MIXOLOGY TASTE FORUM Zwei Dauerbrenner im Barbetrieb stehen diesmal im Fokus des MIXOLOGY TASTE FORUM: Roter Wermut darf in keiner Bar fehlen und erlebt derzeit ein grandioses, vielseitiges Comeback. Und auch das klassisch-leichte Lagerbier gehört noch immer zu den erfrischenden Favoriten an den Bars. Zeit für eine Bestandsaufnahme zwischen cleveren Craft-Füchsen und gewaltigen Platzhirschen. Text Peter Eichhorn Wermut feiert eine fulminante Rückkehr als Aperitif, und eine hohe Zahl neuer Produkte erweitert die aromatische Bandbreite zwischen süßlich, kräutrig und bitter. Der rote Süßwein mit der Extraportion Gewürzen ist heutzutage in einer Vielfalt verfügbar, von der Bartender bislang nur träumen konnten. Zeit für eine Bestandsaufnahme im gewachsenen Kräutergarten. Als Zweites testet das Mixology Taste Forum (MTF) die Gattung der Lagerbiere. Wichtig für jeden Gastronomiebetrieb: ein geselliges Bier, das entspannt trinkbar und nicht übermäßig fordernd für den Gaumen ist. Bewährte internationale Klassiker dominieren den weltweiten Markt, aber eine wachsende Zahl von Craft-Brauern nimmt sich des untergärigen Stils an, um dessen Abwechslungsreichtum auf eine neue Ebene zu hieven. Die Bier-Kategorie Lager Zahlreiche Brauprojekte hierzulande experimentieren meist zuerst mit den obergärigen Bierstilen der Craft-Szene: Pale Ale, India Pale Ale oder Stout. Diese Varianten sind im Brauprozess oft etwas unempfindlicher und ermöglichen einen sehr flexiblen Umgang mit Hopfensorten, Hefen und Temperaturen. Untergärige Braustile benötigen konstant kühlere Temperaturen und zuweilen ein höheres Maß an Sorgfalt. Sie verzeihen keine Fehler, und so bedeuten traditionelle untergärige Stile wie Pils, Export oder Lager eine große Herausforderung an jeden Jungbrauer. Auf internationalen Bierwettbewerben ist die Anzahl an Lager-Kategorien bereits sehr stattlich. Viele Unterschiede werden gemacht, beispielsweise zwischen amerikanischem Lager oder »Light« (beziehungsweise mildem Lager), Lagerbieren in verschiedenen Farbkategorien, Wiener Lager, böhmischem Lager und noch mehr. Illustrationen: studio grau International Style Lager Für das MTF nehmen wir zwei Varianten von aktuellem Lagerbier in Augenschein und verkosten diese getrennt in zwei Flights. Im ersten Durchgang testen unsere Verkoster die internationale Lagerkategorie mit einigen der bekanntesten und weit verbreiteten Marken auf dem Weltmarkt. Diese Bier-Kategorie weist eine sehr helle, strohfarbene bis blassgoldene Optik auf. Die Biere wurden filtriert, daher soll die Optik glanzfein sein und keine Trübung aufweisen. Kraftvolle Aromen und ein ausgeprägter Charakter fehlen. Eine kräftige Kohlensäure macht das Bier erfrischend, knackig und gut trinkbar, die meisten Anbieter empfehlen eine sehr kalte Temperatur für ihr Produkt. Dieser Typus Lager soll eine möglichst breite Masse an Durstigen ansprechen. Die Verkosterrunde, die sich im Hotel de Rome in Berlin zusammenfand, bestand aus Kai Charkiewicz (Getränkefeinkost), Konrad Friedemann (Bijou Bar), Herr Gekko (The Castle Pub), Dirk Hoplitschek (Bier-Index), Thomas Hübbe (Monterey Bar), Jenny Klama (Bar am Steinplatz), Helen Mol (Sommelière), Sam Orrock (Schwarze Traube), Björn Schröder (Café am Ende der Welt), Koyka Stoyanova (Queen Cha) und Matthew Tremain (The Pier – Badeanzüge und Bier). Da diese Kategorie über wenig ausgeprägte und individuelle Aromen verfügt, stellt sie hohe Anforderungen an die Verkoster. Es gilt, auf Balance, gut eingebundene Kohlensäure und die »Sauberkeit« des Bieres zu achten, also das Nichtvorhandensein von Fehlaromen. Die Verkoster prüfen dabei insbesondere mögliche gängige Fehlaromen wie Dimethylsulfid (DMS), das eine unerwünschte vegetale Note ins Bier bringt. Bier ist sehr lichtempfindlich, daher ist der sogenannte »Lichtgeschmack« ein weiteres gängiges Fehlaroma, ausgelöst durch eine zu intensive Einwirkung von Tageslicht. Das Bier riecht bei diesem Fehler leicht schweflig. Diacetyl ist eine weitere Note, die bei manchen Bieren vorkommt (und sogar bei einigen Ales oder bei böhmischem Pilsener zum Stil gehört), bei Lager jedoch eher unerwünscht ist. Hier kommt eine Note durch, die an buttriges Popcorn erinnert. Glücklicherweise traten leichte Anklänge von Fehlaromen nur sehr geringfügig auf und die damit verbundenen Punktabzüge blieben eher gering. Gleich drei Biere bilden eine enge Spitzengruppe auf dem Siegertreppchen: Tsingtao auf Platz zwei, Beck’s Gold als Dritter und mit etwas Abstand auf Platz eins – Heineken. Hurra für Heineken Das lächelnde »e« im Heineken-Schriftzug hat nun noch mehr Grund zu strahlen. Das Mixology Taste Forum kürt den weltbekannten Klassiker mit stolzen 94 Punkten zum Testsieger. Angenehme Getreidenoten 55 Ratsherrn Preis (ca.): € 1,20 Herkunft: Deutschland, Hamburg Füllmenge: 0,33 l Hersteller: Ratsherrn Brauerei GmbH Alkoholgehalt: 5,4 % Vol. Vertrieb: Ratsherrn Brauerei GmbH 1 Platz 1 Heineken Preis (ca.): € 0,84 Herkunft: Niederlande Füllmenge: 0,33 l Hersteller: Heineken Brouwerijen B.V. Alkoholgehalt: 5,0 % Vol. Vertrieb: Heineken Deutschland GmbH Der niederländische Klassiker mit dem lächelnden »e« weist all das auf, was ein unkompliziertes, erfrischendes Lagerbier ausmacht. Angenehme Getreidenoten vermählen sich mit einer dezenten Fruchtigkeit und leichten Röstaromen zu einem runden und balancierten Trinkgenuss. Eine sauber abgestimmte Kohlensäure sorgt für Erfrischung, die von einer leicht floralen Nuance umspielt wird, bevor der mittellange Abgang mit einer angenehmen herben Note ausklingt. 56 MTF — Mixology Taste Forum Die Biermarke aus den Hamburger Schanzenhöfen zeigt, dass ein süffiges, untergäriges Lagerbier auch im Craft-Style ausgezeichnet interpretiert werden kann. Klarer, dunkler Goldton mit sauberer Schaumkrone, das Bier verströmt einen fruchtig-hopfigen Duft. Leichte Grasigkeit, Stachelbeere und Birne. Am Gaumen herrlich getreidigmalzig, Süße und Zitrusfrische mit etwas Mandarine. Hohe und vergnügliche Drinkability und ein angenehm herber Nachhall. Sehr gutes Preis-Genuss-Verhältnis. Brooklyn Lager Preis (ca.): € 1,50 Herkunft: United States, New York Füllmenge: 0,33 l Hersteller: Brooklyn Brewery, New York Alkoholgehalt: 5,2 % Vol. Vertrieb: Carlsberg Deutschland GmbH Der US-Craft-Standard mit dem markanten »B«. Der amerikanische LagerStil wirkt hierzulande beinahe etwas stilfremd. Klare, helle Bernsteinfarbe verströmt opulente Hopfennoten mit Zitrus. Dazu gesellen sich Facetten von Mango, Karamell und Dörrfrucht. Herrlich ausgewogene Bittere mit vollen Getreide- und Hopfennoten. Die klare Aromenstruktur wird durch eine elegante Bittere und feine Nussaromen abgerundet.Schöne Balance. Ein Klassiker. Platz 2 Tsingtao Preis (ca.): € 1,50 Herkunft: China Füllmenge: 0,33 l Hersteller: Tsingtao Brewery Co., Ltd Alkoholgehalt: 4,8 % Vol. Händler: gourmondo.de Beck’s Gold Preis (ca.): € 0,80 Herkunft: Deutschland, Bremen Füllmenge: 0,5 l Hersteller: Brauerei Beck & Co Alkoholgehalt: 4,9 % Vol. Vertrieb: Anheuser-Busch InBev Bud USA Preis (ca.): € 3,00 Herkunft: USA Füllmenge: 0,33 l Hersteller: Anheuser-Busch InBev Alkoholgehalt: 5,0 % Vol. Vertrieb: Anheuser-Busch InBev Corona Preis (ca.): € 1,20 Herkunft: Mexiko Füllmenge: 0,355 l Hersteller: Anheuser-Busch InBev Alkoholgehalt: 4,5 % Vol. Vertrieb: Anheuser-Busch InBev Stella Artois Preis (ca.): € 1,50 Herkunft: Belgien Füllmenge: 0,33 l Hersteller: Anheuser-Busch InBev Alkoholgehalt: 5,2 % Vol. Vertrieb: Anheuser-Busch InBev Carlsberg Preis (ca.): € 0,75 Herkunft: Deutschland, Hamburg Füllmenge: 0,33 l Hersteller: Carlsberg Deutschland GmbH Alkoholgehalt: 5,0 % Vol. Vertrieb: Carlsberg Deutschland GmbH Die Germania Brauerei von 1903 in der ehemaligen kaiserlichen Kolonie Tsingtao, dem heutigen Quingdao, ist die Keimzelle der weltweit erfolgreichen chinesischen Biermarke, die in ihrer Heimat als Luxusbier gilt. Etwas süßlich mit zarter Hopfenbittere. Ausreichend vollmundig mit floralen Elementen und kräftigem Nachhall. Der Grenzgänger zwischen mildem Pils und kräftigem Lager. Kräftiges Gold, von einer opulenten Schaumkrone gekrönt. Süße und präsente Malznote mit etwas Weißbrotkruste oder Brioche. Angenehme und gut balancierte Hopfenbittere. Kräftige Kohlensäure und gute Textur. Angenehm herbe Noten im Abgang. Inbegriff des internationalen Industrie-Lagerbiers. Karamell im Duft, dazu leichte Anklänge von Mais. Im Mund dann eine dezente Getreidenote. Leicht mineralisch, aber ohne Bittere. Eher ist eine Süße präsent. Ordentliche Kohlensäure, leichte und fruchtige Aromatik und somit gute Drinkability. Trockenes Finish. Der Duft des mexikanischen Bestsellers verströmt einen Hauch von Malz und eine Erinnerung an Reiscracker. Vanille, Mandel und eine leicht saure Aromenkonstellation mit Apfel. Süße füllt den Mundraum und eine gute Rezenz begleitet zarte Noten von Honig und Melone. Kaum Hopfenaroma, dafür schlank und ausgewogen. Der Hersteller empfiehlt ein Limettenstück im Flaschenhals. In sehr hellem Gold leuchtet das Bier aus dem belgischen Leuven. Säurebetont mit leichter Zitrusnote. Süßes Getreide und Baguette begegnen sich am Gaumen, ebenso Süße und Säure, gefolgt von einem weichen, dezent-herben Abgang. Zarte Bittere und präsente Kohlensäure verleihen dem Bier Charakter. Die Balance könnte dabei etwas harmonischer sein. Die grüne Legende aus Kopenhagen. Sehr zurückhaltende Nase mit einem Hauch Hopfen und Anklängen an Cornflakes. Am Gaumen treten getreidige Noten mit etwas Banane und Maissüße in den Vordergrund. Die Säure ist ordentlich eingebunden, das Mundgefühl etwas scharf. Leicht nussig im Nachhall. Mashsee Trainingslager Platz 2 Preis (ca.): € 2,20 Herkunft: Deutschland, Hannover Füllmenge: 0,33 l Hersteller: Mashsee Brauerei GmbH & Co. KG Alkoholgehalt: 5,5 % Vol. Vertrieb: Mashsee Brauerei GmbH & Co. KG AndUnion Unflt Lager Platz 3 Preis (ca.): € 2,00 Herkunft: Deutschland, Bayern Füllmenge: 0,5 l Hersteller: Brewers and Union UG Alkoholgehalt: 5,0 % Vol. Vertrieb: Lecker Bier GmbH Greif’s Lager Platz 4 Preis (ca.): € 0,48 Herkunft: Deutschland, Forchheim Füllmenge: 0,33 l Hersteller: Brauerei Greif Forchheim Alkoholgehalt: 4,7 % Vol. Vertrieb: Brauerei Greif Forchheim Hops Franzmann’s No. 1 Platz 5 Preis (ca.): € 2,30 Herkunft: Deutschland Füllmenge: 0,33 l Hersteller: Hops Brewing GmbH Alkoholgehalt: 5,9 % Vol. Vertrieb: Hops Brewing GmbH Berliner Berg Lager Platz 6 Preis (ca.): € 1,50 Herkunft: Deutschland, Hohenthann Füllmenge: 0,33 l Hersteller: Berliner Berg GmbH Alkoholgehalt: 5,0 % Vol. Vertrieb: Berliner Berg GmbH Kuehn Kunz Rosen Kerlig Hell Platz 7 Preis (ca.): € 2,50 Herkunft: Deutschland, Mainz Füllmenge: 0,33 l Hersteller: Kuehn Kunz Rosen Alkoholgehalt: 5,1 % Vol. Vertrieb: K.K.R. GmbH »Ein leichter Einstieg in die Welt anspruchsvoller Handwerks-Biere«, so beschreiben die Brau-Enthusiasten aus Hannover ihr Stammbier. Appetitliche Bernsteinfärbung. In der Nase tropische Früchte wie Mango, Grapefruit und etwas Ananas.Eine kraftvolle Hopfennote gesellt sich hinzu und macht das Bier sehr ausgewogen. Ein Hauch von Honigmelone, bevor der Abgang würzig-herb und lang nachklingt. Nah am Pale Ale. Bayern trifft Südafrika. Helles Gold mit intensiver Trübung. Gute Kohlensäure macht das Bier spritzig. Dazu Getreidenoten, Birne und zitronige Hopfenanklänge. Angenehm frisch mit zarten Honignoten. Im Finale gesellt sich eine ideal balancierte Bittere hinzu und sorgt für einen feinen, trockenen Abgang. »Famous Beer« steht auf dem eher grellen Etikett aus Forchheim zu lesen. Duftige Getreidenoten umspielen die Nase. Am Gaumen überrascht ein eher süßer Auftakt mit etwas Vanille und zartem Cornflakes-Geschmack. Schlanker Körper mit sehr dezenten Bitternoten. Spritzig und im Abgang angenehm trocken. Das preiswerteste Bier im Test. »Hop« kann auch die Abkürzung für Hoppstädten-Weiersbach sein. Das junge Brauprojekt präsentiert ein kraftvolles Lager mit einem Duft von tropischen Früchten und Röstaromen.Am Gaumen ausgewogene Bitternoten mit Karamell, Getreide und viel Frucht. Sehr kräftig für den Lager-Stil. Gute Kohlensäure und Balance. Langer Nachhall mit ordentlicher Bittere. Vielversprechender Newcomer aus Berlins Südosten. Der Duft verspricht Obst, Malz und Süße. Etwas cremig im Mundgefühl. Am Gaumen gesellen sich Anklänge von Liebstöckl und Sellerie inmitten einer etwas scharfen Säure hinzu. Im Abgang angenehm vollmundig und zartherb-malzig mit Lychee und einer gut eingebetteten Kohlensäure. Das sympathische Brauprojekt aus Mainz landete mit dem Kerlig Hell eine kraftvolle Craft-Lager-Variante. Schöne Grapefruit-Nase. Deftige Frucht- und Hopfennoten. Cremige Textur mit guter Kohlensäure, wenngleich nicht alle Facetten perfekt balanciert wirken. Beinahe etwas überhopft mit leichter Kräutrigkeit und unterschwelliger Bittere. Eher eine Ale-Charakteristik. Platz 3 Platz 4 Platz 5 Platz 6 Platz 7 Platz 8 57 vermählen sich mit einer dezenten Fruchtigkeit und leichten Röstaromen zu einem runden und balancierten Trinkgenuss. Eine perfekt abgestimmte Kohlensäure sorgt für erfrischenden Trinkgenuss, der von einer leicht floralen Nuance umspielt wird, bevor der mittellange Abgang mit einer angenehmen herben Note ausklingt. Die Heineken Unternehmensgruppe ist ein Paradebeispiel für den Aufstieg eines traditionellen Familienunternehmens zu einer globalen Marke. 1864 gründet der junge Gerard Heineken seine Brauerei in Amsterdam. Die Nachfrage nach seinen Bieren wächst rasch, und so kommt bereits 1873 eine zweite Brauerei in Rotterdam hinzu. Das Jahr gilt zudem als Gründungsjahr für Heinekens Lager-Tradition. Bald entwickelt sich der Export als Erfolgsmodell und Heineken liefert seine Brauwaren in alle Welt. Im Jahr 1900 verschifft die Marke erste Bierladungen nach Afrika, 1932 wird in eine Produktionsstätte in Singapur investiert und nach dem Ende der US-Prohibition im Jahre 1933 entsteht auch jenseits des Atlantiks ein gewaltiger Markt für die Marke aus den Niederlanden. 1968 wird mit Amstel der größte heimische Konkurrent aufgekauft, auch zahlreiche weitere Firmen werden in das Unternehmen eingegliedert. Heute gehören 250 Marken in 70 Ländern zum derzeit drittgrößten Brauimperium der Welt. Anheuser Busch InBev und SAB Miller, die Platz eins und zwei belegen, verhandeln ja augenblicklich über einen Zusammenschluss, was die Bierwelt künftig nachhaltig verändern könnte. Auf das Premium Lager ist die Marke natürlich besonders stolz, vor allem seit ein opulenter Werbevertrag dazu führt, dass selbst James Bond nicht mehr nur Champagner und Vodka-Martini verzehrt, sondern ab und an auch einmal ein Heineken. Weltweit werden täglich rund 25 Millionen Gläser in 192 Ländern ausgeschenkt. Die UNO hat 193 Mitglieder. Zwischen China und Mexiko Platz zwei geht nach China an jenes Bier, welches hierzulande in keinem China-Restaurant fehlen darf: Tsingtao. Ein Hauch von deutscher Brautradition ist auch mit dabei. 1903 entstand in der ehemaligen kaiserlichen Kolonie Tsingtao, dem heutigen Quingdao, die Germania Brauerei mit deutschen Gerätschaften und Bier nach dem Reinheitsgebot. Heute allerdings bildet Reis einen Hauptbestandteil im Brauprozess des internationalen Erfolgsbieres, das mit 91 Punkten und der Note »Very Good« im Test besteht. Die gleiche Bewertung erhält das Beck’s Gold. Aber erhält es diese Bewertung zu Recht? Müsste es eventuell eher in der Kategorie »Pils« verkostet werden? Die Bewertungsplattform Ratebeer bezeichnet das Gold als Lager, Beeradvocate stuft es als Pils ein. Beck’s selbst hilft auch nicht weiter und verweist auf die »unverwechselbare Weißglasflasche«, den »wenig herben Geschmack« und preist das Bier als »Trendsetter im Großstadtdschungel« an. Auf die Nennung eines Bierstils verzichtet das güldene Flaggschiff des AB InBev-Konzerns. Die Marktstrategie geht darauf zurück, unter dem Beck’s-Label ein LifestyleProdukt zu schaffen, das weniger herb ist als das klassisch-grüne Pils. Unter der milden Lager-Konkurrenz schlägt es sich jedenfalls sehr gut und zeigt angenehme Getreidenoten und eine ordentliche Kohlensäure. Im Abgang klingt dann eine dezente herbe Note mit. Mit der Note »Good« behaupten sich das Bud aus den USA mit dem Etikett-Zusatz »King of Beers« sowie die Bestseller-Krone aus Mexiko, Corona. Der König der Biere überzeugt durch eine ausgeprägte Süße, hohe Drinkability, gute Kohlensäure und nur einen Hauch von Getreidenoten. Vermutlich die Benchmark des möglichst neutralen 58 MTF — Mixology Taste Forum Biergeschmacks. Auch bei diesem Bier ist Reis ein kosteneffizientes Getreide, ebenso im Corona. Die Befürworter des Reinheitsgebots verweisen stets gerne auf das Corona-Rückenetikett, um zu verdeutlichen, wie ein international effizienter Sud komponiert sein kann, wenn der deutsche Sonderweg des Reinheitsgebots nicht angewandt wird: Gerstenmalz, Reis, Mais, Hopfenextrakt, Stabilisator Papain, Antioxidationsmittel Ascorbinsäure, Stabilisator E 405. Die MTF-Tester schmecken eine extrem milde Hopfung und deutliche Süße, die sich gut mit der enthaltenen Säure ergänzt. Die Kohlensäure ist sehr präsent, der Nachhall ist kurz mit einer dezenten Apfelnote. Etwas dahinter folgen noch Stella Artois mit 81 und Carlsberg mit 78 Punkten. Craft Lager Das MTF verkostet in diesem Flight keine offizielle Bierstil-Kategorie, wie sie in den internationalen Wettbewerben definiert ist. In diesem Flight geht es darum zu beobachten, wie die junge deutsche CraftBrauer-Szene sich mit dem untergärigen Brauen auseinandersetzt und dabei das entspannte Trinken mit einer Prise interessanterer Aromatik vermählt. Acht Biere wurden für die Verkostung ausgewählt, sieben davon aus den Sudkesseln deutscher Brauprojekte. Dazu kam ein amerikanisches Lager, welches – ähnlich wie das Samuel Adams Lager – eng mit dem Beginn und Erfolg der US-Craft-Beer-Revolution verbunden ist, das Brooklyn Lager. Das Bier der Brooklyn Brewery aus New York wechselte jüngst den Import-Partner und wird nun von Carlsberg vertrieben, was das Bier womöglich demnächst in Deutschland stärker präsent werden lässt. Mit 96 Punkten und der Note »Excellent« verleihen die Verkoster dem Brooklyn Lager den zweiten Platz. Aktuelles und künftiges Craft Beer in Deutschland muss sich künftig an dieser Qualität messen lassen, was im aktuellen MTF bereits sehr ordentlich gelingt. Testsieger: Ratsherrn Den besten Beweis tritt das Lager der Hamburger Ratsherrn-Brauerei an. Die Brauerei in den Schanzenhöfen erfuhr zuletzt eine stetig wachsende Verbreitung auch weit über Hamburgs Grenzen hinaus. Zu dem ständigen Sortiment rings um Pale Ale, Pils und Rotbier gesellen sich saisonale Sondersude und Experimente, die dann zuweilen Aufnahme in die Core-Range finden, wie zuletzt das erfrischende Witbier der Marke Moby Wit. Unter hartgesottenen IPA-Fans findet das Ratsherrn Lager womöglich nicht die Beachtung, die es verdient. Die Verkoster des MTF attestieren dem Bier jedenfalls eine perfekte Balance aus Drinkability und angenehmer Aromatik. In Punkten ausgedrückt: stolze 97 Testsieger-Punkte, dazu die Bewertung »Excellent«. Gute Hopfennote, saubere Malzigkeit und appetitlich-floraler Duft. Facettenreich für diejenigen, die im Bier ein vielfältiges und zugleich subtiles Aromenspektrum aufspüren möchten, herrlich erfrischend trinkbar für eine gesellige Runde, ganz ohne bierphilosophische Begleiterscheinungen. Der dritte Rang geht nach Hannover, wo das Mashsee-Brauprojekt mit dem »Trainingslager« ein herrliches Lagerbier für die Craft-Community ersann. Die Aromahopfen sind bei diesem Bier deutlich wahrnehmbar, einige der Verkoster attestieren dem Trainingslager eine geschmackliche Nähe zum Pale Ale. Dazu kommen ausgeprägte Grapefruitnoten und weitere Anklänge tropischer Früchte. Würzig und wohlbalanciert mit hoher Drinkability, fassen die Verkoster ihre Eindrücke zusammen: 93 Punkte münden in der Note »Very Good«. Die gleiche Note, verbunden mit 90 Punkten, geht an das aufstrebende Brauprojekt Brewers AndUnion des südafrikanischen Bierenthusiasten Rui Esteves. Er liebt die traditionellen deutschen Bierstile und fertigt sie gemeinsam mit vier Familienbrauereien in Bayern. Das »Unflt« Lager besticht durch seine zitronige Frische sowie appetitliche und kraftvolle Hopfenaromen mit einer erfrischenden Säure und Spritzigkeit. So abwechslungsreich kann Lagerbier sein Von den Bewertungen liegen die nächsten vier Biere sehr eng beisammen. Platz fünf geht an die Privatbrauerei Greif in Forchheim mit dem Greif’s Lager, das mit 86 Punkten »Good« bewertet wurde. Einen Punkt dahinter, ebenfalls als »Good« eingestuft, landet der Franzmann’s No. 1 von Hops Brewing aus Kaiserslautern. 82 Punkte und »Solid« erhält das Berliner Berg Lager aus der Hauptstadt. Mit 80 Punkten und »Solid« rundet das Kerlig Hell von Kuehn Kunz Rosen aus Mainz das sehr hochwertige Feld ab. Am Ende der Blindverkostung werden die Produkte offenbart, die zuvor bewertet worden waren. Die internationalen Biere sind allein von ihrem Erscheinungsbild allen Teilnehmern vertraut. Bei näherem Hinsehen bemerkt man die kuriosen Füllmengen, die sicherlich auch das Pfandsystem nicht vereinfachen: 0,4 Liter enthält der Testsieger Wermu t Heineken, die Flasche Corona hat 0,355 Liter Inhalt. Die Preise für die internationale Kategorie bewegen sich im Bereich 60 Cent für das Beck’s bis 1,20 Euro für das Corona und werden von den Testern als akzeptabel eingestuft. Die Craft-Lager weisen bei Design und Preis eine deutlich größere Bandbreite auf. Das Greif’s Lager bietet mit schlanken 50 Cent sicherlich ein großartiges Preis-Genuss-Verhältnis, allerdings muss dabei der Anblick des eher schwachen Etikettendesigns ertragen werden. Als modern und zeitgemäß, zwischen Retro und Avantgarde, machen die meisten der Etiketten Spaß. Schlicht und ansprechend sachlich das Erscheinungsbild des Testsiegers von Ratsherrn, ein sympathischer Retrotouch beim Newcomer Berliner Berg oder eine moderne Interpretation eines klassischen Traditionsetiketts bei Hops Brewing. Sie alle können punkten und sind als ansprechendes Element auf jedem Bartresen oder Restauranttisch vorstellbar. Das Brooklyn Lager ist ja bereits eine Ikone. Das markante »B« im Etikett schuf der legendäre Designer Milton Glaser, bekannt durch das »I Heart New York«-Logo. Bei den Preisen der Craft-Lager gibt es dann doch ein paar nachdenkliche Töne, insbesondere zu den drei Bieren, die mit einem Inhalt von 0,33 Litern über 2 Euro liegen: Kerlig Hell, Trainingslager und Franzmann’s No. 1. Angemessen bepreist für ein Craft Beer, aber eher teuer für ein Lager. Als sehr einladend werden die Preise von Ratsherrn, Brooklyn und Berliner Berg empfunden, die allesamt zwischen 1,40 und 1,50 Euro liegen und dadurch für ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis sorgen. s allen Rohr en au st es hi sc er ik ss la K Der Wann haben Sie sich zuletzt einen Wermut als Aperitif gegönnt? Einfach so? Pur oder auf Eis? Vermutlich viel zu selten. Die klassische Spezialität mit den kräutrigen Aromen und ausgefeilter Süße verdient mehr Beachtung, und die steigende Zahl an abwechslungsreichen Produkten beweist, dass in dieser Sparte noch mit weiterer Bewegung und wachsender Vielfalt zu rechnen ist. Zahlreiche klassische Cocktails sind ohne diesen aromatisierten und aufgespriteten Wein undenkbar: Manhattan, Negroni, Americano oder natürlich der Martini Cocktail. Die Tradition, Wein mit Kräutern und Gewürzen abzuschmecken (oder den minderwertigen Wein damit zu überdecken), ist im europäischen Raum bereits seit der Antike überliefert und findet sich in mittelalterlichen Heilkunde-Büchern als Medizin gegen allerlei Leiden von Gedächtnisschwäche über Appetitlosigkeit bis zu Kopfschmerzen. Die alten Ägypter erhofften sich zudem eine aphrodisierende Wirkung. Neben dem Wein ist das Wermutkraut ein hervorstechendes Merk- ins Kraut mal, auf Latein: Artemisia absinthium. Der bitter-würzige Charakter ist bereits durch den Namen hervorgehoben und die Nähe zum sagenumwobenen Absinth wird ebenfalls darin deutlich. Wermutlich aus Turin ... Ein Wein wird nach seiner Herstellung mit Zuckern, Gewürzen, Früchten und / oder Kräutern versetzt und mit Alkohol aufgespritet. Nach einer Filtration erfolgt meist eine Lagerung in Stahltanks oder auch in Holzfässern. Der Alkoholgehalt liegt meist bei 15 bis 18 Vol. %. Die erste echte kommerzielle Wermut-Marke geht auf Carpano zurück, der ab 1786 mit seiner Mischung die Turiner Aristokratie begeisterte. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde auch Frankreich zum wichtigen Wermut-Land, als Joseph Noilly eine neue Variante eines goldenen Wermuts schuf, die deutlich trockener daherkam als die italienischen Exemplare. 59 La Quintinye € 12 / € 18 Frankreich Füllmenge: 0,375 l / 0,75 l Hersteller: EWG Spirits & Wine Alkoholgehalt: 16,5 % Vol. Vertrieb: Sierra Madre GmbH Preis (ca.): Herkunft: Platz 1 Benannt nach Jean-Baptiste de la Quintinye, dem Kräutergelehrten am Hof von Versailles im 17. Jahrhundert, basiert der Wermut auf dem westfranzösischen Likörwein Pineau des Charentes, der neben Wein auch Cognac enthält. Dazu kommen 28 Botanicals. Dunkles Braun mit leicht rötlichem Stich gibt eine herrliche Kräuternase frei: Estragon, Thymian, Anis, Rosmarin. Dezente Schärfe im Auftakt, dann herrlich komplex mit Würzigkeit, leichter Bitterschokolade und einem faszinierend langen Nachhall. 60 MTF — Mixology Taste Forum Mancino Preis (ca.): € 23 Herkunft: Italien Füllmenge: 0,75 l Hersteller: Giancarlo Mancino, GiancarloBAR Ltd. Alkoholgehalt: 16 % Vol. Vertrieb: Charles Hosie GmbH Dolin Preis (ca.): € 9,50 Herkunft: Frankreich Füllmenge: 0,75 l Hersteller: Dolin, Chambéry-Savoie Alkoholgehalt: 16 % Vol. Vertrieb: Haromex Development GmbH Der italienische Bartender Giancarlo Mancino verantwortet die Rezeptur des Wermuts, der auf Trebbiano-Wein aus dem Piemont basiert, zu dem 38 weitere Botanicals kommen. Klassische Nase nach Wermutkraut. Dazu mediterrane Kräuternoten und ein Hauch von Nelke, Zimt und Lebkuchen. Herrliche Balance von Süße und Bittere. Platz 2 Auf das Gründungsjahr 1821 verweist die Marke aus den französischen Alpen. Klassischer Wermutduft mit Früchten und Kräutern: Orange, Thymian, Zimt und Vanille begleiten das ausgewogene Aroma, in das sich auch ein Hauch von Oregano, Pfeffer und Tabak gesellt. Langer Nachhall mit angenehmer Bittere. Hervorragendes Preis-Genuss-Verhältnis. Platz 3 Belsazar Preis (ca.): € 12 / € 16 Herkunft: Deutschland Füllmenge: 0,375 l / 0,75 l Hersteller: Belsazar GmbH, Alfred Schladerer Alkoholgehalt: 18 % Vol. Vertrieb: Belsazar GmbH Cinzano 1757 Preis (ca.): € 16 Herkunft: Italien Füllmenge: 1,0 l Hersteller: Gruppo Campari Alkoholgehalt: 16 % Vol. Vertrieb: Campari Deutschland GmbH Martini Preis (ca.): € 6 Herkunft: Italien Füllmenge: 0,75 l Hersteller: Martini & Rossi SPA Alkoholgehalt: 14,4 % Vol. Vertrieb: Bacardi GmbH Mascaró Premium Preis (ca.): € 15 Herkunft: Spanien Füllmenge: 0,75 l Hersteller: Mascaró Alkoholgehalt: 15 % Vol. Vertrieb: Haromex Development GmbH Noilly Prat Preis (ca.): 14 € Herkunft: Frankreich Füllmenge: 0,75 l Hersteller: Noilly Prat & Cie Alkoholgehalt: 16 % Vol. Vertrieb: Bacardi GmbH Carpano Antica Formula Preis (ca.): € 27 Herkunft: Italien Füllmenge: 1,0 l Hersteller: Fratelli Branca Distillerie Srl. Alkoholgehalt: 16,5 % Vol. Vertrieb: Borco-Marken-Import Matthiesen GmbH & Co.KG. Weine aus dem Markgräfler Land und vom Kaiserstuhl bilden die Grundlage für den Belsazar Wermut, der in großen Glasballons reift und durch Obstbrände aus dem Hause Schladerer einen besonderen Twist erhält. Dunkle Schokolade, Nelke und Vanille strömen in die Nase. Eine kräftige Süße gesellt sich zu ausgewogenen Kräuteraromen mit Rosinen und Orangen. Etwas Minze und Anis im Nachhall. Die Jahreszahl erweist eine Referenz auf das Gründungsjahr, als Giovanni Giacomo und Carlo Stefano Cinzano ihre Wermut-Manufaktur nahe Turin eröffneten. Tiefes Braun mit schwerem Kräuterduft. Intensive Aromen von Frucht, Rosine, Thymian, Nelke und etwas Weingummi. Deutliche Süße mit fein balancierten Bitteranklängen im langen, trockenen Nachgang. Der Klassiker aus dem Piemont von 1863 mit Trauben von Trebbiano und Catarratto. Klare Wermutkraut-Aromen in der Nase. Der Auftakt enthält eine kraftvolle Süße, die sich dann rasch mit Trockenfrüchten, Orange und faszinierenden Holznoten paart. Komplexe Kräuter und Erinnerungen an Abende am Kamin dringen durch. Herausragendes Produkt zum günstigen Preis. Der Wermut aus der spanischen Penedès-Region ist neu auf dem deutschen Markt. Seit 1946 betreibt die Mascaró-Familie ihren Fertigungsprozess unter dem Motto: Vom Weinberg bis in die Flasche. Dunkel und bräunlich die Farbe. Nuss, Muskat und Kirsche füllen den Gaumen. Sehr weich, rund und komplex. Vielfältige Kräuter- und Trockenfruchtaromen. Langer Nachhall. Das rote Pendant zum trockenen, weißen Klassiker von 1813 aus Südfrankreich. Picpoul und Clairette sind die bestimmenden Traubensorten. Fruchtig-kräuterige und eher zurückhaltende Nase. Am Gaumen dann intensive Fruchtaromen und Nelke. Frucht und Säure treten in den Vordergrund, dazu ein floraler, mittellanger Abgang. Dem Ur-Vater des Wermuts, Benedetto Carpano, setzt die Antica Formula ein Denkmal. Die ursprüngliche Rezeptur von 1786 wird mit Bergkräutern, kraftvollen süditalienischen Weinen und Moscato-Reben aus dem Piemont wiederbelebt. Anis, Nelke, Leder und reife Fruchtaromen wie Dattel werden ergänzt durch eine anis-pfeffrige Würzigkeit. Kraftvoll. Yzaguirre Platz 4 Preis (ca.): € 14 Herkunft: Spanien Füllmenge: 1,0 l Hersteller: Sort del Castel Alkoholgehalt: 18 % Vol. Händler: Dr. Kochan Schnapskultur (schnapskultur.de) Cocchi Platz 5 Preis (ca.): € 23 Herkunft: Italien Füllmenge: 0,75 l Hersteller: Giulio Cocchi Spumanti Srl. Alkoholgehalt: 16,5 % Vol. Vertrieb: DTS & W GmbH Oscar 697 Platz 6 Preis (ca.): € 13 Herkunft: Italien Füllmenge: 0,75 l Hersteller: 697 Srl. Alkoholgehalt: 18 % Vol. Vertrieb: Lion Spirits Merwut Platz 7 Preis (ca.): € 23 Herkunft: Deutschland Füllmenge: 0,75 l Hersteller: Dorst & Consorten Alkoholgehalt: 18 % Vol. Vertrieb: Dorst & Consorten Pontica Platz 8 Preis (ca.): € 20 Herkunft: Österreich Füllmenge: 0,5 l Hersteller: Ponticadrinks Gmbh Alkoholgehalt: 20 % Vol. Vertrieb: Ponticadrinks GmbH Lillet Rouge Platz 9 Preis (ca.): € 13 Herkunft: Frankreich Füllmenge: 0,7 l Hersteller: Ricard SA Alkoholgehalt: 17 % Vol. Vertrieb: Pernod Ricard Deutschland Das Familienunternehmen aus Tarragona wurde 1884 gegründet und exportiert Wermut-Spezialitäten in 35 Länder. Fast 80 Botanicals enthält der Vermouth Rojo. Würzig, mit Orange, Lebkuchen und abwechslungsreichen Kräuterfacetten. Ein Hauch von Bratapfel und Honig. Zarte Bittere im mittellangen Nachhall. 1891 eröffnete Giulio Cocchi sein Unternehmen im italienischen Asti und bis heute genießen insbesondere die Schaumweine des Hauses einen guten Ruf. Der AOC-klassifizierte Wermut basiert auf Moscato-Trauben. Nelke, Muskat, Zimt gesellen sich zu Vanille und Orangenschale. Sehr süßer Vertreter mit nicht ganz so langem Nachhall. 2012 beginnt die Geschichte der Marke, die einen italienischen Wermut entwickeln wollte, der eine Rezeptur von vor 150 Jahren modern interpretiert. Sehr grasig und vegetal. Etwas Liebstöckel und Sellerie. Zarte florale Anklänge mit Lavendel. Angenehmer Kräuterduft und trocken-staubiger Abgang. Das Wortspiel und der Wermut stammen aus der Manufaktur Dorst & Consorten des »Flying Winemaker« Stefan Dorst. Dunkler Bernsteinton mit intensiver Gewürz-Kräuter-Nase. Nelke, Zimt, Sternanis und beinahe ein dezentes Absintharoma ergänzen das Aromenspektrum. Würzig mit einem Hauch Brandy. Sehr speziell und wuchtig-intensiv. Aus Österreich stammt das preisintensivste Produkt der Verkostung. Trüber, mittlerer Bernsteinton. Kräuternoten in der Nase werden umspielt von Dill, Kohl und gekochtem Salat. Schärfe von Piment, Anis und Menthol. Intensive Bittere mit trockenem, langem Nachhall. Wenig filigran. Platz 10 Platz 11 Platz 12 Platz 13 Platz 14 Vortrefflicher Vertreter der wermutnahen Kategorie der Wein-Aperitifs. 1872 gilt als das Gründungsjahr der französischen Wein-Aperitif-Spezialisten aus der Region der legendären Süßweine Sauternes, nahe Bordeaux. Weine und Fruchtliköre werden für Lillet vermählt. Süß- und Bitterorangen und Chinarinde dienen als aromatisierende Hauptzutaten, abgerundet von einer mehrmonatigen Reifung in Eichenfässern. 61 Der Variantenreichtum ist opulent und es gibt reichlich nahe Verwandte. Es gibt Grenzgänger zum Wermut, die gerne auch so bezeichnet und mit dem klassischen Getränk in eine Kategorie sortiert werden, obwohl kleine, feine Unterschiede vorliegen. Faszinierende Marken wie Lillet, Byrrh oder Dubonnet vermögen oft Ähnliches im Drink zu leisten wie Wermut. Auch Bartenders Liebling Punt e Mes ist ein Grenzgänger aus dem Hause Carpano. In Turin wurde der Wermut gerne noch nach Wunsch des Gastes oder nach Rezeptur des Hauses mit einem anderen Bitter-Aperitif gemischt. Punt e Mes war als Rezeptur so erfolgreich, dass die Mischung als fertige Flasche auf den Markt kam. Inspiration in Rot, Rosso, Rojo und Rouge Das Mixology Taste Forum widmete sich der Gattung des roten Wermuts und verkostete 15 Varianten in zwei Flights, darunter ein U-Boot, also ein nicht-stilgerechtes Getränk. Im Hotel de Rome in Berlin kamen zusammen: Sebastian Böhme (Windhorst Bar), Deniz Dallar (La Banca Bar im Hotel de Rome), Michael Hanke (Ada Bar), Cordula Langer (Bryk Bar), Laura Maria Marsueschke, Martina Marx (Delicious Tours), Lucia Schürmann (Galander Charlottenburg), Sven Vetter (Schwarze Traube) und Kersten Wruck (Chapel Bar und Barracuda Barcatering). Die Vielfalt der Aromen innerhalb des Tastings war bemerkenswert. Zahlreiche Inspirationen für spannende Cocktail-Varianten fanden sich auf den Bewertungsbögen der Tester. Das Bedürfnis, hier sofort einen Manhattan oder einen Negroni zu rühren, war geweckt. Bei der Punktevergabe galt es hingegen, den puren Charakter, die aromatische Stimmigkeit und die Balance der Aromen zu bewerten. Umgehend enttarnt wurde das U-Boot, der Lillet Rouge. Ein hervorragendes Produkt mit einem schmackhaften und sauberen Wein-Charakter, wie die Tester attestieren, aber durch das Fehlen der würzigen Charakteristik in der Anwendung gänzlich anders zu handhaben als Wermut selbst. Royale Excellence aus Frankreich Eine hohe Qualität bei den Produkten: Von den 14 verbleibenden Wermut-Marken im Test erreichten zwei die Note »Good«, sechs die Note »Very Good« und ein Produkt sticht sogar mit der Top-Bewertung »Excellent« hervor. La Quintinye Vermouth Royal lautet der Name des Testsiegers mit stolzen 96 Punkten. Das relativ junge Produkt verweist auf die historische Tradition des französischen Wermuts. Namensgeber ist Jean-Baptiste de la Quintinye, seines Zeichens Botaniker der Kräutergärten von Schloss Versailles im 17. Jahrhundert, dem Zeitalter des französischen Sonnenkönigs Louis XIV. Der rote Wermut der Marke basiert auf dem westfranzösischen Likörwein Pineau des Charentes, der neben Wein auch Cognac enthält. Dazu kommen außer Wermut 28 Botanicals. Ausgewogen und komplex mit Beeren und einer dezenten Schärfe im Auftakt. Mündend in einen herrlich langen Nachhall mit faszinierenden, bitter-würzigen Anklängen, lautet das Urteil der Verkoster. Eine Verwendung im Martinez wird dringend empfohlen. Das Feld der als »Sehr gut« eingestuften Produkte liegt dicht beisammen. Platz zwei geht nach Italien: Aus dem Piemont kommt der Mancino (94 Punkte) auf Trebbiano-Basis, verfeinert mit 38 Botanicals. Der Drittplatzierte ist wiederum Franzose, denn aus den dortigen Alpen kommt Dolin (93) als klassischer Allrounder mit hervorragendem 62 MTF — Mixology Taste Forum Die MTF 90 – 94 95 – 100 Excellent Very Good 85 – 89 Good 80 – 84 Solid 60 – 69 70 – 79 Average Below average 59 and less not recommended e Foru m finde n rund ums Mixo logy Tast Alle weit ere Infor mationen eu logy. mixo — r Sie unte Preis-Leistungs-Verhältnis. Platz vier geht nach Deutschland an Belsazar (92), Fünfter wird der Cinzano 1757 (92) aus Turin. Ebenfalls mit 92 Punkten – und mit dem attraktivsten Preis-Genuss-Verhältnis – belegt der bewährte Martini Rosso einen hervorragenden sechsten Platz. Einen Platz und einen Punkt dahinter platziert sich der erste Spanier im Feld, Mascaró Vermut Premium aus der Penedès-Region. Keine Langeweile zwischen balancierter Finesse und brachialer Würze Mit 87 Punkten und der Note »Good« folgt Noilly Prat Rouge, der rote Bruder des weißen Klassikers aus Südfrankreich. Die gleiche Note und 85 Punkte erhält jener Wermut, der wie kein anderer die Wermut-Renaissance an hiesigen Bartresen auslöste: Carpano Antica Formula, der kraftvolle Klassiker im Mixbetrieb. Als »Solid« erweisen sich der spanische Yzaguirre und der italienische Cocchi, beide mit 81 Punkten. Die Note »Average« mit 78 Punkten erhält Oscar 697, das junge italienische Wermut-Projekt aus dem Jahre 2012, sowie der augenzwinkernde Merwut des deutschen Önologen Stefan Dorst, der auf 72 Zähler kommt. Das sympathische österreichische Produkt Pontica Red vermag die Tester indes nicht zu überzeugen. Zu kräftig, scharf und mit einer unbalancierten, trockenen Bitternote im Abgang, bringt es der ungewöhnlich trübe Wermut nur auf 66 Punkte, was »Below Average« bedeutet. Dennoch zeigt auch dieser Wermut, wie vielfältig die Kategorie interpretiert werden kann. Die Zeiten, als das Schimpfwort »Wermutbruder« die ortsansässige Freiluft-Trinkerszene auf der Parkbank beschrieb, die sich zum geringstmöglichen Preis den höchstmöglichen Rausch erhoffte, sind vorbei. Wermut, oder auch Vermouth, ist wieder ein hochwertiges und köstliches Aperitifgetränk und eine der herrlichsten Bestandteile des Cocktails. Egal, ob Negroni, Manhattan, Martinez, Vieux Carré, Boulevardier, Rob Roy oder all die anderen Klassiker mit Wermut, ein gezielter Einsatz eines Wermuts, der vordergründig die herbal-würzige, süße oder bittere Seite betont, vermag dem jeweiligen Drink eine zusätzliche Facette zuzufügen und ermöglicht eine herrliche Bandbreite an Variationen. Zumal die Bandbreite durch Fassreifung und kreative neue Würzkombinationen noch weiter wächst. Es lebe der Wermut. Willkommen zurück! __
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