L9 SO 20 236/13 - Mandler Coaching

Kompendium LVR-Kriterien
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zur Abgrenzung relevanter Leistungen i.R. des §53 SGB XII
für das Ambulant Betreute Wohnen
Bezug:
Urteil LSG L9 SO 24/13
Urteil LSG L20 SO 236/13
1. Anspruchsvoraussetzungen
1.1 wesentlich behinderte Menschen
§53 (1) Satz 1 SGB XII regelt den Anspruch auf Eingliederungshilfe als Pflichtleistung für wesentlich
behinderte Menschen.
„Nach §3 Nr. 4 der Verordnung nach §60 SGB XII- Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören
Neurosen und Persönlichkeitsstörungen 7 zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche
Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 (1) Satz 1 SGB XII zur Folge haben können.
Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung dees
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Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten.“
1.2 Einordnung des Bewo in den Leistungskomplex des §53 SGB XII
Die Grundlage der Leistungserbringung i.R. des ABW findet sich in §53 (1) und (3) SGB XII i.V.m. §
55 (2) Nr. 6. SGB IX:
„Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten“
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Dazu in der Urteilsbegründung : „Was unter „Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten
Wohnmöglichkeiten“ im Sinne von §55 (2) Nr.6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert
und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (). Aus diesen geht lediglich hervor,
dass sich der in §98 (5) Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der „Formen ambulanter
Wohnmöglichkeiten“ an §55 (2) Nr. 6 SGB IX orientieren soll ().Die Rechtsprechung hat hieraus
abgeleitet, daß die sowohl in §55 (2) Nr.6 SGB IX als auch in §)( (5) Satz 1 SGB XII verwandten
Begriffe „Betreute Wohnmöglichkeiten“ inhaltlich identisch sind.“
Das umfaßt laut Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) sowohl die eigene Wohnung als auch
Wohngruppen bzw. Wohngemeinschaften:
„Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche
Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbständigkeit und
Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und
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Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung.“
2. Ziel und Zweck der Hilfe – hier: ABW/Bewo
Der Senat schlußfolgert in seinem Urteil: „ Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch
Leistungen nach §55 (2) Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen
Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld
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zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen.“ Diese
Aussage führt schließlich zum Maßstab des finalen Wohnbezugs als grundlegende Ausrichtung
sämtlicher Leistungen i.R. des ABW.
Weiter führt der Senat an selber Stelle aus: „ Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen
gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu
bewältigen.“ Wir nennen dies die Compliance des Klienten.
Allerdings meint „sporadische Unterstützung“ hier nicht zufällige und gelegentliche Ereignisse,
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Grundlage ist das Urteil des Landessozialgerichts NRW Az. L9 SO 24/13, zugestellt durch LVR am 13.06.2016
Ebd. Abs.65
3
Ebd. Abs.67
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Ebd. Abs. 68
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Ebd. Abs. 69, vgl. auch das Urteil L20 SO 236/13 des LSG-NRW:“ Dem Wortlaut des §55 (2) Nr. 6 SGB IX „zu
selbstbestimmten“ und „Wohnmöglichkeiten“ lässt sich deshalb lediglich als Anhaltspunkt im Sinne einer
Mindestvoraussetzung entnehmen, dass Leistungen des Bewo stets wohnungsbezogen sein und sich final („zu“)
darauf richten müssen, ein selbstbestimmtes Leben in einer solchen Wohnmöglichkeit zu führen ().“
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sondern bezieht sich zum einen darauf, daß ABW gemessen an der täglichen Lebenszeit nur zu
einem Bruchteil präsent ist und zum anderen einer Regelmäßigkeit im Verlauf der Betreuung und
einer Einbindung in ein Gesamtkonzept (= IHP) bedarf.
Diese Gesamtkonzeption (des Trägers) muss „ auf die Verwirklichung einer möglichst selbständigen
und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein.“ Konkret heißt das:
- „Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbständig in der Wohnung zurecht zu finden,“
- „die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten,“
- „den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen,“
- „eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten.“
- „die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen,“
- „notwendige Arztbesuche“
- oder Besuche von „in der Nähe wohnenden Familienangehörigen“
Aber: alles unter der Vorgabe, „die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen,
daß sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbständig inner- und außerhalb
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der Wohnung bewegen kann ().“
Das führt zu der grundlegenden Auffassung: „Die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten
wohnungsbezogen sein und final auf die Selbständigkeit „beim Wohnen“ und im Wohnumfeld
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ausgerichtet sein ().“ Daher kann „nicht jede Form von sozialer und psychischer Unterstützung unter
dieser Vorschrift subsumiert werden“.
Und nochmal:
„Vielmehr müssen Hilfen nach §55 (2) Nr.6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen
und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten
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Wohnform () im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen.“
Leistungen in diesem Sinne hält der Senat nur dann für erforderlich, „wenn die vom
Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbständigkeit entsprechende
Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne die Unterstützung Dritter in eine weniger
selbstbestimmte Wohnform, insbesondere eine stationäre Einrichtung, wechseln müßte.
Ein allgemein gehaltener realer Hilfebedarf macht Leistungen der Eingliederungshilfe bzw. speziell
des ABW nicht erforderlich, wenn dieser Hilfebedarf „nicht mit der von ihm gewählten Wohnform in
Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform
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bezieht.“
Im Umkehrschluß heißt das: Wenn „ keine schwerpunktmäßige Ausrichtung auf die Förderung des
selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu
selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von §55 (2) Nr.6 SGB IX dar, weil es an
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der spezifischen Zielsetzung dieser Leistung fehlt.“
-
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3. Schlußfolgerungen 1
Finaler Wohnbezug der Hilfe ist zwingend.
Dazu gehört im Kern: Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das
Zurechtfinden in der Umgebung.
Ohne ABW müßte die Wohnform gefährdet sein, weil allein nicht aufrechterhaltbar
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„7Hauptzielrichtung muss die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein“
Jegliche Hilfe findet ihren Ausdruck individuell im IHP und grundsätzlich auf der Grundlage des
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Trägerkonzepts, dadurch kann sie erst Bestandteil abrechenbarer Leistungen werden.
Ebd.
Ebd. Abs. 70
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Ebd.
9
Ebd. Abs. 71
10
Ebd. Abs. 75
11
Ebd. Abs. 68
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Vgl. ebd. Abs. 79
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4. Rechtliche Bewertung der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung als vertragliche Basis
unserer Arbeit im Auftrag des LVR
„Mit ambulanter „Eingliederungshilfe zum selbständigen Wohnen“ im Sinne von §1 (1) der Leistungsund Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach §55 (2) Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich
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die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollen.“
Der Senat des LSG hält am finalen Wohnbezug als elementare Voraussetzung der Hilfen auch
entgegen weitreichenderer Beschreibungen in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung §1 (2) fest
und sieht in der Beschreibung keinen weiterreichenden Geltungsbereich der Leistungen.
Etwas kritisch dem LVR gegenüber merken sie an: „Die in §1 (2) der Leistungs- und
Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von
Leistungen der Eingliederungshjilfe (vgl. insoweit auch §53 (3) SGB XII) und sind damit fast jeder
Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich
der Leistungs- und Prtüfungsvereinbarung zu bestimmen.
Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und
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Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist.“
5. Abgrenzung
5.1 - zu SGB-V-Leistungen
Desweiteren werden noch beantragte Einzelleistungen auseinandergenommen. So seien z.B.
Maßnahmen mit dem Ziel, den Klienten zur Reduktion des THC-Konsums zu bringen, allesamt dem
Bereich der medizinischen Rehabilitation zuzuordnen und somit SGB V-Leistung. Das gelte auch
für sog. „Entlastungsgespräche“ im Kontext psychischer Krisen.
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Zur Abgrenzung gilt dabei folgende Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) :
„Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung
befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (). Entscheidend ist,welches konkrete Ziel mit
der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund
steht. 7 Leistungen zur Teilhabe an der Gemeinschaft nach §55 (1) SGB IX setzen an den sozialen
Folgen einer Krankheit oder Behinderung an und dienen deren Überwindung (). Sie sollen die
Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern ().
Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des
gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen,
andererseits auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn
sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignisse und Bezügen abgeschnitten werden. Dem
behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft,
sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung
und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden“.
Dem gegenüber versteht das BVerwG die medizinische Rehabilitation als auf Heilung ausgerichtetes
Handeln direkt an der Erkrankung – und eben nicht deren Folgen. „Sie dienen dazu, Behinderungen,
einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine
Verschlimmerung zu verhüten (), sowie den vorzeitigen Bezug von Sozialleistungen zu vermeiden
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odern laufende Sozialleistungen zu mindern ().“
Der Senat des LSG schlussfolgert, dass in dem vorliegenden Fall Entlastungsgespräche in
psychischen Krisen und die Gespräche zur Abstinenzstärkung unmittelbaren Einfluss auf die
Ursachen der Erkrankung nehmen und nicht auf die Folgen – somit seien sie medizinischer
Ausrichtung und der Eingliederungshilfe nicht zuzuordnen. „Es geht damit eindeutig im Schwerpunkt
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um die Verhütung der Verschlimmerung der Erkrankung des“ Betroffenen.
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Ebd. Abs. 96
Ebd. Abs. 98
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Ebd. Abs. 111: Urteil vom 18.10.2012 – 5 C 15/11
16
Ebd.
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Ebd. Abs. 115
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5.2 - zur rechtlichen Betreuung
Des Weiteren befasst sich der Senat mit der Abgrenzung der Leistungen zur rechtlichen Betreuung
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und nimmt dazu wie folgt Stellung :
Die rechtliche Betreuung dient dem Betroffenen zur Erledigung rechtlicher Angelegenheiten, sofern er
selbst dazu aus behinderungsbedingten Gründen dazu nicht in der Lage ist. Diese Hilfe ist vorrangig
ggü. der Eingliederungshilfe zu werten. Dem steht nicht entgegen, dass es sich um stellvertretende
Handlungen handelt – denn der gesetzliche Betreuer ist auch verpflichtet, den Betreuten zum einen
angemessen in wichtige Entscheidungen einzubeziehen und andererseits ihn zu befähigen, die Dinge
gemäß seinem Vermögen zunehmend selbst in die Hand zu nehmen.
Dabei ist die stellvertretende Besorgung rechtlicher Angelegenheiten durch einen gesetzlichen
Betreuer der Eingliederungshilfe vorzuziehen. Die Verwirklichung seiner Rechte bspw. ggü.
Behörden u.ä. bedarf nicht der Begleitung, Vorbereitung und Reflexion durch die Eingliederungshilfe,
sondern ist durch das Rechtsinstitut der Betreuung bereits abgedeckt.
„Die Aktivierung und Förderung der Möglichkeiten des Betreuten, selbständig ohne Hilfe des
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Betreuers zu handeln, ist danach originäre gesetzliche Aufgabe eines Betreuers.“ Insofern erübrigt
sich die tatsächliche Unterstützung im Rahmen der Eingliederungshilfe, die – weil nachrangig – hier
nicht zum Zuge kommen muss. Damit liegt die Verselbständigung im Bereich der rechtlichen Belange
in der Hand des gesetzlichen Betreuers.
Demgegenüber hält das Urteil LSG L20 SO 236/13 in anderer Schwerpunktsetzung zur Abgrenzung
fest:
„Grundsatz ist deshalb ein Betreuer - unabhängig vom Umfang seines Aufgabenkreises - nur für die
Organisation erforderlicher tatsächlicher Maßnahmen verantwortlich; die tatsächlichen Hilfestellungen
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selbst muss er hingegen nicht erbringen ().“
„7; ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. -erhaltenden Maßnahmen und persönlicher
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Zuwendung ist vielmehr weiterhin Bestandteil jeder Betreuung.“
„Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof die rechtliche Betreuung gerade von sozialhilfeweiser
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Eingliederungshilfe abgegrenzt.“
"Die Betreuung erstrecke sich vielmehr nur auf Tätigkeiten, die erforderlich seien, um die
Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen (§ 1901 Abs. 1 BGB). Hiervon seien solche
Tätigkeiten nicht umfasst, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpften,
ohne zu dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein. Der Betreuer habe solche tatsächlichen Hilfen in
erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten7. Davon ausgehend falle etwa die
(tatsächliche) Verwaltung des sozialhilferechtlichen Barbetrages in einer stationären Einrichtung dem
Heimpersonal als Leistung der Eingliederungshilfe zu. Die Subsidiarität der Sozialhilfe stehe der
Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Verwaltung des Barbetrags nicht entgegen. Denn
zwar werde Sozialhilfe nach § 2 Abs. 1 SGB XII nur nachrangig gegenüber den Leistungen Dritter
gewährt; dies wirke sich jedoch nicht aus, weil eine für den Aufgabenbereich der Vermögenssorge
eingerichtete Betreuung den Betreuer nicht zur tatsächlichen Verwaltung der Barbeträge verpflichte
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und daher entsprechende Leistungen der Sozialhilfe nicht erübrige.“
„Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen zur Abgrenzung von der gesetzlichen Betreuung
stellen sämtliche Leistungen 7, die sich auf das Erstellen von Haushaltsplänen, auf Gespräche über
Einkaufs- und Konsumverhalten, auf Schulung im Umgang mit Geld usw. beziehen, ohne weiteres
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Bewo-Leistungen dar.“
Und um den Umfang der Leistungen i.R. der Eingliederungshilfe zu komplettieren:
„Auch die Anbahnung ärztlicher oder therapeutischer Behandlungen bzw. Versuche, den Kläger zu
solchen Behandlungen zu motivieren, sieht der Senat jedenfalls dann als Leistung des Bewo an, wenn
sie sich 7 in einem überschaubaren Rahmen halten und die Behandlung bzw. Therapie auf eine
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Stabilisierung im häuslichen Umfeld gerichtet ist.“
Weiter wird ausgeführt:
„Auch die Begleitung zu Ämtern und Behörden rechnet der Senat zu den Bewo-Leistungen. Dies gilt
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Ebd. Abs. 127
Ebd. Abs 133, gemeint ist der gesetzliche Betreuer!
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LSG L20 236/13 Abs. 81
21
Ebd.
22
Ebd. Abs. 82
23
Ebd. Abs. 82
24
Ebd. Abs. 87
25
Ebd. Abs. 88
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jedenfalls dann, wenn die Begleitung (hier etwa das Aufsuchen des Jobcenters) dazu dient, das
Nötige zu tun, um den notwendigen Lebensunterhalt einschließlich der Kosten der Unterkunft
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sicherzustellen.“
„Denn rein lebenspraktische Vorgänge wie das Sichten, inhaltliche Erfassen und Vorsortieren der Post
sowie das Trennen von tatsächlich Wichtigem und Unwichtigem sind der Hilfe zur selbstständigen
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Lebensführung im Bewo zuzurechnen.“
Im Gegenzug sind Forderungen des LVR auf eine vorrangige Suchtbehandlung nicht statthaft, weil sie
nicht primär dem finalen Wohnen geschuldet sind. Deshalb kann sich der Betreute auch einer
Anbindung ans externe Suchthilfesystem verweigern, ohne das Bewo als Leistung zu gefährden:
„Eine Drogenberatung ist auf den Umgang von suchtkranken bzw. suchtgefährdeten Personen oder
ihrer Angehörigen mit einer (drohenden) Sucht und ggf. die Initiierung entsprechender
Therapiemaßnahmen gerichtet, jedoch nicht (primär) auf die Herbeiführung oder
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Stärkung der Fähigkeit, sich in einer eigenen Häuslichkeit zurecht zu finden.“
6. Schlussfolgerungen 2
Zu den Aufgaben können ebenfalls gehören, selbst wenn für die Bereiche ein gesetzlicher Betreuer
bestellt ist:
• rein lebenspraktische Vorgänge wie das Sichten, inhaltliche Erfassen und Vorsortieren
der Post sowie das Trennen von tatsächlich Wichtigem und Unwichtigem
• das Erstellen von Haushaltsplänen, Gespräche über Einkaufs- und Konsumverhalten,
Schulung im Umgang mit Geld
• die Begleitung zu Ämtern und Ärzten, wenn dadurch das Wohnen gesichert werden
kann (finaler Wohnbezug!)
7. Fazit:
Tätigkeiten im ABW werden durch die Rechtsprechung weiter beschränkt; der LVR versucht auf dem
der gerichtlichen Verfahren Rechtssicherheit für Kürzungen der Leistungen zu erwirken.
- Parallele Zuständigkeiten mit unterschiedlicher Zielsetzung wie bei der Zusammenarbeit mit
gesetzlichen Betreuern wird zwar im Urteil LSG 9 SO 24/13 negiert, jedoch im Urteil LSG 20
SO 236/13 näher differenziert und ergänzend aufeinander bezogen.
- Direkte Interventionen auf die Krankheit bezogen sind medizinische Leistungen außerhalb der
Eingliederungshilfe, Hinführung und Motivierung hingegen ist Leistung der Eingliederungshilfe.
- Folgen der Erkrankung sind im Bewo nicht mit Interventionen an den Ursachen zu begegnen –
hier müssen ausschließlich andere abfedernde Maßnahmen erbracht werden, die sich mit den
schädigenden Folgen der Erkrankung beschäftigen. Das heißt drastisch:
wir haben bei einem Rückfall nicht den Rückfall aufzuarbeiten, sondern mit dem Betreuten –
ggf. unter Anleitung – zu erarbeiten, wie er die Folgen des Rückfalls, nämlich die vollgekotzte
Wohnung, wieder zu beseitigen gedenkt und ihn ggf. zu motivieren, nun doch endlich eine
Suchtberatung in Anspruch zu nehmen. Hierin ist er anzuleiten und zu fördern. Alles andere
ist medizinische Reha in der Zuständigkeit der Versorgungslandschaft des SGB V.
- Bei psychotischem Verhalten haben wir uns nicht mit dem Erleben des Klienten und
möglichen Skills zu befassen, sondern mit den Folgen verstörter Nachbarn, verärgerter
Mitbewohner, zerstörter Einrichtung o.ä. – alles andere machen die Kollegen der
medizinischen Versorgung, denen wir den Klienten lediglich bei vorhandener Compliance
zuführen können.
Erstellt durch und zur Veröffentlichung freigegeben:
Kai Jacobi Markus-Haus-Essen Ambulant Betreutes Wohnen
22.07.2016
www.mandler-coaching.de
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Ebd. Abs. 89
Ebd. Abs. 90
28
Ebd. Abs. 78
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