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Konstruktiver Plan, den keiner braucht – destruktiver Pragmatismus, der sehr beliebt ist. Dieser Artikel schließt die siebenteilige Serie zur Barrierefreiheit in Kärnten mit Blick auf die Gemeinden ab: mit einem Witz, der keiner ist! Text: Hans Steiner1 Im Dezember 2016 werden die Ergebnisse des Projektes Kärntner Landesetappenplan öffentlichkeitswirksam bei der diesbezüglichen Landes‐Enquete (mit ca. 1 Jahr Termin‐
verzug2) präsentiert werden. Nach fast 3 Jahren darf man gespannt sein – oder auch nicht, wenn man sich das inzwischen zu Tage getretene Zwischenergebnis und die schon vielleicht3 eintretenden Distanzierungsversuche4 genauer betrachtet. Gemeinden werden danach auch nicht gescheiter sein und rechtssichere Leitplanken für ihre Beschlüsse vorfinden. Aber darüber habe ich bereits genug geschrieben. Was wir bräuchten wäre ein konstruktiver Plan. Dazu muss man nicht die beanspruchte Ehrlichkeit5 weiter strapazieren, während man die Anliegen der Betroffenen(‐verbände) wegmoderiert, entsorgt6 und sich am Ende hinter den budgetären Nöten und den politischen Entscheidungsträgern verschanzt. Man kann denen nicht immer die Schuld geben. Die Schuld nämlich, warum nichts weitergeht in Kärnten. Vorbei sei, sich weiter abzuspalten (abspalten zu lassen) und zurückzuziehen auf letzte aktionistische Zuckungen, die mit Gesetztes‐, Vereins‐ und Förderzweck gerade noch kompatibel sind! 3 Jahre LEP – um zu wissen, dass man endlich was (und zwar viel) tun müsste. Eine grenznaive7 Erkenntnis, wo doch 2016 nach dem Bundesbehinderten‐Gleichstellungsgesetz (BGStG) alles schon fertig sein sollte8… Wir bräuchten einen konstruktiven Plan – nicht mal selbst erfinden. Wem der Blick auf andere Bundesländer zu peinlich ist, der könnte sich auch an Südtirol orientieren oder an Bayern, sogar an ganz Deutschland, wie man dort barrierefreie Gemeinden zu entwickeln vermag. Vielleicht braucht den konstruktiven Plan in Kärnten niemand? Offensichtlich! Die Landesseele ist mit einem destruktiven Witz viel besser zu verstehen.9 1
Prof. DI Dr. Hans Steiner ist Baumeister und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für barrierefreies Bauen. Seit über 20 Jahren berät er Landes‐ und Bundesstellen sowie Organisationen zu diesem Thema. 2
Wer da schuld sein soll, steht im Artikel Nr. 6 3
Nur die Meinung des Verfassers 4
AMB‐S‐390/25/2016 zB 5. Absatz 5
http://www.behindertenanwaltschaft.ktn.gv.at/images/pdfs/Landesenquete_dez_2013/Praesentation_LHStv.
in_Prettner.pdf (Abfrage 16.5.2016) und Artikel 4 „Partizipieren, moderieren, demontieren.“ 17.5.2016 6
S. Artikel 4 „Partizipieren, moderieren, demontieren.“ 17.5.2016 7
S. Artikel 5 Ins Leere laufen lassen. Der naive Umgang mit dem Baurecht im Kärntner Landesetappenplan. 8
müsste? 9
Pointierte persönliche Meinung des Verfassers Eine harte Behauptung! Eine hochgestellte Persönlichkeit aus dem öffentlichen Dienst versuchte in einer postgradualen Ausbildung bei mir dieses Beharrungsvermögen in einem Witz auszudrücken. Dieser enthält im Kern kybernetische Sichtweisen und auch ein Stück Wahrheit seines Erfinders. Der Witz lautet: Eine Dienststelle steht vor einer großen Herausforderung und vor viel Arbeit. „Wir haben viel zu tun!“. Zuerst stelle man sich aber vier Fragen: 1. Wer ist bitte wir? 2. Was passiert, wenn nix passiert? 3. Es gibt viel zu tun, darum schauen wir mal zu, ob jemand was tut? 4. Aber doch hoffentlich nicht mehr in dem Quartal? Versuchen wir aus dem Blickwinkel der Umsetzung der Barrierefreiheit, auch in Kärntens Gemeinden, eine Antwort darauf: „Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.“10 1. Wer ist bitte wir? Bis vor kurzem wurde der Geltungsbereich und Umfang des BGStG in Gemeinden in Frage gestellt. Sind wir überhaupt betroffen? Wo steht das, dass wir was machen müssen? (Etwa in der guten und richtigen Verordnung zur Gemeindeordnung, die es nicht gibt?) 2. Was passiert, wenn nix passiert? Das ist einfach. Die Durchsetzung des Rechtes wurde in Schlichtungen privatisiert und das Risiko auf die Menschen mit Behinderung überwälzt. Wir bräuchten wahrscheinlich über 5000 Jahre, um auf diesem Weg Barrierefreiheit in Österreich zu erreichen. Das sind be(un)ruhigende zeitliche Dimensionen! 3. Es gibt viel zu tun, darum schauen wir mal zu, ob jemand was tut? Pilotprojekte, best practice awards, vielleicht noch eine Broschüre oder Stadtführer; Lächeln in den Medien, Anliegen entsorgen, Berichte produzieren und so tun als ob… vielleicht noch ein Aktionsplan oder Etappenplan bis 2020, 2042, 2099? Noch ein Arbeitskreis als Beschäftigungstherapie bitte! Noch ein Folgeauftrag! 4. Aber doch hoffentlich nicht mehr in dem Quartal? Nein, keine Sorge, selbst ein Jahr Verzug beim LEP ist für niemanden ein Problem: „Die Behinderten brauchen halt ein bisschen länger…“11 Also ist der Witz doch kein Witz? Wir brauchen keinen konstruktiven Plan –wir kommen mit dem geübten destruktivem Pragmatismus weiter!? Natürlich ist dieser Artikel eine Polemik aus gutem Grund: Vielleicht versteht man das in Kärnten einfach besser. Die sachlichen Argumente könnte man aus den ersten sechs Artikeln nehmen. Auf die gab es interessante Reaktionen. „Keiner hat sie gelesen“ – doch einige haben darüber geredet, sind nun gekränkt, betroffen, verstört oder stimmen auch zu. Meine Erfahrung als Sachverständiger für barrierefreies Bauen, seit über 20 Jahren, hat mir gezeigt: Barrierefreiheit funktioniert so in Kärnten nicht! Nicht mal in den vielen „DAMEN & BEH‐WCs“ die ich schon gesehen habe… Soviel zum Gewährleistungsversprechen aus der Bundesverfassung den Menschen gegenüber! Ein tragfähigeres Gewährleistungsversprechen des Nicht‐ Diskriminierens von Menschen mit Behinderung findet man bereits im Mittelalter. Die Abbildung im Text zeigt ein Fresko aus Hrastovlje (SLO). Am Ende sind wir alle gleich ‐ meint der letzte Begleiter. Garantiert! 20.08.2016 10
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Art 7 B‐VG Artikel 6 Unverrichteter Dinge sterben lassen FB Text: Barrierefreiheit ein Witz, der keiner ist. Dieser Artikel schließt die siebenteilige Serie zur Barrierefreiheit in Kärnten mit Blick auf die Gemeinden ab. Hier geht’s zum Artikel auf www.stp.at