Handwerk

Handwerk
Stapelläufer. Bootbauer
Rolf Hächler (rechts)
und seine Söhne Luca
und Rico (links) tragen
das Boot über den
Schlossplatz Oberhofen
zum Thunerseeufer.
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Die Ruderboot­
bauer
Ein Holzruderboot ist etwas für See und Seele.
Die Bootbauer-Familie Hächler am Thunersee fertigt solche
hölzernen Schönheiten. Das ganz besondere Wasserwerk.
Text Marcel Huwyler Fotos Kurt Reichenbach
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E
Gut in Form. Die Holz­
furniere werden mit
Epoxidharz verleimt
und im Vakuumsack zusammen­gepresst. So
wird der Rumpf steif
und konserviert.
in Stapellauf mit sechs
Beinen. Da stemmen
drei Männer ein Ruderboot in die Luft und
tragen es – Kiel oben,
Köpfe drunter – über den Schlossplatz von Oberhofen BE zum
Ufer des Thunersees. Die Jungfernfahrt von «BE 380» schlägt keine
grossen Wellen, eine unscheinbare,
aber würdige Sache ist das. Die
drei Männer, Bootbauer Rolf Hächler, 59, und seine Söhne Rico, 33,
und Luca, 32, senken das Schiff ins
Wasser. 400 Stunden Arbeit haben
sie investiert, jetzt wird getestet,
gerudert. Ihr Handwerk, ihr Wasserwerk – ein Holzruderboot.
Vorlage. Rico
Hächler schraubt
den sogenannten
Korb zusammen,
die Positivform für
das spätere Boot.
DAHINPLÄTSCHERNDE MOMENTE
Der bernsteinfarbene Rumpf glänzt
so neu, dass man sich drin spiegelt,
die beiden Ruderblätter wurden
noch nie nass, und die Leine am
Bug ist noch steif, möwenweiss und
zu einem «Schnägg» gekringelt.
«BE 380» wurde erst vor wenigen
Tagen in der Werft der Hächler
Bootbau AG in Einigen BE fertig
gebaut. «Es ist immer ein besonderer
Moment, wenn man seine Arbeit
abschliesst und einwassert», sagt
Geschäftsinhaber Rolf Hächler.
Eine schöne Arbeit seis gewesen,
ein schönes Boot seis geworden:
«Es passiert nicht mehr oft, dass
wir den Auftrag erhalten, ein Holzruderboot zu bauen.» Das letzte
liess Hächler vor vier Jahren vom
Stapel. Und nun also «BE 380».
Es ist ein lauer Feierabend im Früh­
sommer, am Ufer thront Schloss
Oberhofen, die Berner Alpen leuchten in der tief liegenden Sonne.
Etwas Wolken, kaum Wind, das
Wasser mehr kräuselig denn wellig.
Ruhe und Harmonie. Perfekte
Bedingungen für diese Jungfernfahrt. Denn so ein Holzruderboot –
das ist etwas ganz Besonderes.
Nicht so athletisch wie ein Segelschiff, nicht so ungestüm wie
ein Motorboot, es hat weder das
­Mondäne einer Jacht noch das
Aufgeblasene eines Gummibötchens. Nein, so ein Holzruderboot
hat etwas Stoisches, Schlichtes,
Kraftvolles und drum Erhabenes;
ein Gefährt mit Charakter, grund­
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Ideales Holz. Furnier­
streifen aus Sipo (eine
Mahagoniholz-Art) ­werden
in drei Lagen auf den
«Korb» angebracht.
ehrlich, schnörkellos, ohne jedes
Chichi. Und: Wer es bewegen will,
muss zugreifen, rudern, sich in die
Riemen legen, da liegen Kurs und
Ziel im wahrsten Sinne des Wortes
in den Händen des Ruderers. Wer
so ein Boot steuert, hat Musse,
Zeit und schätzt dahinplätschernde
Momente; das schaukelnde Schiff
wiegt das Gemüt und glättet die
Wogen des Alltags. So ein Holz­
ruderboot ist für See und Seele.
DIE WERFT AM WEEKENDWEG
Die Hächler Bootbau AG hat ihren
Hauptsitz in Einigen BE am Westufer
des Thunersees. Auf der anderen
Seeseite, 2,8 Kilometer Luft- oder
besser Bootslinie entfernt, steht in
Oberhofen eine kleinere HächlerFiliale, die als Servicestelle genutzt
wird. In der Hauptwerft in Einigen
sind sechzehn Mitarbeiter beschäftigt, die allerlei Bootstypen warten,
reparieren und neu bauen. Schon
die Werftadresse verheisst Freizeit,
Sport, und Wochenend-Spass.
Weekendweg 17.
In der Eingangstür prangt ein Bullauge, der Empfangsbereich ist in
dunklem Holz gehalten, als stehe
man in einer Kabine unter Deck,
und ein Täfelchen mahnt: «Navi­ga­
tion ist … wenn man trotzdem
ankommt.» Der Spruch macht hier
durchaus Sinn, das Werftareal ist
gross: Holzlager, Werkstatt, Schlosserei, Malerei. Am spannendsten
ist die grosse Werfthalle selber. Hier
werden Schiffe repariert oder aufgefrischt. Eben wird die 9,40-MeterSegeljacht «Evita» klar Schiff gemacht, und gleich dahinter beugen
sich Bootbauer über ein kurliges
Holzlattenkonstrukt – unsere zukünftige «BE 380», noch im Rohbau. Es ist jetzt Mitte Winter, erst
in ein paar Monaten, 400 Arbeitsstunden später, wird das schwimmende Meisterwerk fertig sein.
Der Rumpf
des Bootes –
so dünn ,
so leicht
und
trotzdem
stark
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Auf Jungfernfahrt.
Werftbesitzer Rolf
Hächler beim TestRudern. Im Hintergrund das Schloss
Oberhofen BE.
Für die Fertigung eines Ruder­
bootes brauche es «Augenmass
und Sinn für Formen, alles ist
irgendwie rund und krumm», sagt
Hächler. Wie baut man ein Boot?
Die tradi­tionsreichste, schon im
Altertum angewandte Methode
heisst Klinkerbau. Dabei werden
massive Planken über einem Gerüst
zusammengenietet, überlappend
wie Dachziegel. Jede Planke quillt
später im Wasser leicht auf, dadurch drücken sie aneinander, und
das Boot wird dicht.
Hächler hat eine andere Methode:
Sein Holzruderboot ist «mit Epoxy
unter Vakuum formverleimt».
Klingt kompliziert, ist kompliziert.
lediglich 700 Franken. Sipo, in lange,
dünne Furnierstreifen geschnitten,
wird in drei Lagen, jede Schicht
quer diagonal zur anderen, über
den Korb gebogen, befestigt und
mit Epoxidharz verleimt. Dann der
Clou: Der Bootrohling kommt in
eine Art Plastikzelt und wird über
Nacht unter Vakuum gesetzt. Das
Epoxidharz wird so in jede Pore des
Sipo-Mahagonis gepresst, das Holz
wird konserviert, starr, kann weder
quellen, sich verziehen noch ver­
rotten. Lediglich 80 Kilo wiegt das
Boot, es ist 1,35 Meter breit und
3,80 lang. Daher auch die Typen­
bezeichnung: «Hächler 380». Kurz
vor dem Stapellauf wird Hächler
eine Fahrzeugnummer lösen und
Das Ruderboot. Schlicht und
unaufgeregt die Form. Und
darum so kraftvoll und erhaben
merken, das zufällig «BE 380»
noch frei ist. Und schon hat das
Boot seinen Namen.
DIE ERSTE «SCHUHSCHACHTEL»
Bubenträume. Rolf Hächler will
schon als Kind Boote bauen. In
­seiner Freizeit hilft er in einer Werft
in Spiez mit, erledigt Handlanger­
arbeiten. Mit dem so verdienten
Sackgeld baut sich der Neuntklässler sein erstes eigenes Schiff: «Eine
Segeljolle, kaum grösser als eine
Schuhschachtel.» Später macht
Hächler eine Lehre als Bootbauer.
Nach Weiterbildungsjahren in Werften überall in der Schweiz kehrt er
an den Thunersee zurück; seit 1987
führen er und seine Frau Vreni ihre
MIT «KORB» UND VAKUUM
Es beginnt mit dem «Korb». So wird
die Positivform genannt, welche
die Umrisse des Schiffsrumpfs hat.
Über diesen Kern (bestehend aus
zusammengeschraubten Holzlatten)
wird das Boot aufgebaut. Hächler
verwendet Sipo, Mahagoniholz,
­astfrei, fein gewachsen, verrottungsfest. Ideal für den Bootbau. Aber
exotische Hölzer sind teuer: Teak
etwa (damit wird der Innenboden
gefertigt) kostet der Quadrat­meter
10 000 Franken, für gleich viel einheimisches Fichtenholz zahlt man
80
Zum Vorwärtskommen. Die
Ruder sind
aus Fichte.
Als Deko­
ration dient
ein dünner
Mahagonistreifen.
400 Stunden Arbeit. Das
Holzruderboot ist fast
fertig. Nun gehts an die
Feinarbeiten – Schleifen,
Lackieren, Polieren.
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DAS LOCH IM BOOT
Es ist Frühjahr. Unser Ruderboot
nimmt Form an. Innenkiel, Aussenkiel sind am Rumpf. Bodenwrangen
als Querträger im Bodenbereich
montiert. Darauf kommt der Innenboden, geöltes Teakholz mit rutschfesten Gummifugen. Bugbank,
Ruderbank, Heckbank werden eingepasst. Da hats ja Löcher im Boot!
«Nur in der Bug- und der Ruderbank», beschwichtigt Hächler, «fürs
Trinkglas.» Kundenwünsche sind
Königswünsche.
Da noch ein Schliff, dort noch ein
Griff, der Rumpf wird lackiert und
bekommt diesen warmen Braunglanz von Melasse. 33 000 Franken
verlangt Hächler für sein Holz­ru­der­
boot. Er selber segelt lieber. Klar
kennt er sich auch auf dem Meer
aus, in Südfrankreich habe es tolle
Segelgebiete oder in der Karibik, vor
Antigua, «am Schluss ende ich aber
immer wieder hier – der Thunersee
ist einfach herrlich.» Hächler ist
gern auf, aber ungern im Wasser.
Baden sage ihm weniger zu: «Darum
baue ich ja Boote, damit ich nicht
schwimmen muss.»
DEN AUFTRAG IM SCHLEPPTAU
Die «BE 380» rudert sich prima.
Stapellauf und Jungfernfahrt
sind an diesem Sommerabend ein
voller Erfolg. Das Werk ist getan –
und kann nun ausgeliefert werden.
Hächler macht alles parat. Ein
Kunstwerk für sich sind die beiden
Ruder, einheimische Fichte, mit je
zwei feinen Mahagonistreifen als
Deko im Ruderblatt. Hächler verstaut die obligatorischen Schwimmwesten im Boot, dazu eine Notflagge (rot, 60 auf 60 Zentimeter)
und ein Nebelhörnchen, so will
es die Vorschrift. Dann bindet
er das Ruderboot an sein Motorschiff und tuckert los, die «BE 380»
im Schlepptau. Er bringt sie dem
Auftraggeber, der nahe dem Seeufer wohnt. Hächlers Lieferservice,
frei (Boots-)Haus. C
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®
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Rolf Hächler im
Motorschiff nimmt
das Holzruderboot
ins Schlepptau
und bringt es zum
Auftraggeber.
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dekorativ zu
einem «Schnägg»
drapiert, dazu
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Biomed AG, 8600 Dübendorf, www.biomed.ch © Biomed AG. All rights reserved.
eigene Werft. Die Söhne Rico und
Luca werden dereinst übernehmen.