„Die angestrebte Globalität stimmt nicht mit der tatsächlichen

Resfutura-Studie mit Familien & Family Offices
„Die angestrebte Globalität stimmt nicht mit der tatsächlichen Allokation
überein“
Seit der Finanzkrise forscht Yvonne Brückner im Umfeld von hochvermögenden Familien und Family
Offices. Seitdem beobachtet sie den Trend, dass sich die Risikowahrnehmung der Familien ändert und
mehr Eigenverantwortung in der Vermögensanlage übernommen haben. Gewollte und tatsächliche
Vermögensallokation stimmen aber nicht immer überein.
private banking magazin: Was erhofft sich die Beratungsgesellschaft Baker Tilly Roelfs von der
Zusammenarbeit mit Frau Brückner?
Wolfgang Richter: Wir arbeiten intensiv an verschiedenen Stellen mit Forschung und Lehre
zusammen, um fachlich auf allen Gebieten immer auf dem neuesten Stand zu sein. Das Segment mit
Hochvermögenden ist aber nochmal ein spezieller Fall. Hier entstehen Mandate in erster Linie durch
Diskretion und Vertrauen, weniger durch Marketing.
Zugleich braucht es besondere Einsicht, um die Anforderungen Hochvermögender zu erfüllen. An
diesem Punkt kommt die Forschung von Frau Brückner ins Spiel. Durch ihre Studien lernen wir die
Bedürfnisse unserer Mandanten besser kennen und verstehen. Mit der Veranstaltung, auf der die
Studie präsentiert wird, bieten wir wohlhabenden Familien zudem eine Plattform, sich mit Menschen in
ähnlicher Situation auszutauschen. Indem wir Frau Brückners Arbeit unterstützen, machen wir uns also
einerseits weiter als kompetenter Berater Hochvermögender bekannt und bekommen andererseits
wertvolle Erkenntnisse, wie sich die Anforderungen an unser Geschäft wandeln.
Yvonne Brückner: Dieses Selbstverständnis von Baker Tilly Roelfs hat uns überhaupt erst
zusammengebracht. Denn wir suchen uns unsere Partner sehr genau aus. Wenn Sie mit
Hochvermögenden arbeiten, geraten Sie schnell in Verdacht, etwas verkaufen zu wollen, denn das will
im Prinzip jeder.
Wenn ein potenzieller Kooperationspartner also fragt, wie viele neue Kunden lerne ich durch ihre Arbeit
kennen, gehen bei mir alle Alarmglocken an und das Thema Zusammenarbeit ist erledigt. Wir verkaufen
nichts, schon gar nicht Kontakte, nur auf diese Weise konnte ich unser Netzwerk überhaupt erarbeiten.
Für die Teilnahmebereitschaft der Vermögenden ist daher entscheidend, dass Baker Tilly Roelfs in die
Datenerhebung und -verwertung selbst aber nicht involviert ist.
Was bedeutet das konkret?
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Brückner: Das heißt, unser Partner bekommt von uns das aggregierte Ergebnis in Form der Studie, die
Daten einzelner bleiben ausschließlich in unseren Händen - und werden nur anonymisiert verwertet. Im
Kern bietet unsere Arbeit dem fördernden Unternehmen die Chance, zu lernen, wie Hochvermögende
eigentlich denken, was sie gemeinsam haben und wo sie sich unterscheiden. Das hat Herr Richter auch
sofort verstanden und so arbeiten wir schon zwei Jahre sehr harmonisch zusammen.
Was hat sich am Anlageverhalten Vermögender im Laufe Ihrer bisherigen vier Studien
verändert?
Brückner: Die erste Studie folgte auf die Lehman-Pleite. Danach konnten wir bei Hochvermögenden
einen Trend feststellen, sich viel intensiver mit dem eigenen Vermögen zu beschäftigen. War es vorher
so, dass viele Vermögen mit hohem Delegationsgrad von Dienstleistern bearbeitet wurden, hörte man
nach dem Schock an den Kapitalmärkten oft: Am Ende bin ich selbst für Verluste verantwortlich.
Das heißt aber auch, dass ich wissen muss, was mit meinem Kapital passiert, wie es allokiert ist, ich
muss die Anlageformen und die zugehörigen Exposures verstehen. Insofern ist eine Tendenz, die sich
über alle Jahre hinzieht, dass mehr Verantwortung für die Vermögensbearbeitung übernommen wird.
Wie äußert sich die Übernahme von mehr Verantwortung?
Brückner: Dafür wird viel zuvor Delegiertes zurück in die eigenen Hände genommen und die eigene
Kompetenz gestärkt. Allerdings muss man auch sagen, dass das in der Regel kein Selbstläufer ist.
Man stellt sich das so einfach vor – ich stelle mir Mitarbeiter ein, wir machen viel selbst und ich lerne
dabei, wie eine effiziente Portfolio-Allokation aussieht. Allerdings muss man diese kompetenten
Mitarbeiter erstmal finden und fürs Family Office gewinnen. Dann kommt die Kosten-Nutzen-Frage: Wie
viele Mitarbeiter sollte ich mir mittel- und langfristig leisten? Vor diesem Hintergrund überarbeiten viele
Vermögende ihre Neuausrichtungen nach der Finanzkrise mittlerweile noch einmal, um effizienter zu
werden.
Herr Richter, wie hat sich dieser Wandel auf Ihr Geschäft ausgewirkt?
Richter: Zu uns sind viele Mandanten gekommen, weil sie den Banken nicht mehr vertrauen. Sie wollen
nicht, dass ein einzelnes Institut Überblick über ihre gesamten Vermögensverhältnisse hat. Es soll
höchstens Ausschnitte kennen. So haben wir zuletzt zahlreiche zusätzliche Aufträge etwa im
Vermögenscontrolling bekommen. Das betrifft vor allem Family Offices kleiner und mittlerer
Vermögensgröße. Haben Sie ein Family Office, das mehrere Milliarden verwaltet, können Sie sich für
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alles eigene Experten leisten.
Ab welcher Vermögensgröße lohnt es sich nicht?
Richter: Bei Vermögen zwischen 200 und 400 Millionen Euro rechnet sich das nicht mehr. Hier können
wir als große internationale Gesellschaft punkten. Zum einen sind wir vor Ort stark aufgestellt,
beispielsweise in München mit etwa 30 Kolleginnen und Kollegen, die unsere hochvermögenden
Mandanten von steuerlichen und rechtlichen Fragen bis hin zu klassischen erlaubnisfreien
Family-Office-Dienstleistungen wie Vermögenscontrolling umfassend betreuen. Unsere Mitarbeiter sind
den Familien dabei immer vorgestellt, die persönlichen Beziehungen bestehen oft schon sehr lange.
Zum anderen können wir, sollte es den Bedarf geben, über unser Netzwerk zu jedem erdenklichen
Thema schnell Spezialisten aus allen Teilen der Welt hinzuholen.
Welche praktischen Auswirkungen hat Frau Brückners Forschungsarbeit auf ihr Geschäft?
Richter: Ihre Arbeit liefert uns weniger konkrete Handlungsempfehlungen, mit denen wir
losmarschieren und diese umsetzen. Stattdessen bekommen wir wie eingangs geschildert wichtige
Hinweise, worauf wir uns künftig einstellen müssen.
Beispielsweise hat Frau Brückners jetzige Studie deutlich gemacht, dass sich hochvermögende
Familien zunehmend globaler aufstellen. Während die ältere Generation sehr heimatverbunden und
eher nicht bereit ist, ins Ausland zu ziehen, ist die junge Generation da ganz anders. Die heute um die
60-jährigen haben ihre Kinder so international ausgebildet, dass sich für uns komplett andere Fragen
stellen: Da werden multinationale Ehen geschlossen, Wohnsitze gewechselt und Unternehmen
gegründet.
Das bedeutet für uns, wir müssen fachlich damit umgehen können, dass jemand eine Amerikanerin
heiratet und man bei der Unternehmensnachfolge in amerikanische Reporting-Verpflichtungen kommt.
Beziehungsweise lieber nicht kommt. Von amerikanischem Ehe- oder Erbschaftssteuerrecht, ganz zu
schweigen. Auf diese internationalen Fragestellungen haben wir uns in den vergangenen Jahren sehr
stark eingestellt.
Frau Brückner, nach dem Risiko-Thema vergangenes Jahr stand diesmal Diversifikation im
Fokus ihrer jetzigen Studie. Was hat Sie an den Ergebnissen am meisten überrascht?
Brückner: In der vergangenen Studie bekamen wir oft zur Antwort, Diversifikation sei das
entscheidende Risikomanagement-Tool. In der diesjährigen Studie gaben aber mit 48 Prozent fast die
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Hälfte der Befragten an, gar keine konkrete Diversifikationsstrategie zu haben und auch Adressen mit
einer solchen folgen ihr nicht notwendig konsequent.
Aus meinen Gesprächen weiß ich, unter welchen Umständen gelegentlich Investments zustande
kommen: man kennt jemanden übers Golfspielen oder Segeln, der gerade in Dubai ein ganz tolles
Investment getätigt hat und erzählt, was für eine visionäre Sache das sei. Viele denken dann, sowas
brauche ich auch, besitzen jedoch keine entsprechende Investment-Kompetenz und haben oft auch
keinen Dienstleister oder Partner, der sie begleiten kann.
Wenn der Bekannte dann von der zweiten Finanzierungsrunde erzählt, muss vielleicht noch ein Family
Officer das Ganze prüfen. Aber wo Emotionen im Spiel sind, wird immer wieder auch dann investiert,
wenn dieser zurückhaltend votiert. So kommen manche zu Investments in Spanien, in der Wüste oder
andernorts wie die Jungfrau zum Kind. Aber: Auch das ist sicherlich nicht überall der Fall. Es gibt
Familien, die da sehr diszipliniert und professionell agieren. Aber 48 Prozent, die heute angeben, keine
Diversifikationsstrategie zu haben, ich meine, das ist ja schon ein Wort.
Und wie erklären Sie sich den Trend zur Globalität?
Brückner: Bei der Frage nach der Globalität der Allokation gab es die zweite Überraschung. Denn die
seitens vieler Befragter grundsätzlich angestrebte Globalität stimmt überhaupt nicht mit der
strategischen Allokation überein, die mit zählbaren Ausnahmen nur sehr begrenzt als global zu
bezeichnen ist.
Zwar sagen 54 Prozent, sie zielten bevorzugt auf eine globale Allokation. Wenn man nach Regionen
geht, liegen jedoch im Schnitt 73 Prozent des Vermögens in Europa, 18 Prozent in Nordamerika.
Aufsummiert sind 91 Prozent in den drei Währungsräumen Euro, Schweizer Franken und US-Dollar
allokiert. Hier und da kommt noch etwas in Pfund und Yen hinzu, die aber mit 9 Prozent beinahe
vernachlässigbar sind. Tatsächlich fällt die Allokation damit insgesamt nicht sehr global aus.
Über die Interviewten:
Yvonne Brückner hat das Institut für unternehmerische Zukunftsstrategien Resfutura ins Leben gerufen.
Brückner ist zudem als Professorin an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und
Gastprofessorin an der Sigmund Freud Privatuniversität in Wien tätig ist. Aus Ihren bisherigen
Aktivitäten des Family Office Panels ging auch die Gründung des Berufsverbandes für unabhängige
Family Offices (Vufo) hervor.
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Wolfgang Richter ist Partner und Geschäftsführer der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Baker Tilly
Roelfs. Der Jurist leitet seit 2011 den Bereich Recht & Steuern bei der Wirtschaftskanzlei. Weitere
Berufsstationen umfassen RP Richter & Partner und die Leitung der Steuer- und Rechtsabteilung bei
EY in München.
Dieser Artikel erschien am 26.08.2016 unter folgendem Link:
https://www.private-banking-magazin.de/resfutura-studie-mit-familien--family-offices-die-angestrebte-globalitaet-stimmt-nicht-mit-der-tatsaechlichenallokation-ueberein--1472024865/
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