Hier-und-da- statt Überall-TV DVB-T steht für Digital Video Broadcasting – Terrestrial und ermöglicht dem Zuschauer digitalen Fernsehempfang über Antenne. Als „ÜberallFernsehen“ wird es seit dem Startschuss 2002 vermarktet. „Kompliziert“ zieht eine erste Zwischenbilanz. von Christian Nolden So hat Christoph Borgmann sich die neue Fernsehwelt nicht vorgestellt. „Signal zu schwach“ ist auf dem ansonsten schwarzen Fernsehschirm zu lesen, während Borgmann mit seiner Zimmerantenne durch sein Wohnzimmer wandert. „Technik, die begeistert!“, meint der 25-jährige Grafikdesigner ironisch. Die gleiche Erfahrung machen viele, die am Rand des Köln/Bonner Sendegebiets auf das neue terrestrische Digitalfernsehen umsteigen wollen. Hier, in circa 40 Kilometern Entfernung zum Sendemast in Köln, kann das neue „Überallfernsehen“ noch nicht das halten, was der Name dem Zuschauer verspricht: Den Empfang von mehr als 20 digitalen Fernsehprogrammen mit einer einfachen Zimmerantenne. Ein Programmangebot, das das alte analoge Antennenfernsehen auf das Abschiebegleis verweist. Beim neuen Antennenfernsehen ist die Übertragung digital und garantiert damit eine bessere Bildqualität. Die Empfangsprobleme bleiben aber die alten: Je näher der Sendemast, desto besser der Empfang. Und je weiter der Fernsehturm entfernt steht, desto leistungsfähiger muss die verwendete Antenne sein. Erst wenn der flächendeckende Ausbau des DVB-T Netzes im Jahre 2010 abgeschlossen ist, wird digitales Fernsehen per Antenne nicht nur hier und da, sondern überall in Deutschland möglich sein. Zimmer- und Stabantennen reichen derzeit nur in den so genannten Kernbereichen zum Empfang aus. Als Kernbereich gilt alles im Umkreis von 20 Kilometern zum Sendemast. Wer weiter außerhalb DVB-T empfangen möchte, dem empfiehlt Fernsehfachhändler Jörg Liessem aus Hennef den Einsatz einer Dachantenne und eines zusätzlichen Verstärkers. „Vielerorts sind noch Dachantennen vorhanden. Diese müssen jedoch für den digitalen Empfang neu ausgerichtet werden.“, rät der 42-jährige Liessem. Wer im Kernbereich lebt, kann auf eine Dachantenne verzichten und bereits jetzt von der neuen Technik profitieren: Der Fernseher bekommt Beine. Der Anschlussdose in der Wohnung kann man getrost den Rücken kehren. Mit dem TV-Gerät, einer Stabantenne und einem Empfangsgerät geht´s raus ins Freie. So wird der Garten im Sommer zum Pantoffelkino. Mit entsprechender Hard- und Software wird sogar der Laptop zur mobilen Flimmerkiste. Optimal, um unterwegs längere Wartezeiten gelassen in Kauf zu nehmen. Kabelwirrwarr und verrauschte Bilder gehören der Vergangenheit an. Aber nicht nur bessere Bilder kommen per DVB-T auf die Mattscheibe. Raumklang sorgt bei Hollywood-Filmen für richtige Kinoatmosphäre. DVB-T schafft Platz für mehr Möglich werden die Vorteile von DVB-T dadurch, dass Bild- und Tonsignale komprimiert werden (MPEG2-Verfahren). Das funktioniert so: Die Fernsehprogramme werden vor der Übertragung verdichtet und in kleine Datenpakete zerlegt. Wo vorher ein analoger Fernsehkanal gesendet wurde, werden bei DVB-T nun vier Programme in einen Datenstrom zusammengefasst. Die vier Programme zusammen ergeben ein so genanntes Bouquet. Innerhalb eines Bouquets kann die Menge der Daten, die pro Zeiteinheit übertragen wird, (Datenrate) variabel zugeteilt werden. So kann der Sportübertragung mit schnellen Bildern auf einem Sender eine höhere Datenrate eingeräumt werden als dem Nachbarsender, der nur sten Wochen. Ein weiterer Dienst nennt sich MHP: Multimedia Home Platform. Dieser Dienst stellt neben den Programmhinweisen auch Hintergrundinformationen zu den laufenden Beiträgen zur Verfügung. Hierfür eignen sich allerdings nur die Geräte, die mit dem MHP-Logo gekennzeichnet sind. Alles digital Seit Jahren wird digitales Fernsehen bereits über Kabel (DVB-C) und Satellit (DVB-S) ausgestrahlt. Mit DVB-T wird nun auch der letzte Übertragungsweg über Funk digitalisiert. Damit erlebt die längst tot geglaubte Antenne eine Renaissance. Zuletzt startete am 30. Mai das „ÜberallFernsehen“ in den Großräumen München und Mit DVB-T wird es möglich: Pantoffelkino im Freien. Foto: Geschäftsstelle DVB-T Mitteldeutschland / Frank Gehrmann eine Dauerwerbesendung überträgt. Das so aufbereitete digitale Fernsehsignal gelangt über Funkwellen, wie man sie vom analogen Antennenfernsehen her kennt, ins heimische Wohnzimmer. Mithilfe einer Zimmerantenne wird das Signal empfangen. Ganz ohne neue Geräte kommt der Zuschauer allerdings nicht in den Genuss der digitalen Fernsehwelt. Wer nur die Antenne an den Fernseher anschließt, sieht nur schwarz: Denn der Fernseher kann das Signal nicht direkt wiedergeben. Daher benötigt der Zuschauer einen DVB-T-Receiver. Der Receiver dient als Empfangsgerät, der das digitale Signal wieder in ein analoges umwandelt. Der Fernseher macht daraus dann das Fernsehbild. Zusätzlich stellt der Receiver neue Dienste bereit, die im Datenstrom eingebunden sind. Ein Beispiel für einen solchen Dienst ist die elektronische Programmzeitschrift, kurz EPG genannt. Sie zeigt dem Zuschauer nicht nur an, was aktuell läuft, sondern bietet eine Programmvorschau der näch- Nürnberg. Wer innerhalb einer so genannten DVB-T Startinsel wohnt und bisher analoges Antennenfernsehen empfangen hat, guckt in die Röhre: Denn das analoge Signal wird mit der Umstellung auf DVB-T abgeschaltet. Somit ist der Zuschauer gezwungen, anders fernzusehen. Der Umstieg auf DVB-T lohnt sich. Vorausgesetzt: Der Empfang des Signals ist vor Ort möglich. Die Kosten für einen DVB-T Receiver (ca. 80 Euro) und eine Zimmerantenne (ca. 20 Euro) sind deutlich günstiger als für eine Satellitenanlage. Außer der üblichen GEZ-Gebühr fallen keine weiteren Kosten mehr an. Ein weiterer Vorteil von DVB-T gegenüber digitalem Satellitenfernsehen: Die aufwendige Installation der Schüssel entfällt und man spart Platz auf dem Balkon. Lediglich das Ausrichten der Antenne nimmt einige Zeit in Anspruch. Doch nach einer halben Stunde funkt es auch bei Christoph Borgmann. Die Antenne steht jetzt bei ihm am Küchenfenster.
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