Erfahrungsbericht: ERASMUS 2015/16 an der Universidad Pablo de Olavide, Sevilla Friederike Weigl 1. Einleitung - “Hostia illo, que caló!” - “Pue tío, vamo pallá al bar y tomamono una cervecita pa refrecarno, eh?” - “Ay que bien pensao etze, mi arma! Vamano coño!” Wem dieser Dialog trotz vorhandener Spanisch-Kenntnisse fremd erscheinen sollte, der verbringe ein Jahr in Sevilla – danach wird sich ein so oder ähnlich aufgeschnapptes Gespräch genauso vertraut anfühlen wie der verlässliche Sonnenschein, die tägliche Siesta, Abendessen um halb elf und der frische Geschmack einer kühlen caña Cruzcampo-Bier. Gründe, während des Studiums ins Ausland zu gehen, gibt es viele – Gründe, sich dafür gerade Sevilla auszusuchen, noch viel mehr. Ein paar habe ich schon genannt, weitere dürfte auch das Betrachten von Bildern dieser unbestreitbar wunderschönen Stadt liefern. Ich habe meine Entscheidung für Sevilla in keinem Moment meines ERASMUS-Aufenthaltes bereut und bin sehr froh darüber, 10 Monate lang Teil der nicht nur wettermäßig sehr sonnigen südspanischen Kultur gewesen zu sein. Wer den zuweilen eigensinnigen, dabei aber sehr sympathischen andalusischen Dialekt als Hinderungsgrund sieht, der lasse sich gesagt sein: Wer andaluz versteht, versteht jedes Spanisch. Und wer einmal in Sevilla gelebt hat, wird dort bestimmt nicht das letzte Mal gewesen sein. 2. Vorbereitung a) Sprache Zwar hatte ich mir nach der Zusage im April vorgenommen, mir vor meinem Aufbruch Richtung Süden die über 2 ½ Jahre Schulunterricht erworbenen, aber inzwischen weitgehend in Vergessenheit geratenen Basis-Spanischkenntnisse in Erinnerung zu rufen und die verbleibende Zeit zur Wiederholung zu nutzen – für mehr als einen flüchtigen Blick in alte Grammatikhefte reichte die Motivation letztendlich aber doch nicht aus. “Das werde ich dort dann schon lernen”, dachte ich mir, und behielt damit schließlich auch Recht. b) Unterkunft Etwas zielstrebiger ging ich die Wohnungssuche an. Den Empfehlungen aus vorherigen Erfahrungsberichten folgend, wollte ich auch diese Angelegenheit auf die Zeit nach meiner Ankunft verschieben; sich bereits vorher einen Überblick über den Wohnungsmarkt zu verschaffen hielt und halte ich aber dennoch für sinnvoll. So klickte ich mich auf verschiedenen Internetseiten wie etwa “idealista”, “easypiso” und “pisocompartido” durch Wohnungsangebote und kontaktierte wenige Tage vor meiner Abreise schon einmal ein paar Vermieter. Außerdem buchte ich vier Nächte im “Central Spot Hostel”, um für die ersten Tage ein Dach über dem Kopf zu haben. c) Uni Die Uni-Formalitäten hielten sich meiner Erinnerung nach in Grenzen, das “Aufwändigste” war wohl die Erstellung des vorläufigen Learning Agreements. Dafür nutzte ich das auf der Website der Jura-Fakultät der UPO zu findende Studienprogramm, das recht übersichtlich ist, meines Wissens nach über die Jahre hinweg gleich bleibt, und aus dem man frei wählen kann. Meine damals getroffene Kurswahl änderte ich später ein wenig ab. Über alles weitere wurde ich sowohl vom Freiburger Auslandsbüro als auch von der UPO stets per E-Mail auf dem Laufenden gehalten. d) Konto und Versicherung Ich habe einige Zeit vor meiner Abreise eine Kreditkarte beantragt, mit der ich weltweit kostenfrei Bargeld abheben kann. Um eine Auslandskrankenversicherung musste ich mich nicht kümmern, da eine solche bereits von meiner Privatversicherung abgedeckt war. 3. Ankunft a) Flug Da es von meiner Heimatstadt Nürnberg keine Direktverbindungen gibt, flog ich mit Vueling von München aus über Rom nach Sevilla. Inzwischen kann man mit Transavia aber auch ohne Zwischenstopp von München aus fliegen. Wer aus der Freiburger Ecke kommt, hat die Möglichkeit, mit Easyjet günstig ab Basel nach Sevilla zu reisen. Vom Flughafen ins Zentrum gelangt man mit einem Shuttlebus, der alle 20 Minuten links vom Ausgang abfährt und für eine Fahrt vier Euro kostet. b) Wohnungssuche Die ersten Nächte verbrachte ich im erwähnten Hostel, welches völlig in Ordnung war und daher durchaus weiterzuempfehlen ist. Nachdem ich schon im Voraus ein paar Besichtigungstermine vereinbart hatte, konnte ich am nächsten Tag direkt mit der Wohnungssuche starten. Dass es tatsächlich nicht ratsam ist, schon im Vorfeld ein Zimmer zu mieten, wurde mir bereits nach der ersten Besichtigung klar: Die Wohung sah komplett anders aus als auf den Bildern im Internet. Auch ich gebe daher den Rat, sich direkt in Sevilla ein Bild zu verschaffen, zumal man absolut sicher sein kann, in wenigen Tagen etwas preiswertes zu finden. Das Angebot ist in Sevilla größer als die Nachfrage und da meist alles über den Vermieter läuft, hängt es nur von der eigenen Zusage – und nicht etwa vom Votum etwaiger Mitbewohner – ab, ob man einzieht oder nicht. Die Preise im Zentrum Sevillas schwanken zwischen 200 und 350€, wobei letzteres schon als recht teuer gilt. Ich entschied mich nach vier Besichtigungen für ein Zimmer in einer 5er-WG in der Nähe der “Setas” (Plaza de la Encarnación) und unterschrieb dafür – eigentlich unüblich für Sevilla – einen Vertrag. Dort fühlte ich mich umgeben von zwei Spaniern, einem Franzosen und einer Brasilianerin zunächst sehr wohl; nachdem v.a. der Schmutzpegel nach einiger Zeit aber ins für mich persönlich nicht mehr Erträgliche angestiegen und auch keine Besserung in Sicht war, entschied ich mich im Laufe des Aufenthaltes umzuziehen. Ich fand eine nette 3er-WG, wieder im Zentrum und in der Nähe der Alameda de Hercules, mit einer unkomplizierten Vermieterin und diesmal ohne Vertrag. Dies ist, wie schon angedeutet, die übliche Handhabung in Sevilla. Dort fühlte ich mich sehr wohl, insbesondere wegen der Gegend, die durch viele kleine Cafés, Bars, kreative Läden und eben die Alameda, einer weiten Fußgängerzone mit ganz eigenem Flair, besticht. Dafür nahm ich auch die recht weite Entfernung zur Metrostation in Kauf – bewegungsunfreudigeren Menschen würde ich empfehlen, sich näher am Prado de San Sebastián, der Puerta Jerez, in Triana oder Nervión anzusiedeln. Achten sollte man bei der Zimmerwahl außerdem evtl. auf das Vorhandensein einer Heizung oder zumindest gut abgedichteter Fenster, da der Winter trotz seiner Milde in den vor allem auf die Sommerhitze vorbereiteten und meist mit Fliesenböden ausgelegten Häusern ziemlich kühl werden kann. 4. Universitätsalltag a) Allgemeines Der erste Tag an der UPO begann mit einer Begrüßungs- und Informationsveranstaltung, über die man vorher per E-Mail informiert wurde und für die eine Anmeldung erforderlich war. Dort wurden das Kurswahlprozedere erklärt und eine Führung durch die verschiedenen Gebäude der UPO angeboten. In den folgenden zwei Wochen hatten wir Zeit, verschiedene Veranstaltungen zu besuchen, um uns dann schließlich über ein in diesem Zeitraum online gestelltes Formular in die Kurse einzutragen. Da jeder Kurs sechs ECTS-Punkte zählt, galt es fünf Kurse zu wählen. Diese bestehen dann jeweils aus einer zweistündigen EB (Enseñanza Básica) und einer 1,5-stündigen EPD (Enseñanza Práctica y Desarollo) pro Woche. Für das Bestehen des Kurses bzw. die Endnote zählt die EB 70%, die EPD 30%. Das Niveau an der UPO würde ich gegenüber dem in Freiburg generell als niedriger bezeichnen. Konkret an einem Fall zu arbeiten ist die Seltenheit, stattdessen wird theoretisches Wissen auswendig gelernt und in den Klausuren reproduziert. Als positiv habe ich den persönlichen Kontakt zu den Professoren empfunden, der durch die sehr viel geringeren Kursgrößen entsteht. Da viele spanische Studenten schon seit dem Kindergartenalter ihre Freunde haben und zumindest im ersten Semester kursbedingt um einiges jünger waren, haben sich an der Uni für mich zum Großteil nur flüchtige Kontakte ergeben. b) Kurswahl Ich wählte im ersten Semester: Derecho Constitucional I bei Dr. Gabriele Vestri: Ein eigenwilliger italienischer Dozent, der zunächst strenger wirkte als er es tatsächlich war. In jeder EPD musste ein Text zu einer bestimmten Fragestellung geschrieben werden (Funktionen des Königs, Gesetzgebungsverfahren, Referendum etc.). Die Vorlesung war recht chaotisch und für die Klausur am Ende letztlich wenig brauchbar. Dafür galt es ein vom Dozenten verfasstes und sehr viel übersichtlicheres Skript von etwa hundert Seiten zu lernen. Da sie zwei Stunden dauerte, eignet sie sich für die Anrechnung des großen Öff. Soweit ich weiß, lehrt Vestri inzwischen allerdings nicht mehr an der UPO. Derecho Civil I bei Juan Ignacio Pinaglia: Die EB bestand einzig darin, dass der Professor die zu markierenden Absätze in einem sehr dicken und aus verschiedensten Quellen zusammengestelltes Skript diktierte. Diese wurden dann bereits vor Weihnachten in einem Test abgefragt, der bei Bestehen die Endklausur ersetzte. Trotz höchst fragwürdiger Didaktik handelt es sich um einen sympathischen und amüsanten Professor, der es einem leicht macht, den Kurs zu bestehen. Derecho de la Unión Europea bei Antonio Lazari: Obwohl selbst Italiener, brachte dieser Professor wenig Verständnis für anfängliche Sprachhindernisse auf und stellte – obwohl nie darum gebeten – von Beginn an klar, dass sich “los Erasmus” nicht auf Vorteile gegenüber den spanischen Studenten freuen sollten. In nahezu jeder Unterrichtseinheit wurde außerdem dramatisch erläutert, dass der Kurs ohne aktive Mitarbeit nicht zu bestehen sei. In der EB gingen vor und nach der Pause Anwesenheitslisten durch die Reihen. In der EPD war jede Woche eine Hausaufgabe vorzubereiten (Kommentare, Vergleiche von Urteilen etc.) und am Ende der Stunde abzugeben. Trotz Glaubhaftmachung eiserner Strenge und enorm hohen Anspruchs fiel die Notengebung letztendlich sehr freundlich aus und auch wenn mir die Art und Weise dieses Professors absolut nicht gefallen hat, habe ich am Ende einiges über das Europarecht gelernt. Derecho Administrativo I bei Francisco Luis Pérez Guerrero: Ein sehr sympathischer Dozent, der wohl typischer einen Sevillaner nicht repräsentieren könnte. Die Hälfte der Zeit war für Witze und Anekdoten reserviert, der Ton stets freundlich und locker. Erasmus-Studenten waren gerne gesehen und wurden integriert, aber nicht anders behandelt als die spanischen Studenten. Im zweiten Semester (Derecho Administrativo II) mussten Referate gehalten und Teilklausuren geschrieben werden. Der Kurs war bei guter Vorbereitung auf die Prüfungen problemlos zu bestehen. Da die Abschlussklausuren jeweils ca. drei Stunden dauerten, eignen sie sich zur Anrechnung des großen Öff. Filosofía de Derecho bei Fernando Martínez Cabezudo: Ein sehr schwer zu verstehender, da undeutlich sprechender Professor, jedoch im persönlichen Kontakt freundlich und fair. Letztlich lohnte es nicht, die Vorlesungen zu besuchen, da der gesamte Klausurenstoff mithilfe eines Lehrbuchs gelernt werden konnte. Statt eine Arbeit und die Abschlussklausur zu schreiben, bot mir der Professor eine mündliche Prüfung an. Diese war nach intensiver Vorbereitung gut zu bestehen. Im zweiten Semester wählte ich: Derecho Administrativo II: Vgl. oben. Derecho Internacional Público bei Luis Pérez-Prat Durban: Nachdem sich für diesen Kurs in den ersten Wochen noch kein Dozent gefunden hatte, musste der Stoff in relativ kurzer Zeit erarbeitet werden. Die Vorlesungen wurden dementsprechend in zügigem Tempo gehalten und es war teilweise schwer zu folgen, die Klausur letztlich aber mit ausreichend Vorbereitung gut zu bestehen. Der Professor ist freundlich und sehr offen. Die EPD wurde von einer anderen Dozentin gehalten, die ebenso nett war und sichtlich Spaß an der Sache hatte. Derecho Comparado y Unificación del Derecho bei César Hornero Méndez: Von diesem Kurs würde ich dringend abraten – zumindest bei diesem Professor. Die Vorlesungen waren monoton und daher am Ende nur noch von einer an zwei Händen abzuzählenden Menge von Studenten besucht. Für die EPDs musste wöchentlich ein enorm hohes Lesepensum (zwischen 30 und 70 Seiten) bewältigt und dazu ein mehr als ausführlicher Text erarbeitet werden (meist Zusammenfassung und Stellungnahme); in der EPD selbst wurden die Studenten persönlich aufgerufen und befragt. Der Professor ist an sich nett, fordert aber extrem viel und stellt außer den zumeist sehr komplexen Texten kein weiteres, gebündelteres Lernmaterial zur Verfügung. BGB AT bei Dieter Hildebrandt / Schuld- und Sachenrecht bei Juan Manuel Martínez Carpio: Auf die Unipartnerschaft der UPO mit der Universität Bayreuth war ich über die Erfahrungsberichte der vergangenen Jahre gestoßen und sah diese beiden Fächer als gute Möglichkeit, einerseits das mit fünf rein spanischen Kursen doch relativ hohe Pensum an fremdsprachigem Lernstoff etwas zu reduzieren, und andererseits die Kenntnisse im deutschen Zivilrecht aufzufrischen. Letztendlich fühlte es sich für mich jedoch seltsam an, in einer spanischen Uni deutsche Vorlesungen zu hören. Beide Professoren waren aber sehr nett und im Hinblick auf zum Teil in Vergessenheit geratenen Stoff eignen sich die Kurse natürlich zur Wiederholung. Ich würde dennoch empfehlen, wenn überhaupt, höchstens eines der beiden Fächer zu wählen. c) Ansprechpartner Grundsätzlich hielt ich mich bei allen Belangen an die Area de Relaciones Internacionales, das Auslandsbüro der UPO. Für die Unterzeichnung diverser Dokumente hinsichtlich der Anrechnung habe ich mich an die Professoren selbst und an den Direktor der juristischen Fakultät, Dr. Alfonso Ybarra Bores, gewandt. d) Unileben Die UPO verfügt über eine geräumige und ruhige Bibliothek, Sporthallen und Rasenplätze. Diese blieben von mir unbenutzt, es gibt aber ein Sportprogramm mit verschiedenen Kursen, für die man sich zu Beginn des Semesters anmelden kann. Zum Essen hat man die Auswahl zwischen zwei Cafeterien, wobei das Mittagsmenü mir generell bei beiden nicht besonders zugesagt hat. Das Frühstück und die Bocadillos sind dagegen zu empfehlen! 5. Sprache Zu meinem großen Bedauern bietet die UPO keinen kostenlosen oder wenigstens bezahlbaren Sprachkurs für Erasmus-Studenten an (ca. 380€ pro Semester!); hier besteht meiner Meinung nach wirklich Änderungsbedarf. Dennoch habe ich in diesen 10 Monaten sehr gut Spanisch gelernt, was wohl vor allem daran lag, dass ich von Anfang an Kontakt zu Spaniern suchte und auch in meinem internationalen Freundeskreis ausschließlich Spanisch gesprochen wurde. Auch die universitäre Lektüre, die Erarbeitung von Referaten und das Lernen auf die Klausuren haben mich ein ganzes Stück weitergebracht. Außerdem habe ich privat einen TandemPartner gefunden, mit dem ich viel üben konnte. Hierfür gibt es aber auch einige FacebookSeiten oder über die UPO die Möglichkeit zur Vermittlung. Dass der andalusische Dialekt das Spanischlernen erschwert, mag am Anfang wohl zutreffen – tatsächlich verstand ich zu Beginn sehr, sehr wenig. An das Auslassen bestimmter Konsonanten, die Abkürzung bzw. Zusammenziehung vieler Wörter (z.B. “es que” = ”eque”, “cansado” = “cansao”, “chiquillo” = “illo”, “para allá” = “pallá”) und die generelle Sprechart der Sevillaner gewöhnt man sich aber mit der Zeit und da nur die Aussprache und teilweise der Wortschatz, nicht aber die Grammatik, anders als im “Hochcastellano” sind, ist man grundsätzlich auch nicht gefährdet, “falsches” Spanisch zu lernen. Das Castellano aus nördlicheren Regionen oder Lateinamerika klingt eben einfach nur sehr viel deutlicher und klarer. 6. Praktisches a) Fortbewegung Innerhalb des Zentrums lässt sich – mit ein wenig Geduld – eigentlich alles zu Fuß erreichen. Wer sich schneller fortbewegen möchte, kann sich ein Sevici-Abo kaufen und damit den städtischen Fahrraddienst nutzen. Für ein Jahr zahlt man um die 35€. Ein eigenes Fahrrad mag zum Teil praktischer sein, um direkt von der Haustür losfahren zu können und nicht auf das Vorhandensein von Fahrrädern an der Sevici-Station hoffen zu müssen. Andererseits gibt es in Sevilla viele Fahrrad- und Reifendiebstähle, die man mit Sevici nicht fürchten muss. Zur außerhalb des Zentrums gelegenen Uni gelangt man mit der Metro, die relativ teuer ist: eine Fahrt kostet 82 Cent. Soweit ich mich erinnere, gibt es auch ein Monatsticket mit 45 Fahrten, aber das hat sich in meinem Fall nicht gelohnt und so habe ich pro Fahrt gezahlt. Wenn man sich so eine grüne Plastikkarte (z.B. am Kiosk am Prado de San Sebastián) kauft, kann damit zumindest ein bisschen günstiger als regulär auch den Bus benutzen. b) Handytarif Ich habe mir eine Prepaid-SIM-Karte von Mundo (Orange) geholt, mit der ich für sechs Euro im Monat 500 MB Datenvolumen hatte und die erste Woche nach jedem Aufladen innerhalb Spaniens kostenlos und europaweit recht günstig telefonieren konnte. SIM-Karten lassen sich nicht nur im Geschäft des jeweiligen Anbieters, sondern auch in den meist chinesischen Handyläden aufladen, die man an jeder Ecke findet. c) Einkaufen Es gibt einige verschiedene Supermarktketten in Sevilla, die günstigsten sind wohl Día, Mercadona, Aldi und Lidl. Für frische Lebensmittel lohnt sich ein Gang in eine Markthalle, wie es sie beispielsweise in der Calle Feria oder in Triana gibt. 7. Freizeit und Alltag Sevilla ist eine Stadt voller Leben – welches sich vor allem auf den Straßen abspielt. Man trifft sich zu egal welcher Tageszeit, um sich mit einer “cervecita” zu erfrischen, man flaniert über die Einkaufsstraßen oder verirrt sich in den verwinkelten Gassen, trifft auf “tunas” (männliche Sängergruppen) und Flamencokünstler, man redet laut und lacht viel. So sind die Straßen und Plätze bis tief in die Nacht mit Lebensfreude und heiterer Ausgelassenheit erfüllt und es fällt schwer, sich dieser Stimmung zu entziehen. Nicht nur diese Grundfröhlichkeit, sondern auch die Offenheit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Sevillaner haben mich begeistert – es wird einem wirklich nicht schwer gemacht, sich zu integrieren und an der südspanischen Lebensart teilzuhaben. Das Besondere an Sevilla ist, dass Tradition und Jugendlichkeit problemlos ihren Raum in der Stadt finden. Während man im Süden in Santa Cruz maurische Gemäuer und prachtvolle Bauten bewundern kann und sich dort stets viele Touristen tummeln, findet man im nördlichen Teil ab den Setas Graffiti an den Wänden, kreative Design-Shops und hippe Cafés. Meine Lieblingsorte waren, wie schon oben angedeutet, die Alameda – sowohl tagsüber als auch abends –, die Straßen Calle Feria und Calle Regina und die Gegend rund um die Plaza de la Alfalfa. In diesen Ecken, aber im Grunde genommen überall in der Stadt (denn es wimmelt in Sevilla nur so von Bars und kleinen Restaurants), kann man auch super Tapas essen und sich so durch die spanische Küche probieren. Besondere Ruhepole in dieser ohnehin schon von jeglicher Hektik weit entfernten Stadt sind der Parque María Luisa mit der beeindruckenden Plaza de España und der Palast(garten) Real Alcázar; außerdem lässt sich am Ufer des Guadalquivir ausgedehnt spazieren. Dort sind auch immer viele Jogger unterwegs; wer sich anderweitig sportlich betätigen will, hat die Auswahl an einigen Fitnessstudios. Ich habe mich im “Cuesta Sports” angemeldet: dort gibt es einen speziellen Erasmus-Tarif (200€ für 10 Monate) und ein recht vielfältiges Programm an Kursen. Im zweiten Semester habe ich außerdem mit Swing Dance angefangen, was unter der Anleitung eines sehr sympathischen kubanischen Tanzlehrers großen Spaß gemacht hat und eine weitere Möglichkeit war, Leute kennenzulernen. An den zahlreichen Veranstaltungen und Reisen der verschiedenen Erasmus-Organisationen habe ich so gut wie nie teilgenommen, sondern Ausflüge etc. lieber selbst mit Freunden geplant. Generell sind aber etwa die Strandfahrten von ESN/Erasmus-Club/We love Spain eine gute Möglichkeit, mit dem Bus günstig vom Fleck zu kommen und da keinerlei Verpflichtung besteht, am Animationsprogramm teilzunehmen, kann man sich, abgesehen von Hin- und Rückfahrt, völlig unabhängig bewegen. Nicht vorbei kommt man in Sevilla am Flamenco, einer unglaublich leidenschaftlichen Musikund Tanzform. Auch wenn schon auf der Straße viele Sänger, Gitarristen und Tänzer/innen ihre Darbietungen zum Besten geben, sollte man auf jeden Fall auch mal gezielt eine Flamenco-Vorstellung besuchen. Ich war mehrmals in der “Carbonería”, in der es jeden Abend kostenlose Aufführungen gibt, einmal im Teatro de la Maestranza, und zuletzt im Museo del Baile Flamenco – alles sehr zu empfehlen! Besondere Erlebnisse waren die Semana Santa und die Feria de Abril, von denen jeweils schon Monate vorher viel erzählt und – zumindest im zweiten Fall – geschwärmt wird. Ein so tief katholisches und sakrales Ereignis wie die Semana Santa kann man sich in Deutschland gar nicht vorstellen. Hunderte “nazarenos”, unter denen sich oft schon Kinder befinden, Kreuzträger und Blaskapellen ziehen durch die Straßen und huldigen erst dem “cristo” und dann der “virgen”, der pompös geschmückten Jungfrau Maria. Dieses Szenario wird über sieben Tage von den Zuschauern begleitet, die nicht etwa nur fromme Kirchgänger im Rentneralter sind, sondern eine Melange aller Generationen. Zwar scheiden sich über die Semana Santa die Geister – die einen sehnen sie in religiöser Ehrfurcht wochenlang herbei, die anderen fahren in den Urlaub, um sich ihr zu entziehen, einige betrachten sie relativ gleichgültig als folkloristisches Ereignis –, in jedem Fall aber verändert sie die Stadt in diesem Zeitraum enorm und kann nicht umgangen werden (schon allein deshalb, weil man wegen der Absperrungen teilweise nicht mehr nach Hause kommt). Von sehr viel weltlicherem, aber genauso generationsübergreifendem Charakter ist die Feria de Abril. Frauen und Kinder schwingen die “Sevillana” tanzend ihre bunten “gitana”-Kleider, begleitet von vornehmen Jungs und Männern in Anzug und Krawatte. Dazu wird “Rebujito” getrunken, geklatscht und gelacht. Dieses fröhliche Volksfest, das mich zum Teil ans Oktoberfest erinnert hat, sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. 8. Reisen Rund um Sevilla gibt es viele schöne Ausflugs- und Reiseziele. Neben hübschen kleinen Dörfern wie etwa Carmona haben mich die andalusischen Städte Córdoba, Granada und Ronda sehr begeistert. Wandern lässt sich z.B. in der Region um Jaén, es gibt aber auch schon sehr viel näher an Sevilla verschiedene Sierras und Parques naturales, die sich dafür anbieten. Auch die Strände Huelvas oder in Cádiz sind mit dem Auto oder zum Teil mit dem Bus gut zu erreichen, am schönsten fand ich aber die Strände der Algarve. Auch Lissabon, Porto, Salamanca, Bilbao und Barcelona habe ich während meines Sevilla-Aufenthaltes bzw. danach besucht – Städte, die alle ganz unterschiedlich und eine Reise wert sind! Außerdem war ich 12 Tage lang in Marokko unterwegs, was sowohl per Flugzeug (SevillaMarrakesch), als auch per Fähre (Tarifa-Tanger) preiswert angesteuert werden kann. Räumlich nah an Europa, ist die Kultur Marokkos doch völlig anders und zum Teil sehr fremdartig. Obwohl man sich als Tourist zuweilen ziemlich ausgeliefert und vor allem durch sein Geld charakterisiert fühlt, würde ich jedem meiner Nachfolger empfehlen, die Nähe zu Marokko zu nutzen und diese andere Lebensweise kennenzulernen. 9. Fazit Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein: ich finde Sevilla spitze! Wer eine Stadt sucht, die viele Möglichkeiten bietet, bunt und vielfältig ist und dabei trotzdem noch mit Begeisterung ihre eigenen, typischen Traditionen lebt, ist in Sevilla genau richtig.
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