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Biella-Neher: Halbjahreszahlen uneinheitlich, „Transformation“ des Geschäftsmodells wird vorangetrieben – Keine P
by Thorsten Grimm - schweizeraktien.net - http://www.schweizeraktien.net
Biella-Neher: Halbjahreszahlen uneinheitlich, „Transformation“
des Geschäftsmodells wird vorangetrieben – Keine Prognosen
möglich
by Thorsten Grimm - Freitag, August 26, 2016
http://www.schweizeraktien.net/blog/2016/08/26/biella-neher-halbjahreszahlen-uneinheitlichtransformation-des-geschaeftsmodells-wird-vorangetrieben-keine-prognosen-moeglich-10809/
Die Produkte-Welt von Biella. Bild: www.biella.ch
Seit Ende November 2015 sind die Valoren der in Brügg bei Biel ansässigen Biella-Neher AG, nach
eigenen Angaben „grösster europäischer Hersteller von Ordnern und Ringbüchern“, auf der
Handelsplattform OTC-X der Berner KB gelistet. In den zurückliegenden Monaten hatten wir an dieser
Stelle wiederholt über Biella-Neher berichtet, letztmals im März 2016 anlässlich der Publikation der
Geschäftsergebnisse für das Jahr 2015. Angesichts einer Rentabilitätsverbesserung und der soliden Bilanz
hatte der Verwaltungsrat den Aktionären an der GV Anfang Mai die Ausschüttung einer auf 160 CHF
(Vorjahr: 150 CHF) erhöhten Dividende vorgeschlagen, womit die Biella-Aktie mit einer Rendite von
knapp 4% – auf aktueller Kursbasis – zu den attraktiveren OTC-X-Investments zählt.
Das Umfeld bleibt für die Biella-Gruppe gleichwohl herausfordernd, wie der Zahlenkranz für das erste
Halbjahr 2016 zeigt. Im ersten Halbjahr 2016 (30. Juni 2016) konnte die Biella-Neher Holding AG ihr
Konzernergebnis von minus 2.6 Mio. CHF zwar um 0.7 Mio. CHF auf minus 1.9 Mio. CHF verbessern,
blieb jedoch – auch aufgrund von saisonalen Effekten – noch im „roten Bereich“. Die Währungssituation
wirkte sich im direkten Vorjahresvergleich – ins 1. Quartal 2015 fiel die Aufhebung des SNBMindestkurses – stabilisierend aus.
Investitionen in die Digitalisierung kosten
Das von minus 1.3 Mio. CHF auf minus 1.7 Mio. CHF rückläufige operative Ergebnis (EBIT) war
allerdings überlagert von den „Vorleistungen für die Digitalisierung“. In diesen Bereich fallen die
Aufwendungen für Biella SimplyFind und Biella Creator, zwei neue Produktwelten der „Biella in
Transformation“. Die planmässig umgesetzten Restrukturierungen mit der Schliessung des Werks in
Grossbritannien und der Zusammenlegung des EU-Vertriebs am Standort Peitz in Deutschland wirkten
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dagegen bei den Kostenstrukturen entlastend. Im Vergleich zum Vorjahr war der Umsatz um gut 10% auf
nur noch 62.4 Mio. CHF rückläufig. Dieser Rückgang ist einerseits enttäuschend, andererseits aber auch
„strategiekonform“ mit der Aufgabe nicht mehr rentabler Märkte in Grossbritannien und Österreich und
den damit einhergehenden Restrukturierungen in diesen Märkten.
Die Biella-Gruppe weist in ihrer Halbjahresberichterstattung auf die starke Saisonalität des
Büroartikelgeschäfts mit einer im Vergleich zum ersten Halbjahr deutlich umsatz- und ertragsstärkeren
zweiten Jahreshälfte hin – was wiederum hoffen lässt für die zweite Jahreshälfte.
Die Bilanz entwickelt sich solide
Das Eigenkapital der Biella-Gruppe lag zum Ende des ersten Halbjahres bei 62.6 Mio. CHF oder 7‘542
CHF je Aktie. Im Vergleich zum 30. Juni 2015 entspricht dies prozentual einem Zugewinn von knapp
5%, im Vergleich zum 31. Dezember 2015 einem Rückgang von ca. 5%. Zu berücksichtigen ist dabei
allerdings die unterjährig im Mai 2016 geleistete Dividendenzahlung (1.33 Mio. CHF) an die Aktionäre.
Die Nettoliquidität der Biella-Neher Holding AG ist mit zuletzt 5.9 Mio. CHF weiterhin
überdurchschnittlich hoch und äusserst komfortabel, weshalb wir aufgrund des Bilanzbilds ungeachtet der
äusseren Widrigkeiten des Marktumfelds von einer mindestens stabilen Dividende (160 CHF) für das GJ
2016 ausgehen. Allerdings würden wir auch eine erneute Erhöhung der Dividende aus heutiger Sicht
nicht ausschliessen wollen.
Die folgende Tabelle, dem Biella-Halbjahresbericht entnommen, zeigt die wesentlichen Kennzahlen in
der Übersicht.
Semesterzahlen 1. Semester 2016. Quelle: Biella
Mittlerweile ist die neue Geschäftseinheit Biella SimplyFind mit ersten Angeboten (SimplyFind Archiv,
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SimplyFind Scan) im Markt. Weitere digitale Lösungen sollen aussagegemäss in den kommenden
Monaten folgen. Wir schätzen, dass diese neue Geschäftseinheit – nach einer Phase der Eingewöhnung
und Etablierung im Markt – nicht zuletzt aufgrund immer mehr Regulierungstendenzen, knapper
werdender Inhouse-Archivflächen und einem allgemeinen Trend zur Digitalisierung von Prozessen über
längerfristige Wachstumspotentiale verfügt. Vorläufig werden die SimplyFind-Leistungsangebote nur in
der Schweiz angeboten. In diesem strategischen neuen und skalierbaren Geschäftsfeld sehen wir
„Swissness“ aber auch – über die Schweizer Landesgrenzen hinaus – langfristig als wertvollen
Markenkern und wichtigen Teil des Geschäftsmodells.
Individualisierte Produkte preislich hoch angesiedelt
Sehr gespannt sind wir hingegen auf den kommerziellen Erfolg des neu lancierten, innovativen und webbasierten Produkts „Biella Creator“, das das Kerngeschäft mit individualisierten Produkten in Zukunft
stärken soll. Zum heutigen Zeitpunkt ist es noch viel zu früh, um über Erfolg oder Misserfolg zu urteilen.
Grundsätzlich ist dieses Konzept für den lokalen Markt – ausgehend von der starken, in der Schweiz seit
Generationen etablierten Marke „Biella“ – sehr zu begrüssen. Wir sind im Kern überzeugt, dass die
Individualisierung von Alltags-Produkten im Digital-Zeitalter ein „Mega-Thema“ ist und auch bleiben
wird. Über den leicht bedienbaren Webshop können Biella-Endverbrauchskunden nach eigenen DesignVorstellungen selbst gestaltete Büroprodukte – Ordner, Ringbuch, Mappen, Register oder Notizbuch –
direkt, schnell und einfach online bestellen. So schön selbst gestaltete, individuelle Ordner oder
Ringbücher auch sind: mit einer Mindestlosgrösse von 20 Stück bei einem Mindestpreis von über 500
CHF (inkl. MWSt.) in der Basisversion – entsprechend einem Stückpreis von über 25 CHF je
Ordner/Ringbuch – dürfte dieses Angebot aber gerade für kleinere Unternehmen oder gar Privatpersonen
nicht sehr attraktiv sein, weil schlicht „zu teuer“. Der preisliche Abstand zu nicht-individualisierten BiellaProdukten erscheint auf den ersten Blick als „sehr hoch“.
„Digitale Individualisierung“ bedeutet für uns letztlich aber auch, im Idealfall kleine Losgrössen zu
attraktiven Konditionen anbieten zu können. Zum Vergleich: europäische Wettbewerber aus der in den
letzten Jahren sehr erfolgreichen „Individualisierungsindustrie“ bieten individuelle Ordner – gerade auch
für kleinere Kunden – zu wesentlich günstigeren Konditionen an als Biella Neher. Biella Neher setzt hier
in unserer Einschätzung mit der Individualisierung zwar an der richtigen Stelle an, erscheint beim Preis
gleichzeitig aber als sehr ambitioniert insbesondere für kleine Kunden mit kleinen Stückzahlen. Schon in
der Vergangenheit hat sich Biella Neher im Wettbewerb nicht als „Preisführer“ positioniert, was
angesichts der Strukturen und der Qualität der Biella-Produkte auch nicht die richtige Strategie sein kann.
Gleichwohl: Die „Individuelle Swissness“ wird bei am Ende letztlich standardisierten Produkten wie
Ordnern und Ringbüchern angesichts erkennbar hoher Preisdifferenzen gerade bei kleinen Losgrössen
vom Kunden heute teuer bezahlt und es ist fraglich, inwieweit die gerade im Büroartikelsegment eher
preissensitiven Kunden – der Blick auf die allgemeine Marktentwicklung der letzten Jahre zeigt es – auch
künftig dazu bereit sein werden. Aus heutiger Sicht haben wir mit den vorliegenden Informationen
Bedenken, ob „Biella Creator“ im umkämpften Büroartikelmarkt mehr als nur eine sehr kleine Ergänzung
des Biella-Stammgeschäfts sein kann – und dies, obwohl wir der Individualisierung von Produkten, der
Marktführer CEWE mit all seinen Tochtergesellschaften macht es auch an der Börse erfolgreich vor,
erhebliches Potential zubilligen. Gerne lassen wir uns hier aber von den Zahlen eines Besseren belehren,
wenn „Biella Creator“ für die Biella-Gruppe in der Zukunft zum Erfolgsmodell werden wird – und wir
uns in unserer Einschätzung getäuscht haben sollten.
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Die Biella-Neher Holding AG heute ist eine „Aktiengesellschaft in Transformation“, weshalb – aus
unserer Perspektive – die Aussagekraft der vorliegenden Halbjahreszahlen auch begrenzt ist und
auch nicht, weder in die eine noch in die andere Richtung, überbewertet werden sollte. Erst die
Geschäftszahlen 2016 – voraussichtlich im März 2017 vorliegend – dürften einen Einblick über
erste Erfolge oder Misserfolge des angestossenen Transformationsprozesses in Richtung eines
zunehmend digitalen – Biella nennt es selbst „hybriden“ – Geschäftsmodells geben. Vermutlich
sind aber selbst diese 2016-Zahlen zur Beurteilung der Gesamtsituation immer noch ein bis zwei
Jahre „zu früh“. Das Management hinterlässt insgesamt einen guten Eindruck und treibt den
Wandel des Unternehmens – und damit auch eine tiefgehende Restrukturierung – voran.
„Nichtstun“ wäre in einem erodierenden Markt die für die Aktionäre wahrscheinlich gefährlichere
Alternative. Die hohe Substanz – der Buchwert lag zuletzt noch bei über 7‘500 CHF je Aktie –
adressiert schon heute viele Risiken des Geschäfts und nimmt viele operative Risiken vorweg. Wir
schätzen auch, dass in den Liegenschaften noch erhebliche Potentiale versteckt liegen, die auf der
Zeitachse sukzessive zugunsten einer verbesserten Rentabilität – und der Aktionäre – gehoben
werden.
Dem geneigten Langfrist-Investor dürften sich auf dem aktuellen Kursniveau auch Chancen bieten,
an der weiteren Transformation der Gesellschaft zu partizipieren. Zwischenzeitliche
Kursrückschläge in „nachrichtenarmen Zeiten“ sind in einem strukturell illiquiden Markt jedoch
nicht auszuschliessen. Zuletzt wurden die Namenaktien der Biella-Neher Holding AG zu 4‘100
CHF auf OTC-X gehandelt (Kurs vom 25. Augst 2016). Aus unserer Sicht überwiegen die
(längerfristigen) Chancen die Risiken.
Transparenzhinweis: Der Autor ist Aktionär der Gesellschaft.
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