseits seine Unternehmung.
Es ist zu beachten, dass die
Fortführung des operativen Betriebs seiner Unternehmung nur
indirekt mit seinem Vorsorgeauftrag geregelt werden kann.
Was geregelt werden kann
Der Vorsorgeauftrag bietet sich
dem Unternehmer nebst gesellschafts- und vertragsrechtlichen
sowie organisatorischen Lösungen jedoch als zusätzliches
Instrument für die Risikominimierung und Nachfolgeplanung an,
wenn es darum geht, dass seine
Mitwirkungsrechte im Unternehmen ohne grossen Zeitverzug
wahrgenommen werden können.
Sowohl für eine vorübergehende
als auch für eine dauernde Urteilsunfähigkeit kann der Unternehmer
für sich selber und in Teilen für
seine Unternehmung im Vorsorgeauftrag festlegen, wer die vermögensrechtlichen Befugnisse an
seiner Stelle wahrzunehmen hat.
Je nach Konstellation kann der
Unternehmer zum Beispiel bestimmen, wer ihn als Gesellschaf-
Association des Conseillers Financiers — Associazione dei Consulenti Finanziari — Association of Financial Planners
Redaktion: FPVS, Münzgraben 6, 3000 Bern 7, Tel. 056 500 51 50, www.fpvs.ch
ter oder Aktionär an Generalversammlungen oder in anderen
Gremien vertreten soll. Er hat
insbesondere die Möglichkeit,
Weisungen bezüglich der Ausübung von Stimmrechten zu
erteilen. Zugleich steht es dem
Unternehmer frei, auch personelle
Vorschläge für die Besetzung der
von ihm in der Unternehmung
innegehabten Funktionen vorzugeben. Abhängig von der jeweiligen Rechtsform und konkreten
Situation (z.B. Stimmrechtsmehrheit) hat der Unternehmer das
Recht, den Nachfolger im Verwaltungsrat festzulegen. Mit einem
Vorsorgeauftrag kann schliesslich
die betriebliche Kontinuität oder
allenfalls eine geordnete Liquidierung oder sinnvolle Fusion gewährleistet werden. Die Richtlinien
und Weisungen für grundlegende
Geschäftsentscheide müssen
selbstverständlich wohlüberlegt
sein.
Es ist zudem zu empfehlen, für
unternehmerische Aufgaben und
für das Privatvermögen unterschiedliche Personen zu bestimmen. Die Vermögenssorge für
private Wertschriften und Liegenschaften verlangt andere Kompetenzen und ist daher sinnvollerweise auch anderen Personen
anzuvertrauen.
42
SVVG EDITORIAL
SEPTEMBER 2016
DIGITALE KOMMUNIKATION
NEUE MÖGLICHKEITEN FÜR GENERALAGENTUREN
VON LAURENT FRIEDL
rem Publikum, die Ansprache
potenzieller Kunden sowie die
Kundenbindung.
Zentraler Erfolgsfaktor in der
digitalisierten Welt: die richtige
Strategie
Die richtige Strategie – dies
scheint auf den ersten Blick mehr
Und wie werden aus Websitebesuchern Kunden?
Nach der Umsetzung der Strategie
und einer ersten Datensammlung
gilt es, mithilfe der gewonnenen
Informationen einen Abschluss zu
erzielen. Dieser Schritt, das heisst
die Gewinnung eines Websitebesuchers als Kunde, wird Konver-
LAURENT FRIEDL
ist Vorstandsmitglied der Walliser
Kammer des SVVG und Generalagent
bei der Zurich in Sitten
Die Demokratisierung des Breitbandinternets, das exponentielle
Wachstum der Mobilnetze und die
verbesserte Sicherheit des mobilen Internets haben die Beziehung
zwischen den Kunden und den
Versicherungsunternehmen – und
somit auch den Generalagenturen
– verändert. Die Konsumenten
sind jeweils die Ersten, die ein
verändertes Verhalten zeigen.
Dies wirkt sich auf die Geschäftspraktiken aus und führt heute zu
deren Digitalisierung.
Unsere Welt ist im Wandel begriffen. Die Marktregeln befinden sich
im Umbruch und in der Folge tut
sich bei den Geschäftsmodellen
und Arbeitsmethoden eine Kluft auf.
Wie kommuniziert man digital?
Es gibt wohlverstanden eine
Unmenge von Instrumenten und
Netzwerken, und deren Verwaltung ist zeitaufwändig und anspruchsvoll. Zusätzlich zum
«klassischen» Mittel der Gruppenund Agenturwebsite können wir
Facebook, LinkedIn, Twitter oder
auch Youtube als Kommunikationskanäle nutzen, um nur die
wichtigsten zu nennen. All diese
Netzwerke eröffnen neue Kommunikationsmöglichkeiten und
ermöglichen die Entwicklung
unserer Marke, den Dialog zwischen unserer Agentur und unse-
Fragen aufzuwerfen als Antworten
zu liefern. Doch letztendlich klärt
eine klare Strategie die meisten
Fragen wie zum Beispiel: «Ist es
wichtig, dass meine Generalagentur eine Website hat, oder reicht
die Firmenwebsite aus?» oder
«Wie denkt die Geschäftsleitung
über das Thema und welchen
Handlungsspielraum habe ich bei
der digitalen Kommunikation
meiner Agentur?»
Das oberste Ziel einer Strategie für
das Online-Marketing einer Generalagentur ist natürlich, mehr
Abschlüsse zu erzielen. Um dies
zu erreichen, sollte die Kommunikation ein Image vermitteln (das
Image der Generalagentur aufbauen), den Bekanntheitsgrad
erhöhen (sich als Generalagentur
bekannt machen), das Kundenvertrauen in der Region stärken
(Veranstaltungen, Aktivitäten) usw.
sion genannt. Hier können wir auf
die althergebrachten Grundlagen
unserer Beratungs- und Betreuungstätigkeit, wie wir sie kennen,
zurückgreifen und sollten nicht
vergessen, woher diese kommen.
Die Mentalität und die Erwartungen unserer «Kunden 2.0» können
nicht dieselben sein wie die
unserer «traditionellen» Kunden.
Daher braucht es eine kohärente
Lösung mit Prozessen, die sich auf
einen Multikanalansatz stützen.
chen, klar zu definieren, welche
neuen Kompetenzen und welcher
Zeitaufwand nötig sind, um die
gesetzten Ziele zu erreichen. In
einer Generalagentur ist es nicht
notwendig, extra eine Stelle dafür
zu schaffen oder gar extern Kompetenzen zu beschaffen. Im
Gegenteil: Die intern verantwortliche Person, die die Agentur im
Internet vertritt, ist von grosser
Bedeutung für die Kommunikation
sowie für das Informationsmanagement. Was die digitale Kommunikation betrifft, so darf man die
Mitarbeitenden der Agentur auf
keinen Fall vergessen, denn diese
sind oft die Ersten, die der Generalagentur in den sozialen Netzwerken folgen.
Fazit
Da unsere Kunden überall sind und
alle verfügbaren Kanäle nutzen,
um sich zu informieren, sich zu
entscheiden und zu handeln,
müssen wir als Agentur digital
präsent und aktiv sein, um alle
Generationen anzusprechen und
die Zukunft unseres Geschäfts zu
sichern. Das einzige Risiko bei
diesem Ansatz besteht darin, dass
die Strategie zu wenig durchdacht
und nicht kohärent und homogen
genug ist, um die Erwartungen
beider Welten zu erfüllen.
Wie wirkt sich die Digitalisierung
auf den Beruf und die erforderlichen Kompetenzen aus?
Oft scheitert eine erfolgversprechende digitale Strategie an
fehlendem Wissen sowie einem
Mangel an Ressourcen und Personal. Daher ist es empfehlenswert,
ein Pflichtenheft zu erstellen. Die
digitale Strategie soll es ermögli-
Offizielles Organ von: SVVG/FSAGA — Schweizerischer Verband der Versicherungs-Generalagenten — Fédération Suisse des Agents Généraux d’Assurances — Federazione Svizzera degli Agenti
Generali di Assicurazione Redaktion: SVVG-Geschäftsstelle, David Wahli, Altenbergstrasse 29, Postfach 686, 3000 Bern 8, Tel. 031 313 88 28, Fax 031 313 88 99, E-Mail: [email protected]
SVVG EDITORIAL
FSAGA ÉDITORIAL
SEPTEMBER 2016
43
COMMUNICATION DIGITALE
NOUVELLES OPPORTUNITÉS POUR LES AGENCES GÉNÉRALES
PAR LAURENT FRIEDL
veaux prospects et d’amplifier
notre communication.
Une clé de la réussite dans ce
monde digitalisé, est la définition
d’une stratégie.
A première vue, beaucoup de
questions et peu de réponse! En
définitive, une vision stratégique
Et maintenant la conversion de
nos visiteurs en clients?
Une fois la stratégie mise en place
et la première récolte de données,
il nous faut transformer ces éléments en potentiel de conclusion.
Ce passage pourrait répondre à la
définition de la conversion qui
désigne donc le transfert d’un
LAURENT FRIEDL
est membre du comité de la chambre
valaisanne de la FSAGA et agent
général auprès de Zurich à Sion
Une vraie scission est en train de
se créer avec une rupture dans les
usages, dans les business models
mais également dans les règles de
marché. Les consommateurs sont
d’ailleurs les premiers à incarner
un changement de comportement
qui fait considérablement évoluer
les pratiques et aussi les digitalise.
Notre monde change. La démocratisation de l’internet à haut débit,
le développement exponentiel des
réseaux mobiles, ainsi que la
sécurisation de l’Internet mobile
ont transformé les relations entre
nos clients et nos compagnies
d’assurance et donc par voie de
conséquence nos agences générales.
Quels sont les outils de cette
communication digitale?
Il y a bien entendu pléthore de
supports, de réseaux et la gestion
de cette stratégie reste une activité chronophage et très pointue.
Dès lors en complément à un site
internet de Groupe et d’agence dit
«classique», nous pouvons nous
concentrer sur Facebook, LinkedIn,
Twitter ou encore YouTube pour
n’en citer que les principaux. Les
points communs de ces réseaux
sont le développement de notre
marque, la création d’un dialogue
entre nos agences et notre public,
de recruter et fidéliser de nou-
va permettre de répondre à une
très grande majorité de ces
questions comme «Est-ce que la
présence en ligne de mon
agence générale est-elle importante ou bien seule la présence
de la compagnie suffit?» ou
«Quelle est la position de la
direction générale sur ce thème
et quelles latitudes ai-je pour ma
communication digitale
d’agence?»
En clair, cette stratégie de web
marketing au sein d’une agence
générale aura comme principal
objectif l’augmentation des
ventes. Pour atteindre cela, cette
communication devra comprendre des notions d’image
(construire l’image de son
agence générale), de notoriété
(se faire connaître en tant
qu’agence générale), de fidélisation locale (Events – actions), etc.
visiteur-mobile en client. Il s’agit là
de revenir aux fondamentaux de
notre activité de conseil et de
suivi tout en ne perdant pas de
vue la provenance de ces derniers.
En effet, les mentalités et les
attentes de nos «clients 2.0»
peuvent ne pas être les mêmes
que nos prospects «traditionnels».
Il faudra donc apporter une réponse cohérente avec des processus intégrants ces approches
multicanales.
ment les nouvelles compétences
et le temps qu’il faudra pour
mener à bien les objectifs fixés. Au
niveau d’une agence générale, il
n’est pas nécessaire d’avoir un
poste dédié voire une externalisation de ces compétences. Par
contre, la personne interne responsable qui incarne la voix de
l’agence sur le Web sera d’une
grande importance tant pour la
partie communication que pour la
partie gestion des informations. Au
niveau de la communication, il est
important de ne pas oublier le
personnel composant l’agence car
il est souvent le premier public à
suivre l’agence générale sur les
réseaux sociaux.
Conclusion
En conclusion, comme nos clients
sont partout et utilisent tous les
canaux à leur disposition pour
s’informer, choisir et agir, nous
nous devons d’être présents en
tant qu’agence dans cette communication digitale pour toucher
toutes les générations et assurer
l’avenir de notre business. Le seul
risque d’une telle approche est de
ne pas avoir suffisamment réfléchi
à une stratégie cohérente et
homogène pour rencontrer les
attentes des deux mondes.
Quel est l’effet du digital sur les
métiers et les compétences?
Le manque de connaissance, de
ressource et de personnel sont
autant de freins à la réussite d’une
stratégie digitale, alors il est
nécessaire d’établir un cahier des
charges. En fonction de la stratégie digitale mise sur pieds, ce
dernier permettra de poser claire-
Offizielles Organ von: SVVG/FSAGA — Schweizerischer Verband der Versicherungs-Generalagenten — Fédération Suisse des Agents Généraux d’Assurances — Federazione Svizzera degli Agenti
Generali di Assicurazione Redaktion: SVVG-Geschäftsstelle, David Wahli, Altenbergstrasse 29, Postfach 686, 3000 Bern 8, Tel. 031 313 88 28, Fax 031 313 88 99, E-Mail: [email protected]
44
SVVG HOMEPAGE
SEPTEMBER 2016
ADRESSLISTE
SCHWEIZERISCHER VERBAND DER VERSICHERUNGS-GENERALAGENTEN (SVVG)
AUSSCHUSS / COMITÉ DE DIRECTION
Präsident
Jérôme Sadania
Generali Assurances
Faubourg de l'Hôpital 1
2001 Neuchâtel
Tel. 058 471 96 66
E-Mail: [email protected]
Fax: 058 471 96 60
Vizepräsident
Michel Chresta
AXA Winterthur
Johann-Georg-Müller-Str.
6
9501 Wil
Tel. 071 913 81 00
E-Mail: [email protected]
Fax: 071 913 81 01
Past President
Denis Hostettler
La Mobilière
­Assurances
Route du Grand-Lancy 6a
1211 Genève
26
Tel. 022 819 05 30
E-Mail: [email protected]
Fax: 022 819 05 58
Mitglied
Lothar Arnold
Helvetia
­Versicherungen
Bahnhofstrasse 42
6210 Sursee
Tel. 058 280 37 11
E-Mail: [email protected]
Fax: 058 280 37 00
Mitglied
Mauro
­Canevascini
Helvetia Assicurazioni
Viale Portone 12
6500 Bellinzona
Tel. 058 280 62 10
E-Mail: [email protected]
Fax: 058 280 62 00
Mitglied
Donato Carlucci
Helvetia
Versicherungen
Hohlstrasse 560
8048 Zürich
Tel. 058 280 55 55
E-Mail: [email protected]
Fax 058 280 85 80
GESCHÄFTSSTELLE / SECRÉTAIRE CENTRAL
Geschäftsführer
Geschäftsstelle
David Wahli
B'VM
Betriebsökonom FH
Altenbergstrasse 29
Postfach 686
3000 Bern 8
Tel: 031 313 88 28
Fax: 031 313 88 99
[email protected]
EHRENMITGLIEDER/MEMBRES D’HONNEUR
Past
President
Bernard
Dietrich
Basler
Versicherungen
Aeschengraben 21
4002 Basel
Tel. 058 285 90 60
Fax: 058 285 90 04
[email protected]
Past
President
Hans-Ulrich
Flückiger
Die Mobiliar
Aeschengraben 9
4051 Basel
Tel. 061 266 62 62
061 266 62 00
[email protected]
VORSTAND (PRÄSIDENTEN DER ANGESCHLOSSENEN VERBÄNDE) / COMITÉ (PRÉSIDENTS DES ASSOCIATIONS AFFILIÉES)
Aargau und
beide Basel
Vincenzo
Centolanza
Zurich
Versicherungen
Täfernstrasse 4
5405 Dättwil
Tel. 056 204 05 25
E-Mail: [email protected]
Fax: 056 204 05 26
BernSolothurn
Fred Schneider
Allianz Suisse
Länggasse 2A
3601 Thun
Tel. 058 357 17 17
E-Mail: [email protected]
Fax: 058 357 17 18
Fribourg
Martin Wettstein
AXA Winterthur
Avenue de la Gare 12
1701 Fribourg
Tel. 026 350 25 25
Fax: 026 350 25 50
E-Mail: [email protected]
Genève
Armando Giordano
ZURICH,
Agence générale
Route de Vernier 199
case postale 874
1214 Vernier
Tel: 022 939 11 70
E-Mail: [email protected]
Fax: 022 939 11 71
Jura
Patrick Schaer
AXA Winterthur
Rue des Moulins 28
2800 Delémont
Tel. 032 421 74 74
E-Mail: [email protected]
Fax: 032 421 74 75
Neuchâtel
Jérôme Sadania
Generali Assurances
Faubourg de l'Hôpital 1
2001 Neuchâtel
Tel: 058 471 96 66
E-Mail: [email protected]
Fax: 058 471 96 60
Ost-FL
Michel F. Chresta
AXA Winterthur
Johann-Georg-Müller-Str. 6 9501 Wil
Tel. 071 913 81 00
E-Mail: [email protected]
Fax: 071 913 81 01
Ticino
Mauro Canevascini
Helvetia Assicurazioni
Viale Portone 12
6500 Bellinzona
Tel. 058 280 62 10
E-Mail: [email protected]
Fax: 058 280 62 00
Valais
Jean-Maurice
Favre
Helvetia Assurances
Rue de la Dent-Blanche 20
case postale 735
1951 Sion
Tel. 058 280 68 11
E-Mail: [email protected]
Fax: 058 280 68 00
Vaud
François
­Cardinaux
Vaudoise Assurances
Rue du Simplon 45
case postale 1219
1800 Vevey
Tel: 021 925 33 06
E-Mail: [email protected]
Fax: 021 925 33 09
Zentralschweiz
Jürg Weber
Allianz Suisse
Bahnhofstrasse 21
6430 Schwyz
Tel. 058 357 58 01
E-Mail: [email protected]
Fax: 058 357 58 61
Zürich
Donato Carlucci
Helvetia
Versicherungen
Hohlstrasse 560
8048 Zürich
Tel. 058 280 85 85
[email protected]
Fax: 058 280 85 80
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SCHWEIZER VERSICHERUNG
SEPTEMBER 2016
Social
­Responsibility
TraineeProgramme
Wissens­
transfer
Recruiting
Betriebliches
Gesundheits­
management
Personal- und Managemententwicklung
Diversity
HRControlling
HR-Controlling
Organisationsentwicklung
Return
on
Education
Learning &
Lehrlingswesen
HR DER ZUKUNFT: CHANGE MANAGEMENT
Development
Assistenz
Sonderaufgaben
HR&D
Fachstelle
Kunst
HR BP
Vertrieb/HR
Konzeption
Branding
HR BP Innendienst/
Nachwuchs­
mgmt.
HR Personalund Organisatiosentwicklung
Legal &
Compliance
HR
Servicecenter
QUELLE: HELVETIA
Leaders
Return on Education
offiziellen Übernahme Ende Oktober 2014 nur
Themen bearbeiten, die keine juristische Relevanz hatten», erinnert sich Cornelia BraunSchoeffel, die bereits in der alten Helvetia im
Bereich Human Resources tätig war. «Dennoch
mussten wir schon vieles für die geplante
Übernahme aufgleisen, ansonsten wären wir
von den Ereignissen überrollt worden.» Denn,
so die heutige HR-Projektleiterin bei der neuen
Helvetia, «das Tempo war im gesamten Inte­
grationsprozess sehr hoch.»
Bereich
HR &
Dienste
Die Übernahme der Nationale
Suisse durch Helvetia brachte
nicht nur einen Brand zum
Verschwinden, sondern auch
eine Unternehmenskultur.
Neben operativen und logistischen Themen stand daher
beim Change-ManagementProzess das Thema Kultur
weit oben auf der Agenda.
Von Sandra Escher Clauss
Als Helvetia im Juli vor zwei Jahren Nationale
Suisse das Übernahmeangebot unterbreitet
hatte, begannen nicht nur die Juristen und die
obersten Kadermitglieder zu rotieren, sondern
auch die Personalabteilungen der beiden
Unternehmen. «Natürlich konnten wir bis zur
Le
De
Outpla
Kultur als Strategie
Organigramm HR & Dienste, Helvetia
Facility
Management
Arbeitsplatzgestaltung
Recruiting
46
Zwei Erfolgsfaktoren
Dass die Integration für die Mitarbeitenden bis
zum aktuellen Zeitpunkt nicht nur zeitlich
schnell getaktet lief, sondern grundsätzlich als
gelungen betrachtet werden kann, ist vor allem zwei Faktoren zu verdanken: der Tatsache,
dass die Personal- und Organisationsentwicklerinnen stets im Team respektive im Tandem
mit den Business-Partnern gearbeitet haben
und dass die Begleitung der Veränderungen
laufend an die Bedürfnisse der einzelnen Bereiche angepasst wurde. Zudem ist es der Human-Resources-Abteilung gelungen, mit den
Sozialpartnern einen verträglichen Sozialplan
auszuarbeiten, der bereits im Dezember 2014
kommuniziert werden konnte. Genauso wie
die Gehaltsgarantie, die das Unternehmen den
Mitarbeitenden bis Ende 2015 geben konnte.
«Dies», so Braun-Schoeffel, «hat viel Druck
rausgenommen.»
Simone Lazarus, heute Leiterin Organisations- und Personalentwicklung bei Helvetia,
war im Juli 2014 noch im HR von Nationale
Suisse tätig und erlebte die ersten Reaktionen
der Nationale Suisse-Mitarbeitenden direkt
mit. «Während sich die Mitarbeitenden von
Helvetia zu diesem Zeitpunkt noch nicht so
SCHWEIZER VERSICHERUNG47
SEPTEMBER 2016
ship
TraineeProgramme
Mobile Learning
Gewinnen
und Halten von
Spezialisten
Social Responsibility
Digitalisierung
Strategic
Workforce
Planning
Wissens­
transfer
Employer Branding
viele Gedanken zur anstehenden Übernahme
gemacht haben, gab es bei uns eine erste
Schockwelle», erinnert sie sich. Diese musste
das HR-Team so gut es ging abfedern und
sich gleichzeitig als Direktbetroffene mit den
HR-Kolleginnen und Kollegen von Helvetia zu
einem neuen Team formieren, das den
Change-Prozess aufgleiste und begleitete.
Dies, so Cornelia Braun-Schoeffel und Simone
Lazarus unisono, sei durchaus herausfordernd
gewesen.
Sichere Intergration dank TOM
Dank der intensiven Arbeit der Change-Begleitung wurde nach der definitiven Übernahme Ende Oktober 2014 innerhalb weniger
Wochen das sogenannte TOM ins Leben gerufen. TOM steht für Target Operating Model, zu
deutsch Zielorganisation. Im Dezember 2014
waren die Zielorganisationen für die beiden
obersten Führungsebenen beschrieben und
kommuniziert. Über die Wintermonate wurden
die Führungskräfte in vom Change-Team entwickelten Schulungen mit dem Titel «So führen Sie sicher durch die Integration» für die
Das Ziel der Wochen und
Monate zwischen Frühsommer
und Herbst 2015 war es,
allen Mitarbeitenden wieder
eine Heimat zu geben.
Strategic
Workforc
Planning
Mobile
Learning
acement
Change
­Management
Diversity
earning &
evelopment
Betriebliches
Gesundheits­
management
MANAGEMENT & BILDUNG SERIE HR WORKFORCE-PLANNING
tal 2015 kennenlernten», erklärt Simone Lazarus. Die interne Logistik, so Lazarus, ermöglichte, dass auch die örtlichen und
räumlichen Veränderungen vorgenommen
werden konnten. Die beiden HR-Fachfrauen
verhehlen nicht, dass dies nur dank einem
unglaublichen Effort aller Beteiligten möglich
gewesen ist. Dieser habe sich aber gelohnt,
denn die Kundenfeedbacks waren mehrheitlich positiv.
Veränderungen fit gemacht. Jeweils an einem
Abend der rund 20 zweitägigen Schulungen
war ein Mitglied der Geschäftsleitung vor Ort,
um Fragen zu beantworten und mit den Führungskräften in den Dialog zu treten. Dies, so
Lazarus, habe Vertrauen kreiert und die Geschäftsleitung dafür sensibilisiert, welche
Themen die Führungscrew beschäftigen.
Im ersten Quartal 2015 wurde das TOM auf
die gesamte Organisation runtergebrochen
und per 1. Mai wurde der Führungsübergang in
der Schweiz vollzogen und die Planungen für
die Aufnahme der operativen Arbeiten konkretisierten sich. Während zu diesem Zeitpunkt in
den meisten Bereichen die Schulungen und
örtlichen Veränderungen mit bereichsspezifischen Kick-off-Veranstaltungen erst begannen, war der Aussendienst bereits operativ als
neue Helvetia unterwegs. Der Grund für dieses
hohe Tempo: Die Kunden sollten möglichst
wenig von den internen Veränderungen spüren. «Die Kolleginnen und Kollegen von Sales
Competence sorgten zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen vom Front Support dafür, dass alle Aussendienstmitarbeitenden die
neuen Produkte und Systeme im ersten Quar-
Zuhause unter einem neuen Dach
Das Ziel der Wochen und Monate zwischen
Frühsommer und Herbst 2015 war es, allen
Mitarbeitenden wieder eine Heimat zu geben.
«Vor allem für die Leute von Nationale Suisse
war diese Zeit hart, denn ihr Brand ist mit dem
1. Mai vollständig von der Bildfläche verschwunden», blickt Cornelia Braun-Schoeffel
zurück. Mit dem Welcome-Paket für alle ehemaligen Nationale Suisse-Angestellten wurde
ein Göttiprinzip eingeführt, damit die neu zu
integrierenden Mitarbeitenden eine direkte
Ansprechperson für ihre Fragen hatten.
«Diese reichten von vermeintlich banalen
Fragen zum Wechsel vom Outlook- auf ein
Lotus-Notes-Agendasystem bis hin zu Fragen
zu Produkten, Systemen oder Prozessen.»
Im Herbst 2015 verzichtete das neue Unternehmen auf die herkömmlichen Mitarbeitergespräche. Stattdessen erhielten alle Vorgesetzten den Auftrag,Integrationsgespräche
zu führen. «Dazu unterstützten wir vom HR
sie mit einem von uns entwickelten Fragebogen», erklärt Braun-Schoeffel. «Im Sinne einer vertrauensbildenden Massnahme verblieben die Gesprächsunterlagen beim
Mitarbeitenden und der Führungskraft. Es
gab keinen Rücklauf ans HR».Parallel dazu
48
SCHWEIZER VERSICHERUNG
SEPTEMBER 2016
D R EI
FRAGEN
Angela Winkelmann, Leiterin
Human Resources und Dienste,
Helvetia
Eine Zusammenführung wie jene von
Helvetia und Nationale Suisse erlebt man nicht
alle Tage. Was ist Ihr persönliches Fazit eineinhalb Jahre nach dem Zusammenschluss?
Aus heutiger Sicht hat mich bei diesem
Riesen-Integrationsprojekt am meisten be­
eindruckt, wie trotz der herausfordernden
und auch belastenden Change-Situation
bei vielen Führungskräften und Mitarbeitenden unglaubliches Engagement und grosse
Energien freigesetzt wurden. So wurde einerseits das Tagesgeschäft für den Kunden
bewältigt, andererseits auch bereits ein
halbes Jahr nach der Übernahme im Oktober
2014 die Fusion möglich gemacht und eine
funktionierende neue Helvetia-Organisation
erfolgreich und zumeist reibungslos in Kraft
gesetzt. Darauf können wir stolz sein.
Welches waren für das Change
Management die wichtigsten Meilensteine
und die schwierigsten Momente?
Die wichtigsten Meilensteine waren die
Ankündigung des Übernahmeangebotes am
7. Juli 2014, elektrisierend für die Alt-Helve­
tianer, schockierend für die Nationale SuisseMitarbeitenden, dann die erfolgreiche
Übernahme am 21. Oktober 2014 und die
Kommunikation der neuen Zielorganisation
Anfang Dezember 2014. Mehr als die
rechtliche Fusion hat aus Sicht der Mitarbeitenden vermutlich das räumliche Zu­­
sammenkommen in den neuen Teams
und Ressorts vom ersten bis dritten Quartal
2015 dem Einzelnen den grossen Change
vor Augen geführt. Die schwierigste Phase für
alle Beteiligten war die Zeit zwischen der
An­kündigung im Juli 2014 und der Übernahme
im Oktober 2014. Dies, da in dieser Zeit der
Grad an Unsicherheit für den Einzelnen am
höchsten war. Unser Ziel im Projekt war es
deshalb, durch rasches Vorgehen und regel­
mässige und offene Kommunikation Klarheit
und Richtung zu geben.
Eine neue Firmenkultur ist am Entstehen –
wie steuern Sie deren Wachstum?
Wir haben in der Schweiz das Thema Unternehmenskultur in unserer Personalmanagementstrategie 20.20 als eine von fünf Stossrichtungen definiert. Ziel ist die Entwicklung
einer gemeinsamen Identität und die best­
mö­ g­liche Unterstützung der Strategieumsetzung durch die neue Unternehmenskultur.
Kulturarbeit ist für uns eine Führungsaufgabe.
wurde via Intranet eine unternehmensweite
Integrationsbefragung durchgeführt. Der
Rücklauf lag bei 63 Prozent, was eine gute Basis für eine erste Auswertung über die Auswirkungen auf die Befindlichkeit der Mitarbeitenden nach dem Zusammenschluss ergab. Zu
den meistgenannten Problemfeldern gehörten
zu diesem Zeitpunkt Fachthemen, Schnittstellenprobleme sowie Reibungen in den neuen
Teams. Cornelia Braun-Schoeffel: «Je nach
Bedürfnissen der einzelnen Bereiche und
Teams haben wir die genannten Themen zurückgespielt und mit den Mitarbeitenden
nachbearbeitet.»
Der Grundtenor bei der Belegschaft sei positiv gewesen. Simone Lazarus, die selber
schon von mehreren Übernahmen betroffen
war, ergänzt: «Es hat sich für mich persönlich
nicht wie eine typische Übernahme angefühlt.
Da wir vom HR ja auch selber Betroffene waren,
konnten wir sehr schnell reagieren. Wir waren
eigentlich immer einen Schritt voraus und
konnten die Mitarbeitenden auffangen.»
Ungefähr ein Jahr nach der Übernahme
entstand nicht nur bei den oberen Führungsebenen, sondern immer mehr auch aus dem
Kreise der Mitarbeitenden der Wunsch, nicht
mehr zurückzublicken, sondern an der gemeinsamen Zukunft zu arbeiten. «Dieser Paradigmenwechsel stellte einen Wendepunkt im
Veränderungsprozess dar», resümiert Simone
Lazarus. Und er passte zeitlich hervorragend
zum Strategieprozess helvetia 20.20, der im
Winter 2015/16 initiiert wurde. Seither wurde
im HR parallel zur Unternehmensstrategie eine
neue Personalmanagement-Strategie ausgearbeitet. Ein wichtiger Fokus: Kultur als Wegbereiter der neuen Helvetia. «Wir möchten die
Führungskräfte dafür sensibilisieren, dass Kulturarbeit Führungsarbeit ist und diese der
Strategieumsetzung grossen Schub verleihen
kann», hält Lazarus fest.
Kultur ganz konkret
Neben einer breit angelegten Führungskräfteveranstaltung bildete etwas ganz Konkretes
den Start zu dieser neuen Kultur. Ein Künstler
Was symbolisch nicht in Stein
gemeisselt, aber in Holz
gebrannt und gelasert wurde,
muss nun im Alltag verankert
werden.
baute die Einzelteile des Helvetia-Dreiecks
aus verschiedenen Schweizer Hölzern mannshoch nach und die bestehenden und weiterhin
gültigen Helvetia-Werte wurden dreisprachig
auf der Vorder- und Rückseite in die Holzelemente eingebrannt. Bis Ende Juli konnten alle
Teams ihren Beitrag zum Zusammenhalt der
«neuen» Helvetia handschriftlich in zwei
Worte fassen und ans HR schicken. Danach
wurden alle eingesandten Beiträge in der Originalhandschrift auf die restlichen Aussenflächen der Holzskulptur gelasert. Das Zusammensetzen der Skulptur im Rahmen einer
Führungskräftekonferenz unterstrich die Symbolik des Zusammenwachsens. Seit einigen
Monaten steht die Holzskulptur im Eingang
des Helvetia-Hauptgebäudes in Basel.
Was symbolisch nicht in Stein gemeisselt,
aber in Holz gebrannt und gelasert wurde,
muss nun im Alltag verankert werden. «Hier
stehen wir noch ganz am Anfang», so Simone
Lazarus. «Doch wir sind auf einem guten Weg.
So haben wir beispielsweise gemerkt, dass
sich der Grad an Veränderungsbereitschaft im
Unternehmen stark erhöht hat und dass die
Mehrheit der Mitarbeitenden Freude daran hat,
etwas Neues zu schaffen.» Neu ist auch die
Tatsache, dass Helvetia vom Jäger zum Gejagten wurde. Lazarus: «Durch die Übernahme
sind wir zur Nummer drei im Schweizer Versicherungsmarkt geworden und müssen ein
neues Selbstverständnis entwickeln.»
THEMA DER NÄCHSTEN
AUSGABE:
EMPLOYABILITY 45+
Mit welchen Arbeitgeber-Initiativen
die Swiss Life ihre Mitarbeitenden
unterstützt.
SCHWEIZER VERSICHERUNG49
SEPTEMBER 2016
MANAGEMENT & BILDUNG WAR FOR TALENTS
Rekrutierung
mal anders
Ungewöhnlich, innovativ und ganz auf die Verhaltensweise von «Digital Natives»
ausgerichtet: Die Allianz Suisse geht bei der Rekrutierung neue Wege und
lässt junge Talente mittels originellen Bewerbungsvideos eine Lehrstelle gewinnen.
Von Peter Marti
Für die Ausbildung begeistern
Mit ihrer viralen Kampagne «My life as a talent» verlässt die Allianz Suisse gewohnte
Pfade und spricht bewusst digital affine Zielgruppen an, um sie für eine Ausbildung zu
begeistern. Dabei können die jungen Talente
gemäss Angaben der Allianz Suisse ihre Kreativität auf besondere Art und Weise unter
Beweis stellen: Statt eine klassische Bewerbungsmappe einzureichen, können sie auf
www.mylifeasatalent.ch ein Bewerbungsvideo hochladen. Dieses wird dann von Freunden, Bekannten, der Familie oder der NetzCommunity bewertet.
Wer die meisten Stimmen für sein Video
erhält, kann im nächsten Sommer seine Lehrstelle am Hauptsitz der Allianz Suisse in Wallisellen antreten. Ganz ohne das übliche Bewerbungsprozedere. «Das ist auch für uns eine
völlig neue Erfahrung und wir sind total gespannt, wie die Aktion bei den Jugendlichen
ankommt», lässt sich Alexandra Suess, Verantwortliche für Young Talents bei der Allianz
­ uisse, in der Medienmitteilung zitieren. «Mit
S
der Kampagne wollen wir auch zeigen, dass die
Versicherungswelt alles andere als langweilig
ist und uns als bevorzugte Arbeitgeberin für
junge Menschen positionieren», betont die
Ausbildungsexpertin. «Die sozialen Medien
spielen dabei natürlich die Schlüsselrolle.»
Auf das übliche Bewerbungsprozedere
wird in diesem einen Fall zwar verzichtet,
aber klassische Bewerbungen mit Anschreiben und Lebenslauf sind damit noch lange
nicht out. Suess: «Natürlich achten wir wie bis
anhin vor allem auf Aspekte wie Leistungsfähigkeit, Motivation und Teamfähigkeit. Dafür ist ein persönliches Gespräch unerlässlich, um zu schauen, ob beide Seiten
zusammenpassen.» Dass der Gewinner oder
die Gewinnerin des Wettbewerbs auf Neid
und Skepis bei den andernen Lernenden
stösst, glaubt Alexandra Suess nicht: «Die finden diese Aktion ziemlich cool und stehen
voll dahinter.»
Das zeigt sich auf der Seite www.mylife­
asatalent.ch, wo die jungen Talente der Allianz Suisse multimedial aus ihrem Arbeitsalltag berichten. Die Internetseite wurde
gleichzeitig mit dem Wettbewerb aufgeschaltet, um jungen Menschen einen Einblick in
die Ausbildungswelt zu geben. Dort finden
Interessierte zudem die Teilnahmevoraussetzungen für den Wettbewerb. Bewerbung
per Video:
Bei der
Allianz Suisse
ab sofort
möglich.
BILD: ISTOCK
O
b am Hauptsitz oder in den
42 Generalagenturen: Die
Allianz Suisse bietet jährlich rund 40 jungen Talenten einen Einstieg in die
Berufskarriere mit einer
Lehre im kaufmännischen Bereich oder in
der Informatik. Mehr als 90 Prozent der
Auszubildenden wird anschliessend eine
Stelle im Unternehmen angeboten. Allerdings: Auch ein Versicherungsunternehmen muss mit der Zeit gehen, wenn es als
Arbeitgeber weiterhin attraktiv bleiben will
– denn mit dem demografischen Wandel
geht der sogenannte «War for Talents» einher, so der Wortlaut in einer aktuellen Medienmitteilung des Versicherers. Neue und
innovative Wege in der Rekrutierung des
Nachwuchses seien also gefragt.
50
SCHWEIZER VERSICHERUNG
SEPTEMBER 2016
Technologie wird
zum Game-Changer
Von Matthias Niklowitz
T
echnologie ist bei
Versicherungen ein
überaus wichtiges
Element des ganzen
Geschäfts: Gemäss
den Analysten der
US-Bank Morgan Stanley gibt die Assekuranz weltweit am zweitmeisten
für Technologie aus. Es wird zudem
ein überproportionaler Anteil der operativen Ausgaben für Hard- und Software eingesetzt.
Laut den Analysten wären das eigentlich sehr gute Voraussetzungen
für einen innovativen Einsatz von
Technologie für die Ausdifferenzierung im Wettbewerb und die Weiterentwicklung von Produkten und Geschäftsmodellen. Allerdings sieht es in
der Praxis anders aus: Der grösste Teil
der Gelder, die für Technologie vorgesehen sind, geht in den laufenden Betrieb und die Pflege des teilweise überalterten Softwarecodes.
Dass und wie sich eine teure IT in
den Gesamtkosten niederschlägt,
zeigt eine Hochrechnung von
Moody’s, der Bonitätsagentur aus den
USA. Bei einer durchschnittlichen
Lebensversicherung entfällt 47 Prozent auf die Operations, und die IT
beansprucht hierbei alleine zwei Drittel. Im P&C-Bereich entfallen sogar
61 Prozent auf die operativen Auslagen, hier ist IT neben dem Claims
Management der grosse Kostenfaktor.
Fünf entscheidende Schlüssel
Laut den Experten von Moody’s kommen Versicherungen nicht umhin,
hier anzusetzen, wenn sie längerfristig
überleben möchten. Alleine das Wettbewerbsumfeld mit austauschbaren
Produkten, niedrigen Zinsen und innovativen kleineren aufstrebenden
Konkurrenten sollte den Übergang zu
einer moderneren IT begünstigen.
Denn erst dann können Versicherungen die folgenden Schlüsseltechnologien anpacken, die sie eigentlich zum
längerfristigen Überleben jenseits einer Existenz als Run-Off-Player benötigen:
• Konsumenten-Engagement-Tools:
Kunden haben sich beim Einkaufen
und Buchen von Reisen an mobile
Apps gewöhnt. Selbst Banken haben
die Zeichen der Zeit erkannt. Versicherungen begnügen sich dem gegenüber laut Moody’s lediglich mit Apps,
welche vereinfachte Versionen von
Online-Auftritten sind. Damit können sich Kunden informieren. Aber
oft müssen sie dann noch Formulare
herunterladen, ausdrucken und per
Post einschicken. Fortschrittliche
Apps hingegen verwickeln die Kunden in eine echte Interaktion, bei der
beide Seiten etwas davon haben und
die Kunden vor allem engagiert in den
Dialog eintreten. Sie liefern mehr Informationen als die, welche lediglich
für eine bestimmte Transaktion unmittelbar benötigt werden und sie verbessern auch die Grundlagen für die
Versicherungen selber, indem sie die
Plattform darstellen, über welche die
Kunden – transparent – Daten an die
Versicherungen liefern, die wiederum
die Preisberechnung verbessern.
• Big Data: bräuchte eigentlich nicht
weiter erläutert zu werden – wenn sich
die Plattformen der Versicherungen
nicht so schwer damit tun würden,
rasch und zeitnah Datenanalysen zuzulassen, um dann wiederum bei der
Entwicklung besserer Produkte, beim
Marketing, bei Sales, beim Underwriting, bei der Verwaltung der Policen
und beim Claims Management eine
entscheidende Verbesserung der eigenen Position zu ermöglichen. Bereits
heute zeichnet sich ab, was sich mittels
eines guten Datenpools darüber hi­
naus steuern lässt: So experimentiert
man in anderen Branchen über die
Verwendung von künstlicher Intelligenz und von Roboter-Dialog-Syste-
BILD: ISTOCK
Die rasche Verwendung von zukunftsträchtigen
Schlüsseltechnologien dürfte laut Analysten
die Spiel­regeln im Versicherungsgeschäft verändern.
SCHWEIZER VERSICHERUNG51
SEPTEMBER 2016
TECHNOLOGIE & PROZESSE INNOVATIONEN
Gerade die Entwicklung in einigen
asiatischen P&C-Märkten hat
gezeigt, dass Versicherungskunden
rasch und flexibel auf neue Angebote
reagieren.
men, um für Kunden automatisierte
und dennoch hoch individuelle Services beispielsweise als Ersatz konventioneller Call-Center für das Claims
Management anbieten zu können.
Die Steuerung solcher Systeme ist
hoch komplex und setzt einen breiten
und tiefen Datenschatz voraus – aber
dieser muss laut Moody’s erst einmal
aufgebaut und erschlossen werden.
Und zukünftig dürften auch das Risikomanagement und die Preisberechnungen deutlich individualisierter
ausfallen. Grundlage ist hier ebenfalls
Big Data – und natürlich haben auch
Datenschützer und Regulatoren ein
wichtiges Wörtchen mitzureden.
• Sharing Economy: Hier sieht es bei
Versicherungen in der Schweiz bisher
düster aus: Spezielle Angebote für
Uber-Fahrer oder für AirBnB-Zimmervermieter gibt es bisher nicht, weil
die bisherigen Systeme entsprechend
variable Policen nicht zulassen. In den
USA sind einige Monoliner eigens gegründet worden, um solche Lücken zu
schliessen. Sie verrechnen Prämien
entsprechend der jeweiligen individuellen Form und dem Zeitpunkt der
Nutzung und erschliessen so Märkte,
die es bisher in der Form nicht gegeben hat – genauso wie es die SharingEconomy-Vorreiter vormachen.
• Das «Internet of Things»: die breite
Verwendung und Anbindung von Objekten an Datennetze, hat laut den
Analysten von Morgan Stanley eine
bisher völlig unterschätzte Nebenwirkung. Die Risiko-Pools verändern
sich, wenn Wohnungen und Häuser
mit Sensoren für Brände, Wasserschäden und Einbrüche versehen werden.
Das gleiche gilt für die kommenden
selbstfahrenden Fahrzeuge. Je nach
Hochrechnung und Anpassungen bei
den Basis-Szenarien schrumpfen
dann die Risiko-Pools zwischen 30
und 70 Prozent – und damit würde
auch das Geschäftsvolumen zurückgehen. Gemäss Moody’s bringt das
Internet of Things die grosse Chance
für Versicherungen, eigene Angebote
weiterzuentwickeln, die Daten, welche die Sensoren erzeugen, für die
Modelle zu verwenden und dann auch
neue Angebote zu schaffen. Denn an
den grundlegenden Risiken verändert
sich wenig.
• Digitale Ökosysteme bilden ein weiteres beliebtes Schlagwort. Dabei werden Menschen, konkrete Objekte (wie
Autos oder digital vernetzte Haushalte) mit Service-Anbietern verbunden. Führend sind hier die grossen Internet-Firmen aus den USA und aus
China: Die betrachten die Welt aus
der Sicht der Daten, welche alles untereinander verbinden, und sie fügen
die einzelnen Elemente in neuer Form
zusammen. Kunden kaufen dann online ihre Produkte, sie diskutieren in
Mit innovativem
Einsatz von Technologie
können sich Versicherer
im Wettbewerb
positiv hervortun.
Foren online die Erfahrungen anderer
Kunden, sie fragen ebenfalls online
beim Anbieter noch zusätzlich nach
und sie bezahlen auch online. Versicherungen könnten in solchen digitalen Prozessen per Klick zusätzlichen
Versicherungsschutz für spezielle Bedürfnisse und Gegebenheiten anbieten – wenn sie aus Sicht der führenden
Betreiber solcher digitalen Ökosysteme zwei Bedingungen erfüllen: Sie
müssen sich nahtlos in diese digitalen
Prozesse einfügen. Und sie müssen
Produkte anbieten, die dann von den
Kunden wirklich als nützlich erkannt
und nachgefragt werden. Aus Sicht
der grossen Betreiber der Ökosysteme
wäre es nur ein kleiner Schritt, ihrerseits als Erstversicherer aufzutreten
und Versicherungen von neuen attraktiven Feldern gleich ganz abzuschneiden.
Kürzere Zyklen
Laut Moody’s pressiert es zwar, weil
die Erneuerung grosser IT-Infrastrukturen rasch einmal eine Frage
von einem halben Jahrzehnt ist. Aber
Versicherungen hätten – insbesondere
im Leben-Geschäft – die Regulation
noch auf ihrer Seite und auch die
Kunden seien gegenwärtig noch etwas
zu träge. Allerdings ist das laut den
Analysten von Morgan Stanley kein
Grund, die Hände in den Schoss zu
legen: Gerade die Entwicklung in einigen asiatischen P&C-Märkten hat
gezeigt, dass die Kunden rasch und
flexibel auf neue Angebote reagieren.
Clevere Versicherungsbündel für
Smartphones beispielsweise haben die
Spielregeln für die Haushaltversicherungen verändert – und diese Wechsel
verliefen parallel zu den Erneuerungszyklen der Smartphones, also in Zweijahresabschnitten. 52
SCHWEIZER VERSICHERUNG
SEPTEMBER 2016
Weg vom
alten Eisen
Grosse Versicherungen wagen sich zögerlich an
Ablöse-Prozesse. Möglichen Kosteneinsparungen stehen
Risiken bei der Ablösung gegenüber.
Von Matthias Niklowitz
M
ainframe-Computer bildeten
für ein halbes
Ja h r hu nde r t
lang das Rückgrat der IT
der grossen Finanzdienstleister: Es
gab lange Jahre keine vergleichbar
leistungsfähige und zuverlässige
Hardware- und Software-Infrastruktur auf dem Markt. Allerdings hat
die Stabilität auch gewisse Nachteile:
Der Computercode ist alt – und die
Betreiber müssen für Wartungsaufgaben oft Aufträge an Spezialisten aus
Indien vergeben, wo es noch einen
ausreichend grossen Pool von Programmierern gibt, die mit den alten
Betriebssystem-Sprachen und den
Applikations-Tools umgehen können.
Und was vor 30, 40 Jahren noch als
vernünftiges Anpassungs- und Weiterentwicklungstempo genügte, reicht
heute nicht mehr: Damals konnte niemand voraussehen, dass dereinst die
Kunden von Versicherungen ihre Policen flexibel mit Smartphones kaufen
würden und die Versicherungen ihrerseits immer kleinere und flexibler verkaufbare Policen für spezielle Anwendungsfälle entwickeln würden.
Umdenken im Gange
Dennoch bleiben die Mainframes
wichtig: Wie eine Umfrage des auf
diese Grosscomputer spezialisierten
Softwareunternehmens Compuware
zeigt, räumen 92 Prozent der Befragten aus Europa und den USA den
Mainframes auch in den kommenden
zehn Jahren eine wichtige Rolle ein
und für 84 Prozent ist es auch eine
Plattform, auf der sich Innovationen
vornehmen lassen. In den USA arbeiten 21 der 25 grössten Versicherungen
weiterhin auf diesen Grosscomputern. Allerdings hat vielerorts ein
Umdenken eingesetzt, denn neben
den Kosten und den sich immer rascher verändernden Konsumentenvorlieben sind die gestiegenen Ansprüche der Regulatoren gekommen
– und viele alte Umgebungen sind
nicht in der Lage, auf Knopfdruck
jene Reporte zu produzieren, die
heute verlangt werden.
«Die grossen Versicherungen haben etliche Jahre Schwierigkeiten damit bekundet, die modernen Ansprüche mit ihren alten Systemen zu
befriedigen», schreiben indes die Ex-
perten von Celent, einem ResearchUnternehmen für Finanzdienstleister.
Das Zitat ist zehn Jahre alt – aber laut
einem Sprecher von Celent weiterhin
aktuell: Die Finanzkrise hatte eher
dazu geführt, dass in einer ersten
Phase keine weiteren riskanten Projekte wie eine Mainframe-Ablösung
eingeleitet wurden. Versicherungen
hatten zuerst einmal andere Sorgen
und eine solche fundamentale Ablösung gilt als einigermassen heikel. Erst
in den vergangenen Jahren ist wieder
etwas mehr Aktivität zu sehen – auch
und gerade dank der Reife, die alternative Technologien inzwischen erreicht haben. Allerdings erstreckt sich
eine Mainframe-Ablösung oft über ei-
Swiss Life ist eine der ersten grossen
Versicherungen der Schweiz, die radikal weg
geht von den Mainframes.
SCHWEIZER VERSICHERUNG53
SEPTEMBER 2016
TECHNOLOGIE & PROZESSE MAINFRAME-COMPUTER
Werden den modernen
Ansprüchen nicht
mehr gerecht: Alte
Mainframe-Systeme.
BILD: ISTOCK
nige Jahre – die Mobiliar beispielsweise hat als Schlusspunkt der Ablösung das Jahr 2024 festgelegt.
Radikale Abkehr bis 2017
Auch Swiss Life löst gemäss einem
Bericht des Branchendienstes InsideIT ihre Mainframes ab, indem bis
Ende 2017 die businesskritischen Applikationen auf eine Private Cloud
übertragen werden. Die laufen auf
dem Azure-Stack von
Microsoft und werden
vom IT-Dienstleister
Inventx in den beiden
Rechenzentren betrieben. Für die nicht geschäftskritischen Teile
ist die öffentliche
Cloud der MicrosoftAzure-Plattform vorgesehen, die läuft dann
«irgendwo» im Netz.
Swiss Life ist damit
eine der ersten grossen
Versicherungen der
Schweiz, die radikal
weg geht von den
Mainframes. «Unsere
Digitalisierungsstrategie erfordert eine zunehmend schnellere Abbildung der Businessanforderungen, auch auf technologischer
Seite. Neue Möglichkeiten in der IT
kommen auf uns zu, die verstanden
und für unsere breite Kundenbasis gewinnbringend genutzt werden wollen», lässt sich Beat Marbach, Leiter
Informatik bei Swiss Life Schweiz, in
der entsprechenden Medienmitteilung zitieren. «Cloud-Lösungen ermöglichen diese Flexibilität.»
Swiss Life, Microsoft und Inventx
haben für diesen Zweck eine Partnerschaft für die Entwicklung einer
hybriden Cloud-Umgebung vereinbart. «Diese kombiniert den flexiblen
Ressourcenbezug der Public-CloudPlattform von Microsoft für businessunkritische Anwendungen mit der
Private Cloud von Inventx, die auf
hohe Datensicherheit und garantierte
Datenhaltung in der Schweiz im georedundanten Rechenzenterverbund
setzt», heisst es in der Mitteilung weiter. Swiss Life werde damit in abseh-
barer Zeit selber keine eigenen Rechenzentren mehr betreiben, sich aber
weiterhin um die Applikationen und
die Weiterentwicklungen kümmern.
Erleichtert werden solche Mainframe-Ablösungen nicht nur durch
Fortschritte bei den Cloud-Technologien. Die Firma Lzlabs aus Wallisellen
beispielsweise hat im Rahmen einer
Zusammenarbeit mit Red Hat und
Micrososft einen «Software definierten Mainframe» angekündigt. Damit
können Mainframe-Betreiber ihre
Systeme auf Cloud- oder Linux-Plattformen migrieren, ohne dass die
Kompatibilitäten verloren gehen, wie
es von Lzlabs heisst. Kernstück ist
dabei die Überführung der alten Anwendungen in einen speziellen «Software-Container», womit gewährleistet
sein soll, dass die alten Programme
auch auf der neuen Umgebung noch
weiterlaufen. Weitere Softwarefirmen
wie CA Technologies bringen ständig
neue Tools und Hilfsmittel, um Mainframe-Computer so flexibel und lange
wie möglich in Betrieb zu halten.
Alte Technologie, neue Features
Und auch IBM, der letzte grosse
Hardware-Hersteller, der noch Mainframe-Computer baut (weitere Anbieter wie Unisys, Bull, Hitachi, Fujitsu
und NEC spielen nur noch in Nischen
eine Rolle), hält nicht still. Seit rund
zehn Jahren bringt die US-Firma
praktisch im Jahrestakt kleinere, abgespeckte Mainframe-Modelle auf
den Markt, welche mit neuen Features wie sehr rascher interner DatenVerschlüsselung, eingebauter ITSicherheits-Analysesoftware und
Cloud-Computing-Optionen die
Kunden bei der Stange halten sollen.
Diese Features sollen die alten Stärken dieser Grosscomputer, die hohe
Leistungsfähigkeit bezüglich Trans-
aktionen, auch in das mobile Zeitalter
retten. Zudem kooperiert IBM seit
vergangenem Jahr mit Apple: IBM
stellt die Mainframe-Infrastruktur,
von Apple kommen Geschäfts-Apps,
die auf den iPhones und iPads laufen.
Schliesslich lassen sich MainframeUmgebungen prinzipiell auf einer Private-Cloud betreiben, wie das IBM
mit einer grossen australischen Bank
vereinbart hat.
Hohe Pannenquote bei Ablösungen
Gerade aus Australien kommen Beispiele, dass und wie Banken mit teuren Mainframe-Ablösungen in
Schwierigkeiten geraten waren: Es gab
Fälle, bei denen die Dauer der Ablösung von fünf auf 15 Jahre und das
Budget dafür von einer auf fünf Milliarden australische Dollars aufgestockt
werden mussten. Zudem erwiesen
sich einige Ablösungen während der
Projekt-Phase als schwierig. So beliess
eine Bank das grosse und wichtige Geschäft für Immobilienkredite auf der
alten Plattform, weil es sich aufgrund
der Komplexität nicht übertragen
liess. Jetzt betreibt besagte Bank eine
alte und eine neue Plattform parallel.
Ein solcher Parallelbetrieb ist
kostspielig. Die Experten von Gartner, einem auf die IT-Branche spezialisierten Beratungsunternehmen,
empfehlen denn auch ein vorsichtiges
Vorgehen bei der Ablösung, zumal der
alte Cobol-Code keinesfalls wertlos
ist. Die Wiederverwendung von altem
Code kann deutlich günstiger ausfallen als die vollständige Neuprogrammierung einer alten, bewährten Umgebung. Zudem ist die Ablösung einer
alten Umgebung jeweils immer auch
eine Kombination von zwei denkbar
ungünstigen Faktoren: Alte Systeme
sind in der Regel unzureichend dokumentiert, neue in der Regel zu wenig
getestet. Auch deshalb ergibt sich, so
die Experten von Gartner, eine Pannen-Quote zwischen 40 und 70 Prozent bei grossen Ablösungen. Etliche
grosse Versicherungen wie Allianz,
Aviva und Nationwide hatten deshalb
davon abgesehen, ihre alten Umgebungen mit dem Cobol-Code direkt
zu eliminieren – sie packten diese,
ähnlich wie Swiss Life, auf neue Plattformen und konnten so ihre Kosten
und Risiken senken. 54
SCHWEIZER VERSICHERUNG
SEPTEMBER 2016
Frist abgelaufen
In einem neuen Entscheid beleuchtet das
Bundesgericht die Voraussetzungen zur Erlangung einer
Nachfrist beim Streit mit einer Krankenkasse.
BUNDESGERICHT
Von Clemens D. Furrer
Nachdem die Krankenkasse
Schweizerischer Metallbaufirmen ab 17. August 2012 Taggelder nach Krankenversicherungsgesetz (KVG) an Alberto
(Name fiktiv) ausbezahlt hatte,
stellte sie nach weiteren Abklärungen mit Verfügung vom
31. März 2014 die Leistungen
ein, woran sie mit Einspracheentscheid vom 16. Juni 2014
festhielt. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die gegen die Leistungseinstellungsverfügung vom 31. März 2014 erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 29. Januar 2016 aufgrund verspäteter Einsprache und mit dieser Begründung die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid der
Kasse vom 16. Juni 2014 ab. Dagegen wehrte sich Alberto
nun vor Bundesgericht.
Alberto rügte vor Bundesgericht eine Verletzung von
Art. 61 lit. b des Bundesgesetzes über den Allgemeinen
Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) bzw. Art. 10
Abs. 5 der Verordnung über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSV). Das Gesetz sieht darin vor, dass wenn eine Einsprache den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt oder die Unterschrift fehlt, der
Versicherer eine angemessene Frist zur Behebung der
Mängel ansetzen und damit die Androhung verbinden
muss, dass ansonsten auf die Einsprache nicht eingetreten werde. In einem ebenfalls unlängst entschiedenen
anderen Fall (Urteil 8C_259/2015 vom 24. Februar
2016) hatte das Bundesgericht bereits festgehalten, dass
der Versicherungsträger allgemein eine Nachfrist zur
Verbesserung einer den gesetzlichen Anforderungen
nicht genügenden Einsprache anzusetzen hat, also selbst
dann, wenn Rechtsbegehren und Begründung überhaupt fehlen, sofern dadurch nicht in rechtsmissbräuch-
licher Weise eine Verlängerung
der Beschwerdefrist erreicht
werden soll.
Fristenlauf in concreto
Die Verfügung der Krankenkasse vom 31. März 2014 wurde
Alberto am Folgetag zugestellt.
Gemäss Art. 52 Abs. 1 ATSG
i.V.m. Art. 38 Abs. 1 und Abs. 4
lit. a sowie Art. 39 ATSG lief
die Einsprachefrist unter Berücksichtigung des Fristenstillstands vor und nach Ostern am
Freitag, 16. Mai 2014 ab. Mit Schreiben vom 2. April
2014 ersuchte die damalige Rechtsvertretung des Beschwerdeführers die Krankenkasse um Zusendung sämtlicher Akten sowie um eine «Nachfrist von 30 Tagen zur
Antragstellung und Begründung der hiermit erhobenen
Einsprache», dies unter Hinweis auf ihre Abwesenheit
von zwei Wochen ab 14. des Monats.
Rund eine Woche später wurden die Akten zugestellt,
wobei im Begleitschreiben vom 9. April 2014 festgehalten
wurde, die Eingabefrist für die Einsprache werde bis zum
30. Mai 2014 verlängert. Am 20. Mai 2014 reichte die
neue Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eine mit
einem Antrag und einer Begründung versehene Einsprache ein, welche die Krankenkasse mit Einspracheentscheid vom 16. Juni 2014 abwies.
Im vorliegenden Fall schliesst sich das Bundesgericht
den kantonalen Richtern an und sieht im Zeitpunkt der
Gesuchstellung am 2. April 2014 die Voraussetzungen für
die Einräumung einer Nachfrist nach Art. 10 Abs. 5
ATSV für die Einreichung einer den Formerfordernissen
in Bezug auf Antrag und Begründung genügenden Einsprache offensichtlich nicht gegeben. Die Frist von 30 Tagen nach Art. 52 Abs. 1 ATSG hatte am selben Tag erst
zu laufen begonnen und nach Erhalt der mit Schreiben
SCHWEIZER VERSICHERUNG55
SEPTEMBER 2016
RECHT & REGULIERUNG BUNDESGERICHT
vom 9. April 2014 zugestellten Akten verblieben auch
ohne den Fristenstillstand wegen Ostern immer noch
mehr als zweieinhalb Wochen bis zum Ablauf der Frist
am 16. Mai 2014, um eine formgültige Einsprache einzureichen. Nach Ansicht sowohl des Bundesgerichts (in diesem neuen Entscheid 9C_191/2016 vom 18.5.2016) als
auch der kantonalen Vorinstanz lief die Einräumung einer Nachfrist bis 30. Mai 2014 quasi auf Vorrat auf eine
unzulässige Verlängerung der gemäss Art. 40 Abs. 1
ATSG nicht erstreckbaren Einsprachefrist hinaus.
Nachfrist via Begründungsmangel?
Vorliegend war das Gesuch um Zusendung der Akten
und um eine Nachfrist nicht erst kurz vor Ablauf der Einsprachefrist am 16. Mai, sondern bereits am ersten Tag
der Frist am 2. April gestellt worden. Das Bundesgericht
erteilt der Auffassung, schon der klare Wortlaut von Art.
10 Abs. 5 ATSV verlange eine von Amtes wegen selbst
dann anzusetzende Nachfrist, wenn kein entsprechendes
Gesuch gestellt worden wäre, da die Einsprache vom
2. April 2014 keine Begründung enthielte, eine Absage.
Eine solche Sichtweise widerspricht nach Lesart der obersten Richter Sinn und Zweck der
Regelung und führt im Ergebnis zu einer unzulässigen Verlängerung der nicht erstreckbaren Einsprachefrist (Art. 40
Abs. 1 ATSG). Auch das Argument, das Gesuch um Nachfristansetzung sei umsichtig im
Sinne einer seriösen Mandatsführung gestellt worden, weil
die Rechtsvertretung nicht
habe wissen können, wie lange
es dauern würde, bis die Akten
zugestellt würden, wurde mit
dem effektiven Zugang der Unterlagen noch vor Beginn des
Fristenstillstandes am 13. April
2014 in den Augen des Bundesgerichts hinfällig.
Bleibt der Grundsatz von Treu und Glauben zu prüfen. Gesuch und Gewährung der Fristerstreckung waren
unter Kenntnis des Sachverhalts beider Parteien erfolgt.
Sowohl Albertos Anwalt als auch die Krankenkasse
waren davon ausgegangen, dass die Einsprache vom
2. April gültig erfolgt sei. Dazu zieht das Bundesgericht
die Rechtsprechung im Zusammenhang mit einer unrichtigen Belehrung über den Rechtsmittelweg oder
-frist heran; danach wird das Vertrauen einer anwaltlich
vertretenen Partei in eine diesbezüglich fehlerhafte Angabe nicht geschützt, wenn eine «Grobkontrolle durch
Konsultierung der anwendbaren Verfahrensbestimmungen oder eine systematische Lektüre des Gesetzes genügte, um den Fehler zu erkennen». Dagegen verlangt
das Bundesgericht auch von Anwälten nicht, dass neben
den Gesetzestexten auch noch die einschlägige Rechtsprechung oder Literatur nachgeschlagen wird (BGE
141 III 270 & 138 I 49).
In der Eingabe vom 2. April ersuchte Albertos Anwalt
um Zusendung der Akten und eine «Nachfrist von 30 Tagen zur Antragstellung und Begründung der hiermit erhobenen Einsprache». Nach dem Wortlaut von Art. 10
Abs. 5 ATSV waren die Voraussetzungen für die Einräu-
mung einer Nachfrist damit gegeben, da ein klar bekundeter Einsprachewille genügt. Indes unterstellt das Bundesgericht, Albertos Anwalt habe auch bekannt sein
müssen, dass die Einsprachefrist als eine gesetzliche Frist
gemäss Art. 40 Abs. 1 ATSG nicht erstreckbar ist und
eine Abwesenheit den Fristenlauf nicht hindert, sondern
lediglich gemäss Art. 41 ATSG unter ganz bestimmten,
hier allerdings nicht gegebenen, Voraussetzungen die
Wiederherstellung einer versäumten Frist erlaubt. Das
Bundesgericht will Alberto bzw. seinen Rechtsvertreter in
ihrem Vertrauen in die gesetzwidrige Einräumung einer
Nachfrist nicht schützen, da nach Ansicht des Gerichts
Art. 10 Abs. 5 ATSV «auch ohne Blick in die Rechtsprechung nur in dem Sinne verstanden werden kann, dass
eine Nachfrist lediglich dann anzusetzen ist, wenn für die
Behebung der Mängel nicht (mehr) genügend Zeit innerhalb der nicht erstreckbaren Einsprachefrist besteht».
Diese Voraussetzungen sieht das Gericht jedenfalls nicht
gegeben, zumal nach Zustellung der Akten noch mehr als
zweieinhalb Wochen verblieben, um eine formgültige
Einsprache einzureichen. BUNDESGERICHTSURTEIL
9C_191/2016
VOM 18.5.2016
NACHFRIST
RATIO LEGIS
Sinn der Nachfrist von Art. 61 ATSG ist gemäss bundesgerichtlicher Lesart, den Schutz der rechtsunkundigen Partei zu gewährleisten. Sie kommt in Fällen
zum Tragen, in denen aufgrund der Sachlage eine
rechtsgenügliche Einsprache- oder Beschwerdebegründung ohne Aktenkenntnis nicht möglich ist und eine
nicht rechtskundige versicherte Person in gutem Glauben erst kurz vor Ablauf der Anfechtungsfrist einen
Rechtsvertreter mandatiert. In solchen Fällen muss es
nach Ansicht des Bundesgerichts reichen, wenn die
rechtskundige Person unverzüglich die Akten einholt
und die innert Frist vorsorglich eingereichte Beschwerde mit einer Begründung ergänzt. Ein offenbarer
Missbrauch, der einen Verzicht auf die Nachfrist rechtfertigt, besteht dann, wenn eine rechtskundige Person
eine bewusst mangelhafte Rechtsschrift einreicht, um
damit eine Nachfrist zur Begründung zu erwirken.
56
SCHWEIZER VERSICHERUNG
SEPTEMBER 2016
SCHWEIZER
VERSICHERUNG
28. JAHRGANG
Herausgeberin
Ringier Axel Springer Schweiz AG
Förrlibuckstrasse 70, 8021 Zürich
Tel. +41 (0)43 444 58 86
www.schweizerversicherung.ch
[email protected]
Leitung Wirtschaftsmedien
Uli Rubner
Redaktion
Werner Rüedi (Chefredaktor);
Jasmine Alig
Ständige Mitarbeitende
Gérard Al-Fil, Dr. Hansruedi Berger;
Sandra Escher Clauss; Clemens D. Furrer;
Matthias Niklowitz; Dr. Peter Odrich;
Dr. Kurt Speck.
PERSONEN
AXA-ARAG RECHTSSCHUTZ AG
NEUERUNGEN IN DER GL
Die Axa-Arag Rechtsschutz AG hat ihre
Geschäftsleitung erweitert. Neu zur
Geschäftsleitung hinzugestossen ist Jürg
Schneider, der seit Juli 2016 das Corporate
Center leitet. Der 45-Jährige war zuletzt
Leiter Rechtsdienst Arbeitsrecht. Er hat an
der Universität Zürich Jura studiert
und hält ein Executive Diploma in Management der Hochschule St. Gallen.
Schneider folgt in seiner neuen Funktion
Gestaltung / Layout
Tessy Ruppert (Artdirector);
Johannes Neukomm
Werbemarkt
Beniamino Esposito, Leitung
Tel. +41 (0)58 909 91 11
E-Mail: [email protected]
Online: www.admeira.ch
als Leiter Corporate Center auf Heinz
Suter, der neu den Bereich Legal & Compliance und Risk Assessment verant­
wortet. Um die Kommunikation und
Marketingaktivitäten weiter zu stärken,
wurde zudem Lea Baumann Hahn,
Leiterin Market Management neu in die
Geschäftsleitung aufgenommen. Baumann Hahn hat nach ihrem Betriebswirtschaftsstudium an der ZHAW in
verschiedenen Positionen internationales
Marketing bei Lista und Siemens
betrieben und ist seit zwei Jahren bei der
Axa-Arag für das Marketing, die Kommunikation und das Event-Management
verantwortlich.
Leiter Nutzermarkt
Markus Will,
[email protected]
Marketing
Ringier Axel Springer Schweiz AG
Förrlibuckstrasse 70, 8021 Zürich
Tel. +41 (0)43 444 58 95
Fax +41 (0)43 444 50 91
[email protected]
Jürg Schneider
Lea Baumann Hahn
11/22 Ausgaben Schweiz Fr. 116.–* / Fr. 209.–*
*(inkl. 2,5% MWSt)
Verbreitete Auflage
WEMF 2015: 6 679 Exemplare
ASDA SEKTION ZÜRICH
Erscheinungsweise
11-mal pro Jahr
«ZÜRICH WIE NOCH NIE»
Druck
Gassmann Print, Biel
Copyright
Ringier Axel Springer
Schweiz AG
Namhafte Beteiligungen
Le Temps SA
Offizielles Organ von / Organe officiel de
— Schweiz. Vereinigung der dipl. Versicherungsfachleute / Association Suisse
des Diplômés en Assurances (ASDA)
— Schweiz. Verband der Versicherungs-­
Generalagenten (SVVG)/Fédération
­Suisse des Agents Généraux d’Assurances
(FSAGA)
— Schweizerischer Verband der Versicherungs-Inspektoren und -Agenten / Fédération Suisse des Inspecteurs et Agents
d’Assurances (SVVIA)
— IAF, Interessengemeinschaft Ausbildung
im Finanzbereich / Communauté d’intérêt
pour la formation dans le domaine financier
— SIBA, Swiss Insurance Broker Association
— Finanzplanerverband Schweiz (FPVS)
Andrea Fischbacher (vorne links) führte die
Asda-Truppe durch Zürichs Altstadt.
Auf einer Führung durch die Altstadt
entlang Zürichs berühmter alter Via Sacra
ging die Sektion Zürich der ASDA auf
die Suche nach den Spuren der Kelten.
Die Führung begann auf der Polyterrasse,
wo die 27 teilnehmenden ASDAMitglieder eine tolle Aussicht auf Stadt
und See genossen. Frau Dr. Andrea
Fischbacher von der Forschungsstelle
«Kraftorte Schweiz» geleitete durch das
heutige Hochschul- und ehemalige obere
Schanzenquartier, wo kraftvolle Orte und
ihre Geschichte kennengelernt wurden.
Spannend war das neue Vorstadtgebiet aus
dem 18. Jahrhundert – das Stockargut
mit Gartenhaus. Beeindruckend war, die
Universität, die Dr. Faust Gasse und
das Bodmer-Haus von einer neuen Seite
zu sehen. Durch den barocken Rechberggarten mit seinem Palais, der Orangerie
und den Stallungen für die gehobene Gesellschaft stiegen die Teilnehmenden ab
ins Handwerkerquartier des Neumarkts.
Weitere Höhepunkte waren das Palais
Rechberg mit seiner Kraft beim Springbrunnen, der Seilergraben (ehemali­
ges Neumarkt-Tor), das Geburtshaus von
Gottfried Keller und das Chorgässli.
HANNA DOREEN WESCHE
SCHWEIZER VERSICHERUNG57
SEPTEMBER 2016
ALAIN ZWEIBRUCKER
CFO AXA WINTERTHUR
—
Alain Zweibrucker wird neuer
Finanzchef der Axa Winterthur und damit Mitglied
der Geschäftsleitung. Der
42-Jährige wechselt von
der Axa Deutschland nach
Winterthur und folgt als CFO
auf Fabrizio Petrillo, der
die Leitung des Schadenversicherungsgeschäfts übernommen hat. Seine bisherige
berufliche Laufbahn verbrachte Zweibrucker bei der
Axa. Er arbeitete als Aktuar
P&C zwei Jahre in Portugal,
anschliessend zwei Jahre
als Leiter P&C Aktuariat bei
der Axa Gruppe in Paris, be­
vor er 2002 zur Axa Deutschland stiess und dort in verschiedenen Positionen tätig
war. Dabei leitete er auch
während zwei Jahren als
Chief Risk Officer die Einführung von Solvency 2 und
die Transformation der Risiko
Management-Funktion.
JACOPO D’ANTONIO
LEITER ASPEN
—
Jacopo D´Antonio übernimmt
zusätzlich zu seiner Auf­
gabe als Chef des Rückversicherungsgeschäfts von
Aspen Insurance auch die
Leitung des Versicherungsbereichs für die Schweiz.
D’Antonio übernimmt von
Heinz Eggenberger, der
in Pension gegangen ist.
DIEGO CICCO
LEITER HR SWICA
—
Diego Cicco ist neuer Leiter
Human Resources bei
Swica. Er folgt auf Werner
Infanger, der den Bereich ad
interim geführt hat. Cicco
verfügt über langjährige
Erfahrung im Bereich Human
Resources. Vor seinem
Wechsel war er Head HR im
See-Spital Horgen.
Ferma
Neue Vorstandsmitglieder
Die «Federation of European
Risk Management Associations»
(Ferma) hat drei neue Mitglieder
in der Vorstand gewählt. Es sind
dies Charlotte Hedemark Neilsen,
Senior Risk Specialist, SAP
(Dänemark), Ralph Mulder, Insurance and Subsidy Manager
UNIPER/E.ON Benelux (Niederlande) und Helen Pope, Head
of Insurable Risk-Tesco (Gross­
britannien). Anders Esbjörnsson,
Group Risk Manager, NCC
(Schweden) wurde wiedergewählt.
Zurich
Jopp für MEA
Zurich International Life hat
Walter Jopp zum neuen CEO
Global Life MEA berufen. Der
argentinisch-britische Doppel­
bürger war zuvor Leiter des
Segments Markt Management
MEA. Jopp beerbt die Rolle
von Jawed Barna, der zum Leiter
des Lebengeschäfts in Deutschland und stellvertretendem CEO
der Zurich Group in Deutschland
berufen wurde. (gaf)
VBV-ZERTIFIKATSFEIER
DIE NASE VORN
«Die Versicherungsvermittlung ist tot – es
lebe die Kundenberatung!» So ähnlich lautete die Botschaft an die frisch zertifizierten
Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler VBV (Berufsbildungsverband der Versicherungswirtschaft) im Rahmen der Zertifikatsfeier Mitte Jahr. Die Erwartungen an
Eine Gruppe erfolgreicher Versicherungsvermittler
VBV schart sich um den Hauptexperten Rolf Wegner.
die 504 neuen Titelträgerinnen und -träger
sind hoch und vielschichtig. Doch wer
sich als Problemlöser versteht und aufmerksam auf die Bedürfnisse der Kunden eingeht, wird immer die Nase vorn haben.
FOTOS: RICHARD DE STOUTZ
SVVIA-Präsident Marc-Oliver Stöcklin gratuliert
Vincent Roten, Generalagentur Philippe Favre der
Zurich in Sierre, zu seinem Spitzenresultat.
Markus Jutzeler, Präsident der Prüfungskommission, erläutert die Prüfungsresultate.
PERSÖNLICH
Monat
für Monat
in Ihrem
Briefkasten
PHILOMENA COLATRELLA
CEO, CSS Gruppe
«20 Grad ist meine
Schmerzgrenze»
Welches selbst gemachte Dessert ist
immer ein Erfolg?
Selbst gemachte Pasticciotti, wie sie in
meiner zweiten Heimat Italien zum Dessert
gereicht werden. Fantastisch einfach,
fantastisch gut – ein Traum aus Mürbeteig
mit einer Crèmefüllung!
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Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie gesund
ernähren Sie sich?
Ich bin zwar keine Gesundheitsapostelin.
Aber auf eine 7 dürfte ich es durchaus
bringen. Der Wochenmarkt fast vor meiner
Haustür mit all den wunderbaren
Frischprodukten trägt sicher dazu bei.
Wofür geben Sie ohne schlechtes
Gewissen Geld aus?
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Ort dieser Welt, um mein Fernweh zu stillen.
Welchen Stellenwert haben für Sie
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helfen mit, komplexe Herausforderungen zu
meistern. Im Privaten stehen sie gleichbedeutend für Spass, Inspiration und Musse.
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nie können würden?
Im Mai ins 13 Grad kalte Meer zu steigen.
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sonst bei 20 Grad.
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kommen Sie eher klar: Gefühls­
menschen oder Kopfmenschen?
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Kopfmenschen angewiesen. Wenn sie
auch noch über eine ausgeprägte Gefühlswelt verfügen, ist es perfekt.
Welche Sorte Mensch sind Sie selbst?
Der Mensch besteht aus Hirn und Herz.
Deshalb sollte man in einer verantwortungsvollen Position immer auch auf das Bauchgefühl hören.
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Philomena Colatrella (47) ist seit Anfang
September Vorsitzende der Konzernleitung
der CSS Gruppe. Die Juristin arbeitet
seit 1999 für die den Krankenversicherer,
ist seit 2012 Generalsekretärin und
Konzernleitungsmitglied und seit 2014 stellvertretende CEO. Zuvor trug Colatrella
als Group General Councel und Chief Compliance Officer die Gesamtverantwortung
für die Abteilung Legal & Compliance.
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tun, und tun, was wir sagen.
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