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Reiseinformationen Dänemark
Segeln durch die Inselwelt
Wetterkapriolen, Gemütlichkeit und Kunst - Teil 1
Dänemark ist für uns als Segler schon über Jahrzehnte zur zweiten
Heimat geworden. Die Sommerurlaube führten uns als Familie regelmäßig in die dänischen Gewässer. Aber auch seit die Kinder nicht mehr
an Bord sind, gehen unsere Törns von Heiligenhafen aus meist sogar
mehrmals im Jahr ins nördliche Nachbarland. Wir tauchen ein in das
“ruhige Fahrwasser” des Landes, wie wir die dänische Lebensart kennen und lieben: beständig, unaufgeregt, gemütlich, fern der vielen
Pseudohektik bei uns. Und doch hat sich auch dieses Mal wieder etwas
verändert. In vielen Orten, wo wir ankommen, treffen wir auf Kunst im
öffentlichen Raum, selbst auf den kleinsten Inseln und versteckten
Dörfern. Dass es in Dänemark hervorragende Museen gibt, wie z.B.
das AROS in Aarhus, das Kunstmuseum in Aalborg oder die vielen
Einrichtungen in Kopenhagen, das zählt sozusagen schon zur
Sebstverständlichkeit. Und dass viele Museen heute freien Zutritt
gewähren, haben wir auch schon vor Jahren genutzt. Jetzt scheinen all
diese Maßnahmen aber auch in der Bevölkerung Dänemarks zu einem
breiten Kunstbewußtsein geführt zu haben, das eine neue
Lebensqualität unterstreicht und viele Orte zu attraktiven Adressen
macht. Nicht immer sind es die großen Highlights, im Gegenteil, die
Summe der kleinen Maßnahmen machen diese Neuentwicklung so liebenswert.
Unser erster Tagestörn führt uns von Heiligenhafen nach Gedser in östliche Richtung. Wir haben gute 5-6 Windstärken von Achtern und rauschen mit über 8 kn durchs Wasser. Hinter Staberhuk, der Ostspitze
Fehmarns bauen sich bei diesem Wind langsam richtig hohe Wellen
auf, die ich gut aussteuern muss. Auf halben Weg queren wir den
Schifffahrtsweg und müssen wegen dem starken Frachterverkehr einige
Ausweichmanöver fahren. Erst einmal da durch, geht es weiter an dem
großen Windpark auf See vor Nysted entlang zur Ansteuerungstonne
vor dem Fährhafen. Da keine Fähre in Sicht ist, können wir an den
Fahrwassertonnen entlang bis kurz vor die Hafeneinfahrt und dann
backbord ins betonnte, sehr schmale Fahrwasser zum Yachthafen
abbiegen.
Heiligenhafen-Graswarder
Heiligenhafen-Yachthafen
Die Stege im Yachthafen Gedser sind Nord-Süd ausgerichtet, so dass
es jedesmal viel Aufmerksamkeit beim Anlegen erfordert, vor allem,
wenn starker Westwind herrscht wie dieses Mal wieder. Doch helfende
Hände am Steg lassen das Manöver perfekt gelingen.
Staberhuk - Blick nach Osten
Staberhuk-Küste mit Leuchtturm
Gedser
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Wetterkapriolen, Gemütlichkeit und Kunst - Teil 1
Durch die schnelle Fahrt haben wir die rund 35 Meilen in weniger als 5
Stunden bewältigt und kommen früh im Hafen an. Das machen wir
ohnehin gerne, weil dann genügend Zeit bleibt, die Umgebung zu
erforschen und zu schauen, was sich alles verändert hat. Gedser hat
eigentlich eine eher traurige Entwicklung hinter sich. Das Urlaubsresort
mit einem kleinen Badeland hat nur wenige Gäste gefunden. Die früher schmucke, kleine Anlage mit Tennisplatz und den Holzhütten als
Feriendomizile ist nahezu verfallen. Dem Ort selbst drohte über viele
Jahre dasselbe Schicksal. Verlassene Häuser, tote Straßen, keine
Einkaufsmöglichkeiten prägten das Bild. Auch die Einrichtungen im
Yachthafen mussten reduziert werden.
Gedser Bahnstation
Heute konzentriert sich das Leben von Gedser auf den Fährhafen und
Teile des Handelshafens, wo die Versorgerboote für die Windparks stationiert sind. Das Dorf selbst macht gegenüber früher aber wieder
einen aufgeräumten und freundlichen Eindruck. Die Anlage rund um
die Kirche lädt zum Verweilen ein. Und im Fährterminal treffen wir auf
eine kleine Ausstellung zur Geschichte des Hafens, der Eisenbahn und
des Fährbetriebes. Kulturansätze im ganz Kleinen.
Der nächste Tag führt uns nach Stubbeköbing im Grönsund. Da der
Wind nachgelassen hat müssen wir die letzten Meilen gegen den Strom
im Sund motoren, um bei der Hafeneinfahrt festzustellen, dass der
Yachthafen gesperrt ist. Wegen des langen Winters konnten die
Renovierungsarbeiten bis zum Saisonbeginn nicht abgeschlossen werden. Wir finden einen Platz an einer Außenmole. Stubbeköbing empfängt uns nicht mit kulturellen oder künstlerischen Aspekten. Aber wir
freuen uns immer wieder, durch den langgestreckten Park direkt am
Ufer des Grönsunds spazieren zu gehen. Der Weg direkt am Wasser
entlang bietet selten schöne Ausblicke bis hin zur Autobahn-Brücke vor
Vordingborg.
Auch der nächste Tag ist zwar sonnig, aber die Windverhältnisse sind
eher mau. Wir quälen uns bis zur Autobahn-Brücke, motoren dann ab
da bis hinter die ehemals längste Brücke Europas, die Falster mit
Seeland verbindet. Dann kommt endlich etwas Wind auf und wir können ab der Knudshoved Odde Kurs auf Femö nehmen. Da der Wind
strabs aus West kommt, müssen wir kreuzen, so dass die wenigen
Meilen lang werden.
Im Grönsund
Gedser Fähre Prins Joachim
Stubbeköbing
Stubbeköbing-Rathaus
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Wetterkapriolen, Gemütlichkeit und Kunst - Teil 1
Femø ist eine der schönsten Inseln im “Smålandsfarvandet”, berühmt
eigentlich durch seine Blumenfelder und das jährliche Jazzfestival. Die
Insel ist hügelig, die “Berglandschaft” an der Spitze 22 Meter hoch. Wir
haben am frühen Nachmittag im Hafen als zweites Schiff festgemacht.
Noch ist also echte Vorsaison.
Wir machen uns auf zu unserem Streifzug über die Insel. Sie ist ja nicht
sehr groß, so dass man sie in ein paar Stunden bequem umrunden
kann. Die Hauptstraße führt uns zunächst einmal ins Dorf, wo wir auf
die erste kunstvoll bemalte Bank stossen. Auch die Skulpturen
“Königliches Kupfer-Relieff” und “Amalie mit Pflegerin” sowie “LuchsFuchs-Auerhahn” und “Metamorphose” im kleinen Park im Ortskern
haben wir bisher dort nicht bemerkt. Im Femø-Kro auf der Terrasse, wo
man den schönsten Blick über die Inselwelt Richtung Norden und Osten
hat, trinken wir Kaffee und lassen uns das berühmte dänische
“Wienerbrød” schmecken.
Allein im Hafen von Femö
Dann gehen wir weiter und nun stossen wir auf die nächsten “Kunstbänke” und erkennen so langsam, dass es sich offensichtlich um eine
Aktion auf der Insel handelt. Insgesamt sind es 16 bemalte Ruhebänke.
Besonders mutet uns die Bank mit Michael Jackson an, die mitten in
der Landschaft steht, dahinter am Horizont zu sehen die weiße
Inselkirche.
Erst gegen Abend laufen noch einige andere Boote ein, darunter auch
Chartercrews, die nichts anderes zu tun haben, als die für Grill und
Picknick bereitgestellten Bänke und Einrichtungen für sich zu vereinnahmen und wahllos zusammenzurücken. Das flegelhafte Verhalten dieser
Cews geht uns schon seit einigen Jahren richtig auf den Geist. Der
Abend klingt aus mit einem phantastischen Schauspiel am nördlichen
Himmel, der feuerrot am Horizont aufleuchtet. Alle greifen nach ihren
Fotoapparaten, Handykameras oder Tablets und versuchen, diese einmalige Stimmung einzufangen.
Auf dem Weg ins Dorf
Gegen Abend kommt noch die betagte Fähre in den Hafen. Nur wenige Passagiere sind an Bord. Die Fähre hat einen neuen Anleger
bekommen, liegt aber offensichtlich nicht mehr über Nacht im Hafen.
Die Sanitäreinrichtungen, früher auf Femø ein Horror, präsentieren sich
sauber gereinigt in einem neuen Haus mit Treffpunkt davor. Gegen
Abend macht sogar der Kaufmann in der Hafenfiliale auf.
Kunst auf der Bank
Gigantischer Abendhimmel
Skulptur am Dorfpark
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Wetterkapriolen, Gemütlichkeit und Kunst - Teil 1
Von Femø wollen wir zunächst nur einen kurzen Sprung nach Vejrø
machen. Freunde hatten uns empfohlen, trotz der für dänische Häfen
exorbitanten Hafengebühren dort einmal anzulegen. Bevor die Insel in
Privatbesitz überging, waren wir schon einmal dort. Die überdimensionierten Hafenanlagen für über 100 Boote waren irgendwie nie richtig
fertig geworden. In einer knappen Stunden erreichen wir die wohl
kleinste Insel in diesem Fahrwasser mit einem eigenen Hafen. Schon
von weitem hören wir Baggerlärm und fahren langsam auf die Hafeneinfahrt zu. Wir sehen einen kleinen Bagger und denken, dass er wohl
bald mit dem Minihügel fertig sein wird, den er versucht abzutragen.
Wir legen also an und sind mit zwei anderen Schiffen zu dritt in diesem
riesigen Hafenbecken. Kaum sind wir fest, verlässt eines der beiden
anderen Boote wieder seine Box und steuert auf die Ostsee hinaus.
Wir gehen los, inspizieren das neue Sanitärgebäude, luxuriös? Ja, ein
bißchen, jedenfalls für so eine kleine Insel. Zu dem ersten Bagger
gesellen sich jetzt noch weitere Baumaschinen und Traktoren, die wahllos im Hafen herumfahren, ein Höllenlärm. Als nächstes kommen wir
an Tennisplätzen und einem überdimensionierten Spielplatz vorbei, auf
dem sich die Familie mit zwei kleinen Kindern verliert, die mit dem
zweiten Boot im Hafen festgemacht hat. Beim Restaurant-/Zentrumsgebäude können wir uns kostenlos Mountainbikes leihen, die in sehr
schlechtem Zustand sind. Für den Schotterweg, der über die Insel führt,
wären aber vermutlich alle anderen Vehikel innerhalb von Minuten zu
Schrott gefahren worden. Wir holpern über die Insel, kommen an der
“Ökofarm” vorbei, einer Ferienhaus-/Hotelanlage und machen Halt an
dem neuen Gewächshauszentrum, das noch im Bau ist. Freundlich
werden wir über die Absperrung gebeten, um es uns trotzdem
anschauen zu können.
Das alles wirkt auf uns künstlich, empfinden das, was wir sehen als
Fremdkörper. Das gehört doch nicht hierhin! Auf dem Weg zum
Flugplatz - ja, es gibt eine Landebahn für kleine Motorflieger - hoppeln
Hasen über unseren Weg, Fasanen flattern auf den Wiesen, auf denen
rabenschwarze Kühe weiden. Am Flugplatz angekommen werden wir
durch einen Gewehrschuß im Wald gegenüber aufgeschreckt und trauen uns nicht, dem Rundweg, der dort hindurchführt, weiter zu folgen.
Also drehen wir um und fahren zurück zum Hafen, geben die Räder ab
und planen, an Bord eine Kleinigkeit zu Mittag zu essen. Kaum haben
wir uns an der Tisch gesetzt - die Bagger sind immer noch am Werkeln
- fahren wir regelrecht zusammen durch einen unglaublich lauten
Kanonenschlag in unmittelbarer Nähe. Wir haben genug, packen die
Sachen zusammen, schlagen die Segel an und verlassen fluchtartig
Hafen und Insel und stecken den Kurs nach Agersø ab. Das sind auch
nur rund 10-12 Meilen, der Wind ist zwar leicht, aber stetig, so dass
wir das an diesem Nachmittag noch gut schaffen.
Einsame Zweisamkeit auf Vejrö
Spielplatz auf Vejrö
Neue Gewächshausanlage
Mühle auf Agersö
Agersø liegt genau gegenüber dem Kraftwerk und der Raffinerie von
Skaelskør, was optisch einen nicht so attraktiven Ausblick anbietet. Aber
die Insel ist schön und wir bekommen beim Hafenbüro kostenlos hervorragend gepflegte Fahrräder geliehen. Der Hafenmeister ist super nett
und hilft uns sogar noch, die Sattelhöhen richtig einzustellen. Wir
radeln auf der asphaltierten Straße zunächst nach Norden, dann auf
dem Rückweg noch mit einem Abstecher an den Weststrand und
danach zur Südspitze. Herrlich. Zurück geht es gemütlich durch das
Dorf, beim Schmied vorbei zur Mühle, die die ganze Insel überragt und
zu deren Füßen ausgedehnte Blumenfelder liegen. Im Hafenkiosk gönnen wir uns noch ein dänisches Softeis. Urlaub pur!
Am Dorfteich auf Agersö