Händehygiene – unverzichtbar bei guter Pflege ?! Pflegemesse Leipzig / homecare Leipzig 2009 Cornelia Seidel Städtisches Klinikum Görlitz gGmbH Einleitung Hände stellen – lt. aktuellem Stand der Wissenschaft – das größte Übertragungsrisiko von Krankheitserregern dar Nosokomiale Infektionen in Zahlen: • 500.000 bis 800.000 Infektionen pro Jahr in Deutschland • dabei etwa 40.000 Sterbefälle • Übertragung der Infektionen in 80% der Fälle über die Hände Hände = Gefahrenquelle Nr.1 für nosokomiale Infektionen Einleitung Hände als Keimüberträger Hände des medizinischen Personals sind in der pflegerischen Versorgung die wichtigsten Instrumente Hände sind häufig Krankheitsüberträger von krank machenden Mikroorganismen und somit hauptverantwortlich für die Infektionsübertragung Risiko einer Infektion besteht sowohl für die Patienten als auch für das medizinische Personal selbst Hände- Desinfektion = Risiko- Minimierung ! Hände als Keimüberträger Transiente bzw. physiologische Kontaminations- Flora flora Infektionsflora Hautbesiedlung natürliche Kolonisation Kontamination der der Haut Haut mit Keimen Infektion der Haut Bedeutung Infektionsgefahr nur intraoperativ oder für stark Abwehrgeschwächte Gefahr der Übertragung nosokomialer Infektionserreger massive Besiedelung mit pathogenen Keimen, werden nur durch chirurgische Händedesinfektion beeinflusst sollen durch die hygienische Händedesinfektion abgetötet bzw. reduziert werden können durch die hygienische Händedesinfektion nicht ausreichend reduziert werden Wirkung der Händedesinfektion © Residente Hygiene-Schulung im Gesundheitswesen, 2003 Gefahr der Übertragung Folie 4.1 Voraussetzungen für effektive HD Intakte gepflegte Haut Kurze, fingerkuppenbündig- rund geschnittene Nägel Unlackierte Fingernägel Kein Schmuck an Händen und Unterarmen So bitte nicht ! So bitte nicht ! … aber Ihre Füße sind Ihre … ☺ Compliance der Händedesinfektion Akzeptanz der Hände- Hygiene trotz gesetzlicher u.a. Regelungen sowie des Nachweises in zahlreichen Studien noch immer unzureichend Compliance nur zwischen 30 und 60 % ! Werden die Hände desinfiziert, ist die Ausführung häufig unzureichend oder gar falsch Gründe für „Verweigerung“ der Hände- Desinfektion: • • • • 61 % 42 % 35 % 22 % eigene Bequemlichkeit bzw. Vergesslichkeit Unkenntnis, mangelnde Schulung Zeitdruck bzw. Zeitmangel Hautprobleme und Allergien Compliance der Händedesinfektion Weitere Gründe: • Schlechte Vorbilder • Mangelnde Kontrolle • Schlechte Verfügbarkeit des Desinfektions- Mittels • Fehlende Konsequenzen bei Fehlverhalten • Fehlendes Problembewusstsein („Der Patient stirbt schon nicht, nur weil ich mir die Hände mal nicht desinfiziert habe“) Compliance der Händedesinfektion Wie kann die Anwendungsrate in der Händedesinfektion verbessert werden? 1. Ziel der Händedesinfektion muss klar sein 2. Definition von Indikationen für die Händedesinfektion 3. Methoden der fachgerechten Durchführung der Händedesinfektion müssen bekannt sein 4. Auswirkungen der Händedesinfektion auf der Haut müssen bekannt sein 5. Durchführung der Desinfektion muss sowohl geübt als auch kontrolliert werden Ziel der Hände- Desinfektion (1) Schnellstmögliche Abtötung vieler verschiedener Krankheitserreger (transiente Flora) Hauteigene (residente Bakterienflora) wird nicht beeinträchtigt Fast alle handelsüblichen Präparate enthalten daher Alkohole – entweder als alleinige alkoholische Basis oder in verschied. Kombinationen & Konzentrationen Alkoholbasierende Händedesinfektionsmittel sind hoch effizient und schnell wirksam gegen ein breites Spektrum an Mikroorganismen und daher von der WHO empfohlen Ziel der Hände- Desinfektion (2) Bekämpft werden: • • • • Bakterien (inkl. MRSA) Viren Pilze Hefen Keine Wirkung jedoch gegen Bakterien- Sporen wie z.B. Clostridium difficile Nur bei der Bekämpfung von Bakterien- Sporen empfiehlt das RKI ein gründliches Händewaschen nach der Hände- Desinfektion Sonderfall Viren: Wirksamkeit individuell prüfen! (z.B. bei Noroviren) Indikationen der Händedesinfektion 1) VOR Patientenkontakt 2) VOR einer aseptischen Tätigkeit 3) NACH Kontakt mit potentiell infektiösen Materialien 4) NACH Patientenkontakt 5) NACH Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung Indikationen der Händedesinfektion 1) VOR Patientenkontakt Die Händedesinfektion erfolgt, bevor der Mitarbeiter den Patienten direkt berührt. Zum Beispiel: • • • • Vitalfunktionen messen Auskultieren Palpieren Vor dem Anlegen der Handschuhe Indikationen der Händedesinfektion 2) VOR aseptischen Tätigkeiten Die Händedesinfektion erfolgt unmittelbar vor einer aseptischen Handlung. Zum Beispiel: • Kontakt mit invasiven Devices (z.B. Katheter, Vorbereitung i.v.- Medikation, Injektionen) • Kontakt mit nicht intakter Haut (Verbände etc.) • Schleimhautkontakt (Augentropfen, Mundpflege, Absaugen) Indikationen der Händedesinfektion 3) NACH Kontakt mit potentiell infektiösen Materialien Die Händedesinfektion erfolgt unmittelbar nach Kontakt zu potentiell infektiösem Material. Zum Beispiel: • Schleimhautkontakt (Mundpflege, Absaugen) • Kontakt mit nicht intakter Haut (Verbände) • Kontakt mit invasiven Devices (Blutentnahme über Katheter, Wechsel von Sekretbeuteln, Absaugen etc.) • Kontakt mit Blut, Urin, Stuhl, Erbrochenem etc. Indikationen der Händedesinfektion 4) NACH Patientenkontakt Die Händedesinfektion Patientenkontakt erfolgt nach Zum Beispiel: • Waschen • Klinische Tätigkeiten wie Puls- / Blutdruckmessen, Auskultieren, Palpieren • Nach dem Ausziehen der Handschuhe Indikationen der Händedesinfektion 5) NACH Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung Die Händedesinfektion erfolgt nach Verlassen der unmittelbaren Patientenumgebung, ohne direkten Kontakt zum Patienten gehabt zu haben Zum Beispiel: • Direkter Kontakt mit Bett, Infusiomaten, Monitoren am Bettplatz, Ernährungspumpen, Beatmungsgerät etc. • Persönliche Gegenstände des Patienten Durchführung der Händedesinfektion nur zugelassenes alkoholisches Desinfektionsmittel verwenden Desinfektionsmittel immer in die trockenen Hände einreiben eine ausreichend große Menge in die hohle Hand geben vorgeschriebene Einwirkzeit beachten (30 Sekunden) Benetzungslücken vermeiden Durchführung der Händedesinfektion 1 Handfläche auf Handfläche 4 mit verschränkten Fingern 2 5 Handfläche auf Handrücken Daumen 3 6 mit gespreizten Fingern Finger auf Handfläche Auswirkungen der Händedesinfektion auf der Haut (1) Daumen eines Mitarbeiters vor Händedesinfektion ca. 500 KBE nach Händedesinfektion 0 KBE Auswirkungen der Händedesinfektion auf der Haut (2) Daumen eines Mitarbeiters vor Händedesinfektion ca. 98 KBE nach Händedesinfektion ca. 3 KBE Auswirkungen der Händedesinfektion auf der Haut (3) „Blue- Box“ – Desinfektionsergebnis unter UV- Licht Auswirkungen der Händedesinfektion auf der Haut (4) „Blue- Box“ – Desinfektionsergebnis unter UV- Licht Auswirkungen der Händedesinfektion auf der Haut (5) „Blue- Box“ – Desinfektionsergebnis unter UV- Licht Wirksamkeit des Händewaschens Hände waschen lässt die Erreger kalt! Auch wenn es gewohnheitsmäßig näher liegt und dem natürlichen Bedürfnis nach Sauberkeit entspricht: • Seifen entfernen zwar den Schmutz, sind jedoch bei der Inaktivierung von pathogenen Keimen nicht zuverlässig und schnell genug! • Krankheitserreger werden beim Waschen nicht vollständig entfernt, aber verteilt ! • Hygienische Hände- Desinfektion ist im Regelfall schneller als gründliches Hände waschen! Wirksamkeit des Händewaschens Händereinigung ist notwendig: • vor Arbeitsbeginn und am Arbeitsende • vor Umgang mit Lebensmitteln • vor der Nahrungsaufnahme • wenn Hände verschmutzt, klebrig oder verschwitzt sind Durchführung der Händereinigung: • wenn nötig, nach der Händedesinfektion • auf das unbedingt notwendige Maß beschränken • hautschonend waschen • pH- verträgliche Waschlotion verwenden • Reste der Waschlotion gut abspülen • Hände sehr gut abtrocknen und Quelle: Bode Chemie Hamburg eincremen © Hygiene-Schulung im Gesundheitswesen, 2003 Einsatz von Schutzhandschuhen Schutzhandschuhe sind unbedingt zu verwenden bei: • • • • • • Pflege inkontinenter Patienten Tracheostomapflege Blutentnahmen Injektionen Entfernen von Drainagen, Verbänden u.ä. Waschen von Patienten mit MRSA Beachte: Vor dem Anlegen der Handschuhe Hände- Desinfektion! Nach dem Ablegen der Handschuhe Hände- Desinfektion! Einsatz von Schutzhandschuhen 1. Wann Handschuhe getragen werden: • • bei allen kontaminationsträchtigen Arbeiten im Umgang mit therapeutischen Lösungen und Cremes • bei Feucht- & Nassarbeiten • im Umgang mit Lösungsmitteln oder allergisierenden Stoffen (Haushaltshandschuhe) 2. Wie Handschuhe richtig getragen werden: • • • © Hygiene-Schulung im Gesundheitswesen, 2003 nur kurz und gezielt tragen, ggf. wechseln nach Ablegen der Handschuhe: hygienische Händedesinfektion durchführen nach Möglichkeit Feucht- u. Trockenarbeit abwechseln Einsatz von Schutzhandschuhen Ist die Desinfektion von Schutzhandschuhen möglich? Laut RKI ist die Desinfektion möglich: • • • • wenn die Desinfizierbarkeit der Einmalhandschuhe nachgewiesen ist (Hersteller- Angaben beachten!) wenn keine Perforationen aufgetreten und auch nicht wahrscheinlich sind wenn keine Kontamination mit Blut oder Sekreten vorliegt wenn keine erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Kontamination mit Viren oder multiresistenten Erregern vorliegt Keine Empfehlung zur Desinfektion von Handschuhen ! Hautschutz / Hautpflege Nur eine intakte Haut lässt sich gut desinfizieren ! Chronisch- irritative Dermatitis aufgrund häufiger Händewaschung in den Wintermonaten Hautschutz / Hautpflege Hände sind besonders regenerationsbedürftig Anwendung geeigneter Cremes daher nicht allein auf Morgens und Abends beschränken: • • wichtig z.B. auch in Pausen und nach Arbeitsende Nach Belastungen in der Freizeit und im Haushalt Wahl des geeigneten Produktes: • • • Je höher die Hautbelastung & je trockener die Haut, desto höher der Bedarf an Fettzufuhr Sollen die Hände während der Arbeit griffig bleiben empfiehlt sich leichte Oel- Wasser- Emulsion Nach Arbeitsende, bei längeren Pausen, bei trockener und strapazierter Haut Anwendung Wasser- Oel- Emulsion Hautschutz / Hautpflege Hände richtig eincremen: 1. Creme auf den Handrücken auftragen 2. Handrücken gegeneinander reiben 3. Creme gründlich in Finger, Fingerzwischenräume, Fingerkuppen und Nagelfalze einreiben Fazit Damit Ihre Hände eine sichere Pflege leisten können: Händedesinfektion – unverzichtbar bei guter Pflege ?! Unverzichtbar ! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
© Copyright 2025 ExpyDoc