Offene Ateliers 10. und 11. September 2016 KÜNSTLERFRAGEN Marianne Marbach Gibt es eine Frage, die Sie sich immer wieder stellen? Da stellt sich zu Beginn der Arbeit immer die Frage, welche Farben wohl gerade die passenden sein dürften. Eigentlich gibt es jedoch regelmäßig einen ganzen Fragenbogen. Das fängt mit der Frage ‚Welche Farbe?‘ an und endet mit „Ist das Bild fertig?‘. Dazwischen tauchen alte bekannte und neue Fragen auf, willkommene, frische, interessante, leider zuweilen auch garstige. Einige beantworte ich, andere lasse ich einfach stehen. Manche, nicht alle, beantwortet das Bild. Muss man klug sein, um Kunst zu machen? Klug sein beim Kunstmachen bedeutet für mich, mir beim Malen möglichst keine Gedanken über die Definition von Kunst zu machen und mich nicht an ihr zu messen. Offen bleiben zu können und ehrlich zu sein im Schaffen, das sind viel mehr die Qualitäten, die ich beim Malen brauche. Die Idee, anderen die Antwort auf die Frage zu überlassen, ob ich Kunst mache und die möglicherweise dazu nötige Klugheit besitze, klingt verführerisch. Worauf können Sie im Atelier auf keinen Fall verzichten? Ich habe einen Tritthocker in meinem Atelier. Der ist unverzichtbar. Nicht, weil ich mannshohe Bilder malen würde. Ich brauche ihn, um in aller Ruhe – zuweilen mit einem Becher Kaffee – dem Bild gegenüber zu sitzen und wieder mit ihm ins Gespräch zu kommen, wenn die Verbindung unterbrochen wurde. Das passiert halt hin und wieder. Dann braucht es liebevolle Fragen an das Bild. Manchmal aber will das Bild nur Zeit. Oder ein Stück Schokolade. Armin Metzger Wann kommen Ihnen die Ideen für Ihre Bilder und Skulpturen? Die besten Ideen kommen meist kurz vor dem Einschlafen, wenn sich die Realität mit den ersten Traumbildern mischt. Deshalb habe ich immer Stift und Papier neben meinem Bett liegen. Ich muss dann gleich skizzieren, sonst ist am nächsten Morgen alles vergessen. Zwei, drei Striche reichen, das geht auch im Dunkeln. Wenn ich den Einfall einmal zu Papier gebracht habe, kann ich mich später, selbst Jahre danach, genau daran erinnern. Und die Idee umsetzen. Britta Rodefeld Was denken Sie beim Anblick eines Schafes? Ich frage mich, um welche Schafrasse es sich handelt und ob die Wolle zum Filzen geeignet ist. Welche Farbe, Länge und Struktur haben die Fasern? Lässt sich die Wolle roh oder besser kardiert und gefärbt verarbeiten? Wann wird das Schaf geschoren, damit ich seine Wolle in ein Kunstwerk verwandeln kann? Kerstin Carbow Was bedeutet Kunst für Dich? Kunst ist für mich ein Anker, eine Insel, ein Ort der Ruhe und der Kraft. Kunst ist eine Erinnerung, wie es gemeint ist und wie es sein kann. Kunst ist für mich Heimat. Kann Kunst uns heute noch helfen? Kunst kann immer helfen, das Bewusstsein und die Sensibilität zu schärfen. Natürlich reicht das nicht. Trotzdem werde ich immer an die Kraft der Schönheit glauben. Warum taucht in Deinen Bildern häufig Schrift auf? Schrift ist sichtbar gemachtes Wort. Schrift ist Rhythmus, Struktur und Ordnung und spricht den Intellekt an. Farbe dagegen gibt die Stimmung wieder und spricht unsere Gefühle an. Farbe ist elementarer. Ulrike Taillebois Was möchtest du mit deinen Bildern erreichen? Ich würde mich freuen, wenn das Bild dem Betrachter etwas sagen würde, es zu ihm sprechen würde und er dadurch bereichert wäre. Vielleicht würde ihn das Bild auch an etwas erinnern, an einen Traum zum Beispiel, oder eine Frage in ihm wecken. Vielleicht ja auch den Wunsch, selber ein Bild zu malen? Wie sieht es in deinem Atelier aus? Wie in meinem Schlafzimmer- es ist nämlich derselbe Raum. Ich fand das sehr lange gar nicht toll, bis ich eine Stelle in einem Brief von Paula Modersohn-Becker an ihren Mann las, in der sie davon schwärmt, wie schön das ist, dass sie in ihrem Atelier auch schläft und morgens als erstes ihre Bilder von gestern sieht- da dachte ich: Na, so positiv kann man es also auch betrachten. Vieles ist ja eine Frage der inneren Haltung dazu. Was machst Du, wenn du in einem Bild nicht weiter kommst? Manchmal verzweifle ich völlig und komme über den schwierigen Punkt nicht hinaus. Das Schlimmste ist, sich zu ärgern, dann hat man verloren. Aber wenn ich es schaffe, mich mit Liebe, Offenheit und einer Portion Mut wieder dem Bild zuzuwenden, kann es noch gut werden. Manchmal sogar besser als ein Bild ohne Krise. Sabine Finck Warum malen Sie Stadtansichten und den Hafen? Ich bin in Hamburg geboren und liebe meine Heimatstadt. Hier habe ich ein gutes Lebensgefühl und eine unerschöpfliche Begeisterung für die Stadt lebt in mir. An Hamburg schätze ich das Element des Wassers. Dieser maritime Akzent gibt der Stadt eine sinnliche Komponente. Malen Sie en plein air? Nein, ich fertige vor Ort Fotos oder Skizzen an. Ich verwende Bildausschnitte und setze verschiedene Wahrzeichen Hamburgs mit Redewendungen in einen Kontext. Malen Sie fotorealistisch? Nein, ich greife in meinen Stadtansichten zwar den Aspekt der „Wiedererkennbarkeit“ auf, ich bilde sie aber nicht wirklichkeitsgetreu nach. Anke Nickol Was sind Muster? Geben sie Antworten? Muster sind überall, sie ordnen und strukturieren, halten fest, breiten sich aus oder lösen sich auf, sind banal und komplex. Sie stehen für Beispiel, Vorbild, Leitbild, Schablone oder Archetyp. Wir haben Denkund Verhaltensmuster. … ich träume, denke, entwerfe ... Muster! Carsten Friedrichsen Was motiviert Sie künstlerisch zu arbeiten? Viele Erfahrungen, Wahrnehmungen und auch Ideen gehen über das Denken hinaus, bzw. lassen sich nicht in „normale“ Begriffe fassen. So ist für mich „Kunst“ im besten Sinne visuelle Kommunikation. Wie finden Sie Ihre Themen? Die Auseinandersetzung mit den täglichen Anforderungen braucht ein Ventil, manchmal einen Gegenpol. Daraus ziehe ich meine persönlichen und auch gesellschaftlichen Themen. Ein amerikanischer Illustrator sagte einmal: „Drawing is a lonely bussiness“. Sind zeichnen und malen einsame Tätigkeiten? Für mich kann ich sagen, dass ich Zeit für mich benötige, um mich auf meine künstlerische Tätigkeit zu konzentrieren. Es ist beinahe so etwas wie Meditation. Und genau wie diese setzt die Arbeit an einem Bild eine zeitweise kreative Einsamkeit voraus. Stanislava Maryšková Haben Sie ein Lieblingselement? Sogar zwei: Feuer und Erde. Sie sind die Basis für meine Skulpturen. Die Erde hilft mir bei der Entwicklung der Form und das Feuer bei deren Aushärtung und der Oberflächengestaltung. Aber auch Wasser und Luft sind mit von der Partie. Wasser gibt dem Ton die Plastizität und ohne Luft gäbe es kein Feuer. Meine Kunst ist ein Dialog mit den Elementen. Ist die Kunst für Sie eher Arbeit oder Spaß? Wie bei jeder Aufgabe gibt es Tätigkeiten, die mit Freude verbunden sind, und welche, die einfach gemacht werden müssen. Die Freude beginnt für mich dort, wo sich der Kopf abschaltet und das Schaffen eine Eigendynamik entwickelt. Diesen Zustand kann ich beim Arbeiten mit Ton schneller als sonst erreichen. Verena Jacobs Warum reduziere ich mich auf Schwarz-Weiß-Zeichnungen? Ich mag die Kontraste von weiß und schwarz und die vielen Nuancen von Grauwerten. Es hat für mich nicht nur etwas Rätselhaftes und Unerklärbares, sondern dient auch der Abstraktion. Die schwarze Linie auf weißem Papier mit ihrer Eindeutigkeit, Klarheit und ihrer Prägnanz hat mich immer gereizt. Es ist eine Umsetzung des Gesehenen, das in der Natur so nicht wieder zu finden ist. Ich erfinde gerne etwas, und in der Natur ist alles farbig. Die Welt der Farbe übersetze ich in etwas Neues. Der Vorgang des Gestaltens und der Rezeption der Zeichnung spielt sich in einer geistigen Welt ab. Schwarz ist sehr stark, und man kann nicht einfach weggucken. Vielleicht ist es nicht immer angenehm, aber man muss hinsehen. Nina Batthy Warum machst du jetzt auch Objekte und nicht nur Schachteln und Alben? Alles nur…. aus Liebe zum Papier! Jürgen Golla Kann man alle Hölzer drechseln? Ja, besonders geeignet sind Harthölzer, wie z. B. Obsthölzer oder Ahorn. Wie dick muss ein Ast sein, damit ihn ein Drechsler verwenden kann und wie lang muss das Stück Holz mindestens sein, damit ein Drechsler irgend etwas kleines daraus machen kann? Für Stifte brauche ich nur kurze, dünne Hölzer. Dosen und Schalen werden aus größeren Stücken hergestellt. Woher nimmst du dein Holz? Viele Sachen bekomme ich von Freunden und Nachbarn, die Gärten haben. Manchmal finde ich schöne Hölzer im Wald. Uns schließlich kaufe ich bestimmte Sachen bei Holzhändlern. Womit machst du die Oberflächenbehandlung? In der Regel stelle ich weiche Oberflächen her. Dafür benutze ich verschiedene Öle. Stifte bekommen eine Oberfläche aus Lack und einen Wachsüberzug. Günter Pietsch Wie verläuft der Entstehungsprozess eines Bildes bei dir? Früher habe ich klassisch gearbeitet: Kohle-Vorzeichnung, Malerei. Heute fange ich meist spielerisch an: rechte Hand Lappen oder dicker Pinsel, linke Hand Zeichenmaterial, viel flüssige Farbe, malerische Ereignisse durch Zufallsspuren produzieren. Pause. In einer 2. Phase verstärke ich „interessante“ Stellen: einerseits versuche ich aufs Ganze zu achten, aus Teilen ein Organismus zu produzieren, zu komponieren. Andrerseits nutze ich meine Erfahrungen als Freilichtmaler und lasse gegenständliche Assoziationen und Erzählerisches zu. Wann ist ein Bild fertig? Eigentlich nie. „Alles fließt“, soll Heraklit gesagt haben. Geht man so vor, wie oben beschrieben, so entwickelt sich allmählich Schicht für Schicht ein ästhetisches Gebilde, das neben den Materialschichtungen auch aus imaginierten, empfundenen und gesehenen „Schichten“ zusammengesetzt ist. Und die Betrachter, mit oder ohne Erklärungshintergrund, legen weitere Schichten dazu. D.h., im Gegensatz zur abgeschlossenen Komposition, gibt es Bilder, bei denen der Maler das Entstehende offen hält, die Prozeßhaftigkeit zum Thema macht. Wann ist ein Bild gut, wie definierst du Qualität? Das ist ein weites Feld. Vielleicht überrascht es dich, wenn ich sage, ich beurteile ein Bild zunächst wie einen Menschen: ein Bild ist gut wenn es ehrlich, aufrichtig, echt und authentisch wirkt. Und es muß mich „anmachen“, Ausdruck haben, mich neugierig machen, es muß eine Seele haben, da es ja mit einem Betrachter kommunizieren soll. In diese Eigenschaften fließen aber gleichzeitig rein künstlerische Kriterien wie Geschlossenheit, Einheitlichkeit und Ganzheitlichkeit der Formen und Farben. Heinz Schrand Keine Frage. Er ist Künstler. Barbara Leuzinger Ebeling Wieviel Wärme braucht eine kalte Komposition um nicht frösteln zu machen? Es ist mir wichtig das Gleichgewicht zwischen „ Warm und Kalt „ herzustellen. Ulrike Mously Hätten Sie schon einmal ein Bild, das Sie gerahmt haben, gerne behalten? „Ja, sehr gerne! Und Bilder, die mir gut gefallen, behandle ich, als wären es meine eigenen. Sie bleiben ja eine Weile bei mir, ich kann sie immer wieder in Ruhe ansehen und brauche nichts dafür zu bezahlen - im Gegenteil: ich bekomme sogar noch etwas dafür...“ Marianne Grote Woher nehmen Sie Ihre Inspiration? Ich bin gern in der Natur, am liebsten am Meer. Dort fertige ich Bleistift- oder Aquarellskizzen an und fotografiere interessante Motive. Was machen Sie mit den Skizzen? Erst beginne ich, meine eigenen inneren Bilder zu malen, die ergänze ich manchmal mit Motiven und Elementen aus meinen Skizzenbüchern oder ich entferne mich malerisch von beidem und es entstehen sehr abstrakte Bilder. Was fasziniert Sie am meisten? Alles was meine Seele zum Klingen bringt und das sind meistens Augenblicke in der Natur. Manchmal sind es weite Landschaften, aufregende Strukturen oder interessante Farbklänge. Karsten Grote Wo soll denn so ein Bild hängen ? Ich male meine Bilder nicht damit sie zum rosa Sofa passen. Woher kommen Ihre Ideen ? Wer mit allen Sinnen durchs Leben geht und offen ist für das was da draußen passiert, braucht nur zuzugreifen. Was darf in Ihren im Atelier nicht fehlen ? Ich werde auditiv berührt. Insofern liebe ich Musik im Atelier, gern auch laut; aber auch das Rauschen der Blätter vor der Tür, die ein Gewitter ankündigen oder das Zwitschern der Meisen, die emsig ihren Job machen, berühren und inspirieren mich. Elfriede Liebenow Warum fotografieren Sie am liebsten Menschen? Fotografie ist mein Medium, um mich mit den Menschen auseinander zu setzen. Immer wenn ich Menschen fotografiere, versuche ich ein wenig von deren Seele im Bild einzufangen, um sie dann dem Betrachter von meiner Warte aus zu zeigen. Also ihn zu spiegeln, so wie ich ihn sehe. Wobei ich immer auf der Suche nach positiven Augenblicken bin, denn diese lohnen meiner Ansicht nach für die Ewigkeit bewahrt zu bleiben. Ich lasse mich lenken vom Blick, Haltung, Gestik, Mimik, aber auch vom Licht und dem Augenblick, um die Einzigartigkeit der Person zu unterstreichen. So bleibt es immer ein Abenteuer, bei jedem einzelnen Menschen, immer wieder von neuem. Kerstin Kretschmer Warum arbeitest Du momentan fast ausschließlich mit der Farbe Indigo? Vielleicht, weil ich in ihr so viele Antworten finde... Ich kann diese Farbe lange anschauen; sie tut mir gut, zeigt Präsenz ohne aufdringlich zu sein, und ermöglicht eine reiche Skala an Tonwerten von zartester Transparenz bis zu tiefer Dunkelheit. Ich verbinde diese Farbe mit dem lateinischen Ausdruck Serenitas , der bedeutet, dass heitere Gelassenheit aus tiefem Ernst entsteht. KÜNSTLERFRAGEN ohne Bilder Giancarlo Oriani Bei der Betrachtung Ihrer Bilder fällt auf, dass Sie oft unterschiedlich in der Ausführung sind, so dass man nicht annimmt, sie seien von demselben Maler. Wie kommt das? Das liegt daran, dass der Grundtenor meiner Malerei das Experimentieren ist. Das Experiment beeinflusst die Art und Weise, wie mein Bild entsteht, und die Vielfalt solcher Versuche wird letztendlich in dem fertigen Bild ersichtlich, wie z.B. wenn ich ein Bild mit Feuer bearbeitet habe oder noch extremer, wenn ich das fast fertige Bild in der Winterzeit ein halbes Jahr lang auf das Atelierdach den meteorologischen Einflüssen aussetze. Maike Sthamer Wieviel Handwerk verträgt die Malerei/ der Siebdruck? Siebdruck und Malerei vertragen eine Menge an Technik und diese ist für Jedermann erklärbar und erlernbar. Die Gedanken und der Charakter eines jeden Malers geben dem Bild dann die persönliche Sprache. Birgit Best Ich bekomme von Kindern immer eine schöne Frage gestellt: Warum hält das? Gemeint ist der Rohling, der beim Drehvorgang entsteht! Diese Frage zeugt für mich von Intelligenz, denn damit erfasst man den Kern der Keramik. Ton besteht aus allerfeinsten Teilchen, den Tonmineralen, 3-Schichtmineralen. Diese sind 6-eckig und plättchenförmig. Beim Drehen legen sie sich in Schichten und so entsteht der Scherben, die Gefäßwand. Wenn das nicht klappt, entstehen Risse, die ein sehr typisches Aussehen haben.
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