Forest Stewardship Council® FSC® Deutschland Position und Information des FSC Deutschland zur öffentlichen Beschaffung von Holz und Holzprodukten Stand 22.07.2016 Position von FSC Deutschland zum gemeinsamen Erlass von BMUB, BMWi und BMELV zur nachhaltigen Beschaffung von Holz: Wir begrüßen, dass im Rahmen der Regeln zur Nachweisführung die COC-Zertifizierung der Auftragnehmer als Grundidee benannt wird. Wir verstehen, dass auch Einzelnachweise aus vergaberechtlichen Gründen als gleichwertiger Nachweis zur COC-Zertifizierung zuzulassen sind. Wir fordern, dass die Einzelnachweise gleichwertig zur COC-Zertifizierung von Auftragnehmern belegen, dass Holz aus zertifizierter Waldwirtschaft verwendet wird. Dementsprechend sollten Einzelnachweise ebenfalls aussagekräftig, verlässlich und nachvollziehbar sein. Wir meinen, dass Nachweise über die COC-Zertifizierung ausführender oder liefernder Betriebe ein sicherer, risikoarmer Nachweisweg sind, sowohl für die Beschaffungsstelle, als auch in vielen Fällen für die Auftragnehmer. Die COC-Zertifizierung kann auch Kostenvorteile bringen. Der FSC Deutschland begleitet Anwender wie Beschaffer mit Rat und Tat zur Formulierung oder Einhaltung der Anforderung seitens der Auftragnehmer durch die COC-Zertifizierung oder durch den Einzelnachweis. Wir fordern die öffentliche Hand auf, ihr Verkehrsverständnis zur Nachweisführung insbesondere für Einzelnachweise bereitzustellen, um Betrieben eine objektive Abwägung zwischen Einzelnachweis und eigener Zertifizierung zu ermöglichen. Hintergrund (aktualisiert am 22.07.2016) Einleitung 1 Gemeinsamer Erlass des BMWi, BMVEL, BMU und BMVBS zur Beschaffung von Holzprodukten vom 17. Januar 2007 1 von 5 FSC Deutschland Verein für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e.V. Postfach 5810 79026 Freiburg T +49 (0)761 38653 50 F +49 (0)761 38653 79 [email protected] www.fsc-deutschland.de Spendenkonto: GLS Bank IBAN: DE76 4306 0967 7943615600 BIC: GENODEM1GLS FSC® F000213 Bereits 1989 beschäftigten sich die Bundesministerien mit der Frage, wie bei der Beschaffung von Tropenholz Waldzerstörung vermieden werden kann. Der erste konkrete, gemeinsame Erlass1 der Bundesministerien für Wirtschaft und Technologie (BMWi), für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) folgte 2007, der bei jeglicher Holzbeschaffung durch die Bundesverwaltung vorschrieb, dass Holzprodukte nachweislich aus legaler und nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammen sollen. Grundlage hierfür bilden die Kriterien der beiden im Erlass Forest Stewardship Council® FSC® Deutschland benannten Zertifizierungssysteme FSC und PEFC2. Damit waren auch die Grundzüge der zweiten, unbefristeten Fassung des Erlasses3 der zuständigen Ministerien vom 20.12.2010 gelegt. Das Formblatt 248 aus der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB)4 (Erklärung zur Verwendung von Holzprodukten) sollte die Eignung eines Bieters feststellen, war jedoch dahingehend nicht klar formuliert, dass der Bieter selbst nach den Kriterien von FSC oder PEFC zertifiziert und zu welchem Zeitpunkt er ein entsprechendes Zertifikat vorlegen muss. Der Erlass ist für Vergabefälle der Bundesministerien und deren nachgeordnete Institutionen verbindlich, ebenso für potentielle Bieter. Bundesländer und Kommunen orientieren sich in der Formulierung des Anforderungsniveaus häufig an der Bundesbeschaffungsrichtlinie. Mit einem Rundschreiben5 zu einer neuen Auslegung des Erlasses vom 08.12.2015 erfolgte eine Neufassung des Formblattes 248 und eine Klarstellung, dass (1) die lückenlose COC-Zertifizierung der Grundidee des BMUB in Bezug auf die Nachhaltigkeitspolitik der Bundesregierung entspricht und (2) bei Abgabe des Angebotes eine COC-Zertifizierungsnummer anzugeben ist, wenn nicht der Einzelnachweis gewählt wird. Am 22.04.2016 hat das Bundesumweltministerium diesen „Klarstellungs“-Erlass vom 08.12.2015 ausgesetzt. Damit sind die im Auslegungserlass benannten Einführungsfristen - für beschränkte Ausschreibungen zum 01.04.2016 und für alle Ausschreibungen zum 01.07.2016 - für das überarbeitete Formblatt 248 und die damit verbundene Neuregelung der Nachweisführung zunächst bis auf weiteres ausgesetzt. Die generelle Nachweispflicht fällt jedoch nicht weg, sondern es gilt der Status quo des am 02.12.2010 unbefristeten Erlasses: Das zu verarbeitende oder zu beschaffende Holzprodukt muss aus nachweislich nachhaltigen Quellen stammen. Nachweismöglichkeiten sind eine CoC-Zertifizierung des Auftragnehmers oder ein Einzelnachweis. Warum zertifiziertes Holz einsetzen? Holz wird in der öffentlichen Beschaffung u.a. für die Gestaltung urbaner Räume wie Parks und Plätze, für den Bau von Gebäuden wie beispielsweise Kindergärten oder Schulen, für den Innenausbau, für Möbel oder kleinere Alltagsgegenstände gebraucht. Die Leistungsfähigkeit der Wälder der Welt Holz zu liefern, ist jedoch trotz ihres natürlichen Wachstums endlich. Deswegen verlangen viele öffentliche Verwaltungen, dass Holz aus verantwortungsvoll bewirtschafteten und zertifizierten Wäldern stammt, deren dauerhafte Erhaltung damit sichergestellt ist. Erst durch verbindliche und klar formulierte Beschlüsse wird sowohl bei der Beschaffungsstelle, als auch bei Anbietern der dahinterstehende politische Wille deutlich. Inzwischen gibt es zahlreiche Beispiele für kommunale Beschlüsse, die komplett oder für bestimmte Sortimente wie z.B. 2 3 4 5 FSC® F000213 Bick, U. (2016): Öffentliche Beschaffung von Holzprodukten in Deutschland. Stand der Regelung in Deutschland und der europäische Weg. Veröffentlicht im HZB, Nummer 12, 24.03.2016. Gemeinsamer Erlass zur Beschaffung von Holzprodukten, 22. Dezember 2010 Vergabe- und Vertragshandbuch für die Baumaßnahmen des Bundes Auslegung des Erlasses zur Beschaffung von Holzprodukten, 08.12.2015 2 von 5 FSC Deutschland Verein für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e.V. Postfach 5810 79026 Freiburg T +49 (0)761 38653 50 F +49 (0)761 38653 79 [email protected] www.fsc-deutschland.de Spendenkonto: GLS Bank IBAN: DE76 4306 0967 7943615600 BIC: GENODEM1GLS Forest Stewardship Council® FSC® Deutschland Tropenholz FSC-zertifiziertes Holz fordern. Dazu kommt ein Beschluss der Bundesregierung, der in öffentlichen Ausschreibungen des Bundes, verbindlich zertifiziertes Holz fordert. Auch in anderen Systemen wie z.B. DGNB6 oder BNB7 sind Anforderungen für die Herkunft von Hölzern klar formuliert und können als Anhaltspunkt dienen. Für Klärung sorgt zudem, wenn eindeutig formuliert ist, welche Nachweise durch die ausschreibende Stelle akzeptiert werden. Die ausschreibende Stelle ist frei im Sinne ihres Verkehrsverständnisses, festzulegen, wie der Nachweis zu führen ist.8 Die nun wieder geltende bisherige Fassung des Formblatts 248 lässt Fragen zum Verkehrsverständnis offen, insbesondere zum Ob, zum Wie und zum Wann in Bezug auf den Nachweis, dass die Erklärung eingehalten wurde. Wie funktioniert die Produktkettenzertifizierung (engl. Chain-of-Custody, COC)? Um zu kontrollieren, dass Produkte mit FSC-Aussage, auch tatsächlich aus den entsprechenden Rohstoffen, also aus zertifizierten Wäldern, aus Recycling- oder kontrollierten Quellen stammen oder hergestellt wurden, setzt der FSC das Instrument der Produktkettenzertifizierung ein: Dazu muss jedes Unternehmen in der Verarbeitungs- und Handelskette, vom Wald bis zu einem Punkt in der Lieferkette, zu dem ein Nachweis vorliegen soll, ein innerbetriebliches Verfahren aufbauen, das sicherstellt, dass FSC-zertifizierte Materialien jederzeit identifizierbar bleiben. Die erfolgte Zertifizierung berechtigt mit FSC zu werben und zertifizierte Produkte mit Zertifizierungsaussage zu verkaufen und mit dem FSC-Label zu kennzeichnen. Ein Nachweis im Rahmen der FSC-Produktkettenzertifizierung ist dann erbracht, wenn: - Der Auftragnehmer FSC-zertifiziert ist (nach FSC-STD-40-004 für COC oder nach FSC-STD40-006 für Projekte) – sprich eine eigene Zertifizierungsnummer besitzt und - in Lieferdokumenten zu den entsprechenden Produkten eine FSC-Aussage getroffen wird. Nur das Vorlegen beider Information erfüllt die Anforderung, FSC-zertifiziertes Holz zu beschaffen. Denn die FSC-Zertifizierung richtet sich auf die Zertifizierung von Unternehmen und nicht auf die Zertifizierung von Produkten. Welche Möglichkeiten gibt es für Unternehmen, die sich COC zertifizieren lassen wollen? Das FSC-System stellt verschiedene Varianten für die Zertifizierung von Unternehmen zur Verfügung: 6 7 8 FSC® F000213 - Einzel-COC-Zertifizierung für Unternehmen mit einem einzigen Standort. DGNB e.V.: Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen BNB: Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) OLG Hamburg, Beschluss v. 23.7.2015, Az. 3 U 141/14 3 von 5 FSC Deutschland Verein für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e.V. Postfach 5810 79026 Freiburg T +49 (0)761 38653 50 F +49 (0)761 38653 79 [email protected] www.fsc-deutschland.de Spendenkonto: GLS Bank IBAN: DE76 4306 0967 7943615600 BIC: GENODEM1GLS Forest Stewardship Council® FSC® Deutschland - Gruppen-COC-Zertifizierung ist für die Zertifizierung von kleinen Unternehmen konzipiert. Diese erlangen in einer Gruppe einen vereinfachten Zugang zur FSC-Zertifizierung, indem die Zertifizierung zentral gesteuert wird und/oder technische Unterstützung durch eine Zentrale bereitgestellt wird. - Multi-Site-COC-Zertifizierung wurde für die Zertifizierung mehrerer Standorte entworfen, die durch Eigentumsverhältnisse oder durch vertragliche Regelungen miteinander in Beziehung stehen, um Synergieeffekte in Bezug auf Kosteneinsparung und Einhaltung der FSC-Regeln zu erzielen. - Projektzertifizierung kann für einmalige, abgeschlossene Projekte z.B. die Renovierung oder den Neubau eines Objektes (z.B. Gebäude) genutzt werden. Diese Zertifizierung gibt eine Anzahl Mindestanforderungen vor, welche eine systematische und nachvollziehbare Beurteilung ohne dass die einzelnen Unternehmen, welche in einem Projekt involviert sind als Zulieferer oder Hersteller zertifiziert sind. Das Management erfolgt über einen Projektleiter. Die Kosten einer Zertifizierung setzen sich aus den Kosten für die Prüf- bzw. Zertifizierungsstelle und den FSC-Zertifikatsgebühren sowie internen Kosten des Betriebes zusammen. Insbesondere für Unternehmen, die sich regelmäßig an Ausschreibungen beteiligen, lohnt sich ein FSC COCZertifikat, ähnlich einer Prä-Qualifikations-Prüfung nach VOB. Als Alternative wird derzeit der Einzelnachweis pro Auftrag aufgeführt. Welche Möglichkeiten gibt es für die Einzelnachweise? Beispiel Berlin Die Berliner Senatsverwaltung übernimmt eine Vorreiterrolle: Mit der Verwaltungsvorschrift vom 23.10.2012 wurde festgelegt, dass nur noch Holz aus Wäldern beschafft werden darf, die nachvollziehbar und auf hohem Anspruchsniveau nachhaltig bewirtschaftet werden. Die wesentlichen Punkte sind: - Anforderungen auf FSC-Niveau - Regeln für den Einzelnachweis - Hinweise zu Hilfen für Betriebe Mehr dazu auf der Internetseite der Berliner Senatsverwaltung hier!* *http://www.stadtentwicklung.berlin.de/service/gesetzestex te/de/download/beschaffung/2015-1210_BI7_81064_3_3_1_Holzprodukte.pdf 9 Bick, U. (2016): Öffentliche Beschaffung von Holzprodukten in Deutschland. Stand der Regelung in Deutschland und der europäische Weg. Veröffentlicht im HZB, Nummer 12, 24.03.2016. 4 von 5 FSC Deutschland Verein für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e.V. Postfach 5810 79026 Freiburg T +49 (0)761 38653 50 F +49 (0)761 38653 79 [email protected] www.fsc-deutschland.de Spendenkonto: GLS Bank IBAN: DE76 4306 0967 7943615600 BIC: GENODEM1GLS FSC® F000213 Einzelnachweise sind eine weitere Nachweismöglichkeit im Rahmen der öffentlichen Beschaffung. Auch der Einzelnachweis muss überprüfbar belegen, dass bis zum Ende der Verarbeitungskette keine Vermischung von zertifiziertem mit nicht-zertifiziertem Material stattgefunden hat sowie die Anforderungen an Legalität und Nachhaltigkeit, wie u.a. durch die EUTR und andere europäische Richtlinien gefordert, erfüllt sind. Bei der Bundesbeschaffung wird eine Überprüfung durch das Thünen-Institut und das Bundesamt für Naturschutz durchgeführt, ggfls. kann ein externer Gutachter hinzugezogen werden9. Forest Stewardship Council® FSC® Deutschland Um einerseits eine faire Bewertung im Vergleich zum Nachweis über die COC-Zertifizierung, aber auch um verlässliche Aussagen durch Einzelnachweise machen zu können, fordert FSC Deutschland eine klare Regelung über die zu erfüllenden Anforderungen. Die Berliner Senatsverwaltung hat erstmalig für die Beschaffung des Landes Prüfkriterien formuliert, die als Anhaltspunkt dienen können. Da grundsätzlich jedem Betrieb der Zugang zur Zertifizierung möglich ist, respektive die Entscheidung für einen Einzelnachweis ja ausdrücklich als Variante zugelassen ist, können sich nicht zertifizierte Betriebe gleichberechtigt mit zertifizierten Betrieben an Ausschreibungen beteiligen. Klare Anforderungen für den Einzelnachweis erzeugen eine Gleichbehandlung und gleiche Chancen für ausführende Betriebe, ob mit oder ohne Produktkettenzertifikat. In einem Arbeitspapier „Nachweisfälle“10 hat ein Expertenkreis versucht, Handlungsoptionen für verschiedene Beschaffungssituationen aufzustellen, v.a. auch mögliche Kosten, Aufwand und Risiken transparent darzustellen. Damit sollen potentielle Aufragnehmer befähigt werden je nach Beschaffungssituation eine fundierte Entscheidung zu treffen. Die Drohkulisse „Zwangszertifizierung“ lässt sich so nicht mehr halten. 10 FSC® F000213 Weitere Informationen rund um das FSC-System und verantwortungsvolle Waldwirtschaft, zur Zertifizierung sowie zur öffentlichen Beschaffung finden Sie auf unserer Internetseite fscdeutschland.de. In Kürze nach Freigabe durch die Beteiligten bei FSC Deutschland oder den Beteiligten erhältlich. 5 von 5 FSC Deutschland Verein für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e.V. Postfach 5810 79026 Freiburg T +49 (0)761 38653 50 F +49 (0)761 38653 79 [email protected] www.fsc-deutschland.de Spendenkonto: GLS Bank IBAN: DE76 4306 0967 7943615600 BIC: GENODEM1GLS
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