Politik BZB Juli/August 16 7 BLZK Kammern leben vom Engagement BLZK befragte bayerische Zahnärzte Die spontane Bereitschaft, einander zu helfen und Menschen in Not zu unterstützen, ist groß in unserem Land. Das wurde einmal mehr bei den Überschwemmungen im Juni deutlich. Allerdings scheinen längerfristige Bindungen an Ehrenämter in allen Bereichen der Gesellschaft an Bedeutung zu verlieren. Dies gilt auch für die zahnärztliche Selbstverwaltung, wie eine Umfrage der Bayerischen Landeszahnärztekammer zeigt. Motive ehrenamtlichen Engagements liefern. Bereits vorhandene persönliche Erfahrungen mit ehrenamtlicher Tätigkeit oder mögliche Gründe, sich nicht ehrenamtlich zu engagieren, waren weitere wichtige Punkte. Es ging aber auch um die Erwartungen der bayerischen Zahnärzte an die zahnärztliche Selbstverwaltung. Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden, damit sich künftig mehr Zahnärzte aktiv in die Selbstverwaltung einbringen? Um die Zukunft im Sinne des zahnärztlichen Berufsstandes aktiv zu gestalten, brauchen Kammern Berufsträger, die sich in der Selbstverwaltung engagieren. Es geht darum, Aufgaben und Funktionen zu übernehmen und berufspolitisch aktiv zu werden. Welche Maßnahmen sind nötig, um mehr Berufsträger – vor allem Jüngere und speziell Zahnärztinnen – für die Mitarbeit in der Kammer zu gewinnen? Um eine fundierte Grundlage für die zukünftige Arbeit zu bekommen, startete der Vorstand der BLZK im vergangenen Jahr erneut eine gemeinsame Umfrage mit dem Institut für Freie Berufe (IFB) in Nürnberg (siehe Kasten). Die Ergebnisse werden demnächst in einer Kurzfassung veröffentlicht – hier ein erster Überblick. Im Mittelpunkt der Studie stand das ehrenamtliche Engagement der bayerischen Zahnärzte. Sie sollte Erkenntnisse über den Umfang, die Bereiche und Großes Interesse an der Umfrage 958 Zahnärzte aus Bayern beteiligten sich an der Umfrage. Ihnen gilt großer Dank, dass sie sich dafür Zeit genommen haben. 39,5 Prozent Zahnärztinnen und gut 60,5 Prozent Zahnärzte füllten den sechsseitigen, mit einem Kammer-Rundschreiben versandten Fragebogen aus. Das Durchschnittsalter lag bei 49,5 Jahren. Über die Hälfte der teilnehmenden Zahnärzte ist seit mindestens 20 Jahren berufstätig. 81,1 Prozent sind niedergelassen, 17,3 Prozent arbeiten angestellt, 1,7 Prozent sind beispielsweise bei der Bundeswehr oder im Öffentlichen Dienst beschäftigt. Bemerkenswert ist, dass sich sehr viele junge Zahnärztinnen beteiligt haben. Kammer setzt auf Partizipation Die BLZK setzt als Berufsvertretung auf die Beteiligung der bayerischen Zahnärzte. Sie hat bereits zwei Studienprojekte in Kooperation mit dem Institut für Freie Berufe in Nürnberg durchgeführt. Die erste Studie im Jahr 2007 stand unter dem Titel „Zahnärzte in Bayern: Zukunft der Praxis – Praxis der Zukunft“. Die Studienergebnisse gaben Aufschluss zur Situation der zahnärztlichen Berufsausübung im Jahr 2007. Im Jahr 2010 lief eine Studie Bayerns Zahnärzte sind aktiv Die Umfrage unterscheidet zwischen ehrenamtlicher Tätigkeit in der zahnärztlichen Selbstverwaltung und ehrenamtlichem Engagement im privaten Umfeld. Zum Zeitpunkt der Befragung waren 50,2 Prozent der Untersuchungsteilnehmer in einem oder mehreren Bereichen ehrenamtlich tätig, 18,0 Prozent übten innerhalb der letzten zehn Jahre ein Ehrenamt aus. 56,7 Prozent der Zahnärzte, die zum Befragungszeitpunkt oder in den letzten zehn Jahren ehrenamtlich tätig waren, engagierten sich in der zahnärztlichen Selbstverwaltung, 80,4 Prozent setzten sich außerhalb der Selbstverwaltung im privaten Umfeld ein (Mehrfachnennungen waren möglich). unter dem Titel „Zahnärztinnen in Bayern: Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Nur die bayerischen Zahnärztinnen wurden befragt. Die BLZK war die erste Kammer, die sich aktiv mit der Situation der Zahnärztinnen zu diesem Thema befasste. ik Politisches und soziales Engagement Männer, ältere Zahnärzte, Berufserfahrene und Niedergelassene engagieren sich viel häufiger in eher politisch ausgerichteten Ehrenämtern der Selbstverwaltung: in ihrem Zahnärztlichen Bezirksverband, 8 BZB Juli/August 16 Politik BLZK Abb. 3.25: Bereiche ehrenamtlicher Tätigkeiten in der zahnärztlichen Selbstverwaltung nach Geschlecht Bereiche ehrenamtlicher Tätigkeiten in der zahnärztlichen Selbstverwaltung nach Geschlecht Motivation für die ehrenamtliche Tätigkeit (ausgewählte Gründe) nach Alter Wenn Sie in der zahnärztlichen Selbstverwaltung ehrenamtlich tätig sind oder waren, um welche(n) Bereich(e) handelt es sich genau? (Mehrfachnennungen möglich) Was motiviert(e) Sie zu Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit? (Mehrfachnennungen möglich) 15,3% Tätigkeit im Bereich eines ZBV 35,8% 22,4% 24,5% Berufsverband 9,4% Qualitätszirkel 9,4% 28,6% Freude, Spaß haben 29,4% 9,9% 15,3% 14,2% Sonstiges 59,8% 23,5% 10,6% 4,7% Frauen (138 Antworten von 85 Befragten) Männer (590 Antworten von 274 Befragten) Ausgewählte Bereiche ehrenamtlicher Tätigkeiten inBLZK der zahnärztlichen in einem Berufsverband, in der oder in der KZVB. Selbstverwaltung nach Alter Frauen, jüngere Befragte, Berufsanfänger sowie Angestellte sind vor allem in eher „sozialen“ Bereichen Probleme (z. bei B. derin ehrenamtlichen Tätigkeit der Bayerischen Landesarbeitsgemeinschaft Zahngesundheit oder in einem zahnärztlichen Hilfswerk) ehrenamtlich engagiert (siehe Abb. 1). Motivation: von Sinn bis Spaß „Soziale Verantwortung“ ist für 55,9 Prozent der Zahnärzte, die zum Zeitpunkt der Umfrage oder in den letzten zehn Jahren ehrenamtlich tätig waren, das Hauptmotiv für ihr Engagement. Weiterhin ist es sehr wichtig, „etwas Sinnvolles zu tun“ (49,2 Prozent). Berufsträger, die in der zahnärztlichen Selbstverwaltung ehrenamtlich aktiv waren, wollen häufiger als außerhalb der Selbstverwaltung ehrenamtlich Engagierte „etwas verändern“ (46,1 gegenüber 31,4 Prozent), „Einfluss nehmen“ (35,9 gegenüber Abb. 3.36: Probleme bei der ehrenamtlichen Tätigkeit Probleme bei der ehrenamtlichen Tätigkeit Welche Probleme haben bzw. hatten Sie bei Ihrer (Ihren) ehrenamtlichen Tätigkeit(en)? (Mehrfachnennungen möglich) Zeitliche Probleme (Zusatzbelastung) 86,9% Organisatorische Probleme 37,5% Finanzielle Probleme (Verdienstausfall) 24,3% 18,9% Probleme mit hauptamtlichen Mitarbeitern 13,3% Zu weite Entfernung zum Tätigkeitsort 12,9% 1.004 Antworten von 518 Befragten Quelle: Studie der BLZK zum ehrenamtlichen Engagement Abbildung 3 35,7% Kontakte knüpfen/pflegen 23,9% 26,9% 18,9% bis unter 40 Jahre (396 Antworten von 112 Befragten) 40 bis unter 50 Jahre (458 Antworten von 134 Befragten) 50 bis unter 60 Jahre (761 Antworten von 216 Befragten) 60 Jahre und älter (498 Antworten von 148 Befragten) Abbildung 2 Abbildung 1 Abb. 3.26: Ausgewählte Bereiche ehrenamtlicher Tätigkeiten in der zahnärztlichen Selbstverwaltung nach Alter Probleme mit anderen ehrenamtlich Tätigen 36,6% 30,1% 25,0% Quelle: Studie der BLZK zum ehrenamtlichen Engagement Quelle: Studie der BLZK zum ehrenamtlichen Engagement 3.2.8 38,8% 38,9% 42,6% Etwas verändern 18,6% 12,4% LAGZ 50,7% 43,5% 47,3% 24,1% 16,5% 17,9% Fortbildungskreis Wissenschaftliche Fachgesellschaft 60,7% 21,2% Tätigkeit im Bereich der KZVB Soziales Engagement in einem Soziales Engagement Hilfswerk in einem… zahnärztlichem 59,3% 59,5% Etwas Sinnvolles tun 9,4% Tätigkeit im Bereich der BLZK 49,1% 50,7% Soziale Verantwortung 26,3% 7,1% Gutachter Abbildungen: IFB Abb. 3.31: Motivation für die ehrenamtliche Tätigkeit (ausgewählte Gründe) nach Alter 24,7 Prozent) sowie „Kenntnisse und Fähigkeiten erweitern“ (32,8 gegenüber 17,7 Prozent). Überraschend unterschiedlich sind die Motive der Altersgruppe unter 40 Jahren. Über 60 Prozent wollen mit ehrenamtlicher Tätigkeit „etwas Sinnvolles tun“, gleichzeitig ist für knapp 60 Prozent „Freude, Spaß haben“ fast genauso wichtig. Soziale Verantwortung und etwas verändern zu wollen – diese Werte rangieren dahinter (siehe Abb. 2). Ehrenamtliches Engagement fördern – aber wie? Welche Probleme sehen bayerische Zahnärzte beim ehrenamtlichen Engagement? Darauf gibt die Studie eine klare Antwort: Zeitliche Probleme stehen für 86,9 Prozent der Zahnärzte im Vordergrund. Sie wurden nicht nur bei der Frage, warum ein Ehrenamt aufgegeben wurde, am häufigsten genannt. Zeitliche Probleme stehen auch an der Spitze jener Schwierigkeiten, die sich bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit ergeben (siehe Abb. 3). Finanzielle Aspekte spielen keine entscheidende Rolle. Gleichwohl möchten die Befragten eine Anerkennung der ehrenamtlichen Tätigkeit durch die Erstattung von Sachkosten. Eher wichtig wird auch die Erstattung von Reisekosten gesehen, dicht gefolgt von der Anerkennung im persönlichen und beruflichen Umfeld (siehe Abb. 4). Die Studie enthält klare Aussagen darüber, was die Teilnehmer von der Berufsvertretung erwarten. Sie wünschen sich mehr Förderung ehrenamtlicher Aktivitäten – vor allem mehr Informationen über Möglichkeiten zur Einflussnahme durch ehrenamtliche Tätigkeiten und über deren Anforderungen. Dass (höhere) Aufwandsentschädigungen ein Ehrenamt in der Selbstverwaltung für die Zahnärzte interes- Politik BZB Juli/August 16 9 BLZK Abb. 3.38: Bedeutung verschiedener Formen der Anerkennung für ehrenamtliche Tätigkeiten Abb. 3.48: Maßnahmen, um das ehrenamtliche Engagement in der zahnärztlichen Selbstverwaltung zu fördern Bedeutung verschiedener Formen der Anerkennung für ehrenamtliche Tätigkeiten Maßnahmen, um das ehrenamtliche Engagement in der zahnärztlichen Selbstverwaltung zu fördern Unabhängig davon, ob Sie selbst bereits ehrenamtlich tätig waren: Für wie wichtig halten Sie allgemein die folgenden Formen von Anerkennung für ehrenamtliche Arbeit? (Mittelwerte; von 1 = unwichtig bis 5 = sehr wichtig) Was sollte man Ihrer Meinung nach unternehmen, damit sich mehr Zahnärztinnen und Zahnärzte in der zahnärztlichen Selbstverwaltung ehrenamtlich engagieren? (Mehrfachnennungen möglich) Mehr Informationen über die Anforderungen ehrenamtlicher Tätigkeiten bereitstellen Erstattung von Sachkosten 3,76 70,5% n=927 Mehr Informationen über die Möglichkeiten zur ehrenamtlichen Tätigkeit bereitstellen Erstattung von Reisekosten 3,62 63,3% n=923 Ausübung ehrenamtlicher Tätigkeiten von zu Hause aus bzw. via Internet ermöglichen Anerkennung im persönlichen Umfeld 3,31 n=913 Anerkennung im beruflichen Umfeld 3,29 n=917 Presseberichte 3,05 Aufwandsentschädigung Ehrungen/Urkunden 2,32 48,0% Mehr Informationen über Kammer allgemein bereitstellen n=909 3,00 50,7% Mehr Informationen über Möglichkeit der Einflussnahme durch ehrenamtliche Tätigkeiten bereitstellen 32,1% (Höhere) Aufwandsentschädigungen n=930 Anerkennung fördern n=913 Sonstiges 22,7% 14,2% 9,3% 2.852 Antworten von 918 Befragten Quelle: Studie der BLZK zum ehrenamtlichen Engagement Quelle: Studie der BLZK zum ehrenamtlichen Engagement Abbildung 4 Abb. 3.39: Bedeutung verschiedener ausgewählter Formen der Anerkennung für ehrenamtliche Tätigkeiten nach Alter Bedeutung verschiedener ausgewählter Formen Anerkennung für selten sant machen würden, wirddervergleichsweise ehrenamtliche Tätigkeiten nach Alter 5). Abb. 3.55: Aktuellegenannt und zukünftige (siehe BereitschaftAbb. zur ehrenamtlichen Mitarbeit in der Selbstverwaltung der BLZK Eine wichtige Ursache für die fehlende Aktuelle und zukünftige Bereitschaft zur ehrenamtlichen MitarbeitBereitschaft in der Selbstverwaltung derEngagement BLZK zum der Berufsträger ist sicherlich der Mangel an Informationen über Aufgaben und Strukturen der Selbstverwaltung. So herrscht zum Beispiel Unwissen darüber, welche konkreten Aufgaben in der zahnärztlichen Selbstverwaltung zu erfüllen sind oder welchen Zeitaufwand die Ausübung eines Ehrenamtes erfordert. Neue Kommunikationswege erschließen Da der Faktor Zeit als größter Hinderungsgrund für die Ausübung eines Ehrenamts angesehen wird, ist es nur logisch, dass jeder zweite Berufsträger sich wünscht, ehrenamtliche Tätigkeiten von zu Hause aus beziehungsweise via Internet ausüben zu können. Schnelle und unkomplizierte Kommunikation Abb. 3.56: Aktuelle und zukünftige Bereitschaft zur ehrenamtlichen Mitarbeit in der Selbstverwaltung der BLZK nach Geschlecht Aktuelle und zukünftige Bereitschaft zur ehrenamtlichen Mitarbeit in der Selbstverwaltung der BLZK nach Geschlecht Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, (wieder) in der Selbstverwaltung der BLZK mitzuarbeiten? Ich engagiere mich bereits ehrenamtlich in der Selbstverwaltung der BLZK Ja, ich habe die konkrete Absicht, mich demnächst um ein Ehrenamt in der Selbstverwaltung zu bemühen 4,0% 11,8% 0,6% 1,5% Ja, allgemein wäre ich daran interessiert, aber nur unter ganz bestimmten Bedingungen 16,5% 20,9% 54,0% Ich habe mir noch keine Gedanken über diese Frage gemacht Nein, ein ehrenamtliches Engagement kommt für mich grundsätzlich nicht (mehr) in Frage Quelle: Studie der BLZK zum ehrenamtlichen Engagement Abbildung 6 30,5% 25,0% 35,3% Frauen (n=352) Männer (n=532) Abbildung 5 ist gerade für Zahnärztinnen und jüngere Berufsträger beziehungsweise angestellte Zahnärzte sehr wichtig. Sie bevorzugen dabei E-Mailings, nutzen aber auch (Mitglieder-)Zeitschriften. Dies gilt ebenso für Apps und soziale Netzwerke, die von jüngeren Berufsträgern häufiger als von ihren älteren Kollegen angeführt werden. Erfreulich ist, dass das derzeitige Informationsangebot der BLZK gut ankommt. 98,8 Prozent der Befragten lesen die Kammer-Rundschreiben regelmäßig oder zumindest manchmal. Das BZB kommt sogar auf einen Wert von 99,3 Prozent. Potenziale nutzen Nach derzeitigem Stand ist die Studie zum ehrenamtlichen Engagement wohl die bislang einzige im zahnärztlichen Bereich. Sie bietet wertvolle Grundlagen und eine Orientierung für zukünftige Aktivitäten, mit denen die Kammer die Beteiligung von mehr Berufsträgern in der Selbstverwaltung fördern kann. Vor allem junge Zahnärzte, aber auch Studenten, sollten möglichst frühzeitig von der BLZK angesprochen und „begleitet“ werden. Innovative Organisationsformen müssen entwickelt werden, neue Kommunikationswege und umfassende Informationsangebote sind vonnöten. Eines zeigen die Studienergebnisse deutlich: Die grundsätzliche Bereitschaft in der bayerischen Zahnärzteschaft, sich unter bestimmten Bedingungen ehrenamtlich zu engagieren, ist vorhanden (siehe Abb. 6). Neue Werte sollten aber für das ehrenamtliche Engagement in der Selbstverwaltung mehr Bedeutung haben. Die ehrenamtliche Arbeit muss Sinn stiften, Freude und Spaß machen – das wollen die jüngeren Zahnärzte. Isolde M. Th. Kohl
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