D 8512 52. Jahrgang Nr. 32 15. August 2016 NACHRICHTEN POLITIK Unter Wasser Russische U-Boote patrouillieren verstärkt in der Ostsee und im Nordatlantik. Ein Versteckspiel in der Tiefe. Seite 4 STREITKRÄFTE In der Luft Nur 15 Minuten haben die Piloten des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74, um beim Air Policing abzuheben. Seite 6/7 GOLD Sportsoldatin Barbara Engleder gewinnt im Dreistellungskampf die Goldmedaille. Seite 10 ZOOM Auf Papier Jochen Missfeldt ist ehemaliger Kampfjetpilot. Neben Reportagen schreibt er Gedichte übers Fliegen. Ein Portrait. Seite 9 Neu: ia-App Die Med eswehr. der Bund VIDEO DER WOCHE: Foto: ddp images/USA TODAY Network/John David Mercer Hauptfeldwebel Oliver Bender hat sich der Herausforderung gestellt und hat einen Einblick in die Arbeit der Spezialeinheit Kommando Spezialkräfte, kurz KSK, bekommen. Die Serie „Mit Olli“ widmet sich in insgesamt sechs Teilen dem KSK und versucht mit den Vorurteile rund um diese Einheit aufzuräumen. Im vierten Teil lässt sich Olli zeigen, wie die Soldaten des KSK Türen öffnet, wenn sie nicht den passenden Schlüssel zur Verfügung haben. BW CLASSIX: In diesem Classix aus dem Jahr 1984 geht es um die erste Hilfe bei einem Unterarmbruch. Es zeigt und erklärt, wie jeder in so einer Situation richtig handeln kann. (eb) Der QR-Code führt direkt zum Video „Mit Olli beim KSK“. Weitere Beiträge unter www.youtube.com/bundeswehr. [email protected] 2 aktuell INTERN 15. August 2016 Foto: Bundeswehr/Jane Schmidt BILD DER WOCHE Doppel-Gold im Rudern: Der Doppelvierer mit Stabsgefreiter Philipp Wende (2.v.l.), Hans Gruhne, Lauritz Schoof und Karl Schulze gewinnen das Finale am Lagoa Stadium in Rio. Kurz darauf gelingt Stabsunteroffizier (FA) Julia Lier, Lisa Schmidla, Carina Bär und Annekatrin Thiele ebenfalls der Coup im Doppelvierer. S.10 IMPRESSUM Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt: Bundesministerium der Verteidigung Presse- und Informationsstab Stauffenbergstraße 18, 10785 Berlin Redaktionsanschrift: Redaktion der Bundeswehr Bundeswehr aktuell Reinhardtstraße 52, 10117 Berlin Telefon: (0 30) 886 228 - App. Fax: (0 30) 886 228 - 20 65, BwFw 88 41 E-Mail: [email protected] Leitender Redakteur: ( -2420): Vivien-Marie Bettex (vmd) Vertreter: ( -2421) Hauptmann Patricia Franke (pfr) Produktionsunterstützung: (-2422) Hauptfeldwebel André Sterling (ste) Obergefreiter Daniel Wieland Elisa Sollich Politik: Jörg Fleischer (jf, -2830) Streitkräfte/Einsatz: Major Anika Wenzel (akw, - 2861), Oberstleutnant Peter Mielewczyk (pm, - 2820), Major Katharina Zollondz (kzo), Kapitänleutnant Victoria Kietzmann (kie) Zoom/Sport: Björn Lenz (ble - 2840), Regierungsamtmann Stefan Rentzsch (sr), Gabriele Vietze (vie), Personal/Soziales/Vermischtes: Christiane Tiemann (tie -2850) Mediendesign: Daniela Hebbel ( - 2650), Oberleutnant Sebastian Nothing, Daniela Prochaska, Eva Pfaender aktuell als E-Paper und als PDF: Auf www.bundeswehr.de abrufbar Satz: Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, DL I 4 Zentraldruckerei BAIUDBw Intranet: http://zentraldruckerei.iud Druck: Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH Kurhessenstr. 4-6, 64546 Mörfelden-Walldorf Erscheinungsweise: Wöchentlich montags Auflage: 45 000 Exemplare Verteilung innerhalb der Bundeswehr: SKA GrpRegMgmtBw/ Mediendisposition Kommerner Straße 188 53879 EUSKIRCHEN DEUTSCHLAND E-Mail: SKAMediendisposition@ bundeswehr.org ISSN: 1618-9086 Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Filme, Fotos und Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen. Namensbeiträge geben die Meinung des Verfassers wieder. Sie entsprechen nicht unbedingt der Auffassung der Redaktion oder des BMVg. Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe per E-Mail werden nur mit wirklichem Namen und Adresse berücksichtigt, außerdem behält sich die Redaktion das Recht auf Kürzung vor. ZITAT EDITORIAL „Ja, ja! Ich hab‘s Euch allen gezeigt.“ Die Bundeswehr soll noch attraktiver werden. Für Soldaten sind aber nicht nur geregelte Dienstzeiten und heimatnahe Verwendungen wichtig. Wie es nach dem Dienstzeitende weitergeht, spielt spätestens dann eine Rolle, wenn die Entscheidung gegen den Status Berufssoldat gefallen ist. Dabei sind Lebens- und Bildungswege so vielfältig wie die Menschen in der Bundeswehr. Für Fort- und Weiterbildung gibt es ein großes Angebot: Schulabschlüsse in der Dienstzeit, Berufsausbildung oder Studium. Der Berufsförderungsdienst (BFD) unterstützt Soldaten dabei. Die zivilen und militärischen Mitarbeiter informieren über mögliche Arbeitgeber, unterstützen bei Bewerbungen und bei Anträgen. Das Dienstzeitende bietet auch die Gelegenheit eines beruflichen Neuanfangs. So möchte zum Beispiel der ehemalige Maurer und Zeitsoldat Ronny Rehse nach zwölf Jahren in Uniform nicht in seinen alten Beruf zurück. In Zukunft will er traumatisierte Kinder betreuen, denn er arbeite „lieber mit Menschen, statt mit Steinen“. Für dieses Ziel machte er mit Unterstützung des BFD seinen Realschulabschluss nach und wird nun zum Erzieher ausgebildet. Für Soldaten am Anfang ihrer militärischen Laufbahn sind die Sportschützin Oberfeldwebel Barbara Engleder nach ihrem Sieg im Kleinkaliber bei den Olympischen Spielen in Rio. KALENDERBLATT Vor 60 Jahren: Am 17. August 1956 erklärte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Kommunistische Partei Deutschlands für verfassungswidrig und verfügte die Schließung ihrer Büros sowie die Auflösung der Partei. Vor 80 Jahren: Am 19. August 1936 begann mit dem ersten der großen „Moskauer Prozesse“ die Welle der sogenannten „Säuberungen“ unter Josef Stalin. Die vermeintlichen Gerichtsverfahren waren makabre Inszenierungen, bei denen die Angeklagten öffentlich ihre unter Folter erzwungenen Geständnisse wiederholen mussten. Vor 90 Jahren: Am 15. August 1926 wurde das „Fräulein vom Amt“ überflüssig – zumindest in zwei Stadtteilen Berlins, wo mit diesem Tag der Selbstwähldienst für Telefone eingeführt wurde. Vor 105 Jahren: Am 21. August 1911 wurde Leonardo da Vincis „Mona Lisa“ aus dem Louvre geraubt. Erst durch diese „Entführung“, die fast eine europäische Kulturkrise ausgelöst hätte, wurde das Gemälde weltberühmt. Vor 120 Jahren: Am 18. August 1896 präsentierte die DaimlerMotoren-Gesellschaft in Cannstatt den ersten Lastwagen der Welt. Der Fahrer saß wie bei einer Kutsche ungeschützt im Freien. Der Zweizylindermotor hatte vier Pferdestärken, der Benzintank reichte für Fahrten von etwa 200 Kilometern. Damit legte Gottlieb Daimler den Grundstein für die Motorisierung des Güterverkehrs auf der Straße. (eb) Maßnahmen der Zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung (ZAW) eine mögliche Grundlage für den späteren Zivilberuf. Die Marinetechnikschule in Parow bietet beispielsweise zahlreiche technische Ausbildungsberufe, die den Auszubildenden einiges abverlangen. Der Wiedereintritt in das Zivilleben nach vielen Jahren in Uniform bedeutet in jedem Fall eine große Umstellung. Kameraden, die die Bedeutung des Angebots unterschätzen und ihre Ansprüche nicht wahrnehmen, vergeben eine Chance. Bei der fachlichen Qualifizierung hilft die Bundeswehr – der Mut, die Ideen und das Engagement müssen aber vom einzelnen Soldaten kommen! Anika Wenzel Ressortleiter Streitkräfte 15. August 2016 MINISTERIUM / HINTERGRUND aktuell 3 Gefragte Spezialisten Das ABC-Abwehrbataillon 750 zeigt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen seine Einsatzmöglichkeiten. Bruchsal. Sie wirken ein bisschen wie Außerirdische, wenn die Spezialisten der ABC-Abwehrtruppe ihre Schutzanzüge angelegt haben. Einen Eindruck davon hat auch die Verteidigungsministerin bekommen, als sie auf ihrer Sommerreise am vergangenen Mittwoch Station beim ABC-Abwehrkommando der Bundeswehr gemacht hat. Sie traf dabei mit dem ABCAbwehrbataillon 750 „Baden“ auf eine sehr motivierte und hochspezialisierte Truppe, die viel Erfahrung in der Zusammenarbeit mit zivilen Behörden vorweisen kann. Einzigartige Fähigkeiten in großem Maßstab Die Ministerin informierte sich bei ihrem Besuch über Ausstattung und Fähigkeiten der ABC-Abwehrtruppe. Von Oberleutnant Juliane Harnisch ließ sie sich den Spürpanzer Fuchs 1A8 erklären. „Das macht einen schon sehr stolz, gerade auch wenn man mal zeigen kann, was wir wirklich können“, beschrieb die Zugführerin ihre Begegnung mit der Ministerin. Mit den geschützten Fahrzeugen kann die Truppe großflächig ABC-Kampfstoffe aufspüren. Weitere Spezialausrüstung erlaubt es ihr, die Dekontamination von Fahrzeugen oder Gebäude bis hin zu größeren Flächen durchzuführen. Damit konnte die Bundeswehr bisher in zahlreichen Auslandseinsätzen einen wertvollen Beitrag liefern. Zivil-militärische Zusammenarbeit üben Als Beispiel für die traditionell gute Kooperation der ABCAbwehrtruppe mit anderen Sicherheitsorganen nannte die Ministerin die „außergewöhnlich gute Zusammenarbeit“ mit dem Bundeskriminalamt (BKA) bei chemischen Verdachtsfällen. Die besondere Expertise der Bundeswehr auf diesem Gebiet sei es, „ganz schnell, mobil und hochspezialisiert in den Einsatz zu kommen“. Die Ausrüstung der ABCAbwehrtruppe und die daraus resultierenden Einsatzmöglichkeiten der spezialisierten Soldaten können den Sicherheitsbehörden zur Erhöhung ihrer Kapazitäten zur Verfügung gestellt werden. „Die Fähigkeiten werden immer wieder gefragt“, so der stellvertretende Bataillonskommandeur, Oberstleutnant Mario Rizzoli. „Der zivile Bereich, Polizei und Feuerwehr, sind nicht in der Art durchhaltefähig und sie haben oftmals nicht die Möglichkeit, größere Mengen zu dekontaminieren. Da sind wir eine hervorragende Unterstützung.“ Im Fall von chemischen Bedrohungslagen sei die Zusammenarbeit mit dem BKA bestens eingespielt und erfolgreich. Für alle anderen Bedrohungsszenarien – beispielsweise bei Terror-Großlagen – „muss nur geübt werden, dass die Polizei, die immer die Federführung hat, dann auch die Alarm- und Befehlsketten eng abgestimmt hat mit der Bundeswehr“, so von der Leyen. In einem solchen Fall „wäre die ABC-Abwehrtruppe die erste Stelle, die in Zusammenarbeit mit dem BKA gerufen würde.“ Als frühesten Zeitraum für eine gemeinsame Stabsrahmenübung nannte sie den Spätherbst. „Die Menschen wollen, dass wir bei der ganzen Breite der Bedrohungen reaktionsfähig sind.“ Standort mit Erfahrung und Zukunft Die ABC-Abwehrtruppe habe eine Zukunft, so die Ministerin. Für die Bundeswehr sei der Standort Bruchsal daher ebenfalls sehr wichtig. Deshalb seien für die nächsten vier bis fünf Jahre Investitionen in Höhe von mehr als 70 Millionen Euro geplant, erklärte die Ministerin. Im Anschluss an den Besuch äußerte sich Oberst Henry Neumann sehr zufrieden. „Es ist uns gelungen, die Ministerin von der Leistungsfähigkeit der ABC-Abwehrtruppe zu überzeugen.“ Die Fähigkeiten der ABC-Truppe wurden bei der Vogelgrippe 2006, bei der Flüchtlingshilfe 2015 und zuletzt beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau durch die zivile Seite abgerufen. Fotos: Bundeswehr/Björn Trotzki (3) Von Andreas Steffan und Alexander Linden Schützen, Schneiden, Spüren: Die ABC-Abwehrtruppe zeigt der Ministerin was sie kann. Mit dem Spürpanzer Fuchs 1A8 (u.) spüren die Soldaten großflächig ABC-Kampfstoffe auf. Mehr Tiger in der Luft Das Kampfhubschrauberregiment 32 informiert Ursula von der Leyen über den aktuellen Stand. system einweisen. Er ist Pilot und Leiter des technischen Flugtrupps. Der Hauptmann ist begeistert vom Tiger. Seine Agilität fasziniere ihn am meisten. 215 Stundenkilometer Spitzengeschwindigkeit und variantenreiche Bewaffnung sind die Kernkompetenzen. Ein Jahr dauere es, bis ein ausgebildeter Hubschrauberpilot „basic qualified“ für den Tiger sei, berichtet Strahlenbach. Qualifiziertes Personal ist die zweite wichtige Voraussetzung, damit der Tiger abheben kann. Die „Kurhessen“ sind ein Beispiel dafür, dass auch die Trendwende Personal greift. „Wir haben ab September 13 neue Dienstposten für Technikerinnen und Techniker“, sagte von der Leyen. Zurzeit stellt das Regiment eine Rotte für die European Battle Group. Knapp 1000 Personen zählt der Verband in Fritzlar. „Weil dieser Standort ganz klar eine Zukunft hat, werden wir in den nächsten Jahren hier 40 Millionen Euro weiter investieren“, machte die Ministerin zum Abschluss deutlich. (flo) Foto: Bundeswehr/Mario Bähr wiesen, dass Sie uns Hinweise geben“, betonte die Ministerin. Sie bedankte sich ausdrücklich bei den Regimentsangehörigen. An verschiedenen Stationen ihres Rundgangs wurden der Ministerin Ausbildung und Ausrüstung der Piloten, das Fluggerät, Wartung und Bewaffnung vorgestellt. Andreas Strahlenbach durfte die Ministerin in das Waffen- Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke Fritzlar. Die Eskorte hatte es in sich. Bei ihrem Eintreffen in Fritzlar vergangenen Dienstag wurde der Hubschrauber der Ministerin von zwei Tiger-Kampfhubschraubern begleitet. Zwei von insgesamt 22, über die das Regiment „Kurhessen“ verfügt. Bis 2018 sollen es 32 sein. Der eingeschlagene Weg sei erfolgreich, erklärte von der Leyen mit Blick auf die Einsatzbereitschaft. Es seien nun „deutlich mehr Tiger in der Luft“. Hierzu habe die Verbesserung der finanziellen Ausstattung beigetragen. Entscheidend sei zudem die Arbeit der „Task Force Drehflügler“ gewesen, „wo sich Expertinnen und Experten zusammengesetzt haben, um dieses komplexe System zu analysieren.“ Aber auch die Soldaten vor Ort hätten die Task Force unterstützt. „Wir sind darauf ange- Aufmerksam: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen folgt den Erklärungen des Hauptmanns (l.) zum Kampfhubschrauber Tiger (r.). 4 aktuell POLITIK / HINTERGRUND 15. August 2016 Bagdad. In den vergangenen zwei Jahren sind im Irak und Syrien 45 000 Kämpfer der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) getötet worden. Das sagte der scheidende Kommandeur der Anti-IS-Mission Inherent Resolve, Generalleutnant Sean MacFarland, am vergangenen Mittwoch in Bagdad anlässlich der Kommandoübergabe an seinen Nachfolger. Die Anti-IS-Koalition habe in den vergangenen elf Monaten bei insgesamt 50 000 Lufteinsätzen knapp 30 000 Bomben auf Ziele im Irak und Syrien abgeworfen. (kli) Foto: picture alliance/Lev Fedoseyev Pentagon: 45 000 IS-Kämpfer getötet Aufgetaucht: Die „Sewerodwinsk“ ist das modernste U-Boot der russischen Flotte. Das Mehrzweck-Boot ist mit Torpedos und Marschflugkörpern bestückt. Bis 2020 sollen acht Boote der Sewerodwinsk-Klasse die alternde Flotte der russischen Jagd-U-Boote ersetzen. Versteckspiel in der Tiefe Foto: CSIS AMTI/DigitalGlobe Ausbau von Inseln im Südchinesischen Meer Peking. Die chinesische Regierung treibt den militärischen Ausbau von Riffen und künstlichen Inseln im Südchinesischen Meer weiter voran. Neue Satellitenbilder zeigen, dass auf den Spratly- Inseln mittlerweile neben drei Landebahnen auch Hangars für Militärflugzeuge errichtet wurden. Auf die Spratly-Inselgruppe erheben verschiedene Anrainerstaaten Besitzansprüche. Im Juli hatte der Internationale Schiedshof in Den Haag in einem Urteil erklärt, dass der Anspruch Chinas auf das Seegebiet „keine rechtliche Grundlage“ habe. (kli) Foto: Reuters/Tiksa Negeri Proteste in Äthiopien weiten sich aus Addis Abeba. In Äthiopien haben sich die Proteste gegen die Regierung ausgeweitet. Augenzeugenberichten zufolge gingen Sicherheitskräfte mit Gewalt gegen die Demonstranten vor. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurden bei den Auseinandersetzungen in den vergangenen beiden Wochen in verschiedenen Landesteilen etwa 100 Menschen getötet. Seit vergangenem November demonstrieren Einwohner gegen die geplante Ausweitung der Hauptstadt, da sie befürchten, ihr Ackerland zu verlieren. (eb) Russische U-Boote patrouillieren verstärkt im Nordatlantik und in der Ostsee. Von Simon Klingert Berlin. Im Nordatlantik und in der Ostsee intensiviert die russische Marine ihre U-Boot-Operationen. Allein im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der russischen Patrouillenfahrten in der Barentssee, der Ostsee und im Nordatlantik verdoppelt. Immer wieder testen die Boote die Reaktionsfähigkeit der westlichen Seestreitkräfte in der Region. Denen fehlen häufig die Mittel für eine effektive U-Boot-Abwehr. Präsenz, Macht und Reichweite Aus Ostseestaaten mehren sich die Meldungen über das Eindringen fremder U-Boote in ihre Hoheitsgewässer. Im Oktober 2014 suchte die schwedische Marine mit Hubschraubern und Minensuchbooten den Stockholmer Schärengarten nach einem vermutlich russischen U-Boot ab. Die Suche in den unübersichtlichen Gewässern vor der Hauptstadt wurde nach einer Woche ergebnislos abgebrochen. Im April 2015 kam es zu einem ähnlichen Zwischenfall vor der Küste Finnlands, bei dem die finnische Marine Wasserbomben einsetzte, um das ebenfalls vermutlich russische U-Boot zu vertreiben. Auch in der Nordsee haben russische Aktivitäten unter Wasser zugenommen. Dort sollen russische U-Boote nach Angaben der US-Marine in unmittelbarer Nähe von transatlantischen Seekabeln operiert haben. Es wird befürchtet, dass Russland die Kabel nicht nur kappen oder anzapfen, sondern auch eigene Datenpakete einspeisen könnte. Mit den teilweise riskanten Manövern versucht Moskau, die eigene Einflusssphäre abzustecken. „Russland könnte mit dem Einsatz von nur wenigen U-Booten ein überproportionales Maß an Präsenz, Reichweite und Macht demonstrieren“, sagt Andrew Merrick vom Center for Strategic and International Studies (CSIS) in Washington. „Moskau will seine Unterwasserfähigkeiten nutzen, um die Anrainerstaaten der Ostsee zu zwingen, territoriale Ansprüche wie etwa auf die Krim zu akzeptieren“, sagt Merrick, einer der Autoren eines im Juli veröffentlichten CSIS-Berichts zur russischen U-Boot-Strategie. Russland wolle das strategische Kalkül der NATO und der Partnerländer in der Region beeinflussen, sagt Merrick. Moskau sei vor allem die engere Bindung Schwedens und Finnlands an die NATO sowie die verstärkte Präsenz der Allianz in Osteuropa ein Dorn im Auge. Modernisierung der Flotte Die Modernisierung und der Bau neuer U-Boote hat für Moskau hohe Priorität. Im Zeitraum zwischen 2011 und 2020 sind 26 Prozent des staatlichen Rüstungsprogramms für die russische Marine vorgesehen. Mit knapp fünf Billionen Rubel (69,6 Milliarden Euro) erhält die Marine damit den größten Posten des 264 Milliarden Euro teuren Programms. Ein großer Teil des Geldes ist für den Bau von zwei neuen U-Boot-Klassen vorgesehen. „Dabei geht es Russland auch um die nukleare Abschreckung“, sagt Jonas Kassow von der Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. „Eine modernisierte U-Boot-Flotte ist von hohem strategischem Wert“, so der Experte für russische Marinestrategie. Bahnbrechende Technologien Das Prestigeobjekt der russischen Flotte ist die „Sewerodwinsk“. Das 2014 in Dienst gestellte Mehrzweck-U-Boot ist der Prototyp einer neuen atomgetriebenen U-Boot-Klasse, das die veraltete Flotte der Jagdund Marschflugkörper-U-Boote ersetzen soll. Das modernste Boot der russischen Unterwasserflotte wurde für die Aufklärung und den Angriff auf gegnerische Schiffe konzipiert, kann aber auch Stolz der U-Boot-Flotte: die „Sewerodwinsk“ Berlin. Das Mehrzweck-UBoot „Sewerodwinsk“ wurde als „Projekt 885“ bereits 1993 auf Kiel gelegt. Nicht nur die lange Bauzeit von knapp 20 Jahren ist rekordverdächtig: Mit Entwicklungs- und Baukosten von 1,4 Milliarden Dollar ist es das teuerste U-Boot der russischen Flotte. Dafür ist die „Sewerodwinsk“ technisch gesehen auch nach westlichen Standards auf der Höhe der Zeit. Das 120 Meter lange Boot ist mit acht vertikalen Abschussrohren für Marschflugkörper vom Typ Kalibr ausgestattet. Ein neuartiges sphärisches Sonar nimmt den Platz im Bugraum ein, die Torpedorohre sind mittschiffs platziert. Das neue Bugsonar soll Experten zufolge eine vergleichbare Leistung wie das Sonar der neuesten US-JagdU-Boote der Virginia-Klasse aufweisen. Die „Sewerodwinsk“ soll Tauchtiefen bis zu 600 Metern erreichen können. mit Marschflugkörpern bestückt werden (s. Infokasten). „Die Verwendung neuer Technologien bei der Sewerodwinsk-Klasse ist für russische Verhältnisse bahnbrechend“, sagt der CSIS-Experte Merrick. „Die neueren Boote der Sewerodwinsk-Klasse haben im Bereich des Sonar und der Akustik vermutlich zu den U-Booten der US-Marine aufgeschlossen“, sagt Merrick. Unter der Bezeichnung „Projekt 885M“ wurden bislang drei verbesserte Nachfolgemodelle auf Kiel gelegt. Bis 2020 ist der Bau von acht Booten dieser Klasse geplant. Das Rüstungsprogramm sieht zudem vor, die alternde Flotte der mit Nuklearraketen bestückten U-Boote der Delta-III und Delta-IV-Klasse durch neue, leisere Boote der Borey-Klasse zu ersetzen. Defizite bei der U-Boot-Abwehr „Den NATO-Staaten erscheinen die russischen U-Boot-Aktivitäten vor allem vor dem Hintergrund des eigenen Fähigkeitsverlustes im Bereich der U-Boot-Abwehr als bedrohlich“, sagt SWP-Experte Kassow. Das Beispiel Großbritannien zeigt, wie sehr die Fähigkeiten westlicher Staaten durch Budgetkürzungen und die Verlagerung des militärischen Schwerpunkts auf Stabilisierungsmissionen geschwunden sind. Anfang 2015 erfasste die Royal Navy verdächtige Bewegungen in den Gewässern vor Faslane an der Westküste Schottlands. Dort befindet sich die einzige U-Boot-Basis der britischen Marine. Um das unbekannte U-Boot zu orten, mussten amerikanische Verbündete einspringen. Seit 2010 verfügt die ehemalige Seemacht über keine eigenen Seefernaufklärer mehr. 15. August 2016 EINSATZ / BUNDESWEHR aktuell 5 Helfer aus Helsinki Von Bastian Fischborn Catania. 17 Seemeilen nördlich der libyschen Küste stehen drei finnische Boarding-Soldaten auf einem kleinen blauen Boot aus Metall. Zeitgleich waten unter Deck des Bootes weitere Soldaten durch Kot und Urin. Zweihundert Meter entfernt hat der deutsche Tender „Werra“ gestoppt. Auf der Brücke steht der finnische Boardingoffizier Mika ausgerüstet mit Headset und berichtet dem Kommandanten, was seine Soldaten auf dem Boot gefunden haben. „Schleuser gehen skrupellos vor“ „Die Schleuser gehen skrupellos vor“, sagt Mika. „Unter Deck dürften mindestens 150 Menschen gesessen haben. Weder war genug Wasser an Bord, noch Treibstoff. Sie erzählen den Migranten, dass der Schein der Gasfackeln auf den OffshorePlattformen ‚Sabratah’ und ‚Bouri’ Italien sei. Dabei stehen die gerade einmal 55 Seemeilen, etwa 100 Kilometer, vor der libyschen Küste.“ Die Männer um Mika gehören zu einem der insgesamt drei Boarding-Teams, die für ein Jahr zu den Besatzungen der deutschen Schiffe in der Operation Sophia gehören. Für sie selbst endet ein viermonatiger Einsatz. Erst auf der Fregatte „Karlsruhe“ und danach auf dem Tender „Werra“. Die Durchsuchung des Bootes gehört zu den Aufgaben des „Alustarkastusosasto“, was Boarding-Team auf Finnisch heißt. Das Team des Zugführers sichert den Tender im Nahbereich. Force Protection nennen die Soldaten das. „Wir können nie ausschließen“, erläutert Kontingentführer und Fregattenkapitän Torsten Eidam, „dass sich auf den Flüchtlingsbooten auch einmal ein Einzeltäter versteckt, der die Situation für einen gezielten Anschlag nutzen will. Einzeltäter haben immer die Initiative. Die Gefahr ist zwar latent, aber sie ist da.“ Deshalb durchsuchen die Finnen die Insassen der Boote vor Libyen bereits dann, wenn sie sie auf die eigenen Speedboote holen. Erst danach werden sie an Bord des Tenders gebracht. 25 Kilogramm Ausrüstung Spezialisten für die medizinische Versorgung von Verwundeten sind genauso unter den Boarding-Soldaten wie Scharfschützen. Sie beherrschen die Beschlagnahme verdächtiger Fahrzeuge, wie sie Anfang Juli gezeigt haben. Der Tender „Werra“ hatte als erstes Schiff der Operation Sophia der Schleuserei Verdächtige an Bord genommen und an die zuständigen italienischen Behörden übergeben. Regelmäßig übt das Boarding-Team mit der Besatzung. Dann klettern die Finnen in Windeseile an schmalen Stricklei- Fotos: Bundeswehr/PAO EUNAVFOR MED (4) Finnische Force Protection für Tender „Werra“. Gemeinsam: Das finnische Force Protection Team überprüft vom Speedboot aus ankommende Flüchtlinge (o.). Insgesamt wiegt die Ausrüstung – mit Helm und Waffen – 25 Kilogramm (u.). tern am Brückenhaus der „Werra“ hoch und gewinnen jedes Wettrennen zur Kommandozentrale des Schiffes. Nahkampf und Sport gehören zu ihrem Übungsprogramm, taktisches Fahren mit Speedbooten und Schießübungen. Der Scharfschütze trifft auf mehrere hundert Meter Entfernung einen auf den Wellen tanzenden Luftballon. Die Soldaten seines Teams sind im Schnitt 28 Jahre alt, die Hälfte von ihnen aktive Soldaten, die andere Hälfte Reservisten. „Viele meiner Männer habe ich vorher noch nie gesehen“, sagt der junge Boarding-Offizier. Mit 13 Paletten Material haben sie auf der „Werra“ eingecheckt. Vom Funkgerät bis zur Munition wurde alles in Finnland zusammengestellt. 25 Kilogramm wiegt die Ausrüstung, die die trainierten Soldaten mit sich tragen, wenn sie „aufgerödelt“ sind. Man blickt dann in dunkle Schutzbrillen, Helme mit aufgeklemmten Kameras. Die Finnen haben ihre Schutzmasken vors Gesicht gezogen, an ihren Schutzwesten baumelt Ausrüstung: Taschenlampen, Funkgeräte, Tourniquets und Munition. Wenn sie ihre Masken ablegen, kommen darunter freundliche Männer zum Vorschein. Auch Familienväter sind dabei. Einer hat seine Gitarre mit und übt abends Lieder, die er seinen Kindern vorspielen will. Zusammenarbeit als Vorteil „Diese Zusammenarbeit entlastet das deutsche Seebataillon mit der Boarding-Kompanie, das dieser Tage wie die gesamte Marine sehr gefragt ist“, sagt Kontingentführer Eidam. „Und es bietet den Finnen die Möglichkeit, an der Operation teilzunehmen, obwohl sie kein eigenes Schiff stellen.“ Noch bis November bleiben die Finnen an Bord der deutschen Schiffe, dann möchte Litauen ein Boarding-Team schicken. Unter Beobachtung Erbil. Adrenalin durchflutet den Körper. Der Puls ist bis in den Hals spürbar. Hinzu kommt das unbestimmte Gefühl, beobachtet zu werden. Häuserkampf fordert Soldaten alles ab. Im nordirakischen Erbil fühlen sich die Soldaten jedoch zurecht beobachtet. Hier befindet sich das „Ghosthouse“, eine moderne Häuserkampfanlage mit vier baugleichen Unterrichtsräumen. Mit Hilfe von Laufgittern, die über den Räumen angebracht sind, können die Ausbilder die Szenarios genau verfolgen. Sie schweben wortwörtlich gesprochen „über der Ausbildung“. So entstand der Name „Ghosthouse“. Seit 2015 engagiert sich die Bundeswehr im Nordirak mit einer Ausbildungsmission für Foto: Bundeswehr/Christian Griem (2) Ein neues Trainingsgelände im Nordirak ermöglicht Ausbildern die unmittelbare Auswertung. Nachbau: Peschmerga trainieren den Orts- und Häuserkampf (r.) im „German Village“-Trainingsdorf. den Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischen Staat“ (IS). Nun wurden das „Ghosthouse“ und das „German Village“-Trainingsdorf an die Peschmerga übergeben. Bnslawa ist das Trainingscamp, das von den Deutschen zur Ausbildung der Peschmerga genutzt wird. Anfangs existierte dafür keinerlei Infrastruktur. Die Peschmerga und die Bundeswehr entschieden sich daher, ein neues Trainingsgelände aufzubauen. Die urbanen und kulturellen Strukturen im Irak sind anders als in Westeuropa. Daher war es wichtig, dass sich die Ausbildungsstätten daran orientieren. Soldaten der Bundeswehr haben hierfür extra ein regional typisches Dorf vermessen: Gollah ist rund 20 Minuten von Bnslawa entfernt und war durch den IS besetzt. Neben den landestypi- schen Strukturen zeigte das Dorf zusätzlich, wie der IS militärisch operiert. So wurden Tunnelsysteme entdeckt und bei der Planung der neuen Anlage einbezogen. Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr: 51 Container, lange Tunnel und Gräben ließen auf einem 40 000 Quadratmeter großen Gelände das Dorf erneut entstehen. Nach 80 Tagen Bauzeit konnten die beiden Einrichtungen durch den Kontingentführer übergeben werden. Zuversicht herrscht auf beiden Seiten: Die militärische Ausbildung der Peschmerga kann erheblich verbessert und damit die Sicherheit der Soldaten beim Kampf gegen den IS deutlich erhöht werden. (gäd/eb) 6 aktuell BUNDESWEHR aktuell 7 In 15 Minuten in der Luft Die Sicherung des deutschen Luftraums gehört im Frieden zu den Hauptaufgaben der Luftwaffe. Dem Taktischen Luftwaffengeschwader 74 kommt für Süddeutschland eine Schlüsselrolle zu. Neuburg/Donau. Laut dröhnt ein Hupensignal durch das Aufenthaltsgebäude der Alarmrotte. Sofort eilen die Piloten zu ihren Spinden, legen die Anti-G-Hose und die „Flight Jacket“-Überlebensweste an. Mit dem Pilotenhelm am langen Arm geht es dann im Laufschritt zu den nächstgelegenen Flugzeugunterständen, den Sheltern, wo Oberfeldwebel Milana Piontek und ihre Kameraden des Bodenpersonals sie bereits an den zwei startbereiten Eurofightern erwarten. 24 Stunden und 365 Tage einsatzbereit „Nach einer Alarmierung durch den Gefechtsstand der NATO Luftverteidigung in Uedem kann unsere Alarmrotte, bestehend aus zwei Kampfflugzeugen vom Typ Eurofighter, innerhalb von 15 Minuten in der Luft sein“, erklärt Oberstleutnant Siegfried Beck, stellvertretender Kommodore des Geschwaders, den hohen Bereitschaftsgrad seines Verbandes. „Die Piloten und das Bodenpersonal werden alle 24 Stunden durch ein neues Team abgelöst. Ob Werk-, Sonn-, oder Feiertag, die Alarmrotte ist 365 Tage im Jahr rund um die Uhr einsatzbereit.“ Hauptauftrag der Quick Reaction Alert Interceptor (QRA) Alarmrotte ist das als „Air Policing“ bezeichnete Überwachen und Schützen des deutschen Luftraums. Das Identifizieren und Abfangen von Luftfahrzeugen, die ohne Berechtigung in den deutschen Luftraum einfliegen, gehört dazu. „Wir unterscheiden zwischen vier Alarmtypen“, erklärt der Pilot Major K. „Ein Alpha Scramble ist ein scharfer Einsatz, ein Sierra Scramble eine Überprüfung unserer Einsatzfähigkeit durch die NATO, ein Tango Scramble ein geschwaderinterner Übungsalarm und ein CPX Scramble eine Überprüfung der Arbeitsabläufe während der Alarmierung.“ „Unseren eigentlichen Auftrag erfahren wir in der Regel erst wenn wir in der Luft sind“, sagt der Major. Er fügt hinzu: „Vor dem Start bekommen wir nur die Scramble Instructions. Im Wesentlichen umfassen diese die Flugrichtung und -höhe, die wir nach dem Start einschlagen und erreichen sollen.“ Erfahrung als Voraussetzung Im Cockpit angekommen beginnt der Pilot nun mit den letzten Vorbereitungen vor dem Start, überprüft die Systeme und lässt die Triebwerke an. Die Abläufe sind Routine, wurden unzählige Male in der Ausbildung geübt. Bevor ein Pilot zum Dienst bei der QRA Alarmrotte zugelassen wird, muss er mindestens 100 Flugstunden mit dem Eurofighter absolviert haben sowie 100 Stunden im Flugsimulator. Zwölf Minuten nach der Alarmierung rollen die beiden Eurofighter, eingewiesen von Oberfeldwebel Piontek, zur Startbahn. Die Startfreigabe vom Tower kommt prompt. Die Triebwerke der beiden Maschinen heulen auf, dann rast die erste über den Asphalt, hebt nach etwa 700 Metern vom Boden ab. Kaum ist sie in der Luft setzt auch der zweite Eurofighter zum Start an. Personalien prüfen über den Wolken Major K. beschreibt einen möglichen Einsatz. „Nach dem Start erhalten wir vom Nationalen Lage- und Führungszentrum für Sicherheit im Luftraum unseren konkreten Auftrag, zum Beispiel die Überprüfung einer Passagiermaschine, zu der der Funkkon- takt abgebrochen ist. Beim Anflug auf die Maschine versuchen wir diese per Datenfunk zu erreichen. Bleibt das erfolglos, fliegen wir sie von hinten seitlich an, bis der Pilot uns im Sichtfeld hat. Dabei versuchen Köln wir, Sprechfunkkontakt mit ihm herzustellen. Der Wortlaut ist immer gleich: You have been intercepted by NATO QRA in German Airspace! If you read, contact me on VHF Guard 121.5 or rock your wings!” Das Video „Die Alarmrotte beim Taktischen Luftwaffengeschwader 74“ unter www.youtube. com/bundeswehr. TaktLwG 71 „Richthofen“ Wittmund Kassel Mehr als nur Technik Oberfeldwebel Milana Piontek ist Fluggerätmechanikerin Erfurt Dresden der Fachrichtung Instandhaltungstechnik. In Neuburg an der Donau wartet sie Eurofighter beim Taktischen Luftwaffengeschwader 74. Zwischen September und Dezember 2016 wird sie für das TaktLwG 74 „Verstärkte Air Neuburg/Donau Policing Baltikum“ mehrere Wochen auf dem estnischen Luftwaffenstützpunkt Ämari eingesetzt werden. Den Piloten den Rücken frei halten „Zu meinen Aufgaben gehört im Wesentlichen die Durchführung von Vor-, Zwischen- und Nachfluginspektionen inklusive der Fehleranalyse und der Behebung kleinerer Mängel“, beschreibt die 26-Jährige ihre Tätigkeit. „Genaugenommen sorgen meine Kameraden und ich dafür, dass die Piloten beim Eintreffen am Shelter über ein voll einsatzbereites, flugtaugliches und optimal auf ihren Einsatzauftrag vorbereitetes Luftfahrzeug verfügen können.“ Sie und ihr Team gehören in der technischen Gruppe des Geschwaders zum Wartungszug A der Wartungs- und Waffenstaffel. Unter anderem kontrollieren sie Ölstände, Reifenzustand und -luftdruck und stellen sicher, dass die Lufteinlässe der Triebwerke frei von Fremdkörpern und dass Tragflächen, Ruder und Klappen frei von BeschädigunReady for take-off: Die Piloten müssen alle Handgriffe und ihre Maschinen wie im Schlaf beherrschen, um die Eurofighter schnell in die Luft zu bekommen. gen sind. „Es gehört auch das Aufmunitionieren der 27 Milimeter Bordkanone des Eurofighters dazu“, erklärt die junge Frau weiter. „Auch Rüstarbeiten führen meine Kameraden und ich aus, wie zum Beispiel das Anbringen von Zusatztanks.“ Aus-, Fort- und Weiterbildung bis zur vollen Einsatzbereitschaft Bevor Piontek selbstständig bei der Bundeswehr ein Flugzeug warten durfte, gab es viel zu lernen. Direkt nach Ende ihrer schulischen Ausbildung trat sie im Oktober 2009 als Zeitsoldatin bei der Unteroffizierschule der Luftwaffe in Heide ihren Dienst an. Nach einer zweimonatigen Grundausbildung folgte dann die Versetzung zu ihrem Stammverband, dem Taktischen Luftwaffengeschwader 74 in Neuburg an der Donau. Im Anschluß absolvierte sie die Zivilberufliche Aus- und Weiterbildung (ZAW) zur Fluggerätmechanikerin der Fachrichtung Instandhaltungstechnik in Speyer/Germersheim. Damit war die Ausbildung noch nicht abgeschlossen. Es folgten der Basislehrgang Fliegerischer Dienst, ein Lehrgang in technischem Englisch, die Fachausbildung Technik Stufe 6 und 7 und das Führungstraining (FT), das die allgemeinmilitärische Laufbahnausbildung zum Feldwebel abschließt. Wieder zurück bei ihrem Stammverband kam die Professionalisierung auf den Eurofighter. Der Einsatz in Estland wird für Piontek der erste richtige Auslandseinsatz werden. Das Arbeiten im internationalen Umfeld reize sie. „Durch meinen Dienst als Fluggerätmechanikerin der Quick Reaction Alert Interceptor Alarmrotte, die das Taktische Luftwaffengeschwader 74 das ganze Jahr über stellt, fühle ich mich bereits gut auf den Einsatz vorbereitet. Ich freue mich schon darauf, das Land und die Kultur kennenzulernen. Das wird sicher eine interessante Erfahrung, an der ich wachsen kann“, sagt die Fluggerätemechanikerin. Schritt eins: Check der Bordelektronik. Schritt zwei: Aufmunitionieren der Bordkanone. Schritt drei: Einweisen des ausfahrenden Jets. Fotos: Bundeswehr/Carl Schulze (8), Grafik: Bundeswehr/Daniela Prochaska Von Carl Schulze (Text und Fotos) 8 aktuell BUNDESWEHR 15. August 2016 Ausbildung mit Meerblick Ideale Bedingungen an der Fachschule in Parow. Parow. Hoch im Nordosten Deutschlands liegt die Marinetechnikschule (MTS). Vom Mannschaftsdienstgrad bis zum Offizier – an der größten Schule der Marine werden fast alle technischen Berufe der Teilstreitkraft ausgebildet. Ob Grundausbildung, Fachausbildung oder spezielle Systemausbildung – an einem der ältesten Standorte der Marine herrschen ideale Bedingungen, um technische Berufsausbildung und Marinealltag zu kombinieren. Facharbeiter erlangen oder sich zum Meister oder Techniker ausbilden lassen. Bis zu 7000 Lehrgangsteilnehmer hat die zivilberufliche Ausbildungseinrichtung pro Jahr. Sie können zahlreiche Berufsbilder verfolgen: Elektroniker für Geräte und Systeme, Elektroniker für Automatisierungstechnik, IT-Systemelektroniker, Elektroniker für Betriebstechnik und Feinwerkmechaniker. Fotos: Bundeswehr/Nicole Kubsch (3) Von Nicole Kubsch (Text und Fotos) Eindrücke aus der Ausbildung Die Zivilberufliche Aus- und Weiterbildung (ZAW) fasst in einer komprimierten Ausbildungszeit von mitunter nicht einmal einem Jahr militärische Regeln und Normen sowie fachliche Fähig- und Fertigkeiten zusammen. Soldaten mit und ohne Berufsausbildung können einen Abschluss als Geselle oder Der 38-jährige Oberleutnant zur See Reiner Baier ist derzeit Ausbilder an der MTS. Er hat seine Ausbildung ebenfalls an der MTS absolviert. Praktische Erfahrungen sammelte er im Marinefliegerund im Schnellbootgeschwader. Als Offizier kehrte er als Ausbilder an die Technikschule zurück. „Die Vielseitigkeit der Ausbildung macht einfach Spaß. Wir kombinieren hier die Vermittlung der Kenntnisse und Fertigkeiten für die zivile Qualifikation und nutzen dabei auch die Ressourcen der maritimen Systemausbildung.“ Erste Ausweise ab Januar 2017 ungültig Frühjahrsputz in Altengrabow Zivil anerkannte Berufsausbildung An der Küste: An der Fachschule (u.) können Soldaten wie Maik Hamann (o.l.) die Ausbildung zum Elektroniker absolvieren. Ausbilder Reiner Baier (o.r.) kann hier individuell auf seine Schüler eingehen. Obermaat und Bootsmannanwärter Maik Hamann hat vor Kurzem die Ausbildung Elektroniker für Automatisierungstechnik begonnen. Nach kurzer Zeit als Freiwillig Wehrdienstleistender war dem 23-Jährigen klar, dass er bleiben wolle. Er bewarb sich für die Laufbahn der Unteroffiziere mit Portepee und eine Berufsaus- bildung. „Das Berufsfeld ist spannend. Es verbindet die Technik mit der Programmierung bis hin zum fertigen Produkt“, beschreibt er seine Ausbildungswahl. Darüber hinaus habe den Bootsmannanwärter das Kleingruppenkonzept überzeugt – die Ausbilder können so individuell auf die Auszubildenden eingehen. Am 20. August gibt es die Gelegenheit, sich persönlich von den Möglichkeiten der MTS zu überzeugen. Am Tag der offenen Tür erwartet die Besucher neben einem abwechslungsreichen Programm eine Ausbildungsmesse. Hier können alle technischen Berufe der Marine entdeckt und ausprobiert werden. Berlin. Mit der Einführung des neuen elektronischen Dienstund Truppenausweises (eDTA) verlieren nun die ersten alten Truppenausweise aus Papier ihre Gültigkeit. Zivilbeschäftigte und alle Soldaten ab dem Dienstgrad Oberstabsgefreiter müssen ihren Dienstausweis bis zum 1. Januar 2017 ersetzen. Das gilt seit vergangener Woche auch für die Dienstgradgruppen ab Leutnant. Ab dem 1. Juli 2017 wird für alle Soldaten nur noch der neue Truppenausweis akzeptiert. Die Vorteile des eDTA liegen in der robusten Verarbeitung als Chipkarte und in der deutlich verbesserten Sicherheit. Durch das Hologramm ist der Ausweis nahezu fälschungssicher. Zudem verbindet er die Funktionen von Ausweisdokument und PKIKarte. (hdl) Altengrabow. Es ist ein schwülwarmer Sommertag. Es herrscht Stille auf dem Truppenübungsplatz in Altengrabow, 50 Kilometer östlich von Magdeburg. Kein Knallen auf den Schießbahnen, kein Rattern von schweren Fahrzeugen auf der Panzerringstraße. Nur ein leichter Wind rauscht in den Ohren. Auf dem Gelände wird nicht geübt, dennoch wird hier jeden Tag intensiv gearbeitet. Mit großen Baggern und einer sogenannten Separationsanlage birgt und entsorgt eine zivile Firma Kampfmittel. Auf dem ältesten Truppenübungsplatz in Deutschland werden heute noch Munition und Munitionsteile aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg geborgen. In langen Bahnen durchpflügen die Arbeiter mit Großgeräten die Flächen. Bis zu zwei Meter tief graben sie dabei lagenweise ihre Baggerschaufel in den Boden, heben das Erdreich aus und schütten es in die Separationsanlage. Im nächsten Schritt durchsiebt eine Art Laufband das ausgegrabene Land. „Jeder noch so kleine Nagel wird dabei mit Magneten herausgefiltert“, erklärt Roland Gierke. Fotos: Bundeswehr/impress picture/Buddy Bartelsen (2) Foto: Bundeswehr/Harry Funk Kampfmittelräumer bergen Munition und Munitionsteile und vernichten sie zum Teil vor Ort. Altlasten: Ei- und Splitterhandgranaten (l.) werden durch zivile Kampfmittelräumer unschädlich gemacht. Der Blindgänger einer 40 Kilogramm schweren Artilleriegranate (r.) wird noch vor Ort vernichtet. Er ist ein Vertreter der Fachbauleitung und war früher selbst zwölf Jahre bei der Bundeswehr als Feuerwerker tätig. Ingo Petzold ist der Räumstellenleiter vor Ort. Er ist seit 1989 in der Kampfmittelräumung beschäftigt und sagt: „Man muss sich selbst disziplinieren und auf jede Kleinigkeit am Boden achtgeben. Daran erinnere ich mich jeden Tag neu.“ Für die Beseitigung von Kampfmitteln aus Übungen der Bundeswehr sind hingegen die Schießsicherheitssoldaten der Truppenübungsplatzkommandantur zuständig. Heute muss ein über 40 Kilogramm schwerer Blindgän- ger einer Panzerhaubitze vernichtet werden. Dazu bringt Oberfeldwebel Tony Jura Hildebrandt 500 Gramm des Sprengstoffs PETN (Pentaerythrityltetranitrat) direkt an dem Geschoss an. In der Vorschrift werden Geschosse, die nach dem Verschießen nicht explodieren, „Blindgänger“ genannt. Sie sind so unberechenbar und gefährlich, dass sie nicht geborgen und entsorgt, sondern direkt vor Ort gesprengt werden. Hierzu verwendet er eine sieben Meter lange Anzündschnur. Ab jetzt hat der Feuerwerker 14 Minuten Zeit, den Gefahrenbereich zu verlassen. Hildebrandt wirkt gelassen. Er ist routiniert. „Wer beim Spren- gen rennt, hat schon etwas falsch gemacht“, betont der Feuerwerker. Auf sein Kommando muss der Ort des Sprengens in einem Umkreis von mehr als einem Kilometer geräumt werden. „14 Minuten sind jetzt um!“, hallt der Warnruf von Oberleutnant Peter Blankenheim, Leitender des Sprengens, über die Heide. Alle schauen gespannt in dieselbe Richtung. Wenige Augenblicke später steigt eine große schwarze Rauchwolke auf. Sekunden zeitversetzt folgt dann der laute Knall. Der Blindgänger wurde erfolgreich vernichtet. Der Übungsplatz ist für die Truppe wieder ein Stück sicherer. (jar) 15. August 2016 ZOOM aktuell 9 t Der e o P e d n e g flie Luftwaffenpilot und Schriftsteller: Ein Porträt des außergewöhnlichen Jochen Missfeldt. AUS EINEM FLUG WIRD EIN FILM Trotz des durchwachsenen Echos auf die „Gesammelten Ängste“ werden die Medien auf den schreibenden Phantom-Piloten aufmerksam. Ein Film entsteht. Der NDR dreht 1976 „Überflug“ mit Jochen Missfeldt und seinem Waffensystemoffizier Charles, damals noch „Kampfbeobachter“ genannt, im Cockpit. Gezeigt wird der rund einstündige Flug von Leck nach Bremgarten zum damaligen Aufklärungsgeschwader 51 „Immelmann“. Filmsprecher Christoph Bantzer spricht Missfeldts Filmtext: „Über die Bundesrepublik fliegen von Norden nach Süden... An einem Tag im Februar... Im Husch der Phantom Sehenswürdigkeiten, deren jede allein einen Tag wert wäre. 60 Minuten Gegenwart durch den Zerrspiegel der Geschwindigkeit gesehen.“ Es ist ein eigenwilliges und eindrucksvolles Filmdokument, das 1977 im Fernsehen ausgestrahlt wird. Missfeldt hat an der damaligen Station seiner fliegerischen Laufbahn seine „Starfighter-Zeit“ schon hinter sich. In seinem Text „Eros Starfighter“ hat er eine kritische Neben der Fliegerei nimmt sich der Kampfjetpilot immer wieder Zeit zum Schreiben. Wer wissen will, wie sich ein Flug im Düsenjäger anfühlt, der sollte bei Jochen Missfeldt nachlesen. Er gibt den Empfindungen des Piloten eine Sprache, wenn er mit seinem Backseater im Cockpit sitzt: „Schalter und Knöpfe, die mir nicht vertraut sind, machen den Raum klein; je vertrauter die Dinge sind, umso größer wird er, und ich fühle mich im Cockpit gut aufgehoben... In meiner Atemmaske, fast an den Lippen, sitzt das kleine Mikrophon, im Helm stecken die Kopfhörer. Wir sprechen miteinander. Die Begrüßungsformel heißt: ‚Laut und klar?‘ Und Charles antwortet: ‚Laut und klar‘.“ In seinen „Erinnerungen ans Fliegen“ (FAZ-Magazin, 1985) schildert Missfeldt – selbst verheiratet und Vater dreier Töchter – wie er als Staffelkapitän den tödlichen Flugunfall zweier Kameraden erlebt und den Witwen gemeinsam mit dem Kommandeur die Todesnachricht überbringen muss. „Hofmann und Küchenthal waren eine Stunde vor uns gestartet... Irgendwo auf dem Rückweg, zwischen Bornholm und der übrigen dänischen Inselwelt, müssen beide einen oder zwei Augenblicke unaufmerksam gewesen sein, möglicherweise beide zur gleichen Zeit. Die Maschine schlug aufs Wasser, eine Wasserwolke kam hoch, dann schon Stille und umhertreibende Wrackteile... Gegen sechzehn Uhr zog ich meine Kombi aus und legte Blau und Schlips und Jacke an. Der Kommandeur war nämlich gekommen. Wir gingen beide in Blau zu den Ehefrauen... Zuerst zu Thérèse nach Lindholm... Da kommt sie mit ihrer kleinen Tochter im Arm unten durch die Haustür... Sie ist schwanger, sie blickt uns an. ‚Es ist was mit Thomas‘, sagt sie mit französischem Akzent.“ Jochen Missfeldts Reportagen aus den Achtziger- und Neunzigerjahren, die ursprünglich in der Zeitschrift GEO, den Magazinen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und in der „Süddeutschen Zeitung“ abgedruckt wurden, können im 2012 erschienenen Sammelband „Kommt Zeit, kommt Raum“ nachgelesen werden. Neben seinen Reportagen und Geschichten übers Fliegen hat Jochen Missfeldt Fotobände, Gedichte und Erzählungen, Romane sowie Biographien verfasst. Hier die wichtigsten: Foto: NeunundzwanzigSechs/Kurt Braatz Gesammelte Ängste“ – wer würde einen Kampfjetpiloten hinter einer Gedichtsammlung solchen Namens vermuten? Im Jahre 1975 veröffentlicht Jochen Missfeldt seinen ersten Lyrikband. „Nachtflug“ heißt eines seiner Gedichte: „Die Nibelungen verzögerten den Nachtflug. Die Hunnen erschwerten die Radarerfassung. Das Sterben der Staufer störte die Flugbahn.“ Zeilen wie diese lösen ein geteiltes Echo aus in Major Missfeldts Heimatverband der Luftwaffe, dem damaligen Aufklärungsgeschwader 52 im schleswig-holsteinischen Leck. Dort ist er Phantom-Pilot. Die einen frotzeln „Missfeldts Ergüsse“, die anderen sagen: „Find‘ ich gut.“ Missfeldts Vorgesetzter erwähnt immerhin in seiner Beurteilung beim Unterpunkt „Geistige Merkmale“: „M. hat einen Lyrikband veröffentlicht.“ Literarische Werke Solsbüll (Roman, 1989) Deckname Orpheus (Erzählungen, 1997) Gespiegelter Himmel: Titanvogeltage (Roman, 2001) Steilküste: Ein See- und Nachtstück (Roman, 2005) Mein Meeresgrund (Gedichte, 2010) Du graue Stadt am Meer. Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert (Biographie, 2014) Klaar Kimming: Eine fotografische Reise durch Norddeutschland in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts. (Fotografien von Max Broders, Fotoband, 2014) Wiedergänger. Eine andere Geschichte von Sylt (Erzählung, 2015) Fotos: privat (3) Von Jörg Fleischer DIE EMPFINDSAMKEIT DES PILOTEN Foto: Bundeswehr/Archiv Würdigung dieses für ihn „schönsten aller Flugzeuge“ verfasst. Missfeldt, der 1961 in die Bundeswehr eingetreten ist, zählt zu den Ersten, die in Arizona in den Vereinigten Staaten auf dem Starfighter ausgebildet werden. Er fliegt den umstrittenen und skandalumwitterten Kampfjet bis 1972 unfallfrei. Danach wechselt er auf die RF-4E Phantom. Hochleistung am Himmel: Der ehemalige StarfighterPilot Jochen Missfeldt im Cockpit (u.). Ab 1972 wechselte er auf die RF-4E Phantom (o. und o.r.). Immer dabei: seine Schreibmaschine (o.l.). 10 aktuell SPORT Fast alles Gold, was glänzt Die Sportsoldaten der Bundeswehr sorgen in der ersten Wettkampfwoche in Rio für Furore. Schlag auf Schlag zum Edelmetall Und die Frauen zogen wenige Minuten später nach. Stabsunteroffizier (FA) Julia Lier, Lisa Schmidla, Carina Bär und Annekatrin Thiele gelang ebenfalls der Coup im Doppelvierer vor den Niederlanden und Polen. Die vier hielten sich lange in Medaillenreichweite, während die Polinnen davonzogen. Nach der Hälfte des Rennens kämpften sie mit Fotos: Getty Images/AFP/Pascal Guyot Fotos: Bundeswehr/Jane Schmidt (2) Rio de Janeiro. Die Sportler der Bundeswehr kommen in Rio in Fahrt. Nachdem die ersten Wettkampftage sehr verhalten begannen, vergoldeten die Athleten die zweite Wochenhälfte geradezu. Dabei zeigte sich: Auf die Ruderer ist wieder einmal Verlass. Der Doppelvierer mit dem Stabsgefreiten Philipp Wende eröffnete am vergangenen Donnerstag den Siegesreigen. Sensationell gewann er das Finale am Lagoa Stadium vor Australien und Estland. Das deutsche Boot, dem auch Hans Gruhne, Lauritz Schoof und Karl Schulze angehören, ging auf den 2000 Metern früh in Führung und gab sie bis zum Schluss nicht mehr ab. Der Stolz über die überraschende Verteidigung des Olympiatitels von London war ihnen bei der Siegerehrung jedenfalls anzusehen. Fotos: Getty Images/AFP/Philippe Lopez Von Stefan Rentzsch, mit Fotografin Jane Schmidt in Rio vor Ort Erfolgreich: Mit dem deutschen Doppelvierer (u.) wird Philipp Wende Olympiasieger im Rudern. Die Ruderinnen um Julia Lier legen nur wenige Minuten später nach und gewinnen olympisches Gold (o.l.). Mit olympischem Rekord gewinnt Sportschützin Barbara Engleder den Dreistellungskampf über 50 Meter (r.m.). Mit der Pistole über 25 Meter gewinnt Sportschützin Monika Karsch Silber (r.o.). den Ukrainerinnen und den Niederländerinnen um Platz zwei. Doch im letzten Viertel drehte das Quartett noch mal richtig auf und holte die Polinnen in einem grandiosen Finish noch ein. „Wir sind cool geblieben, weil wir wussten, dass wir physisch so stark sind und es nach hinten raus halten können“, sagte Lier. Die vier Damen ließen sich von den zahlreichen deutschen Fans auf der vollen Tribüne feiern. Den goldenen Donnerstag perfekt machte Sportschützin Oberfeldwebel Barbara Engleder. Im Dreistellungskampf über 50 Meter setzte sie sich gegen die Chinesinnen Zhang Binbin und Du Li durch. Nach der Entscheidung ging sie auf die Knie und ließ ihren Emotionen freien Lauf. „Es ist unglaublich! Vor ein paar Tagen war ich mit dem Luftgewehr noch Vierte und ich dachte: ‚Ich hasse Rio’. Aber jetzt liebe ich es.“ Ihre 458,6 Ringe bedeuteten sogar olympischen Rekord. Reine Nervensache im Schießen Für die erste Medaille aus Sicht der Bundeswehr sorgte Sportschützin Hauptfeldwebel Monika Karsch bereits zwei Tage zuvor. Sie gewann Silber mit der Pistole über 25 Meter. Das Finale im Olympic Shooting Centre im Stadtteil Deodoro war an Dramatik kaum zu überbieten. Karsch lag gegen ihre griechische Konkurrentin Anna Korakaki schon 0:6 zurück. Sie machte den Rückstand jedoch wieder wett und erzwang damit einen letzten Durchgang, in dem sie knapp unterlag. Für die 33-Jährige war es der Höhepunkt ihrer langen Karriere. „Wahnsinn, unbeschreiblich! Es macht mich sehr stolz“, verkündete die Bayerin. Als Herausforderung empfand sie die psychische Komponente: „In der letzten Serie dachte ich: Wer jetzt gewinnt, ist Olympiasieger“, sagte Karsch und fügte an: „Solche Gedanken haben im Wettkampf natürlich nichts verloren. Ich denke, das war der Fehler.“ Dennoch fühle es sich für sie mehr wie gewonnenes Silber als verlorenes Gold an. Die Woche brachte jedoch auch einige ärgerliche vierte Plätze. Am meisten mit dem Ergebnis hadern dürfte Stabsunteroffizier (FA) Hannes Aigner. Der Slalomkanute wurde im Finale mit dem Einer-Kajak trotz starker Leistung vom Tschechen Jiri Prskavec um unglaubliche 0,03 Sekunden vom Treppchen verdrängt. Ebenfalls nur der Blechrang blieb den Synchronspringern Hauptfeldwebel Sascha Klein und Stabsunteroffizier (FA) Patrick Hausding vom Zehnmeterturm. „Ein extrem bitterer Moment“ Foto: Bundeswehr/Jane Schmidt Rio de Janeiro. Als die deutschen Vielseitigkeitsreiter am vergangenen Dienstag ihre Silbermedaille um die Brust gehängt bekommen und damit das erste Edelmetall für die Olympiamannschaft holen, macht Hauptfeldwebel Andreas Ostholt einen Ausritt. „Ich konnte mir die Zeremonie einfach nicht mit anschauen“, so der erste und einzige Reiter der Bundeswehr bei Olympia. Wenige Tage zuvor war er überraschend aus dem Team geflogen und durch die junge Julia Krajewski ersetzt worden. Die Teamleitung gab gesundheitliche Probleme mit Ostholts Wallach „So is et“ zur Begründung an, der zuvor ein Eisen verloren hatte und unrund lief. Foto: Bundeswehr/Hubert Kemper Sportsoldat und Reiter Andreas Ostholt ist die tragische Figur der ersten Olympiawoche. Unterstützt das Team: Trotz des bitteren Ausschlusses aus dem Vielseitigkeitsteam feuert Andreas Ostholt seine Teamkameraden an – sein Wallach „So is et“ (r.) habe gesundheitliche Probleme. Eine Ansicht, die der Warendorfer nicht teilte: „Aus meiner Sicht hatte das Pferd kein Problem. Ich konnte mit ihm hier in Rio ganz normal arbeiten“, beschwerte sich der Sportsoldat. Er berief sich zudem auf die offiziellen Wettkampftierärzte, die keine Bedenken gegen einen Start hatten. „Das ist ein extrem bitterer Moment für mich“, sagte Ost- holt. Ich habe jahrelang hart für diesen Traum gearbeitet.“ Dennoch zeigte der Athlet Größe und unterstützte das Team, wann immer es ihm möglich war. „Sie konnten ja nichts für die Ent- scheidung“, so sein Kommentar. Das Ergebnis sieht Ostholt überwiegend positiv. „Es wurde im Vorfeld natürlich erwartet, die Goldmedaille von London zu verteidigen. Die Mannschaft ist ja sehr stark. Aber wenn man sich den schlechten Tag im Geländereiten anschaut, ist es sensationell, dass das Team nach dem Springen letztlich noch Silber geholt hat“, schätzte er die Leistung seiner Teamkameraden ein. Ostholts Traum, bei Olympia auf das Pferd zu steigen, wird sich wohl nun nicht mehr erfüllen. „Ich werde es in meinem Alter nicht mehr schaffen“, bedauerte der 38-Jährige. Er will sich dafür nun umso mehr bei den wichtigen Turnieren im Spätsommer ins Zeug legen. (sr) 15. August 2016 SOZIALES / PERSONAL aktuell 11 Vom Soldaten zum Erzieher Ronny Rehse möchte traumatisierten Kindern helfen und absolviert eine Ausbildung zum Pädagogen. Hamburg. Nach zwölf Jahren fängt Ronny Rehse noch einmal ganz von vorne an. Von 2002 bis 2014 war er Soldat, zuletzt Kommandant auf dem Flugabwehrkanonenpanzer Gepard. Nun absolviert er eine Ausbildung zum Erzieher und möchte traumatisierten Kindern helfen. „Eigentlich bin ich gelernter Maurer, aber ich arbeite lieber mit Menschen statt mit Steinen“, sagt der 37-Jährige. Unterstützung erhält er dabei vom Berufsförderungsdienst der Bundeswehr. Ansprechpartner wenn es Probleme gibt Jugendhilfe zu leisten oder als Sozialarbeiter tätig zu sein, konnte Rehse sich schon immer gut vorstellen. „In der Grundausbildung habe ich viel mit jungen Menschen gearbeitet. Wenn es Probleme gab, war ich schon damals der Ansprechpartner“, erinnert er sich. So schlug ihm der Berater eine Ausbildung zum Erzieher vor. Die Bildungsangebote der Bundeswehrfachschulen ermöglichen Soldaten nach ihrer Bundeswehrzeit einen Wiedereinstieg in das zivile Arbeitsleben. Das Angebot reicht von der Mittleren Reife Foto: Bundeswehr/Irina Henrichs (2) Von Irina Henrichs (Text und Fotos) Langer Weg: Ronny Rehse schlägt nach zwölf Jahren Bundeswehr einen neuen Weg ein. über die Fachhochschulreife bis hin zu Vorbereitungskursen auf ein Studium, einem berufsbildenden Lehrgang oder einem Bewerbertraining. „Ich habe erst meinen Realschulabschluss nachgeholt und danach die Ausbildung zum Erzieher angefangen“, sagt Rehse. Zusätzlich zu den schulischen Lehrgängen bot ihm die Bundeswehrfachschule Hamburg den beruflichen Lehrgang zum staatlich anerkannten Erzieher an. Die Ausbildung dauert drei Jahre und kostet 1600 Euro pro Semester. Der Berufsförderungsdienst übernimmt diese Kosten. 35 Stunden pro Woche drücken die 20 Teilnehmer nun die Schulbank. Viele Auszubildende leben wie auf einem Campus direkt vor Ort in den Kasernenunterkünften. Während der Lehrzeit absolvieren die Schüler mehrere Praktika in Kindergärten, Heimen oder ähnlichen Einrichtungen. Rehse hat das Praktikum an der Mattisburg Hamburg, dem Zentrum für gewaltgeschädigte Kinder, am besten gefallen. Die Arbeit dort Bundeswehrfachschulen Voraussetzungen • Mindestens Hauptschulabschluss, vier Jahre Dienstzeit, Beratung durch Berufsförderungsdienst Anmeldung • Fachschulbogen beim Berufsförderungsdienst zehn Monate vor Ausbildungsbeginn ausfüllen und abschicken • Lehrgangsbeginn jährlich im Januar und Juni Bildungsangebot • Mittlere Reife, Fachschulreife, Fachhochschulreife • berufsqualifizierende Lehrgänge (beispielsweise Bürokauffrau/Bürokaufmann in Kassel oder Koblenz) • Auffrischungslehrgänge beispielsweise in den Fächern Deutsch, Englisch, Mathematik, Geschichte, Geografie, Physik, Chemie, Biologie • Studienkurse zum Beispiel Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik (MINT) oder Wirtschaft Standorte • Berlin, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Kassel, Koblenz, Köln, München, Naumburg, Würzburg Weitere Informationen finden Sie unter: http://www.bildungszentrum.bundeswehr.de habe ihn sehr beeindruckt. Oft sei er von den Schicksalen der Kinder entsetzt gewesen. „Bei vielen besteht der Verdacht, dass sie seelisch und körperlich misshandelt oder sexuell missbraucht wurden“, sagt der Ex-Soldat. Es sei erschreckend, wozu Menschen im Stande sein können. Die traurigen Erlebnisse der Kinder hätten ihn so berührt, dass er sich auch in seiner Freizeit an der Mattisburg engagiert. Eine Mischung aus Soldat und Pädagoge Die Ausbildung zum Pädagogen ist für den ehemaligen Soldaten noch etwas gewöhnungsbedürftig. „Da ich lange bei der Bundeswehr war, bin ich gewisse Ordnungen und Strukturen gewohnt.“ In der Pädagogik sei das anders. Da gäbe es kein Richtig und kein Falsch. „Daran musste ich mich gewöhnen. Aber ich mache Fortschritte“, erklärt Rehse. Disziplin, strukturiertes Denken und Zuverlässigkeit hat er bei der Bundeswehr gelernt. Diese Fähigkeiten werden ihm in seinem neuen Beruf von Nutzen sein. Nach erfolgreichem Abschluss möchte er zurück auf die Insel Rügen, seinen Heimatort. Dort will er traumatisierten Kindern und Jugendlichen helfen, wieder ein geordnetes Leben zu führen. Ironwoman: Mit eiserner Disziplin Das größte Talent von Stabsapotheker Jana Volland heißt Durchhaltevermögen. Was wäre Ihre berufliche Alternative? Fachapotheker für Klinische Pharmazie in einem Krankenhaus. Wie können Sie am besten entspannen? Nach einer langen Radtour auf dem Sofa. Foto: Bundeswehr/Kay Hoffmeister Blankenburg. Auf die Frage, was ihr am deutlichsten vom Ironman Military Division im Gedächtnis geblieben ist, antwortet Jana Volland: „Das Pusten und laute Stöhnen meiner Mitstreiter beim brutalen Anstieg eines Berges auf der Radstrecke. Der Steigungswinkel hat einfach alle an ihre Leistungsgrenze gebracht.“ Den Titel der Europameisterin ihrer Altersklasse im Ironman Military Division holte sich die 29-Jährige im vergangenen Jahr. Ein wenig Wehmut klingt in ihrer Stimme mit, als sie erzählt, dass sie in diesem Jahr ihren Titel nicht verteidigen konnte. „Die dienstlichen Verpflichtungen und die zu kurze Vorbereitungszeit seit meinem Dienstantritt im Mai im Versorgungs- und Instandsetzungszentrum in Blankenburg im Harz machten die Teilnahme unmöglich“, sagt Volland. Sechs bis acht Wochen hätte das intensive Vorbereitungstrai- ning gedauert. Der Ironman Military Division ist ein Wettkampf, der vom teilnehmenden Athleten alles fordert: 1,9 Kilometer Schwimmen, danach 90 Kilometer Radfahren inklusive 1500 Höhenmetern und zum Schluss die Laufdistanz eines Halbmarathons, 21,09 Kilometer. Wer eine derartige sportliche Herausforderung bestehen will, braucht einen eisernen Willen und viel Disziplin, um das harte Welches Talent möchten Sie besitzen? Geduld. Welche Eigenschaften schätzen Sie an einem anderen Menschen am meisten? Ehrlichkeit, Spontanität und Humor. Was können Sie überhaupt nicht leiden? Gegenwind und Berge beim Radfahren. Auf welchen Gegenstand könnten Sie in Ihrem täglichen Leben nicht mehr verzichten? Meinen Kaffeevollautomaten. Wozu können Sie nicht „Nein“ sagen? Zu Schokolade. Wo möchten Sie am liebsten leben? In einer Wohnung mit Dachterrasse hoch über den Dächern von Leipzig. Mit wem würden Sie gern einmal essen gehen? Mit dem Radprofi Marcel Kittel. 12 aktuell VERMISCHTES 15. August 2016 14 Kilogramm Außenbordkameraden In der Bundeswehr steht Fisch zweimal in der Woche auf dem Speiseplan. Besonders beliebt ist Seelachsfilet. Von Antje Laenen Foto: ddp images/Olena Mykhaylova Hamburg. Einmal in der Woche sollten wir Fisch essen, raten Ernährungsexperten. „Bei den Kameraden im Auslandseinsatz ist freitags Fischtag“, sagt Kai Hochhaus vom Verpflegungsamt der Bundeswehr. Ansonsten laute die Dienstvorschrift für den Speiseplan der Truppe: zweimal pro Woche Fisch. „Die Wochentage variieren“, so Hochhaus. In der Marine werden Fische scherzhaft als Außenbordkameraden bezeichnet. Monatlich verspeist die Truppe rund 30 Tonnen davon. Das sind 360 Tonnen Außenbordkameraden im Jahr. Mit acht Tonnen ist das Seelachsfilet Spitzenreiter. Auf den Plätzen dahinter tummeln sich Fischfrikadellen, Schollenfilet und Calamariringe. ITALIENISCHE FORELLE Fischwirte kümmern sich um die Aufzucht Über die Republik verteilt bietet sich ein ähnliches Bild: Rund 14 Kilogramm Fisch verspeist der Bürger hierzulande jährlich. Am beliebtesten sind Alaska-Seelachs, Hering, Thunfisch und Forelle. Sogenannte Fischwirte kümmern sich um die Zucht, den Fang und die Verarbeitung. Für die deutsche 016 32/2 ZUTATEN FÜR 4 PORTIONEN ZUBEREITUNG 700g Kartoffeln Salz, Pfeffer, Thymian, Rosmarin 4 küchenfertige Forellen (à 300g) 6 Knoblauchzehen 50g Pinienkerne 1 unbehandelte Zitrone Olivenöl Mehl Forellen waschen und abtupfen. Mit Zitrone, Salz, Pfeffer und Rosmarin innen und außen beträufeln und würzen. Die Forellen in Mehl wenden, abklopfen und im heißen Öl zirka zehn Minuten bei mittlerer Hitze braten. Die Forellen vor sichtig wenden. Nach acht Minuten Thymian, Knoblauch und Zitronenscheiben hinzufügen und mitbraten. Pinien kerne zufügen und goldbraun braten. Forellen mit Rosmarin kartoffeln und Salat servieren. Teichwirtschaft stellt die Forellenzucht mit einem Ertrag von rund 25 000 Tonnen pro Jahr den bedeutendsten Produktionszweig dar. Fisch zu essen ist mittlerweile ein kulinarischer Spagat zwischen gesundheitsfördernd und schwermetallbelastend. Wer regelmäßig Fisch esse, sei gefeit vor Krebs oder Herzinfarkt, da sind sich die vielen Gesundheitsratgeber einig. Dass Fisch für den Körper wertvolle Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D und Jod enthält, steht außer Frage. Doch mit der zunehmenden Wasserverschmutzung, Überfischung, Überzüchtung und Genmanipulation bekommt das Nahrungsmittel einen bitteren Beigeschmack. Wer im Supermarktregal den Inhaltsstoffen von verpacktem Fisch einen aufmerksamen Blick schenkt, entdeckt neben dem Offensichtlichen oft auch Wasser. Aus kommerziellen Interessen wird Fisch künstlich mit Wasser aufgespritzt, um das Gewicht und damit den Preis zu steigern. Der trendige Pangasius bekommt wasserbindende Zusatzstoffe sogar schon ins Futter gerührt, damit sein Fleisch schwerer wird. Hinzu kommt eine hohe Antibiotika-Belastung, beispielsweise bei Fischen aus Südostasien. Dort werden die Meerestiere oft zu Tausenden eingepfercht herangezüchtet und sind deswegen sehr krankheitsanfällig. Unbedenklich dagegen sei der Verzehr von Karpfen, Forellen und Heringen – da sind sich Umweltorganisationen einig. Alles reine Geschmackssache Während Pasta mit Lachs durchaus auch den klassischen Fisch-Abstinenzlern mundet, greifen wahre Fischliebhaber zur schwedischen Spezialität „Surströmming“. Dabei wird Hering im Frühjahr in Salzlake eingelegt und erst im August, nachdem er faul ist, in Konservendosen verpackt. Viele rümpfen allein beim Lesen die Nase, das schwedische Gourmetherz dagegen lacht. Der „Tag der Fische“ am 22. August soll übrigens auf bedrohte Fischarten aufmerksam machen. SUDOKU Vi el G Senden Sie die vier Lösungszahlen, lück die sich aus den farbigen Feldern ! ergeben, per E-Mail mit dem Betreff „Sudoku 32/2016” und Ihrer Postanschrift an: [email protected] Einsendeschluss: Sonntag dieser Woche Zu gewinnen: APC Mobile Power Bank 10 000 mAh Dieser externe Zusatzakku für Smartphones und Tablet-PCs bietet bis zu vier Ladevorgänge für unterwegs. Lösung 30/2016: 1 8 9 6 Gewonnen hat: Günter Lampen Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen. Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt. Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
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