Die neue BGHM

BGHM-Aktuell
Magazin für sicheres & gesundes Arbeiten
4 | 2016
Schwerpunkt
Heizungsbau
Rettungskette in Offshore-Windparks
Herausforderung für Mitgliedsbetriebe
EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser,
das neue Ausbildungsjahr hat begonnen und mit ihm ein neuer Lebensabschnitt
für die Auszubildenden: der Berufsalltag. Wir nutzen deshalb die Sommer-Ausgabe
unseres Magazins, um unser Kernanliegen in den Fokus zu rücken: Sicherheit im
Job – von Anfang an!
Gerade Auszubildende sind am Arbeitsplatz einem erhöhten Unfallrisiko ausgesetzt. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die Azubis im Rahmen des Kreativpreises von „Jugend will sich-er-leben“ durchgeführt haben. Sie zeigt auch: Wirksame
Präventionsarbeit muss auf die spezifischen Bedürfnisse junger Beschäftigter zugeschnitten sein. In unserem Webangebot bündeln wir daher die für Azubis besonders relevanten Themen (Webcode 1773). Immer wieder erreichen uns außerdem
Fragen zum gesetzlichen Unfallversicherungsschutz von Azubis und Praktikanten
– die wichtigsten davon beantworten wir in dieser Ausgabe.
Ein sicheres Arbeitsumfeld – dieses Ziel ist unser Programm. Dabei orientieren sich unsere Angebote stets an aktuellen Anforderungen, einige davon stellen wir Ihnen in diesem Heft vor: Aktionstage und Messeauftritte, ein Hüttensymposium und das handlungsorientierte Seminarprogramm der BGHM. Nutzen
Sie also unser Fachwissen und buchen Sie Ihre Seminare noch im Jahr 2016 –
ab September über das neue Extranet der BGHM. Dort erhalten Sie alle wichtigen
Informationen rund um die Seminare und eine automatische Mailinformation,
wenn zu ausgebuchten Terminen Plätze frei werden.
Ich wünsche Ihnen einen sicheren Arbeitsbeginn nach der Urlaubszeit – ob als Neueinsteiger oder routinierte Spezialisten: Nehmen Sie Ihre Arbeit sicher (wieder) auf!
Ihr
Dr. Albert Platz
Vorsitzender der Geschäftsführung
Impressum
Herausgeberin:
Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM)
Isaac-Fulda-Allee 18, 55124 Mainz
Verantwortlich:
Dr. Albert Platz, Vorsitzender der Geschäftsführung
Redaktion:
Christiane Most-Pfannebecker (Cmo),
verantwortlich i. S. d. NPresseG
Klaus Taubitz (Tbz), Redaktionsleitung
Milena Bähnisch (Mib), Stv. Redaktionsleitung
Thomas Dunz (Dun)
Peter Hackenberg (Hbg)
Kontakt zur Redaktion:
Telefon: 0511 8118-16882
E-Mail:[email protected]
2
BGHM-Aktuell 4|2016
Grafik:
Mathias Widmann
Titelfoto:
© nikkytok - Fotolia.com
Änderung Versanddaten:
E-Mail:[email protected]
Eine entgeltliche Veräußerung oder eine andere gewerbliche Nutzung bedarf der
schriftlichen Einwilligung der BGHM.
Hinweis: Bei allen Bezeichnungen, die auf Personen bezogen sind, meint die
gewählte Formulierung stets beide Geschlechter, auch wenn aus Gründen der
leichteren Lesbarkeit nur die männliche oder weibliche Form steht.
Kostenlose Hotlines der BGHM:
Allgemeine Fragen: 0800 9990080-0
Mitgliedschaft:0800 9990080-1
Arbeitsschutz:0800 9990080-2
Rehabilitation:0800 9990080-3
Druck:
pva, Druck und Medien-Dienstleistungen GmbH
Industriestraße 15, D-76829 Landau in der Pfalz
Für alle nicht gesondert gekennzeichneten Bilder und
Grafiken liegen die Urheberrechte bei der BGHM
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der
Redaktion wieder. Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Nachdruck
mit Quellenangabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos usw. wird keine Gewähr
übernommen und auch kein Honorar gezahlt. Für Informationen unter den Links,
die auf den in dieser Ausgabe vorgestellten Internetseiten aufgeführt werden,
übernimmt der Herausgeber keine Verantwortung.
ISSN 1612-5428
© Shutter81 - Fotolia.com
08
Sicheres & Gesundes Arbeiten
10 12 14 21 Herausforderung Rettungskette
Windkraft: zentrales Element der Energiewende. Kaum eine andere Form der Energiegewinnung hat in den vergangenen zehn Jahren so viel an
Bedeutung gewonnen. Allerdings stellt sie die Erzeuger auch vor neue Herausforderungen in Sachen
Notfallversorgung.
Schweißrauchabsaugung
Auf die Anschaffung folgt die Überzeugungsarbeit
Erfolgsfaktor im Arbeitsschutz
Handlungsorientierte Seminare der BGHM
Verhaltensorientierte Sicherheitsmodelle
Wir verhalten uns verhältnismäßig sicher, oder?
Menschengerechte Arbeitsgestaltung
Gefährdungsbeurteilung an der Schnittstelle
Mensch – Arbeitsmittel
22 30 Gezielte Prävention für junge Beschäftigte
Von Anfang an sicher arbeiten
© macrovector - Fotolia.com
16
Heizungsbau
Durch die technische Weiterentwicklung
haben sich Berufsbild und Aufgabenspektrum im
Heizungsbau in den vergangenen Jahren erheblich
verändert. Dies ist durchaus mit neuen Gefährdungen verbunden.
Sicheres Arbeiten in der Metallurgie
1. BGHM-Hüttensymposium
Leben & Leistung
06 24 Das neue BGHM-Extranet
Direkter Kontakt zur BGHM
Fragen und Antworten
Wann und wie sind Auszubildende bei
der BGHM versichert?
26 29 Reha-Management und betriebliche Eingliederung
Ein tiefer Fall mit gutem Ausgang
BK 1318: Berufskrankheiten durch Benzol
Was Sie wissen sollten!
© kelttt - Fotolia.com
31
Arbeit im Heimbüro
Immer häufiger wird die Arbeit nach Hause verlagert. Normalerweise gelten hier die gleichen
rechtlichen Grundlagen für den Versicherungsschutz wie im Betrieb. Doch es gibt auch kleine Unterschiede, beispielsweise wenn man sein Kind zum
Kindergarten bringt.
BGHM-Aktuell 4|2016
3
Meldungen
UV-Strahlung
© Coloures-pic - Fotolia.com
Aktuelle Studie der DGUV
veröffentlicht
Wer im Freien arbeitet, bekommt mehr Sonne und damit
krebserzeugende ultraviolette Strahlung ab als andere Beschäftigte. Im Rahmen eines Forschungsprojektes hat das
Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) detaillierte Belastungsdaten für verschiedene Tätigkeiten in Außenbereichen gesammelt und
Arbeitsschutzmanagement
ausgewertet. Das Ergebnis: Über die Sommermonate ist die
Belastung der betroffenen Berufsgruppen so verschieden
wie ihre Arbeit. Auch die BGHM unterstützt das Projekt, um
Am 28. September findet in Köln das DGUV Fachgespräch für ihre Berufsgruppen die entsprechenden Expositionswer„Arbeitsschutzmanagement – mit System sicher zum Erfolg“ te zu erhalten. Demnach ist die UV-Strahlenbelastung bei
Dach- und Fassadenbauern sowie Stahlbaumonteuren bestatt. Themen der Veranstaltung sind unter anderem:
sonders hoch. Schutzmaßnahmen sind deshalb besonders
• Mögliche Auswirkungen von Freihandelsabkommen auf
wichtig. Hierbei haben technische und organisatorische Löden Arbeitsschutz
sungen, wie die Verlagerung der Arbeit im Freien in Zeiten
• DIN ISO 45001
mit geringerer UV-Belastung oder Tätigkeiten in abgeschat• Return on Prevention
teten Bereichen, laut Arbeitsschutzgesetz Vorrang. Weitere
• Fremdfirmen-Management und Compliance
Informationen unter www.bghm.de/uv-strahlung.
• Synergie-Effekte durch ArbeitsschutzmanagementBGHM
Systeme
Einladung zum Fachgespräch
Die Veranstaltung richtet sich an Unternehmer und Führungskräfte mit Verantwortung für Sicherheit und Gesundheit. Sie bietet eine Plattform zum Erfahrungsaustausch mit
Vertretern der Unternehmen, der Unfallversicherungsträger,
der Verbände und der Politik. Veranstaltungsort ist das Maternushaus in der Kardinal-Frings-Str. 1 – 3. Die Teilnahme
ist kostenlos.
Natürliche UV-Belastungen der Metall- und Holzbranche
Extrapolierter Jahresexpositionswert in SED*
Anmeldungen bis spätestens 31. August 2016 unter:
www.dguv.de, Webcode d1052972
DGUV
* Standard-Erythem-Dosis – 1 SED reicht aus, um beim Hauttyp 1 (helle Haut, rötliches Haar)
Sonnenbrand auszulösen
Azubis der GKN Sinter Metals absolvieren Workshop in Bad Wilsnack
15 Auszubildende aus zwei deutschen Werken der GKN Sinter Metals haben im Frühjahr einen Workshop der BGHM absolviert. Die Themen reichten dabei von Sicherheitsschulungen nach Vorfällen über die Risikobewertung und Gefährdungsbeurteilung bis hin zur Arbeitsplatzergonomie und Lärmprävention. Aufgabe war es dabei unter anderem, anhand aktueller Fotos und Videos die
Risiken in beiden Werken zu erkennen, zu bewerten und Maßnahmen
auszuwählen, um die Gefährdungen
nach der Rückkehr zu beseitigen.
Zudem ging es um die Erkennung
und Meldung von Beinaheunfällen
sowie um den sicheren Umgang mit
Kranen. Sicheres Verhalten im Straßenverkehr sowie Informationen zu
den Auswirkungen von Alkohol und
Drogen ergänzten das Programm.
BGHM
4
BGHM-Aktuell 4|2016
© vege - Fotolia.com
Meldungen
Arbeitsschutz Aktuell 2016 in Hamburg
BGHM lädt zum Thementag
Vom 11. bis zum 13. Oktober 2016 öffnet das Präventionsfo- Praxishilfen der BGHM zu informieren. Der diesjährige
rum „Arbeitsschutz Aktuell“ auf der Hamburg Messe seine Schwerpunkt liegt auf dem Thema Kommunikation. FachPforten: Zum einen präsentiert eine Fachmesse Produkte leute zeigen, wie Interaktion und Motivation beim Thema
und Dienstleistungen zur persönlichen Arbeitssicherheit, Arbeitsschutz im Betriebsalltag erfolgreich gelingen. An die
Sicherheit im Betrieb und Corporate Health. Parallel bietet Veranstaltung schließt sich ein Besuch des BGHM-Messeein Kongress Gelegenheit zum Wissens- und Erfahrungsaus- standes an.
BGHM
tausch. Die BGHM trägt zum Kongressprogramm bei und ist
auf der Messe am DGUV-Gemeinschaftsstand in Halle B5
Weitere Informationen
vertreten, der die vielfältigen Angebote der gesetzlichen Unfallversicherung vorstellt.
www.arbeitsschutz-aktuell.de
Begleitend findet ein BGHM-Thementag statt. SicherAnmeldungen ab Mitte August unter
heitsexperten aus den Betrieben sind eingeladen, sich am
www.bghm.de, Webcode 834
12. Oktober 2016 über aktuelle Arbeitsschutzthemen sowie
BGHM-Messekalender September/Oktober2016
Erweitertes Online-Angebot
Wieder verfügbare Medien:
• DGUV Information 203-002: Elektrofachkräfte
• DGUV Information 203-071: Wiederkehrende Prüfungen
ortsveränderlicher elektrischer Arbeitsmittel –
Organisation durch den Unternehmer
• DGUV Information 208-016: Handlungsanleitung für den
Umgang mit Leitern und Tritten
• DGUV Regel 113-004: Behälter, Silos und enge Räume;
Teil 1: Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen
• BG 10.6.1.2: Flyer Gesund im Handwerk
• BG 10.6.1.3: Flyer Störungsfreier Betrieb
• BG 10.6.7: Flyer Handschutz
• BG 10.6.28: Flyer Arbeitsmedizinische Vorsorge in
Klein- und Mittelunternehmen (KMU)
• BG 30.2.2: Kunststoffaufkleber - Sicherheitsbeauftragter
© Pavel Losevsky - Fotolia.com
Medien der BGHM
Nordbau
7. - 11. September, Neumünster
Automechanika
13. - 17. September, Frankfurt
Rehacare International
28. September - 1. Oktober,
Düsseldorf
Arbeitsschutz Aktuell
11. - 13. Oktober, Hamburg
Euroblech
25. - 29. Oktober, Hannover
BGHM-Aktuell 4|2016
5
Leben & Leistung
Das neue BGHM-Extranet
Direkter Kontakt zur BGHM
Seminare buchen, Unfälle melden, Belastungslisten prüfen und Lohnnachweise sicher einreichen – kein Problem mit dem neuen Extranet der
BGHM. Es ermöglicht Mitgliedsunternehmen, zahlreiche Tätigkeiten rund
um das Thema Arbeitsschutz schnell und einfach in den Arbeitsalltag zu
integrieren.
D
as Extranet ist ein geschützter Online-Bereich, über
den Mitgliedsunternehmen direkt und papierlos mit
der BGHM kommunizieren können. Datensicherheit
und Datenschutz haben dabei oberste Priorität: Alle Angaben
werden verschlüsselt an die BGHM übertragen.
Ab dem 1. September 2016 erhält das BGHM-Extranet ein
neues Gesicht und bietet eine erweiterte Palette an Funktionen, die in Zukunft schrittweise um hilfreiche Angebote ergänzt werden. Praktisch: Für diesen Service ist keine
weitere Software erforderlich. Jedes Mitgliedsunternehmen
verfügt über eine eigene Benutzerkennung und kann passwortgeschützt auf das Extranet zugreifen. Sicherheit spielt
in allen Bereichen eine zentrale Rolle: Nicht nur bei Servern
und Technik, sondern auch beim Betrieb und bei den Neuerungen des Extranets. Auch die Entwicklung aller künftigen
Funktionen erfolgt nach dem Trustworthy Computing Software Development Lifecycle (SDL – Entwicklungszyklus für
vertrauenswürdigen Computereinsatz).
Zugang ab September
Die BGHM hat die Verantwortlichen der Mitgliedsunternehmen im Juli schriftlich über die Änderungen im Extranet informiert. Außerdem erhielten sie ihre Benutzerkennung und konnten ein Passwort für ihren persönlichen,
registrierten Extranet-Zugang beantragen (Hauptkonto des
6
BGHM-Aktuell 4|2016
Unternehmens). Mitgliedsbetriebe, die noch kein Passwort angefordert haben, können sich auf www.bghm.de
(Webcode 21) über die Möglichkeiten zu ihrem Zugang informieren. Wichtig: Auch Mitgliedsunternehmen, die früher
bereits das Extranet der BGHM genutzt haben, benötigen ein
neues Passwort, da die bisherigen Benutzerkennungen zum
31. August 2016 ungültig werden.
Außerdem besteht die Möglichkeit, dass die Unternehmensverantwortlichen weiteren ausgewählten Personen
Zugang zu ihrem Extranet-Bereich gewähren, indem sie
passwortgeschützte Unterkonten einrichten. In ihrem
Hauptkonto können die Unternehmer jederzeit einsehen,
welche Berechtigungen sie vergeben haben und diese bearbeiten. So können sie zum Beispiel ihrem Steuerberatung
passwortgeschützt Zugriff auf ihre Lohnnachweisdaten und
ihrer Sicherheitsfachkraft Zugang zu den Unfallanzeigen ermöglichen. Nur ein von den Verantwortlichen selbst festgelegter Personenkreis kann das Extranet nutzen und gezielt
auf die benötigten Unterlagen zugreifen.
BGHM/Mib
Weitere Informationen
www.bghm.de, Webcode 21
© Jakub Jirsak - Fotolia.com
Leben & Leistung
Seminare buchen
Die BGHM bietet ihren Mitgliedsunternehmen ein umfangreiches Seminarprogramm und fördert damit deren
betriebliche Handlungsfähigkeit im Arbeitsschutz. Im Extranet finden die Verantwortlichen der Betriebe stets
die Seminartermine für die nächsten sechs Monate. Registrierte Extranet-Nutzer können sich über die Seminare
informieren und diese sofort buchen.
Bitte beachten: Seminarbuchungen sind ab dem 1. September 2016 ausschließlich mit einem registrierten Extranet-Zugang möglich. Der Gastzugang steht nicht mehr zur Verfügung. Der Vorteil dabei: Die Daten müssen nicht
bei jeder Buchung neu eingegeben werden. Neue Funktionen wie die Stornierungsmöglichkeit und eine automatische Mailinformation, wenn Seminarplätze frei werden, runden das Angebot ab.
Lohnnachweis einreichen
Die schnellste und sicherste Möglichkeit der Übermittlung des gesetzlich geforderten Lohnnachweises besteht
über das Extranet: Mitgliedsunternehmen haben die Möglichkeit, das Formular online auszufüllen und Zwischenstände abzuspeichern. Ein virtueller „Assistent“ unterstützt bei der Eingabe. Der Versand per Post entfällt.
Unfallmeldung erstatten und einsehen
Unfallanzeigen online ausfüllen und erstatten, Zwischenstände abspeichern, Übersichten anzeigen – kein Problem mit dem automatischen Hilfeassistenten: Plausibilitäten erleichtern das Ausfüllen und ersparen zeitraubendes Nachfragen.
Belastungsliste abrufen und prüfen
Welche Unfälle wurden dem Unternehmen zugeordnet und werden in der nächsten Beitragsberechnung berücksichtigt? Dies können die Zugangsberechtigten ganz einfach online und tagesaktuell prüfen. Praktisch: Auch Einwände können sie direkt online erheben und deren Bearbeitungsstand einsehen, ein zusätzlicher Schriftwechsel
entfällt.
Kontinuierliche Erweiterung
Das neue Extranet ist ein zusätzlicher Weg zur direkten Kommunikation mit der BGHM. Darüber hinaus werden
erweiterte Funktionen zur Unterstützung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes entwickelt und bereitgestellt.
BGHM-Aktuell 4|2016
7
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Offshore-Windparks
Herausforderung Rettungskette
Windkraft: zentrales Element der Energiewende. Kaum eine andere Form
der Energiegewinnung hat in den vergangenen zehn Jahren so viel an
Bedeutung gewonnen. Allerdings stellt sie die Erzeuger auch vor neue
Herausforderungen in Sachen Notfallversorgung.
D
dung von WEA beschäftigt. Nach aktuellen Schätzungen
werden hier künftig mehr als 1.000 Beschäftigte – unter anderem aus Mitgliedsbetrieben der BGHM – ständig zu Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten im Einsatz sein. Somit
stellt dieser Wirtschaftszweig Hersteller und Betreiber bei
der Planung, Errichtung und dem Betrieb von OWP auch vor
besondere Herausforderungen in Sachen Sicherheits- und
Schutzkonzepte. Diese umfassen die extremen Witterungsbedingungen wie hohe Windgeschwindigkeiten, starken
Wellengang, salzhaltige Luft und UV-Strahlung. Aber auch
erhebliche körperliche Anstrengungen, Tätigkeiten in gro-
© Shutter81 - Fotolia.com
a der Wind auf See deutlich stärker und stetiger weht
als an Land, ist der Energieertrag dort auch bedeutend
höher. Dementsprechend sehen Pläne der Bundesregierung einen umfangreichen Ausbau von Offshore-Windenergieanlagen (OWEA) vor den Küsten der Nord- und Ostsee
bis zum Jahr 2030 vor.
Die meiste Windenergie wird außerhalb der Zwölf-Seemeilenzone auf dem Festlandsockel der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) gewonnen. Die küstenferne Lage ergibt
sich aus den besonderen Bedingungen der deutschen Nordseeküste. Nur jenseits des Deutschen Wattenmeeres und ab-
seits der küstennahen Schifffahrtswege erhalten OffshoreWindparks (OWP) eine Baugenehmigung. So entstehen in
bis zu 125 Kilometern Entfernung zur Küste bei Meerestiefen
von bis zu 40 Metern Bauwerke in Form von Wind-EnergieAnlagen (WEA) und Umspannplattformen. Diese ungewohnten Dimensionen sind weltweit einmalig.
Derzeit sind etwa 5.600 Menschen vor der deutschen Küste mit der Errichtung und Wartung sowie der Netzanbin8
BGHM-Aktuell 4|2016
ßen Höhen, räumliche Enge, Exposition gegenüber Hitze,
Kälte und Nässe sowie der Schichtdienst gehören dazu.
Eine besondere Bedeutung kommt jedoch der medizinischen Notfallversorgung sowie der Ausgestaltung der
Rettungskette mit ihren Maßnahmen der Ersten Hilfe und
Evakuierung der Beschäftigten zu. Verglichen mit der Rettung an Land sind Offshore-Noteinsätze durch die großen
Entfernungen zum Festland sowie die Weitläufigkeit und Zu-
Sicheres & Gesundes Arbeiten
gangsbedingungen der OWP erschwert. So können – je nach
Witterungsbedingungen – bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes sogar mehr als 90 Minuten vergehen. Deshalb ist
es wichtig, diesen langen „therapiefreien Zeitraum“ vor Ort
durch spezifische Rahmenbedingungen mit personellen,
materiellen und organisatorischen Erste-Hilfe-Maßnahmen
zu überbrücken. Der Fachbereich Erste Hilfe der Deutschen
Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) hält dafür eine
Empfehlung bereit: Die Informationsschrift „Erste Hilfe in
Offshore-Windparks“ unterstützt alle Verantwortlichen im
Arbeitsschutz bei der erforderlichen Planung und Umsetzung unter den besonderen Bedingungen.
len und Synergien zu schaffen. Abgedeckt sind damit vier
OWP in einer Entfernung zwischen 15 und 95 Kilometern zur
Insel Borkum.
Einsatzort muss schnell erreichbar sein
Außerdem verpflichtet das Arbeitsschutzgesetz die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dazu, Verbindungen zu außerbetrieblichen Stellen einzurichten. Dies gilt besonders
für die Erste Hilfe, die medizinische Notversorgung, die
Bergung sowie die Brandbekämpfung. Im Notfall muss der
Einsatzort schnell zu erreichen und zu betreten sein. Ergänzend haben Unternehmerinnen und Unternehmer nach der
DGUV Vorschrift 1 für einen sachgerechten Transport unter
Einbindung des öffentlichen Rettungsdienstes zu sorgen.
Hochwertige Rettungsstrukturen
Kommt es hier zu einem Notfall, informieren die WindparkBetriebswarten die eigens dafür eingerichtete Rettungsleitstelle in Berne bei Bremen. Diese wird rund um die Uhr
an sieben Tagen pro Woche durch die Johanniter-UnfallHilfe betrieben und koordiniert die umgehende medizinische Erstversorgung, den anschließenden Weitertransport
der Versicherten an Land sowie deren Aufnahme in ein
Krankenhaus. Um die geforderten Rettungsdienstleistungen bereitstellen zu können, kooperiert die Leitstelle mit
Northern HeliCopter aus Emden und – für die notärztliche
Leitung – mit dem Klinikum Oldenburg. Die medizinische
Ausstattung der Offshore-Helikopter ist auf dem neuesten
Stand der Technik und vergleichbar mit der von Rettungswagen an Land. Besetzt sind sie mit zwei Piloten, einem
Windenführer, einem zum Höhenretter ausgebildeten Rettungsassistenten sowie einem Notarzt. Somit ist auch die
Rettung von Verletzten an schwer zugänglichen WEA mit
anschließender notfallmedizinischer Intensiv-Versorgung
Der aber ist Sache der Länder und erstreckt sich nicht auf
die AWZ und somit auch nicht auf den Offshore-Bereich.
Deshalb muss eine gesonderte Abstimmung mit Rettungsorganisationen und Krankenhäusern erfolgen. Für diesen Fall
haben sich erstmals vier Betreiber der inzwischen neunzehn
OWP zusammengeschlossen und ein einheitliches Rettungskonzept entwickelt. Ziel des Ganzen war es, eine qualitativ
hochwertige Notfallversorgung aus einer Hand sicherzustel-
gewährleistet. Je nach Schadenslage und Witterungsverhältnissen kann zusätzlich auf die Seenotleitung Bremen sowie
das Havariekommando mit Sitz in Cuxhaven zurückgegriffen werden. Derartig hochwertige Rettungsstrukturen sind
künftig weiterzuentwickeln und zu etablieren, damit den
direkt in den OWP arbeitenden Menschen eine angemessene
medizinische Notfallversorgung ermöglicht werden kann.
Stefan Hennings, BGHM
BGHM-Aktuell 4|2016
9
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Schweißrauchabsaugung
Auf die Anschaffung folgt
die Überzeugungsarbeit
Das Lichtbogenschweißen ist aus dem Stahl- und Metallbau
nicht mehr wegzudenken. Allerdings entstehen beim Schweißen
gesundheitsgefährdende Rauche.
S
chweißrauche bestehen aus Partikeln unterschiedlicher Größe und werden beim Schweißvorgang aus
dem Grundwerkstoff und der Elektrode gebildet. Beim
Schweißen von Baustahl entstehende Rauche belasten die
Atmungsorgane durch ihre Menge. Beim Schweißen verzinkter oder hochlegierter Stähle kommt eine toxische oder sogar
krebserzeugende Wirkung hinzu. Deshalb ist die Exposition der Schweißfachkraft gegenüber Schweißrauchen gering
10
BGHM-Aktuell 4|2016
zu halten. Die erforderlichen Schutzmaßnahmen sind in der
TRGS 528 „Schweißtechnische Arbeiten“ beschrieben.
Lüftungstechnische Maßnahmen verringern die Gefährdung der Schweißfachkraft. Fremdbelüftete Helme sind
aber nur dann zulässig, wenn eine Absaugung im Entstehungsbereich nicht möglich oder nicht zweckmäßig ist, z. B.
bei nicht ortsgebundenen Verfahren. Ist die Notwendigkeit
einer Lüftungsanlage im Betrieb erkannt worden, kommt
© wi6995 - Fotolia.com
Sicheres & Gesundes Arbeiten
es auf die Auswahl der richtigen Anlage an. Mitunter werden große Erwartungen in Anlagen gesetzt, die die Luft der
kompletten Halle absaugen. Solche Systeme sind nicht notwendig und verändern die Exposition der Schweißfachkraft
nur unwesentlich. Eine Absaugung im Atembereich der
Schweißfachkraft bleibt weiterhin erforderlich. Außerdem
wird für die Umwälzung der Luft viel Energie benötigt. Für
Verantwortliche, die die Installation einer lüftungstechnischen Anlage planen, stehen mit der DGUV Information 209077 „Schweißrauche – geeignete Lüftungsmaßnahmen“ und
mit der DGUV Information 209-078 „Absauganlagen einkaufen – aber richtig“ praktische Ratgeber zur Verfügung.
Absaugung richtig benutzen
In den meisten Fällen ist die Erfassung der Schweißrauche
an der Entstehungsstelle die beste Lösung. Auf diesem Weg
lassen sie sich mit geringem Energieaufwand aus dem Atembereich entfernen. Allerdings muss das Saugrohr stets wirkungsvoll positioniert werden. Nimmt die Schweißfachkraft
eine neue Position ein, ist das Saugrohr nachzuführen. Mitunter unterschätzen Schweißfachkräfte die Auswirkungen
der ständigen Inhalation von Schweißrauchen und führen
das Erfassungselement überhaupt nicht nach. Dann geht
die Investition des Betriebes, die die Gesunderhaltung der
Beschäftigten zum Ziel hat, ins Leere.
Wie bringen also Vorgesetzte die Schweißfachkräfte dazu,
die Absaugung richtig zu benutzen? Es ist wichtig zu wissen, dass eine Schweißfachkraft sehr viel üben musste, um
zuverlässig gute Schweißnähte herzustellen. Das Üben fördert automatisierte Bewegungsabläufe. Das Nachführen des
Erfassungselements ist ein neuer, störender Handgriff, der
in den gewohnten Ablauf integriert werden muss. Zunächst
muss die Schweißfachkraft erfahren, wie sehr die richtige
Handhabung der Absaugung die Gesundheitsgefährdung
reduziert. Mitunter ist dazu die Anwendung der PIMEXMethode hilfreich. Diese kombiniert eine Video-Aufnahme
mit der Anzeige der Konzentration der Schweißrauche in
Echtzeit. Dazu wird im Atembereich einer Schweißfachkraft
eine Mess-Sonde angebracht, deren Messwerte unmittelbar
auf einem Laptop angezeigt werden. Zeitgleich ist auf dem
Bildschirm die Videoaufnahme der Tätigkeit zu sehen. Ohne
viele Worte wird der Zusammenhang von Körperhaltung,
Führung des Schweißbrenners und Positionierung des Erfassungselements deutlich. Ist die Schweißfachkraft von der
positiven Wirkung der neuen Absaugung überzeugt, muss
sie solange seitens der Vorgesetzten und der Sicherheitsbeauftragten an das Nachführen des Erfassungselements
erinnert werden, bis der neue Handgriff zur Gewohnheit geworden ist.
Beratung der BGHM
Diese Methode hat vor Kurzem ein Metallbau-Unternehmen
in Tornitz erfolgreich angewandt. Nach Errichtung einer
neuen Halle mit zahlreichen Schweißarbeitsplätzen wollte Betriebsinhaber Eckhard Henschel eine neue Lüftungsanlage anschaffen, stand aber der lokalen Erfassung von
Schweißrauchen skeptisch gegenüber. Die Beratung der
BGHM durch einen Mitarbeiter des Sachgebiets „Oberflächentechnik und Schweißen“ machte Vor- und Nachteile
verschiedener Lösungen deutlich. Derart informiert, fiel
dem Unternehmer die Entscheidung für die arbeitsplatzbezogene Absaugung leicht. Nach deren Inbetriebnahme
zeichneten Messtechniker der BGHM Schweißarbeiten mit
der PIMEX-Methode auf. Das Video wurde dem Betrieb als
Lehrfilm übergeben und kann nun zu Unterweisungszwecken eingesetzt werden. Zudem erteilte Henschel der BGHM
seine Freigabe, die Video-Sequenz auch in anderen Fällen
als Anschauungsmaterial einzusetzen. Damit verfügt die
BGHM nun über ein passendes Filmbeispiel, womit eine
personalintensive PIMEX-Aufnahme vor Ort mitunter nicht
mehr erforderlich ist.
Ingo Niemann/Wilfried Osterloh, BGHM
BGHM-Aktuell 4|2016
11
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Erfolgsfaktor im Arbeitsschutz
Handlungsorientierte Seminare der BGHM
Die Handlungsfähigkeit
der Unternehmerinnen
und Unternehmer, der
Führungskräfte und aller
Beschäftigten ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor
im Arbeitsschutz. Daher
bietet die BGHM seit
vielen Jahren praxisnahe
Seminare an, in denen
die betrieblichen Akteurinnen und Akteure
Kenntnisse und Werkzeuge erwerben, um ihre
Aufgaben erfolgreich und
zielgerichtet zu erfüllen.
J
ährlich qualifiziert die BGHM rund 92.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in ihren Seminaren. Das Seminarprogramm wird laufend aktualisiert und durch Fachleute der Prävention kontinuierlich qualitativ weiterentwickelt.
Für das Jahr 2017 hat die BGHM das Programm grundlegend
neugestaltet (vgl. BGHM-Aktuell Ausgabe 2/2016, Seiten 10/11
und Ausgabe 3/2016, Seiten 8 und 9). Ziel ist es, Seminare anzubieten, die die Handlungsfähigkeit und -bereitschaft der
Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Bezug auf den Arbeitsschutz noch weitreichender als bisher fördern und somit noch
zielgerichteter den Bedürfnissen ihrer Betriebe entsprechen.
Betriebliche Realität und Erfahrungen der Teilnehmenden
bilden daher den Ausgangspunkt für die Entwicklung der
Seminare des neuen Programms. Sie zielen darauf ab, die
Handlungskompetenzen und die -bereitschaft der verschie12
BGHM-Aktuell 4|2016
denen Gruppen wie Unternehmensleitung, Führungskräfte,
Sicherheitsfachkräfte und -beauftragte, Betriebsratsmitglieder
und des betriebsärztlichen Diensts in Bezug auf die Wahrnehmung ihrer Rolle zu stärken.
Was bedeutet dies konkret? Um diese Gruppen passgenau
zu qualifizieren, wird die sehr spezifische betriebliche Realität an verschiedenen Stellen „ins Seminar geholt“. Ebenso
bilden die bereits vorhandenen Erfahrungen und Kompetenzen der Teilnehmenden eine Basis für die Entwicklung
und Durchführung der Seminare. Dies kann je nach Seminar durch handlungsorientierte Methoden geschehen. Dazu
gehören beispielsweise Projektarbeit, Fallstudien zu komplexen Arbeitsprozessen, kollegiale Beratungen oder auch
Reflexionen der eigenen Rolle und der Anwendbarkeit verschiedener Werkzeuge auf das betriebliche Handlungsfeld.
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Auf diese Weise können Seminarteilnehmende Aufgaben
und Handlungsmöglichkeiten aus verschiedenen Perspektiven betrachten und gemeinsam reflektieren. Außerdem
können sie die Werkzeuge vor dem Hintergrund der eigenen
Rolle sowie der Betriebsrealität bereits im Seminar erproben. Dies erleichtert das anschließende Handeln im eigenen
Arbeits- und Verantwortungsbereich.
In drei Stufen zum Ziel
Das neue Seminarprogramm hat einen mehrstufigen Aufbau. Teilnehmende sollen sich zunächst in den Grundlagenseminaren mit der eigenen Rolle und den damit verbundenen Aufgaben auseinandersetzen und sich anschließend
in den Fortbildungsseminaren mit Anderen über ihre Erfahrungen austauschen und aktuelle Themen vertiefen.
Weiterbildungsseminare, die bereits im Anschluss an die
Grundlagenseminare besucht werden können, ermöglichen
den Teilnehmenden schließlich eine themenbezogene Spezifizierung. Dabei fördert die Zusammensetzung der jeweiligen Zielgruppe das Verständnis der Sichtweisen und der
Handlungsmöglichkeiten der verschiedenen Akteurinnen
und Akteure im Arbeitsschutz. Dies ermöglicht den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wiederum, ihre Einflussmöglichkeiten und geeignete Handlungswege zu erkennen.
In der Praxis
Ein Beispiel: Ein angehender Sicherheitsbeauftragter besucht zunächst das Grundlagenseminar „Sicherheitsbeauftragte, Teil 1“, (SBSB11), um seine eigene neue Rolle, sein
eigenes Aufgabengebiet, aber auch Rollen und Aufgaben
seiner Kontaktpersonen im betrieblichen Arbeitsschutz
kennenzulernen. Zudem strebt er an, Handlungssicherheit
zu erlangen, um seine Aufgabe erfolgreich wahrnehmen zu
können. Das Grundlagenseminar „Sicherheitsbeauftragte,
Teil 2“, (SBSB12) rundet seine Qualifizierung ab. Etwa fünf
Jahre später besucht er das Fortbildungsseminar „Sicher-
heitsbeauftragte, Fortbildung“, (SBSB51), um sich mit anderen Sicherheitsbeauftragten über die Tätigkeit im Betrieb
sowie spezifische Gefährdungen auszutauschen. Er entwickelt gemeinsam mit ihnen neue Handlungsmöglichkeiten
und erweitert dadurch seine eigene betriebliche Handlungsfähigkeit.
Da Sicherheitsbeauftragte in unterschiedlichen Betriebsbereichen tätig sind, können sie nach dem Besuch der
Grundlagenseminare in themenbezogenen Weiterbildungsseminaren erforderliche Fachkompetenzen hinzuerwerben.
So kann beispielsweise das Seminar „Betrieb ortsfester Krane“ (TLKR10) den Sicherheitsbeauftragten zum wertvollen
Ansprechpartner für Fragen der sicheren Verwendung ortfester Krane, aber auch zum Motivator der Kolleginnen und
Kollegen und der Vorgesetzten machen.
So ermöglichen die BGHM-Seminare allen Führungskräften und Multiplikatoren der Mitgliedsgetriebe, gemäß ihrer
Rolle, ihres betrieblichen Tätigkeitsfeldes und im Sinne der
Anforderungen im Rahmen des Arbeitsschutzes professionell zu handeln und ihre Kompetenzen sukzessive zu erweitern.
Melanie Roth/Ursula Willemsen, BGHM
Was müssen Sie bereits im Jahr 2016 beachten?
• Melden Sie Ihre Beschäftigten bereits im Jahr 2016 in
Grundlagenseminaren an. Die dort erlangten Kompetenzen werden für die Teilnahme an Weiterbildungsseminaren in 2017 benötigt.
• Bereits in 2016 bieten wir Ihnen eine Auswahl an Seminaren aus dem Programm 2017 an.
So profitieren Sie bereits jetzt von den neuen Modulen.
Unsere aktuellen Seminare finden Sie
unter www.bghm.de, Webcode 150
Weitere Informationen zum neuen Seminarprogramm
unter www.bghm.de, Webcode 2191
BGHM-Aktuell 4|2016
13
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Verhaltensorientierte Sicherheitsmodelle
Wir verhalten uns verhältnismäßig sicher, oder?
Erfolgreiche Prävention hängt maßgeblich
von den Beschäftigten ab, denn deren
Arbeitsverhalten gestaltet Arbeitsbedingungen.
N
ach gewissenhaft durchgeführten Gefährdungsbeurteilungen gehen Verantwortliche häufig davon aus, die Bereitstellung
sicherer Arbeitsmittel, die entsprechende Gestaltung der Arbeitsprozesse und die Information der
Beschäftigten zu den erforderlichen Maßnahmen
im Umgang mit den Gefährdungen reichten aus,
sicherheitsgerechtes Verhalten zu fördern. Diese
Präventionsstrategien geraten aber spätestens dann
an ihre Grenzen, wenn sich nicht alle Bedingungen einer Arbeitstätigkeit durch Flexibilisierung,
Digitalisierung und Dezentralisierung vorhersehen
und damit auch nicht vollständig durch die Unternehmenden kontrollieren lassen.
Unternehmerisches Ziel sollte es deshalb sein,
eine Kultur der Prävention aufzubauen und systematisch weiterzuentwickeln. Es gilt, Beschäftigte
zu befähigen, ihr Verhalten selbständig, proaktiv
und mitdenkend den sich ständig verändernden
Arbeitsbedingungen anzupassen. Eine sichere
14
BGHM-Aktuell 4|2016
Unternehmenskultur ist also nicht direkt zu „installieren“. Vielmehr sind die „Träger der Kultur“,
also die Beschäftigten und Führungskräfte aufgefordert, diese zu gestalten. Und genau darin besteht die Herausforderung, wobei systematisches
Training die Beteiligten erfolgreich auf ihre Rollen vorbereitet.
Vielversprechende Lösungsansätze bieten
sogenannte Behavior Based Safety-Modelle
mit – je nach Programm – unterschiedlichen
Schwerpunkten. Dazu gehören unter anderem
Verhaltensregeln, -kontrollen, Vorbildfunktion,
Achtsamkeitserziehung sowie Widerstands- und
Fehlermanagement. Grundvoraussetzung ist dabei stets, dass Unternehmen den Arbeitsschutz
in sämtliche Strukturen und Prozesse integrieren
und systematisch durch eine gezielte Stärkung
sicheren Verhaltens in unsicheren Situationen ergänzen. Bewährt hat sich dabei eine Kombination
aus neun Schwerpunkten:
© shotsstudio - Fotolia.com
Sicheres & Gesundes Arbeiten
1. Sicherheitsgerechtes Verhalten: Erfolg belohnen und
Hemmnisse konsequent beseitigen. Typisches Beispiel
für ein Lob: Wenn trotz Zeitdrucks noch vor Beginn der
Arbeiten Dachluken gegen Durchsturz gesichert werden
und dies unmittelbar in die Baustellen-Vorabcheckliste
eingetragen wird.
2. Sicherheitswidriges Verhalten: Barrieren gezielt aufbauen und Fehlverhalten konsequent sanktionieren.
Beispiel: (Auch) der Chef wird in der Werkhalle angesprochen, da er weder Gehörschutz noch Sicherheitsschuhe trägt. Er bedankt sich und holt die Ausrüstung.
Zusätzlich kommt das Schild an die Bürotür: „Sei ein
Vorbild – nimm Schuhe und Helm, auch wenn du nur
mal kurz gucken willst.“
3. Sicherheitswidrige Verhaltensweisen werden systematisch bearbeitet: Wunsch – mögliches Ergebnis – Hinderungsgründe – Lösungsideen: Wie sieht das sicherheitsgerechte Verhalten am Ende aus? Woran kann man die
positive Veränderung erkennen? Was hemmt uns, das
bisherige Verhalten einfach abzulegen? Wie können wir
diese Hindernisse Punkt für Punkt abbauen?
Die Beschäftigten können so Verantwortung übernehmen, ohne überfordert zu werden. Sie trainieren ihre
Selbstregulation.
4. Arbeitsschutz ist neben Kosten- und Qualitätsbewusstsein selbstverständlich in sämtliche Prozesse integriert:
vom Einkauf über die tägliche Teambesprechung bis zur
Sitzung der Geschäftsführung.
5. Führungskräfte sind Arbeitsschutzvorbilder: Sie
kümmern sich um die eigene Gesundheit und Sicherheit genauso wie um die der Beschäftigten und deren
Arbeitsumgebung.
6. Beschäftigte werden zu verantwortungsbewussten Beteiligten, die Fehlverhalten ansprechen. Selbstbewusste
Beschäftigte und Vorgesetzte treffen gerne Entscheidungen, sind kritik- und lernfähig, können und wollen
sich an gemeinsame Sicherheitsregeln und Leitlinien
halten. Unnütze oder widersprüchliche Regeln werden
abgeschafft.
7. Das Betriebsklima ist offen, ehrlich und vertrauensvoll: Persönliche Konflikte sind keine Tabus, aber auch
keine Ausrede, Probleme nicht anzugehen. Auf unterschiedliche Einstellungen, Kulturen und Sprachen wird
Rücksicht genommen, solange allgemeine betriebliche
Verhaltens- und Vertrauensgrenzen nicht überschritten
werden.
8. Die Kommunikation ist transparent und gezielt: Gerüchten wird schnell nachgegangen. Fakten werden
gezielt der Stelle berichtet, die sie benötigt. Der Informationsfluss innerhalb des Unternehmens ist eindeutig
geregelt. Kommunikationsbarrieren werden beseitigt.
Die Informationen werden auf ein Mindestmaß reduziert. Arbeitssicherheitsrelevante Kommunikation hat
Vorrang und ist so aufgebaut, dass sie leicht verständlich ist.
9. Fehler werden als Chance zur Verbesserung gesehen.
Die Eigenschaften des Menschen werden schon bei
der Planung von Arbeitstätigkeiten und Arbeitsmitteln
berücksichtigt, um fehlertolerante Systeme zu schaffen.
Fehler können offen angesprochen werden. Vor allem
aber werden sie ernst genommen: Statt kurzfristiger
„Vertuschung“ werden langfristig tragfähige Lösungen
gesucht: „Geht nicht anders = gibt's nicht sicher“ ist
keine Lösung.
Martin Prüße/Cornelia Schöneich-Kühn, BGHM
BGHM-Aktuell 4|2016
15
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Schwerpunktthema August 2016
Heizungsbau
16
BGHM-Aktuell 4|2016
© macrovector - Fotolia.com
Durch die technische Weiterentwicklung haben sich Berufsbild und
Aufgabenspektrum im Heizungsbau in den vergangenen Jahren erheblich
verändert. Dies ist durchaus mit neuen Gefährdungen verbunden.
Sicheres & Gesundes Arbeiten
D
er Ausbildungsberuf des Anlagenmechanikers umfasst
heute die ehemaligen Berufsbilder des Gas- und Wasserinstallateurs sowie des Heizungs- und Lüftungsbauers. Hinzu kommen inzwischen noch Komponenten der
Solar- und Elektrotechnik. Mit diesem erweiterten und vielseitigen Tätigkeitsfeld steigen auch die Anforderungen an den
Arbeits- und Gesundheitsschutz.
Die Unfallhäufigkeit im Heizungsbau liegt statistisch
deutlich über dem Gesamtdurchschnitt aller bei der BGHM
versicherten Mitgliedsbetriebe. Die Unfallstatistik lässt zudem Rückschlüsse auf die Schwerpunkte und Ursachen für
Arbeitsunfälle zu. So sind die Beschäftigten bei Montageund Installationsarbeiten, den örtlichen und betrieblichen
Verhältnissen entsprechend, einer höheren Gefährdung
ausgesetzt als die an stationären Arbeitsplätzen. Die meisten meldepflichtigen Unfälle ereignen sich bei Erweiterungs-, Umbau-, Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten
außerhalb des Betriebes sowie bei Montagearbeiten auf
Baustellen. Demgegenüber finden die klassischen Installationsarbeiten hauptsächlich in den Gebäuden statt, wobei
sich die Arbeiten mit den zunehmenden Solar- und Photovoltaikmontagen mehr und mehr auf die Dächer verlagern,
mit neuen Gefährdungen in der Folge.
Stolpern, Stürzen, Abstürzen
Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten, speziell ASR 1.8
„Verkehrswege“ und ASR 2.1 „Schutz vor Absturz und herabfallenden Gegenständen, Betreten von Gefahrenbereichen“,
geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche
Erkenntnisse für das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten wieder. Die Vorschriften definieren Schutzmaßnahmen für sichere Verkehrswege und für hochgelegene Arbeitsplätze. Diese sind von jedem Unternehmen zu beachten
und umzusetzen.
So ist vor Ort dafür zu sorgen, dass Verkehrswege und
Zugänge zum Arbeitsplatz sicher benutzt werden können.
Mangelnde Ordnung und Sauberkeit, sorglos abgelegte
Werkzeuge, Materialien und Verpackungen, zugestellte und
verschmutzte Verkehrswege sowie verunreinigte Fußböden
sorgen für Unfallgefahr. Gerade geringe Höhen verleiten
zum leichtsinnigen Handeln und verursachen eine Vielzahl
schwerer Verletzungen. Stürzen auf gerader Ebene, Stolpern
an Ecken und Kanten, über herumliegende Teile, Herunterspringen von Absätzen, Stufen und Leitersprossen kennzeichnen das Unfallgeschehen der Branche.
Aus statistischer Sicht sind Absturzunfälle Stürze aus Höhen von mehr als einem Meter. Mangelhafte Aufstiege, fehlende Absturz- und Durchsturzsicherungsmaßnahmen und
schlechte Standsicherheit sind die Ursachen dafür. Im stationären Betrieb sind Schutzmaßnahmen ab einer Absturzhöhe von mehr als einem Meter notwendig, auf Baustellen
an Treppen und Schächten ebenfalls ab einem Meter und
an allen anderen Arbeitsplätzen ab zwei Metern. Unabhängig davon ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung, ob
Maßnahmen auch schon bei geringeren Höhen eingeleitet
werden müssen. Sie ist das wichtigste Instrument und Dokument der Arbeitssicherheit im Unternehmen und wird
seit 1996 im Arbeitsschutzgesetz gefordert. Auch für Montagetätigkeiten außerhalb des stationären Betriebes muss sie
durchgeführt werden. Für Arbeiten in der Höhe sind bereits
im Vorfeld wichtige Überlegungen notwendig:
• Wie komme ich sicher zu meinem Arbeitsplatz?
Sicherer Verkehrsweg!
• Ist mein Untergrund ausreichend tragfähig?
Ausreichende Standsicherheit!
• Welche Schutzmaßnahmen gegen Absturz sind notwendig?
Wirksame Absturzsicherung!
Hierbei ist die Maßnahmenhierarchie zu beachten, technischen Maßnahmen ist somit der Vorzug zu geben. Bei der
Verwendung von Persönlicher Schutzausrüstung gegen
Absturz muss zudem auch ein Rettungskonzept entwickelt
werden.
Umgang mit Handwerkzeugen
Bei Betrachtung der spezifischen Tätigkeiten zeigt sich
das größte Unfallaufkommen bei Arbeiten mit Handwerkzeugen. Die Quote bei nicht kraftbetriebenen Werkzeugen
liegt deutlich höher als bei kraftbetriebenen. Diese Unfälle
Ort des Unfallgeschehens
3%
5%
Baustelle
38%
54%
Betrieb
Öffentlich
Sonstige
BGHM-Aktuell 4|2016
17
Sicheres & Gesundes Arbeiten
resultieren meist aus der Unkenntnis über die sichere Verwendung von Handwerkzeugen und dem Einsatz von beschädigten Arbeitsgeräten. Verletzungen, hauptsächlich an
Fingern und Händen, sind die Folge. Oft lassen sich diese
Unfälle durch einfache Maßnahmen verhindern, etwa durch
Sichtkontrollen vor dem Einsatz. Beschädigte Handwerkzeuge dürfen nicht mehr verwendet werden, und eine Reparatur hat fachgerecht zu erfolgen. Elektrische Betriebsmittel
sind regelmäßig nach DGUV Vorschrift 3 zu prüfen. Für die
Bereitstellung geeigneter und sicherer Arbeitsmittel trägt
die Unternehmensleitung die Verantwortung. Die Beschäftigten müssen im Umgang mit den Werkzeugen erfahren
sein und bei der Bereitstellung neuer Werkzeuge entsprechend unterwiesen und geschult werden.
Materialtransport
Ein weiterer Unfallschwerpunkt ist der Transport von Materialien, insbesondere der von schweren, unhandlichen
Lasten, wie Heizkörper und Kessel. Dieser kann schnell zum
Kontrollverlust führen. Zudem erschweren ungünstige Griffmöglichkeiten und scharfe Kanten an den Gegenständen
die Handhabung. Beengte Platzverhältnisse in Gebäuden
und schlechte Transportwege auf Baustellen erhöhen oft die
Unfallgefahr. Die Folgen können Quetschungen, Prellungen
oder sogar Knochenbrüche sein. Hilfsmittel, wie beispielsweise Tragegurte und Treppensteiger, erleichtern dagegen
die Arbeiten oft deutlich. Auch das Hinzuziehen zusätzlicher Kolleginnen oder Kollegen zum Materialtransport entlastet die einzelnen Beschäftigten. Hier ist eine effiziente
Planung notwendig. Bei der Vorbereitung und Organisation können Kenntnisse über die örtlichen Gegebenheiten und Rücksprachen mit den Verantwortlichen vor Ort
Schweißen – Löten – elektrischer Strom
Der Kontakt mit heißen Oberflächen kann zu Verbrennungen führen. Beim Lichtbogenschweißen besteht die Gefahr
des Verblitzens der Augen. Offene Flammen und der Einsatz von Gasen erhöhen die Brand- und Explosionsgefahr.
Rohrleitungen im Heizungs- und Sanitärbereich werden
üblicherweise verpresst. Durch den Einsatz von Presswerkzeugen ergeben sich Quetschgefahren. Aufgrund der zunehmenden Montagen von Solar- und Photovoltaikanlagen auf
Dächern steigt zudem die elektrische Gefährdung durch Arbeiten in der Nähe von spannungsführenden Teilen. Präventive Maßnahmen zur Verhinderung möglicher Einwirkungen
können sein:
• Bereitstellen von Löschmitteln und Sicherstellen von
Brandwachen
• Anbringen der Sicherungen gegen Flammendurchschlag
und Gasrücktritt an der Acetylen- und Sauerstoffflasche
bei Schweiß- und Lötarbeiten, sicheres Ablegen des Brenners, Kontrolle der Gasschläuche und ggf. Erneuerung,
Sicherung der Druckgasflaschen gegen Umfallen
• ausreichende Sicherung der Ventile der Druckgasflaschen beim Transport
• Sichern der Flaschen gegen Umfallen
• Bei Arbeiten mit Presswerkzeugen Sicherheitshinweise
aus den Betriebsanleitungen des Herstellers beachten
und die Beschäftigten unterweisen.
• Bei Arbeiten in der Nähe spannungsführender Teile
auf Einhaltung der Sicherheitsabstände achten, besser
ist es jedoch, vorher einen spannungsfreien Zustand
herzustellen.
• Verwenden von Persönlicher Schutzausrüstung wie Schutzbrillen, Handschuhe, eventuell schwer entflammbare Schutzkleidung und Augenschutz
mit der richtigen Filterstufe
Mögliche Berufskrankheiten
Berufskrankheiten sind Erkrankungen, die Versicherte durch ihre berufliche Tätigkeit erleiden und die in der
Berufskrankheiten-Verordnung
aufgeführt sind. Im Heizungsbau werden
die Lärmschwerhörigkeit und Hauterkrankungen am häufigsten angezeigt,
gefolgt von Muskel- und Skelett-Erkrankungen. Wer ungeschützt einem
Tages-Lärmexpositionspegel über 85
Dezibel ausgesetzt ist, muss bei entsprechender Einwirkzeit mit unheilbaren Schäden des Gehörs rechnen. Ein
hoher Lärmpegel entsteht bei Arbeiten
mit kraftbetriebenen Werkzeugen, wie
Winkelschleifer oder Bohrhämmer, die
regelmäßig bei Installationsarbeiten
zum Einsatz kommen. Zudem werden
die Arbeiten meist in schallharten
© Stasique - Fotolia.com
18
(z. B. Bereitstellung und Nutzung von Aufzügen) den Ablauf
der Montagearbeiten deutlich erleichtern.
BGHM-Aktuell 4|2016
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Nutzen Sie das Plakat und die Checkliste zum Schwerpunktthema im Monat August
für Ihre betriebliche Präventionsarbeit. Sie sind Bestandteil des BGHM-Wandkalenders.
Räumen, wie etwa Kellern, Rohbauten oder auch in engen
Räumen durchgeführt. Oft ist es dabei notwendig, die Maschinen nah am Kopf zu führen. Um der Entstehung einer
Lärmschwerhörigkeit vorzubeugen, ist hier das Tragen von
geeignetem Gehörschutz unerlässlich.
Die Verwendung von Reinigern und Dichtmassen kann
die Haut belasten, mit eventuellen chronischen und irreversiblen Hauterkrankungen in der Folge. Die Unkenntnis
über den Umgang mit den bereitgestellten Stoffen führt
dazu, dass Schutzmaßnahmen unterbleiben. In den Sicherheits- und Produktdatenblättern des jeweiligen Herstellers
sind Schutzmaßnahmen, wie z. B. die Auswahl der Persönlichen Schutzausrüstung aufgeführt, die beim Umgang zu
beachten sind. In der Betriebsanweisung finden diese dann
Berücksichtigung. Sie ist die Grundlage für die gezielte Unterweisung der Beschäftigten. Die Betriebsanweisung ist im
Arbeitsbereich zur Verfügung zu stellen, sodass sich die Beschäftigten jederzeit informieren können. Hautschutzmittel
und Persönliche Schutzausrüstung, wie zum Beispiel geeignete Handschuhe, sind durch die Unternehmensleitung
bereitzustellen.
Meniskusschäden und Arthrosen der Kniegelenke sind
Muskel-Skelett-Erkrankungen, die im Heizungsbau auftreten können. Sie entstehen durch arbeitsbedingte Dauerzwangshaltung, insbesondere bei Belastungen durch
Hocken oder Knien, wie bei der Installation von Fußbodenheizungen oder Arbeiten in engen Räumen, beispielsweise
in Kniestöcken. Maßnahmen wie kurze Transportwege, Betriebsanweisungen zum Lastentransport sowie Schulungen
und Informationen helfen, die Beschäftigten langfristig vor
Muskel-Skelett-Erkrankungen zu schützen.
Kathrin Stocker/Christian Mayer, BGHM
Weitere Informationen
• „Arbeitsschutz Kompakt“
(www.bghm.de, Webcode 1815) vermittelt wichtige
Informationen zu konkreten Themen praxisnah, kurz
und effizient, z. B. „Arbeiten mit Handwerkzeugen“
(Nr.009).
• Checklisten (www.bghm.de, Webcode 219), z. B.
„Montagearbeiten“, „Handgeführte Maschinen“ oder
„Heizungsbau“
• Hilfestellungen zur Gefährdungsbeurteilung sind auf
(www.bghm.de, Webcode 414) zu finden.
BGHM-Aktuell 4|2016
19
20
BGHM-Aktuell 4|2016
© salman2 - Fotolia.com
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Menschengerechte Arbeitsgestaltung
Gefährdungsbeurteilung an der Schnittstelle
Mensch – Arbeitsmittel
Die im Mai 2015 veröffentlichte Technische Regel für Betriebssicherheit
1151 „Gefährdungen an der Schnittstelle Mensch – Arbeitsmittel –
Ergonomische und menschliche Faktoren, Arbeitssystem“ konkretisiert
die Anforderungen an Gefährdungsbeurteilungen bei der Verwendung von
Arbeitsmitteln.
E
in besonderes Augenmerk der TRBS 1151 liegt auf der
Gestaltung der Schnittstelle zwischen Mensch und Arbeitsmittel. Sie berücksichtigt dabei auch Einflüsse und
Wechselwirkungen aus der Arbeitsumgebung und von Arbeitsgegenständen sowie physische und psychische Belastungen.
Die menschengerechte Gestaltung des Arbeitssystems ist Anspruch und Maßstab bei der Beurteilung der analysierten Belastungen und Gefährdungen. Gleiches gilt für die Auswahl,
Umsetzung und Wirksamkeitsüberprüfungen von Maßnahmen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln.
Die Vermeidung oder Minimierung von Fehlbeanspruchungen und Belastungen, die die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten gefährden können, ist durch
die Berücksichtigung ergonomischer Zusammenhänge bei
Auswahl und Verwendung von Arbeitsmitteln sowie Maßnahmen in deren Kontext zwingend erforderlich. Die Beteiligung der Beschäftigten an den sie berührenden Prozessen
der Gefährdungsbeurteilung und der Arbeitsgestaltung erleichtert die Berücksichtigung individueller Beanspruchung
und Beanspruchungsfolgen, führt zu einer höheren Akzeptanz der gefundenen Lösungen und fördert nicht zuletzt die
Motivation.
Die umfassende Anwendung der Technischen Regeln für
Betriebssicherheit (TRBS) gibt dem Unternehmer als Betreiber von Arbeitsmitteln die Gewissheit, die einschlägigen Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung zu
erfüllen (Vermutungswirkung). Arbeitswissenschaftliches
und terminologisches Fundament der TRBS 1151 sind das
Arbeitssystem mit seinen Elementen (Mensch, Arbeitsmittel, Arbeitsgegenstand, Arbeitsumgebung, Arbeitsaufgabe
und Arbeitsorganisation) sowie das Belastungs-Beanspruchungs-Modell (siehe auch www.gda-psyche.de – Entstehungsmodelle).
Gefährdungsbeurteilung noch vor der Inbetriebnahme
Die vorausschauende Gefährdungsbeurteilung beginnt
weit vor der Inbetriebnahme von Arbeitsmitteln. Dabei ist
zu berücksichtigen, dass Fehlbeanspruchungsfolgen auch
bei der Verwendung ergonomisch gut gestalteter Arbeitsmittel auftreten können, wenn die mit ihnen verbundenen
Arbeitsaufgaben oder Umgebungsbedingungen ungünstig
gestaltet sind oder ungewollte Wechselwirkungen auftreten.
Neben technischen und ablauforganisatorischen Fragen ist
dabei immer auch zu klären, welche körperlichen, psychischen und kognitiven Anforderungen die Bedienung des
neuen Arbeitsmittels an Beschäftigte bei welcher Arbeitsaufgabe stellt. Zudem ist zu klären, welche Beschäftigten
mit welchen individuellen Leistungsvoraussetzungen das
Arbeitsmittel verwenden sollen und wie sie darauf vorbereitet werden. Dabei sind Gefährdungen beispielsweise durch
den Zwang zur Daueraufmerksamkeit, körperlich einseitig
belastender Arbeit und hoher psychischer Beanspruchung
zu vermeiden.
Lösungsbeispiele
Die in Anlage 1 der TRBS 1151 beschriebenen Methoden
und Instrumente zur Ermittlung und Beurteilung physischer
und psychischer Belastung im Arbeitssystem geben bei Auswahl geeigneter Vorgehensweisen eine erste Orientierung.
Dazu gehören zum Beispiel die Leitmerkmalmethode und
ein moderiertes Workshop-Konzept. Anhand von Beispielen
werden in den Anlagen 2 bis 5 der TRBS 1151 Gefährdungen
durch mangelhafte ergonomische Gestaltung an Schnittstellen und durch Wechselwirkungen aufgezeigt. Dabei fehlt es
nicht an Vorschlägen zu passenden Gestaltungsmaßnahmen, wie die Schaffung von Bewegungsflächen, zum Heben
und Tragen von Lasten sowie zur Arbeitsorganisation. Die
Anlage 6 beschreibt eine Lösung für die Gefährdungsbeurteilung zum Problem der Manipulation technischer Schutzeinrichtungen.
Die systematische Berücksichtigung dieser Standards in
betrieblichen Prozessen setzt eine zwingende Information
und Qualifizierung der verantwortlichen Beschäftigten,
insbesondere zur Planung und Arbeitsvorbereitung, voraus. Praxishilfen und visuelle Medien zu den Themen „Ergonomie und Arbeitsplatzgestaltung“ (Webcode 520) sowie
„Psychische Belastung und Beanspruchung“ (Webcode 234)
finden sich auf der Internetseite unter www.bghm.de. Auch
das neue Seminarprogramm der BGHM vermittelt in verschiedenen Weiterbildungsseminaren den mit dem Arbeitsschutz betrauten betrieblichen Akteurinnen und Akteuren
die notwendige Handlungskompetenz in Sachen „Gesundheit und Ergonomie“.
Jochen Eckardt/Cornelia Schöneich-Kühn, BGHM
BGHM-Aktuell 4|2016
21
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Gezielte Prävention für junge Beschäftigte
Von Anfang an sicher arbeiten
Junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland haben Jahr für Jahr
zahlreiche Arbeits- und Wegeunfälle mit teils schwerwiegenden Folgen. Eine wirksame
Präventionsarbeit muss die spezifische Lebenssituation junger Beschäftigter
berücksichtigen. Hilfreiche Hinweise liefern die Projektergebnisse des diesjährigen
Kreativpreises von „Jugend will sich-er-leben“ (JWSL).
D
as branchenübergreifende DGUV-Präventionsprogramm JWSL, das die BGHM tatkräftig unterstützt,
wird in Berufsschulen und Mitgliedsbetrieben der
BGHM genutzt, um Azubis für das Thema Arbeitsschutz zu
sensibilisieren. Berufsschülerinnen und -schüler konnten
sich auch in diesem Jahr an einem Wettbewerb zum Thema
beteiligen. Ziel war es, die sogenannte Azubi-Formel „TOP
Ausbildung = sicher + richtig + gut“ nachhaltig einer breiten
Öffentlichkeit zu vermitteln. Junge Menschen haben sich dabei mit der bestimmungsgemäßen und sicheren Verwendung
von Arbeitsmitteln auseinandergesetzt, um ein improvisiertes und unsicheres Handeln am Arbeitsplatz zu vermeiden.
Im Rahmen der durch den Wettbewerb initiierten Projekte
wurden Filme gedreht, Plakate gestaltet und Befragungen
zu Unfällen durchgeführt.
Azubis untersuchen Gefährdungen von Azubis
Besonders interessant für die Präventionsarbeit in Betrieben
der Holz- und Metallbranche waren die Ergebnisse einer 10.
Klasse der Beruflichen Schulen Gelnhausen. Azubis zur
22
BGHM-Aktuell 4|2016
bzw. zum „Kauffrau/-mann für Büromanagement“ entwickelten zwei Fragebögen. Eine Gruppe befragte 230 Azubis
zu Gefährdungen, Unfällen und Beinaheunfällen in den Berufsbildern Anlagen-, Industrie- und Werkzeugmechaniker
sowie Kfz-Mechatroniker, Elektriker, Kältetechniker, Einzelhandelskaufleute, Maschinen- und Anlagenführer. Das
Ergebnis war für die jungen Forscherinnen und Forscher
erschreckend: Die Hälfte aller befragten Azubis hatte bereits
einen Arbeitsunfall und sogar 99 Prozent einen Beinaheunfall. Die meisten Unfälle erlitten angehende Kältetechniker
sowie Maschinen- und Anlagenführer, die wenigsten Einzelhandelskaufleute und Elektriker.
Gründe für Arbeits- und Beinaheunfälle waren laut dieser
Studie häufig defekte Maschinen und Arbeitsmittel, Zweckentfremdung von Arbeitsmitteln, falsche Bedienung oder
eigene Unachtsamkeit im Umgang mit diesen. Besonders
häufig passierte ein Unfall, wenn zum ersten Mal mit einem
neuen Arbeitsmittel gearbeitet wurde. Ein spezielles Problem war, dass bei defekten Arbeitsmitteln der Schaden entweder nicht erkannt oder bewusst ignoriert wurde.
Sicheres & Gesundes Arbeiten
© industrieblick - Fotolia.com
Mangelnde Erfahrungen und höhere Risikobereitschaft
Die zweite Gruppe erstellte ein Gefahren-Ranking unter
elf ausgewählten Berufen, die an der Schule vertreten sind,
und wertete 121 Fragebögen aus. Auch hier hatten 50 Prozent
der Befragten einen Arbeitsunfall erlitten. Das Berufsbild
„Kaufmann/-frau für Büromanagement“ ermöglichte dabei
das sicherste Arbeiten. Auch in drei typischen Metallberufen – Zerspanungsmechaniker/in (Rang 4) Feinwerkmechaniker/in (Rang 5) und Verfahrensmechaniker/in (Rang 6) –
gab es laut der Befragung weniger Unfälle als beispielsweise
in Berufen aus dem Bereich Nahrung und Gastronomie.
Die Azubis kommen in ihren Studien zu dem Schluss, dass
durch strukturiertes, gut organisiertes Arbeiten fast alle Unfälle vermieden werden könnten. Vor allem aber der richtige
und sichere Umgang mit den für die Tätigkeit vorgesehenen
Werkzeugen und Arbeitsmitteln spiele dabei die wichtigste
Rolle. Hierzu müssen die geeigneten Arbeitsmittel zur Verfügung stehen und die Azubis vor Aufnahme der Tätigkeit im
richtigen Umgang unterwiesen werden.
Unfälle durch neue Lebensumstände
Junge Beschäftigte befinden sich in einer auf vielfache Weise
schwierigen Übergangssituation. Sie lösen sich vom Elternhaus und wechseln von der Schule in den Beruf. Es gilt, sich
in einer neuen Rolle am Arbeitsplatz zu behaupten. Schlafund Essgewohnheiten ändern sich, neue Kontakte und Situationen sind zu meistern. Das führt auch zu einer allgemein
erhöhten Belastungssituation, die Stressreaktionen hervorrufen kann. Hinzu kommen die zahlreichen neuen Inhalte
und Tätigkeiten, die Berufseinsteigerinnen und -einsteiger
sich erst aneignen müssen. Eine Überlastung der bewussten Aufmerksamkeitskapazität führt zu eingeschränkter
Wahrnehmung, sodass häufig nicht richtig mit Gefährdungen umgegangen wird, selbst wenn sie theoretisch bekannt
Nicht nur im Arbeitsalltag, sondern auch im Straßenverkehr lassen sich die Unfallzahlen junger Beschäftigter
durch zwei Risiken erklären. Das sogenannte Anfängerrisiko gründet sich auf die mangelnden Kenntnisse und
Erfahrungen, die häufig zu Unfällen in den ersten Tagen
am neuen Arbeitsplatz führen. Das Jugendlichkeitsrisiko
hingegen zielt auf die speziellen Gefährdungen von jungen Menschen ab, wie z. B. die erhöhte Risikobereitschaft
junger Männer.
sind. Dazu kommt der Wunsch, sich am Arbeitsplatz zu beweisen und die eigene Unsicherheit zu verstecken. Daher
wird mangelndes Wissen und unzureichende Erfahrung der
Azubis nicht immer gleich sichtbar, was dann fatale Folgen
haben kann.
Informationen für Azubis
Aus diesen Gründen bieten die BGHM und die Programme
von „Jugend will sich-er-leben“ Infos und Medien zum Thema Arbeitsschutz für junge Beschäftigte an, die gezielt bei
der Präventionsarbeit unterstützen. Wichtig ist, das Thema
in den Betrieben aufzugreifen und zu leben: Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen gerade bei der Unterweisung
und in der Einarbeitungsphase ein Augenmerk auf die Prävention richten. Eine Möglichkeit ist es, erfahrene Mentorinnen und Mentoren einzusetzen. Immer wieder sollten die
Verantwortlichen prüfen, ob richtig, sicher und gut gearbeitet wird und rechtzeitig korrigierend eingreifen. Ein Arbeitsschutzausschuss ist ein geeignetes Gremium, die betrieblichen Konzepte zu prüfen und anzupassen. Die Jugend- und
Auszubildendenvertretung gehört dabei mit ins Boot.
Ulrich Zilz, BGHM
Weitere Informationen:
•www.jwsl.de
• Die BGHM bündelt auf ihrer Website Präventions themen, die für Azubis besonders relevant sind:
www.bghm.de, Webcode 1773
BGHM-Aktuell 4|2016
23
Leben & Leistung
Fragen und Antworten
© Dada Lin - Fotolia.com
Wann und wie sind
Auszubildende bei
der BGHM versichert?
Das Ende der Sommerferien markiert in aller Regel den Beginn
des nächsten Ausbildungszyklus. Die Antworten auf die
wichtigsten Fragen zum gesetzlichen Unfallversicherungsschutz
von Auszubildenden haben wir für Sie zusammengestellt.
Frage: Sind Auszubildende weiterhin über den Ausbildungsbetrieb versichert, wenn sie Teile ihrer Ausbildung
in anderen Unternehmen oder in einer überbetrieblichen
Einrichtung absolvieren?
Antwort: Wenn Auszubildende Teile ihrer Ausbildung in
anderen Unternehmen oder überbetrieblichen Einrichtungen absolvieren, sind sie dennoch weiterhin über den Ausbildungsbetrieb versichert. Dieser bleibt weiter Arbeitgeber
und zahlt auch die Ausbildungsvergütung.
Besonderheit besteht, wenn Auszubildende von der Schule direkt zum Betrieb fahren. Dann besteht Versicherungsschutz bei der zuständigen Berufsgenossenschaft.
Wie sind Auszubildende auf dem Weg zur und von der
Berufsschule sowie während des Berufsschulbesuchs versichert?
Die Wege zur und von der Berufsschule sind unfallversichert. Auch der Schulbesuch steht unter Versicherungsschutz. In diesen Fällen ist der Unfallversicherungsträger
der Schule (i. d. R. die Landesunfallkassen) zuständig. Eine
Ein anderes Unternehmen veranstaltet ein Azubi-Fußballturnier. Sind unsere Azubis versichert, wenn sie daran
teilnehmen?
Die Teilnahme an Turnierveranstaltungen steht nach aktueller Rechtsprechung generell nicht unter Versicherungsschutz; weder als Betriebssport noch als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung.
24
BGHM-Aktuell 4|2016
Unser Konzern veranstaltet einen Azubi-Tag für alle Standorte des Unternehmens. Sind Fahrt und Teilnahme an der
Veranstaltung versichert?
Ja, es handelt sich um eine dienstliche Veranstaltung, die in
der Arbeitszeit stattfindet.
Leben & Leistung
Die oder der Auszubildende holt während der Arbeit im
Auftrag eines Mitarbeiters eine Brotzeit für die Kolleginnen
und Kollegen der Abteilung zum alsbaldigen Verzehr in der
anstehenden Pause. Besteht Versicherungsschutz?
Ja. Kauft die oder der Azubi Brötchen auch für sich selbst,
besteht schon deshalb Versicherungsschutz, weil die Wege
zum Kauf von Nahrungsmitteln, die zum sofortigen Verzehr
bestimmt sind, generell versichert sind. Werden die Nahrungsmittel im Auftrag für Dritte beschafft, besteht dann
Versicherungsschutz, wenn sich die oder der Azubi einer
solchen Weisung nicht ohne weiteres entziehen kann.
Sind Unfälle bei Spielereien oder Neckereien unter Auszubildenden versichert?
Bei Jugendlichen ist ohne Anwendung einer schematischen
Altersbegrenzung im Einzelfall zu prüfen, ob die versicherte Tätigkeit zu Spielereien verlockt hat und der natürliche
Spieltrieb mit mangelnder Einsicht in Gefahren zu berücksichtigen ist. Diese Unfälle sind dann versichert. Dies gilt
insbesondere in den Fällen, in denen eine unzureichende
Aufsicht durch Vorgesetzte hinzukommt.
Weitere Fragen beantworten Raimond Polak unter der
Telefonnummer 06131 802-15940 oder das Servicecenter unter 0800 999 080-1.
Karl Heinz Schwirz/Raimond Polak, BGHM
Fragen zum Thema Versicherungsschutz im Praktikum
Frage: Sind Praktika unfallversichert und bei welchem
Träger?
Antwort: Schülerpraktika sind Schulveranstaltungen und
deshalb immer über den Versicherungsträger der Schule
abgesichert. In welcher Jahrgangsstufe solche Praktika
durchgeführt werden, richtet sich nach der Schulart und
dem dafür geltenden Rahmenschulplan.
Leistet ein Schüler zusätzlich zu den über die Schule
organisierten und versicherten Praktika weitere freiwillige
Praktika in den Schulferien oder sonst während schulfreier Zeit, so sind diese Praktika über den Praktikumsbetrieb
bei der jeweiligen Berufsgenossenschaft versichert.
Versicherungsschutz über das Unternehmen bei der
jeweils zuständigen Berufsgenossenschaft für Praktika
besteht immer dann, wenn zwischen dem Praktikumsunternehmen und dem Praktikanten ein Praktikumsvertrag
geschlossen wird. Dies gilt für alle Arten von Praktika,
insbesondere auch für Studienpraktika. Dabei ist es unerheblich, ob eine Praktikumsvergütung gezahlt wird.
Ist für Praktikanten ein Beitrag zu zahlen?
Bei einem Praktikum ohne Entgelt ist der Versicherungsschutz grundsätzlich beitragsfrei. Allerdings können
Kosten auf das Unternehmen zukommen, weil ein zu
entschädigender Unfall das Unternehmen im Beitragsausgleichsverfahren belastet. Wird für das Praktikum ein
Entgelt (auch: Aufwandsentschädigung, Taschengeld oder
Fahrtkostenersatz) gewährt, so ist dies nachweispflichtig
und im Lohnnachweis (sowie bei der DEÜV-Meldung)
anzugeben.
Müssen Praktika bei der Berufsgenossenschaft
angemeldet werden?
Eine Einzelanmeldung ist nicht erforderlich. Lediglich eine
eventuell gezahlte Praktikumsvergütung ist nachzuweisen.
© tostphoto - Fotolia.com
Eine Auszubildende wurde operiert und ist krankgeschrieben. Nach einer Woche fühlt sie sich jedoch fit für den
Berufsschulunterricht und möchte die Schule auf eigene
Verantwortung besuchen, um keinen Unterrichtsstoff zu
verpassen und die Klassenarbeiten mitschreiben zu können.
Maßgeblich für den Versicherungsschutz ist einzig und allein, dass sich ein Unfall infolge der versicherten Tätigkeit
ereignet hat. Es spielt bei dieser Beurteilung keine Rolle, ob
die Arbeitsaufnahme aus gesundheitlichen Gründen vernünftig war oder nicht. Zuständig ist die für die Berufsschule zuständige Landesunfallkasse.
Welche Arbeitsschutzvorschriften gelten für
Praktikanten?
Es gelten die gleichen Vorschriften wie für alle Arbeitnehmer. Für jugendliche Praktikanten gelten außerdem die
Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes.
BGHM-Aktuell 4|2016
25
Leben & Leistung
Reha-Management und betriebliche Eingliederung
Ein tiefer Fall mit gutem Ausgang
Eigentlich war es ein normaler Kundentermin, den Enrico Nottrodt im
Frühjahr 2014 wahrgenommen hatte: Der gelernte Metallbauer wollte
gemeinsam mit einem Kollegen Montagearbeiten auf einem Stahlgerüst
vornehmen. Doch normal verlief an diesem Tag im April nichts – und auch
in der folgenden Zeit änderte sich das Leben des 33-Jährigen von Grund
auf. Nottrodt stürzte vom Gerüst in einen Fahrstuhlschacht: vier Meter in die
Tiefe, ein harter Aufprall, dann erstmal – nichts.
I
ch war nicht bewusstlos, wusste aber nicht mehr, wo ich
war“, erzählt Nottrodt heute, ein Jahr später, im Büro des
Wiesbadener Unternehmens Metallbau Rank. „Ich dachte,
es geht mir gut, wollte aufstehen und habe sofort gemerkt,
dass etwas mit meinem linken Fuß nicht stimmt.“ Irgendwie
schaffte er es, auf einer Leiter aus dem Schacht zu klettern,
der Kollege rief einen Krankenwagen, der Fuß wurde dicker
und dicker. Einen Fersenbeintrümmerbruch und ein herausgebrochenes Stück der Kniescheibe stellten die Ärzte fest,
einen Riss im Bein diagnostizierten die Fachleute später zusätzlich. Nottrodts Unfall wurde als schwerer Arbeitsunfall
eingestuft. Dass er ein Jahr später wieder als Beschäftigter in
seinem alten Unternehmen am Tisch sitzen kann, verdankt er
seinem persönlichen Einsatz, seinem Arbeitgeber – und dem
Rehamanagement der BGHM, das ihn bei seiner beruflichen
Wiedereingliederung unterstützt hat.
Umschulung zum Schweißfachmann
Nottrodts Verletzungen nach dem Unfall erwiesen sich als
kompliziert, die Genesung als langwierig. „Ein Schleimbeutel musste entfernt werden, das Knie wurde operiert,
26
BGHM-Aktuell 4|2016
Enrico Nottrodt, Alexander Schott
(BGHM) und Manfred Rank
(v.l.n.r.) im Gespräch
der Trümmerbruch konservativ behandelt“, zählt Nottrodt
auf. Physikalische Therapien, eine Erweiterte Ambulante
Physiotherapie (EAP) und eine Arbeitsbelastungserprobung
folgten. „Ich war jeden Tag im EAP-Institut, habe Lymphdrainage bekommen, Bewegungsabläufe trainiert und gelernt, auf Krücken zu laufen. Weil ich beim Gehen die ganze
Zeit nicht richtig abrollen konnte, untersuchte mich noch
einmal ein Spezialist“, erzählt er. Dabei stellte dieser eine
Verschiebung des oberen und unteren Sprunggelenks fest,
die operiert werden musste. „Herr Nottrodt hat bei seinem
Unfall verschiedene Verletzungen erlitten, die unterschiedlich therapiert wurden. So sollte eine möglichst umfassende
Wiedereingliederung in sein berufliches und soziales Umfeld garantiert werden“, erklärt BGHM-Reha-Manager Alexander Schott, der Nottrodts Behandlung koordiniert hat.
Aufgrund der erlittenen Bewegungseinschränkung durch
den Unfall war es dem Metallbauer dennoch nicht möglich,
seinen alten Beruf weiter auszuüben. „Alles, was ich vor
dem Unfall gemacht habe: montieren, konstruieren, auch
mal über Kopf arbeiten und auf Gerüste klettern, geht nicht
mehr. Ich kann nicht mehr so lange stehen und noch immer
Leben & Leistung
nicht richtig laufen.“ Zu seinem alten Arbeitgeber
zurückkehren konnte er dennoch: „Für uns war
sofort klar, dass wir Herrn Nottrodt weiterbeschäftigen möchten“, sagt Geschäftsführer Manfred Rank. „Wir mussten nur überlegen, was für
eine neue Stelle wir ihm anbieten können.“ Die
Lösung: eine Tätigkeit im Bereich Qualitätssicherung, Wareneingangskontrolle und administrative Bürotätigkeit. Die BGHM finanzierte außerdem
eine Weiterbildung zum Schweißfachmann. „Da
Herr Nottrodt seine vorherige Arbeit nicht mehr
ausüben konnte, hat ihn die BGHM beim Übergang zu einer neuen Tätigkeit unterstützt, die
er trotz seiner Einschränkungen erfüllen kann“,
erklärt Schott. Bei seiner Wiedereingliederung
in den Betrieb verlor Nottrodt keine Zeit: Auf ein
halbes Jahr Reha folgte unmittelbar der Schweißerlehrgang, der dem einstigen Metallbauer viel
Spaß bereitet hat: „Schweißen habe ich schon seit
der Ausbildung gerne gemacht. Außerdem geht
diese Arbeit auch im Sitzen, ein Riesenvorteil“,
sagt Nottrodt. Als neuer Experte auf dem Gebiet
übernimmt er jetzt auch eigenverantwortliche Tätigkeiten, erstellt neue Schweißanweisungen und
Schweißfolgepläne und berät die Kundschaft. „Er
schaut einfach, wieviel er schon machen kann
und was er sich zutraut“, berichtet Unternehmer
Rank. „Ansonsten achten auch die Kollegen darauf, dass er sich nicht übernimmt.“
BGHM-Experte Alexander Schott ist begeistert
vom Engagement seitens des Betriebs: „Wir sind
sehr dankbar für Unternehmer wie Herrn
Rank, die sich so für ihre Beschäftig„Durch meiten einsetzen und sie nach einem
Arbeitsunfall derart unterstütne Weiterqualifizen“, sagt er. Manfred Rank sieht
dies pragmatisch: „Wenn etwas zierung habe ich eine
schiefgeht, muss man handeln“, neue Tätigkeit gefunlautet seine Devise. Enrico Nottden, die mir richtig
rodt hält ebenfalls nichts davon,
gut gefällt.“
sich selbst zu bemitleiden. Sein Unfall hat auch Gutes nach sich gezogen,
findet er: „Hätte ich nicht mehr hier arbeiten können, wäre das fatal gewesen. Aber durch
meine berufliche Weiterqualifizierung habe ich
jetzt sogar eine neue Tätigkeit gefunden, die mir
richtig gut gefällt.“ Auch im privaten Bereich
sieht er die Folgen seines Unfalls mit positivem
Blick: Zwar kann er jetzt nicht mehr Fußball spielen, wie er es einst leidenschaftlich getan hat.
„Dafür bin ich jetzt aber Torwart-Trainer und gebe
meine Erfahrung weiter“, sagt er und lacht. Und
nicht nur das: „Weil ich wegen der Verletzungen
so lange zu Hause bleiben musste, habe ich mein
kleines Kind aufwachsen sehen – und was kann
man sich als Vater Schöneres wünschen?“
Adrienne Bilitza, BGHM
Enrico Nottrodt an
seinem neuen Arbeitsplatz
BGHM-Aktuell 4|2016
27
28
BGHM-Aktuell 4|2016
© Andrey Burmakin - Fotolia.com
Leben & Leistung
Leben & Leistung
BK 1318: Berufskrankheiten durch Benzol
Was Sie wissen sollten!
Die gesundheitsschädliche Wirkung von Benzol ist seit dem Ende des 19. Jahrhunderts
bekannt. Erkrankungen durch Benzol werden deshalb bereits seit 1925 als
Berufskrankheit anerkannt. Während zunächst die akut toxischen (giftigen) Folgen
des Benzols im Vordergrund standen, sind in den vergangenen Jahrzehnten die durch
Benzol bedingten malignen (bösartigen) Erkrankungen in den Fokus gerückt.
N
euen medizinischen Erkenntnissen entsprechend beschreibt die BK 1318 der aktuellen Berufskrankheitenverordnung die „Erkrankungen des Blutes, des blutbildenden und des lymphatischen Systems durch Benzol“. Bei der
BGHM gehen dazu jährlich etwa 400 Verdachtsanzeigen ein.
Wo Gefahrenquellen lauern
Benzol ist der einfachste aromatische Kohlenwasserstoff
und Bestandteil in allen fossilen Brennstoffen. Es fällt bei
der Verkokung von Steinkohle und Destillation von Erdöl
an, entsteht bei der unvollständigen Verbrennung organischer Verbindungen und ist im Tabakrauch sowie in den
Abgasen von Kraftfahrzeugen enthalten. Benzolhaltige Produkte kamen insbesondere in den frühen Jahrzehnten des
20. Jahrhunderts als preiswerte und effektive Reinigungsund Lösungsmittel sowie als Verdünner von flüssigen Klebern in zahlreichen Gewerbezweigen zum Einsatz. Auch im
Ottokraftstoff ist es enthalten, allerdings ist hier der Benzolgehalt auf unter ein Volumenprozent beschränkt. Als Ausgangsstoff gewinnt Benzol in der Herstellung von Farben,
Kunststoffen oder Pflanzenschutzmitteln weiter an Bedeutung. Die Produktion von Reinbenzol im Jahr 2007 belief
sich weltweit auf etwa 40 Millionen Tonnen (Deutschland
2,3 Millionen Tonnen, Quelle: VCI 2008).
Wie der Schaden entsteht
Benzol ist als gesichert krebserzeugend für den Menschen
eingestuft. Am Arbeitsplatz dürfen deshalb heute nur noch
Gemische mit einem Massegehalt von weniger als 0,1 Prozent Benzol verwendet werden. Die Aufnahme von Benzol
in den Körper erfolgt über die Atemwege und die Haut. Sie
kann zu einer reversiblen oder irreversiblen Verminderung
der peripheren Blutzellen durch Schädigung des Knochenmarks führen. Nicht bösartige Erkrankungen (sogenannte
toxische Schädigungen) zeigen sich z. B. in einer Verminderung der Blutplättchen (Thrombozytopenie) oder der roten Blutkörperchen (Anämie). Eine Benzolexposition kann
auch zu Krebserkrankungen des blutbildenden oder des
lymphatischen Systems führen. Damit sind unter anderem
verschiedene Leukämieformen und deren Vorstufen sowie
Non-Hodgkin-Lymphome gemeint. Die krebserzeugende
Wirkung geht dabei von Stoffwechselprodukten aus, die der
menschliche Organismus beim Benzolabbau bildet.
Ob die berufliche Benzolexposition letztendlich Ursache
einer Erkrankung ist, und diese darauf zurückgeführt wer-
den kann, hängt vom jeweiligen Krankheitsbild sowie von
der Intensität und vom zeitlichen Umfang des Umgangs
mit Benzol, also der Benzoldosis ab. Bei der Beurteilung
sind zudem außerberufliche Ursachen der Entstehung der
Erkrankung wie beispielsweise die Einnahme bestimmter
blutbildverändernder Medikamente, Störungen der Blutbildung, strahleninduzierte Erkrankungen, bestimmte Virusinfektionen (z. B. HIV) oder eine familiäre Veranlagung zu
berücksichtigen.
Leistungen der BGHM
Eine Erkrankung kann auch viele Jahre nach einer Exposition gegenüber Benzol auftreten (sogenannte Latenz- bzw.
Interimszeit). Dies stellt auch die Ermittlungen der BGHM in
einem Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren vor eine
besondere Herausforderung. Teilweise sind dabei über Jahrzehnte zurückliegende berufliche Belastungen zu beschreiben und zu bewerten. Sobald der BGHM der Verdacht auf
das Vorliegen einer Berufskrankheit bekannt wird, nehmen
deren Fachleute Kontakt mit den Betroffenen auf. Sie ermitteln unter Einbeziehung der Versicherten alle Umstände
des Einzelfalles, klären und erläutern die Voraussetzungen
für die Anerkennung der Erkrankung als Berufskrankheit.
Zudem beraten sie die Erkrankten persönlich. Wird im notwendigen Verwaltungsverfahren das Vorliegen einer Berufskrankheit festgestellt, trägt die BGHM die Kosten zur
medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation.
Begleitend dazu erfolgt auch die Sicherstellung der finanziellen Situation im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften,
beispielsweise durch die Zahlung von Verletztengeld für die
Dauer der erkrankungsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Zeitnah werden auch mögliche Ansprüche auf die Zahlung einer
Rente geprüft und festgestellt.
Was Betroffene tun können
Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, der Berufsgenossenschaft einen entsprechenden Verdacht zu melden. Auch
Unternehmerinnen und Unternehmer oder die Betroffenen
selbst können der BGHM den Verdacht auf eine Berufskrankheit melden. Zudem haben Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für Beschäftigte mit einem beruflichen Kontakt zu
Benzol eine arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge (G 8 – Benzol) zu veranlassen. Der Abschnitt 4.1 der BGI/GUV-I 504-8
führt dazu beispielhaft Arbeitsverfahren und -bereiche mit
höheren Expositionen auf.
Erik Breitkopf, BGHM
BGHM-Aktuell 4|2016
29
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Sicheres Arbeiten in der Metallurgie
1. BGHM-Hüttensymposium
Lautes Dröhnen am Elektrolichtbogenofen, glühendes Metall und
sprühende Funken: Wo Stahl und Eisen erzeugt und verarbeitet
werden, kann es im Arbeitsalltag zu brenzligen Situationen
kommen.
Stahlindustrie hautnah
Wie Arbeitsschutz im Betriebsalltag eines großen Unternehmens der Metallindustrie funktioniert, erfuhren die
Teilnehmenden bei einer Führung durch die Deutsche Edelstahlwerke GmbH in Siegen. Während des zweistündigen
Rundgangs durch die Werkshallen lernten sie unterschiedliche Methoden und Praktiken kennen, um sie mit eigenen
Präventionsmaßnahmen zu vergleichen und um neue Lö-
30
BGHM-Aktuell 4|2016
sungen im Arbeitsschutz zu adaptieren. „Der offene Dialog
über Unfälle, Beinaheunfälle und die abgeleiteten Präventionsmaßnahmen verschaffte allen Teilnehmenden einen
Gewinn“, erklärt Mario Heinecke von der Nordenhamer
Zinkhütte GmbH. Dies bestätigt auch Axel Hanns, Sicherheitsingenieur bei der Ilsenburger Grobblech GmbH: „Das
Symposium war durchweg von der Kompetenz der Vortragenden und dem gemeinsamen Willen geprägt, die Gestaltung sicherer Arbeitsbedingungen innerhalb der Branche
weiterzuentwickeln“, sagt er. „Dies zeigte auch die jederzeit
konstruktive und vertrauensvolle Kommunikation.“
Weitere Informationen zum sicheren Arbeiten gaben
Fachleute der BGHM und der teilnehmenden Unternehmen
in Vorträgen zu den Themen „Sichere Bedienung von Kranen“ und „Absturzsicherungen bei Kranreparaturen“ sowie
zu verschiedenen Branchenregeln.
Das Symposium wird künftig einmal im Jahr an verschiedenen Standorten stattfinden. „Unser Konzept, die Verbindung von Theorie und Praxis, hat sich bewährt“, erklärt
BGHM-Experte Freyert. „Die rege Teilnahme unserer Versicherten hat gezeigt, dass sie das Angebot zum fachlichen
Austausch gerne nutzen und mit vielen hilfreichen Informationen in ihren Arbeitsalltag zurückkehren.“
BGHM
© Jindustrieblick - Fotolia.com
Z
um gegenseitigen Austausch und zur Weiterbildung in
Sachen Arbeitsschutz und Gefährdungssituationen in
der Metallurgie haben sich 30 Fachkräfte für Arbeitssicherheit aus Mitgliedsbetrieben der BGHM nun erstmals zum
Hüttensymposium getroffen – einer zweitägigen Veranstaltung
des DGUV-Fachbereichs Holz und Metall.
„Die Konzeption des Symposiums ist sehr praxisorientiert“, erklärt Hans-Joachim Freyert vom BGHM-Sachgebiet
Hütten, Walzwerke, Gießereien und Hebetechnik, der die
Veranstaltung organisiert hat. „Unfallschilderungen aus
den Mitgliedsbetrieben spielen im Programm eine wichtige
Rolle – welche Konsequenzen können wir aus diesen ziehen? Auch die Besichtigung eines metallurgischen Unternehmens ist ein Muss. So lassen sich gute Lösungsansätze
der Prävention am besten verbreiten.“
© kelttt - Fotolia.com
Leben & Leistung
Bei Arbeit im Heimbüro
Kein Versicherungsschutz auf dem Weg zum
Kindergarten und zurück
Immer häufiger wird die Arbeit nach Hause verlagert. Normalerweise gelten hier
die gleichen rechtlichen Grundlagen für den Versicherungsschutz wie im Betrieb.
Doch es gibt auch kleine Unterschiede, wie folgender Fall belegt.
D
ie Beschäftigte arbeitete zu Hause für ihren Arbeitgeber im sogenannten Homeoffice. Vor Arbeitsbeginn
brachte sie ihr Kind in den Kindergarten. Auf dem
Rückweg nach Hause erlitt sie einen Verkehrsunfall. Lag ein
Arbeits- oder Wegeunfall vor? Nein, urteilte das Sozialgericht
Hannover. Nach Paragraf 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sind zwar die
Wege von zu Hause zum Ort der Tätigkeit (und umgekehrt)
grundsätzlich versichert. Dies gilt aber nicht beim Homeoffice.
Die Beschäftigte befand sich bei ihrer Fahrt nicht auf dem Weg
zum Ort ihrer Tätigkeit. Liegen Wohnung und Arbeitsstätte im
selben Gebäude, handelt es sich nicht um einen versicherten
Weg im Sinne des zitierten Gesetzes.
Auch der besondere Versicherungsschutz nach Paragraf 8
Abs. 2 Nr. 2 a) SGB VII greift dann nicht. Werden Kinder auf
dem Weg zum Betrieb oder zum Ort der Tätigkeit in den Kindergarten gebracht, dann ist nach dieser besonderen gesetzlichen Regelung der Weg versichert, auch wenn er von der
direkten, unmittelbaren Strecke zur Arbeit abweicht. Voraussetzungen hierfür sind:
• Es handelt sich um einen Weg der Mutter oder des Vaters,
der mit der Fahrt zu oder von der Arbeitsstätte verknüpft
ist.
• Es handelt sich um ein Kind der oder des Versicherten
(eigenes Kind/Stiefkind/Pflegekind).
• Beide leben in einem gemeinsamen Haushalt.
• Fremde Obhut ist notwendig, um die Berufstätigkeit
überhaupt ausüben zu können.
Dieser Versicherungsschutz greift jedoch beim Homeoffice
nicht: Da hier schon ein versicherter Weg zur Arbeitsstätte
rechtlich nicht vorliegen kann, scheidet konsequenterweise auch ein versicherter Umweg zur Arbeitsstätte aus. „Ein
Wegbringen von Kindern ist daher auch dann ausgeschlossen, wenn dies mit Rücksicht auf die Arbeit geschieht“, so
das Sozialgericht Hannover zum Versicherungsschutz.
Das Sozialgericht sah auch keine Möglichkeit, diese Vorschrift analog anzuwenden. Dann hätte das Gesetz lückenhaft sein müssen, etwa weil es beispielsweise gerade die
vorliegende Situation übersehen und deshalb nicht geregelt
hätte. Nach Auffassung des Sozialgerichts hat der Gesetzgeber aber angesichts der detaillierten gesetzlichen Regelung
bewusst nur die ausdrücklich im Gesetz genannten Fälle des
Transportes von Kindern versichert wissen wollen. Auch einen Verstoß gegen das Grundgesetz, insbesondere Art. 3 GG
– Gleichheit vor dem Gesetz– und Art. 6 GG – Schutz von
Ehe und Familie – konnte das Gericht darin nicht erkennen. (Sozialgericht Hannover, Urteil vom 17.12.2015, Az.: S 22
U 1/15)
Karl Heinz Schwirz, BGHM
BGHM-Aktuell 4|2016
31
BGHM, Isaac-Fulda-Allee 18, 55124 Mainz
„Im Ernstfall kann ich mich auf
meine BGHM verlassen.
Sie sichert durch das Prinzip
der Haftungsablösung meine
wirtschaftliche Existenz.“
Jochen Conrad, Geschäftsführer der
TEHA Querfurt GmbH
Lesen Sie mehr zur Haftungsablösung
der gesetzlichen Unfallversicherung auf
www.dguv.de, Webcode d104751