„Zukunftsbilder einer grünen Stadt – Grün auf engem Raum“

„Zukunftsbilder einer grünen Stadt – Grün auf engem Raum“
Studierendenwettbewerb mit Entwurfswerkstatt
Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) lobt mit Unterstützung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit einen Ideenwettbewerb zum
Thema „Zukunftsbilder einer grünen Stadt – Grün auf engem Raum“ für Studierende aus.
Der Wettbewerb 2016/17 ist die zweite Auflage des 2014/15 im Rahmen des Grünbuchprozesses
durchgeführten Studierendenwettbewerbs „Zukunftsbilder einer grünen Stadt“. Er wird im Rahmen
des derzeit laufenden Weißbuchprozesses „Grün in der Stadt“ durchgeführt.
Grün auf engem Raum: Was ist das Ziel des Wettbewerbs?
Thematisch verknüpft der Wettbewerb diesmal Fragestellungen im Spannungsfeld zwischen grüner Flächennutzung und anderen aktuellen Stadtentwicklungsthemen (Wohnraumversorgung, Zuwanderung von Flüchtlingen, Flächennutzungskonkurrenz in Städten, knappe kommunale Haushalte). Diese Spannungsfelder werden im Wettbewerb durch fünf Themenfelder (Multifunktionalität/Nutzungsvielfalt, Nachverdichtung/Vertikales Grün und neue Formate von Grünflächen, Umcodierung von Verkehrsinfrastrukturen, Sicherheit und Pflege, Grünräume für benachteiligte Bevölkerungsgruppen) aufgenommen. Als übergeordnete Herausforderung stellt sich die Frage, wie innovative Ansätze im Kontext von begrenzten räumlichen und ökonomischen Ressourcen, d.h. „auf
engem Raum“, aussehen können.
Grüne Lösungen für wachsende Städte der Zukunft: Wie lautet die Aufgabenstellung des
Wettbewerbs?
Gesucht sind Beiträge, die innovative und neue Ansätze enthalten, aber zugleich „mit einem Bein
auf dem Boden“ stehen, sprich: Sie sollen prinzipiell realisierbar sein. Die übergeordnete
Herausforderung der Realisierbarkeit auf „engem Raum“ ist bei allen Entwürfen zu berücksichtigen.
Im besonderen Fokus sollen hierbei die begrenzten Flächenressourcen im Zuge hoher
Flächenkonkurrenzen und der Nachverdichtung urbaner Räume stehen. Die Kosteneffizienz der
Lösungen soll ebenfalls mitbedacht werden. Erwartet werden Entwürfe, die unter den genannten
Rahmenbedingungen Lösungen zu den aktuellen Stadtentwicklungsthemen aufzeigen (siehe
Themenfelder) und gleichzeitig den Blick in die Zukunft richten, um langfristige und nachhaltige
Lösungen zu finden.
Historische Altstadt, hochverdichtete Innenstadt, Mischquartier mit Großwohnsiedlung: Für
welche Stadträume soll entworfen werden?
Für die Entwürfe werden den Studierenden drei Entwurfsgebiete in Berlin vorgegeben. Von den
Wettbewerbsteilnehmern ist jeweils ein Entwurfsgebiet auszuwählen. Innerhalb des ausgewählten
Entwurfsgebietes können die Studierenden die Entwürfe auf unterschiedlichen Maßstabsebenen
bearbeiten. Denkbar sind eine Bearbeitung auf der Quartiersebene (ausgewählte
Freiräume/Grünflächen im jeweiligen Gebiet, Vernetzung usw.) oder eine Bearbeitung auf
Objektebene (objektplanerische Entwürfe, Detaillösungen, Pflanzkonzepte, Pflegeansätze etc.).
Die Beiträge können aus baulichen, freiraumplanerischen oder gärtnerischen Entwürfen, aus
ökologischen Konzepten oder z.B. auch aus Entwicklungsstrategien bestehen.
Wettbewerbsunterlagen – BBSR-Studierendenwettbewerb „Zukunftsbilder einer grünen Stadt – Grün auf engem Raum“
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•
Entwurfsgebiet 1: Altstadt Spandau, Bezirk Spandau
Prägend für das Gebiet „Altstadt Spandau“ im äußersten Berliner Westen sind der
historische Altstadtkern, städtebauliche Umgestaltungen aus der Nachkriegszeit (50er/70er-Jahre), die Lage am Wasser und eine räumliche Begrenzung durch große
Verkehrsachsen.
•
Entwurfsgebiet 2: Kaiser-Friedrich-Straße/Stuttgarter Platz, Bezirk CharlottenburgWilmersdorf
Das hochverdichtete Innenstadtquartier im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf ist
gekennzeichnet durch eine hohe Dichte im geschlossenen Blockrand, vielbefahrene
Verkehrsachsen, gepaart mit einer geringen Grünqualität bei hohem Nutzungsdruck.
•
Entwurfsgebiet 3: Ruschestraße/Frankfurter Allee Süd (FAS), Bezirk Lichtenberg
Das im Ostberliner Bezirk Lichtenberg gelegene Entwurfsgebiet wird durch die
Hauptverkehrsachse Frankfurter Allee in zwei Stadträume unterteilt. Während sich rund um
die Ruschestraße ein dicht bebautes Mischquartier befindet, sind im Bereich südlich der
Frankfurter Allee sozialistische Großwohnsiedlungen der 70er-Jahre prägend.
Eine detaillierte Beschreibung der drei Entwurfsgebiete mit Hinweisen zur städtebaulichen
Situation, zu Besonderheiten des Gebietes und zu spezifischen Themenfeldbezügen findet sich ab
Seite 6.
Von Spannungsfeldern zu Lösungsansätzen: Welche Themenfelder stehen zur Wahl?
In dem ausgewählten Entwurfsgebiet sollen die folgenden Themenfelder berücksichtigt werden.
Dabei ist sowohl die Konzentration auf ein einzelnes Themenfeld wie auch die Verschränkung
verschiedener Themen möglich.
•
Multifunktionalität/Nutzungsvielfalt
Multicodierung als Antwort auf Flächennutzungskonkurrenzen in Großstädten mit hohem
Nutzungsdruck; Gestaltung multicodierter öffentlicher Räume vor dem Hintergrund knapper
finanzieller Ressourcen; erhöhter Anspruch an die funktionale Qualität von Grünräumen im
Kontext des Klimawandels; Stapelung von Stadträumen; Verknüpfung unterschiedlicher
Bauwerkstypen für Freizeit, Ökologie, Baukultur
•
Nachverdichtung/vertikales Grün und neue Formate von Grünflächen
Qualitative Begrünung urbaner Nischen – Innen-, Hinterhöfe, Restflächen etc. – und
Bauwerke; neue Ansätze von Wohnumfeldbegrünungen, fachgerechte
Pflanzenverwendung auf Sonderstandorten; Stärkung von
Grünverknüpfungen/Verbundfunktionen; Entwicklung neuer Typologien grüner
Nutzungsräume für die Bevölkerung
•
Umcodierung von Verkehrsinfrastrukturen
Neuadaption bestehender Straßenbauwerke/Gewässerstrukturen, Anpassung bzw.
Ergänzung grauer Infrastruktur durch „Grüne Infrastruktur“; Stärkung von
Grünverknüpfungen/Verbundfunktionen; Rückbau und Gestaltung für die Nutzung von
Autostraßen; zukünftige Auswirkungen des autonomen Verkehrs, Optimierung von
Straßenräumen
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Sicherheit und Pflege
(a) Sicherheit aus Perspektive der Nutzer: Entwürfe für Grünräume unter
Sicherheitsaspekten und unter Berücksichtigung knapper finanzieller Ressourcen (Pflege),
Umgang mit Nutzungskonflikten und begrenzten räumlichen Ressourcen; städtebauliche
Kriminalitätsprävention, Vermeidung von Angsträumen durch gestalterische Maßnahmen
Wettbewerbsunterlagen – BBSR-Studierendenwettbewerb „Zukunftsbilder einer grünen Stadt – Grün auf engem Raum“
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(b) Sicherheit aus Perspektive der Ökosysteme: vegetationstechnische und gestalterische
Entwürfe mit Blick auf die Sicherung/Vorsorge für Flora und Fauna im urbanen Raum;
Resilienz; Ökosystemdienstleistungen; Biotopverbundfunktion
•
Grünräume für benachteiligte Bevölkerungsgruppen
Grünräume als Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe und Integration;
Umweltgerechtigkeit, Gesundheit, Bewegung und Zugang zu grünen Erholungsräumen;
Qualität von Grünräumen im Kontext von Flüchtlingsunterbringung, Containersiedlung und
Flächennutzungskonkurrenz
Wettbewerb mit Entwurfswerkstatt: Wie läuft das Verfahren ab?
Der Wettbewerb ist zweistufig (siehe Zeitplan). Die Vorbereitungsphase beginnt im Oktober 2016.
Am Ende der Vorbereitungsphase reichen die Teilnehmenden eine grafische/textliche Ideenskizze
ein (1. Wettbewerbsstufe). Auf Grundlage der eingereichten Vorentwürfe werden 30 Beiträge ausgewählt und die Teilnehmenden zu einer Entwurfswerkstatt in Berlin eingeladen. Im Rahmen der
1,5-tägigen Entwurfswerkstatt werden die mitgebrachten Ideen der Studierenden durch gemeinschaftliche Diskussion und die Beratung von Experten weiter qualifiziert. Im Anschluss an die
Werkstatt haben die Teilnehmenden sechs Wochen Zeit zur weiteren Überarbeitung und Gestaltung ihrer Beiträge für die finale Abgabe (2. Wettbewerbsstufe).
Die Entwurfswerkstatt startet am Freitagnachmittag in drei Arbeitsgruppen mit einer Exkursion in
die ausgewählten Entwurfsgebiete. Durch eine Ortsbegehung "ihres" Entwurfsgebietes haben die
Teilnehmenden die Möglichkeit, sich Vorort ein genaueres Bild zu machen, weitere Anregungen zu
sammeln und offene Fragen zu klären. Im Anschluss an die Exkursionen kommen alle Teilnehmenden im Plenum zusammen. Impulsvorträge von Experten und eine Plenumsdiskussion runden
den thematischen Einstieg des ersten Tages ab. Ein gemeinsames Abendessen im Anschluss
schafft Gelegenheit für gegenseitiges Kennenlernen und informellen Austausch. Der zweite Tag
dient der Weiterentwicklung der Entwürfe. Nach einer Ausstellung der Skizzen am Vormittag sind
Gruppenworkshops und thematisches Arbeiten an den Entwürfen vorgesehen. Die Studierenden
werden darin von den anwesenden Experten unterstützt. Die Entwurfswerkstatt endet am Samstagabend mit der Vorstellung der Zwischenergebnisse und Hinweisen zum weiteren Vorgehen.
Zeitplan
21. Oktober 2016
31. Oktober 2016
25. November 2016
02. Dezember 2016
09./10. Dezember 2016
30. Januar 2017
März 2017
Mai 2017
Einsendeschluss Teilnahmebewerbungen
Versand Teilnahmebestätigungen an Studierende
Einsendeschluss grafische/textliche Ideenskizze für die
1. Wettbewerbsstufe
Bekanntgabe der Teilnehmenden der 2. Wettbewerbsstufe
Entwurfswerkstatt in Berlin
Einsendeschluss der finalen Wettbewerbsbeiträge für die
2. Wettbewerbsstufe
Jurysitzung
Prämierung und Ausstellung im Rahmen des
Bundeskongresses „Grün in der Stadt“
Grüne Nachwuchsexperten gesucht! Wer kann mitmachen?
Teilnehmen können Studierende, die an einer deutschen Hochschule eingeschrieben sind – aus
entsprechenden stadt- und raumwissenschaftlichen Studiengängen mit Schwerpunkt Stadtplanung,
Stadtentwicklung sowie Grünplanung. Aufgrund der gewünschten Komplexität der Beiträge wird
eine Teilnahme insbesondere Studierenden in fortgeschrittenen Semestern empfohlen.
Wettbewerbsunterlagen – BBSR-Studierendenwettbewerb „Zukunftsbilder einer grünen Stadt – Grün auf engem Raum“
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Es können sich Einzelpersonen oder Teams mit maximal drei Personen bewerben, eine spätere
Teambildung im Rahmen der Entwurfswerkstatt ist ebenfalls möglich. Für die Entwurfswerkstatt
werden maximal 30 Beiträge zugelassen.
Die Teilnahme an der Entwurfswerkstatt am 09./10. Dezember 2016 ist für alle Teilnehmenden
verpflichtend. Der Auslober zahlt einen entfernungsabhängigen Zuschuss zu den Reise- und
Übernachtungskosten.
Wettbewerbsunterlagen: Was ist einzureichen?
Wettbewerbsbeiträge für „Zukunftsbilder einer grünen Stadt – Grün auf engem Raum“ sind konzeptionelle Ideen bzw. Entwürfe, die durch Zeichnungen, Collagen, Fotos, Skizzen, Grafiken, Prozessschemata, kurze textliche Erläuterungen etc. grafisch visualisiert werden. Eine Teilnahme am
Wettbewerb erfordert die folgenden Leistungen:
Für die Teilnahmebewerbung
1. Teilnahmeformular ausfüllen
2. Immatrikulationsbescheinigung anfügen
3. bis 21.10.2016 per Mail an [email protected] schicken
Für die Entwurfswerkstatt/Abgabe der Ideenskizze (1. Wettbewerbsstufe)
1. eine Idee für das ausgewählte Entwurfsgebiet entwickeln
2. als grafische/textliche Ideenskizze im Format A3 (PDF, max. 5 MB) darstellen (ohne Namen, mit Kennnummer*)
3. Erklärung zur Nutzung von urheberrechtlich geschütztem Material beifügen
4. bis 25.11.2016 per Mail an [email protected] schicken
Für die finale Abgabe (2. Wettbewerbsstufe)
1. die weiterqualifizierte Idee in Form eines Plakats ausarbeiten (PDF, max. 15 MB, Format
A0, Hochformat, maximal zwei Plakate pro Beitrag, ohne Namen, mit gleicher Kennnummer*)
2. bei Bedarf eine textliche Erläuterung von max. drei A4-Seiten beifügen
3. bis 31.01.2017 per Mail an [email protected] schicken
4. sowie postalischer Versand an das Wettbewerbsbüro oder Abgabe beim Wettbewerbsbüro
bis zum 31.01.2017 um 18:00 (es zählt der Posteingang). Für die gedruckten Unterlagen
gilt: Die Plakate sind plan und gerollt einzureichen. Sie dürfen nicht auf Karton oder andere
Träger aufgezogen sein. Ausschließlich auf digitalen Datenträgern eingereichte Beiträge
werden nicht berücksichtigt.
*Um eine objektive Beurteilung der Wettbewerbsbeiträge durch die Jury zu gewährleisten, werden
die Beiträge anonymisiert, d.h. ohne Hinweis auf den/die Verfasser/in eingereicht. Hierzu müssen
alle Teilnehmenden ihre Wettbewerbsbeiträge (Ideenskizze und finaler Wettbewerbsbeitrag) mit
einer selbst zu wählenden, sechsstelligen Kennziffer versehen.
Weißbuchprozess "Grün in der Stadt": Was passiert mit den Ergebnissen?
Eine Jury, besetzt durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), das Bundesamt für
Naturschutz (BfN), das Umweltbundesamt (UBA) und das Julius-Kühn-Institut (JKI), zeichnet bis
zu drei Beiträge mit einem Preisgeld von insgesamt 10.000 Euro aus. Weitere Anerkennungen
sind möglich. Die Jury bestimmt die Höhe und Aufteilung der Preisgelder. Die PreisträgerInnen
werden zu einer Preisverleihung im Rahmen des Bundeskongresses „Grün in der Stadt“ im Mai
2017 eingeladen.
Wettbewerbsunterlagen – BBSR-Studierendenwettbewerb „Zukunftsbilder einer grünen Stadt – Grün auf engem Raum“
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Im Rahmen des Bundeskongresses werden darüber hinaus zehn Arbeiten ausgestellt.
Die Besetzung der Jury wird Anfang September bekannt gegeben.
Ausschlaggebend für die Bewertung durch die Jury sind die folgenden Kriterien:
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Themenbezug
Realitätsbezug
innovativer Ansatz
kreative Darstellung
Rechtliche Hinweise
Die urheberrechtlichen Nutzungsrechte der eingereichten Beiträge werden für weitere Veröffentlichungen und die Ausstellung frei von Rechten Dritter an den Auslober übergeben. Der Auslober
behält sich die Nutzung von Ausschnitten und ihre layouttechnische Bearbeitung vor.
Es besteht kein Anspruch auf Kostenerstattung und auf Realisierung der Wettbewerbsbeiträge,
sowie auf eine Präsentation im Rahmen des Kongresses. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Rückfragen
Rückfragen zum Wettbewerb werden ausschließlich schriftlich bis spätestens zehn Werktage vor
Abgabe angenommen und bis spätestens sieben Werktage vor Abgabe beantwortet. Sie sind an
folgende Email-Adresse zu richten: [email protected].
Fragen und Antworten werden allen Wettbewerbsteilnehmenden per Mail übermittelt.
Wettbewerbsbetreuung
Urbanizers Büro für städtische Konzepte
Xantener Straße 18
10707 Berlin
[email protected]
Ansprechpartner: Fabian Benndorf, Phillip Koller
Auslober
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
Deichmanns Aue 31-37
53179 Bonn
Der Wettbewerb wird durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) unterstützt.
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Hintergrundinformationen zum Entwurfsgebiet 1:
Altstadt Spandau, Bezirk Spandau
Abb. 1: Übersichtskarte Entwurfsgebiet 1 (Quelle: Bezirksamt Spandau von Berlin)
1. Gebietsbeschreibung:
Räumliche Lage und Begrenzung im Stadtraum: Die Altstadt Spandau liegt im
Bezirk Spandau im Westen Berlins. Das Entwurfsgebiet ist durch die östliche
Grenze des Altstädter Rings im Westen, die nördliche Kante der Straße Am Juliusturm im Norden, den Mühlengraben im Süden sowie durch die südöstliche
Uferseite der Havel im Osten begrenzt. Die Altstadt bildet somit eine eigene Stadt
in der Stadt, welche von den umgebenden Quartieren abgeschnitten ist.
Abb. 2: Markt (Quelle: Urbanizers)
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Historischer Bezug: Im Bereich der Altstadt, die im Schutz der nahe gelegenen
Zitadelle lag, war am Ende des 12. Jahrhunderts eine Kaufmannssiedlung entstanden. Dieser Marktort erhielt 1232 das Stadtrecht. In den folgenden Jahrhunderten erfolgte der planmäßige Ausbau zur Garnisons- und Festungsstadt – was
die Stadtentwicklung räumlich einengte. Auch bedeutende Rüstungsindustrie
wurde hier angesiedelt. 1903 wurde der Festungsstatus aufgehoben und für zivile
Industrien interessant. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurden die Festungsanlagen geschliffen. Im Zweiten Weltkrieg wurden weite Teile der Altstadt
zerstört. Im Zuge der 1978 eingeleiteten Umgestaltung der Altstadt zu einer Fußgängerzone entstanden zum Teil größere Gewerbearchitekturen (Carl-SchurzStraße).
Die Altstadt Spandau ist Fördergebiet im Städtebauförderprogramm "Städtebaulicher Denkmalschutz". Weiterhin besteht ein Entwicklungskonzept für das neue
Lindenufer zur Aufwertung und Entwicklung des Ufers und des Havelradweges.
Hier soll eine hohe Qualität am Wasser erreicht werden. Eine Umsetzung ist in
Teilen schon erfolgt. Dies sind erste Ansatzpunkte zur Behebung der mangelnden
Grünqualitäten im Stadtraum sowie zur Stärkung der Gastronomie und Schaffung
von Freizeitangeboten für die Bevölkerung. Diese stehen im Zusammenhang mit
dem Konkurrenzdruck für den Einzelhandel in der Altstadt durch das südlich,
etwas außerhalb des Entwurfsgebiets, am Bahnhof gelegene Einkaufszentrum
Spandau Arcaden mit seinen 125 Geschäften.
Städtebauliche Struktur, Gebäudetypologien: Die Altstadt als historischer Ortskern Spandaus aus dem 13. Jahrhundert beinhaltet eine dichte, heterogene städtebauliche Struktur mit Gebäudetypen aus unterschiedlichen Bauepochen wie
dem havelländischen Kleinstadthaus (Jüdenstraße) oder den fünfgeschossigen
Berliner Mietshäusern (Charlottenstraße). Insgesamt ist die Altstadt von einer
hohen städtebaulichen Dichte geprägt. Größere Freiflächen bilden lediglich der
Markt sowie das Umfeld der Ev. Kirche St. Nikolai.
In den Erdgeschosszonen findet sich ein großer Anteil an gewerblichen Einrichtungen. Hierzu gehören vor allem unterschiedlicher Einzelhandel, Gastronomie
sowie Dienstleistungsunternehmen. Neben der gewerblichen Nutzung findet sich
in den Obergeschossen Wohnnutzung.
Abb. 3: Parkplätze in der Kammerstraße (Quelle: Urbanizers)
Abb. 4: Altstädter Ring (Quelle:
Urbanizers)
Abb. 5: Havelstraße (Quelle: Urbanizers)
Grün- und Freiflächen: Im historischen Gebäudebestand bestehen vereinzelt
kleinteilige Grün- und Freiräume. Diese werden vornehmlich als PKW-Stellplätze
genutzt und weisen somit einen geringen Grünanteil auf, bieten aber Potenziale
hinsichtlich einer ökologischen und sozialen Aufwertung. Die öffentlichen Freiflächen sind insbesondere in den Bereichen mit historischer Bau-substanz stark
verdichtet. Hier ergeben sich enge Räume und Nischen (Havelstraße, Kammerstraße). Entlang der langen Achse der Carl-Schurz-Straße besteht ein linearer
offener Freiraum. Offenere Platzsituationen finden sich, wie erwähnt, am Markt
und an der Ev. Kirche St. Nikolai. Die öffentlichen Räume sind durchgehend
durch einen hohen Versiegelungsgrad gekennzeichnet. Der Marktplatz verfügt
über wenig Aufenthaltsqualitäten und einen niedrigen Anteil an Grünflächen. Zu
beachten ist die Nutzung für den Wochenmarkt sowie die Funktion als Durchgangsraum innerhalb der Altstadt.
Vegetative Merkmale des Quartiers sind vereinzelnde Solitärgehölze in der Fußgängerzone und als Straßenbegleitgrün sowie vereinzelte Gehölzgruppen und reihen an der Ev. Kirche St. Nikolai und am Markt. Die Räume der Breiten Straße,
Carl-Schurz-Straße, Kammerstraße und Jüdenstraße weisen nur einzelne bzw.
keine straßenbegleitenden Bäume auf und sind insgesamt an den grünen äußeren Ring nicht angeschlossen.
Im westlichen Randbereich grenzt Grün im Verlauf des Mühlengrabens das Quartier zum Altstädter Ring ab.
Der Uferbereich der Havel ist durch alte Baumbestände und weitläufige Rasenflächen charakterisiert. Das Lindenufer bietet durch seine Aufwertung und den histoWettbewerbsunterlagen – BBSR-Studierendenwettbewerb „Zukunftsbilder einer grünen Stadt – Grün auf engem Raum“
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rischen Baumbestand vielfältige soziale und ökologische Qualitäten für die Bevölkerung. Eine Verknüpfung bzw. ein direkter Bezug zur Innenstadt an die umgebenden Blauräume (Havel und Mühlengraben) ist derzeit jedoch noch nicht gegeben.
Insgesamt ist von einer schlechten Grünversorgung innerhalb des Gebiets zusprechen, die zum Teil durch an den Randbereichen bestehende Qualitäten kompensiert wird.
Verkehrsstrukturen: Die Anbindung an den Nahverkehr ist durch die direkte Nähe
zum Bahnhof Spandau sowie durch die U-Bahnstation Rathaus Spandau und den
Busbahnhof sehr positiv zu bewerten. Der Altstadtkern wird auf zwei Seiten von
stark befahrenen übergeordneten Verkehrsachsen eingeschlossen, der Straße
Am Juliusturm im Norden (breiter Mittelstreifen, begrünt) und dem Altstädter Ring
im Westen, was ein hohes Verkehrsaufkommen sowie eine Trennwirkung zu den
nördlich und westlich gelegenen Quartieren bedeutet. Somit liegt ein Großteil der
Eingangssituationen zur Altstadt an diesen großen Verkehrsachsen. Ein größeres
Parkhaus am Altstädter Ring aus den 1970er-Jahren weist eine teilweise Begrünung auf. Es erfüllt für Einzelhandel und Gewerbe einen Teilbedarf der nötigen
Stellplatzflächen, die so in der Altstadt nicht anfallen, was dort zu einer Entlastung
beiträgt.
Bewohnerstruktur und soziale Daten: Das Entwurfsgebiet liegt in einem sozial
stark belasteten Raum (Arbeitslosigkeit rund 13 %, Transferbezug rund 19 %,
Kinderarmut rund 54 %; Daten 2012), wobei das Entwurfsgebiet eine eher heterogene Sozialstruktur mit qualitativ hochwertigen Wohneinheiten aufweist.
2. Bezug zu den Themenfeldern des Wettbewerbs
Es lässt sich eine Dreiteilung des Entwurfsgebiets erkennen. In dem relativ engen, hochversiegelten Kern können grüne Nischen und variable Lösungen eine
Verbesserung bringen. Für die auf dem abgegrenzten Gebiet bestehenden Flächenkonkurrenzen sind Ansätze denkbar, welche Multicodierung (z.B. Markt,
Straßenräume, Fußgängerräume) oder vertikales Grün beinhalten. Auch die qualitative Ausnutzung urbaner Nischen (Innenhöfe, Restflächen, Sonderstandorte,...)
bietet Chancen. Der grüne Ring könnte durch geeignete Lösungen in Verbundfunktion mit den Blauräumen funktional besser mit dem dichten Quartierskern
verknüpft werden, um einen Grün-Blauraum im größeren Zusammenhang zu
schaffen. Die großdimensionierte Verkehrsinfrastruktur bietet Ansätze für die
Multicodierung und Qualifizierung grauer Infrastruktur durch Elemente Grüner
Infrastruktur auch im Sinne von Klimaanpassung sowie zum Lückenschluss zu
den angrenzenden Wohngebieten und dem nordöstlichen Teil der Altstadtinsel.
Dies ist nur als eine erste Anregung zu verstehen. Es steht allen Wettbewerbsteilnehmenden frei, über die genannten Ansatzpunkte hinaus Ideen für die Umsetzung von Lösungsansätzen für das Entwurfsgebiet zu entwickeln, die in direktem Bezug zur Aufgabenstellung des Wettbewerbs stehen.
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Hintergrundinformationen zu Entwurfsgebiet 2:
Kaiser-Friedrich-Straße/Stuttgarter Platz, Bezirk CharlottenburgWilmersdorf
Abb. 6: Übersichtskarte Entwurfsgebiet 2 (Quelle: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Berlin)
1. Gebietsbeschreibung:
Räumliche Lage und Begrenzung im Stadtraum: Das Gebiet liegt ca. 3,5 Kilometer westlich vom Zoologischen Garten im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf.
Es wird eingerahmt durch zwei vielbefahrene Verkehrsachsen, die Bismarckstraße im Norden und die Kaiser-Friedrich-Straße im Westen, den Bahndamm
der Stadtbahn im Süden am Stuttgarter Platz sowie eine teilweise als Fußgängerzone erschlossene Einkaufsstraße – die Wilmersdorfer Straße – im Osten.
Abb. 7: Kaiser-Friedrichstraße
Ecke Kantstraße (Quelle: Urbanizers)
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Historischer Bezug: Im Jahr 1705 wurde das damalige Lietzow zu Ehren der
verstorbenen Königin Sophie Charlotte in Charlottenburg umbenannt und erhielt
das Stadtrecht. Von einem kleinen Dorf entwickelte sich die Siedlung zu einer
Ackerbürgerstadt und schließlich zur teuren Sommerfrische der Berliner mit
relativ kleinen Häusern, der Entwicklungskern lag nordöstlich des Entwurfsgebietes. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte ein explosionsartiges
Wachstum von einer ländlichen Gemeinde zur reichen Großstadt mit Industrie.
1920 wurde die damals reichste Stadt Preußens zu einem Berliner Bezirk. Zwischen Stuttgarter Platz und Schillerstraße wurde die Wilmersdorfer Straße 1978
zur ersten Fußgängerzone Berlins umgebaut. Sie gilt bis heute als eine der am
stärksten frequentierten Einzelhandelslagen Berlins. Seit Anfang der 2000erJahre erlebt die Straße einen sukzessiven Aufschwung. Eine Arbeitsgemeinschaft, die AG Wilmersdorfer Straße Fußgängerzone e.V., setzt sich für die
Entwicklung des Einzelhandelsstandorts und dabei auch für den Straßenraum
ein.
Städtebauliche Struktur, Gebäudetypologien: Die Bebauungsstruktur des Quartiers stammt überwiegend aus den Jahren vor und nach 1900, zumeist in Blockrandbebauung mit der für Berlin typischen Traufhöhe. Viele der Wohnungen
hatten einen im Vergleich hohen Standard, waren mit innenliegenden Bädern
ausgestattet und per Fahrstuhl zugänglich. Zudem waren die Innenhöfe im
Verhältnis größer als in Berlin. Der Gebäudebestand an Kaiser-Friedrich- und
Wilmersdorfer Straße ist heterogen. Neben gründerzeitlichen Gebäuden finden
sich Gebäude aus der Nachkriegsmoderne sowie aus den 1970er-Jahren und
später. Zahlreiche Geschäftshäuser wurden ersetzt oder saniert. Hervorzuheben ist das 2007 eröffnete Einkaufszentrum „Wilmersdorfer Arkaden“. Bis auf
wenige Ausnahmen in der Pestalozzi- und Schillerstraße finden sich im Quartier
vornehmlich Wohngebäude mit für den Einzelhandel ausgebauten Erdgeschosszonen. Die Wilmersdorfer Straße selbst ist – wie weiter oben andeutet –
Einzelhandelszentrum. Das Potential für Nachverdichtungen ist im dicht bebauten Gebiet relativ gering. Ein größeres Wohnungsbauvorhaben im gehobenen
Segment wurde im letzten Jahr in der Rückertstraße realisiert. Derzeit laufen
Vorbereitungen für weitere Wohnungsbauten Schillerstraße Ecke Rückertstraße, die den dortigen Block wieder komplett schließen werden.
Abb. 8: Goethepark (Quelle:
Urbanizers)
Abb. 9: Grünbereich am Stuttgarter Platz (Quelle: Urbanizers)
Abb. 10: Wilmersdorfer
Straße (Quelle: Urbanizers)
Grün- und Freiflächen: Alle Straßen des Quartiers sind baumbestanden. Einige
Blockinnenhöfe sind zum Teil üppig begrünt. Insgesamt weist das Quartier aber
nur sehr wenige öffentliche Grünflächen im Bereich des Stuttgarter Platzes auf,
das Gebiet ist insgesamt stark versiegelt. Fassadenbegrünung kommt nicht vor
und bis auf wenige Ausnahmen, u.a. die Wilmersdorfer Arkaden, finden sich
keine Dachbegrünungen. Trotz eines für Berlin durchschnittlichen Anteils an
Kindern und Jugendlichen findet sich im Gebiet selbst kein Spielplatz, allerdings
befinden sich knapp außerhalb, am Stuttgarter Platz (West) sowie am KarlAugust Platz, östlich der Wilmersdorfer Straße, Spielplätze. Seit Jahren bemängelt wird das fast vollständige Fehlen von (auch grünen) Rückzugsmöglichkeiten für Jugendliche. Die hohe Bevölkerungsdichte und starke Frequentierung
der Einzelhandelsstandorte sorgt für hohen Nutzungsdruck auf die wenigen
vorhandenen Grün- und Freiflächen. Negativ unterstützt wird das durch eine
hohe Verkehrsbelastung insbesondere auf den Verkehrsachsen Bismarckstraße, Kaiser-Friedrich-Straße und Kantstraße. Durch die dichte Bebauungsstruktur entsteht eine hohe thermische Belastung wie auch Lärmbelastung sowie
insgesamt eine im Sinne der Umweltgerechtigkeit Mehrfachbelastung der Räume. Bemerkenswert ist der halböffentliche Goethepark in der Kaiser-FriedrichStraße. Der im Jahr 1903 erbaute Wohnpark beherbergt im stillen, langgestreckten Hofinneren eine denkmalgeschützte private Grünfläche, die eingeschränkt für die Öffentlichkeit zugänglich ist.
Die 2011 im Rahmen einer Ausgleichsmaßnahme für den Umbau des SWettbewerbsunterlagen – BBSR-Studierendenwettbewerb „Zukunftsbilder einer grünen Stadt – Grün auf engem Raum“
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Bahnhofs Charlottenburg entstandene Begrünung des Stuttgarter Platzes am
Südende des Gebietes schaffte zwar eine optische Veränderung des dort zuvor
befindlichen Parkplatzes. Allerdings half die Maßnahme wenig gegen den seit
den 1970er-Jahren dort etablierten Drogenumschlagplatz. Angesichts der geringen Pflegemittel „verbuschen“ die Grünbereiche derzeit zügig. Die allgemeine
Aufenthaltsqualität wird dadurch gemindert. Zudem entstehen unfreiwillig Rückzugsorte für Drogenabhängige. Die Gegend entlang des Stuttgarter Platzes gilt
nicht zuletzt deswegen als sozial angespannt. Trotz Potential bleiben die Nutzungsmöglichkeiten niedrig.
Verkehrsstrukturen: Das Gebiet wird auf drei Seiten durch größere Verkehrsachsen (PKW und Bahn) begrenzt. Die nördliche und westliche Verkehrsachsen
bilden relativ einfach zu überwindende Übergänge in die angrenzenden Quartiere. Der Bahndamm schließt das nördliche jedoch stark zum südlichen Nachbarquartier hin ab. Radfahrer und Fußgänger sind an allen diesen Achsen strukturell eher dem motorisierten Verkehr untergeordnet. Die Wilmersdorfer Straße
bietet als Fußgängerzone Fußgängern und eingeschränkt auch Radfahrern die
Möglichkeit, in Nord-Süd-Richtung der Verkehrsbelastung auszuweichen. Die
innenliegenden Quartiersstraßen (Pestalozzi-, Rückert- und Schillerstraße) sind
für Fußgänger und Radfahrer relativ sicher nutzbar, jedoch findet sich auch hier
ein erhöhter Anteil an Parkplatzsuchverkehr. Die ÖPNV-Anbindung ist mit der
Stadtbahn, den U-Bahnlinien 2 an Bismarckstraße und 7 an Stuttgarter Platz
und Bismarckstraße sowie zahlreichen Buslinien ausgesprochen gut.
Bewohnerstruktur und sozial Daten: Die Bewohnerstruktur im Gebiet ist geteilt.
Die Sozialstruktur der Kaiser-Friedrich-Straße (in den straßenbezogenen Teilen)
ist eher sozial angespannt – während in den Blöcken dahinter und den Seitenstraßen eine eher etwas besser gestellte Bewohnerschaft wohnt. Die Gesamtarbeitslosigkeit liegt dabei im Berliner Durchschnitt, die der jungen Bevölkerung
ist sogar relativ gering. Überdurchschnittlich hingegen ist die Altersarmut. Der
Anteil an Kindern und Jugendlichen entspricht dem Berliner Durchschnitt.
2. Bezug zu den Themenfeldern des Wettbewerbs
Herausforderungen ergeben sich durch eine im Verhältnis zu den zur Verfügung
stehenden Grünräumen hohe Bewohner- bzw. Besucherdichte. Der Mangel an
unbebauten oder -versiegelten quartierseigenen Flächen sorgt für eine relativ
geringe Grünraumqualität. Es sind daher Ansätze denkbar, die Multifunktionalität oder auch Mehrfachcodierung und vertikale Ansätze für Fassadenbegrünung
sowie insgesamt mehr Grün- und Freiräume ermöglichen. Die Vielfalt der Nutzergruppen (Kinder, Jugendliche, Senioren) spielt für die Frage von Nutzungen
eine große Rolle. Bismarckstraße und Kaiser-Friedrich-Straße sowie die stark
versiegelte Fußgängerzone der Wilmersdorfer Straße bieten Ansatzpunkte für
eine Multicodierung auch im Sinne von Klimaanpassung und für die Qualifizierung als Teilräume Grüner Infrastruktur. Denkbar sind daher Konzepte, die
beide Aspekte von Umweltgerechtigkeit – Lärm- und thermische Belastung
sowie die mangelnden Grünflächen berücksichtigen. Allerdings ist dabei u.a. zu
beachten, dass es sich bei der Kaiser-Friedrich-Straße um eine zentrale NordSüd-Achse für Polizei, Krankenwagen und Feuerwehr handelt. Sicherheit und
Pflege sind außerdem dringliche Ansatzpunkte im Bereich des Stuttgarter Platzes.
Dies ist nur als eine erste Anregung zu verstehen. Es steht allen Wettbewerbsteilnehmenden frei, über die genannten Ansatzpunkte hinaus Ideen für die Umsetzung von Lösungsansätzen für das Entwurfsgebiet zu entwickeln, die in
direktem Bezug zur Aufgabenstellung des Wettbewerbs stehen.
Wettbewerbsunterlagen – BBSR-Studierendenwettbewerb „Zukunftsbilder einer grünen Stadt – Grün auf engem Raum“
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Hintergrundinformationen zu Entwurfsgebiet 3:
Ruschestraße/Frankfurter Allee Süd (FAS), Bezirk Lichtenberg
Abb. 11: Übersichtskarte Entwurfsgebiet 3 (Quelle: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Berlin)
1. Gebietsbeschreibung:
Räumliche Lage und Begrenzung im Stadtraum: Das Entwurfsgebiet liegt
ca. vier Kilometer südöstlich vom Alexanderplatz entfernt im Berliner Bezirk
Lichtenberg. Es setzt sich aus den Teilgebieten Ruschestraße und Frankfurter Allee Süd (FAS) zusammen. Die westöstlich verlaufende Frankfurter
Allee trennt die Gebiete. Das Teilgebiet Ruschestraße wird westlich durch
die Rudolf-Reusch-Straße und die Rathausstraße, nördlich entlang der
Abb. 12: Stillgelegter städtischer
Normannenstraße und östlich durch die Magdalenenstraße begrenzt. Im
Friedhof Rathausstraße (Quelle:
Teilgebiet Frankfurter Allee Süd (FAS) bildet die, auf Höhe der U-Bahn Sta- Urbanizers)
tion Magdalenenstraße von der Frankfurter Allee südlich abzweigende,
„kleine Frankfurter Allee“ die Begrenzung des Entwurfsgebietes. Beide Teilgebiete liegen innerhalb von Fördergebieten des Städtebauförderprogramms
Stadtumbau Ost. Die FAS gehört zum bis 2014 laufenden Fördergebiet
„Ostkreuz Lichtenberg“, die Ruschestraße zum neuen Fördergebiet „Frankfurter Allee Nord“ (www.stadtentwicklung.berlin.de/ staedtebau/foerderprogramme/stadtumbau/).
Für letzteres wurde zudem ein aus Mitteln des KfW-Programms „EnergetiAbb. 13: Notunterkunft für Flüchtlinge
sche Stadtsanierung“ gefördertes Quartierskonzept entwickelt.
Ruschestraße (Quelle Urbanizers)
(www.energetische-stadtsanierung.info/).
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Historischer Bezug: Das dörfliche Lichtenberg entwickelte sich im 19. Jahrhundert zügig zu einem durch Großindustrie und Wohnbau geprägten
Standort. 1907 wurde ihm mit über 70.000 Einwohnern das Stadtrecht verliehen, 1920 erfolgte die Eingemeindung nach Berlin. Während sich nördlich
der Frankfurter Allee größere Teile der gründerzeitlichen sowie der Bebauung aus der Zwischenkriegszeit erhalten haben, fiel der Baubestand südlich
Ende des Zweiten Weltkrieges fast vollständig Bombenangriffen zum Opfer.
Nach dem Krieg entwickeln sich die beiden Teilgebiete nur langsam. Erst
Ende der 1970er-Jahre entstehen zahlreiche Neubauten in Großtafelbauweise. Bedeutend ist der Gebäudekomplex des ehemaligen Ministeriums für
Staatssicherheit der DDR. Nach der Wende wurde hier die „Forschungsund Gedenkstätte Normannenstraße“ (Stasi-Museum) eingerichtet.
Städtebauliche Struktur, Gebäudetypologien: Das nördliche Teilgebiet Ruschestraße gehört zum Stadtteil Alt-Lichtenberg. Es ist durch gründerzeitliche Blockrandbebauung, zum Teil gut sanierte Siedlungs- und Verwaltungsbauten aus den 1930er-Jahren sowie zehngeschossige Gebäude in Großtafelbauweise aus der Nachkriegszeit bis in die 1970er-Jahre geprägt. Derzeit
ist an der Ecke Dotti-Straße/Ruschestraße der Bau von 91 Eigentumswohnungen im oberen Marktsegment durch einen privaten Immobilienentwickler
geplant.
Das Gebiet südlich der Frankfurter Allee gehört zum Stadtteil Frankfurter
Allee Süd (FAS) und ist geprägt von Großwohnsiedlungen in Tafelbauweise
aus den 1970er-Jahren. Es handelt sich um bis zu zehngeschossige Zeilenbebauungen und mehreren 18-geschossigen, solitär stehenden Hochhäusern, die entlang der Frankfurter Allee liegen. Beide Gebiete verfügen nur
über einen eingeschränkten Besatz mit Dienstleistungen und Einzelhandelsflächen.
Abb. 14: Frankfurter Allee (Quelle: Urbanizers)
Abb. 15: Zeilenbebauung Frankfurter Allee Süd mit Rasenfläche
(Quelle: Urbanizers)
Grün- und Freiflächen: In den Straßen nördlich der Frankfurter Allee finden
sich zwar Bäume und kleinere Grünflächen, vereinzelt auch Grünräume in
zugänglichen Innenhofbereichen, jedoch zeichnet sich das Gebiet insgesamt
durch einen verhältnismäßig hohen Grad an Versiegelung aus. Eine Ausnahme bildet der stillgelegte städtische Friedhof Rathausstraße. Der heute
stark verwilderte Raum ist Teil eines im Rahmen des Stadtumbaus entwickelten Konzepts „Grünes Netz Frankfurter Allee Nord“, das u.a. grüne
Wegeverbindungen und eine Spielleitplanung für Kinder und Jugendliche
vorsieht. Derzeit werden Nutzungen als innerstädtische Rückzugsfläche für
Natur oder die Entwicklung zum Naturerlebnisraum für Kinder und Jugendliche erwogen. Ein diesbezügliches Bürgerbeteiligungsverfahren startet im
September 2016.
Im Gebiet der FAS finden sich um die Wohngebäude typische, zum Teil
weitläufige rasenbedeckte Freiflächen. Trotz der quantitativ scheinbar großzügigen Flächen wird deren Qualifizierung und Mehrfachnutzbarkeit bemängelt. Lediglich ein Spielplatz findet sich im Teilgebiet. Grüne Rückzugsorte
für Jugendliche fehlen fast vollständig. Hinzu kommt ein in Teilen hoher
Versiegelungsgrad durch PKW-Stellplätze entlang der Straßenzüge. Durch
die hohe Bevölkerungsdichte entsteht insgesamt ein hoher Nutzungsdruck
von Anwohnern aller Altersgruppen auf den vorhandenen Grünflächen.
Verkehrsstrukturen: Als eine der zentralen Verkehrsmagistralen weist die
sechsspurige Frankfurter Allee ganztägig ein sehr hohes PKW- und LKWVerkehrsaufkommen auf. Zwar führen beidseitig Fahrradwege an der Frankfurter Allee entlang, doch werden sowohl Fahrradfahrer als auch Fußgänger
strukturell dem motorisierten Verkehr untergeordnet. Der ÖPNV ist – wie fast
überall in Berlin – gut ausgebaut. Als Fußgänger lassen sich die Teilräume
nur über drei Überwege sowie Unterführungen erreichen. Insgesamt bildet
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die Frankfurter Allee eine starke städtebauliche Zäsur. Trotz des Baumbestandes weisen vor allem die Frankfurter Allee sowie auch die Straßenräume im Teilgebiet FAS eine geringe Aufenthaltsqualität und auch niedrige
ökologische Qualität auf.
Bewohnerstruktur und sozial Daten: Die Bevölkerungsstruktur im Gebiet
nördlich der Frankfurter Allee ist durch eine gemischte Altersstruktur gekennzeichnet. Feststellbar ist eine Zunahme des Anteils von Kindern und
Jugendlichen. Verstärkt wird diese Tendenz durch die Unterbringung von
Flüchtlingen. Teile des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit werden
seit Ende 2015 vom Deutschen Roten Kreuz als Notunterkunft genutzt.
Derzeit leben dort etwa 1.200 Menschen, vor allem syrische Familien mit
kleinen Kindern. Das Gebiet ist insgesamt durch eine im Berliner Vergleich
überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit (rund 12 %) und Langzeitarbeitslosigkeit (rund 5 %) geprägt (Stand 2010).
Auch südlich der Frankfurter Allee ist die Altersstruktur der Bevölkerung
gemischt, wobei der Anteil der Älteren und Hochaltrigen sowie der von Kindern und Jugendlichen zunimmt. Die Anteile der Bewohner mit ausländischer Staatsangehörigkeit sowie von Menschen mit Migrationshintergrund
liegen deutlich über dem Bezirksdurchschnitt. Arbeitslosigkeit (rund 11 %),
Langzeitarbeitslosigkeit (rund 4 %) und der Anteil der Empfänger von Transferleistungen (rund 27 %) liegen über dem Berliner Durchschnitt (Stand
2010).
2. Bezug zu den Themenfeldern des Wettbewerbs
Herausforderungen ergeben sich durch eine im Verhältnis zu den zur Verfügung stehenden Grünräumen hohe Bewohnerdichte im Süden und Bebauungsdicht im Norden des Entwurfsgebiets. In beiden Teilgebieten nimmt der
Nutzungsdruck auf vorhandene Grün- und Freiräume zu. Insgesamt sind
Ansätze denkbar, die Multifunktionalität oder auch Mehrfachcodierung von
Grün- und Freiräumen ermöglichen. Die Vielfalt der Nutzergruppen (Kinder,
Jugendliche, Senioren) spielt für die Frage von Nutzungen eine große Rolle.
Die zum Teil offen zugänglichen Innenhöfe im nördlichen Teilgebiet legen
die Entwicklung neuer Formate für kombinierte Freiraumkonzepte nahe. Die
Frankfurter Allee und die zum Teil überdimensionierten Straßenräume im
Teilgebiet FAS bieten Ansatzpunkte für eine Multicodierung auch im Sinne
von Klimaanpassung und für die Qualifizierung als Teilräume Grüner Infrastruktur. Denkbar sind zudem Konzepte, die eine Einbindung von Flüchtlingen aus der Notunterkunft in der Ruschestraße berücksichtigen. Angesichts
des hohen Anteils an Haushalten in sozial angespannter Situation können
Fragestellungen der Umweltgerechtigkeit im Entwurfsgebiet besonders gut
behandelt werden. Eine Qualifizierung von Grünräumen für in diesem Sinne,
also für benachteiligte Bevölkerungsgruppen, stellt deshalb im gesamten
Entwurfsgebiet eine dringliche Aufgabe dar.
Dies ist nur als eine erste Anregung zu verstehen. Es steht allen Wettbewerbsteilnehmenden frei, über die genannten Ansatzpunkte hinaus Ideen für
die Umsetzung von Lösungsansätzen für das Entwurfsgebiet zu entwickeln,
die in direktem Bezug zur Aufgabenstellung des Wettbewerbs stehen.
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