aktuell Nr. 28 vom 18.07.2016 ( PDF , 2,4 MB)

D 8512
52. Jahrgang
Nr. 28
Montag, 18. Juli 2016
NACHRICHTEN
POLITIK
Krise im Südsudan
Die Bundeswehr hat im Auftrag des Auswärtigen Amts 153
Personen aus dem Südsudan ausgeflogen.
Seite 4
STREITKRÄFTE
Persistent Presence
Die Luftwaffe ist mit einem
Deployable Control and Reporting Centre (DCRC) in Lettland
vor Ort.
Seite 8
SOZIALES/PERSONAL
Mit voller Kraft
Die aktuelle Arbeitgeber-Kampagne der Bundeswehr stellt
Sportsoldaten in den Mittelpunkt.
Seite 11
Neu:
ia-App
Die Med
eswehr.
der Bund
VIDEO DER WOCHE:
BW CLASSIX: Die Sportler der
Bundeswehr stehen in diesem
Classix im Mittelpunkt. Der Beitrag aus dem Jahr 1976 schildert
die Vorbereitungen auf die damaligen Olympischen Spiele. (eb)
Foto: Bundeswehr/Dana Kazda
Hauptfeldwebel Oliver Bender
reist quer durch Deutschland und
stellt in der Serie „MitOlli“ die
Bundeswehr vor. Nicht immer
klappt bei den Drehs alles auf
Anhieb. Dann gibt es einen zweiten Versuch und einen dritten
und vierten, um die Szene mit
der Kamera festzuhalten. Dieses
Video zeigt, was sonst fest unter
Verschluss bleibt. Viel Spaß bei
den Outtakes in dieser und den
kommenden Folgen.
Das neue Weißbuch liegt vor. Es ist das wichtigste
sicherheitspolitische Grundlagendokument Deutschlands. Seite 3
Der QR-Code führt
direkt zum Video der
Woche. Weitere Beiträge unter www.youtube.com/bundeswehr.
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2
aktuell
INTERN
18. Juli 2016
Foto: Getty Images/AFP/Boris Horvat
BILD DER WOCHE
Gedenken am Tatort: Ein Polizist steht Wache an der Promenade des Anglais in der südfranzösischen Stadt Nizza – jenem Ort, an dem am vergangenen Donnerstag ein
Attentäter mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge fuhr und Dutzende Passanten um ihr Leben brachte.
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ZITAT
EDITORIAL
„Wir (...) sind vereint in der
Fassungslosigkeit über den
massenmörderischen Anschlag in Nizza.“
Das „Weißbuch 2016“ ist ein
integratives Werk: Experten aus
Politik, Diplomatie, Bundeswehr
und Bürgerschaft haben mitgewirkt. Erstmals hat ein Regierungskabinett ein Weißbuch
formal als gemeinsames Leitdokument beschlossen – und
nicht nur billigend „zur Kenntnis“ genommen.Integration und
Vernetzung statt Alleingänge:
Das sind die Grundlinien.
Deutschland übernimmt mehr
sicherheitspolitische Verantwortung – das erfordert die Krisenlage.
Doch deutsche Aktionen bleiben
integriert in die Bündnisse von
NATO und EU, künftig auch häufiger in „Ad-hoc-Allianzen“ wie
gegen den „Islamischen Staat“.
Angestrebt sind konkrete
Schritte hin zu einer Europäischen
Sicherheits- und Verteidigungsunion. Die Verteidigungsministerin will mit einigen europäischen Kollegen unter anderem
ein zivil-militärisches EU-Hauptquartier aufbauen, um bei Krisen
rascher helfen zu können.
Die weltweit gefragte Bundeswehr soll sich auch nach innen
konsequenter auf Integration ausrichten. Der Anteil an Frauen und
Soldaten mit Migrationshintergrund steigt kontinuierlich. Die
„Öffnung der Bundeswehr für
Bürgerinnen und Bürger der EU“
Bundeskanzlerin Angela Merkel.
KALENDERBLATT
Vor 40 Jahren: Am 20. Juli 1976 gelingt mit der amerikanischen
Sonde Viking 1 nach knapp einjähriger Flugzeit erstmals die weiche
Landung auf dem Mars. Weniger als einen Monat später erreicht die
Viking 2 ebenfalls den roten Planeten. Mithilfe der unbemannten
Forschungskapseln können Analysen der Atmosphäre und der Oberfläche durchgeführt werden.
Vor 65 Jahren: Am 20. Juli 1951 wird der jordanische König
Abdullah bin Al-Hussein von einem palästinensischen Attentäter
erschossen. Abdullah gilt als Begründer des modernen Jordanien.
Vor 105 Jahren: Am 24. Juli 1911 entdeckt der Forscher Hiram
Bingham die vollständig erhaltene Festungsstadt der Inkas, den
Ureinwohnern in den südamerikanischen Anden: Maccu Picchu.
Die Siedlung, die zu ihrer Blütezeit bis zu 10 000 Einwohner zählte, ist 500 Kilometer von Perus Hauptstadt Lima entfernt. Seit 1983
zählt Maccu Picchu zum Weltkulturerbe.
Vor 150 Jahren: Am 23. Juli 1866 beginnt Oliver Fisher
Winchester im US-amerikanischen Connecticut, mit der Serienherstellung der Winchester-Gewehre. Das Unterhebelrepetiergewehr setzt
sich in kurzer Zeit neben dem Colt-Revolver auf dem Markt durch.
Vor 185 Jahren: Am 21. Juli 1831 legt Leopold I. den Eid auf die
belgische Verfassung ab. Damit wird er der erste König der Belgier.
Dieses Datum ist seither der belgische Nationalfeiertag.
(eb)
könnte ein „weitreichendes Integrations- und Regenerationspotential“ erschließen, heißt es im Weißbuch. Ein politischer Denkanstoß.
Andere EU-Nationen machen mit
der Integration von Soldaten aus
Partnerstaaten gute Erfahrungen.
Die wachsende Bedrohung durch
Terror wirft die Frage auf, inwieweit die Bundeswehr bei der Terrorabwehr ähnlich den Anschlägen
in Frankreich von der Polizei zur
Unterstützung angefordert werden
dürfte. Das Weißbuch stellt fest,
dass das in engen Grenzen erlaubt
wäre. Noch in diesem Herbst soll
unter Federführung der Polizei
gemeinsam geübt werden.
Sicherheit geht nur mit Integration. Das ist die Quintessenz
des Weißbuchs.
Andrea Zückert. Chefredakteurin
Redaktion der Bundeswehr
18. Juli 2016
MINISTERIUM / HINTERGRUND
Der Richtungsweiser
Die Bundesregierung hat das neue Weißbuch veröffentlicht.
Von Daniel Kirch und Jörg Fleischer
Berlin. Verteidigungsministerin Ursula
von der Leyen hat am vergangenen
Mittwoch in Berlin das Weißbuch 2016
der Bundesregierung vorgestellt. Zuvor
hatte das Bundeskabinett das oberste
Grundlagendokument zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr beschlossen.
Die Bundesregierung gehe mit dem
Weißbuch neue Wege. Von der Leyen
betonte, das Weißbuch sei erstmals und
von Beginn an in einem breiten, transparenten und offenen Prozess entstanden – im Konsens aller Ministerien der
Bundesregierung. An diesem Prozess,
in den auch regelmäßig das Parlament
mit einbezogen wurde, hätten sich von
Beginn an über eineinhalb Jahre hinweg insgesamt rund 6500 Teilnehmer
und 150 Experten in Workshops und
Diskussionsrunden beteiligt. Auch die
internationalen Partner Deutschlands
seien involviert worden.
Das vorherige Weißbuch war im Jahr
2006 veröffentlicht worden. „Seit dieser
Zeit hat sich die Sicherheitslage deutlich verändert“, sagte von der Leyen.
Das sicherheitspolitische Umfeld sei
seither durch eine „nie gekannte Dichte
und Parallelität der Krisen“ geprägt.
Dieser veränderten Lage trage das neue
Weißbuch Rechnung.
Als Beispiele für die veränderte
Situation seit 2006 nannte die Ministerin das Aufkommen des sogenannten
„Islamischen Staates“ (IS), neue
Gefährdungen aus dem Cyber-Raum,
die Flüchtlingskrise sowie Pandemien
wie Ebola.
Einsatz für die
Weltordnung
Auch die Rolle Deutschlands habe
sich seit 2006 verändert. „Deutschland
ist bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen und auch zu führen“, bekräftigte
die Ministerin. Das sei auch die Erwartungshaltung der Alliierten und Partner
Deutschlands. „Wir machen uns nicht
größer, als wir sind, aber wir machen uns
auch nicht kleiner, als wir sind.“ Deutschland kenne sein Maß. Diese Position finde
sich im neuen Weißbuch deutlich wieder.
Deutschland sei als offene Gesellschaft auf globale Vernetzung und auf
den Zugang zu internationalen Märkten
angewiesen. Die Bundesregierung setze
sich dafür ein, dass die regelbasierte
internationale Weltordnung eingehalten werde. In diesem Zusammenhang
hob von der Leyen die Zusammenarbeit
in den Vereinten Nationen, der NATO
und der EU hervor. Die Sicherheitsvorsorge sei – wie zum Beispiel Gefährdungen aus dem Cyber-Raum zeigten –
stärker als früher eine gesamtstaatliche
Aufgabe, die nicht an Ressortgrenzen
haltmache. Deutschland setze sich auch
für den ungehinderten Zugang zu freien
Informations-, Kommunikations- und
Handelswegen ein. Die Krisenprävention müsse gestärkt werden, etwa
durch Ertüchtigung wie im Nordirak,
wo Deutschland mit entwicklungspolitischen, diplomatischen und militärischen Mitteln unterstütze.
Strategiefähigkeit
verbessern
Dazu müsse Deutschland seine
Strategiefähigkeit verbessern, ein
wichtiger Aspekt im Weißbuch. Die
Bundesregierung müsse den vernetzten Ansatz konsequent weiterentwickeln und in der Umsetzung optimieren. Der Bundessicherheitsrat werde
hierfür in seiner Rolle als „Impulsgeber“ gestärkt. Als Fernziel der Bundesregierung bezeichnete von der
Leyen eine Europäische Sicherheitsund Verteidigungsunion. Ihr könnte
sich schrittweise unter anderem unter
dem Dach der Ständig Strukturierten
Zusammenarbeit angenähert werden,
um EU-Mitgliedstaaten zu ermöglichen, auf dem Gebiet der Sicherheitsund Verteidigungspolitik „verlässlich,
konsequent und auf Dauer“ zusammenzuarbeiten. Konkret schlug sie
vor, ein zivil-militärisches EU-Hauptquartier zu errichten und ein europäisches verlegbares Krankenhaus vorzuhalten.
Im neuen Weißbuch sei klar festgehalten: Für die Bundeswehr habe die
Landes- und Bündnisverteidigung die
gleiche Bedeutung wie das Krisenmanagement, sagte die Ministerin.
Um ihren Aufgaben gerecht zu werden, benötige sie eine angemessene
Ressourcen-Ausstattung. Die Trendwende beim Personal sei bereits eingeleitet, sagte von der Leyen: „Wir
haben die starren Obergrenzen abgeschafft. Wir wollen einen atmenden
Personalkörper.“ Ebenso hob sie die
Trendwende beim Material hervor.
Die Bundeswehr müsse auch finanziell so ausgestattet werden, dass sie ihre
vielfältigen Aufgaben ausüben könne.
Ausrichtung auf
Multinationalität
Bei der Zusammenarbeit mit internationalen Partnern müsse die Bundeswehr stärker auf Multinationalität und
Integration ausgerichtet werden. Auch
nach innen werde sie sich vielfältiger
aufstellen – unter anderem mit mehr
Frauen, Bürgern mit Migrationshintergrund und Menschen mit Behinderung
sowie Menschen mit unterschiedlicher
sexueller Orientierung. Verteidigungsministerin von der Leyen lobte, die
Bundeswehr habe in den vergangenen
Jahren „einen gewaltigen Leistungsvorschuss“ erbracht. „Die Truppe braucht
jetzt Verlässlichkeit.“
Bundeswehr-Einsatz
im Innern
Im Rahmen des Weißbuch-Prozesses
sei eine Debatte über den BundeswehrEinsatz im Innern in Gang gekommen.
Diese Diskussion habe vieles geklärt,
sagte von der Leyen. „Der Einsatz
der Bundeswehr bei terroristischen
Großlagen ist innerhalb des verfassungsrechtlichen Rahmens möglich.“
Entscheidend sei, so die Ministerin, „dass wir jetzt in der Lage sind,
so etwas in Deutschland zu üben“.
Die Ministerin betonte: Das Erscheinen des Weißbuches sei nicht das
Ende der Diskussion, sondern erst
der Anfang.
Mehr Informationen zum neuen Weißbuch und das Dokument sowie eine
Begleitbroschüre zum Download gibt
es im Internet auf www.weissbuch.de.
Stichwort Weißbuch
Das Weißbuch zur Sicherheitspolitik und
zur Zukunft der Bundeswehr ist das oberste
sicherheitspolitische Grundlagendokument
Deutschlands. Es nimmt eine strategische
Standort- und Kursbestimmung für die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland
vor. Damit ist das Weißbuch der wesentliche Leitfaden für die sicherheitspolitischen
Entscheidungen und Handlungen des Landes. Es schafft einen konzeptionellen und
inhaltlichen Rahmen und bietet Anknüpfungspunkte für weitere gesamtstaatliche und ressortspezi­
fische Strategien.
In einem Tagesbefehl der Verteidigungsministerin heißt es: „Das Weißbuch 2016 gibt
notwendige Antworten auf das tiefgreifend
veränderte sicherheitspolitische Umfeld. Es
ist gleichzeitig Ausdruck des gewandelten
Selbstverständnisses und Gestaltungswillens
Deutschlands (...). Es ist ein nationales Dokument mit internationalem Anspruch. Als Folge
unserer gestiegenen Bereitschaft zur Übernahme von sicherheitspolitischer Verantwortung in einem komplexen, dynamischen und
volatilen Umfeld werden die Anforderungen an die Bundeswehr in den kommenden Jahren weiter steigen.
aktuell
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aktuell
POLITIK / HINTERGRUND
18. Juli 2016
May benennt Johnson
zum Außenminister
London. Die neue britische
Premierministerin Theresa May
will ihrem Land nach dem EUAustritt eine „kühne, neue, positive Rolle“ verschaffen. „Nach
dem Referendum steht uns eine
Zeit großen nationalen Wandels
bevor“, sagte May am vergangenen Mittwoch kurz nach ihrer
Ernennung zur britischen Premierministerin. May hatte ihren
Amtsvorgänger David Cameron
nach dem Brexit-Referendum der
Briten abgelöst. Sie bestimmte
den Brexit-Wortführer Boris
Johnson für das Amt des Außenministers. Johnson versicherte
nach seiner Ernennung zum
Außenminister, dass Großbritannien auch nach dem EU-Austritt
Teil Europas bleiben werde. (eb)
Kerry: Enger mit
Moskau kooperieren
Moskau. US-Außenminister
John Kerry hat sich bei einem
Treffen mit Russlands Präsident
Wladimir Putin für eine engere
Zusammenarbeit beider Länder im Syrien-Konflikt eingesetzt. Er hoffe auf einen „echten Fortschritt“, sagte Kerry
am vergangenen Donnerstag in
Moskau. Die USA und Russland
könnten gemeinsam viel bewegen, nicht nur in Syrien, sondern auch im Ukraine-Konflikt.
Putin ergänzte, dass die USA
und Russland bei der Beilegung
von Konflikten bereits „gemeinsame Anstrengungen“ unternähmen. Sein jüngstes Telefonat mit US-Präsident Barack
Obama habe ihn überzeugt, dass
sich beide Seiten nicht nur um
eine Zusammenarbeit, sondern
auch um „wichtige Ergebnisse“
bemühten.
(eb)
Foto: picture alliance/dpa/Phillip Dhil
Foto: Bundeswehr/EvakOP SSD
Sankt Petersburg. Das
deutsch-russische Diskussionsforum Petersburger Dialog hat
am vergangenen Donnerstag und
Freitag erstmals seit 2012 wieder in Russland getagt. Mehr als
250 hochrangige deutsche und
russische Teilnehmer aus Kultur, Wissenschaft, Politik, Religion und Wirtschaft kamen zu
dem 15. Treffen zusammen,
das in Sankt Petersburg stattfand. Der Petersburger Dialog
soll die Verständigung und den
Dialog zwischen den Zivilgesellschaften beider Länder fördern.
„Unser Ziel bleibt die Verbesserung unserer Beziehungen“, sagte
der Co-Vorsitzende des Forums,
Roland Pofalla. „Um Differenzen auszuräumen, müssen wir
im Gespräch bleiben, auch zu
schwierigen Themen.“ (ao/yb)
Foto: picture alliance/ZUMAPRESS/Xinhua
Petersburger Dialog
wieder in Russland
Beunruhigende Lage: Nach heftigen Kämpfen zwischen den regulären Streitkräften (u.r.) und ehemaligen Rebellen im Südsudan, fliegt
die Bundeswehr mit vier Transall-Flügen deutsche Staatsbürger aus (o.r.). Dabei bringt sie auch verletzte UN-Soldaten (l.) in Sicherheit.
Zurück zum Bürgerkrieg?
Südsudan: Bundeswehr bringt deutsche und ausländische Staatsbürger aus dem Land.
Von Simon Klingert
Berlin. Nach der Eskalation
des Konflikts im Südsudan hat
die Bundeswehr ausländische
Staatsbürger aus dem ostafrikanischen Land ausgeflogen. Am
vergangenen Mittwoch landeten drei Maschinen vom Typ
C-160D Transall der Luftwaffe
auf dem Flughafen in der Hauptstadt Dschuba, um die letzten verbliebenen Deutschen und Ausländer an Bord zu nehmen. Bei der
diplomatischen Evakuierungsmission im Auftrag des Auswärtigen
Amts wurden insgesamt 153 Personen ausgeflogen – unter ihnen
auch 32 deutsche Staatsbürger.
Als einer der letzten Passagiere
stieg Johannes Lehne, der deutsche Botschafter im Südsudan,
in die Transportmaschine. Die
deutsche Botschaft im Land ist
seither geschlossen. Die 15 deutschen Militärbeobachter bleiben
jedoch weiterhin im Land. Sieben von ihnen sind in der Hauptstadt Dschuba eingesetzt.
Gewaltausbruch
zeichnet sich ab
Am 8. Juli waren in Dschuba
schwere Kämpfe zwischen den
Sicherheitskräften von Präsident Salva Kiir und Vizepräsident Riek Machar ausgebrochen
– nur einen Tag vor dem fünften
Unabhängigkeitstag des Landes.
Überraschend kam der Gewaltausbruch nicht. „Die Lage in der
Stadt war in den letzten Wochen
sehr angespannt. Mehrere mit
Machar verbündete hochrangige Militärs wurden gezielt
getötet. Die Stimmung an den
Straßensperren war zunehmend
aggressiv“, berichtet Anette
Weber von der Stiftung für Wissenschaft und Politik. Die Ostafrika-Expertin war bis vor wenigen Tagen in Dschuba, erst kurz
vor dem vorläufigen Höhepunkt
der Kämpfe reiste sie ab. Auslöser für die Gewalt zwischen den
dem Präsidenten treu ergebenen
Soldaten der „Sudanese People’s Liberation Army“ (SPLA)
und den bewaffneten Kräften der
„Sudanese People‘s Liberation
Army in Opposition“ (SPLA-IO)
um Vizepräsident Machar war
eine tödliche Auseinandersetzung an einem Kontrollposten in
Dschuba. In Folge brachen auch
in anderen Stadtvierteln Gefechte
aus, bei denen auch Mörsergranaten und schwere Artillerie zum
Einsatz kamen. „Geplant war die
jüngste Eskalation wohl nicht.
Beiden Seiten ist die Kontrolle
über die eigenen Sicherheitskräfte zumindest in Teilen entglitten“, sagte Weber der Redaktion der Bundeswehr.
Nach Angaben der Vereinten
Nationen kamen bei den Gefechten bis zum vergangenen Montag
270 Menschen ums Leben, darunter 30 Zivilisten. Erste Schätzungen des Flüchtlingshilfswerks der
Vereinten Nationen (UNHCR)
gehen von 36 000 Menschen
aus, die vor den Kämpfen auf
der Flucht sind.
Abkommen bringt
keinen Frieden
Der Südsudan hatte sich
am 9. Juli 2011 nach mehr als
20 Jahren Bürgerkrieg vom
Sudan für unabhängig erklärt.
Doch ein erbitterter Machtkampf
zwischen Präsident Kiir und seinem Stellvertreter Machar mündete im Dezember 2013 in einen
Bürgerkrieg, in dessen Verlauf
zehntausende Menschen getötet
und fast drei Millionen vertrieben
wurden. Im vergangenen August
schlossen die beiden Rivalen
auf internationalen Druck hin
ein Friedensabkommen, das
eine Teilung der Macht vorsah.
Ende April kehrte Machar aus
dem Exil in Äthiopien zurück,
um erneut das Amt des Vizepräsidenten in einer Übergangsregierung zu übernehmen. Doch
befrieden konnte die Regierung
das Land nicht. Zu uneins waren
sich SPLA und SPLA-IO über die
föderale Verwaltungsteilung, die
Reform des Sicherheitssektors
oder die neue Verfassung. In den
ländlichen Regionen abseits der
Hauptstadt kam es immer wieder
zu begrenzten lokalen Aufständen, Grenzzwischenfällen und
Stammesfehden.
Rückfall in den
Kriegszustand
Als Grund für die jüngste Eskalation sieht Weber vor allem den
mangelnden Friedenswillen beider Parteien und ihrer Anführer.
„Niemand der Machthaber fühlt
sich dem Friedensabkommen
verpflichtet“, sagt Weber. Sie hat
Machar kurz vor dem Ausbruch
der Kämpfe in dessen Hauptquartier besucht. Der ehemalige
Rebellenkommandeur habe sich
unversöhnlich gegeben.
Die Auseinandersetzungen
haben sich auch in anderen Landesteilen intensiviert. Dabei spielen auch seit langem bestehende
ethnische Spannungen eine Rolle.
Über 60 verschiedene Ethnien
leben im Südsudan. Präsident
Kiir gehört der Bevölkerungsmehrheit der Dinka an, sein
Rivale Machar dem Volk der
Nuer. Häufig haben die Machthaber ethnische Konflikte für ihre
Zwecke instrumentalisiert. Die
derzeitige Lage ist keine Ausnahme. Weber zufolge mobilisiert Machar in der Unruheregion
Equatoria nun die Bevölkerung,
um in anderen Landesteilen
gegen die Dinka zu kämpfen.
Keine Entspannung
der Lage in Sicht
UN-Generalsekretär Ban Ki
Moon forderte als Reaktion auf
die neuen schweren Kämpfe
ein Waffenembargo und Sanktionen gegen den Südsudan. Das
sei ein richtiger Schritt, betont
Weber. „Nur so kann die internationale Gemeinschaft Einfluss
auf die Führung des Landes ausüben.“ Dennoch rechnet sie nicht
mit einer Entspannung der Lage.
Weder die ostafrikanische Regionalorganisation IGAD noch die
UNMISS-Unterstützungsmission
der Vereinten Nationen seien in
der Lage, deeskalierend auf den
Konflikt einzuwirken.
Angesichts der ungeklärten
Machtverhältnisse rechnet Weber
mit einer zunehmende Fragmentierung der Bevölkerung entlang
ethnischer Bruchlinien: „Ähnlich wie in Somalia wird sich die
Macht der Kriegsfürsten vergrößern, die sich dann gegenseitig
bekriegen.“ Sorge bereiten Weber
auch die Nachbarstaaten. Sollte
sich die Lage in der Region Equatoria und im Norden des Landes
verschlechtern, sei es durchaus
möglich, dass sich Uganda und
der Sudan zu einer militärischen
Intervention entschließen. Mit
einem baldigen Frieden sei dann
nicht zu rechnen.
18. Juli 2016
EINSATZ / BUNDESWEHR
aktuell
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Wenn es ernst wird
Gao. Ein wesentlicher
Aspekt für alle Soldaten im
Einsatz ist eine funktionierende
medizinische Versorgung. Insbesondere dann, wenn ein neuer
Einsatz beginnt – wie Anfang des
Jahres im Norden Malis. Als die
ersten deutschen Soldaten für
die UN-Mission MINUSMA ins
Camp Castor zogen, musste ihre
medizinische Versorgung von
Beginn an funktionieren.
Grundsätzlich gilt die Vorgabe,
dass die sanitätsdienstliche Versorgung im Ergebnis die Versorgungsqualität in Deutschland erreichen soll. Das erfordert
einen bestimmten Ablauf der Rettung und Versorgung von Verwundeten im Einsatz – die sogenannte Rettungskette. Der Soldat
erhält vom Zeitpunkt der Verwundung im Einsatzgebiet bis
zu einer Behandlung in Deutschland die notwendige sanitätsdienstliche Versorgung.
Jeder Soldat: gefordert
und ausgebildet
Wird ein Soldat verwundet,
sind zunächst seine Kameraden gefragt. Jeder Soldat muss
Erste Hilfe leisten können, jeder
muss in der Lage sein, lebensrettende Maßnahmen einzuleiten. Im Anschluss erfolgt die
erste notfallmedizinische Ver-
sorgung durch mobile deutsche
Sanitätskräfte – die deutsche
„Role 1“. Der Transport von
Patienten vom Ort der Verwundung in eine medizinische Einrichtung wird stets durch medizinisches Fachpersonal begleitet.
Dieser sogenannte „qualifizierte geschützte Verwundetentransport“ ist auf mehreren
Wegen möglich. Verwundete
können auf dem Landweg
mit Hilfe eines Beweglichen
Arzttrupps (BAT) in einem
geschützten Fahrzeug transportiert werden oder auf dem
Luftweg – derzeit durch niederländische Hubschrauber
vom Typ CH 47 mit MedEvacAusstattung.
Rettungskette mit
vier Gliedern
Die medizinische Versorgung
innerhalb der Rettungskette wird
in vier Ebenen – Role 1 bis 4
unterteilt. Beim MINUSMAEinsatz in Gao läuft die Versorgung Verwundeter wie folgt ab:
Role 1: Eine Stunde nach der
Verwundung muss eine notärztliche Versorgung durch einen
Rettungsmediziner, durch einen
Beweglichen Arzttrupp oder in
einer Einrichtung der „Role 1“
erfolgen. Im Camp Castor befindet sich eine solche Einrichtung mit deutschem und niederländischem Fachpersonal.
Role 2: Sollte eine notfallchirurgische Versorgung notwendig
sein, wird der Verwundete innerhalb von zwei Stunden in die französische „Role 2“ im benachbarten französischen Camp gebracht,
dort behandelt und für einen möglichen Transport nach Deutschland stabilisiert.
Role 3/4: Die weiterführende medizinische Behandlung des Verwundeten erfolgt
in Deutschland. Der Transport
dorthin erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Schritt steht der
taktische Verwundetenlufttransport (TacAirMedEvac) zu einem
geeigneten Flughafen an, entweder
von Gao nach Bamako, oder künftig auch nach Niamey im Niger, wo
ein Lufttransportstützpunkt eingerichtet werden soll. Dafür stehen eine deutsche Transall C-160
MedEvac oder eine entsprechende
französische Maschine zur Verfügung. Außerdem können Flugzeuge ziviler Vertragspartner oder
Maschinen der Vereinten Nationen
genutzt werden.
Vom internationalen Flughafen
erfolgt dann im zweiten Schritt
der strategische Verwundetenlufttransport (StratAirMedEvac)
mit einem eigens dazu ausgestatteten Flugzeug nach Deutschland. In Deutschland wird der
Patient dann in einem Bundeswehrkrankenhaus oder in
einer zivilen Fachklinik weiter
behandelt.
Grafik: Bundeswehr/Daniela Hebbel
Von Katharina Zollondz
Foto: Bundeswehr/Thilo Pulpanek
Überblick: Medizinische Versorgung von Verwundeten im Mali-Einsatz.
Versorgung auf verschiedenen Ebenen: Die Rettungskette (u.). Teil
davon: der Airbus A 310 in der Rolle StratAirMedEvac (o.).
Antrag mit dem Megafon
„Werra“ im Einsatz
gegen Schleuser
Catania. Ein alter Marinespruch
besagt: Der härteste Job in der
Marine sei der der Ehefrau.
Sandra B., Navigationsoffizier
des Tenders „Werra“, wird dies
prüfen. Ihr Partner – zurzeit ebenfalls im Einsatz bei EUNAVFOR
MED, jedoch auf einem anderen Schiff – hat auf See in der
Straße von Sizilien um ihre Hand
angehalten.
Oberleutnant zur See Sandra
B. steht in der sogenannten
Brückennock des Tenders,
dem Außenbereich der Brücke.
Das Minenjagdboot „Datteln“
steht im Standby, um betankt zu
werden.
Was sie nicht weiß: Ihr Freund
wird ihr gleich einen Heiratsantrag machen – per Megafon,
von Schiff zu Schiff. Oberbootsmann Florian S. ist Schiffssicherungsmeister an Bord des
Minenjagdbootes und hat sich
in seine „Erste Geige“ geworfen, den schwarzblauen Dienstanzug. Das Minenjagdboot läuft
Fotos: Bundeswehr/Bastian Fischborn (2)
Während einer Versorgung im Mittelmeer wurde an die „Datteln“ nicht nur Kraftstoff übergeben.
„Möchtest du meine Frau werden?“: Florian S. (r.) an Deck des Minenjagdbootes „Datteln“ (l.).
zum Tanken an, der Schlauch
geht über, 15 Tonnen Kraftstoff
werden von der „Werra“ auf die
„Datteln“ gepumpt. Nur ein paar
Meter Abstand liegen jetzt zwischen den Schiffen. Auf dem
Haupt- und dem Brückendeck
werden die Transparente entrollt.
„Hier im Mittelmeer haben wir
uns kennengelernt! Hier im Mit-
telmeer möchte ich Dich deshalb
fragen, ob Du meine Frau werden möchtest“, schallt es aus dem
Megafon.
Der Ring für die Braut ist zu
diesem Zeitpunkt längst an Bord
der „Werra“. Die beiden Einheiten haben einen „Postbeutel“
ausgetauscht. Darin ein – wie es
sich für den Schiffssicherungs-
meister als „Heizer“ gehört –
eigens gedrehter und improvisierter „Marineverlobungsring“.
Auch ohne Brillanten gibt es von
Sandra nur eine mögliche Antwort: „Na klar!“
Die beiden Schiffe sind in den
kommenden Monaten gemeinsam im Einsatz – operieren jedoch
meist getrennt voneinander. (eb)
Catania. Die Besatzung des
Tenders „Werra“ hat kürzlich
drei Schleuser in einem Skiff
(kleines, unbedachtes Festrumpfboot mit Außenbordmotoren) an Bord genommen. Das
kleine Boot hatte ein mit 146
Menschen besetztes, seeuntaugliches Schlauchboot in
libyschen Hoheitsgewässern begleitet. Die Verdächtigen verhielten sich kooperativ und wurden an Bord
des Tenders gebracht, das
Skiff wurde beschlagnahmt.
In Catania wurden die drei
Verdächtigen den italienischen Behörden übergeben.
Der Tender hatte den Auftrag erhalten, etwa 60 Kilometer nordwestlich von Tripolis ein Skiff zu überprüfen,
dessen Beteiligung an Schleuseraktivitäten beobachtet
worden war. Dazu wurden
Speedboote ausgesetzt und
das Skiff durch das Boardingteam durchsucht.
6
aktuell
BUNDESWEHR
aktuell
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Nach dem Gipfel
Die Regierungschefs der NATO-Staaten fokussieren beim Gipfel der Allianz in Warschau auf Russland
und beschließen konkrete Maßnahmen – auch die Stationierung von vier Bataillonen in Osteuropa.
Warschau. Die Staats- und Regierungschefs der
NATO-Staaten haben beim NATO-Gipfel in Warschau
die Stationierung von insgesamt vier multinationalen Bataillonen in Osteuropa beschlossen. Jeweils einer der rotierenden Verbände soll in den drei baltischen Staaten und in
Polen verstärkt präsent sein (Grafik unten). Deutschland,
USA, Kanada und Großbritannien werden die Führung von
je einem der Bataillone übernehmen. Die Bundeswehr soll
das Bataillon in Litauen anführen.
Die multinationalen Truppen sollten verdeutlichen, dass
die NATO einen Angriff auf einen Alliierten als Angriff auf
das gesamte Bündnis werten würde, erklärte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Seinen Angaben zufolge soll die
Verlegung der Soldaten Anfang nächsten Jahres starten. Die
Staats- und Regierungschefs ergänzen damit die NATO-Strategie in Osteuropa um das Element der sogenannten „höheren
Vorauspräsenz“ – eine Weiterentwicklung der Beschlüsse
des NATO-Gipfels 2014 in Wales. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte, die Allianz erhöhe mit diesem Schritt ihre Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeit.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte im Vorfeld des Gipfels im Hinblick auf den weiter schwelenden Ukraine-Konflikt gesagt, dass Russland die NATO-Partner in Osteuropa
durch sein Handeln zutiefst verstört habe. Es gehe nun um
die Rückversicherung der NATO-Partner in der Region. Vor
diesem Hintergrund ist nach Einschätzung der NATO auch
eine Überarbeitung der Übungsplanung nötig. Merkel betonte
außerdem das Ziel, in Zukunft zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung aufzuwenden, die
Trendwende zu einem schrittweisen Anstieg der Verteidigungsausgaben in den nächsten Jahren sei durch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen eingeleitet worden.
NATO-Generalsekretär Stoltenberg verlieh in Warschau
aber auch der Hoffnung auf mehr Dialog mit Russland Ausdruck. Moskau hatte zuvor die Einladung zu neuen Gesprächen im NATO-Russland-Rat angenommen (siehe Kasten
rechts). Wenn dieser Dialog auf Dauer die Qualität einer
„Allwettertauglichkeit“ bekomme, sei das gut, so der Generalsekretär. Er bekräftigte: „Die NATO sucht keine Konfrontation. Wir wollen keinen Kalten Krieg.“
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte im
Vorfeld des Gipfels die Doppelstrategie des Bündnisses aus
Abschreckung und Dialog gegenüber Russland bekräftigt.
Diese müsse „ganz konsequent und ruhig und nüchtern“ aufrechterhalten werden. „Wichtig ist, dass die NATO sich so
stark aufstellt, dass klar ist, dass niemand sich einen Vorteil davon versprechen kann, dieses Militärbündnis anzugreifen“, betonte von der Leyen.
Kurz vor Beginn des Gipfels bekundeten Vertreter der
Europäischen Union und der Allianz den Willen zu einer
intensiveren Zusammenarbeit. „Eine stärkere NATO und
eine stärkere EU verstärken sich gegenseitig. Gemeinsam
können sie besser für Sicherheit in Europa und darüber
hinaus sorgen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung
von NATO-Generalsekretär Stoltenberg, EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident JeanClaude Juncker.
Grundgedanke der mit den EU- und NATO-Staaten
abgestimmten Erklärung ist, dass sich Allianz und EU
keine Konkurrenz machen, sondern sich gegenseitig
ergänzen. So etwa im gemeinsamen Kampf gegen hybride Bedrohungen, bei der Abwehr von Cyber-Attacken
sowie bei der Operation Sophia. Darüber hinaus wird aus
der Operation Active Endeavour im Mittelmeer die
Operation Sea Guardian. Die Staats- und
Regierungschefs haben die Operation
nach Artikel 5 des NATO -Vertrages in eine maritime Sicherheitsoperation im Mittelmeer gewandelt. Die
Tür für eine engere
Zusammenarbeit
mit der EU im
Kampf gegen
Menschenschleusung
und Waffenschmuggel
ist geöffnet.
Die Bundesregierung fasst die Ergebnisse des NATOGipfels in Warschau in einer Mitteilung wie folgt zusammen:
higkeit auf der einen Seite, Dialog mit Russland auf der
anderen Seite.
Transparenz, Dialog, aber auch Abschreckung
Der NATO-Gipfel hat sich in Warschau einer noch
nie dagewesenen Bandbreite an sicherheitspolitischen
Herausforderungen gestellt. Dazu zählen das russische
Vorgehen insbesondere in der Ukraine, die Instabilität im
Nahen Osten und in Nordafrika, der internationale Terrorismus und das weitere Engagement in Afghanistan.
Das Bündnis hat hierauf entschiedene, aber auch maßvolle Antworten gegeben.
Krisenherde im Nahen Osten und Nordafrika
Die NATO reagiert auf die Folgen des syrischen Bürgerkrieges, die schwierigen internen Situationen im Irak
und in Libyen sowie die Ausbreitung der Terrormiliz „IS“.
Wichtig sind der jeweils begleitende politische Prozess
in den Ländern und die Bekämpfung der Fluchtursachen.
Das Bündnis zeigt sich entschlossen, die gefährliche und
schwierige Nachbarschaft Europas zu stabilisieren (...). Die
NATO hat in Warschau die Unterstützung im Kampf gegen
die Terrormiliz „IS“ durch die Nutzung von Aufklärungsergebnissen der AWACS-Flotte sowie eine Verstärkung
des Engagements der NATO im Mittelmeer beschlossen.
Stationierung im Baltikum und in Polen
Am ersten Gipfeltag wurde festgelegt, die
Präsenz der NATO im Osten zu verstärken. Künftig wird die NATO
vier Bataillone bei ihren östlichen Alliierten stationieren, im Baltikum und in
Polen (...). Der Warschauer Gipfel hat
den Ansatz der
Bundesregierung betont:
Abschreckung und
Verteidigungsfä-
Die Allianz steht zu Afghanistan
Die Bündnispartner einigten sich beim Gipfel auf die
Finanzierung der afghanischen Sicherheitskräfte bis 2020.
Dies ist wichtig, um die afghanischen Streitkräfte weiter
zu befähigen, Sicherheitsverantwortung zu übernehmen.
Die derzeitige Mission Resolute Support wird auch über
2016 hinaus weitergeführt.
Kampf gegen Cyberaktivitäten
Beim (...) Kampf gegen kriminelle Cyberaktivitäten wird
es zukünftig eine eigene Abteilung geben, die sich neben
den Streitkräften auch mit dem Schutz des Internets, der
Datensysteme und der gesamten Infrastruktur beschäftigt.
In Warschau: NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg
(M.) und der ukrainische Präsident Petro Poroshenko (l.).
Foto: NATO/ WO C. Artigues
Von Jörg Fleischer
Unmittelbar vor dem Gipfel: Die multinationale
NATO-Übung BALTOPS im Baltikum.
Ende der Eiszeit?
Grafik: Bundeswehr/Daniela Hebbel
„Because of the decisions we are taking here in Warsaw,
as set out in detail in our communique, NATO will be
stronger in defence and deterrence, and do more to project stability beyond our borders (...). We are now taking
further steps to strengthen our deterrence and defence
against threats from any direction. Building on the Readiness Action Plan adopted in Wales, we will enhance the
presence of our forces in the Eastern part of the Alliance.
We are bolstering our defences and resilience against
cyber attacks and hybrid threats. And we are stepping
up our defence against ballistic missile attacks from outside the Euro-Atlantic area.“
Gipfel im Stadion: Die Teilnehmer des Gipfels bei der
Luftparade vor dem Nationalen Stadion in Warschau.
Foto: U.S Army photo by Staff SgtJennifer Bunnafe
Die Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten
erklärten in der „Warszaw Declaration of Transatlantic
Security“:
Militärflugzeuge regelmäßig dem eigenen Hoheitsgebiet mit ausgeschalteten Transpondern nähern, was die
anfliegenden Maschinen spät erkennbar und schwer
identifizierbar macht. Russland hatte jüngst eine Transponder-Pflicht für alle Militärflugzeuge über der Ostsee
vorgeschlagen. Die NATO bat Moskau bei dem Treffen
Stoltenberg zufolge nun um mehr Details zur Umsetzung des Vorschlags.
Der Osteuropa-Experte Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik warnt vor zu
viel Optimismus: „Wichtig für das Verhältnis zwischen
der NATO und Russland wäre, die roten Linien zu klären, Frühwarnsysteme zu aktivieren und klare Regeln
für Kommunikation und Verhalten zu haben“. Meister
glaubt, dass das Verhältnis trotz des jüngsten Treffens
angespannt bleiben wird: „Der NATO-Gipfel wurde in
Moskau vor allem im Kontext der militärischen Entscheidungen diskutiert und nicht im Rahmen von Dialogmöglichkeiten“. Der Gipfel und seine Ergebnisse würden
als Rechtfertigung für weitere Aufrüstung und strategische Umorientierung genutzt, so Meister. „Am Ende
hat Moskau ein Interesse daran, die NATO weiterhin als
Feindbild zu betrachten. Das wird sich auf absehbare
Zeit nicht ändern“.
Der Nato-Russland-Rat wurde gut ein Jahrzehnt nach
dem Ende des Kalten Krieges im Jahr 2002 ins Leben
gerufen. Ziel war die Abstimmung gemeinsamer Vorhaben und die gegenseitige Information, um das
Risiko militärischer Zwischenfälle zu verringern. Der
NATO-Russland-Rat kann auf allen politischen Ebenen
tagen – von den Nato-Botschaftern über die Verteidigungs- und Außenminister bis hin zu den Staats- und
Regierungschefs.
(kli)
Fokus Baltikum: US-Soldaten im Februar bei der Operation Atlantic Resolve in Polen.
Fotos: NATO (3)
Die NATO stationiert vier multinationalen Bataillone in Osteuropa. Jeweils einer der rotierenden Verbände soll in den drei baltischen
Staaten und in Polen verstärkt präsent sein.
Deutschland, USA, Kanada und Großbritannien werden die Führung von je einem der Bataillone übernehmen.
Die Bundeswehr soll das Bataillon in Litauen anführen.
Erstmals
nach den
Beschlüssen
des NATO-Gipfels zur Truppenverstärkung in Osteuropa hat die Allianz
wieder Gespräche mit
Russland geführt. Am vergangenen Mittwoch kamen die
Botschafter beider Seiten in Brüssel im NATO-Russland-Rat zusammen.
Auf der Tagesordnung: Der Konflikt in der
Ukraine, die Lage in Afghanistan und die Sicherheit
im Luftraum über der Ostsee. „Wir hatten eine offene
und freimütige Diskussion“, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach dem Treffen. „Die Atmosphäre des Treffens war gut, aber wir waren uns nicht
einig.“ Stoltenberg stellte „anhaltende Meinungsverschiedenheiten“ zum Ukraine-Konflikt fest. Diskutiert
wurde auch, wie die Kommunikation zwischen den
Militärs beider Seiten wieder verbessert werden kann.
Wegen der russischen Annexion der Krim und der Unterstützung der Separatisten im Osten der Ukraine waren
die Gespräche im NATO-Russland-Rat fast zwei Jahre
ausgesetzt worden. Im vergangenen April war der Rat
erstmalig wieder zusammengetreten. Beobachter werteten das Wiederbeleben des Gremiums nach Jahren
der Funkstille als Hoffnungszeichen für eine Entspannung der Beziehungen zu Russland.
Stoltenberg begrüßte den Vorschlag Moskaus zur Verbesserung der Sicherheit im Luftraum des Ostseegebiets.
NATO-Staaten werfen Moskau vor, dass sich russische
Allianz: Die Staats- und Regierungschefs der
NATO-Staaten beim Gipfel in Warschau.
8
aktuell
BUNDESWEHR
18. Juli 2016
Schwitzen –
gleich fünffach
Spitzensportler messen sich in Eckernförde
im Maritimen Fünfkampf.
Eckernförde. Die Sportför­
dergruppe der Bundeswehr in
Eckernförde hat die „CISM Open
European Cup Naval Pentathlon“
in der vergangenen Woche ausge­
richtet. Der Maritime Fünfkampf
lief unter dem Motto „Friendship
through Sport“. Am Wettkampf
nahmen sieben Nationen mit ins­
gesamt 35 Athleten teil. Unter
den Sportlern waren auch vier
Frauen. Neben Teams aus Brasi­
lien, Dänemark, Finnland, Polen,
Türkei und Schweden startete
auch das deutsche Team mit fünf
Spitzensportlern.
Der Maritime Fünfkampf ist
eine Militärsportart und besteht
aus fünf Disziplinen, die ihren
Ursprung in der militärischen
Seefahrt haben. Die erste Dis­
ziplin ist der Hindernislauf,
bei dem auf einer 300 Meter
langen Strecke zehn verschie­
dene Hindernisse überwunden
werden müssen. Beim Lebens­
rettungsschwimmen schwim­
men die Wettkämpfer zunächst
Bundeswehrtagung
auch 2016 in Berlin
50 Meter in Arbeitskleidung,
ziehen dann die Kleidung aus
und müssen aus fünf Metern
Tiefe eine Puppe bergen. Die
muss dann noch schwimmend
25 weitere Meter transportiert
werden. Beim Seemannschafts­
wettbewerb kommt es auf die
seemännischen Fähigkeiten an.
Erst erklimmen die Sportler einen
zehn Meter hohen Mast mit dem
sogenannten Bootsmannstuhl.
Anschließend müssen sie ein Tau
aus dem Wasser ziehen und eine
Wurfleine präzise weit werfen.
Danach geht es mit dem Ruder­
boot durch einen Parcours aus
Bojen, an denen Aufgaben gelöst
werden müssen.
Fotos: Bundeswehr/Björn Wilke (5)
Von Pascal Preuss
Fotos Björn Wilke
Mit Kraft, Ausdauer und
Konzentration ans Ziel
An Land, im Wasser und in der Luft: Mit dem Bootsmannstuhl (o.l.) geht es hoch hinaus – genau wie am
Seil im Parcours des Hindernislaufs (o.r.). Hindernisse werden im Wasser (u.l.) und am Land (u.r.) überwunden. Beim Seemannschaftswettbewerb wird unter anderem ein Tau aus dem Wasser gezogen (M.r.).
Die vierte Disziplin ist das
Hindernisschwimmen. Bei die­
ser Übung legen die maritimen
Fünfkämpfer insgesamt eine
Strecke von 125 Metern zurück.
Sie transportieren 25 Meter ein
Kunststoffgewehr, müssen ein
Hindernis jeweils einmal unter­
tauchen und einmal überwinden.
Abschließend müssen sie eine
Schlauchschelle unter Wasser
lösen. Bei der letzten Disziplin,
dem amphibischen Geländelauf,
werden insgesamt 2600 Meter
zurückgelegt. Dabei absolvieren
die Sportler verschiedene Aufga­
ben wie Schießen, Paddeln und
Zielwerfen mit Granatattrappen.
An drei Wettkampftagen mes­
sen sich die maritimen Fünf­
kämpfer in Eckernförde. Der
Trainer des deutschen Teams,
Hauptbootsmann Matthias Wese­
mann, war früher selbst Athlet
und gilt als einer der erfolgreichs­
ten deutschen Sportler in dieser
Disziplin. Der fünfmalige Welt­
meister beschreibt die Mann­
schaft als das „sportliche Aus­
hängeschild der Marine“ und
hofft beim Wettkampf auf gute
Ergebnisse seiner Schützlinge.
Baltischer Luftraum wird überwacht
Berlin. Die Bundeswehrta­
gung 2016 findet am 17. und
18. Oktober in Berlin statt. Auf
Einladung von Verteidigungs­
ministerin Ursula von der Leyen
kommt das höhere Führungsper­
sonal der Bundeswehr für zwei
Tage in der Hauptstadt zusam­
men, um über aktuelle Entwick­
lungen zu beraten.
Die Tagung findet alle zwei
Jahre statt. In diesem Jahr wird
sie unter dem Motto „Trend­
wende Bundeswehr“ veranstal­
tet. Im Mittelpunkt stehen somit
die durch die Verteidigungsmi­
nisterin eingeleiteten Maßnah­
men des Personalaufwuchses,
die Verbesserung der Ausrüs­
tung und die dafür notwendige
bessere Finanzierung. Die Bun­
deswehrtagung 2016 wird in
diesem Jahr in „Bolles Fest­
sälen“ veranstaltet. Zur Über­
nachtung ist das Hotel Abion
vorgesehen.
(rb)
Schöneweide. 24 Stunden
täglich, 365 Tage im Jahr den
Luftraum über der Bundesrepu­
blik überwachen und sichern: Der
Einsatzführungsdienst der Luft­
waffe leistet einen wesentlichen
Beitrag zum Schutz Deutsch­
lands. Nun übernimmt er diesen
Auftrag auch im Ausland. Der
Einsatzführungsbereich 3 soll für
mehrere Monate von Lettland aus
den Luftraum überwachen.
Die Luftwaffe besitzt ein
Deployable Control and Report­
ing Centre (DCRC), ein verlege­
fähiger Gefechtsstand, der welt­
weit aufgebaut werden kann, um
von dort aus den Luftraum zu
überwachen. So können Schwer­
punkte gebildet oder Lücken in
der Radarabdeckung geschlos­
sen werden. Im Rahmen von
„Persistent Presence“ wird die­
ses DCRC nun für drei Monate
im lettischen Lielvārde stationiert.
Sobald es vor Ort einsatzbereit
ist, beginnt es mit der Arbeit.
Sämtliche Objekte im baltischen
Luftraum werden mit Hilfe von
Radargeräten erfasst, identifiziert
und verfolgt. Derzeit wird das
DCRC in Lielvārde aufgebaut.
Fotos: Bundeswehr/Johannes Heyn (2)
Die Luftwaffe ist mit einem verlegefähigen Gefechtsstand bei Persistent Presence in Lettland.
24/7: Die Arbeit im Gefechtsstand (l.) erfolgt rund um die Uhr – weltweit in verlegefähigen Modulen (r.).
Bereits Ende Juni wurden insge­
samt 75 Container per Zug nach
Travemünde gebracht. Ein wei­
terer Teil wurde auf 22 LKW mit
Anhängern transportiert. Von dort
aus ging es per Schiff weiter in
die lettische Hafenstadt Liepāja.
Die letzte Strecke bis nach Liel­
vārde wurde schließlich wieder
auf dem Landweg zurückgelegt.
Das DCRC ist modular auf­
gebaut und besteht aus bis zu 21
Containern, je nach Anforde­
rungen und Gegebenheiten des
Einsatzes. Ein Container wiegt
etwa acht Tonnen. Das Beson­
dere am DCRC ist die Verlege­
fähigkeit. Innerhalb von ein bis
zwei Wochen kann es in Schöne­
walde abgebaut werden und über
Land mit Zug oder LKW, auf dem
Seeweg oder mit dem Flugzeug
transportiert und am Einsatz­
ort innerhalb von zwei Wochen
aufgebaut werden. Es wird nur
eine etwa 40 mal 60 Meter große,
ebene Fläche benötigt. Sobald
alles steht und die Container
gekoppelt sind, also zwei Con­
tainer zu einem Großen zusam­
mengebaut wurden, wird sämt­
liches Equipment verteilt und
angeschlossen. Eigene Funkan­
tennen und diverse Versorgungs­
einrichtungen werden ebenfalls
aufgebaut. Nach einem Funkti­
onstest ist das DCRC dann für
mehrere Wochen autark einsatz­
bereit. Dank eigener Generatoren
operiert es in dieser Zeit selbst­
ständig. Die Soldaten arbeiten im
Schichtbetrieb. In drei Schich­
ten, die jeweils aus etwa 25 bis
30 Soldaten bestehen, wird der
24­Stundenbetrieb ermöglicht.
Bis September wird das DCRC
nun vom lettischen Lielvārde
aus seinen Dienst unter NATO­
Kommando leisten.
(spr)
Der Videobeitrag zum Thema
„Gefechtsstand DCRC“ ist auf
dem Youtube­Kanal der Bundes­
wehr zu sehen.
Der QR­Code führt
direkt zum Beitrag.
Weitere Beiträge unter
www.youtube.com/
bundeswehr.
18. Juli 2016
ZOOM
aktuell
9
Fregatte
im Testlauf
Die neue „Baden-Württemberg-Klasse“ (F 125) markiert den Beginn einer neuen
Generation bei der deutschen Marine – aktuell hat die Erprobung auf See begleitet.
Von Gabriele Vietze
Probefahrt unter Kommando
eines zivilen Kapitäns
Die „Baden-Württemberg“ hat gerade den zweiten Teil der Werftprobefahrt abgeschlossen. Tegeder gehört zur Einfahrbesatzung Alpha. Die Werfterprobungsfahrt dient ihr zur Ausbildung. Dabei wird das Schiff geprüft, bevor
es der Bundeswehr, konkret dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (BAAINBw), übergeben wird. Erst beim sogenannten großen
Flaggenwechsel geht das Schiff aus dem
Verantwortungsbereich des BAAINBw
zur Nutzung an die Marine.
500 Räume
unter Deck
Die F 125, die rund 700 Millionen
Euro gekostet hat, ist ein kompakter Stahlkoloss mit mehr als
500 Räumen unter Deck, alle
ohne Bullaugen. Wartungsarme Technologie ermöglicht
den weltweiten Einsatz mit einer
Dauer von bis zu zwei Jahren.
Die Wechselbesatzungen bleiben maximal vier Monate im
Jahr an Bord. Kernaufgaben:
Stabilisierungsoperationen
gegen asymmetrische Bedrohungen, Teilnahme oder Führung von nationalen und multinationalen Verbänden, vernetzte
Operationsführung und Aufnahme von bis zu 70 zusätzlichen Personen wie Spezialeinheiten oder Führungsstäbe. Die
Schiffssysteme, von der Kombüse bis zum Antrieb, sind doppelt vorhanden. Dadurch werden
Ausfälle eines Systems durch
Brand oder Lecks aufgefangen.
Aus dem Heimathafen Wilhelmshaven kommend, hat die Fregatte vom
25. Juni bis 6. Juli 2016 die Nordsee durchpflügt. Da die F 125 bei Fahrmanövern
mit großer Geschwindigkeit tiefes Fahrwasser benötigt, sind die 100 Meter Wassertiefe im Skagerrak vor Dänemarks Nordwestküste ideal. Ein ziviler Kapitän hat
während der Erprobung das Kommando.
Rund 20 000
Messpunkte
Zivil sind auch die zahlreichen Fachprüfer der Werften Thyssen Krupp
Marine Systems, Blohm + Voss und Lürssen sowie die Abnahmekommission
der Wehrtechnischen Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen (WTD 71).
Sie prüfen auf dieser Probefahrt ausschließlich die Plattform, also Antrieb und
die für den Betrieb erforderliche Schiffstechnik wie Elektrotechnik, Wasser,
Lüftung, Kraftstoffverbrauch und auch die Schiffsautomation. Die Fregatte
muss zeigen, dass sie auch auf dem Wasser das gesamte Spektrum der technischen Vorgaben erfüllt. „Bei der Luftschallmessung arbeiten wir nachts“,
erklärt Insa Bech von Thyssen Krupp Marine Systems, eine der wenigen
weiblichen Prüfer, die beim Personalwechsel im norddänischen Hirtshals
an Bord gekommen ist. „In Messen, Treppenhäusern und Kammern muss
es ruhig sein. Sonst ist das Signal verfälscht“, erläutert die Diplom-Ingenieurin, die an der Emdener Fachhochschule
Physiktechnik studiert und zunächst im
Bereich U-Bootbau gearbeitet hat. Über
20 000 Messpunkte müssen die Prüfer
insgesamt abarbeiten.
Mit speziellen Fahrmanövern wird die
Navigation erprobt. Ob Stopp aus voller
Fahrt, Zickzack- oder Spiralkurs, Drehkreise oder scharfe Kurven, die sogenannten Hartruderlagen mit Krängungen bis zu 25 Grad: beeindruckend, wie
schnell die F 125 reagiert und Stabilität
und Wendigkeit beweist. Bei der flotten Rückwärtsfahrt mit mehr als zwölf
Knoten schwappt die Gischt achtern über
das gesamte Heli-Deck bis zum Hangar. Die Waffensysteme an Bord der
„Baden-Württemberg“ sollen in einer
zweiten Phase der Erprobung geprüft
werden.
Technische Daten
Länge: 149,52 Meter
Breite: 18,80 Meter
Tiefgang: 5,40 Meter
Geschwindigkeit: >26 Knoten
Antrieb: CODLAG (COmbined
Diesel eLectric And Gasturbine)
4 Diesel-Generatoren mit
je 2900 Kilowatt
2 Elektrische Fahrmotoren
mit je 4500 Kilowatt
1 Gasturbine mit 20 000 Kilowatt
Foto: Bundeswehr/Carsten Vennemann
Mehr als 600 Signalanzeigen muss ich neu lernen“, sagt Hauptbootsmann Manuel Tegeder. Er steht am E-Werk im Maschinenraum der
Fregatte „Baden-Württemberg“ der Klasse F 125. Sie ist Prototyp für drei weitere
baugleiche Fregatten und wird deswegen besonders gründlich erprobt. Motorenmeister Tegeder versteht sich als Vertreter der alten Schule, der noch das Handwerk
des Maschinenbaus kennt und nun mit deutlich mehr Elektronik konfrontiert wird.
„Die jüngeren Kameraden sind mit Elektronik aufgewachsen und tun sich leichter“,
sagt er. Begeistert ist er von dem neuen Hybridantrieb mit elektrischen Fahrmotoren. „Die ,Baden-Württemberg‘ ist superschnell im Antrieb und trotz ihrer Größe
das leiseste Schiff, auf dem ich bis jetzt gefahren bin“, schwärmt er. Weitaus
mehr Elektronik als bisher hat auch in anderen Bereichen Einzug gehalten:
Bordsysteme werden automatisch überwacht, fast alle Waffen sind ferngesteuert – die Bediener sind somit vor unmittelbarem Beschuss geschützt.
10
aktuell
SPORT
18. Juli 2016
Olympische
Leibesübungen
Unter den deutschen Olympia-Turnern sind
drei Sportsoldaten mit Medaillenpotenzial.
Ein kleiner Fehler – und
alles ist vorbei
Nguyen hat sich für die Olympischen Spiele in Rio einiges
vorgenommen: „Ich möchte
das zeigen, was ich im Training
vorbereitet habe und sehe meine
größten Chancen am Barren.“
Zu den beiden Silbermedaillen
von 2012 könnte für Nguyen
nun weiteres Edelmetall hinzukommen. „Klar würde ich mich
über eine Medaille in Rio freuen
und vom Leistungsvermögen her
ist das auch drin, aber fest rechnen kann man in unserer Sportart damit nie. Denn du kannst
noch so gut vorbereitet sein, es
reicht ein kleiner Fehler und alles
ist vorbei.“ Damit das nicht passiert, hat Nguyen sich eine Art
Psycho-Trick angeeignet: „Ich
nehme mir immer vor, es genauso
zu machen wie im Training. Das
heißt, ich versuche nicht, irgendwas Besonderes zu machen, sondern einfach das, was ich trainiert
Immer wieder aufs
Neue beweisen
Ganz anders ist die Situation
für seinen 26-jährigen Kamerad Bretschneider, der sich auf
seine Olympiapremiere freut.
„Wenn man nicht gerade Fußballer oder Motorsportler ist,
sind Olympische Spiele sicher
das Highlight, das man anstrebt“,
betont der Chemnitzer. Nach ihm
ist sogar ein spezieller Hochgeschwindigkeits-Salto am Reck
benannt, den er vor zwei Jahren erstmals vorführte. Obwohl
Bretschneider sich bereits vor der
offiziellen Nominierung sehr gute
Chancen auf ein Olympia-Ticket
ausrechnen konnte, schonte er
sich keineswegs: „Nichts wiegt
so wenig wie der Erfolg von gestern – das hören wir oft von unserem Trainer. Wir müssen uns
also immer wieder aufs Neue
beweisen.“
Mit Stabsunteroffizier (FA)
Lukas Dauser wurde ein weiterer
Sportsoldat in die Olympiamannschaft berufen. Der 23-Jährige
gilt als großes Talent am Barren und machte seinem Kameraden Nguyen dort zuletzt ernsthafte Konkurrenz. Falls jemand
ausfällt, stünde zudem Hauptgefreiter Philipp Herder bereit. Alle
turnenden Sportsoldaten gehö-
Fotos: Bundeswehr/Torsten Kraatz (3)
Kienbaum. Die Turner Oberstabsgefreiter Marcel Nguyen
und Stabsunteroffizier (FA)
Andreas Bretschneider gelten bei
den kommenden Olympischen
Spielen als Medaillenhoffnungen. Im Bundesleistungszentrum
im brandenburgischen Kienbaum
trainieren sie unter den strengen Augen von Bundestrainer
Andreas Hirsch an ihren Geräten
und beseitigen die letzten Unsicherheiten in ihren Übungen.
habe.“ Der 28-Jährige, der auch
Botschafter der Arbeitgeberkampagne der Bundeswehr ist (Seite
11), hat schon reichlich olympische Erfahrungen – für ihn sind
es bereits die dritten Spiele.
Foto: imago/Aswendt
Von Markus Theis
Turner und Soldaten: Stabsunteroffizier (FA) Lukas Dauser (o. l.), Stabsunteroffizier (FA) Andreas
Bretschneider (u. l. ) und Oberstabsgefreiter Marcel Nguyen (r.) bereiten sich auf Olympia 2016 vor.
ren der Sportfördergruppe Todtnau an. Fabian Hambüchen und
Andreas Toba komplettieren die
olympische Turnmannschaft.
Deutsch-deutsche
Duelle in Rio
Turnen ist zwar eine Individualsportart, doch in Rio
müssen die Athleten im Team-
wettkampf auch als Mannschaft
antreten. Dass die Konkurrenz gerade in diesem Wettbewerb sehr gut ist, wissen auch
Nguyen und Bretschneider: „Mit
der Mannschaft will ich zumindest ins Finale kommen, wobei
es allerdings schwer wird, um
die Medaillen mitzukämpfen“,
meint der erfahrene Nguyen.
Sein Kamerad Bretschneider
sagt: „Gerade deswegen gilt es,
bei diesen Olympischen Spielen
die Chancen in den Einzeldisziplinen möglichst gut zu nutzen.“
Möglicherweise gibt es in Rio
bei den 31. Olympischen Spielen
dann gleich zwei deutsch-deutsche Duelle: am Reck mit
Bretschneider und Hambüchen
und am Barren mit Dauser und
Nguyen.
Die nächste Hürde kann kommen
Amsterdam. Kampfansage
für Olympia: Hauptgefreiter Gesa Felicitas Krause hat
bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Amsterdam in
beeindruckender Manier die
Goldmedaille über 3000 Meter
Hürden gewonnen. Mit der
persönlichen Bestzeit von 9:18,85
Minuten ließ sie der Albanerin Luiza Gega und der Türkin
Özlem Kaya auf den Plätzen zwei
und drei keine Chance.
„Das Rennen lief wie geplant.
Mit einer Bestzeit kann man
nicht meckern“, sagte Krause.
„Ich dachte, die anderen machen
mehr Druck, so bin ich die ganze
Zeit vorne gelaufen.“ Im Ziel
Foto: imago/Laci Perenyi
Hindernisläuferin Gesa Felicitas Krause glänzt bei der Europameisterschaft – und freut sich auf Olympia.
Gold für diese Hürde: Gesa Felicitas Krause in Amsterdam.
fehlten nur 31 Hundertstelsekunden zum deutschen Rekord
von Antje Möldner-Schmidt, die
vor zwei Jahren gewonnen hatte.
Und bei Olympia soll es auch
zu einer Medaille reichen: „Ich
bin ungefähr bei 90 Prozent“, so
Krause, die vor Rio noch ein-
mal knapp drei Wochen Höhentrainingslager absolvieren wird.
„Das Ziel ist jetzt, dass ich noch
ein paar Prozent draufpacken
kann. Langfristig möchte ich
bei einer Weltmeisterschaft oder
Olympia natürlich ganz oben
stehen.“ Angesichts ihrer Leistung in Amsterdam kann man
jedoch den ganz großen Coup
bereits in Rio nicht ausschließen.
Bei der EM war Krause mit
der besten Vorleistung aller
Teilnehmerinnen allerdings
schon als Favoritin angereist.
Druck und Ansporn zugleich
sei dies gewesen. Sie hielt den
Erwartungen stand, zumal sie
wieder auf ihre gute Hindernis-
technik vertrauen konnte. „Es ist
schon von Vorteil, wenn man
eine gute Technik hat. Das ist
schon ein Talent, dass ich mit in
die Sportart gebracht habe. Da
kann ich ein paar Meter rauslaufen und Kräfte sparen“, betonte
die Hessin.
Für die zweite Goldmedaille
auf Seiten der Bundeswehr sorgte
Stabsunteroffizier (FA) Christina Schwanitz. Die Dresdnerin düpierte mit der Weite von
20,17 Metern die Konkurrenz
im Kugelstoßen. Stabsunteroffizier (FA) Julian Reus und Stabsgefreiter Robert Hering holten
zudem Bronze mit der 4 mal 100
Meter-Staffel.
(sid/sr)
18. Juli 2016
SOZIALES / PERSONAL
aktuell
11
Mit voller Kraft
Die aktuelle Arbeitgeber-Kampagne stellt die Sportsoldaten in den Mittelpunkt.
Berlin. Ausbilder von Vorbildern
ist die Bundeswehr schon lange.
Soldaten sind idealerweise Vorbilder, für ihre Kameraden und
für die Gesellschaft. Zu diesen
Vorbildern gehören auch die
zahlreichen Sportsoldaten, jene
Hochleistungs- und Spitzensportler, die durch die Bundeswehr
gefördert werden.
Die neue Phase der Arbeitgeberkampagne „Mach, was
wirklich zählt.“ greift pünktlich
zu den Olympischen Spielen dieses Thema auf. Unter dem Motto
„Offizieller Ausbilder von Vorbildern“ präsentiert die Kampagne in den Sommermonaten rund
um die Wettkämpfe in Werbespots und Plakaten mit Olympiateilnehmern die Spitzensportförderung der Bundeswehr. Kunstturner Oberstabsgefreiter Marcel
Grafik: Bundeswehr
Von Christiane Tiemann
Nguyen, die frischgebackene
Europameisterin Hauptgefreiter Gesa Felicitas Krause sowie
Diskuswerfer und dreimaliger
Sportler des Jahres Stabsunteroffizier Robert Harting sind die
drei Botschafter der ­­­Kampagne. In insgesamt 15 Sportfördergruppen trainieren derzeit 744 Sportsoldatinnen und
-soldaten. Die Bundeswehr ist
damit einer der wichtigsten För-
derer des Hochleistungssports
in Deutschland. Mit nachweislichem Erfolg: Die Sportsoldaten
gewinnen im Schnitt 44 Prozent
der olympischen Medaillen. Zum
anderen hat die Kampagne klare
personalwerbliche Ziele und weist
darauf hin, dass die Bundeswehr
nicht nur für Spitzensportler ein
attraktiver Arbeitgeber ist,
der seine Mitarbeiter fördert und
qualifiziert.
Wir suchen jene, die Vorbilder sein wollen
Dirk Feldhaus ist der Beauftragte für die Kommunikation der Arbeitgebermarke Bundeswehr und verantwortlich für die Kampagne „Mach, was wirklich zählt.“.
aktuell hat mit ihm gesprochen.
Warum sind die Sportsoldaten die Protagonisten
einer Kampagne zur Arbeitgeberkommunikation?
Fast die Hälfte aller deutschen olympischen Medaillen kommen von Sportsoldatinnen und -soldaten. Diese
Spitzenleistungen wollen wir mit der neuen Kampagnenphase bekannter machen und überraschen damit gleichzeitig. Medaillengewinner sind Vorbilder, genauso wie
alle 260 000 Menschen in der Bundeswehr. Unter dem
Motto „Offizieller Ausbilder von Vorbildern“ positionieren wir die Bundeswehr noch stärker als attraktiven Arbeitgeber.
Wen soll die Kampagne ansprechen?
Wir suchen Menschen, die Interesse an einer sinnstiftenden und qualifizierenden Aufgabe haben. Diese bietet ihnen die Bundeswehr. Daher sprechen wir diejenigen an, die eine einzigartige berufliche Herausforderung
suchen, Vorbilder sein wollen und jeden Tag ihr Bestes
geben möchten: Das können bei der Bundeswehr Soldatinnen und Soldaten genauso wie zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Wie zufrieden sind Sie bislang mit dem Verlauf der
Arbeitgeberkampagne der Bundeswehr „Mach, was
wirklich zählt.“?
Unsere Studien zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg
sind: Das Image das Soldatenberufs ist im Vergleich zum
Vorjahr um zehn Prozent gestiegen und mit über 105 000
Bewerbungen hatten wir 2015 einen neuen Bewerberrekord. Besonders froh sind wir, dass die Kampagne
aber auch innerhalb der Bundeswehr bei den Soldatinnen und Soldaten und bei den zivilen Beschäftigten gut
ankommt. Denn die 260 000 Menschen in der Bundeswehr sind die besten Botschafterinnen und Botschafter
für ihren Arbeitgeber.
Intelligente Technik erforschen
Hamburg. Hauptmann Marcus Lewins Fachgebiet ist die
„Smart Factory“, die intelligente
Fabrik. Der 27-Jährige ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Helmut-Schmidt-Universität der
Bundeswehr und forscht derzeit
an der Fabrik der Zukunft.
Die „Smart Factory“ gehört zur
Hightech-Strategie der deutschen
Bundesregierung und ist Teil des
Zukunftsprojekts „Industrie 4.0“.
„Das Thema finde ich spannend,
weil es Technik und Betriebswirtschaft vereint“, sagt Lewin. Er ist
aktiver Soldat der Luftwaffe und
hat an der Helmut-Schmidt-Universität Wirtschaftsingenieurwesen studiert. Heute arbeitet Lewin
zusammen mit zivilen Unternehmen an der Umsetzung von
Industrie 4.0. „Ich finde es gut,
nicht nur für mich selbst zu forschen. Zusammen mit den Industriepartnern Erfahrungen zu sam-
Foto: Bundeswehr/Stefan Reichert
Hauptmann Marcus Lewin geht neue Wege in Sachen Logistik – Industrie 4.0 ist sein Schwerpunkt.
meln, bringt uns viel weiter. Mich
beeindruckt, dass das System
mich über seinen Zustand informiert. Es ist tatsächlich in der
Lage zu kommunizieren, dass es
zum Beispiel in drei Wochen ausfallen wird“, sagt Lewin. Diese
„sprechende“ Technik spart nämlich Zeit. Wichtige Ersatzteile
oder notwendiges Werkzeug kön-
nen so früher bestellt werden.
„Es wird beispielsweise versucht,
Teile der Kommunikationsfähigkeiten von Smartphones auf
Industrieanlagen zu projizieren.
Die Maschinen werden selbstständig und sozusagen künstlich
intelligent. Das zu programmieren, ist äußerst komplex“, erklärt
Lewin.
Bis 2023 bleibt Hauptmann
Lewin der Bundeswehr erhalten. „Ich hoffe, dass ich in meiner späteren Verwendung meine
Erfahrungen und mein Wissen
gewinnbringend für die Bundeswehr einsetzen kann.“ So ist
es denkbar, Gefechtsfahrzeuge
im Einsatz mit dem intelligenten System auszustatten. Damit
wäre es möglich, den Rüstzustand eines Fahrzeugs genau zu
ermitteln. Auch mögliche Mängel
könnten vorrausschauend erkannt
und beseitigt werden.
(ich)
Welche Redewendung gebrauchen Sie häufig?
Die Neugier steht immer an erster Stelle eines Problems, das gelöst
werden will.
Welches Talent möchten Sie besitzen?
Ein fotografisches Gedächtnis.
Welches Lied singen oder hören Sie gern?
Foo Fighters: „Walk“.
Auf welchen Gegenstand könnten Sie in Ihrem täglichen Leben
nicht mehr verzichten?
Mein Smartphone.
Mit wem würden Sie gern einmal essen gehen?
Angela Merkel.
Was ist Ihre Lieblingsserie oder -film?
Breaking Bad.
Welche Superkraft hätten Sie gern?
Gedanken lesen.
Mit wem würden Sie gern einen Monat lang tauschen?
Mit einem buddhistischen Mönch.
12
aktuell
VERMISCHTES
18. Juli 2016
Coffee to go: Ordentlich gebechert
Das Getränk im Pappbecher ist beliebt und wird Tag für Tag tausendfach konsumiert – mit Folgen für die Umwelt.
sche Kaffeeverband. 1964 wurde
der erste Coffee to go in New
Er begleitet uns auf dem Weg York im Pappbecher serviert.
zur Arbeit, vor dem Computer, Drei Jahre danach gesellte sich
in der Mittagspause und im Park: zum Becher der Plastikdeckel
Der Coffee to go ist mehr als nur – um den hetzenden Büromenetwas Warmes zum Festhalten. schen vor dem Überschwappen
Der Kaffee auf die Hand ver- des Morgenkaffees zu bewahren.
mittelt dem gestressten Busi- Abermals zehn Jahre vergingen
ness-Menschen den Eindruck, bis die Kaffeekette Starbucks die
der Zeit ein Schnippchen zu Wölbung im Plastikdeckel salonschlagen. Gehen und trinken, mit reif machte – so war Platz
Blick auf das Handy – zeitgemä- für Milchschaum.
ßes Multitasking. Das Schlechte
Die Deutsche Umweltdabei: Die Auswirkungen der hilfe hat berechnet, dass der
Einwegbecher auf die Umwelt Verbrauch von Coffee-tosind immens und auch unser Kör- go-Bechern hierzulande in
per bleibt nicht unbeschadet.
schwindelnder Höhe liegt:
Jeder vierte Liter Kaffee wird rund 2,8 Milliarden Becher
mittlerweile außer
werden jährHaus getrunken,
lich benutzt. In
GESCHICHTE DES
schätzt der Deutder Hauptstadt
PAPPBECHERS
Berlin halten täglich mehr als
460 000 Menschen einen Pappbecher in der Hand. Und von dort
geht es nach durchschnittlich 15
Minuten Richtung Mülleimer.
Bundesweit kreieren die Becher
31 000 Tonnen Abfall, die dazugehörigen Deckel weitere 9000
Tonnen. Für 15 Minuten Trinkvergnügen entsteht außerdem ein
unverhältnismäßiger Ressourcen-
verbrauch: Für die Herstellung
eines einzelnen Bechers wird
mehr als ein halber Liter Wasser benötigt. Das ist mehr, als der
Becher am Ende warmhalten soll.
Und: Die Produktion der Becher
führt jährlich zu 110 000 Tonnen
CO2-Emissionen.
Nicht nur in der Natur ist der
Abbau der beschichteten Becher
problematisch, auch der menschliche Körper tut sich
schwer mit den Stoffen, die sich vom
Material ablösen.
Dabei gibt es Alternativen – zum Beispiel den Edelstahlbecher. Wer nicht auf
den schnellen Kaffee in S-Bahn,
Büro oder Park verzichten
möchte, denke an die Umwelt und
die eigene Gesundheit. Einfach
den eigenen Becher zum Barista
mitnehmen und vor Ort auffüllen lassen. Gegen die Lebensmittelvorschriften verstößt das
nicht, solange der mitgebrachte
Becher weder dreckig ist noch
mit den Abfüllstutzen der Kaffeemaschine in Berührung kommt.
Und wer nicht permanent einen
Becher mit sich herumtragen will,
könnte sich die Zeit nehmen, seinen Kaffee aus einer guten alten
Tasse zu genießen. Sei der Stress
noch so groß, fünf freie Minuten lassen sich doch eigentlich
(fast)
immer
BENÖTIGTE RESSOURCEN
finden.
FÜR 3 MRD. PAPPBECHER
Grafik: Bundeswehr/Daniela Prochaska
Von Antje Laenen
016
28/2
SUDOKU
Vi
el G
Senden Sie die vier Lösungszahlen,
lück
die sich aus den farbigen Feldern
!
ergeben, per E-Mail mit dem Betreff
„Sudoku 28/2016” und Ihrer Postanschrift an:
[email protected]
Einsendeschluss:
Sonntag dieser Woche
Zu gewinnen:
APC Mobile Power Bank 10 000 mAh
Dieser externe Zusatzakku für Smartphones und
Tablet-PCs bietet bis zu vier Ladevorgänge für unterwegs.
Lösung 26/2016: 2 9 6 6
Gewonnen hat: Anna-Maria Brätz
Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen.
Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt.
Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.