Dr. Christian Heinichen EUROPÄISCHES UND DEUTSCHES KARTELLRECHT Lehrbeauftragter EUROPÄISCHES UND DEUTSCHES KARTELLRECHT Wiederholung und Vertiefung Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung Die Sunshine Post AG (SP AG) ist ein deutscher Briefdienstleister. Sie unterhält als einziges Unternehmen in Deutschland ein bundesweit flächendeckendes Netz für die Zustellung von Briefpost an den Endkunden. Auf dem - räumlich relevanten deutschen - Endkundenmarkt verfügen die SP AG und ihre Wettbewerber über folgende Marktanteile: Privatkundensegment Geschäftskundensegment Endkunden (gesamt) SP AG 75 % 55 % 73 % Citypost AG 20 % 35 % 21 % Südmail AG 3% 6% 3% Morgenpost AG 2% 4% 3% Aufgrund eines zunehmenden Wettbewerbsdrucks durch die Etablierung elektronischer Kommunikationswege (E-Mail) hat die SP AG folgende Maßnahmen ergriffen, um ihre Marktstellung zu erhalten oder auszubauen: 1. Die Wettbewerber der SP AG nutzen derzeit das Zustellnetz der SP AG. Sie sammeln die Briefe ihrer Kunden ein, frankieren und sortieren sie und liefern sie anschließend in ein Briefzentrum der SP AG ein. Die SP AG befördert diese Briefe - neben ihren eigenen Briefen - und verteilt sie an den Endkunden. Für diese Beförderungs- und Verteilleistung verlangt die SP AG von ihren Wettbewerbern ein sog. Teilleistungsentgelt. Dieses Teilleistungsentgelt ist so hoch bemessen, dass es in einer Vielzahl von Fällen über dem Endkundenpreis der SP AG liegt, d.h. dem Preis, den die SP AG von ihren Endkunden für die gesamte Briefdienstleistung verlangt. 2. Die SP AG gewährt ihren Geschäftskunden zudem Vergünstigungen in der Form von Rabatten. Diese Vergünstigungen räumt die SP AG ihren Geschäftskunden allerdings nur dann ein, wenn sie einen bestimmten hohen Prozentsatz (jeweils mehr als 90 %) ihres Bedarfs an Briefdienstleistungen bei der SP AG decken. Dies sei kartellrechtlich unbedenklich, meint die SP AG, da ihre -1- Dr. Christian Heinichen EUROPÄISCHES UND DEUTSCHES KARTELLRECHT Lehrbeauftragter Geschäftskunden infolge der gewährten Rabatte ja von der hohen Bezugsquote profitierten. Und schließlich seien es genau diese Endkunden, die das Kartellrecht schützen wolle. 3. Außerdem will die SP AG ihren Wettbewerbern auf dem Endkundenmarkt zukünftig den Zugang zum vorgelagerten Zustellnetz der SP AG vollständig verweigern. Da die Wettbewerber über kein eigenes Zustellnetz verfügen, werden sie ohne den Zugang zum Zustellnetz der SP AG nicht mehr in der Lage sein, Briefdienstleistungen auf dem Endkundenmarkt zu erbringen. Die SP AG meint, auch eine solche vollständige Zugangsverweigerung sei kartellrechtlich zulässig. Schließlich gehöre ihr das Zustellnetz und das Eigentum sei durch Art. 14 GG geschützt. Auch das Kartellrecht fordere von niemandem, so die SP AG, die eigene Konkurrenz zu fördern, indem man ihr durch den Zugang zum eigenen Zustellnetz überhaupt erst die Möglichkeit verschaffe, auf dem Endkundenmarkt konkurrierende Briefdienstleistungen zu erbringen. Bearbeitervermerk: Beurteilen Sie die kartellrechtliche Zulässigkeit der Maßnahmen der DP AG in einem umfassenden Rechtsgutachten - ggf. hilfsgutachtlich - ausschließlich am Maßstab der §§ 18 ff. GWB. (Regulierungsrechtliche Bestimmungen sind nicht zu prüfen.) -2-
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