Antwort - Landtag NRW

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode
Drucksache
16/12692
16.08.2016
Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage 4955 vom 12. Juli 2016
des Abgeordneten Henning Höne FDP
Drucksache 16/12490
Qualitätsmanagement im LANUV – Welche Lehren wurden aus dem im Jahr 2014 durchgeführten Audit des europäischen Lebensmittel- und Veterinäramts gezogen?
Wortlaut der Kleinen Anfrage
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) hat sich verpflichtet,
die Qualität seiner Arbeit zu sichern und ständig zu verbessern. Um dieses Ziel zu erreichen,
wurden verschiedene Qualitätsmanagementverfahren (QM-Systeme) und Zertifizierungsverfahren ein- bzw. durchgeführt. Der den QM-Systemen immanente Prozess der kontinuierlichen
Verbesserung ist ein wirksames Instrument sowohl zur Sicherstellung als auch zur Überprüfung der Wirksamkeit von amtlichen Kontrollen.
So wurde begonnen, ein gemeinsames nach DIN EN ISO 9001 zertifizierungsfähiges bzw.
nach DIN EN ISO / IEC 17025 und 17043 akkreditierungsfähiges Qualitätsmanagementsystem aufzubauen bzw. aufrecht zu erhalten. Bereichsspezifisch wurden beispielsweise für Luftqualitätsuntersuchungen gemäß der Norm DIN EN ISO/IEC 17025:2005) Akkreditierungen für
Luft-Immissionsmessungen vorgenommen und bei der zentralen Umweltanalytik wurden die
Laborstandorte des LANUV gemäß den „Allgemeinen Anforderungen an die Kompetenz von
Prüf- und Kalibrierlaboratorien“ nach DIN EN ISO/IEC 17025 zertifiziert.
Im Bereich der Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln und zur Erfüllung der Anforderungen der
VO (EG) 882/2004 haben einzelne Bundesländer und in Nordrhein-Westfalen die Kreisordnungsbehörden Qualitätsmanagementsysteme eingerichtet, die verbindliche Regelungen zur
Aufgabenerfüllung beinhalten. Das LANUV hatte für diesen Bereich jedenfalls bisher kein QMSystem eingeführt, sondern im Jahr 2014 lediglich eine landesweite QualitätsmanagementRahmenstrategie festgelegt. Maßgeblich beinhaltet diese die rein formalen Verfahrensanweisungen, die die Arbeitsgruppe für Verbraucherschutz der Länder festgelegt hat.
Das Fehlen eines QM-Systems in Nordrhein-Westfalen auf Landesebene wurde von der EUKommission in einem Bericht aus Dezember 2015 (DG(SANTE)/2014-7065 – MR) gerügt,
Datum des Originals: 16.08.2016/Ausgegeben: 19.08.2016
Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des
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Drucksache 16/12692
nachdem das EU-Lebensmittel und Veterinäramt zwischen dem 25. November und dem 4.
Dezember 2014 ein Audit der amtlichen Kontrollstrukturen in Bayern und Nordrhein-Westfalen
bezüglich der Rückverfolgbarkeit von tierischen Nebenprodukten und deren Folgeprodukten
entlang der Lebensmittelkette durchgeführt hatte.
Bei dem Audit sollte bewertet werden, ob das System der amtlichen Kontrollen gewährleisten
kann, dass die Vorschriften über die Rückverfolgbarkeit von tierischen Nebenprodukten und
deren Folgeprodukten entlang der Kette durchgeführt werden. Geprüft wurde bei dem Audit
vor allem, welche rechtlichen und administrativen Maßnahmen zur Umsetzung der einschlägigen EU-Vorschriften vorhanden sind und wie die zuständigen Behörden dafür sorgen, dass
die Unternehmer sich an diese Vorschriften halten.
Die EU kam zu dem Schluss, dass in Bayern ein weitgehend zufriedenstellendes System
risikobasierter Kontrollen eingeführt worden sei, währenddessen in Nordrhein-Westfalen das
Land keine hinreichenden Maßnahmen ergriffen habe, um bei amtlichen Kontrollen die beim
Audit festgestellten und offensichtlichen Mängel bei Rückverfolgbarkeit und Dokumentation
auszuschließen und die bestehenden systematischen Schwachstellen in den Kontrollsystemen zu beheben.
Insbesondere wurde festgestellt, dass das LANUV als Aufsichtsbehörde versagt habe. Es
habe nicht dafür gesorgt, dass die Kontrollen der Kreisordnungsbehörden einheitlich und den
Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 entsprechend durchgeführt würden. Wichtige
Instrumente wie Checklisten oder Leitfäden würden fehlen.
Die EU-Kommission kommt laut Abschlussbericht zu dem vernichtenden Urteil, dass bezogen
auf Nordrhein-Westfalen Zweifel bestünden, ob die zuständigen Behörden gewährleisten
könnten, dass die ordnungsgemäße Handhabung von tierischen Nebenprodukten einschließlich der Anforderungen an Rückverfolgbarkeit in Nordrhein-Westfalen regelmäßig überprüft
werde. Das Land wurde aufgefordert, unverzüglich Maßnahmen zur Behebung der bei diesem
Audit festgestellten Mängel zu ergreifen.
Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
hat die Kleine Anfrage 4955 mit Schreiben vom 16. August 2016 namens der Landesregierung
beantwortet.
Vorbemerkung
Als Qualitätsmanagement (QM) bezeichnet man alle aufeinander abgestimmten Tätigkeiten
zum Leiten und Lenken einer Organisation in Bezug auf die Qualität. Die Tätigkeiten umfassen
das Festlegen der Qualitätspolitik und der Qualitätsziele, die Qualitätsplanung, die Qualitätslenkung, die Qualitätssicherung und die Qualitäts-verbesserung. Wesentliches Ziel eines Qualitätsmanagements im Behördenbereich ist eine verlässliche, (rechts-)sichere Qualität einer
Dienstleistung.
Gemäß Art. 8 der VO (EG) Nr. 882/2004 führen die zuständigen Behörden des Verbraucherschutzes die amtlichen Kontrollen anhand von dokumentierten Verfahren durch und haben
diese Verfahren auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Zur Erfüllung dieser Anforderungen haben die jeweils zuständigen Behörden der Kommunen und das LANUV QM-Systeme eingerichtet.
Im Mai 2014 wurde ein Landes-QM-Rahmenkonzept im Bereich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes für die Kommunen und das LANUV eingeführt, um den bestehenden QM2
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Systemen einen gemeinsamen Rahmen zu geben. Zu einem Landes-QM-Rahmenkonzept gehören u.a. eine Landes-QM-Dokumentation und ein landesinternes Auditsystem (LIAS). Die
Landes-QM-Dokumentation setzt sich zum einen aus rein formal für NRW angepassten Dokumenten des nationalen Rahmenkonzeptes der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz
(LAV) und weiteren für NRW spezifischen Verfahrensregelungen für die amtliche Kontrolle
zusammen. Mit dem LIAS sollen behördenübergreifende Auditierungen (Überprüfungen) nach
Maßgabe von landesweit einheitlichen Auditschwerpunkten und auf der Grundlage der Landes-QM-Dokumentation sowie behördenspezifischer Regelungen durchgeführt werden. Im
Jahr 2015 wurden die ersten Audits im Rahmen des LIAS vorgenommen.
An der Ausgestaltung und Weiterentwicklung des Landes-QM-Rahmenkonzeptes sind die
Kommunen, das LANUV und das MKULNV beteiligt. Fachaufsichtliche Vorgaben in Form von
Arbeitspapieren, Leitfäden o.ä. werden in das Landes-QM-Rahmenkonzept eingebunden und
über das LIAS auf ihre Eignung und Wirksamkeit überprüft.
Das Lebensmittel- und Veterinäramt der Europäischen Kommission (FVO) führte vom 25.11.
bis 4.12.2014 ein Audit in Deutschland durch, mit dem bewertet werden sollte, ob die amtlichen
Kontrollen die Einhaltung der europarechtlichen Vorschriften über die Rückverfolgbarkeit von
tierischen Nebenprodukten (TNP) und aus TNP hergestellten Folgeprodukten (FP) durch die
Unternehmen sicherstellen können. Die Auditoren besuchten die Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen. Schwerpunkt des Audits war die Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit von
TNP/FP im Handel zwischen Mitgliedstaaten, bei der Einfuhr aus und der Ausfuhr in Drittländer
sowie beim Inverkehrbringen durch in Deutschland zwischengeschaltete Handelsstellen.
Die Auditoren des FVO bestätigten das nordrhein-westfälische System der Registrierung und
Zulassung von Unternehmen, die TNP/ FP handhaben. Ebenso wurde das System der Kontrollen bei der Einfuhr von TNP/FP über die Grenzkontrollstelle in Köln als rechtskonform bewertet. Dies gilt auch für die Kontrolle von Produktionsverfahren und Hygiene, soweit dies eine
Rolle beim Audit spielte. Hinsichtlich der Rückverfolgbarkeit erkannten die Auditoren Verbesserungsbedarf, der im Auditbericht vom 14.12.2015 erläutert wird.
1.
Welche (aufgabenbezogenen) Qualitätsmanagementverfahren und Zertifizierungen hat das LANUV erfolgreich durchgeführt?
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) verfügt über ein hausweites Qualitätsmanagement (QM)-System nach der DIN EN ISO 9001. In
einzelnen analytischen Bereichen ist das LANUV darüber hinaus nach DIN EN ISO / IEC
17025 und 17043 akkreditiert: Abteilung 6 - Zentrale Umweltanalytik und Fachbereich 43 Nationales Referenzlabor (EU) Luftqualitätsuntersuchungen. Für Fachbereich 45 – Umweltradioaktivität, Überwachung Kerntechnischer Anlagen, Licht, elektromagnetische Felder (EMF),
Geräusche und Erschütterungen - wird im Bereich der Umweltradioaktivität die Akkreditierung
im Herbst 2016 erfolgen.
2.
Inwiefern wurde beim LANUV inzwischen ein vollständiges Qualitätsmanagementverfahren im Bereich der Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln und zur Erfüllung
der Anforderungen der VO (EG) Nr. 882/2004 eingeführt?
Die Erfüllung der Anforderungen der VO (EG) Nr. 882/2004 ist Bestandteil des Qualitätsmanagement-Systems des LANUV. Die Kontrolle der Rückverfolgbarkeit wird erst als neue Aufgabe übernommen, entsprechende Verfahrensanweisungen werden sukzessive ergänzt.
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3.
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Welche Maßnahmen wurden seitens der Landesregierung und LANUV mit jeweils
welchem Ergebnis ergriffen, um die von der EU im Audit 2014 festgestellten Mängel zu beheben?
Auf Grund der Feststellungen im Audit zum amtlichen Überwachungssystem und zu den Kontrollen zur Rückverfolgbarkeit bei TNP/FP wurden unmittelbar nach dem Audit Sofortmaßnahmen eingeleitet. Die Sofortmaßnahmen umfassten kurzfristig eingeleitete Nachkontrollen der
im Audit besuchten Firmen sowie Kontrollen weiterer Firmen, die gleichartige TNP/FP verarbeiten und handeln.
Als weitere Schlussfolgerung aus dem Ergebnis des FVO-Audit wurde zur Einführung eines
landesweiten Überwachungssystems eine gemeinsame Projektgruppe von Land und Kommunen eingerichtet.
Die Projektgruppe erarbeitete in 2015 die folgenden Dokumente: Eine Risikobewertung einschließlich der daraus resultierenden Festlegung von Kontrollintervallen sowie zahlreiche Kontrollberichte, so für Heimtierfutterhersteller, Beförderungsunternehmen, Lagerbetriebe für Folgeprodukte, Lager- und Behandlungsbetriebe, Pasteurisierungsanlagen, Biogasanlagen, Verarbeitungsbetriebe Kategorie 1, Verarbeitungsbetriebe Kategorie 3, Händler und einen allgemeinen Kontrollbericht.
Alle Dokumente wurden als Landes-QM-Dokumente per Verfügung in Kraft gesetzt und damit
landesweit verbindlich vorgegeben. Um die Eignung, Umsetzung und Wirksamkeit dieser Landes-QM-Dokumente zu überprüfen, wurde im Rahmen des landesinternen Auditsystems die
„Rückverfolgbarkeit von Tierischen Nebenprodukten, Zulassung und Registrierung von TNPBetrieben“ als Pflicht-Auditschwerpunkt in 2016 festgelegt.
Darüber hinaus werden seit Beginn des Jahres 2015 landesinterne TNP/FP-Dienstbesprechungen zu TNP/FP durchgeführt sowie anlassbezogene TNP/FP-Schulungen angeboten.
Mit den beschriebenen Dokumenten, ihrer Überführung in das Landes-QM-Rahmenkonzept
und der Auditierung in 2016 sind grundlegende Festlegungen für den Überwachungsbereich
getroffen worden, um in NRW eine vereinheitlichte Überwachung der TNP/FP-Betriebe zu gewährleisten.
4.
Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass das LANUV seine Funktion als
Fachaufsichtsbehörde im Bereich Verbraucherschutz künftig systematisch wahrnimmt?
Der Fachaufsicht stehen für die Sicherstellung und Überprüfung der Wirksamkeit der amtlichen
Kontrollen verschiedene Instrumente zur Verfügung. Hierzu gehören u.a. das Berichtswesen,
das Durchführen von Dienstbesprechungen / Schulungen, das Einsehen von Auditergebnissen der Behörden oder Dritter (z. B. FVO). Auf die Ausführungen in der Vorbemerkung und
die Beantwortung der Frage 3 wird verwiesen.
Bezüglich der systematischen Fachaufsicht wird das bereits bestehende Konzept der fachaufsichtlichen Überprüfungen der Kreisordnungsbehörden kontinuierlich weiterentwickelt.
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