Kosmopolitismus vs. Methodologischer Nationalismus Referentin: Sevgi-Nuralev Karasac Ä'LH:HOWGHUErsten Moderne war eine nationale Welt. Es gab eine klare Trennung zwischen Innen und Außen, Heimat und Ausland, Innen- und $XHQSROLWLN³%HFN'LHVHUmethodologische Nationalismus jedoch beschreibt schon längst nicht mehr in adäquater Weise soziale, politische und wirtschaftliche Prozesse der Welt. Ein Gegenpol hierzu stellt der Kosmopolitismus als Kritik dar. Doch inwiefern hat die Kritik am methodologischen Nationalismus, der Kosmopolitismus, progressiven und damit vorantreibenden Charakter für die Soziologie? Methodologischer Nationalismus Kosmopolitismus Nationalstaat: ÄhEHUHLQVWLPPXQJ von ethnischer Gemeinschaft und territorial-rechtlicher +HUUVFKDIW³ (bpb 2016) Der methodologische Kosmopolitismus kritisiert die Verabsolutierung, die Totalität, und das Nationale als natürliche Gegebenheit am m. Nationalismus. begriffliche Differenzierung von Nation und Staat: Die Nation ist ein Volk mit gemeinsamer Herkunft, Geschichte, Kultur, Sprache und/oder Identität (vgl. Calhoun 1997), wobei ein Staat ein souveränes System innerhalb eines bestimmten Territoriums darstellt. Der methodologische Nationalismus hingegen besteht aus Paradigmen, die sich mit der ÄVR]LDOHQ Ordnung der :HOW³ (Triebe 2012: 12) befassen. Nationalstaaten sind demzufolge unabhängig und relativ homogen in ihrem Innern (vgl. Beck/Grande 2010: 189) und gekennzeichnet durch nationale Grenzen, Institutionen sowie Gesetze. Eine wichtige Annahme ist, dass Innen- und Außenpolitik klar trennbar und unabhängig voneinander seien. Er wurde über einen langen Zeitraum hinweg von vielen Autoren (u.a. Giddens, Habermas, Durkheim) als (implizite) Theoriebasis verwendet, ohne ihn zu reflektieren; er wurde vielmehr als natürlich gegeben und bei Robertson sogar als ein Produkt der Globalisierung (Berking 2008: 122) bezeichnet. vs. Becks m. Kosmopolitismus fundiert auf seiner Weltrisikogesellschaft als Kennzeichen der 2. Moderne. Laut Beck gibt es nicht die eine Gesellschaft, keine Konvergenz, man könne nicht von einer auf das Totale schließen; es gibt vielmehr eine Pluralität von Gesellschaften (vgl. Beck/Grande 2010: 189). Es ist ein Sowohl-als-auch-Prinzip (Beck 2003: 27), bei dem eine wir-sie-Unterscheidung nicht mehr haltbar ist (ebd. 196). Aber auch Beck musste sich Kritik aus den eigenen Reihen stellen. Laut Antweiler neigt dieser Kosmopolitismus dazu, ÄHOLWlUXQGDQGUR]HQWULVFK³]XZHUGHQZHLOÄORNDOH 6LFKWHQ(UIDKUXQJHQ3UDNWLNHQXQG3UREOHPH³HEG ausgeblendet werden. Der neue Kosmopolitismus ist ein realistischer, der sich den alltäglichen Basisproblemen stellt (ebd., 73). Auch Appiahs verwurzelter Kosmopolitismus ist HLQQHXHU(UNULWLVLHUWGLHÄ8QSDUWHLOLFKNHLW³HEGVRZLH %HFNVÄNRVPRSROLWLVFKH(PSDWKLH³HEG Der neue Kosmopolitismus ist unrein wegen seines praktischen Realitätsbezugs, weil er immer sozial, politisch und kulturell lokalisiert ist. 'DVÄ%UH[LW³-Beispiel Die aktuelle Debatte um Brexit und dessen Folgen dienen hervorragend zur Veranschaulichung, dass der m. Nationalismus unzutreffend zur Beschreibung sozialwissenschaftli-cher Phänomene ist. So müsste man infolge des m. Nationalismus lediglich die Folgen des Brexit für Großbritannien betrachten: z Ökonomie: 1) Kosten < 300mrd. ¼; 2) BIP -14%; 3) Option A: Status wie die Schweiz; Option B: keine Handelsprivilegien; 4) Arbeitsplätzeabbau z Politik: 1) globale Isolation; 2) Spaltung Nordirland ± Irland (Bertelsmann 2015) Tatsächlich aber hat Brexit profunde transnationale Folgen in der EU, da Innen- und Außenpolitik nun einmal zusammenhängen. So bedeutet ein Brexit für Deutschland bspw. erhöhte EU-Beiträge (+2,5mrd. ¼/Jahr) und ein Rückgang in der Kfz-Branche (-2%). Politisch gesehen verliert Deutschland einen wichtigen Verbündeten ggü. Frankreich in Brüssel und riskiert die Infragestellung der EU insgesamt, dies hat ferner globale Folgen. Quelle: www.bbc.com Fazit Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der m. Nationalismus heute keineswegs mehr ausreicht, da sich im Zuge der Globalisierung soziale, politische, ökonomische und kulturelle Prozesse längst über Staatsgrenzen hinwegsetzen. Der Kosmopolitismus bietet zum einen eine offenere Perspektive, zum anderen das methodologische Repertoire zur Beschreibung solcher Prozesse und bringt die Soziologie somit weiter voran. Literatur Antweiler, C. (2011): Mensch und Weltkultur. Für einen realistischen Kosmopolitismus im Zeitalter der Globalisierung, Bielefeld. Beck, U. (2003): Verwurzelter Kosmopolitismus: Entwicklung eines Konzepts aus rivalisierenden Begriffsoppositionen, in: Winter, R. (Hg.): Globales Amerika? Die kulturellen Folgen der Globalisierung, S. 25-43. Beck, U. / Grande, E. (2010): Jenseits des methodologischen Nationalismus. Außereuropäische und europäische Variationen der Zweiten Moderne, S. 187-216. Berking, H. (2008): Globalisierung. In: Baur, N. Et al. (Hg.): Handbuch Soziologie, Wiesbaden, S. 117-137. Bertelsmann-6WLIWXQJÄ%5(;,7³N|QQWHWHXHUZHUGHQ± vor allem für Großbritannien, (https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuellemeldungen/2015/april/brexit-koennte-teuer-werden-vor-allem-fuer-grossbritannien/). Bpb (2016): Nationalstaat. (http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/17894/nationalstaat). Calhoun, C. (1997): Nationalism. Minneapolis. Triebe, B. (2012): Der Nationalstaat als sozialwissenschaftliche Denkkategorie. Eine Analyse des methodologischen Nationalismus, Marburg.
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