Wo die noodle zählt Dieser Titel könnte missverständliche Assoziationen auslösen, weil noodle im Slang oft für Verstand steht. Tatsächlich ist aber Nudel gemeint, wo noodle steht. Ort des Geschehens: das Gefängnis (Bild: Fanette, pixabay). Der aktuelle Aufreger knüpft sich an eine Pressemitteilung über Mass Incarceration: The Whole Pie 2016 (Prison Policy Initiative Report 2016 vom 14.3., das obere Bild ist von wapo.st/wonkblog, das untere von der Pressemitteilung, die durch eine großzügige Spende von der Public Welfare Foundation gesponsert wurde). Die Statistik zeigt zunehmend weniger krasse Unterschiede bei der Inhaftierung von Weißen und Schwarzen in den USA: Auf welch hohem Niveau sich das abspielt, zeigt das Tortendiagramm. Inzwischen sind 2,3 Mio. Menschen in den USA eingesperrt, in 1.719 state prisons, in 102 federal prisons, in 942 juvenile correctional facilities, in 3.283 local jails, in 79 Indian Country jails, in military prisons, in immigration detention facilities, in civil commitment centers, und in prisons in the U.S. territories. Da ist wirklich für alle Ansprüche was dabei. 1 von 5 sitzt wegen Drogendelikten, was ein trauriges Bild auf den amerikanischen Krieg gegen die Drogen wirft. Was das Bild nicht zeigt, ist die enorme Fluktuation bei den correctional facilities (Justizvollzugsanstalten). Das Strafsystem erfasst viel mehr Menschen, weil es ein ständiges Rein und Raus gibt. 11 Millionen Menschen sind davon betroffen, die im Lauf eines Jahres eingesperrt und meist auch schnell wieder entlassen werden. Von den 646.000 Inhaftierten der local jails sind nur 195.000 verurteilt, zumeist wegen leichter Kriminalität zu Strafen unter 1 Jahr. Die anderen sind nicht verurteilt, es sind Untersuchungshäftlinge. Nur dass das amerikanische System solche gar nicht kennt. Wird ein Tatverdächtiger festgenommen, dann geht er direkt ins Gefängnis. In Deutschland passiert ihm das nicht, sofern er einen festen Wohnsitz hat ("zustellfähige Adresse"), und wenn keine Fluchtgefahr besteht. Ansonsten kommt er in Untersuchungshaft. In den USA geht's gleich in den richtigen Knast, und von dort muss er sich durch eine Kaution auslösen. Viele Gefangene sind auf dem Sprung, diese Kaution zu hinterlegen, so dass sie innerhalb von Stunden oder Tagen rauskommen. Wer das nicht kann, und wer keinen Kautionsagenten (bail bonds agent) findet, muss allerdings bis zum Prozess drinbleiben. Darüber und über die Kriminalisierung der Drogen regt sich ein Folgeartikel auf, The US Has A Huge Rate Of Whites In Incarceration (But Nobody's Talking About It) (Zero Hedge 23.8.). Allzu viele nicht gewalttätige Kleinkriminelle werden durch die Drogengesetze zu langen Haftstrafen verurteilt. Eine Statistik macht klar, dass die USA beinahe die weltweite Spitze bei der Gefangenenrate einnehmen (pro 100.000) – Highest to Lowest – Prison Population Rate (prisonstudies, von wissenbloggt ausgewählte Länder): Rang Land Gefangenenrate 1 Seychellen 799 2 USA 693 3 St. Kitts and Nevis 607 8 Thailand 476 10 Russland 451 30 Brasilien 307 37 Iran 287 53 Türkei vor Putsch 238 76 Polen 187 92 Saudi-Arabien 161 97 Australien 152 115 Spanien 133 133 China 118 167 Deutschland 76 (90*) (* Für Deutschland fanden sich in verschiedenen Quellen 2 Zahlen) Verblüffend ist, dass das US-System 10-mal mehr Menschen einsperrt als das deutsche. Und sogar 5-mal mehr als das saudische. Die Ex-Sträflingsnation Australien sperrt noch weniger Menschen ein, und China nochmal weniger. Der wbArtikel USA: Folter für arme Straffällige könnte eine Erklärung liefern, denn die incarceration industry ist ein mächtiger Wirtschaftsfaktor. Die Zahl von 0,7% Inhaftierten ist im Grunde ein Skandal. Bei Skandal kommt sofort die Assoziation Nudel. Nach Torte und Tabelle nun also ein Teller Nudeln. Dazu ein Hinweis zur Lebenshilfe, falls das Schicksal einen in den US-Knast verschlägt: Die Nudel bringt's. Das besagt ‘They’ll kill for it’: Ramen has become the blackmarket currency in American prisons (The Washington Post 23.8.): Gemäß einer neuen Studie wird Ramen die neue TopUnderground-Währung der US-amerikanischen Gefängnisse. Also keine Zigaretten mehr und auch keine Bitcoins. Keine noodle im Sinne von Verstand, nein, noodle im Sinne von mampf, mampf (Bild: Ramen noodles von Kropsoq, Wikimedia Commons). Woanders firmiert das unter Haftbedingungen – Nudeln sind die neue Währung in US-Gefängnissen (Süddeutsche Zeitung 24.8. bzw. Zwei Suppen für ein T-Shirt in der Druckversion). Der Artikel spricht von extremer Sparwut im US-Knast, mit der Folge von unzureichender Ernährung. Offiziell mag das dem Volkswohl zugeschrieben werden, wo die Amis doch so dick sind … Eigentlich möchte man meinen, die Verantwortlichen müssten nur mal ihre noodle bobblen lassen, um diese Verhältnisse zu korrigieren (im wb-Slang steht noodle bobble für das Hervorspringen vom Verstand). Das Zeug sieht ja ziemlich IQträchtig aus – nur dürfte das Problem kein Intelligenzproblem sein, sondern ein kapitalistisches. Die incarceration industry verdient zuviel Geld, und die bail bonds agents auch. Solche Pfründe werden nicht aufgegeben. Nein, 11 Mio. jährlich im Knast sind noch steigerungsfähig. Weitere Links: USA: Folter für arme Straffällige Provokation: Alternativen zum Strafvollzug? Tötungsindustrie boomt
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