4R7775E 8. Jahrg., Heft 9 , September 1967 Physikalische Medizin und Rehabilitation Aus dem Inhalt Ein Gehirn hungert bei cerebraler Insuffizienz Nebenwirkungen der verschiedenen Methoden zur Vorbeugung einer Befruchtung oder Schwangerschaft Harmsen Vergiftungen durch Arzneimittel bei Kindern Frick Helfergiri beseitigt das Energiedefizit des hungernden Gehirns. HELFENBERG AG 4049 WEVELINGHOVEN (RHLD) Inhaltsverzeichnis Vorankündigungen . . . . Bewährte Therapeutika . . . Harmsen: Nebenwirkungen der verschiedenen Methoden zur Vorbeugung einer Befruchtung oder Schwangerschaft . . . Frick: Vergiftungen durch Arzneimitteln bei Kindern . . . Schoeler: Grundlagen der Umstimmungstherapie Weiß: Arzneimitfelnebenwirkungen bei Phytotherapeutika Bahnemann: Haltungsschäden bei Jugendlichen und ihre Beeinflussung mit apparativer Hilfe, bes. mit dem Schwebeläufer Schliephake: Kurzwellentherapie in der Praxis Schäfer: Zur Rehabilitation des Lumbagikers in der Praxis . . Rezept des Monats . . . . Anfragen aus dem Leserkreis . Aus dem Verbandsleben . Buchbesprechungen . . . . Referate II IV 199 202 205 208 210 213 216 219 219 .219 220 221 Medizinisch-Literarischer Verlag 311 Uelzen Postfach 120/140, Tel. 0581/2357 Uelzen 4R7775E Phys.Med.u.Reh. Duoventrin®- MAGENPULVER Hyperacide gastro-duodenale Erkrankungen. Funktionelle, nervöse Magenbeschwerden. Jahrzehnte bewährt. 50, 100, 500 g IN E9 HEIDELBERG 1 Vorankündigungen Der 34. Kongreß des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren e. V. wird vom 16. bis 23. März 1968 in Freudenstadt durchgeführt. Auskunft über die Tagung erteilt: Deutsche Medizinische Arbeitsgemeinschaft für Herdforschung und Herdbekämpfung (DAH) e.V., Sekretariat: 6000 Frankfurt/Main-NO 14, Hallgartenstraße 73. Wissenschaftliches Programm Freitag, den 6. Oktober 1967 NIERENKRANKHEITEN UND HERDGESCHEHEN Themen: („Die Niere als Herd"; „Herdbeeinflußte Erkrankungen der Niere") Sonnabend, den 16. März: Prophylaxe eines gesun9.00 Uhr s. t. Badehotel den Alters Tagungsleitung und Vorsitz: Sonntag, den 17. März: Prophylaxe eines gesunF. R a u s c h , Frankfurt/Main den Alters Vortragende: Praktischer Arzt Montag, den 18. März: F. R a u s c h , Frankfurt/Main und Werksarzt Begrüßung und Einleitung Das Bronchitische Dienstag, den 19. März: T. Fuchs, Mannheim: Syndrom Zur Pathogenese und Therapie der Pyelonephritis Mittwoch, den 20. März: Grundlagenvorträge der T. Fuchs, Mannheim: Arbeitsgemeinschaften Film-Einführung „Die Pyelonephritis" Anschließend Film der Firma C. F. Boehringer & Donnerstag, den 21. März: übungs- und Schonungsprinzip in der Söhne, GmbH., Mannheim: „Die Pyelonephritis" Krankengymnastik Pause: 30 Minuten Freitag, den 22. März: Krebs und R. B r e h m , Wien: Praktischer Arzt Die Pyelonephritis während der Gravidität R. H a s c h e - K l ü n d e r , Gehrden/Hannover: Sonnabend, den 23. März: Verkehrsmedizin Harn- und Geschlechtsorgane a)s Träger krankheitsbeeinflussender bzw. krankheitsverursachender Vom 2. November 1967 bis 4. November 1967 findet in der Herde W e s e r b e r g l a n d - K l i n i k der 16. Fortbildungskurs für Diskussion physikalische Medizin statt. Allgemeinärztliche Aspekte Hauptthemen: Diagnostik und Therapie der Rückenschmerzen der H e r d k r a n k h e i t e n capillar-venöse Durchblutungsstörungen 15.00 Uhrs.t. Badehotel Auskunft und Programm: Sekretariat Priv.-Dozent Dr. WiedeVorsitz: G. W. P a r a d e , Neustadt mann, Ärztl. Direktor und Chefarzt, 347 Höxter, WeserbergH. G r o s s , Bavendorf über Ravensburg: land-Klinik • Fernruf: Höxter 435 Kieferherde im Röntgenbild G. B i m m ey e r . Erlangen: 7. und 8. Oktober 1967 in Sfutfgart-ßad Cannstaft, Kursaat, Das Lesen des Röntgenbildes der NasenXIII. Jahrestagung über die zytoplasmatische Therapie und Nebenhöhlen die Desensibilisierungsbehandlung mit Modifikationen der A. W i i t s c h k o , Baden bei Wien: Eigenbluttherapie. Das Lesen des zahnärztlichen und des Leitung: Dr. K. THEURER, 7000 Stuttgart, Frauenkopfstraße49. rhinologischen Röntgenbildes Pause: 30 Minuten PROGRAMM über die 17. Tagung der DEUTSCHEN MEDIFreie Vorträge: ZINISCHEN ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜRHERDFORSCHUNG W. P f e i f f e r , Gauting: UND HERDBEKÄMPFUNG (DAH) in Bad Wildungen, 5. bis Was hört und liest man in der medizinischen Fach7. Oktober 1967, Badehotel. presse über das Thema Herd bzw. Herderkrankung KAUSALTHERAPEUTICUM Dr. Loges & Co., Arzneimittel, Hamburg Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. veget. Dystonie Schlaflosigkeit nervöse Spannungen Tropfen 20 co Tabl. 40 St. F. J a f f k e , Hamburg: Beobachtungen und Gedanken eines praktischen Zahnarztes zur Herderkrankung H. N e n n i n g e r , Büdingen: Theorie und Klinik der odontogenen Herderkrankung Diskussion Samstag, den 7. Oktober 1967 9.00 Uhr s. t. Badehotel Vorsitz: V. H a r f h , Bamberg Vortragende: R. M a r k , Münster: Herderkrankung und vegetative Allgemeinreaktionen G. W. P o r a d e , Neustadt; Tetanie und Herderkrankung? G. K i l b , Frankfurt/Main: Der Kopfschmerz und seine Differentialdiagnose unter Berücksichtigung herdbedingter Krankheiten Pause: 30 Minuten F. M e y t h a l e r , Erlangen: Augenkrankheiten und Herderkrankung H. W u n d r a k , Baden bei Wien: Erfahrungen und Erkenntnisse nach einjähriger Arbeit am Institut für Balneologie, Rheumatologie und Fokalgeschehen der Kurstadt Baden bei Wien Diskussion 15.00 Uhr s. t. Badehotel Tischdemonstrationen bis 17.30 Uhr G. B r ü c k l e , Köln-Lindenthal: Kapillarmikroskopie G. G l a s e r , Bad Pyrmont: Ergänzung einer systematischen Herddiagnostik mit Hilfe des Elektrohauttestes C. und V. H a r t h , Bamberg: Vor- und Nachbehandlung mit Autovakzine K. T h i e l e m a n n , Frankfurt/Main: Die diagnostischen Handgriffe R. V o l l , Plochingen: Elektroakupunktur-Diagnostik mit dem KUF-Diatherapunkteur-Gerät H. W o i k e w i t z , Kronberg: Herddiagnostik mit Focuspot gegen das Altern GERIATRICUM-SCHWARZHAUPT Orale Proca in-Therapie durch sinnvolle Katalysator-Haemato porphyrinKombination Bei allgemeiner Erschöpfung, Ermattung, Depression, Konzentrations- und Gedächtnisschwäche, Altersbeschwerden, Altersdemenz, Arteriosklerose, Arthritis 1 x täglich 7 Kapsel K. H. 3, mindestens 3-5 Monate Bestverträglich ohne Nebenerscheinungen Im Rahmen der Aufgabenstellung der Arbeitsgemeinschaft der Ärzte für Physikalische Medizin veranstalten Wochenendfortbildungskurse mit praktischen Übungen: 30 Kapseln K. H. 3 10,05 DM 1. Chefarzt Dr. med. habil. S. KOPPEN mit Dr. EIGEL im Stadtkrankenhaus Wolfsburg. 150 Kapseln K. H. 3 42,15 Thema: Fragen der Hydrotherapie (KOPPEN) Kurzwelle, Mikro-Dezimeterwelle, Ultraschall Nidit allgeme n kassenubl ch (EIGEL) Freitag, 30. 6. 1967, 14.30 bis 17 Uhr; Sonnabend, 1. 7. Bestellschein Schrifttum und kostenloses Versuchsmuster K. H 3 erbeten 1967, vor- und nachmittags (Ende gegen 17 Uhr). Anmeldung an Dr. EIGEL, Stadtkrankenhaus Wolfsburg. Gebühr 20 DM. 2. Prof. Dr. med. SCHULER mit Oberarzt Dr. PETER, Rheumaklinik Landesbad Aachen, Burscheider Markt 24. Persönliche Unterschrift und Stempel des Arztes PMR Thema: a) Hochfrequenztherapie in der arztlichen Praxis b) und c) Massage in der ärztlichen Praxis Physik Med u Rehab / 8 Jahrg. -LIQUID. c. Rutin Rein phytologisches Cardiotonicum für die k l e i n e Herztherapie Crataegus-Kombinationstherapie des Altersherzens 30 ml DM 3,10 rn. U. Kurs a) am 3. 6. 1967, 9.15 bis gegen 17 Uhr. Spezialkurse in der manuellen Lymphdrainage b) am 11. 11. 1967, c) am 18. 11. 1967, jeweils BeIm Anschluß an die Tagung des Zentralverbandes der Ärzte ginn 9.15 Uhr, Ende gegen 17 Uhr. für Naturheilverfahren vom 16. bis 23. September 1967 in Anmeldungen an Dr. PETER, Rheumaklinik. Gebühr 20 DM. Freudenstadt halten Dr. VODDER und Frau 3. Frau Dr. med. Hede TEIRICH-LEUBE, Krankengymnastikvom 23. bis 27. September Spezialkurse schule Frei bürg, Hauptstraße 5. in der manuellen Lymphdrainage Thema: Bindegewerbstastbefund als diagnostische Hilfe ab. in der Sprechstunde. Kurs am 30. 9. 1967, Beginn 9.30 Uhr, Ende gegen 17 Uhr. Programm : Anmeldung an Frau Dr. TEIRICH-LEUBE. Samstag, den 23. 9., 14.00-18.00 Uhr: Einführungslehrgang in Unterkunftswünsche an Reisebüro Freiburg. die Theorie und Praxis der Lymphdrainage für Mitzubringen sind: Sporthose, Bandmaß. Gebühr 20 DM. Ärzte, Physiotherapeuten, Krankengymnastinnen u. a. 4. Prof. Dr. med. W. KOHLRAUSCH, Freudenstadt, Sanato„Drüsenketten-Entleerung", Übungen. rium Hohenfreudenstadt. Sonntag, den 24. 9., 9.00-14.00 Uhr: Lymphdrainage-BehandWochenkurs vom 19. bis 24. Juni 1967. lung von Kopf, Hals und Nacken. Thema: Feine diagnostische und therapeutische PalpaMontag, den 25. 9., 9.00-12.00 Uhr und 15.00-18.00 Uhr: tionstechnik in Muskulatur und Bindegewebe mit Rücken-, Brust- und Armbehandlung. praktischer Massage. Dienstag, den 26. 9., 9.00-12.00 Uhr und 15.00-18.00 Uhr: Kursbeginn: Montag, 19. 6., 9 Uhr, im Schierenberghaus, Bein- und Lendenbehandlung. Farbfilmvorführung. Lauterbadstraße. Mittwoch, den 27. 9., 9.00-12.00 Uhr und 15.00-18.00 Uhr: Anmeldung an KOHLRAUSCH. Gebühr 100 DM. Abdominalbehandlung. Wiederholung und DiplomUm die Vermittlung der praktischen Kenntnisse zu ermögaushändigung. lichen, ist bei allen Kursen die Teilnehmerzahl beschränkt. Kursgebühr: 300,— DM einschließlich Instruktionsmappe mit allen Unterlagen. Anmeldung an Dr. med. Hans HAFERKAMP, 65 Mainz, AdamKarrillon-Straße 13. Tel.: 06131/63963. Bewährte Therapeutika Vom 12. bis 16. Oktober 1967 findet in Wiesbaden und in Schlangenbad der 4. Internationale Lebensschutz-Kongreß statt. Veranstalter ist der Bund für Lebensschutz (internationale Organisation zur Erhaltung der Lebensgrundlagen für Menschen, Tiere und Pflanzen) in Gemeinschaft mit den Deutschen Lebensschutz-Verbänden e.V. T a g u n g s l e i t u n g : Dr. H. BRUNS, Institut für Biologie und Lebensschutz, 6228 Schlangenbad-Georgenborn, Schloßpark Hohenbuchau. TROPODERM® Hauttherapeutikum Hersteller: Troponwerke, Köln-Mülheim. Zusammensetzung: 1 g Creme enthält 1 mg Buphenin Hydrochlorid, 1 mg Diphenylpyralin Hydrochlorid, 5 mg Hydrocortison, ~ 5 mg Neomycinsulfat (entspr. 3 mg Neomycin-B-Base) in öl-in-Wasser-Emulsion. Indikationen: Juckreiz, allergische, nässende, entzündliche und infizierte Dermatosen. Hämorrhoidalleiden einschließlich der Begleiterscheinungen. Dosierung: Mehrmals täglich auftragen. Handelsform: Tube mit 15 g. Erwärmungsgerät Fango-Paraffin zur Aufbereitung, Desinfektion und ständigen Bereithaltung von Packungsmassen, vornehmlich von FANGO-PARAFFIN .Burgthal". Das Gerät ist stabil und wartungsfrei; wirtschaftlich in Anschaffung und Stromverbrauch; der funkstörungsfreie Thermostat reguliert zuverlässig die Temperatur. Praxisgerechtes Fassungsvermögen. zur lokalen öberwärmungstherapie in Kfinik und Praxis bewährt, überaus plastisch und von optimaler Wärmehaltung. Nach jeweiliger Thermo-Desinfektion auch bei verschiedenen Patienten wiederholt verwendbar, daher sehr wirtschaftlich. fango paraffin Bernd Conzen • Pharmazeutisch« GmbH u. Co. KG. • 4 DOsMMorf-Relsholz IV Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. GELU ins . . . dadurch beschleunigter Abbau der Stoffwechselprodukte, S e n k u n g des Cholesterlnspiegels, echte Gewebsregeneration. Äußerlich: rasches Abklingen von Infektionen. T i e f e n w i r k u n g bei Entzündungen. Literatur und Muster gern durch Dr. Elten & Sohn, 3253 Hessisch Oldendorf Neoplex® - B Hypotono-dynat® Hersteller: Dr. Madaus & Co., Köln a. Rh. Zusammensetzung: 1 Tablette enthält: Tanninum albuminatum 0,100 g, Extractum Liquiritiae depuratum de glyoyrrhizino 0,198 g, Magnesium trisilicicum 0,198 g, oxyaethylierte Cocosfettalkohole 8 ÄO 0,002 g, I-Hyoscyaminum 0,1 mg. Indikationen: Ulcus ventriculi et duodeni, Gastritis, Duodenitis, Gastraigien, Superctzidität, erhöhte Motilität bei vegetativer Dystonie; insbesondere dann, wenn Svperazidität, Magenkrämpfe bzw. starke Magenschmerzen vorherrschen. Dosierung: Im allgemeinen: 3mal täglich 1-2 Tabletten Neoplex - B. Bei heftigen Schmerzen und starker Übersäuerung: afle 3 Stunden T Tablette Neopfex-B bis zum Erfolg. In schweren Fällen bzw. bei Rezidivneigung hat es sich bewährt, im Anschluß an Neoplex-B über längere Zeit kurmäßig Neoplex anzuwenden. Handelspackungen: O. P. mit 30 Tabletten 3,40 DM o. U. It. AT., O. P. mit 60 Tabletten 6,20 DM o. U. It. AT., O. P. mit 150 Tabletten 15,- DM o. U. It AT. Hersteller: Rhenomed-Arzneimittel, 415 Krefeld. Zusammensetzung: 1 Dragee bzw. 10 Tropfen = Ephedrin. hydrochl. 0,01 g, Coffein. natr. sal. 0,05 g, Arnica A2 0,01 gr Cocculus D4 0,01 g. Indikation: H y p o t o n i e , Kreislaufschwäche bei konstitutioneller und sekundärer Hypotonie wie Zustände nach Infektionskrankheiten, in der Rekonvaleszenz, Kollapszustände und durch niedrigen Blutdruck hervorgerufene Schwindelerscheinungen, Mattigkeit, Antriebsschwäche, Föhnkrankheit. CARDISETTEN®-Dragees Hersteller: Georg A. Brenner, Arzneimittelfabrik GmbH, Alpirsbach/Schwarzwald. Zusammensetzung: Extr. Leonuri card. 12 mg, Extr. Crataegi oxyac. 15 mg, Extr. Cacti grandifl. 10 mg, Extr. Valerianae off. 10 mg, Extr. Ammi visnag. 10 mg, Cinnamom. camphor. 3 mg. Indikation: Neuro-vegetativ bedingte Regulationsstörungen, Herzbeschwerden nach Infektionskrankheiten, Hyperthyreosen, sportliches Fehltraining, Roemheld-Syndrom, cardial bedingte Schlaflosigkeit, paroxysmale Tachykardie, klimakt. Herzbeschwerden, Wetterfühligkeit, Altersherz. Dosierung: 2-3mal tgl. 1-2 Dragees vor dem Essen. Handelsformen und Preis: 60 Dragees 2,40 DM fr. AT. o. U. 120 Dragees 4,30 DM It. AT. o. U. 240 Dragees 7,70 DM lt. AT. o. U. DURA/t/ VJ Physik. Med u Rehab. / 8 Jahrg. Preis: 60 Dragees A,~ DM lt. AT. o. U., 20 ml Tropfen 4 , - DM lt. AT. o. U. Tissula-Solocuran-Bad Hersteller: HEFA G. m. b. H., Chem.-pharm. Fabrik, Werne a. d. Lippe; FRENON Arzneimittel GMBH, Werne a. d. Lippe. Zusammensetzung: 1 Tissula-Solocuran-Bad enthält die Wirkstoffe von 20 g Total-Human-Placenta nach Filatow/ Cordaro + 5 g Solocuran-Tropfen: Tinct.: Sabal serrul., Aesc. hippocast., Ammi visnag. ää 100 mg, Arnic. 50 mg, Polyg. hydrop. 20 mg, Ranunc. ficar. 20 mg, Cucurbit. 20 mg, Calendul. 20 mg, Ambrae gris. 10 mg, Meliloti 10 mg; Nux vomica D4 0,125 mg, Rutin, trimethylolum 50 mg, Pyridin-ß-carbonsäureamid 7,5 mg, Calc. pantothenic. 3 mg, Vitamin Bj 20 mg, Vitamin B2 3,3 mg, Vitamin B<s 3,3 mg, Vitamin BJ2 1,65 y, Acid. orotic. 3,15 mg. Indikation: Venöse Stauungen aller Art im Bereich der Beine und des Mastdarms, besonders auch bei Graviden; Varicosis, Ulcus et Ekzema cruris; Thrombophlebitis; Bandscheiben-Degenerationen, Rückenschmerzen ohne erkennbare Ursache; periphere Durchblutungsstörungen. Dosierung: Der Inhalt 1 Kissens reicht aus für 1 Vollbad. Für Teilbäder ist ein Dritte] des Inhalts ausreichend. Empfohlen wird tgl. 1 Vollbad, später 2-4 Bäder wöchentl. Preis: O. P. 6 Kissen ä 15 g 10,70 DM o. U. Klinikpackung. »Für die Solbäder-Therapie« Anfragen: DÜRAsof-Diensf, 6927Bad Rappenau/Safine Physikalische Medizin und Rehabilitation Schriftleitung: H. Haferkamp Wissenschaftlicher Beirat: H. Anemüller (Prien) - K. Franke (Bad Lauterberg) - P. Frick (Mainz) - S. Gräff f (Burgberg/Schw.) - H. G. Güttner (Dresden) - H. Harmsen (Hamburg) A. Hoff (Bad Wörishofen) - R. G. Heyer (Nußdorf/lnn) - M. Hochrein (Ludwigshafen/Rh.) - F. Huneke t (Düsseldorf) - K. Kötschau (Schloßberg) - H. Krauss (Berlin-Buch) — W. Küstner (Magdeburg) — H. Lampert (Bad Homburg) — E.Meyer (Seeshaupt)-H. Mommsen (Frankfurt/M.) —W. v. Nathusius (Hirzenhain/Oberhessen) - P. Neuhäusser (München) - G . W . Parade (Neustadt/Weinstraße) - H. P. Rusch (Frankfurt/M.) - H. Seyfarth (Rostock) - H. Storck (Endbach) - E. G. Schenck (Aachen) - R. Schmeicher (Karlsruhe] - H. Schoeler (Karlsruhe) - H. Tiegel (Hallbergmoos) - R. Voll (Plochingen) - H. F, Voss (Heidenheim/Brenz) H. Warning (Frankfurt/M.) - R. F. Weiss /Marsteften-Aitrach) - F. Wittenbeck (Mannheim) - Graf Wittgenstein (München) - W. Zabel (Berchtesgaden) 8. Jahrgang Heft 9 September 1967 Nebenwirkungen der verschiedenen Methoden zur Vorbeugung einer Befruchtung oder Schwangerschaft Von Prof. Dr. med. Dr. phil. H. H a r m s e n , Hamburg Der W i l l e z u r F a m i l i e n p l a n u n g hat sich in Europa weithin durchgesetzt - u n t e r s c h i e d l i c h sind noch die Wege zur Erreichung der Anpassung der Familiengrößen an die veränderten sozialen Existenzbedingungen und werden es bleiben. Wenn wir auch nicht so weit gehen wollen wie ein Pfarrer, der die „Pille" am Erntedankfest als besonders dankerheischende Gabe neben anderen „Errungenschaften der Technik" auf dem Aitar zur Schau stellte - so kommt der M ö g l i c h k e i t der o r a l e n - h o r m o n a i e n O v u l a t i o n s h e m m u n g schon eine besondere Bedeutung zu — nichr nur als Iherap e u t i k u m oder derzeit s i c h e r s t e n M i t t e l zur Bef r u c h t u n g s v o r b e u g u n g , sondern auch zur Beseitigung einer hormonalbedingten Unfruchtbarkeit. Dann wird aus der Antibaby-Piile die W u n s c h k i n d p i J l e . Es gibt keine „ideale" Methode der Steuerung der menschlichen Fruchtbarkeit. Jeder Eingriff in den „natürlichen" Ablauf des Lebens - auch die Hygiene und Gesundheitsvorsorge stellen solche Eingriffe dar— hat neben der individuellen S e i t e zugleich g e n e r a t i v e A u s w i r k u n g e n und andere „Nebenwirkungen". Samenerguß erfolgen. Durch s p e r m a a b t ö t e n d e Z u s ä t z e kann die Wirkung dieser Ausspülungen erhöht werden. Stärker wirksame Des i n f e k r i onsm i t r e l sind zur „intimen Toilette" aber gefährlich und nicht selten Ursache späterer Sterilität. Die Benutzung einer „Frauendusche" kann durch das mögliche Aufsteigen der unter beachtlichem Druck stehenden Spülfiüssigkeit über die Gebärmutier in die Eileiter und Bauchhöhle zu ernsten Komplikationen führen, überraschend hoch erscheint die Versagerquote der sogenannten „ S i c h e r e n T a g e " . Die Bedeutung der Entdekkungen von KNAUS-OGJNO von 1929 lag vor allem in der Feststellung und Erforschung der Gesetzmäßigkeit der Menstruation in Abhängigkeit von der 15 Tage vorangegangenen Ovulation und damit der Möglichkeit zur Bestimmung des Zeitpunkte s eines Befruchtungsoptimums im A b - lauf des Menstruationszyklus. Der Irrtum, und dieser ist s c h w e r w i e g e n d , liegt darin, das KNAUS Ausnahmen von dieser Gesetzmäßigkeit für ausgeschlossen hielt. Infektionen, psychische Belastungen, ja auch schon Luftveränderungen können eine v o r z e i t i g e wie aber auch eine gegenüber dem normalen Termin v e r s p ä t e t e O v u l a t i o n bewirken. FRÄNKL hat einmal im Hinblick auf die Regel geDie G e w i c h t i g k e i t d e r i n d i v i d u e l l e n N e b e n w i r kungen muß im Zusammenhang mit der Versagerquote sagt, daß das einzig regelmäßige an ihr die Unregelmäßigkeit ist. Die stärksten Zyklusschwankungen finden sich bei der der verschiedenen Methoden der Empfängnis- bzw. Schwanjungen Frau. gerschaftsverhütung gesehen werden. Während des Krieges konnte Material über SchwangerschafVersagerquoien auf 100 Frauenjahre Anwendung: ten gesammelt werden, die im Anschluß an Kurzurlaube von {nach Chr. HETZE) 1- bis 2tägiger Dauer eintraten. Diese erbrachten eindeutig den Ausspülungen 40,8 Nachweis, daß j e d e r Tag des Menstruationszyklus als Emp„Sichere Tage" 38,5 fängnistag in Frage kommen kann. Neben einer durch Interruption 16,8 äußere Umstände erfolgenden Verspätung oder VorverleDiaphragma 14,4 gung der zyklischen Ovulation gibt es eine p r o v o z i e r t e Condom 13,8 bzw. v i o l e n t e O v u l a t i o n , die durch den G e Gräfenbergring 1,0-8,5 s c h l e c h t s v e r k e h r selbst ausgelöst werden kann, insbePlastikspirale 0,33 sondere dann, wenn er erstmals oder nach längerer Pause hormonale Ovulationshemmer 0 erstmals stattfindet. Zu den unsicheren Mitteln gehören die S c h e i d e n s p ü l u n Der K a l e n d e r - b z w . Basa I t e m p e r a t u r - M e t h o d e , g e n , die nur wirksam sind, wenn sie unmittelbar nach dem die langdauernde, sorgfältige schriftliche Aufzeichungen erfordert, kommt vor allem für die Sterilitätsbekämpfung durch *) Im Frühfahr T965 hafte der Zentralverhand in Freudenstadt ein Symposion zur Problematik der Geburtenregelung veranstaltet. Die Ausführungen von die Feststellung der optimalen Zeit der Empfängnisfähigkeit HARMSEN, KNAUS, v. RENTHE-FINK, REIMANN-HUNZIKER, KRAMER, Graf WITTGENSTEIN, AUER, KÖBERLE und OELZE sind in Band 15 der eine besondere Bedeutung zu. Bei länger bestehenden regelSchriftenreihe des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren mäßigen und eingespielten Beziehungen kann sie durchaus unter dem Titel „Empfängnisregelung" veröffentlicht. Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. 199 erfolgreich sein; sie versagt aber leicht in d e r j u n g e n Ehe und insbesondere bei e i n m a l i g e n B e z i e h u n g e n . Der v o m M a n n ausgeführte „ C o i t u s i n t e r r u p t u s " ist in Deutschland immer noch bei breiten Bevölkerungsschichten die häufigste Methode der Empfängnisvorbeugung. Er ist -konsequent ausgeführt — zweifellos wirksam — aber insbesondere f ü r d i e F r a u n a c h t e i l i g . Der vorzeitig unterbrochene Geschlechtsverkehr verhindert häufig den O r g a s m u s der Frau und führt bei ihr durch Störung des Aufflutens und Abebbens der genitalen Blutwelle zu psychischen und somatischen Beeinträchtigungen. Diese Form des Geschlechtsverkehrs ist die häufigste Ursache weiblicher Unterleibsbeschwerden sowie allgemein neurotischer Erscheinungen bis hin zu Abneigung, Geschlechfskrämpfen und Frigidität. Die Unsicherheit — vor allem bei vorangegangenen alkoholischen Einwirkungen - und die Möglichkeit des Abgangs spermienhaltigen Sekrets ante ejaculationem macht den coitus interruptus zum gefährlichen Schrittmacher des Abortes. Unter den v o m M a n n angewandten Methoden spielt neben dem coitus interruptus die B e n u t z u n g des C o n d o m s die wichtigste Rolle. Eine besondere Bedeutung liegt darin, daß der Condom guter Qualität außer seiner Aufgabe im Rahmen der Empfängnisvorbeugung gleichzeitig für den Mann das sicherste Schutzmittel vor einer schweren Infektion darstellt. Die F r a u wird ebenso wie beim coitus interruptus h o r m o n a l dadurch geschädigt, daß es infolge f e h l e n d e r S p e r m a r e s o r p t i o n zu einer ungedämpften Prolan-A-Wirkung kommt. Daß die Spermaresorption hormonal für die Frau z. B. bei Hypoplas/e der inneren Geschlechtsorgane entscheidend wichtig ist, wußte schon H1PPOKRATES! Die erhebliche Empfindlichkeit der männlichen Samenzellen gegen sonst harmlose, gut verträgliche saure Substanzen (Milchsäure, Borsäure, Oxychinolinsäure, Zitronensäure u. a.) ermöglicht eine relativ wirksame Empfängnisvorbeugung durch die Einführung c h e m i s c h e r V o r b e u g u n g s m i t t e l in die Scheide - sei es als schaumbildende Tabletten, Pasten, Gelees, Zäpfchen, Kugeln oder neuerdings auch als Spray. Bei zweckentsprechender Auswahl und gewissenhafter und sorgfältiger Anwendung können solche chemischen Mittel ebenso wirksam wie die mechanischen Mittel sein. Ihr Nachteil ist, daß sie ebenso wie der Condom in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Geschlechtsakt angewandt werden müssen. Die besondere Bedeutung aller v o n d e r F r a u a n g e w a n d t e n m e c h a n i s c h e n S c h u t z m i t t e l liegt darin, daß diese vom Geschlechtsakt z e i t l i c h u n a b h ä n g i g angewandt werden können und damit die Intimbeziehung nicht belasten. Das bereits 1838 von dem Berliner Frauenarzt WILDE empfohlene P o r t i o k a p p e npessa r muß zumindest vor der Menstruation herausgenommen und danach wieder durch einen Arzt eingesetzt werden, wenn die Frau das Herausnehmen und Einsetzen nicht selbst lernt. Länger liegende Kappenpessare können zu Druckstellen und Entzündungen sowie zu Sekretstauungen führen. Andererseits gewährt das richfig angepaßte heufe aus Gummi hergestellte Kappenpessar einen weitgehend zuverlässigen Abschluß der Vagina gegenüber dem Uterus. Das von dem Flensburger Arzt MENSINGA 1882 entwickelte S c h e i d e n o k l u s i v - P e s s a r (Diaphragma) erfordert gleichfalls eine gewissenhafte Anpassung durch den Arzt. Nach eingehender Unterweisung über den richtigen Gebrauch des Einsetzens, Herausnehmens und Reinigens kann die Frau aber dieses — das geschlechtliche Erlebnis weder beim Mann noch bei der Frau beeinträchtigende Vorbeugungsmittel — s e l b s t und z e i t l i c h u n a b h ä n g i g von der Intimbeziehung handhaben. 200 Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. Ernste Bedenken bestehen gegen alle in den Gebärmutterkanal bzw. Uterus hineinreichende S t i f t - u n d S p r e i z p e s s a r e — sowohl im Hinblick auf aufsteigende Infektionen wie auf die Aktivierung ruhender Adnex- und parametrischer Prozesse. GESENIUS (Berlin) stellte 1935 allein aus der deutschen Fachliteratur 445 Fälle von schwerer Schädigung und 41 Todesfälle infolge von Anwendung dieser sogenannten „Frauenschutzmittel" zusammen. In das folgende Verdikt durch die H i m m l e r - P o l i z e i v e r o r d n u n g wurde auch der sogenannte „Gräfenbergring" mit einbezogen, obwohl die r e i nen I n t r a u t e r i n p e s s a r e als Metallring, Silkwormring oder als Plastikrädchen (OTA) eine hohe Wirksamkeit haben und komplikationslos über Jahre liegenbleiben können. Ihre Einführung erforderte allerdings eine entsprechende Dilatation des Cervixkanals bis Hegar 8 bis 12. Das erneute Interesse an den Intrauterin-Pessaren als Mittel zur Steuerung der Fruchtbarkeit ist vor allem bestimmt durch die N i ch t p r a kt i ka bi I i tä t der meist in Westeuropa angewandten „klassischen" Methoden der Empfängnisregelung in E n t w i c k l u n g s l ä n d e r n , sowie durch die Möglichkeit, etwaige infektiöse Prozesse chemotherapeutisch oder mittels Antibiotika sicher zu beherrschen. Ein entscheidender Fortschritt auf dem Gebiet der I n t r a u t e r i n - P l a s t i k p e s s a r e war die Entwicklung streckbarer Plastikspiralen, die o h n e E r w e i t e r u n g des C e r v i c a l k a n a l s in verschiedenen Größen - entsprechend den anatomischen Gegebenheiten des Uterus — intracervical eingeführt werden können. Die meisten Anwender dieser vor allem in Entwicklungsländern zunehmend verbreiteten „IntrauterinContraceptive Divices" (IUCD) berichten über eine S c h w a n g e r s c h a f t s r a t e von nur 2,5 auf 100 Anwendungsjahre. Bei Intrauterinpessaren kam es früher schon sowohl bei der Verwendung von Silkworm wie bei Metall in einem beachtlichen Prozentsatz zu Ausstoßungen. Ebenso wurde auch eine erhebliche Zahl von entzündlichen, aufsteigenden infektiösen Prozessen beobachtet. Neuerdings wurden so gut wie keine entzündlichen Prozesse beobachtet - vorausgesetzt, daß bei der Auswahl der Patientinnen eine entsprechende Sorgfalt angewandt wurde. Das diesbezügliche Risiko ist heute offensichtlich geringer als in den 30er Jahren. U n e r w ü n s c h t e N e b e n e r s c h e i n u n g e n wie Blutungen, Schmerzen u. a. lassen bei längerem Liegenlassen im allgemeinen nach, sind jedoch in etwa 30 v. H. d e r A n w e n d u n g s f ä l l l e Anlaß zur späteren Entfernung des IUCD; unmittelbar nach der Einführung kann der Uterus mit Krämpfen reagieren, was bei Nulliparen häufiger der Fall ist als bei Frauen, die schon geboren haben. Außerdem muß die Patientin darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Spirale oder Schlinge ausgestoßen werden kann, was zur Zeit der Regelblutung besonders zu beachten ist. Die Fälle von u n b e m e r k t e r A u s s t o ß u n g liegen zwischen 5 und 10 v. H.! Ein Vorzug der lUCD's gegenüber den Ovulationshemmern liegt in deren N i c h t e i n g r e i f e n in das e n d o k r i n e S y s t e m ; sie beeinträchtigen auch nicht die Laktation, was in vielen Ländern für das überleben der Kinder von Bedeutung ist. Die bisher unverändert ablehnende Haltung der deutschen Gynäkologen gegen den IUCD ist durch die Behauptung mitbestimmt, daß diese Pessare als c h r o n i s c h e A b o r t i v a zu gelten hätten. Das ist nach neuer Überzeugung nicht der Fall und wissenschaftlich unhaltbar. B e g r i f f l i c h zu unterscheiden ist: A. die B e f r u c h t u n g : Das heißt die Vereinigung von Eiund Samenzelle. Die Samenzelle bestimmt außer dem Impuls zur weiteren Teilung der Eizelle auch den Geschlechtscharakter der möglichen Frucht. B. die E m p f ä n g n i s : Sobald nach 7 bis 9 Tagen die Einbettung der befruchteten Eizelle im Endometrium des Uterus erfolgt ist (Nidation). C. die S c h w a n g e r s c h a f t : die mit der hormonalen Wechselwirkung zwischen dem mütterlichen Organismus und dem nun als „Leibesfrucht" strafrechtlich geschützten Foatus beginnt. Daher sind zu unterscheiden: B e f r u c h t u n g s v e r h ü t u n g und S c h w a n g e r s c h a f t s v e r h ü t u n g . I. Möglichkeiten der Befruchtungsverhütung: a) Durch die h o r m o n a l e n O v u l a t i o n s h e m m e r wird die Entwicklung und Ausstoßung eines befruchtbaren Eies verhindert — zugleich wird die Entwicklung der glandulären Sekretionsphase gehemmt und damit eine Nidation unmöglich gemacht sowie - entsprechend der corpuslufeum-Phase die Viskosität des Cervixschleimes erhöht a(s zusätzliche Barriere für die Spermien. b) Die c h e m i s c h e n V e r h ü t u n g s m i t t e l bewirken die Abtötung der Spermien — es kann also zu keiner Befruchtung der bei der Ovulation freigewordenen Eizelle kommen. c) Die m e c h a n i s c h e n V e r h ü t u n g s m i t t e l (Condom, Portiokappen, Okulsivpessare) verhindern das Eindringen und Aufsteigen der Spermien durch die inneren weiblichen Organe. Sie verhindern somit auch die Befruchtung. II. Möglichkeiten der Schwangerschaftsverhütung a) Durch chemisch-hormonale Einwirkung auf die Entwicklung des Endometriums — zur Verhütung der Nidation. b) Durch mechanische Beschleunigung der Eiwanderung. Auf Grund neuerer Untersuchungen muß angenommen werden, daß der im Cavum uteri liegende Fremdkörper, der Gräfenbergring usw. die Plastikschleife, eine e r h ö h t e T u b e n p e r i s t a l t i k bewirkt, so daß die Tubenpassage eines etwa befruchteten Eies schon in ein bis zwei Tagen erfolgt und das selbst noch nicht genügend entwickelte Ei im Uterus auch noch keine für die E i n n i s t u n g vorbereitete Schleimhaut vorfindet. Für diese Annahme sprechen auch die 1965 durchgeführten Versuche an Menschenaffen und die Beobachtungen, daß es bei der Anwendung der IUCD wesentlich seltener zu Tubargraviditäten kommt als s t a t i s t i s c h zu erwarten wäre. - Unter Berücksichtigung der neueren Erkenntnisse über die Wirkungsweise müssen die IUCD als wirksames M i t t e l d e r S c h w a n g e r s c h a f t s v e r h ü t u n g angesehen werden. Im Hinblick auf die individuelle Sicherheit sind sie aber den hormonal wirksamen Ovulationshemmern eindeutig unterlegen. Bei einem Vergleich der verschiedenen Methoden der Befruchtungs- bzw. Schwangerschaftsverhütung haben die h o r m o n a l e n O v u l a t i o n s h e m m e r die geringste Versagerquote und gewährleisten nach den bisherigen Beobachtungen d i e g r ö ß t e i n d i v i d u e l l e S i c h e r h e i t . Bei aller Absicht zur Schwangerschaftsverhütung sollte aber zugleich die Bereitschaft bestehen, eine sich durch Fehler ereignende Empfängnis, wenn sie eingetreten ist, auszutragen; sollten dem vitale medizinische Indikationen entgegenstehen, ist die S t e r i l i s i e r u n g das Mittel der Wahl. Die hormonalen Ovulationshemmer sind mit einer Reihe N e b e n w i r k u n g e n beiastet. Als hormonale Präparate unterliegen sie mit Recht der R e z e p t p f l i c h t . Eine ä r z t l i c h e Untersuchung und Beratung ist vor allem am Anfang des Gebrauchs wichtig. Die meisten der beobachteten k ö r p e r l i c h e n N e b e n w i r k u n g e n — die denen der Frühschwangerschaft entsprechen —; wie Kopfschmerzen, Spannungsgefühl, Übelkeit, schwinden, wenn das i n d i v i d u e l l g e e i g n e t e P r ä p a r a t längere Zeit — also über mehrere Zyklen hinweg — regelmäßig und nach dem Essen genommen wird. Die umfangreichsten Untersuchungen über N e b e n w i r k u n g e n der sogenannten „Ovulationshemmer" stammen aus der Frauenklinik und Hebammenschule des Kantonspitals Luzern, Chefarzt Prof. HAUSER. An erster Stelle stehen k ö r p e r l i c h - p s y c h i s c h e B e s c h w e r d e n , wie Übelkeit und Nervosität bei einer begrenzten Gruppe von Frauen. Eine G e w i c h t s z u n a h m e wurde bei 30 v.H. der Frauen beobachtet, ihr steht eine gleich große Anzahl von Gewichtsabnahmen gegenüber: Die Mageren nehmen zu, die Starken ab — im Sinne einer Normalisierung. Anfangs häufiger beobachtete M a g e n - u n d D a r m b e s c h w e r d e n schwinden meisf schnell bei weiterer regelmäßiger Einnahme. Wichtig ist vor allem die ärztliche Führung und Aufklärung der Frauen über die B l u t u n g e n und darüber, daß die „Entzugsblutung" gewöhnlich schwächer ist als die „Regelblutung" - weil es sich ja nicht um das Abstoßen eines vorbereiteten Eibefres handelt. Es erfolgf ja auch keine Ovulation, sondern eben nur eine der „Regel" ähnliche Blutung. „Zwischenblutungen" (Spotting) bedeuten nicht, daß eine Ovulation stattgefunden hat: die Einnahme der Pille ist gewissenhaft fortzusetzen; meist verschwinden dann diese „Schmierb/ufungen" nach dem zweiten bzw. driften Zyklus von selbst. „Durchbruchsblutungen", die sich in der ersten Hälfte des Zyklus ereignen, können durch vorübergehende Verdoppelung der Dosis beherrscht werden. Stärkere Blutungen in der zweiten Hälfte des Zyklus sind als „vorverlegte Menstruation" anzusehen. Es empfiehlt sich, das Präparat abzusetzen und nach 7 Tagen erneut mit neuer Packung zu beginnen. Das Ausbleiben der Abbruchsblutung ist sehr selten, für die Frauen aber das Beunruhigendste. Man versichere sich, ob die Pille regelmäßig und gewissenhaft eingenommen wurde, also mit Sicherheit kefne Schwangerschaff vorliegt. Sollte auch nach dem zweiten und dritten Zyklus die Abbruchsblutung ausbleiben, so ist die Medikation abzusetzen. Liegt mit Sicherheit keine Schwangerschaft vor — in diesem Zusammenhang sind auch p s y c h o g e n e F a k t o r e n zu beachten - , empfiehlt sich eine entsprechende Hormonbehandlung. Die Angaben über Li b i d o - V e rä nd er u n ge n sind am widersprüchlichsten. Einer Verminderung bei 30 v.H. stehen nach Feststellungen HAUSERs auch die Wiederzunahmen gegenüber. In der Sprechstunde des Frauenarztes fallen natürlich diejenigen Frauen auf, die über Nebenwirkungen klagen, insbesondere auch über die V e r ä n d e r u n g e n i h r e r P s y c h e , worauf SCHÄTZING besonders hingewiesen hat. Nicht in Erscheinung tritt die große Zahl jener Frauen, die sich seif der regelmäßigen Einnahme der „Pille" erheblich wohler fühlen als vorher. Es ist nicht nur der Fortfall der Angst vor unerwünschter Empfängnis, sondern ein öfters durchaus gesteigertes Lebensgefühl und die Befreiung von den früheren gemütsmäßigen Schwankungen sowie auch der Fortfali klimaterischer Beschwerden. - Eine Hinausschiebung der Menopause ist auch bei längerer Anwendung der Ovulationshemmer nicht zu erwarten. A. MEYER, Tübingen, fürchtet bei der Verabreichung der Pillen an junge Mädchen eine V e r m ä n n l i c h u ng u n d E n t w e i b l i ch u ng der Körperformen, wobei er die Unterdrückung der Ovulation irrig einer „Kastration" gleichsetzt! Beide Befürchtungen dürften unbegründet sein. Sexualhormone haben ganz allgemein einen akzellerierenden Effekt auf die Epiphysenfugen, wenn sie — was nur bei ganz jungen Menschen der Fall ist — noch nicht geschlossen sind, würden sie sich relativ schnell schließen; das Wachstum würde also zum Stehen kommen. Auch von einer Entweiblichung der Körperformen kann nicht die Rede sein, im Gegenteil. Es wird ja gerade von einer Volumenvermehrung der Brustdrüsen berichtet. Das ist erklärlich, da die Corpus-luteumPhase statt 14 Tage gut drei Wochen dauert und in der Corpus-luteum-Phase die Brustdrüsen zur Volumenvermehrung neigen. Die hormonalen Ovulationshemmer bewirken zwar im GePhysik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. 201 rinnungssystem eine Änderung im Sinne einer Hyperkoagulabilität, gleichzeitig kommt es aber auch zu einer erhöhten fibriolytischen Aktivität. Kreislaufphysiologische Untersuchungen ließen keinerlei thrombosefördernde, eher -hemmende Wirkungen erkennen. In sehr gewissenhaften Untersuchungen hat die „Food and Drug Administration" der USA auch festgestellt, daß kein statistisch signifikanter Unterschied in bezug auf die E m b o l i e bestünde. Auch in der normalen Schwangerschaft werden gelegentlich pathologische Leber t e s t e beobachtet. Holländische Untersuchungen bei Frauen zwischen 21 und 35 Jahren, die die Pille regelmäßig nahmen, ergaben einige hochnormale Enzymwerte, aber nicht einen einzigen pathologischen Befund! WILDHIRT hat die Gefahr einer Cholostase Hepatitis als „sehr gering und nicht zu dramatisieren" bezeichnet. Die Sorge über eine mögliche c a r c i n o g e n e W i r k u n g wurde wiederholt eingehend erörtert. Die Oestrogendosis beträgt pro Zyklus nur 1 mg, wobei eine Absicherung durch Gestagendosen erfolgt, die eher anticarcinomatös wirken. Rice WRAY, die in Puerto Rico über 4000 Frauen unter Langzeitbehandlung mit Ovulationshemmern kontrollierte, fand bei regelmäßigen zytologischen Kontrollen in keinem Fall einen positiven Abstrich! Die statistischen Feststellungen von P1NKUS und TAYLOR an sehr großen Beobachtungsreihen berechtigen zu der Annahme, daß die hormonalen Ovulationshemmer eher einen hemmenden Einfluß auf die Krebsentstehung haben. Die nach Weglassen der Pille beobachteten und zumeist gewünschten S c h w a n g e r s c h a f t e n verliefen völlig normal; die geborenen Kinder sind gesund und bieten keinerlei Anhaltspunkte für Spätwirkungen oder Mißbildungen. Die uns seit 1952 bescherte „Pille" ist süße u n d b i t t e r e F r u c h t zugleich. Mit der Aufgabe, eine Pille zu schlucken, verbindet sich bei vielen Menschen eine wenig angenehme Vorstellung, wie das im Sprachgebrauch hinsichtlich der „bitteren Pille" ja auch deutlich zum Ausdruck kommt. Auch die „Wunschkindpille" ist und bleibt eine Pille, die geschluckt werden muß, und zwar regelmäßig — bis wir neuere und wirksamere Mittel haben. Eine nicht zu unterschätzende Nebenwirkung der Entwicklung dieser oralen hormonalen Ovulationshemmer liegt u. E. endlich darin, daß damit ein bisheriger T a b u - B e r e i c h des europäischen Kulturmenschen berührt und zwingend zur Erörterung gestellt wurde. Schwangerschaftsvorbeugung ist nicht nur ein i n n e r e h e l i c h e s P r o b l e m , das sich aus der Familiensituation heraus stellt. Sie kann und ist auch ein P r o b l e m d e r u n v e r h e i r a t e t e n r e i f e n F r a u wie des j u g e n d l i c h e n M e n s c h e n . Verstößt bei diesen beiden Gruppen eine ärztliche Verordnung „gegen die guten Sitten"? KEPP, Gießen, hat mit Recht die Entemotionalisierung auch dieser Frage gefordert. „Wenn in der heutigen Situation allein die Empfängnisregelung geeignet ist, die Abtreibung zu steuern, dann könne auch gegen die entsprechende Beratung der unverheirateten Frau nichts eingewandt werden, wenn man sich von der Realität nicht in die Illusion flüchten wolle." Genau wie die Abtreibung ganz überwiegend eine Not verheirateter älterer Frauen, zumeist der Mütter mehrerer Kinder ist und nicht der jugendlich unverheirateten, so ist auch die Frage der Schwangerschaftsvorbeugung durch die „PiJle" vorzüglich ein innereheliches Problem und ein Anliegen der reifen Frau. Fragen junger Frauen sollten Anlaß zu einem eingehenden sexualpädagogischen Gespräch sein. Jede Patientin, jeder den Arzt fragende Mensch erfordert eine i n d i v i d u e l l e ä r z t l i c h e E n t s c h e i d u n g und eine wirkliche Antwort. Die präventivmedizinische Aufgabe der Empfängnisregelung und Schwangerschaftsvorbeugung ist eine wichtige und die aufgewendete Zeit lohnende ärztliche Aufgabe, die über die Kenntnis der oralen Ovulationshemmer hinaus ein breiteres Wissen erfordert — insbesondere auch der möglichen Nebenwirkungen. Es gilt in jedem Einzelfall der Praxis denjenigen Weg zu finden und zu erproben, der den i n d i v i d u e l l e n Verhältnissen und der p e r s ö n l i c h e n Entscheidung am besten gerecht wird. Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. med. Dr. phil. H. HARMSEN, Hamburg 36, Gorch-Fock-Wall 15/17 Vergiftungen durch Arzneimittel bei Kindern Von P. F r i c k Unter der großen Zahl der Vergiftungen im Kindesalter ist die Arzneimittelvergiftung ein begrenzter Abschnitt. Da unser allverehrter Kollege WEISS die Phytotherapeutika schon besprochen hat, ist das Gebiet noch etwas mehr begrenzt. Wir rechnen im Jahr mit etwa 20000 Vergiftungsfällen bei Kindern, davon sind knapp 40 Prozent durch Arzneimittel verursacht. Etwa seit dem Jahr 1955 hat ein steiler Anstieg eingesetzt, der nach BAMBERGER an der Kinderklinik Heidelberg seit 1945 das 17fache überschritten hat. Mit dem Rückgang der Gesamtsferblichkeit in der Kinderheilkunde steigt relativ und absolut die Sterblichkeit durch Unfälle an. In diese Gruppe gehören auch die Giftunfälle, wobei insbesondere Kleinkinder und zwar mehr Knaben als Mädchen betroffen sind. Die meisten Vergiftungen passieren zu Hause, die gefährlichsten Orte sind Küche, Schlafzimmer und Bad; je ungünstiger die häusliche Umwelt, desto größer die Gefahr. Die Hauptschuld trifft die Eltern, die Medikamente in der Nachttischschublade, im Küchenschrank oder im unverschlossenen Arzneischrank im Bad aufbewahren. Kleinkinder sind schon sehr findig und freuen sich besonders an bunten Dragees, die 202 Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. zum Verzehr reizen, oder sie trinken aus Arzneiflaschen, in denen sie süßen Saft vermuten. Aber auch vor Einreibemitteln, die oft sehr giftig sind, machen sie nicht halt. Unser vorbeugendes Bemühen muß also dahingehen, die Eltern zu veranlassen, alle Medikamente sicher zu verwahren, möglichst in einem verschlossenen Schrank, dessen Schlüssel abgezogen ist. Vielleicht läßt sich auch an der Verpackung der Medikamente manches ändern, ein Schritt auf diesem Wege ist z. B. die sogenannte Sandwichpackung, zu der eine Reihe von Firmen übergegangen ist. Der Arzt erhält im allgemeinen Kenntnis von einem Giftunfall durch telefonischen Anruf. Wie ist nun das richtige Verhalten? 1. Anweisungen an die Eltern. Dem Kind reichlich Wasser oder Tee geben, auf keinen Fall Milch. Danach zum Erbrechen bringen, und zwar es einer sitzenden Person über die Knie legen, Kopf und Gesicht nach unten, Finger weit in den Rachen stecken, bis es zum Erbrechen kommt. Möglichst schnell einen Arzt aufsuchen, Reste der geschluckten Substanz, wenn möglich in Originalpackung, und Erbrochenes mitbringen. Bei Bewußtlosigkeit in Seitenoder Bauchlage transportieren wegen der Gefahr der Aspiration. 2. Erste Hilfe des Arztes. Sofortige Magenspülung mir lauwarmem Wasser oder Tee (Vorbereitung während der Anfahrt des Kindes). Die Magenspülung ist oft auch noch 2—3 Stunden nach Einnahme des Medikaments von Nutzen. Anschließend 2—3 Eßlöffel Medizinalkohle oder 10-15 Kompretten aufschwemmen und einfüllen, ebenso 5-10 g Glaubersalz in einem Glas Wasser aufgelöst im Magen belassen. Auf alle Fälle salinische Abführmittel geben, kein Rizinusöl, da eine Reihe von Medikamenten lipoidlöslich ist und so die Einwirkung verstärkt wird. Dies ist auch der Grund, warum man, von Ausnahmen abgesehen, auf keinen Fall Milch zu trinken geben darf. Aus der mitgebrachten Medikamentenpackung sind Rückschlüsse auf Menge und Zusammensetzung möglich, ober meist nur unsichere. Oft weiß die Mutter nicht mehr, wieviel Tabletten noch im Röhrchen waren, und es bleibt zweifelhaft, wieviel das Kind zu sich genommen hat. Im Zweifelsfall immer die größere Menge annehmen und danach handeln! Manche Medikamente haben eine Latenzzeit, in der gehandelt werden muß. Hier kann Abwarten das Leben kosten. Schwere Vergiftungsfälle gehören ins Krankenhaus, schon wegen der notwendigen Dauerüberwachung und Nachbehandlung. Wie es nicht passieren darf, stichwortartig an einem Beispiel: Dreijähriges Kleinkind; sofortiger Anruf der Mutter nach Genuß eines für sie bestimmten Beruhigungsmittels. Ärztliche Überlegung: 40 km Anfahrtsweg, Zeitverlust; also Rat sofort zum Hausarzt zur Magenspülung, Hausarzt überweist in kleines Krankenhaus ohne zu spülen, dort läßt man Mutter und Kind fast zwei Stunden warten, dann Magenspülung; Ausgang trotzdem gut. Da der Zeitfaktor von ausschlaggebender Bedeutung ist, ist ein fehlerhaftes Verhalten augenscheinlich. Natürlich gibt es Bagafellfälle, die bei absoluter sachlicher Eindeutigkeit ohne Therapie bleiben können. Beispiele: Vierjähriger Junge hat fünf Antibabypillen geschluckt. Kleines Mädchen an der Grenze des Säuglingsalters hatte Tabletten gegen Übersäuerung des Magens erwischt und verzehrt. Die Gefährlichkeit eines Medikaments hängt von seiner Zusammensetzung ab. Kein Arzt kann bei der ständig wachsenden Zahl der Mittel alle in ihrer Auswirkung kennen. Hier kann schon die rote Liste helfen; es ist aber nötig, ein spezielles Buch zur Hand zu haben, das auch gleichzeitig Angaben über die beste Möglichkeit der Therapie bietet. Als Standardwerk für die Allgemeinmedizin empfiehlt sich MÖSCHLINs „Klinik und Therapie der Vergiftungen", Thieme (1965), Preis 66,- DM. Für die Kinderheilkunde BRUGSCHKLIMMERs „Vergiftungen im Kindesalter", Enke, Stuttgart (1966), Preis 57 — DM, auf das ich mich vielfach beziehe. Die Mitarbeit von Herrn KLIMMER, dem Bonner Toxikologen, erscheint bedeutungsvoll; er ist auch der Herausgeber der allen Ärzten zugestellten und nicht im Buchhandel erhältlichen Schrift „Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel", die auf diesem Gebiet erschöpfende Auskunft gibt. Für die Vergiftungsdiagnose hat LENDLE die sogenannten spezifischen Leitsymptome aufgestellt, die jedoch beim Kind selten in voller Ausprägung vorhanden sind. Vielmehr stehen die Allgemeinsymptome im Vordergrund. Einige Le i t s y m p t o m e : 1. P u p i l l e n : Maximal weite Pupillen bei Atropinvergiftung, Narkotica- und Schlafmittelvergiffung und im Koma (dann reaktionslos). Maximal enge Pupillen bei Opium, Morphium, Dolantin, Nikotin. Die Pupillenweife kann durch seelische Erregungen verändert werden. 2. H a u t f a r b e : Blässe, Zyanose, z.B. durch Methämoglobinbildung, etwa durch Phenacetin oder aufgewärmten Spinat (Nitrite). Rötung durch Atropin. Toxische Exantheme, wobei auch eine allergische Reaktion zu bedenken ist bis zum schweren Schock. 3. Der G e r u c h des Kindes oder des von ihm Erbrochenen kann von großer Bedeutung sein. 4. H a r n f a r b e : Bei Phenolen schwarzgrün, bei Aminophenazon rot. Roter Urin nach Pyramidonverabreichung beunruhigt die Mütter oft sehr, weil sie an Blutbeimengung denken. Die wichtigsten a l l g e m e i n e n V e r g i f t u n g s s y m p t o m e sind: Erbrechen, Bewußtseinsstörung, Durchfälle, Erregungszustände, Krämpfe, Atemstörungen, Kreislaufstörungen. Sie sind diagnostisch vieldeutig. Ich möchte nun eine kleinere Zahl von Medikamenten aphoristisch besprechen, die von besonderer, praktischer Bedeutung sind. Beginnen wir mit dem A l k o h o l , der für das Kind wesentlich gefährlicher ist als für den Erwachsenen. Es ist nötig, vor Alkoholumschlägen zu warnen, wobei eine gute Resorption durch die Haut und die Alkoholdämpfe zusammenwirken. Es ist eine Reihe von Todesfällen beschrieben. Das klinische Bild ist der Alkoholvergiftung des Erwachsenen ähnlich, aber infolge der mangelnden Toleranz und Gewöhnung beim Kind wesentlich gefährlicher. Schon Kognakbohnen können zur Vergiftung führen, und es sind Todesfälle bei jungen Kindern nach Genuß von zwei Eßlöffeln Schnaps beschrieben. Therapie: Sofort Magenspülung und Kreislaufmittel. Auffallend häufig ist in der Anamnese der beim Kind an sich seltenen Leberzirrhose ein c h r o n i s c h e r A l k o h o l g e n u ß festzustellen. A nt i h ist a m i n i c a , für die im Bereich der Kinderheilkunde viele Indikationen bestehen, können unter Umständen selbst allergische Reaktionen auslösen, es gibt aber auch schwere Vergiftungsfälle mit Krämpfen, besonders erscheinen dabei epileptische Kinder gefährdet. Bei Kindern unter zwei Jahren Prognose ernst. Bor-Verbindungen haben wir in der Kinderheilkunde fürchten gelernt, obwohl sie früher ohne Bedenken und vielfach verwendet wurden. Besonders Säuglinge sind empfindlich, und es ist eine ganze Reihe von Todesfällen beschrieben. Schon die Verwendung von Borwasser zur Reinigung der mütterlichen Brust hat Vergiftungen ausgelöst, ebenso Borsalbe bei der Behandlung von Wunden und Hautausschlägen, vor allem Ekzemkinder sind gefährdet. Früher ist der Soor des jungen Säuglings ohne Bedenken und mit bestem Erfolg durch Betupfen mit Borglyzerin oder Boraxglyzerin behandelt worden. Heute wird dafür das Antibiotikum M o r o n a l in der Form der Suspension verwendet. Symptome: Heftige wäßrige Durchfälle, Erbrechen, Speichelfluß, intensiv rote bis hämorrhagische Ausschläge, Meningismus, Krämpfe, Nierenschädigungen. C o d e i n und Abkömmlinge, die alle aus der Morphinreihe stammen, finden sich als Zusatzmittel vor ailem in Hustensäften. Kleinkinder, insbesondere Säuglinge, sind hochempfindlich. Obwohl der Zusatz auf der Flasche angegeben sein muß, wird von solchen Hustensäften immer wieder zuviel verabreicht. Im Vergiftungsfall zeigen sich Krämpfe, Nackensteifigkeit, Atmungsstörungen. Wie bei Morphiumvergiftung kann N a l o r p h i n, 5-10 mg i.V., eingesetzt werden. Eisen-Präparate. Es ist wenig bekannt, daß man mit EisenPräparaten Kinder vergiften kann, und zwar insbesondere die Ferroverbindungen, die antianämisch wirksam sind, können zu schweren Durchfällen mit Bluterbrechen bis zu zentralen Atemstörungen und Krämpfen führen. Als orales Antidot wird D e s f e r a l empfohlen. M e n t h o l ist zur innerlichen Verwendung beim Säugling Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. 203 und Kleinkind kontraindiziert. Das trifft insbesondere für Nasentropfen zu. Glottiskrämpfe mit Erstickungserscheinungen und Asphyxie können nach wenigen Tropfen auftreten. Das hat dazu geführt, daß auch alle mentholhaltigen Einreibemittel, wie Pinimenthol oder Wick, abgelehnt wurden und vielfach mentholfreie Sondermittel für Säuglinge und Kleinkinder geschaffen wurden. Eine große Versuchsreihe, über die auf der letzten Tagung der Gesellschaft für Kinderheilkunde berichtet wurde, hat gezeigt, daß diese Sorge unberechtigt war. M o r p h i u m und O p i u m dürfen beim jungen Kind nicht verwendet werden, da es dagegen besonders empfindlich ist. Ein Tropfen Opiumtinktur kann unter Umständen den Tod eines Säuglings herbeiführen. Bei der Vergiftung steht im Vordergrund die auffallend unregelmäßige und aussetzende Atmung, kurz nach der Einnahme Erbrechen, Unruhe, Schlaf bis tiefe Bewußtlosigkeit mit Erlöschen der Reflexe. Pupillen eng, reaktionslos, Blutdrucksenkung mit schwachem Puls, Stuhl- und Harnverhaltung, Cyanose, kalter Schweiß, Krämpfe möglich. Innerhalb weniger Stunden Schnappatmung. Therapie: Wiederholt gründliche Magenspülung, Naforphfninjektion mehrfach i.v., 0,2—2 mg, aber nicht mehr als 15 mg im ganzen, Analeptica. N i k o t i n : Für Kinder sehr schädlich. Übergang in die Muttermilch. Bei kettenrauchenden Frauen kann es bei Säuglingen zu Nikotinvergiftung kommen: Blässe, enge Pupillen, Dyspepsie. Heftige Leibschmerzen, hochgradige Übelkeit, Blässe, Erbrechen sah ich bei mehreren neunjährigen Jungen, was zur Entdeckung dieses Raucherklubs führte. Nitrite und Nitrate sind nur in wenigen Arzneimitteln enthalten. Es sind aber zahlreiche Vergiftungsfälle durch nitratreiches Brunnenwasser zur Milchverdünnung beschrieben. In letzter Zeit haben Vergiftungen durch Spinat Aufsehen erregt, der nach einem Tag wieder aufgewärmt worden war. Nitrate können bakteriell in Nitrite umgewandelt werden, die dann zur Methämoglobinämie führen. Symptome: Aschgraue Haut, tiefe Cyanose der Lippen und Ohren, Atemnot. Therapie: Sofortige Magenentleerung, Injektion von Katalysin i.v. oder Methylenblau, hohe Dosen von Vitamin C. P e n i c i l l i n hat sich als außerordentlich segensreiches Medikament gezeigt einschließlich der halbsynthetischen Penicilline, die die Wirkung von Breitbandantibiotika haben. Es ist atoxisch, aber es sollte bei Kindern nicht gespritzt werden wegen der Gefahr der Penicillinallergie, die bei oraler Verabreichung weniger schlimme Abläufe zeigt. Therapie: Schockbekämpfung durch Cortikosteroide, Antihistaminica, Flüssigkeitszufuhr. P h e n o t h i a z i n e : Hierher gehört eine ganze Reihe von viel verwendeten Stoffen, z. B. Megaphen, Truxal, Omka, Decenfan. Meine eigenen Erfahrungen stützen sich im wesentlichen auf Decentan. Es hat eine sehr segensreiche, entspannende Wirkung, besonders bei Kindern, die von Angstzuständen geplagt sind. Trotz altersgemäßer Dosierung können gelegentlich eigentümliche dystonhyperkinetische Verkrampfungszustände im Mund- und Halsbereich mit Torsionsspasmus auftreten. Mein erstes Erlebnis dieser Art war bei einem elfjährigen, absolut willigen Mädchen, das mit einem Schiefhals im Bett lag und nicht imstande war, die heraushängende Zunge wieder in den Mund zurückzubringen. Therapie: Akineton oder, wenn dieses nicht zur Hand ist, Coffein. Schnelle Rückbildung ist die Regel. P i p e r a c i n ist der Hauptbestandteil zahlreicher gegen Askariden und Oxyuren wirksamer Wurmmittel, Uvilon, Tasnon, Vermicompren, gefährlich für Krampfkinder. Q u e c k s i l b e r : Metallisches Quecksilber ist praktisch ungefährlich, unabhängig davon, ob es oral oder rektal (abge204 Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. brochenes Fieberthermometer) einverleibt ist, sehr gefährlich dagegen sind Quecksilberdämpfe. Gefährlich ist auch die graue Salbe, die heute kaum noch gebräuchlich ist. Gefährlich insbesondere sind die Quecksiibersalze, Sublimat, Oxycyanat. Auch weiße Präcipitatsalbe, früher ein Hauptmittel gegen Impetigo contigiosa; sollte nicht mehr verwandt werden. Therapie: Bei Sublimat, das stark ätzend ist, sofort Milch, Eiereiweiß, dann erbrechen lassen, Magenspülung mit großen Mengen wäßriger Medizinalkohleaufschwemmung, bei Verätzung Perforationsgefahr. Antidot: Sulfactin, möglichst bald i.m., Injektion von 3 mg pro kg Körpergewicht, alle vier Stunden in reduzierter Dosis, Schmerzbekämpfung, Schockbehandlung. Kleinste Mengen Quecksilber können die Ursache für die FEERsche Krankheit sein. (Vegetative Neurose des Kleinkindes.) Hier kommt besonders die Kalomelüberempfmdlichkeit, auslösend in Betracht. S a l i z y l s ä u r e - V e r g i f t u n g kommt heute im wesentlichen durch äußere Anwendung von Salizylvaseline oder Salizylöi zur Beobachtung. Symptombild: Akute Dyspepsie mit starkem Gewichtssturz und Fieber, toxische Atmung, Cyanose, starke Schweißbildung, Koma. Therapie: Reichliche Traubenzuckerzufuhr, Magen-Darmentleerung, Kohlenaufschwemmung. Salizylsäureausscheidung im Urin kann mit Phenisfix-Stäbchen nachgewiesen werden. Im Gegensatz zur Salizylsäure kommen Schädigungen bei Acetylsalizylsäure (Aspirin) außer bei hochgradiger überdosierung kaum vor. Alle S c h l a f m i t t e l , ob barbiturathaltig oder barbituratfrei, führen bei Überdosierung zu einem ähnlichen Symptombild: Hypnotische bis tief narkotische Wirkung bis zur Lähmung des Atemzentrums. Das praktisch wichtigste, weil in der Kinderheilkunde meistgebrauchte, ist wohl das Phenobarbital (Phenylaethylbarbitursäure) = Luminal. Schon bei Normaldosierung reagieren manche Kinder mit Erregungszuständen anstatt Beruhigung, was zur sofortigen Absetzung des Mittels Veranlassung sein sollte. Vergiftungssymptome: Torkeln, Gleichgewichtsstörungen, Bewußtlosigkeit, starke Herabsetzung der Reflexerregbarkeit, auch der Pupillen, schließlich Atemlähmung. Therapie: Sofortige Magenspülung, Verabreichung von Kohle und salinischer Abführmittel, Klinikaufnahme unbedingt erforderlich; zur Schockbekämpfung Sauerstoffbeatmung, laufende Überwachung von Atmung und Kreislauf. Wegen der S u l f o n a m i d e verweise ich auf die Diskussion zum gestrigen Vortrag von Herrn Dr. SPITZY. In der Kinderheilkunde interessiert besonders das Auftreten eines Erythema nodosum nach Sulfonamiden, das früher als nahezu sicheres Zeichen einer aktiven Tuberkulose galt. Nur noch ein abschließendes Wort über die in der Kinderheilkunde besonders viel gebrauchten V i t a m i n e , die mit Ausnahme von Vitamin C, das durch den Urin abläuft, zu Schäden führen können. Am wichtigsten sind für uns die beiden fettlöslichen Vitamine A und D. Daß dem Vitamin A Gefahren anhaften, ist viel weniger bekannt, um so mehr, als die Schäden in der Regel erst nach längerer Latenzzeit sich bemerkbar machen, meist erst im zweiten Lebensjahr. Die Kinder zeigen Wachstumsstillstand, hochgradige Appetitlosigkeit, Extremitätenschmerzen, Gelenkschwellungen. Röntgenologisch: Hyperostosen im Bereich der Corticalis der langen Röhrenknochen. Dazu kommt Haarausfall, Leber- und Müzvergrößerung, Anämie mit Blutungsneigung. Therapeutisch hohe Vitamin-C-Gaben. Vitamin D2 und D 3, ständig gebrauchte Medikamente zur Verhütung und Heilung der Rachitis. Massive überdosierung führt zu schlagartig einsetzender, hochgradiger Appetitlosig- keit, Brechneigung, Abmagerung, hartnäckiger Verstopfung, Zylinderausscheidung. Blutchemisch: Erhöhung des Kalkspiegels auf 12 bis 15 mg%; auch der Phosphafspiege/ steigt an. Therapie: Calciumarme Kost, Schutz vor Sonne, vegetabile Kost und Hefe. D-Uberdosierungen von vielen Millionen Einheiten haben zu Todesfällen geführt. Heute besteht auf Grund dieser Erfahrungen eher die Neigung zur Unterdosierung, so daß man heute in der Praxis viele Säuglinge zu sehen bekommt, die bei 1000 bis 2000 Einheiten täglich eine eindeutige Rachitis entwickeln. Das Bundesgesundheitsministerium hat in den letzten Monaten beim Bundesgesundheitsamt in Berlin eine Zentrale zur Dokumentation und Information für die Verhütung, Erkennung und Behandlung von Vergiftungen eingerichtet. Der erste Satz Karteikarten ist an die Landesinformations- und Behandlungszentren versandt worden. Für Kinder besteht seit 1963 an der Kinderklinik Charlottenburg eine Beratungsstelle für Vergiftungserscheinungen im Kindesalter unter den Telefonnummern 0311/304311 bis 304313, die Tag und Nacht für Ärzte und Eltern erreichbar ist. Ähnliche Entgiftungszentren sind im Aufbau an den Kinderkliniken Heidelberg und Freiburg, weitere werden bestimmt folgen, sind vielleicht schon in Tätigkeit. Hier besteht die Möglichkeit zur sofortigen Information, unabhängig von persönlichem Wissen. Das ist — abgesehen von meinem eigentlichen Thema — besonders wichtig bei' klangvollen Namen von Haushalts- und Putzmitteln, deren Zusammensetzung so gut wie nie angegeben ist und die oft sehr gefährlich sind. Auf Grund dieser neu beschrittenen präventiven Wege ist zu hoffen, daß eine erhebliche Senkung der Sterblichkeit durch Giftunfälle zu erreichen ist. Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. med. Paul FRICK, Facharzt für Kinderkrankheiten, 65 Mainz, Auf der Steig 6 Grundlagen der Umstimmungstherapie Von H e i n z S c h o e l e r Der Begriff „Umstimmungstherapie" ist im ärztlichen Denken vergesellschaftet mit der Vorstellung chronischer, festgefahrener Krankheifszustände, zu deren Überwindung oder Zustandsänderung etwas „Umstimmendes" getan werden soll. Umgestimmt werden soll der träge, gar nicht oder gar „verkehrt" reagierende Körper; seine falsche bzw. verstimmte Reaktionsweise soll umgestimmt bzw. richtig gestimmt werden. Hierzu wäre nun eine genaue Kenntnis der gegebenen Reaktionsarf bzw. der „Ausgangslage" nötig. Wir müssen ehrlicherweise zugeben, daß wir dazu nur in sehr geringem Umfang in der Lage sind. Wenn wir das Problem der Reaktionsweisen des Körpers aufgreifen, dann stehen wir schnell mitten in einer verwirrenden Unsumme bereits geleisteter Forschungsarbeit auf physiologischem, pathologischem, biologischem und besonders immunbiologischem Gebiet. Die Reaktionsmöglichkeiten, welche dem Körper zur Verfügung stehen, sind unzählbar. Es müßte das Zusammenspiel der nervalen Elemente des Z.N.S. und des vegetat. N.S. der Hormone, der Stoffwechselorgane, der Proteinkörper, der Enzyme und Fermente, der DNS und RNS, der Abwehrmechanismen und vieles andere mehr berücksichtigt und zu einem überschaubaren Ganzen geordnet werden. An Einzelerkenntnissen gibt es darüber Legion; aber man darf mit GOETHE dazu sagen: „Dann hat er die Theil in seiner Hand, fehlt leider nur das geistige Band". So kommt kein Geringerer als Ferdinand HOFF, Frankfurt, in seinem Lehrbuch der „Klinischen Physiologie und Pathologie" in dem großartigen Kapitel über die „Steuerungseinrichtungen" zu der Feststellung: „Diese gedanklichen Konstruktionen übersehen meines Erachtens, daß weder das Nervensystem noch die sogenannte terminale Strombahn biologische Einheiten sind, die isoliert eine Realität darstellen. Es handelt sich bei diesen Systemen, dem Nervensystem und dem terminaien Gefäßsystem nicht um selbständig existierende Wirklichkeiten, sondern um Abstraktionen, die aus der lebenden Einheit des Organismus einen Teil gedanklich herauslösen, der in einer solchen Isolierung nicht lebt, sondern nur von uns durch analytische Methoden unter Zerstörung der lebenden Einheit herausgeschnitten oder rein durch abstraktes Denken konstruiert sind. Sowohl das Nervensystem wie das Gefäßsystem kommen nur in der Einheit mit den Zellen und den Geweben, in Gemeinschaft mit physikalisch-chemischen Strukturen und den Körpersäften vor. Das Leben und damit auch die Krankheit sind nur durch die Gesamtheit dieser Teile möglich, eine Krankheitslehre kann nur auf dieser Gesamtheit aller Einzelglieder aufgebaut worden. Zwischen diesen Einzelgliedern, die, wie gesagt als Teile des Lebensgeschehens keine sefbständfge Existenz haben, herrschen die innigsten Wechselbeziehungen, die sich für unsere schematische Betrachtung in Funktionskreise gliedern. Innerhalb dieser Funktionskreise können humorale Faktoren auf das Nervensystem einwirken, etwa das Adrenalin auf die sympathischen Nerven, die Kohlensäure auf das nervöse Atemzentrum; nervöse Einflüsse können andererseits wieder humorale Veränderungen zur Folge haben. Wir haben gesehen, daß wohl grundsätzlich jeder Nervenreiz durch humorale Wirkstoffe auf die Erfolgsorgane wirkt. Sowohl nervöse wie humorale Einflüsse können auf den Zeil Stoffwechsel einwirken, die Änderungen des Zellstoffwechsels wiederum auf andere Zellen, auf Nerven oder die kolloidalen Strukturen, z. B. die Membraneigenschaften. In dem gesamten Zusammenspiel dieser Einzelglieder, die in Funktionskreisen zusammenwirken und in Wechselwirkungen verbunden sind, ist es nicht angängig, irgendein Glied als das grundsätzlich immer übergeordnete, als das Prirnum movens, zu bezeichnen, weder das Nervensystem noch das Gefäßsystem, noch die Zellen oder die chemischen oder physikalisch-chemischen Strukturen. Wenn man ein einzelnes Glied dieser untrennbaren Abläufe allein in den Vordergrund stellt, so wird man damit also nicht der Einheitlichkeit und dem immer neuen Wunder des zusammenhängenden Naturgeschehens gerecht, sondern solche einseitigen Lehrmeinungen charakterisieren nur die Blickrichtung, die Methode und den wissenschaftlichen Standpunkt von Forschern, welche einem Teilvorgang ihre besondere Aufmerksamkeit schenken. Werden solche Lehrsätze mit Einseitigkeit vorgetragen, so handelt es sich um dogmatische Formulierungen, welche der Fülle und Vielseitigkeit der lebenden Natur nicht angemessen sind." Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. 205 Der Physiologe WEZLER, Frankfurt, wies einmal anläßlich eines ärztfichen Fortbildungskurses in Berchtesgaden bei der Diskussion der homöopathischen Arzneimittelprüfung am gesunden Menschen darauf hin, daß die physiologischen und pharmakologischen Experimente mit isolierten Organpräparaten zwar sehr einfache und geradezu exakt mathematisch erscheinende Werte und Kurven ergäben, aber leider nur in sehr beschränkter Weise auf den Menschen übertragbar seien, da sie nur ein Produkt denervierter und sterbender biologischer Substanz seien. Es müßte deshalb das Ziel künftiger Versuchsanordnungen sein, mit Methoden zu arbeiten, die sich an den gesamten Organismus wenden. In der AMP am Gesunden sah er eine Möglichkeit hierzu. Mit diesen Vorbemerkungen zum Thema sollte lediglich zu der Erkenntnis übergeleitet werden, daß die Möglichkeiten einer Umstimmungstheraphie nur durch Beobachtungen der Reaktionen des ganzen gesunden oder kranken Körpers erkannt werden können. Solche Gesamtschau finden wir bei den großen Ärzten vergangener Zeiten, besonders bei Rudolf VIRCHOW und bei August BIER. Beide haben durch ihre Reizlehre die Fundamente für eine anwendbare und steuerbare Umstimmungstherapie geschaffen. Auf VIRCHOWs Erkenntnissen von den formativen, funktioneilen und nutritiven Reizen weiferbauend, ist Bier zum Begründer der Lehre vom Heilfieber und der Heilentzündung geworden. Die parenterale Proteinkörpertherapie in kleinsten Dosen und passive Hyperaemie (BIERsche Stauung) sind die von ihm eingeführten therapeutischen Möglichkeiten für seine tiefgreifende Umstimmungsbehandlung, ganz besonders bei chronischen Krankheiten. BIER arbeitete damals vornehmlich mit Injektionen von verdünntem Vollblut. Anaphylaxieereignisse u. a. Zwischenfälle, die BIER allerdings als Folgen falscher Dosierung betrachtete, haben zwar zur Entwicklung anderer Proteinkörper für diese Zwecke geführt, womit aber letztlich BlERs Erkentnisse im Prinzip weiter Bedeutung behielten. Ob wir heute Heilfieber mit Pyrifer oder die Steigerung der Immunisierungsvorgänge mit Omnadin, steriler Milch, Vaccinen, kolloidalem Schwefel, Ameisensäure oder Bienengift u. a. Mitteln anstreben, so fußt das alles letztlich doch auf BlERs grundlegenden Erkenntnissen. Therapie" zusammen, welche nicht die volle Mitwirkung des Körpers voraussetzt. Die alte Reiztherapie BlERs wird als unspezifische Reiztherapie mit den schon oben genannten Mitteln (Pyrifer usw.) heute noch ähnlich betrieben wie BIER sie durchführte. Man beginnt mit relativ hohen Verdünnungen, die sich oft in „homöopathischen Breiten" bewegen und geht unter Reaktionsbeobachtungen und mit zeitlichen Intervallen zu vorsichtig steigenden Konzentrationen über, um bei merklichen Reaktionen evtl. die Dosis wieder zu reduzieren und die Intervalle der Applikation zu verlängern Da die unspezifische Reiztherapie - z. B. auch die BIERsche Stauung — den anzugehenden entzündlichen Prozeß in der ersten Behandlungsphase im Sinne einer Erstverschlimmerung beeinflußt, also noch Steigerung der Entzündung hervorruft, um dann im Abklingen den vom Körper gesteuerten Heileffekt zur Wirkung kommen zu lassen, kann man diese Therapie auch als „synergistische Behandlungsmethode" bezeichnen, im Gegensatz zur antagonistischen Methode (z. B. ObstipationLaxans, Kolik-Spasmolytikum, Schlaflosigkeit-Hypnoficum usw.). BIER fand die Idee der synergistischen Therapie am konsequentesten in der Homöopathie verwirklicht. BIER ist bekanntlich durch das Problem der Reiztherapie auf die Homöopathie aufmerksam geworden und hat sich für 'ihre Eingliederung in die Universifätsmedizin sehr eingesetzt. Von ihm stammt schon der Begriff der „spezifischen Reiztherapie". ZIMMER, ein leider viel zu früh verstorbener erfolgreicher Schüler BlERs fand schon, daß die unspezifischen Reizmittel neben der Allgemeinwirkung Fieber auch organotrope Wirkungen zeigten. Er fand auch, daß nicht nur parenteral, sondern auch orale Applikation zu deutlichen Reizerscheinungen führen kann und schuf den Begriff der „oralen, organspezifischen Reiztherapie". Damit stehen wir bereits im Grenzgebiet zwischen der sogenannten „Allopathie med Homöopathie", jeder kundige homöopathische Arzt würde mit Recht sagen, wir stehen schon tief mitten drin. Hören wir je ein Beispiel aus beiden Lagern: Ernst EDENS (Düsseldorf) stellt in seiner „Digitalisfibel" in einer Reihe von Paragraphen auffällig biphasische Wirkungen der Digitalis fest. Da heißt es u. a.: Die Digitaliskörper können Extrasystolen des Vorhofes beseitigen; Vorhofsflimmern beseitigen, erzeugen, in Vorhofsflattern überführen; Vorhofsflattern beseitigen, in Vorhofsflimmern überführen. Die Digitaliskörper können Extrasystolen der Kammern beseifigen, sie können Extrasystolen in der Form der Bigeminie und Kammertachykardie erzeugen. Die Digitaliskörper können Hemmungen der Erregungsleitung beseitigen und erzeugen. Der Körper reagiert auf die Reizkörperbehandlung zumeist mit Temperaturerhöhung, die bis zu hohen Fiebergraden steigen kann und zumeist auch mit einer „Herdreaktion". Letztere kann darin bestehen, daß ein latenter Fokus (Zahn, Tonsille, Gallenblase, Appendix, Lymphdrüsen o. a.) bemerkbar wird und dadurch die Möglichkeit bi'etet, mit seiner Beseitigung kausale und kurative Therapie zu betreiben. Häufiger noch reagieren die von einem latenten Fokus chronisch geschädigten Organe, Gelenke oder Nerven mit einer akuten oder subakuten Exacerbation, nach deren Abklingen dann häufig Besserung des Leidens (Arthritis, Neuritis o. dgl.) eintreten kann. Die Immunbiologie mit dem Gesamtproblem der Antigen-Antikörpervorgänge und das Allergieproblem mit den Allergen-Reaginreaktionen sowie der Hapten-Haptophorenvorgang und das Gebiet der Vaccination, Impfungen anderer Art und der Desensibilisierung müssen als große Umstimmungs- und Steuerungsmöglichkeiten der Reaktions-Kräfte des Körpers hier mitgenannt werden. Das sind Auffälligkeiten, die völlig in das homöopathische Denken passen. RITTER nimmt, sich auf HOFF berufend, in seinem Buch „Aktuelle Homöopathie" (Hippokrates Verl. 1962, S. 34) zum gleichen Problem Stellung und sagt wörtlich: Die Umstimmungstherapie wird heute auch als Regulationstherapie, als Reiztherapie, als „Stoß in das Vegetativum" bzw. mit HOFF als „vegetative Gesamtumschaltung" bezeichnet. Jedenfalls handelt es sich dabei um Behandlungsformen, welche die volle Mitwirkung des Körpers voraussetzen. Im Gegensatz hierzu stehen andere Therapieformen die RITTER (Stuttgart) treffend als 1. Gegensatzprinzip, 2. Substitutionsprinzip und 3. Antiparasitäres bzw. antibiotisches Prinzip der Therapie bezeichnet hat. Alle drei faßt er als „künstliche „HOFF stellt die Wirkung der Digitaloide so hin, daß sie am Herzen und seiner vegetativen Steuerung biologische Reaktionen hervorrufen. Damft fst deutlich ausgesprochen, daß die Digitalis zur Reiz- bzw. Regulationstherapie gehört, d. h. zu den Mitteln, „die unter Mitwirkung des Organismus den geordneten Funktionsablauf wiederherzustellen vermögen'." Digitalis ruft, um mit HUFELAND zu reden, „die Lebenskraft im leidenden Herzen zur Tätigkeit und Mithilfe auf, weil sie diesem Organe und diesem Krankheitszustand am meisten 206 Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. Die Digitaliskörper können einen Herzalternans beseitigen und erzeugen. Beim Herzblock können die Digitaliskörper die Schlagzahl der automatisch tätigen Kammern steigern und senken. verwandt ist". Das entspricht mit etwas anderen Worten durchaus der Auffassung HOFFs. Digitalis, das Herzmittel, macht aber in toxischer Dosis ein gesundes Herz krank! Wir haben also hier die „Nahtstelle" zwischen Regulationstherapie und Homöopathie. Die Herzwirkung der Digitalis läßt sich also auch homöopathisch interpretieren. In meiner Probevorlesung über „Angewandte Toxikologie" (Die Pharmacie 5, 1950) zeigte ich an Hand mehrerer Beispiele, daß die Homöopathie eine spezifische Reiztherapie und damit eine Umstimmungstherapie mit guter Zielwirkung darstellt, der man ohne Einschränkung die Bezeichnung „Angewandte Toxikologie" geben darf, womit das Verständnis für die homöopathischen Gedankengänge erleichtert wird. Als Beispiel mag die Toxikologie des Quecksilbers und deren Nutzbarmachung für die Therapie gelten. Die genaue Beachtung der Organspezifität von akuten oder chronischen Vergiftungen gibt einen sicheren Leitfaden für die direkte Wirkungssphäre eines pflanzlichen, tierischen, bakteriellen oder chemischen Substrates. Man gewinnt daraus die Kenntnis, welche Organe mit schwächeren oder stärkeren Reizen bei der Anwendung einer bestimmten, toxikologisch bekannten Substanz stets getroffen werden. Es ist dann nur noch eine empirische Frage der Dosierung, ob dieser Reiz nur eine schwächere oder stärkere Hyperaemisierung des betreffenden Organs hervorrufen wird oder ob er sich bereits als destruktiver Reiz mit irreparablen Schädigungen auswirkt. Im ersten Falle also erleben wir die therapeutische Reizbehandlung, im zweiten eine toxische Schädigung. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Wirkung löslicher Hg-Salze auf den Dickdarm. Kleine und mittlere Dosen wirken auf die Durchblutung, Exsudation und Peristaltik des Dickdarms erregend. Große, toxische Dosen dagegen bringen ein der Dysenterie auffallend ähnliches Symptomenbild zustande. Es kommt zu heftigen Tenesmen, Ulcerationen und Nekrosen der Dickdarmschleimhaut, schleimigen und blutigen Diarhöen und Fieber. Auf Grund des dysenterieähnlichen Bildes der Hg-Intoxikation am Dickdarm hat man homöopathische Verdünnungen von Hg-Salzen, vor allem von Mercur corrosivus subl. D6 — D4 mit ausgezeichnetem Erfolg dagegen angewendet, besonders wenn schleimige blutige Stühle und Tenesmen im Vordergrund standen. Aber auch bei der chronischen Ruhr sieht man, wenn Tenesmen das Bild beherrschen, gute Erfolge. Die Hg-Verbindungen wirken jedoch nicht nur auf den Endabschnitt des Magen-Darm-Kanals reizend oder gar toxisch ein, sondern auch auf den Anfangsteil. Die Mundhöhle zeigt bei Hg-Einwirkung ebenfalls typische Reizerscheinnungen oder toxische Symptome, die sich je nach Dosis und zeitlicher Einwirkung von der einfachen Hyperaemie über die Gingivitis und die Stomatitis ulcerosa bis zur Stomatitis gangraenosa entwickeln können. An denTonsillen und am weichen Gaumen kommen diphtheroide Erscheinungen von der Membranbifdung bis zur Gangraen zustande. Wenn nun auf Grund der toxikologischen Erkenntnisse bei Stomatitis aphthosa, bei eitriger Angina, bei Reizzuständen und Ulcerationen der Mundschleimhaut nach Röntgeneinwirkung wegen Mund- und Ztmgenkarzinomen, bei Alveolarpyorrhoe und ähnlichen Zuständen Quecksilberpräparate mit nachweislich gutem Erfolg verwendet wurden, wenn die betreffenden Zustandsbilder dem Arzneimittelbild des Hg ähnlich waren - dann kann man also von einer Anwendung der Toxikologie für therapeutische Zwecke, d. h. von „angewandter Toxikologie", sprechen. In diesem Zusammenhang ist noch auf das mannigfaltige Symptomenbild der chronischen Hg-Vergiftung des sogenannten Merkurialismus hinzuweisen, bei dem sich bei leichteren Formen Intentionszittern bis zum merkuriellen Tremor und schließlich klonische Krämpfe entwickeln. Ferner kommt es zur regelrechten Polyneuritis, zu Lähmungen, Fehlen der Sehnenreflexe, Mercurialkachexie, Schriftänderungen wie bei Paralytikern, Gedächtnisschwäche, Demenz, Halluzinationen, Delirien und Hemiplegie. Man hat also durchaus ein der Neurolues, besonders der Lues cerebrospinalis, ähnelndes Intoxikationsbild vor sich, also Symptomenbilder, bei denen bekanntlich die allgemeine übliche Hg-Therapie beste Erfolge zu erzielen vermag. Es ist deshalb durchaus diskutabel, hierbei von unbewußt angewandter Toxikologie zu sprechen (Homöopathia involuhtaria). Seitens der Homöopathie besteht seit HAHNEMANN eine ganz bewußte Ausnutzung der toxikologischen Erkenntnisse, indem man damals schon auf Grund der Ähnlichkeitsregel der internen Verabfolgung von Hg-Präparaten großen Wert beimaß. HAHNEMANN hat damals sein bekannt gewordenes Präparat Mercurius solubilis (Ammonium-Mercuro-Nirrar) NH2Hg2NO3 dargestellt, in der Hoffnung, damit ein resorbierbares Hg-Salz von geringer Giftwirkung zur Verfügung zu haben. Später hat sich allerdings die Anwendung von Calomel D 2 in Kombination mit Kai. jodat. als besonders wirksam bei der Lues cerebrospinalis erwiesen. Die meisten geprüften homöopathischen Arzneimittel können a)s Mittel mit spezifischer Reizwirkung in gleicher Weise angewandt werden. Nur andeutungsweise sei auf Jod und Hyperthyreose, Arsen und Neuritis, Thallium und Alopecie, Sulfur und Furunkulose, Seeale und Durchblutungsstörung u. dgl. m. hingewiesen. Und die etwas unglücklichen und von polemischer Atmosphäre umwitterten Ausdrücke Allopathie-Homöopathie zu vermeiden, sollte man besser von antagonistischer und synergistischer Therapie sprechen, wobei die Substitutionstherapie ausgeklammert bleibt. Abschließend sei noch kurz auf die an der Grenze zwischen spezifischer und unspezifischer Reizbehandlung stehende Ameisensäuretherapie nach (KRULL-)REUTER (Ameisensäure als Heilmittel, Max Heitner Verlag, München, 1940) und auf die Kupfertherapie bei Allergien, insbesondere bei Asthma bronchiale (SCHfMERT, Dtsch. med. Wschr. 5, 124, 1940, und SCHOELER, Allg. Hom. Ztg. 194, 41, 1949), hingewiesen. Schon zu Lebzeiten August BIERs erschien zum Thema „Umstimmungstherapie" ein Buch unter dem Titel „Krankheit und Heilung anders gesehen" von Ferdinand HUNEKE. Mit dieser Veröffentlichung gab der Autor eine therapeutische Entdekkung bekannt, die er und sein Bruder Walter gemacht hatten und welche völliges Neuland für die Medizin war. Die Neuraltherapie trat damit auf den Plan und hat sich zu einer sehr bedeutsamen Therapie entwickelt. Sie bedeutet einen „Stoß ins Vegetativum" bzw. eine „vegetative Gesamtumschalfung" von an Wunder grenzenden Heilerfolgen. Wenn das sogenannte „Sekundenphaenomen" F. HUNEKEs gelingt, dann kann in all diesen Fällen von einer echten Heilung akuter und chronischer Fälle im kausalen und kurativen Sinn gesprochen werden. Allen obenstehenden Heilungsbemühungen muß deshalb die Suche nach dem evtl. schuldigen Störungszentrum im neuraltherapeutischen Sinn HUNEKEs vorausgehen. Alles andere hat nunmehr nur sekundäre Bedeutung und kommt nur zum Einsatz, wenn nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten mit neuraltherapeutischen Methoden (Lit. s. Peter DOSCH, Lehrbuch der Neuraltherapie, HaugVerl., Ulm-Donau, U. Aufl. 1966} kein Heilerfolg zu erzielen war. Das Sekundenphaenomen HUNEKEs ist die eindrucksvollste „Umstimmungstherapie" die man ärztlich erleben kann, sie stimmt die pathologische Abwegigkeit mit einem Schlag zur Norm um, sie ordnet schlagartig das in Unordnung geratene und ist deshalb eine kausale Ordnungstherapie. Anschrift des Verfassers: Dr. med. habil. Heinz SCHOELER, Dozent für Innere Medizin, Karlsruhe, Bachstraße 26 Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. 207 Arzneimittelnebenwirkungen bei Phytotherapeutika Von R. F. Weiß Es ist eine weithin verbreitete Ansicht, vor allem im Publikum, aber auch bei manchen Ärzten, daß p f l a n z l i c h e Heilmittel schadlos seien, und gerade darin wird ein Vorzug derselben gesehen. Das ist in dieser allgemeinen Fassung sicher nicht richtig. Vor allem ist der Ausdruck pflanzliches Arzneimittel mißverständlich. Er ist noch ein Überrest aus der alten, vulgären Kräuterheilkunde, die wir heute überwunden haben. Die neue wissenschaftliche Phytotherapie ist, wie ich es in meinem „Lehrbuch der Phytotherapie" definiert habe, dio Lehre von der therapeutischen Anwendung der Heilpflanzen, wobei als H e i l p f l a n z e n alle jene bezeichnet werden, bei denen mit ausreichendem Grund eine Wirkung beim kranken Menschen angenommen werden kann. Damit ist klar zum Ausdruck gebracht, daß die Phytotherapie a l l e Arzneipflanzen umfaßt, von denjenigen mit starker, sogar weitgehend toxischer Wirkung bis zu den nur schwach, sogar ungenügend oder unsicher wirksamen, deren Verträglichkeit dann aber auch unbeschadet ist. Freilich bedeutet, was auch besonders hervorgehoben werden muß, gerade bei vielen pflanzlichen Heilmitteln eine gute Verträglichkeit und Unschädlichkeit nicht auch gleichzeitig eine geringe Wirksamkeit. Ein Beispiel hierfür ist die Kamille. Hier sehen wir schon, wie weit der Bogen bei den pflanzlichen Arzneimitteln reicht: Bei denjenigen für die Magen-Darmerkrankungen von der stark wirksamen Belladonna mit ihren toxischen Eigenschaften, sobaid die erträgliche Dosierung überschritten ist, bis zu der von Nebenwirkungen freien Kamille oder etwa den Bittermitteln, deren gute Wirkung für viele Erkrankungen des Magen-Darmkanals außer Frage steht. Bei den Herzmitteln reicht der Bogen von der Digitalis mit ihren toxischen Eigenschaften bis zu dem gut verträglichen Weißdorn. Noch auf ein anderes Mißverständnis muß hingewiesen werden. Noch immer kommt es - leider! - vor, daß Phytotherapie und Homöopathie weitgehend gleichgestellt werden. Zu diesem wesentlichen Punkt habe ich in meinem Lehrbuch ebenfalls bereits eingangs darauf hingewiesen, daß wissenschaftliche Phytotherapie keine Homöopathie sei. Die Verwendung pflanzlicher Arzneimittel nach homöopathischen Gesichtspunkten ist etwas grundsätzlich anderes. In der Homöopathie gilt die Simile-Regel, die Phytotherapie jedoch beschreibt und lehrt die Anwendung der Arzneipflanzen nach den allgemein in der Medizin gültigen Regeln. Zwar verwendet die Homöopathie bekanntlich auch viele pflanzliche Mittel, aber doch in ganz anderer Weise und Konzentration, und in diesen Verdünnungen sind sie dann auch unschädlich. Aber das ist doch, wie gesagt, etwas völlig anderes und darf nicht zu Verwechslungen führen. Nebenwirkungen mit in Kauf nimmt. Man müsse sie kennen und auch den Patienten darauf aufmerksam machen, und das gilt in gleicher Weise auch noch heute. Erst in letzter Zeit haben bedeutende Kardiologen darauf hingewiesen, daß es trotz vieler und verbesserter Digitalispräparate noch immer ausschlaggebend darauf ankomme, das jeweils gewählte Präparat gut zu kennen, sowohl hinsichtlich der Dosierung als auch der unvermeidlichen toxischen Begleiterscheinungen. Gerade bei den s t a r k wirksamen Heilpflanzen sehen wir die gleichen Schwierigkeiten, die heute als Nebenwirkungen oder besser als Mit- oder Zweitwirkungen der Arzneimittel soviel diskutiert werden. Bei vielen dieser pflanzlichen Heilmittel, die heute aus unserem Arzneischatz gar nicht mehr wegzudenken sind, sind heilende, also erwünschte, mit toxischen, also unerwünschten Effekten eng verbunden. Eines der besten Beispiele hierfür ist die Digitalis. WITHERING hat in seinem berühmten, auch heute noch ganz aktuell anmutenden Berichi über die Digitalis den toxischen Nebenerscheinungen fast mehr Raum gewährt als den Schilderungen der Heileffekte. Er tat dies ganz bewußt, weil er auf Grund seiner Erfahrungen und Beobachtungen mit allem Ernst darauf hinweisen mußte, daß die großartigen heilenden Wirkungen der Digitalis bei den schwer Herzkranken in sehr vielen Fällen nur zu erzielen seien, wenn man die gleichzeitigen erheblichen Magenkranke, vor allem solche mit Magen-Darmgeschwüren oder Hypersekretion, nehmen gerne einen Kartoffelsaft, der ihre Beschwerden deutlich lindert. In einfachster Weise kann dies das Kochwasser sein, das von den Kartoffeln abgegossen wird; oder man bereitet sich aus den rohen Kartoffeln einen Preßsaft. Es gibt auch verschiedene Präparate hierfür. Ein solches Kartoffelwasser betrachten die Kranken als völlig harmlos. Und doch können sie auch dadurch toxische Nebenwirkungen bekommen, wie ich es in einer Reihe von Fällen beobachtet habe. Die Kartoffel, Solanun tuberosum, gehört bekanntlich zur Familie der Nachtschattengewächse, Solanaceen, die auch die Tollkirsche, das Bilsenkraut und den Stechapfel umfaßt. In den Kartoffeln, vor allem in den schwarzen Beeren, aber auch in geringerem Maße in den Kartoffelknollen, ist das Solanin enthalten, das dem Atropin nahesteht. Wie dieses erzeugt es Trockenheit im Munde und Pu- 208 Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. Ähnlich liegen die Dinge bei der Belladonna und dem Atropin. Besonders deutlich sind sie bei der Herbstzeitlose, Colchicum autumnale, und derem Alkaloid Colchicin. Auch heute noch ist, trotz mancher inzwischen aufgekommener neuer Arzneimittel, beim akuten Gichtanfall Colchicum eines der besten und zuverlässigsten Mittel, und zumal französische Autoren — die ja in der Behandlung der Gicht schon lange besonders eingehende Erfahrungen haben — verwenden Colchicum auch heute noch gern zur Dauerbehandlung. Für die Anwendung von Colchicum, sei es in Form der einfachen Tinctura Colchici, der Colchysat-Tropfen oder des reinen Colchicin, gilt die Regel, alle Stunde eine Dosis zu verabfolgen, bis Durchfälle auftreten. Damit ist dann aber auch die Schmerzattacke des akuten Gichtanfalles gebrochen. Man muß aber bis zu dieser toxischen Grenze gehen. Therapeutische und toxische Dosis liegen also nahe beieinander, wie bei so vielen Arzneimitteln auch sonst. Geben wir die Belladonna bei der Hypersekretion des Magens, so gilt die Regel, daß man mit der Dosierung gerade so hoch gehen muß, bis etwas Trockenheit im Mund und Rachen auftritt. Das zeigt ein Nachlassen der Speicheldrüsensekretion an, und dies wiederum ist der Indikator dafür, daß nun auch eine Verminderung der Drüsensekretion im Magen eintritt. Bei der einfachen Tinctura Belladonnae, die noch immer eine unserer zuverlässigsten Belladonna-Zubereitungen ist, liegt die Dosis hierfür bereits bei etwa 6 bis 8 Tropfen, und schon bei einer Einzeldosis von 10 Tropfen kann die Wirkung eine zu starke sein, wobei es dann auch zu den bekannten Augenbeschwerden infolge der Pupillenerweiferung kommt. Bei den Arzneipflanzen, die gewöhnlich für unschädlich gelten, muß man doch vielfach, häufiger als meistens bekannt ist, mit toxischen Nebeneffekten rechnen. Sie brauchen nicht einmal im eigentlichen Sinne toxisch zu sein, sondern machen sich durch sonstige Nebeneffekte unerwünscht bemerkbar. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das Auftreten von Menstruationsstörungen und genitalen Blutungen bei Hopfenpflückerinnen, weil die Bestandteile des Hopfens, insbesondere das Lupulin, hormonähnliche Wirkungen entfalten. pillenerweiterungen. So kann es kommen, daß ein Kranker, der längere Zeit hindurch das abgegossene Kochwasser der Kartoffeln zu sich nimmt, über Sehbeschwerden fcfagf, die auf der Pupillenerweiterung beruhen. Natürlich ist er sich dieses Zusammenhanges nicht bewußt, aber der Arzt muß diese Möglichkeit kennen und daran denken! Bei Magen- und Duodenalgeschwüren wurde von amerikanischen Autoren frischer Kohlsaft empfohlen, ein Preßsaft aus dem gewöhnlichen Weißkohl oder Kappes. Auch dafür gibt es heute Spezialpräparate. Man glaubte für die günstigen subjektiven Wirkungen des KohJsaffes eine vitaroinähnJicbe Substanz verantwortlich zu machen, für die der Ausdruck Vitamin U (von Ulcus) geprägt wurde. Inzwischen wissen wir, daß es sich um einen Eiweißkörper handelt. Aber auch der Kohl kann zu eigenartigen Nebenerscheinungen führen. Große Mengen Weißkohl, sogar als Nahrungsmittel, wie man sie besonders im Kriege zu sich nahm, vermögen strumigen zu wirken, also zu einer Kropfbildung zu führen. Das warder Ausgangspunkt für die Auffindung der pflanzlichen Thyreostatica, die heute aus anderen Pflanzen, vorzugsweise aus Lycopus-Arten, hergestellt werden (Thyreogutt, Lycocyn). Beim Johanniskraut (Hypericum perforatum) und den daraus hergestellten Frischsäften und Präparaten ist auf die Möglichkeit einer Phofosensibüisierung zu achten. Man muß Patienten, die ein Hypericum-Mittel nehmen, darauf aufmerksam machen, daß sie sich nicht dem Licht allzu stark aussetzen dürfen, vor allem keine Sonnenbäder nehmen. Es könnte sonst zu einem recht erheblichen Sonnenbrand kommen. Sehr interessant sind die Nebenerscheinungen, die in letzter Zeit von der Lakritze oder dem Süßholzsaft, Succus Liquirifiae, beschrieben wurden. Seitdem der holländische Apotheker REVERS durch eine richtig gedeutete Zufallsbeobachtung die Liquiritia in die Therapie des Magenulcus eingeführt hat, nahm der Gebrauch bald eine große Verbreitung an. Man erkannte, daß die Wirkung eine antiphlogistische sei und auf einem hormonähnlichen Prinzip beruhe, das den Corticosteroiden aus der Nebennierenrinde analog sei. Ob es sich hierbei um die reine Glycirrhzinsäure handelt oder um andere Substanzen, ist noch nicht geklärt. Inzwischen wurde der entzündungshemmende, corficoidähnfiche Effekt auch in Form kleiner Bleibeklysmen mit Süßholzextrakt zur Behandlung der Colitis ulcerosa ausgenutzt (BÖLLER). Bei dem weiten Verbrauch, den die Liquiritia gefunden hat, konnte es nun nicht ausbleiben, daß auch überdosierungen und damit Nebeneffekte vorkommen, die denjenigen der Mineralcorticoide entsprechen. Sie zeigen sich im Auftreten von Oedemen, vor allem einer eigenartigen Schwellung des Gesichtes, auf die schon REVERS aufmerksam machte, und können bis zu Cushing-ähnlichen Bildern gehen. Auch akute Intoxikationen mit Herzbeschwerden, Bradykardie und Asthma cardiale sowie anfallsweise Kopfschmerzen und Leibkoliken wurden beobachtet (HENNEMANN). Aus den USA kommen Berichte, daß ei'n mit Lakrifze angereichertes Getränk zu lähmungsartigen Zuständen auf den Boden einer Hypokaliaemie geführt hat (MINVIELLE). Also auch der scheinbar so harmlose Süßholzextrakt, den wir ja alle von der Mixtura solvens kennen, kann ernsthafte Nebeneffekte hervorrufen! Deutsche und amerikanische Autoren beschrieben in letzter Zeit ein Krankheitsbild, das als Laxantien-Colon bezeichnet wurde. Es sind Elekfrolytsförungen, die ebenfalls bis zu lähmungsartigen Erscheinungen und Schwächezuständen gehen können, hervorgerufen durch langdauernden Mißbrauch von Abführmitteln. Auch an solche Möglichkeiten ist immer zu denken! Zur unschädlichen, weil rein mechanisch wirkender Bekämpfung einer chronischen Obstipation hat sich heute immer mehr der Gebrauch von Leinsamen, Semen Lini, durchgesetzt. Auch hier wird auf die Möglichkeit einer toxischen Schädigung aufmerksam gemacht. Es ist eine bekannte Tatsache, daß in den Leinsamen, ebenso wie in vielen anderen Samen, etwa den Kirschkernen, den bitteren Mandeln, den Pflaumenkernen usw., Blausäure enthalten ist. Jedoch sind die Mengen an Blausäure in dem Leinsamen so gering, daß sie praktisch niemals eine toxische Grenze erreichen. Zudem ist die Blausäure auch noch chemisch gebunden und wird normalerweise im Darm nicht frei. Es sind auch noch niemals in der gesamten Literatur Vergiffungszusfände durch Leinsamen berichtet worden; wohl aber durch bittere Mandeln, wenn sie von Kindern in größerer Menge genommen werden. Hinsichtlich der Leinsamen aber zeigt sich, daß wir uns durch theoretische Vorstellungen nicht irre machen lassen dürfen, wenn wir ein beliebtes pflanzliches Heilmittel verordnen. Ähnlich liegen die Dinge beim Wermut, Artemisia Absinthium. Das reine Absinthiin aus dem Wermut vermag das Zentralnervensystem schwer zu schädigen. Solche Intoxikationen sind möglich bei der Verwendung eines reinen alkoholischen Extraktes, wie in dem Absinth-Schnaps der Mittelmeerländer, der aus diesem Grunde in Frankreich verboten ist. Aber in den gewöhnlich gebrauchten WermutMengen, wie sie in der Wermut-Tinktur, in den Frischsäften und in den zahlreichen Präparaten, nicht zuletzt auch in den guten Wermut-Weinen vorliegen, sind derartige toxische Effekte nicht zu befürchten, da hier die Mengen an Absinthiin viel zu klein sind. Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, daß von sehr gebräuchlichen Heilpflanzen Nebenwirkungen berichtet werden, die n i c h t zutreffen. So wurde von der Pfefferminze gesagt, daß (ängerer Gebrauch Augenschädigungen machen könne. Das ist durch nichts bewiesen. Wohl aber trifft es zu, daß selbst die als so harmlos angesehene Kamille in Form von feuchten Umschlägen auf die Augen, etwa bei einer Conjunctivitis, zu Reizungen führen kann. Man sollte diese Indikation vermeiden, zumal wir hierfür Besseres haben, vor allem die feuchten Augen-Kompressen mit einer Abkochung aus Eichenrinde. Dagegen sind feuchte Kamillen-Umschläge bei schlecht heilenden Wunden durchaus angebracht, denn hier ist eine leichte Reizwirkung auf das Gewebe sogar erwünscht. Man muß also die einzelnen Heilpflanzen, ihre Wirkungsmöglichkeiten und damit ihre Anwendungsgebiete kennen und beachten. Es geht in dieser Beziehung in der Phytotherapie nicht anders, wie in der Pharmakotherapie überhaupt: Nur das Wissen schützt vor Mißerfolgen, sichert aber auch gleichzeitig die Erfolge! Anschrift des Verfassers: Dr. mecf. R. F. WflSS, Facharzt für innere Krankheiten, 7971 Marstetten-Aitrach Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. 209 Haltungsschäden bei Jugendlichen und ihre Beeinflussung mit apparativer Hilfe, bes. mit dem Schwebeläufer Von Dr. F. B a h n e m a n n B e w e g u n g i s t d i e U r s a c h e des Lebens (L. D. VINCI). Schulkinder sind zu 85% haltungsschwach. Zum gleichen Prozentsatz bedürfen sie kieferorthopädischer Behandlung. Unter den Schulanfängern ist kaum noch ein Kind mit einem gesunden Gebiß zu finden. Zur Haltungsschwäche und zum Gebißschaden gesellen sich die Fußleiden. In vergleichenden kieferorthopädischen Untersuchungen fanden wir bei gestörter Lagebeziehung vom Unter- zum Oberkiefer entsprechende Veränderungen im Wirbelsäulenbereich. Fast regelmäßig gehört zu einer Rücklage des Unterkiefers (wie bei der Prognathie) eine Hyperlordose der Hals- und Lendenwirbelsäule. Außerdem ist der Abstand zwischen hinterem Atlasbogen und dem Dornfortsatz des Epistropheus vergrößert (Abb. 1). oder von außerhalb der Reihe gedrängten Zähnen (Abb. 2 und 3). Abb. 2 Bei einer Patientin mit einseitiger Koxarthrose ist der letzte Molar auf der einen Seite des Oberkiefers nach außen, der zweite Prämolar auf der anderen Seite des Unterkiefers nach innen gedrängt. Abb. 3 Lückengebiß mit vertiefter Bißlage und Verlust der Kauebene. Die Molaren berühren die Schleimhaut des Gegenkiefers. Patient litt unter schmerzhafter Schultersteifheit und konnte erst wieder beschwerdefrei Tennis spielen, als durch eine Zahnprothese die Lücken geschlossen und die Kauebene wieder hergestellt waren. Abb. 1 Prognathie mit 6 mm vorstehenden lückigen Frontzähnen bei Unterkiefer-Rücklage. Platznot für die unteren Eckzähne. Mundatmer. Hinterer Atlasbogen berührt das Hinterhaupt des 9jährigen haltungsschwachen Jungen. Lateralabweichung einer Unterkieferhälfte (Kreuzbiß) fanden wir häufig bei Skoliotikern. Dem Vorstand des Unterkiefers (Progenie) entspricht eine steile, gestreckt erscheinende, kyphosierte Hals- und Lendenwirbelsäule. Bei zervikalen und zerviko-brachialen Syndromen sowie koxarthrotischen Beschwerden z. B. ergab sich oft das Bild eines Lückengebisses Wenn man zur Therapie mit den Augen des Statikers ansetzt und sie auf den Ort der Erkrankung begrenzt, bleibt der Erfolg versagt. Es kommt dann weder zu einem harmonischen und r e z i d i v f r e i e n Gebiß, noch gelingt es, den Haltungsschaden auf die Dauer zu beseitigen, d. h. einer echten Heilung zuzuführen. Physiologische Vorgänge sind mit statischen Vorstellungen unvereinbar. ROUX machte bereits darauf aufmerksam, daß Form und Gestalt des Knochens als Produkt der Funktion der Muskulatur zu gelten haben. Dabei' wollen wir nicht übersehen, daß auf 1 qmm Muskelfleisch 2000 Blutkapillaren und weit mehr Lymphkapillaren gezählt werden. Wenn Wirbelsäulenschäden, gekoppelt mit Kieferfehlbildungen und Fußleiden, bei Jugendlichen als Folge eines Bewegungsmangels (Hypokinetosen) und Ausdruck des Orthostasekomplexes nachgewiesen wurden (BALTERS), dann können Extensionen an der Wirbelsäule - auch im Langzeitverfahren — wohl kaum das Mittel der Wahl sein. Ein hypokinetisch un- und unterentwickelter Organismus ist für eine Extension der Wirbelsäulenmuskulatur völlig unvorbereitet, wie andererseits artistische Bravourstücke eine entsprechende langdauernde, intensive Übung voraussetzen. Behandlungserfolge mit der Glissonschlinge unter s t a r r e r Extension k ö n n e n Zur Diabetes-, Leber-, Herz- und Alters-Diät Bitte fordern Sie Informationsmaterial an bei RADEMANN Dr. E, Priemer 638 Bad Homburg v.d.H. : RADEMANN1 Hessenring 82 Dr. PRIEMER I RADEMANN-FRUCHTZUCKER 210 Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. eintreten, aber nur, wenn die Zugrichtung stimmt (CRAMER). Wir möchten hinzufügen: Extensionen sollten nur in Ruhelage und mit individuell dosierter Zugkraft erfolgen. Die Ergebnisse sind dubios und müssen wegen der kreuzvergittert angelegten Nacken-Schultermuskulatur dem reinen Zufall überlassen bleiben. Mit der Längenzunahme der Rückenmuskulatur bei Extensionsversuchen jedoch ist eine steigende Erhöhung der Muskelspannung verbunden; Muskeldehnung führt zur Hypertonie (HUFSCHMIDT, MÜLLER-LIMRODT). Deshalb bevorzugen wir andere Wege, um die der Extension anhaftenden Mängel zu überwinden. Bei den Geräten, über die hier zu berichten ist, sind wir nicht nur auf die Mitarbeit des Patienten angewiesen, sondern sie steht sogar im Vordergrund. oberhalb, bei der Expiration die Entleerung der Venen unterhalb des Zwerchfells, ganz abgesehen davon, daß sie ein unerfäßlicher und unersetzlicher Impuls für dre Lymphstromdynamik ist und zudem gestaute Muskel- und Organbezirke entwässern hilft. Immer wird außerdem auch bestätigt, daß kaum eine Behandlungsmethode so gute Erfolge bei v e g e t a t i v e n Störungen erreicht, wie es mit einer nachhaltig durchgeführten Bewegungstherapie, die eine ganzkörper/iche Lockerung vermittelt, gelingt. Dazu bieten die Schwebelaufübungen eine willkommene Möglichkeit. Abb. 5 Spannungslöser Mit jedem Schritt auf dem Spannungslöser (Abb. 5) werden 40 der 360 einzeln abgefederten Holzstöpsel erfaßt, die auf die Reflexzonen der Fußsohle massierend einwirken. Dieses Fußmassage- und Beingymnastikgerät muß auf einer SchaumstofFunterlage von beträchtlicher Höhe stehen, damit es den Effekt des Waldbodens, gleichzeitig aber auch den Einfluß einer schaukelnden Schiffsplanke garantiert. Das bedeutet, daß jede nur mögliche Stauchung auch einzelner Wirbelkörper oder Quetschung gefährdeter Bandscheiben bei den Laufübungen mit Sicherheit vermieden werden. Die Schaukelbewegungen haben denselben günstigen Einfluß wie jene auf einem schlingernden Schiff: Der Seemann kennt keine Verdauungsstörungen, keine Obstipationen (NAUMANN). Wer mit Geräten therapiert, muß gut mit ihnen umgehen können und die Indikation ihrer Anwendung und H a n d h a b u n g beherrschen. Sonst stellen sich Mißerfolge ein. Wir sehen es als groben Fehler an, wenn die Zugwirkung des Kopfhalters, die nur milde angesetzt zu werden braucht, überdosiert wird. Ja, man braucht den Kopfhalter durchaus Abb. 4 nicht immer anzulegen. In den meisten Fällen genügt die Lockerungsübungen im Schwebeläufer. äußerst wirksame Nutzung der elastischen Schulterträger, um den Schultergürtel mit der Brustwirbelsäule und der So dient der Schwebeläufer (Abb. 4) mit seinen e l a s t i Atmungsmuskulatur aufzulockern. Schließlich verdankt der s c h e n Haltevorrichtungen nicht als Extensions-, sondern als Mensch seine Aufrichtung nicht etwa einem mächtigen MusLockerungsgerät. Schwebelauf-Übungen zielen ausschließlich auf die muskuläre Entspannung — nicht nur eines bestimmten, kelpaket am Kopf, das er nur zu spannen braucht, um im Lot zu sein. Die Aufrichtung erfolgt von den Füßen her, der einzelnen und begrenzten Körperbereiches —, sondern des Mensch hat sich „auf die Beine gestellt". Er nutzt das in der g a n z e n Organismus mit all seinen Organen und OrganGrenzschicht „zwischen Himmel und Erde" waltende Kräfteinhalten. Der Schwebeläufer eignet sich deshalb auch vorspiel gravitatorisch und a n t i g r a v i t a t o r i s c h ausgerichtezüglich als apparative Hilfe bei der a k t i v e n Bewegungster Dynamik: Nicht im Kampf g e g e n die Schwerkraft therapie. richten wir uns auf, sondern m i t u n d an dieser. Im Es gibt vergleichsweise kein Gerät, bei dessen Gebrauch W a s s e r lernen wir die von der Erdschwere befreiend wiraktive Bewegung so effektvoll mit ganzkörperlicher Auflockekenden Kräfte kennen: N u r t o t e F i s c h e s c h w i m m e n rung - selbst gesteuert - gekoppelt ist, wie es beim m i t d e m S t r o m . Wie die Effekte der Hydrodynamik mit Schwebeläufer erreicht wurde. Jeder Art von Leibesübungen gleicher Kraft nach a l l e n Seiten gerichtet sind, das zeigt passen sich Puls und Atmung nach Bedarf an, bei der u. a. das zwischen Bodennässe und Atmosphäre aufwärts Schwebelaufübung sind diese jedoch n i c h t oder kaum befließende Wasser. Jede Pflanze und jeder Baum verdanken schleunigt (BRATTIG, OETTLI, SCHWARZ). Zwar wird die Aufrichtung und Aufrechthaltung allein der Dynamik in Atmung vertieft, bekanntlich fördert aber gerade die intenihrem System der Wassersteigteitungen, in welchen alle Säfte sivierte Atmung bei der Inspiration die Entleerung der Venen Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. 211 durch Aufwärtsströmung den Pflanzenkörper archimedisch auf ein flottes und lockerndes, harmonisches Bewegungsspiel leichtern, um im Transpirationssog der Blätter mit dem abzielen - Kinder vermögen das in sehr graziler und anmutiger gedunsteten Wasser wieder entlassen zu werden. Ähnliche Weise zu demonstrieren —, desto größer ist der Erfolg in Kräfte wirken im Gefäßnetz der gesamten Wirbelsäule und bezug auf eine ökonomische Verteilung der Flüssigkeiten in ihrer Muskulatur: Im klappenlosen Netz der v e n ö s e n den Organen, auf eine zentripetalwärts gerichtete Strömung L e i t u n g vollzieht sich ein Akt h y d r o d y n a m i s c h e r in den Saftbahnen der Venen- und Lymphgefäßsysteme. L e i s t u n g : Erst der Zustand s t r ö m e n d e r B l u t f ü l i e im Eine so durchgeführte Bewegungstherapie hat einen überVenensystem gibt der Wirbelsäule Halt und dem ganzen ragenden und oftmals überraschenden Einfluß auf die FunkMenschen Haltung. Nicht allein, daß wir das Wasser in uns tion der ableitenden Organe wie aber auch auf den Energietragen, ist von entscheidender Bedeutung, sondern d a ß es austausch beim „Stoffwechsel der Wechselstoffe" (BALTERS). uns t r ä g t (BALTERS). Eine Bandscheibe kann - in Wasser Da in der lebendigen Substanz die Prinzipien elastischer und gelegt — auf das 20fache aufquellen. Wir können annehmen, kontraktiler Grundfunktionen ubiquitär anzutreffen sind, bedaß dieses hydrophile Gebilde im lebendigen Körper einen darf es einer dauernden Übung unter e l a s t i s c h e n Gegebenpermanenten Sog auf die Flüssigkeiten des knöchernen Wirheiten — zur Erhaltung und Erneuerung ihrer Geschmeidigbelkörpers ausübt. An dem von PAUWELS erwähnten Beikeit. Eine Methode, die der Grundsubstanz ihrer plastischen spiel eines elastischen Körpers von zylindrischer Gestalt, der und eutonischen Eigenschaften bewahren oder zurückgeben durch Längsdehnung eine in der Mitte eingezogene Form soll, muß Strömungsinsuffizienzen vor allem im Lymphgefäßannimmt, läßt sich die konkav eingeschnürte Zylinderform system dynamisch beeinflussen, um diese bleibend auszuheides Wirbelkörpers (einschaliges Hyperboloid) erklären. Es len. So kann sie im Sinne einer Ganzheitsbehandlung funkdarf auch daran erinnert werden, daß atmosphärischer Druck tionell und organisch erkrankte einzelne Körperregionen auf die Gelenke so einwirkt, daß z. B. Knochen in den luftüber die Gesundung des ganzen Organismus zur Ausheilung verdünnten Gelenkkapseln wie Magdeburger Halbkugeln anbringen helfen. einander gepreßt werden und Gliedmaßen gewichtslos am Den an elastischen Zügen befestigten Kopfhalter benutzen Rumpf hängen. Unter ähnlichen Bedingungen wird vermutlich wir fast nur in der Absicht, um den Mundschluß zu erreichen der Wirbelkörper an die Bandscheiben adhäsiv geheftet, so und die N a s e n a t m u n g zu sichern. Wie könnten wir es daß die Taillenform des Wirbels das Produkt der Funktion auch verantworten, auf die Kopfgelenke unbiologisch einzuvon Energiepotentialen wäre, die an der Grund- und Deckwirken, nachdem wir durch McLOUCH, I. D. DEERING und platte des Wirbels als Z u g k r ä f t e ansetzen (Abb. 6). T. H. LING erfuhren, daß die Zentren der tonischen Halsreflexe, die maßgebend für die Stato-Kinetik sind, hier ihre Heimat haben. Jede Extension - hier in der Bewegung - ist von Übel (EXTENSOR = FOLTERER!). Mit der Beachtung der Nasenatmung bei Aufrechthaltung des Kopfes in der Lotrechten wird eine meßbare Zunahme des Atem-Minuten-Volumens erreicht. Wenn wir organeigene Heilungstendenzen wecken wollen, gilt es zunächst immer, die humoralen Strömungsregulationen durch Schaffung günstigster Zirkulationsbedingungen im gesamten Blut- und Flüssigkeitshaushalt in und d u r c h B e w e g u n g zu beeinflussen. Diese Bewegung — zur Lockerung und Entspannung — ist es, die bei allem therapeutischen Einsatz konsequent im Vordergrund steht. Mit einem Ruder- und Rollmassagegerät kann eine Auflockerung der gesamten Rückenmuskulatur auf einem Rollenbett, ebenfalls durch aktive Bewegung des Patienten günstig vorbereitet werden (Abb. 7, 8, 9). Abb. 6 Die Taillenform der Wirbelkörper ähnelt einem einschaligen Hyperboloid. Im Gegensatz zu der hyperboioiden Auswirkung des Wirbelkörpers kann die mehr ellipsoide Form der Bandscheiben als Ergebnis ihrer T r ä g e r f u n k t i o n gedeutet werden. Sie sind es denn auch, die als wäßrige Stoßdämpfer Stauchwirkungen elastisch polsternd und puffernd aufzufangen haben. N i c h t cTie W i r b e l k ö r p e r , s o n d e r n d i e B a n d s c h e i b e n w ä r e n d e m n a c h d e r t r a g e n d e F a k t o r des A c h s e n o r g a n s . Sie haben keine statische, sondern eine dynamische Aufgabe; ihr funktionelles Leistungsvermögen verdanken sie hydrodynamischen Energiepotentialen. Auf die Erhaltung und Gestaltung ihrer Fähigkeit zur opiimalen Hydrierung und ggf. Rehydrierung zielt die Schwebelaufübung, denn der jeweilige Quellungszustand dieser Wasserkissen, die zusammen etwa ein Viertel der Wirbelsäulenlänge ausmachen und über die Kurvatur der Wirbelsäulenkrümmung bestimmen, entscheidet über den Grad der Elastizität des gesamten Rumpfes, damit aber auch über die Haltung des Menschen. Je weniger wir deshalb bei den Schwebelauf-Übungen auf einen Extensionseffekt, je mehr wir 212 Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. Vor der Benutzung des Schwebeläufers löst der Patient durch Übungen, wie sie ähnlich sich beim Rudern vollziehen, die Sfeffheif sefner Gelenke in den Fingern, in den Händen und Armen, in den Schultern, in der Wirbelkette, im Kreuz-Darmbeinbereich, in den Hüften, in der Knieregion und in den Füßen. Anschließend liegt er nach Entfernung des Rollsitzes auf einem elastisch gefederten Rollenbett, rücklings auf etwa 500 einzelnen Scheibenrollen, um bei angeschnallten Füßen und passiv gelagertem Kopf durch Kniebeugen in der Horizontalen alle Rückenbereiche von der Schulter bis zum Gesäß gleichmäßig und gleichzeitig zu massieren. So kommt es zur Entkrampfung der hypertonischen Rückenpartien mit gleichzeitiger Kräftigung der oftmals erschlafften Bauchdecke. Die Erfolge sind nicht ausgeblieben. Kieferorthopädische Behandlungen sorgen nicht nur für ein harmonisches Gebiß. Sicher ist, daß sie in der Kopf-Hals-Einheit auch die Reflexabläufe in toto ordnen und regeln. Seitdem wir die SchwebeJauf-Übungen hinzuziehen, beeinflussen wir zugleich die Steuerungszentren für die Stato-Kinetik in den oberen Kopfgelenken. Deshalb lassen sich die Behandlungen in kürzerer Zeit als früher zu einem erfolgreichen Abschluß bringen, auch, wenn das Wachstumsalter beendet ist und auch, wenn Erwachsene ohne Altersgrenze sich einer kieferorthopädischen Behandlung und damit gleichzeitig einer Beseitigung ihres Haltungsschadens unterziehen. Selbstverständlich muß der Patient einer Umerziehung seiner krankmachenden Gewohnheiten und Verhaltensweisen zustimmen, damit er den Instinkt für eine gesund ausgerichtete Orientierung in bezug auf sein Milieu, seine Lebensweise, Ernährung, Atmung, Bewegung, Kleidung usw. finden kann. Abb. 8 ^#~="^ C o r p o r a non a g u n t n i s i f l u i d a Literatur beim Verfasser. Anschrift des Verfassers: Dr. med. dent. Fritz BAHNEMANN, 242 Eutin, Albert-Mahlstedt-Straße 18 Abb. 9 Kurzwellentherapie in der Praxis Von E r w i n S c h l i e p h a k e Es gibt wohl keine Heilmethode, die so vielseitig ist und mit der man in der Praxis des Arztes so viel erreichen kann wie mit der Kurzwellenbehandlung. Auch gibt es wohl kein Verfahren, mit dem so wenig verdorben werden kann und das so wenig Nebenwirkungen hat. Allerdings sollte der Arzt sich aber doch auch mit den Grundlagen etwas vertraut machen. Immer wieder werden mit die besten Erfolge nicht von großen Kliniken berichtet, sondern gerade von den praktischen Ärzten, besonders auf dem Lande. Dies ist darauf zurückzuführen, daß der Arzt sich selbst darum kümmert oder seine Ehefrau die Behandlungen unter seiner Leitung ausführt, während in Krankenhäusern die Behandlung oft untergeordneten Personen überlassen bleibt, die die Behandlungen schematisch ausführen. Man hört da oft auch die merkwürdigsten Ansichten über das Zustandekommen der Wirkungen der Kurzwellen. Zunächst muß mit der Ansicht aufgeräumt werden, daß die Kurzwellenbehandlung eine gewöhnliche Wärmetherapie sei, so wie etwa ein Heizkissen. Sofche Auffassungen zeugen von einer elementaren Unkenntnis der Grundlagen der Elektromedizin, und man findet sie auch meist bei Leuten, die sich nie ernstlich damit beschäftigt haben. Oft habe ich derartige Äußerungen von Personen gehört, die noch nie einen solchen Apparat selbst betätigt hatten. W ä r m e entsteht selbstverständlich im Kurzwellenfeld wie bei jeder Umwandlung von Energie. Keinem Menschen würde es aber einfallen, exogene chemische Reaktionen oder eine mit Erwärmung einhergehende Massage als Wärmetherapie schlechthin zu bezeichnen. Es sind eben noch andere Dinge mit im Spiele, und es kommt darauf an, an welchen Strukturen im Körper die Umwandlung der Energie vor sich geht. Von der Kurzwellenenergie wissen wir, daß sie hauptsächlich an bestimmten M i k r o s t r u k t u r e n der Zellen angreift, und zahlreiche Experimente haben ergeben, daß die Permeabilität der Z e l l m e m b r a n e n beeinflußt wird. Man kann also keinesfalls die Wirkungen der Kurzwellen mit denjenigen von Infrarot, strahlender Wärme oder gar eines Heizkissens vergleichen. Ein Autor hat sogar behauptet, durch die Hautreizung unter dem Heizkissen entstehe eine Gefäßerweiterung in den tieferen Schichten und die sei manchmal stärker als unter der Kurzwelle. Hier steckt ein weiterer Denkfehler, nämlich GefaSerweiterung einfach gleich Heilwirkung zu setzen. Alle Heilwirkungen bei Krankheiten kommen durch Faktoren verschiedener Art zustande, wozu unter anderem auch der erwähnte Einfluß auf die Zellmembranen gehört. Außerdem (ä'ßt sich aber leicht beweisen, daß bei der Kurzwellentherapie eine tiefgehende a r t e r i e l l e H y p e r ä m i e auftritt, und zwar schon bei Dosierungen, die keine Wärmeempfindung hervorrufen. Wie soll man im übrigen erklären, daß bei schwacher Kurzwellendurchflufung von tiefgelegenen Eiterherden fast momentan eine Vermehrung der Leukozyten im Blut auftritt, oder daß sich pneumonische Infiltrate und interlobäre eitrige und nichteitrige Exsudate in der Lunge resorbieren, daß endokrine Drüsen aktiviert werden und daß Physik. M e d . u. Rehab. / 8. J a h r g . 213 mit fortgesetzten Durchflutungen im Tierversuch eine Hypertrophie der Nebennieren auf das Doppelte erzielt werden konnte, ganz abgesehen von den Einflüssen auf das Tumorwachstum. Durch Heizkissen erreicht man das nicht. Schon aus dem Gesagten ist zu ersehen, wie vielfältig die Wirkungen des Kurzwellenfeldes sind und wie die Mikrostrukturen innerhalb der Zellen beeinflußt werden. Aus den Bildern sehen Sie, in welcher Weise sich der B l u t z u c k e r verändert, je nachdem wie verschiedene endokrine Drüsen durchflutet werden. Es kommt zu einer Aktivierung, bei der je nach Art der Drüsen der Blutzucker erhöht oder gesenkt wird. Bei Überfunktion der betreffenden Drüsen entstehen andere Kurven als bei normaler oder Unterfunktion, so daß man daraus diagnostische Schlüsse auf den F u n k t i o n s z u s l a n d d e r D r ü s e n ziehen kann, die auch für die einzuschlagende Therapie wichtig sind. Beispielsweise kann man bei Basedowscher Krankheit feststellen, inwieweit Schilddrüse und Hypophyse beteiligt sind, und danach richten sich die Aussichten einer Thyreoidektomie. Durch Beobachtung der Leukozyten nach einer fünf Minuten dauernden Durchflutung kann man verborgene Entzündungsherde feststellen, etwa eine Karditis oder Osteomyelitis oder atypische Appendicitis, und danach die Therapie einrichten. Diese Untersuchungen sind leicht in der Praxis durchzuführen. Den Praktiker interessiert aber doch noch mehr die eigentliche T h e r a p i e , und da gibt es große Möglichkeiten. Ein großer Vorteil ist dabei, daß man die Kurzwellentherapie zusammen mit jeder anderen Therapie zusammen anwenden kann, sei sie arzneilicher oder physikalischer und diätetischer Art. Für die P r a x i s kommen verschiedene A r t e n d e r A n w e n d u n g in Frage, die im Grund zwar zu identischen Ergebnissen führen, in der technischen Anwendung aber verschieden sind. Das beruht darauf, daß für die medizinische Anwendung nur bestimmte W e l l e n l ä n g e n zugelassen sind, weil sie das Fernsehen und die Nachrichtenübertragung nicht stören dürfen. Nach allen unseren früheren Ergebnissen ist am günstigsten für die Therapie eine Wellenlänge von ca. 1 m. Die entsprechenden Geräte sind aber von den Fernmeldeämtern nicht mehr zugelassen und die medizinische Technik mußte nun versuchen, aus den zugelassenen Wellenlängen das Beste herauszuholen. Die 1 1 - m - W e l l e kann in der altbewährten Weise im Kondensatorfeld angewandt werden. Die elektrischen Schwingungen eines Kurzwellensenders (meist 300 W) werden auf einen geschlossenen Schwingkreis übertragen, an dessen offenen Enden zwei Platten angebracht sind, die einen Kondensator bilden. Zwischen ihnen entsteht das Kondensatorfeld. Zwischen den mit einer Frequenz von ca. 9 Mio in der Sekunde wechselnden Ladungen entstehen elektrisch anziehende und abstoßende Kräfte, die man als Feldlinien darzustellen pflegt und die den menschlichen Körper in seiner ganzen Dicke durchdringen können, wie ich dies seinerzeit nachgewiesen habe. Da die F e l d l i n i e n nicht alle geradlinig durchdringen und ein Teil gestreut wird, und weil auch die einzelnen Gewebe verschieden stark ansprechen, ist die Wirkung am stärksten an der Haut und im Fettgewebe. Man spricht von thermischer Hautbelastung wegen der entstehenden Wärme. Die Erwärmung in den tiefgelegenen Organen, wie Niere, Herz, Speiseröhre, Magen, ist daher verständlicherweise geringer als in den oberflächlichen Schichten. Wir sprechen von r e l a t i v e r T i e f e n w i r k u n g . Aus Messungen, die wir in den genannten inneren Organen ausgeführt haben, wissen wir, daß die Tiefenwirkung im Kondensatorfeld dort immer noch beträchtlich ist und für die Erreichung des therapeuiischen Zweckes voll ausreicht. Da wir es mit einem elektrischen, von Platte zu Platte verlaufenden Feld zu tun haben, sind 214 Physik. Med u Rehab / 8 Jahrg. die Verhältnisse im Kondensaforfeld am klarsten, sie sind auch am besten untersucht. Wichtig ist das A b s t a n d s p r i n z i p : Nur bei genügendem Luftabstand zwischen Elektrode und Körper wird gute Tiefenwirkung erzielt. Daher die Abstands-Elektroden. Zugelassen ist ferner eine Welle von 12,5 cm Länge, die sogenannte Mikrowelle (man bezeichnet als M i k r o w e l l e n den Bereich von 1 m abwärts, die Dezimeter- bzw. Zentimeterwellen). Hier kann man das Kondensatorfeld nicht mehr anwenden, die dazu notwendigen Schwingkreise sind zu klein. Die elektrischen Wellen haben aber quasi-optische Eigenschaften, ähnlich wie das Licht, sie können gebrochen und reflektiert werden, man kann sie mit Linsen und Hohlspiegeln sammeln. Man strahlt deshalb die Mikrowelle von einer Richtantenne aus auf den Körper und bündelt sie mit einem Hohlspiegel. Ein Vorzug ist die sehr einfache Anwendung. Im Feld der Mikrowelle erwärmt sich die Haut und die Fettschicht nur wenig, woraus man auf eine besonders guto Tiefenwirkung glaubte schließen zu können. Es hat sich aber ergeben, daß fast die gesamte Energie in der nächst tieferen Schicht, hauptsächlich in den Muskeln, absorbiert wird. Die Tiefenwirkung erstreckt sich daher nur auf 2—3 cm. Tiefer gelegene Organe werden höchstens noch minimal beeinflußt. Die Mikrowelle eignet sich sehr gut zur Behandlung oberflächlich gelegener Prozesse, wie Entzündungen der Haut, im Fettgewebe, in den Lymphdrüsen, Halsentzündungen, Krankheiten der Nasen-Nebenhöhlen, Orchitis und Epididymitis, Schweißdrüsenabszessen, Augenkrankheiten, Panaritien, Mastitis. Einen Fortschritt bedeutet die Freigabe der Wellenlänge von 69 c m , die der günstigen Wellenlänge von 1 m nahe liegt. Um diese Wellenlänge mit Erfolg anwenden zu können, sind schwierige technische Entwicklungen notwendig gewesen. Man verwendet Strahler bestimmter Art, meist sogenannte Muldenstrahler, bei denen die Energie von mehreren Richtungen her auf den Körper eingestrahlt wird. Man erzielt dabei eine Tiefenwirkung, die in bestimmten Körperteilen derjenigen des Kondensatorfeldes gleich ist, sie in manchen auch übertrifft. Ich habe mit einem Gerät dieser Art jetzt schon seit 10 Jahren Erfahrungen sammeln können. Die Heilerfolge sind gut. Die Anwendung ist sehr einfach. Der Strahler wird nur auf den zu behandelnden Körperteil aufgesetzt, alles andere läuft automatisch. Die leichte Handhabung der modernen Geräte verführt leider zu einer schematischen Handhabung, und das ist ein großer Fehler. Immer wieder erlebt man, daß selbst in großen Kliniken und Krankenhäusern eine Angestellte alle Kranken mit der gleichen Dosis und Zeitdauer behandelt, meist 15 oder 20 Minuten und so stark, daß es dem Kranken richtig warm wird, denn das lieben die Patienten. Eine solche Handhabung ist aber grundfalsch. Die D o s i e r u n g ist das A und O der Kurzwellenbehandlung, wie jeder Therapie. Zunächst muß man daran denken, daß nicht immer alle Feldlinien das Objekt treffen. Direkt im Kondensatorfeld oder unter dem Strahler ist das Feld immer sehr stark. Oberflächliche Prozesse werden daher voll getroffen und erhalten eine verhältnismäßig starke Dosis. Das gilt besonders bei Behandlung eines kleinen Körperteils, etwa eines Fingers, da die Feldlinien sich dort konzentrieren. Hier muß man daher die Feldenergie geringer nehmen oder kürzer durchfluten als bei einem größeren Objekt oder einem tiefliegenden Organ Man muß bedenken, daß an der Leber oder der Gallenblase nur etwa 1/5 der Energie zur Wirkung kommt und bei der in eine starke Fettkapsel eingebetteten Niere nur 1/10 bis 1/20 je nach Dicke der Fettschicht. Bei Durchflutung des Schädels ist die auf das Großhirn und sein Gefäßsystem entfallende Dosis verhältnismäßig groß. Man wird daher bei entzündlichen Prozessen im Schädelraum bei Arteriosklerose der Hirngefäße und bei Apoplexien verhältnismäßig schwache Dosen und Durchflutungszeiten bis 5 Minuten anwenden. Wenn es aber darauf ankommt, die Hypophyse zu aktivieren, muß man starke Dosen mit einer Dauer von 10 bis 20 Minuten anwenden, denn die Energie verteilt sich auf den Kopf, und auf die Hypophyse entfällt nur ein kleiner Teil (sogenannte R a u m d o s i s ) . Irgendwelche Schäden an Organen des Kopfes sind übrigens bisher nie beschrieben worden. Die Dosierung wird eingeteilt in 4 Stärken, wobei wir uns nur nach der Empfindung der Kranken richten. Alle physikalischen Dosismesser haben bisher in der Praxis versagt, weil sie nichts über die an die kranken Organe herangebrachte Dosis aussagen können. Dosis 1 ist sehr schwach, so daß man früher von athermischer Behandlung gesprochen hat, weil die in den Geweben entstehende Wärme keine meßbaren Grade erreicht. Technisch gehen wir so vor, daß der Patient zuerst eine geringe Wärmeempfindung hat, dann geht man mit der Einstellung etwas zurück, bis er nichts mehr spürt. Diese schwache Dosierung wird nur selten angewandt, hauptsächlich bei Tuberkulosen und bei akut-eitrigen Entzündungen an der Oberfläche des Körpers. Dosis 2 : Der Kranke hat gerade ein leichtes Wärmeempfirjden. Diese Dosierung wird bei akut-eitrigen Entzündungen angewandt, die nahe der Oberfläche liegen: eitrige Wunden, Furunkeln, Karbunkeln, Schweißdrüsenabszessen, Thrombophlebitis, Panaritien, Mastitis puerperalis, Eiterungen an Augen und Ohren, Nasen-Nebenhöhien, Orchitis, Epididymitis. Dosis 3: Angenehme Wärme. Wird am häufigsten angewandt bei etwas tiefer liegenden Entzündungen, etwa der Gelenke, der Gallenblase, bei akuten Abszessen der Lunge, Empyemen der Pleura, der Nasen-Nebenhöhlen, bei Entzündungen an den Gelenken der Gliedmaßen und der Wirbelsäule, Periarthritis humeri, subakuten Neuritiden sowie zur Aktivierung der endokrinen Drüsen, wozu manchmal auch Dosis 4 nötig ist. Dosis 4: Gerade noch erträgliche Wärmeempfindung. Wird bei chronischen Krankheiten angewandt, z. B. Gelenkrheumatismus, Osteomyelitis, Verschwartungen der Pleura, chronischen Pneumonien. Bei den akuten und subakuten Entzündungen beginnt man im akuten Stadium mit schwacher Dosis und geringer Dauer bis 5 Minuten und steigert allmählich so, wie es die Kranken gut vertragen. Sollte durch zu hohe Dosierung Aktivierung erfolgen, so wartet man 2 bis 3 Tage bis zum Abklingen der Erscheinungen und beginnt dann wieder mit der halben Dosis bzw. Zeitdauer. Richtunggebende Verschlimmerungen selbst akuter Prozesse unter der KW-Durchflutung habe ich noch nicht erlebt, und sie sind auch nicht beschrieben worden. Man soll sich aber vor überdosierungen hüten, weil der Erfolg ausbleibt Die Dauer der Durchflutungen soll bei oberflächlichen akuten Prozessen am Anfang 2 bis 3 Minuten betragen. Bei guter Verträglichkeit kann man, falls der Erfolg nicht eingetreten ist, allmählich steigern. Man durchflutet bei solchen Prozessen täglich. Je chronischer eine Krankheit Ist, desto stärker kann man dosieren und desto länger durchfluten, über 10 Minuten geht man in den seltensten Fällen. Zur Aktivierung der inkretorischen Drüsen beträgt die Dauer 10 bis 20 Minuten. Bei therapeutischer Anwendung beginnen wir dabei auch mit 8 Minuten und verlängern die Dauer jedesmal um 1 Minute bis zu 12 bis 15 Minuten. Beim chronischen Gelenkrheumatismus genügt die Kurzwellenbehandlung in der beschriebenen Form nicht. Hier kommen wir nur weiter mit der Ganzbehandlung in Form der KW-Hyperthermie. Hierbei wird der ganze Körper auf erhöhte Temperatur gebracht. Man kann dies auch mit anstei- genden Wasserbädern erreichen. Wenn man aber einen Kurzwellenapparat besitzt, ist die elektrische Methode einfacher durchzuführen. Der Patient liegt dabei entweder in einem Helzkasten, oder man benufzf zwei Kurzwellengeräte gleichzeitig. Die Energie wird dabei nicht im Kondensatorfeld zugeführt, sondern es ist besser, eine an beide Pole des Gerätes angeschlossene isolierte Schlinge um den Körper zu legen, so daß er durch die Wirbelströme aufgeheizt wird. Man kann so im Laufe von 30 bis 60 Minuten im Mund gemessene Körpertemperatur auf 38 bis 40 Grad steigern. Es ist anzunehmen, daß die Temperatursteigerung im Körperinneren dabei wesentlich höher ist, daß also ein starker Temperaturgradient von innen nach außen besteht. Die I n d i k a t i o n e n sind bei der Dosierung schon kurz erwähnt worden. Sie umfassen in erster Linie Entzündungen alier Art, ob sie nun durch Bakterien oder Virus verursacht sind. Es ist bis heute noch nicht geklärt, ob und inwieweit eine Wirkung auf die im Körper vorhandenen Krankheitserreger angenommen werden kann; auf jeden Fall werden die Regulations- und Abwehrvorgänge in den Geweben angeregt, und es dürften mehrere Faktoren zur Heilwirkung beitragen. Die Arf, wie sich die Durchflutung auswirkt, kann man am besten bei oberflächlichen Eiterungen verfolgen. Durchflute) man einen frischen Furunkel, so hören Schmerz und Spannungsgefühl fast momentan auf. Der weitere Verlauf hängt davon ab, ob schon eine stärkere Abszedierung vorhanden ist. (n diesem Fad wird die Einschmefzung beschleunigt, der Inhalt stößt sich schnell ab und die Heilung erfolgt in kurzer Zeit ohne entstellende Narbe. Wenn noch keine Einschmelzung vorhanden ist, geht die Entzündung und die Infiltration in zwei bis drei Tagen, oft noch schneller zurück. In dieser Weise muß man sich auch die Vorgänge bei größeren Eiterherden vorstellen: Verstärkte Resorption und Abheilung im Anfangsstadium, beschleunigte Einschmelzung, Abstoßung und Wundheilung bei abszedierenden Prozessen. Es gibt darüber schon eine ausgedehnte Literatur, die in meinem Buch „Kurzwellentherapie" angeführt ist. überdosierung kann zur Folge haben, daß der leukozytäre Schutzwall durch die entstehende Wärme zerrissen wird und der Abszeß dann langsamer heilt. Bei Schweißdrüsenabszessen ist die Kurzwelle das Mittel der Wahl. Sie heilen in höchstens drei Wochen ohne Hinterlassung von Narben, an denen sich sonst immer wieder neue Entzündungen zu entwickeln pflegen. Völlig unverständlich ist, daß noch heute Röntgenbestrahlungen solcher Abszesse empfohlen werden, nachdem die Dauer- und Spätschäden durch ionisierende Strahlen heute zur Genüge bekannt sind. Ausgezeichnet sind die Wirkungen der Kurzwellen bei para- und retrotonsillären Abszessen, worauf besonders de RUDDER hingewiesen hat, mit 5 Minuten Dosis 3 quer durch den Hals. Bei Mastitis puerperalis sind die Erfolge so, daß meistens der Säugling überhaupt nicht abgesetzt zu werden braucht. Lungenabszesse und interlobäre Epyeme habe ich in über 50 Fällen behandelt. Die Erfolge waren um so besser, je akuter der Prozeß war. Aber auch manche schon ein bis zwei Jahre bestehenden Abszesse kormfen — allerdings nach längerer Zeit — noch geheilf werden. Das war noch vor der Ära der Antibiotika, und im Vergleich mit diesen schneidet die KWT wesentlich besser ab. Man kann aber selbstverständlich beide Behandlungsweisen zusammen anwenden. Besonders gut sind die Erfolge bei chronischen Pneumonien, einerlei ob sie durch Bakterien oder Virus verursacht sind. Sie heilen in kurzer Zeit. Die akute Hepatitis wird ganz hervorragend beeinflußt. Frische Fälle kann man meist ganz rasch zum Stillstand bringen, aber auch ältere Fälle werden noch gut beeinflußt. Ebenso gut reagieren Entzündungen der Gallenwege. Von Viruskrankheiten ist noch die Poliomyelilis Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. 215 zu nennen, die allerdings vorläufig erloschen ist, wobei dahingestellt sein möge, ob daran die Schluckimpfung schuld ist oder die Durchseuchung der Bevölkerung bei der letzten Epidemie. Ich habe in Schweinfurt und in Alexandria über 500 Kranke mit Kurzwellendurchflutungen des Rückenmarkes mit ausgezeichneten Erfolgen behandelt. Selbst bei Kranken, die schon zwei Jahre gelähmt waren, wurden oft noch Erfolge erzielt. Bei noch längerem Bestehen der Lähmungen allerdings nur noch in einzelnen Fällen. Bei Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückenmarkes wird eine Elektrode auf den Rücken aufgelegt, die andere auf das Kreuz, so daß die Feldlinien längs durchfließen. Diese Technik der Längsdurchflutung wird auch am Bein bei frischer Thrombophlebitis angewandt, am Anfang mit Dosis 2, 3 Minuten lang. Von entzündlichen Prozessen ist noch besonders zu erwähnen Orchitis und Epididymitis, bei denen man mit Dosis 1 bis 2 und 2 bis 3 Minuten lang beginnt. Bei chronischer Prostatitis ist die Kurzwelle wohl das einzige Mittel, das Erfolg verspricht. Man behandelt mit einer Elektrode unter dem Stuhl im Sitzen, die andere wird auf die Blasengegend gelegt. Dosis 3 bis 4, 10 Minuten. Bei Entzündungen der Harnwege legt man eine Elektrode auf die Nierengegend, die andere auf die Blasengegend und behandelt mit Dosis 3 bis 4, 10 Minuten lang. Daß die Drüsen mit innerer Sekretion durch das Kurzweilenfeld aktiviert werden, ist schon seit 1929 festgestellt und von vielen Autoren bestätigt worden. Dies beruht wahrscheinlich auf einer Beeinflussung der Zellmembranen, vielleicht auch der Vorgänge im Zellkern, denn wir wissen, daß die Mifochondrien und Chromosomen in den Zellen im KW-Feld bewegt werden und sich in bestimmter Weise ordnen, was auch durch neuere Nachprüfungen in den USA bestätigt ist. An der Nebenniere haben ADLER und MAGORA nach Kurzwellendurchflutungen starke funktionelle Veränderungen gefunden, und russische Autoren konnten dabei eine Vergrößerung des Volumens der Nebennieren bis auf das Doppelte erreichen. Im Stoffwechsel entstehen dadurch Veränderungen verschiedener Art, und wer im Laboratorium laufend Blutzuckerbestimmungen machen kann, ist dadurch imstande, viele endokrine Störungen zu diagnostizieren, weil kranke Drüsen pathologisch reagieren. Nach Durchflutungen der endokrinen Drüsen bei Gesunden ergeben sich Blutzuckerkurven von definierter Form. Durchflutungen des Oberbauches rufen einen Anstieg hervor, der etwa eine Stunde lang anhält und in einen Abfall übergeht. Wahrscheinlich reagiert dabei hauptsächlich das Pankreas, vielleicht auch die Nebennieren. Nach Durchflutung der Schädelbasis steigt der Blutzucker ebenfalls an, während Durchflutungen der Gonaden einen Abfall hervorrufen. Die Diabetiker reagieren verschieden, und zwar konnten wir die Verläufe der Kurven in Beziehung setzen zu den Kohlehydrat-Toleranzen und Bilanzen sowie zur Reaktion auf Insu- lin. Bei manchen Kranken findet man nach Durchflutung des Oberbauches einen übermäßigen Anstieg, der vielleicht auf eine Überproduktion von Glukagon zurückzuführen ist. Andere reagieren übermäßig auf Durchflutung der Schädelbasis, manchmal mit Anstiegen auf das Doppelte des Ausgangswertes und mehr. Bei wieder Anderen fehlt nach Durchflutung einer Extremität der bei normalen Menschen vorhandene Abfall des Blutzuckers. Ich habe diese Form als Gewebsdiabetes bezeichnet, weil wahrscheinlich die Ursache der Zuckerausscheidung primär in den Geweben, wahrscheinlich im Zustand der Endstrombahn zu suchen ist. Die Gefäßveränderungen wären daher als Ursache und nicht als Folge des Diabetes aufzufassen. Es ist interessant, daß viele Untersuchungen aus den letzten Jahren, so von MARX und anderen Autoren, auch zu dieser Auffassung führen. Man kann aus solchen Kurven sehen, daß der Diabetes nicht eine einheitliche Krankheit ist, sondern ein Symptom, ebenso wie das Fieber, das aus Funktionsstörungen verschiedener Art im endokrinen System resultiert. Manche Störungen im Kohlehydratstoffwechsel können bis zu einem gewissen Grad durch Gegenregulierungen ausgeglichen werden; erst wenn diese dekompensiert sind, kommt es zur Ausscheidung von Zucker. Der Gewebsdiabetes, der hauptsächlich bei älteren Leuten auftritt, läßt sich am besten mit den SulfonamidTabletten beeinflussen. Andererseits erlauben diese Untersuchungen auch eine Feststellung der Vegetativen Dystonie. Es ist ja genügend bekannt, daß sich unter dieser Bezeichnung alle möglichen Zustände verbergen können, auch solche psychogener Art, Arbeitsscheu, aber auch chronische Infekte. Bei Kurzwellendurchflutungen der Schädelbasis kann man feststellen, daß der normale Anstieg des Blutzuckers fehlt oder nur sehr gering ist. Es handelt sich also bei dem Bild der echten Dystonie offenbar um eine Fehleinstellung im endokrinen System, gesteuert von der Hypophyse, nach der trophotropen Seite hin. Alle Mittel, die die Ergotropie des Systems anregen, sind daher zur Behandlung geeignet, wie Muskelanstrengung, Kaltwasserbehandlung, Freiluftbehandlung, körperliche Arbeit. Auch regelmäßige Durchflutungen der Schädelbasis wirken gut. Darüber, daß über das Endokrinium auch das maligne Wachstum beeinflußt werden kann, habe ich vor zwei Jahren hier berichtet. Einige Bilder davon kann ich Ihnen hier zeigen. Alle diese Kranken leben auch heute noch ohne Beschwerden, drei davon seit 15 Jahren, einer seit 30 Jahren (Hirntumor), drei seit 10, einer seit 8 Jahren. Es ist nicht zu verstehen, warum dieses so einfache und für die Kranken angenehme Verfahren nicht in einer größeren Klinik wenigstens einmal nachgeprüft wird. Es könnte bestimmt vielen inoperablen und von Rezidiven befallenen Kranken noch damit geholfen werden. Anschrift des yerfassers: Prof. Dr. med. Erwin SCHLIEPHAKE, Chefarzt der Baiserischen Stiftung, 63 Gießen, Wilhelmstraße 14 Zur Rehabilitation des Lumbagikers in der Praxis Von R. D. S c h ä f e r 1. Die Beschwerden, die wir beim Lumbagiker in der Praxis so häufig beobachten können, gründen, wie Sie wissen, auf dem Zusammentreffen vielfacher Ursachen. Dies müssen wir uns stets vor Augen halten. Die W.S. als das zentrale Achsenorgan muß bei diesem Krankheitsbild sowohl als äthiologischer wie symptomatischer Faktor betrachtet werden, d. h. Störungen an der Wirbelsäule selbst lassen sie mit den ihr gestellten Funktionen in Konflikt kommen. Ebenso können Krankheiten anderer Organe 216 Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. auf sie reflektorisch wirken. Die Behandlung erfordert deshalb heute ein breites Rüstzeug, das gerade auch beim Praktiker, speziell wenn er sich der Naturheilverfahren bedient, in reichem Maße vorhanden sein muß. Der Erweiterung dieses Wissens um die Wiederherstellung des Patienten und dem Austausch unserer Erfahrungen sollte dieser heutige Tag dienen, zu dem ich einen bescheidenen Beitrag leisten möchte. 2. Das zentrale Geschehen des Lumbagos ist die Beeinträch- tigung der Funktion eines oder mehrerer Bewegungssegmente, besonders des lumbosakralen Überganges der W. S., die durch Chondrose und andere Ursachen in ihrem Bewegungsspiel, besser der Balance um die Schwerpunkiacbse, soweit gestört ist, daß es zu sekundären Überlastungserscheinungen an den zugehörigen Muskeln, Bändern und Gelenken kommt. Eine relative Überforderung der bewegungsbehinderten W. S. führt schließlich zur Blockierung eines oder mehrerer Gelenke. Der Circulus Vitiosus hat sich geschlossen. Charakteristisch für den Lumbago ist dabei das Fehlen neurologisch nachweisbarer Wurzelreiz- oder Ausfallserscheinungen. Echte Heilung oder weitgehendste Rezidivfreiheit erzielt nur der, der das verbleibende stumme Stadium nicht übersieht. Hier hat die Rehabilitation mit passiven, mehr noch mit aktivierenden Maßnahmen einzugreifen, um den Körper in einen möglichst in sich ausgeglichenen Balancezustand aller Teile zu bringen. Sistierende partielle oder totale Blockierung eines Bewegungssegmentes läßt Blutleere im zugehörigen Segment entstehen. Von einer guten Durchblutung aber sind das Rückenmark und die Koordination der Reflexe abhängig — die Voraussetzung für das funktioneile Gleichgewicht des Körpers. Bei der Förderung der Beweglichkeit sollte deshalb der Bewegungstherapie mehr Beachtung geschenkt werden. Sie strebt durch komplexe Bewegungen sowohl lokale Lösung wie zweckvolle Koordination an. Subtile Dehnung und Lockerung in steter Steigerung und Anpassung an die erwünschte Beweglichkeit führen dabei auch bei den oft fibrotisch-gelotischen Veränderungen in den Muskeln, Bändern und Gelenkkapseln der chronischen Lumbagiker zur Verbesserung im kapillaren Kreislauf nach ASDONK und zu einem sicheren therapeutischen Erfolg. Prof. MÜLLER-LIMMROTH hebt hervor, daß durch Behandlung die bioelektrische Ruhespannung zunimmt, man also bei muskulären Erkrankungen dem degenerativen Entladungsvorgang entgegenwirken kann. Außerdem führt sie zu einer sinnvollen Empfindlichkeitsverstellung der Muskelspindel, also zu einer Bahnung, die bei Willkürakten nur fördernd sein kann. Wie lange eine solche Therapie fortzusetzen ist und eine Heilung auf dem eingeschlagenen Weg erzielt werden kann, hängt wesentlich von den bereits entstandenen irreparablen Schäden und den noch vorhandenen Kompensationsmöglichkeiten ab. Sie bestimmen ebenso wie die Krankheitsstadien das Verhältnis von passiver und aktiver Therapie. Leider hat die Bewegungstherapie bisher kaum beim praktizierenden Arzt Eingang gefunden. Schuld daran sind Mangel an Fachpersonal, Raum und Zeit sowie das Krankenkassensystem. So wurde ich vor allem aber auch durch die Arbeiten von ILL1, einem Schweizer Chiropraktiker, zur Entwicklung eines einfachen, der Praxis angemessenen Geräts angeregt. Auf Grund genauer Untersuchungen der Funktionen der W. S. G. und des KreuzdarmbeJnmechanismus (K.D.M.) kam er zu einer für seine Therapie sehr nützlichen Arbeitshypothese, wie er mir selbst bestätigte. Es würde zu weit gehen, diesen etwas komplizierten Überlegungen hier nachzugehen. Ich versuchte zu vereinfachen und ging den umgekehrten Weg. Das Problem unserer Haltung und unseres Ganges ist ein Schwerpunktproblem, wobei die Standfläche den veränderlichen äußeren Faktor darstellt. Ihre Kippung löst das stete Bemühen des Körpers aus, zur Senkrechten zurückzukehren. Dieses Bewegungsspiel entfällt heute in der Stadt mit den ebenen, harten Straßen und Böden vielfach, wobei auch die modernen Verkehrsmittel und unsere sitzende Lebensweise dem allgemeinen Bewegungsmangel Vorschub leisten. Die weitverbreiteten Senkspreizfußschäden sind ein beredtes Zeichen dafür. Bedenken wir, daß ein schlechtes Kettenglied der ganzen Muskelkette schadet und ein Plattfuß Haltung und Gang ändert, dann ist eindeutig klar, daß der Impuls dieses Gerätes von der Standebene ausgehen muß. Ich wählte eine kreisrunde Standscheibe, durch deren Mitte eine an einem Bodenbrett befestigte Achse ragt. Durch stufenweise Erhöhung der Scheibenmitte gerät die Standfläche des übenden in immer stärkere Schrägstellung und fordert immer größeren Balanceausgleich. Der Fuß als Haftorgan am Boden lernt beim Umlauf der Scheibe, sich ständig neuen Bedingungen anzupassen. Das gleiche gilt mit abnehmendem Rotationsradius für alfe oberhalb gelegenen, der Balance dienenden Gelenke. Ein ganzer Umlauf der Scheibe bei einem bestimmten Winkel stellt damit dem Körper bzw. seinen Bewegungssegmenten alle nur möglichen Schrägstellungen dieser Kipplage. Beim RundJauf im Uhrzeigersinn, der anfangs möglichst langsam erfolgen soll, um Überlastungen besonders des K.D.M. zu vermeiden, entsteht ein Treten auf der Stelle ohne Drehung des übenden. Der linke Fuß rollt wie beim Vorwärtsschreiten, der rechte wie beim Rückwärtsgehen ab. Rechts- oder Linksherumrollen ist also unterschiedlich und abwechselnd zu trainieren, soweit man nicht zunächst eine Seite meiden muß. Ein gutes Mittel gegen die häufige Einseitigkeit der Bewegungsabläufe. Da die Scheibe nur auf zwei Punkten aufliegt - in der Mitte und am Rand - , erfordert sie eine zusätzliche Balance, so daß ein relativ freies Ge\enkspiei in aUen Dimensionen gewährleistet wird. Betrachten wir das Spiel der Schwerpunktachse in einem angenommen kreisrunden Gelenk. In der Ruhestellung auf einer waagerechten Fläche verläuft sie durch einen idealen Gelenkmittelpunkt. Anders bei schräger Standfläche. Der Körper neigt sich der höheren Seite zu, ebenso wie die Schwerpunktachse hierin ausweicht. Beim Taumeln der Scheibe, um einen Ausdruck aus der Technik für diesen Bewegungsvorgang zu benutzen, kreist sie um den idealen Gelenkmittelpunkt. Die Folge sind Dehnung von Muskeln, Bändern und Gelenkkapseln mit ihrer kapillarsfromfördernden Wirkung auf den Gesamtbereich des Segments, ähnlich der ostheopatischen Behandlungsweise. Diese starke Anregung des Kreislaufs durch Gelenkrotationen hat auch der Orthopäde LANGE besonders hervorgehoben. Ebenso baute sie RATSCHOW fest in seine Therapie der Durchblutungsstörungen ein. Wie bei der H. W. S., wo wir bei Schmerzen in bestimmten Phasen des Kopfrollens auf Störungen in einzelnen Bewegungssegmenten schließen können, sind auch bei den einzelnen Bewegungsmomenten auf der Wippe*) Rückschlüsse auf die Sförfefder möglich. Das Gerät eignet sich also auch als Testgerät zur Untersuchung wie zur Kontrolle des Fortschritts in der gesamten Behandlung. Das Zusammenfallen von Schwerpunktachse und Mittelpunkt des Gelenks ist zunächst ein Idealfall. Bei gestörtem Gleichgewicht wird die Schwerpunktlinie bereits in Ruhestellung neben dem Gelenkmittelpunkt liegen. Dementsprechend ist auch das Kreisen der Schwerpunktlinie verschoben, d. h. exzentrisch und dadurch eingeschränkt. Auf dieser Seite wird folglich das Spiel der Schwerpunktachse eher an seine physiologische Grenze reichen. Ein dadurch verursachter Überdehnungsschmerz zwingt zur Korrektur. Diese erfolgt durch Schrägstellung des Rollbodens mit einem Keil. Der gesamte Kippvorgang wird zur Mitte zurückgeführt. Ich stelle dabei den Patienten so auf das Gerät, daß d i e Seite des Patienten, bei der der Schmerz die Verschiebung des Rotationskreises aufzeigte, hangabwärts gerichtet ist. Hersteller: Irmgard SCHÄFER, Bonn Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. 217 Das Tempo der Übung bestimmt der Patient s e l b s t , der bei jedem Schmerz sofort anhalten kann, da keine Maschine ihn antreibt. Die Einweisung nimmt nur wenige Minuten in Anspruch, die meisten Patienten erlernen den Bewegungsablauf bereits beim erstenmal ohne Schwierigkeiten. Dabei sollen sie möglichst schonend mit der Winkelstellung belastet werden, da die Einwirkung der Bewegungsausschiäge anfangs leicht unterschätzt wird. Besonders im Bereich des K. D.-Mechanismus kann es leicht zu überdehnungen und passageren Reaktionen kommen. Ich möchte hierbei auf die Kieferorthopädie verweisen, die durch minimale Druckeinwirkungen und geringe Umstellungen physiologischer Bewegungs- und Strömungsvorgänge erstaunliche Korrekturen erzielt. Ich betone nochmals: Langsam steigern. Wer ohne Reaktionen arbeitet, kommt schneller ans Ziel. Oberster Grundsatz aller Bewegungstherapie bleibf: Nicht in den Schmerz hineinarbeiten, ggfs. einen schmerzhaften Sektor anfangs auslassen. Hockstellung, ähnlich dem Skiläufer, wobei die Knie von den Händen erfaßt und im Kreis herumgeführt werden. Bei Streckhaltung der Kniegelenke wird die Schiefebene unmittelbar auf das Becken übertragen. Diese Übung soll daher nur mit geringer Erhöhung und bei freiem K. D. Mech. zur Verstärkung allgemeiner Lockerung durchgeführt werden. Bei der fünften Grundübung verhält der Körper über dem Mittelpunkt, während die Beine federnd das Taumeln der Scheibe ausgleichen. Stufenweises Anheben der Grundplatte durch einen Keil kann die Kippung der Wippscheibe auf der erhöhten Seite abschwächen bis aufheben, auf der gegenüberliegenden verstärken. Je nach Stellung des Patienten wird dadurch die Schwerpunktachse wie vorher ausgeführt, in bestimmter Richtung verschoben werden. Bergauf erfolgt Arbeit in die Kyphose, bergab in die Lordose. Entsprechendes gilt auch für die Seitkantstellung, wobei durch wechselnde Verlagerung des Schwerpunktes unterschiedliche Wirkung auf den Beckenschiefstand und W. S. erzielt werden. So wird man z. B. den Senkspreizfuß bei dem man häufig eine Lordose beobachten kann, nicht nur durch die bereits erwähnte Fußstellung, sondern auch durch gleichzeitiges Hangaufwärtslaufen an mehreren Gliedern der gestörten Muskelkette beeinflussen können. Wenn für ILLI die Blockierung der W. S. oder K. D. G. nichts anderes als eine Gehhaltung im Stehen und entsprechend eine Gehhaltung im Stehen eine Blockierung der Wirbelsäule oder der K. D. G. bedeutet, dann muß die stete, gesteigerte Einwirkung physiologischer Bewegungsreize unter Beachtung der vorher erwähnten Relationsverschiebungen eine allmähliche Lockerung der Blockierungen herbeiführen, und durch gleichDurch Aufstecken eines Rollkreuzes kann die Kippung völlig zeitige Schulung der Balance — zentral wie pheripher — den aufgehoben werden. Horizontales Drehen der Scheibe bei Körper einem seinen Möglichkeiten angepaßten Gleichfixiertem Schultergürtel (Sprossenwand) führt nun zu einer gewicht zuführen. Torsion der W. S. und erfaßt alle der Rotation dienenden Muskeln vor allem auch die kurzen Rotatoren, die bei FehlSo schafft die Wippe eine Verbindung zwischen Krankenleistungen der W. S. und deren Korrektur von großer Bedeugymnastik und Bewegungserziehung, wobei in sinnvoller tung sind. Wegen der außerordentlichen Wirkung besonders Weise mehr oder weniger lokale Korrekturen mit der Schuauf den fumbo-thorakalen Übergang, muß [edes Reißen verlung des unbewußten, freien Bewegungsspiels gekoppelt wermieden werden. den. Beide aber gehören in das Gebiet der Rehabilitation. Zu Beginn einer Übung ist auf eine korrekte Fußstellung zu achten. Die Füße sollen parallel, gleichweit vom Mittelpunkt auf der Platte stehen, so daß der markierte rote Querstreifen sie etwa in der Höhe des Os Naviculare schneidet. Sie dürfen beim Wippen auch nicht teilweise abgehoben werden. Empfindliche schmerzhafte Füße schont man durch Auflage einer 2 cm dicken Moosgummiplatte. Die Stellung der Füße zueinander und zum Scheibenmittelpunkt bietet viele Belastungsvariationen. So wird zum Beispiel ein Senkfuß weiter zurückgezogen, um durch den damit erzielten kürzeren Hebel des Vorfußes eine intensivere Plantarflexion und damit Hebung des Fußgewölbes zu erreichen. Die fünf Hauptübungen sind auf einer Anleitungstafel skizziert. Die schonendste läßt den Oberkörper ohne Biegung um die Standmitte kreisen. Die Hauptlast tragen hier die Fuß- und Kniegelenke. Für die K. D. G. und die W. S. ist sie die schonendste. Dementsprechend wird sie bei starken Fixationen und Veränderungen im Lumbosakralen Übergang, wie wir sie bei älteren Patienten häufig finden, anzuwenden sein. Alter ist übrigens keine Gegenanzeige — mein ältester Pafienf ist ein 89jähriger Kollege, der seit meiner zweijährigen Betreuung seine Stöcke weglegen konnte. Selten auftretendes Schwindelgefühl verschwindet nach und nach. Es empfiehlt sich aber den Patienten beim Auftreten dieser Erscheinungen bis zum AbkJingen hinzulegen und die Therapie erst am nächsten Tag wieder fortzusetzen. Aus diesem Grund rate ich, das Gerät an zwei senkrechten Haltestangen oder an einer für die Praxis sehr brauchbaren Sprossenwand aufzustellen. Bei der zweiten Übung schwingt der Körper spindelartig um die Mitte, wobei der größte Bewegungsausschlag in Höhe des Beckens liegt. Sie wirkt stärker auf die Beckenhaltung ein. Einen besonderen Einfluß auf die Kniegelenke erzielt man in 218 Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. Den Scheitelpunkt der Torsion kann man durch verschieden starkes Vorwärtsbeugen des Rumpfes verändern und damit den Hauptangriffspunkt der Torsion auf bestimmte Abschnitte richten. Der Tonisierung der Rotatoren dienen auch vier Expanderzüge, die von der Scheibe zur Grundplatte führen. Sie bremsen den Torsionsvorgang mit einer maximalen Kraft von 30 kg. Damit ist eine verstärkte Einwirkung auf Drehskoliosen gegeben. Rollkreuz und Keil, d. h. schräggestellte Torsion, ermöglicht eine Drehung des Beckens gegen die fixierte Schulter ohne Tätigkeit der Rotatoren, wenn der hangaufwärts stehende Patient den Schultergürtel fixiert und abwechselnd immer das am oberen Scheibenrand stehende Bein belastet. Ohne Fixation des Schultergürtels, d. h. freistehend erzielt man durch diese wechselseitige Gewichtsverlagerung eine Rotation des Körpers, die eine besondere Balanceleistung erfordert. Weitere Übungen, wie z. B. auf dem Kippbalken, im Sitzen oder mit zwei Geräten seien nur kurz erwähnt, weil sie zum Teil noch im Film gezeigt werden und nicht alle Anwendungsmög/ichkeifen im Vortrag erklärt werden können. Abschließend glaube ich auf Grund meiner bisherigen Erfahrungen sagen zu dürfen, daß die Wippe bei richtiger Indikationsstellung und übungsauswahi mit individueller Anpassung bei der Rehabilitation des Lumbagikers von großem Nutzen ist. Durch ihre Einwirkung auf die blockierten Bewegungssegmente, die Bahnung der Reflexe, den Blut- und Lymphkreislauf und die aligemeine Koordination hilft sie mit, Deformierungen und Fehlhaltungen zu korrigieren sowie den physiologischen Bewegungsablauf wieder herzustellen und zu erhalten. Anschrift des Verfassers: Dr. med. R. D. SCHÄFER, 53Bonn, Joachimstraße 16 Das Rezept des Monats Ol. Menthae pip. 1,0 Tinct. Belladonnae 4,0 Tinct. Cardui mariani Rademach. 12,5 Tincf. Chelidonii ad 30,0 M. D.S. dreimal täglich 30 Tropfen. Indikationen: Gallensteinleiden. Anfragen aus dem Leserkreis Frage Wie verhalten sich Kalium und Natrium im intra- und extrazellulären Raum? Dr. H. in R. Antwort Eine metabolische Azidose wird teilweise kompensiert durch die Atmung. Bei einer zusätzlichen Atemdepression kann sie aber auch verstärkt auftreten. In den meisten Fällen entwickelt sich eine funktioneile Niereninsuffizienz, wenn nicht schon vorher ein Nierenschaden vorliegt. Im E l e k t r o l y t g e s c h e h e n kommt daher den K a l i u m I o n e n die größte Bedeutung zu. Normalerweise ist die intrazelluläre K-Ionen-Konzentration etwa 30mal höher als die extrazelluläre. Bei verstärktem Katabolismus und azidotischen Stoffwechsellagen werden K-Ionen durch H-Ionen verdrängt und treten aus dem Intrazellulärraum in den Extrazellulärraum über. Bei renaler K-Retention kann es zu schwerer Kalium-Intoxikation kommen mit der Gefahr von Herzrhythmusstörungen, Kammerflimmern oder Herzstillstand. Bei den N a t r i u m - I o n e n findet sich der größere Anteil extrazellulär, der kleinere Teil intrazellulär, also genau umgekehrt wie beim Kalium. Bei Azidosen erfolgt ein Einstrom von Na-Ionen in die Zellen im Austausch gegen K-Ionen. Die renale Na-Ausscheidung nimmt bei erhaltener Nierenfunktion leicht ab infolge vermehrter Rückresorption von Bikarbonat und Ausscheidung von Kalium. Diese komplizierten Elektrolytverschiebungen bedingen eine sehr exakte Überwachung der Schwerkranken. Mit der verhältnismäßig einfachen I n f u s i o n s b e h a n d l u n g kann man - je nach Laborbefund - Na oder Ka zufügen und das intra- und extrazelluläre Gleichgewicht wieder herstellen. Eine Kenntnis dieser Verhältnisse erscheint mir für die in unserer Arbeitsgemeinschaft tätigen Kollegen besonders deswegen wichtig, weil wir es doch oft mit Schwerkranken zu tun haben, bei denen Herz-, Nieren- oder Leberfunktionen mehr oder weniger stark in Mitleidenschaft gezogen sind. Dr KAHLERT, Bad Salzuflen, Reuterstraße 1 Gegen Unruhe — Angst Herz- und Magenneurosen klimakterische Störungen Schlaflosigkeit SEDASPORAH Neuartiges Phyto-Sedativum mit den neurotropen Vitaminen Bi, Bt, B12 Für die Kinderpraxis: O. P 100 Perlen Aus dem Verbandsleben Wir gedenken unserer Toten \ Chem.-Pharmazeut. Fabrik Göppingen • 7320 Göppingen Dr. med Adolf HAJEK, Oberaudorf, Herbststraße 3 Dr. med. FRITSCHI, Cuxhaven, Schultheißenstraße 6 Physik Med. u Rehab / 8 Jahrg 219 LANTHASOL-CER-THERAPIE frei die kausale Therapie ohne Risiko Arbeitsgemeinschaft Cer-Therapie - 2 Hamburg 61 — Postfach 128 Arbeitsgemeinschaft für prä- und postoperative Tumortherapie. Lesenswerte Literatur: Schmähl: „ K a r z i n o g e n e W i r k u n g v o n C y c l o p h o s p h a m i d u n d T r i a z i c h o n b e i R a t t e n " (Endoxan und Trenimon). D M W 92. Jahrg. v. 23. 6.1967, S. 1150. Nach intravenöser G a b e v o n Endoxan und Trenimon entstanden beningne und maligne Tumoren bei Ratten. Weitere Schäden: Toxische Leberschäden fanden sich nach Endoxan, degenerative Nierenveränderungen traten nach Trenimon auf. Es ist dringend zu raten, die Therapie als I n t e r v a l l t h e r a p i e durchzuführen, w i e w i r in Phys. M e d . u. Rehab. 5/67 beschrieben. Diese warnende Mitteilung gibt uns sofort Anlaß zu Rückfragen bei den Herstellerfirmen. W i r werden an dieser Stelle laufend über derartige Veröffentlichungen berichten. Dr. KAHLERT der untersuchter Methoden. Das vorgelegte M a t e r i a l ist das Ergebnis einer zweijährigen Gruppenarbeit. Es stellt kein Lehrbuch f ü r den Praktiker d a r , d e r „kleine Psychotherapie" betreibt, ist aber außerordentlich lehrreich und empfehlenswert f ü r alle Ärzte, die Hintergründe zu entdecken suchen und die sich nicht mit der Beseitigung vordergründiger Symptomatik begnügen mögen. Graf WITTGENSTEIN Fruchtzucker und organische Säuren, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, anregende Aroma- und vitaminoide Farbstoffe sind die N Ä H R - U N D WIRKSTOFFE der aus frischen, baumreifen Früchten. Sie erfüllen lebenswichtige Funktionen beim Gesunden und tragen bei Krankheiten zu deren Heilung bei. Buchbesprechungen David H. Malau : „ P s y c h o a n a l y t i s c h e K u r z t h e r a p i e " . 370 Seiten. Huber-Klett, Bern-Stuttgart, 1965. L. 3 0 , - D M . Bei 21 unterschiedlichen Fällen w i r d eine Gegenüberstellung einer Kurzbehandlung (Minimum 10, Maximum 40 Behandlungsstunden) und der „klassischen" Psychoanalyse vorgelegt. Verf. versucht, wesentliche Unterschiede, G e f a h r e n , Vorteile, Fehlschläge und Resultate der Technik seiner Kurzmethode und der Langstreckentherapie darzustellen. Die Auswahl der Patienten richtet sich nach ihrer Fähigkeit bei dem Deutungsverfahren mitzuarbeiten, der Behandlung aufgeschlossen zu sein und bereit, „ G e f ü h l e zu erforschen". Schwere des Leidens, Ausmaß und Dauer der Symptomatik spielen keine Rolle für die Auswahl. Die Therapie, mit allen aktiven Deutungsverfahren, w o b e i dem Therapeuten jegliche Aktivität nach selektiver Auswahl des „Focus" zusteht, geschieht im Sitzen. Ohne a u f „ W i d e r stände" Rücksicht zu nehmen, w i r d radikal ins Unbewußte und in d i e frühe Kindheit eingebrochen. Dabei stützt sich der Therapeut ausschließlich auf Übertragung, Übertragungsdeutung und Übertragungsspannung. Verf. äußerst kritische Untersuchung kommt zu dem Resultat der Gleichwertigkeit bei- Rhtuma-Bad Subakuter Rheumatismus, Entzündungen im kleinen Becken. SÄFTE erhältlich in jedem Reformhaus. Dr. med, J, Parow: „ F u n k t i o n e l l e S t i m m s c h u l u n g " . 68 Seiten, 21 Abb., kt. Paracelsus V e r l a g , Stuttgart, 1967. M i t Bezug auf die v o m Verfasser in dem Buch „funktionelle Atemtherapie" niedergelegte Auffassung v o n der N o r m a l atmung zeigt er hier die organischen Grundlagen des gesunden Tones auf. Er vertritt d i e Anschauung, d a ß Atem und Stimmung willkürlich korrekt gehandhabt und geübt werden können. Die Voraussetzung f ü r eine gute Stimmfunktion sei: Gerade aufrechte Wirbelsäule, Atemstütze durch Anspannen des Zwerchfells bei der Ausatmung, geräuschvolles Atmen durch Nase oder M u n d , willkürliches Entspannen. Für die Tonbildung selbst w i r d Rachengymnastik empfohlen. W e n n auch die anatomische Beweisführung durch die schematischen Zeichnungen nur unvollkommen gelingt, dem gutwillig versuchenden Laien w i r d das Büchlein hilfreich sein. GLASER Sulfomoor-Bad Sedativ-Bad Chronische Polyarthritis, alle Gelenkaufbraucherkrankungen. öbererregbarkeit, Schlafstörungen, Spasmophilie. Einbadpackungen 220 Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. SÄFTE Jod-Bad Arteriosklerose, Bandscheibensyndrome, Jodmangel Strumen HEPATICUM-MEDICE Entero-hepatisches Regulans MEDICE CHEM.-PHARM. FABRIK GMBH. ISERLOHN/W Referate A . Meier (Basel): „ D i e B e h a n d l u n g d e r C h e i l o s i s " . Therapiewoche 5,159,1966. Diese sei weder mit einem Leberschaden bei stets nachweisbarer Albuminopenie verbunden, noch sei der Eisenmangel dabei typisch. Wahrscheinlich spielt der Mangel an Vitamin B6 (Pyridoxin), das eine Schlüsselstellung bei der Eiweißbildung hat, besonders wenn genügend essentielle Aminosäuren zugeführt werden, eine Rolle. M a n probte Zufuhr von Anabolika, wobei die Cheilosis (Rhagaden am Mundwinkel} teils beseitigt werden konnte. Bei einer Patientin mit Rothmundsyndrom (Katarakt und Alopecie) mit Symptomen Albuminopenie, Eisenmangel und Cheilosis wurde durch Anabolika einzig ein Haarwachsfum erreicht. Diesen Zusammenhängen müsse nachgegangen werden, um Synthese und Transportfunktion des Albumins weiter aufzuklären. NATHUSJUS K. A. Flügel (Nervenklinik der Universität Erlangen-Nürnberg): „ S y n o p s i s pneumencephalographischer, klinischer und hirnelektrischer Befunde bei c e r e b r a l e n A n f a l l s l e i d e n " . Arch. Psychiat. 208, 24 bis 46,1966. Verf. stellt in vielen Tabellen die Befunde bei 233 Anfallskranken, davon 98 mit genuiner, 60 mit ätiologisch fraglicher und 75 mit symptomatischer Epilepsie zusammen. Bei ,60 Prozent der Kranken ergibt die Pneumencephalographie Normalbefunde, bei den übrigen überwiegen einseitige Ventrikelerweiterungen vor symmetrischer Hydrocephalusbildung und Erweiterung des III. Ventrikels. Bei 50 Kranken w a r auch das EEG im wesentlichen unverdächtig. Bei 57 Kranken waren die EEG-Veränderungen uncharakteristisch und bestanden nur in einer gewissen Dysrhyfhmie, gewissen Allgemeinveränderungen und fokalen Depressionen des Hirnstrombildes. 114 Patienten boten bei der körperlichen Untersuchung keine Auffälligkeiten, 94 waren auch psychisch völlig unauffällig. 76 Kranke zeigten eine eindeutige epileptische Wesensänderung. Diese w a r bei der genuinen Epilep- sie etwa ebenso häufig w i e bei der ätiologisch fraglichen und bei der symptomatischen Epilepsie. Die Wesensänderung wird deutlicher, wenn das Anfallsleiden längere Zeit bestanden bat — Die Studie zeigt gut, welche Schwierigkeiten die Erkennung und richtige Einordnung der Anfallsleiden auch heute noch bereiten. SUCHENWIRTH (Lübeck) P. Kleihues u. K. Hizawa (Max-Planck-Institut für Hirnforschung Köln-Merheim); „ D i e I n f a r k t e d e r A. cereb r i posterior-. Pathogenese und t o p o g r a p h i s c h e B e z i e h u n g e n zur S e h r i n d e " . Arch. Psychiat. 208, 263 bis 284,1966. Wenig vertraut sind dem Arzt in der Praxis immer noch die Posterior-Infarkte, also jener Typ des Schlaganfalls, der durch einen Verschluß der A. cerebri posterior hervorgerufen wird. Verf. fanden solche Infarkte bei 10 Prozent von 267 Patienten, die an Hirninfarkten verstorben waren. Das Durchschnittsalter der Kranken betrug 69 Jahre. Häufig bestanden gleichzeitig Media- und Kleinhirn-Infarkte. - Charakteristisch ist eine homonyme Hemianopsie sowie partielle obere Gesichtsfelddefekte, jeweils unter Aussparung der Makula. Verf. unterscheiden mit ZÜLCH Totalinfarkte, stumpfnahe Infarkte und Zentruminfarkte. Bei letzteren können sensible Ausfälle ganz fehlen, SUCHENWIRTH (Lübeck) W . A m e l u n g u . E. P ü n t m a n n : „ K l i n i k u n d T h e r a p i e d e r sog. C o n f e r g a n - P o l y n e u r o p a f h i e " . Nervenarzt 37, 189-199,1966. AMELUNG, der (mit FRENKEL) einer der ersten Ärzte war, die auf die Contergan-Schäden aufmerksam wurden und die danach zu beobachtende Polyneuritis im Mai 1961 publizieren ließ, referiert hier gewissermaßen abschließend mit PÜNTMANN über 200 klinisch behandelte Fälle aus der Weltliteratur und nach eigener Beobachtung. Bei 179 Kranken war eine nähere Auswertung möglich: Es handelte sich um 58 Männer und 730 Frauen. Bei 96 lag eine vorwiegend sensible Polyneuropathie vor, die an den distalen Extremitätenenden begann und nach oben fortschritt. Motorische Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. 221 APISERUM DE BELVEFER das naturreine BienensekretFermentsystem Gelee Royale ohne Zugabe fremder Stoffe, standardisiert und stabilisiert im natürlichen Artmilieu. Es stehen folgende Präparate zur Verfügung: APISERUM Trinkampullen BI-APISERUM Trinkampulien Haemo-GERAL, pro injectione Hoemo-GERAL, Vmguai dragees Bitte schreiben Sie um Literatur und Proben: Kliniker und Praktiker verwenden APISERUM erfolgreich bei StofTwechselstörungen — Leistungsabfall ihrer Patienten — zur Hebung des Allgemeinbefindens in der Rekonvaleszenz. APISERUM das Mittel der Wahl in der Geriatrie, die Hilfe des Arztes in der Rehabilitation. Für Kinder: APISERUM-spezial, Trinkampullen, bei Entwicklungsstörungen. G. LEINBERGER & CO., 8266 LAUFEN-MAYERHOFEN/OBB. Ausfallserscheinungen fraten weitgehend1 zurück, fecfoch wurden Reflexausfäile vielfach nachgewiesen. 92 Kranke klagten auch über Symptome, die an zentral nervöse Störungen denken ließen, speziell über innere Unruhe, Merk- und Gedächtnisstörungen, Schwindelgefühl, Zittern am Körper, Kopfschmerzen, „inneres Vibrieren", depressivere Verstimmtheit und Benommenheit. Bei 36 Patienten verschwanden die Symptome in wenigen Tagen oder doch Wochen nach Absetzen des Mittels. Die Störungen traten fast stets nach mindestens vierwöchiger Einnahmedauer auf, in schwerer Form erst nach dreimonatiger Einnahme. Mit zunehmendem Le- STAATSBAD SALZUFLEN Das große Heilbad für Herz und Kreislauf, Luftwege, Rheuma, Frauenleiden, Nerven 4902 Bad Salzuflen Teutoburger Wald Spezialliteratur f. Ärzte durch die Kurverwaltung Tel.: 05222/50091 (früher Lindau-Bodensee) Sammelreferat Tumortherapie DMW 23. 6. 1967 FISCHER u. Mitarb. Endoxan-Stoßtherapie 83 Tumorpatienten erhielten hohe Dosen Endoxan als Infusionen. Dosis: 15-30, bis zu 40 mg Endoxan pro kg Körpergewicht. 14tägige Intervalle, bis zu einer Gesamtdosis von 10 g. Einzeldosen zwischen 0,8 und 3,0 g pro Infusion. Nebenwirkungen nicht stärker als bei Dauertherapie. THALER (S. 1161) Nikotin Todesrate an Krebs der Leber und Gallenblase bei Rauchern 35 Prozent höher als bei Nichtrauchern, teilweise durch geschluckte „Rauchprodukte". DMW 30. 6. 1967 SCHMÄHL Serologischer Test n. Witting Ninhydrinreaktion zum Tumoreiweiß-Nachweiß pos. bei 80 Prozent der Krebskranken und bei 72 Prozent Nfchfkrebskranken. Der Methode wird eine klinische Brauchbarkeit abgesprochen Mü. med. Wschr. 25,1967 CUTHBERT, S. 1369 Die Gefahren des Asbest Karzinogene Wirkung besonders bei Arbeitsplätzen in Nähe Antiquarisch preiswert abzugeben: bensalter wurde die Erkrankung häufiger. Bei 38 von 72 diesbezüglich überprüften Patienten kam es später zu einer Heilung oder doch weitgehenden Besserung. Diese zeigte sich zumeist erst nach vielen Monaten. Günstig erwies sich bei frischen Fällen die Gabe von Vitamin-B-Präparaten, auch Stanger-Bäder sollen sich positiv ausgewirkt haben. Bedeutsam ist die psychische Führung mit Vermeidung eines übertriebenen Entschädigungsstrebens, das sich auf die Heilung ungünstig auswirkt. Handbuch der Physik. Therapie von Goldscheider und Jacob, 4 Bände Vergleichende Volksmedizin von Hovorka und Kronfeld ca. 200 Bände ältere homöop. und naturheilkundl. Fachbücher Anfragen erbeten unter Chiffre Nr. 7 SUCHENWIRTH (Lübeck) Die darmschonende, zuverlässige Wirkung in hartnäckigen Fällen wird von Arzt und Patient besonders geschätzt BUCOPA • BUBENIK & CO • FABRIK PHARMAZ. PRÄPARATE . MÜNCHEN-PASING 222 Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. NERVOSANA Dr. W. Hotz & Co. Nachf., 7055 Steffen i. R. von Asbestfabriken beachten, aber auch bei „harmlosen" Berufen, z. B. bei Tischlern, die Asbest verarbeiten. Viele Jahre nach der oft nur kurzen Berührung mit Asbest kann die karzinogene Wirkung sich noch entfalten. SANCHEZ-FAYOS u. Mitarb. S. 1373. Leukosen, Erythroleukosen Nach ihrem Wesen sind die Prozesse nicht verschieden, es kommen nur unterschiedliche Mechanismen zur Geltung. In vielen Fällen wird die Proliferaffon durch eine leukoplastische erythrodysplastische Neoplasie langsam verdrängt. Umfangreiche spanische Arbeit über die fließenden Übergänge und Stadien sowie über die noch offenen Probleme. Beilage zur Mü. med. Wschr. „Aktuelle Medizin" 30. 6. 67. Wenig Chancen für ein Allheilmittel gegen Krebs. Experimentelle Erzeugung von Tiertumoren ist kein Problem mehr. Durch onkogene Viren entsteht der Krebs „auf einen Schlag", durch langfristige Einwirkung chemischer Noxen entsteht er allmählich. Spezifisch immunologische Wechselbeziehungen zwischen Tumor und Wirt sind heute beinahe interessanter als der Nachweis von Viren. Ein ständiges Wechselspiel zwischen positiven und negativen immunologischen Kräften gestaltet die Behandlung oft außerordentlich schwierig. « In Hessen hat der Landesverband der Lebenshilfe eine Studie über die Gesamtplanung erarbeitet, die auf der Grundlage der derzeitigen Situation den Bedarf an Einrichtungen für die nächsten Jahre statistisch und graphisch darstellt. Dabei wird von der theoretischen Zahl, die in kleinen, überschaubaren Räumen sich ergeben hat, ausgegangen: Pro Tausend der Bevölkerung wird m i n d e s t e n s ein Platz in einer Tages- Dr. Sdiutx-Festlgung-Abwehr durch Gesamtplan der Behindertenhilfe TOXOREPHAN In den letzten acht Jahren sind in der Bundesrepublik in vielen Städten und auch Kleinstädten Einrichtungen zur Bildung und Beschäftigung geistig Behinderter entstanden. Kinder, Jugendliche und Erwachsene besuchen diese Bildungsstätten und Werkstätten tagsüber und kehren abends wieder ins Elternhaus zurück. Die Zeit der ersten Anfänge ist nunmehr vorbei, und es zeichnen sich gewisse Richtlinien und allgemein anerkannte Gesichtspunkte für solche Einrichtungen ab. Es kommt jetzt auch nicht mehr ausschließlich darauf an, d a ß etwas für diesen bisher benachteiligten Personenkreis geschieht, sondern ebenso wichtig ist es, daß das Richtige am rechten Ort und im Zusammenhang mit dem schon Vorhandenen geschaffen wird. So bahnen sich in verschiedenen Bundesländern Bestrebungen an, die Hilfe für geistig Behinderte mehr als bisher auf Landesebene zu planen und die Maßnahmen auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte zu koordinieren. In Baden-Württemberg ist das Innenministerium in dieser Hinsicht aktiv geworden. In die Vorarbeiten für eine Gesamtplanung ist auch die Unterbringung geistig Behinderter in Heimen und Anstalten mit einbezogen worden. Erit das Versagen dar Abwahr begüiutlgt da» Entstehen dar Krankhalt. TOXOREPHAN führt dam KSrpar Wtrkttoffa »1/ dla dia Abwahrragulatlonen da* gesamten Organismus varstärican, dan Krankheitsverlauf verkürzen, Komplikationen verhüten und dl» Infektionsgefahr vermindern. TOXOREPHAN, als voll wirksames unspexifisches Reizkörpertherapeutlcum sldtert ein HöchstmaB an Abwehrkrafr. »REPHA« Chem.-pharm. Fabrik Godshorn über Hannover einrichtung für geistig Behinderte gebraucht. Zu diesen Einrichtungen gehören Sonderkindergärten, schulische Einrichtungen sowie beschützende Werkstätten. Bei einer Einwohnerzahl von rund 5 Millionen in Hessen werden also rund 5000 Plätze in den genannten Bildungs- und Beschäftigungsstätten gebraucht. Bei der Planung sollen die Gesichtspunkte des großen Hessenplanes sowie der einzelnen Regionalplanungen berücksichtigt werden. (PdL) Physik. Med. u, Rehab. / 8. Jahrg. 223 Kombination mit Mineralstoffen und Vitaminen zur Neuralttierapie Segmentfherapie Heilanästhesie Muster und Literatur, auf Wunsch P H A R M . PRÄPARATE G M B H Ärztegesellschaften im Zentral verband Forschungsgemeinschaft für Arthrologie und Chirotherapie (FAC) e.V. I.Vorsitzender: Dr. F. Gutmann, Bad Hamm/Westf. Internationale Gesellschaft für Elektroakupurtktui. Leiter: Dr. med. R. Voll, Piochingen, Richard-Wagner-Straße 5. Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsvorsorge und Frühheilbehandlung. Leiter: OMR Dr. med. W. Groh, Bad Dürrheim, Sanatorium HirschhaTde. Gesellschaft für Homotoxikologie und antihomotoxische Therapie e.V., Baden-Baden. Korrespondenz an den Schriftführer: Dr. F. Doeper, Baden-Baden, Bertholdstraße 7. Arbeitsgemeinschaft für Mikrobiologische Therapie. Leiter: Prof. Dr. med. Mommsen, Frankfurt, Baseler Straße 21. Internationale Ärztegesellschaft für Neuraltherapie nach Huneke e.V. Leiter: Dr. med. H. F. Voß, Heidenheim a. d . Brenz, Friedrichstraße 10. Arbeitsgemeinschaft Psychotherapie-Seminare. Leiter: Dr. med. Graf Wittgenstein, München 23, Königinstraße 101. Medizinisch-Biologische Arbeit:- und Fortbildungsgemeinschaft Deutscher Zahnärzte e . V . , Leiter: Dr. Paul Neuhäusser, Gräfelflng bei München, Akilindastraße 52a. Arbeitsgemeinschaft für prä- und postoperative Tumortherapie. (Dr. Kahlert - Dr. Albrecht). Sämtliche Anfragen und Mitteilungen sind zu richten an die Adresse Dr. K. Albrecht, 6509 Undenheim bei Mainz. Deutsche Gesellschaft für Elektroneural-Diagnostik und -Therapie e. V. I. Vorsitzender: Dr. med. Ludwig WALB, Homberg/Oberhessen. Arbeitsgemeinschaft für hämatogene Oxydations-Therapie, vertreten durch den Schriftführer Dr. med. Joachim Brand, Bad Homburg v. d . H., Auf der Steinkaut 21-23. Herausgeber: Zentralverband der Ärzte für Naturheilverfahren e. V. Schriftleitung: Dr. med. H. Haferkamp, 65 Mainz, Adam-Karrillon-Str. 13, Tel. 63963. Mitteilungen der Schriftleitung: Zuschriften mit Originalien (wissenschaftlichen Beiträgen), Referate, redaktionelle Nachrichten und Verbandsangelegenheiten werden an Herrn Dr. Haferkamp erbeten. , Originalien und Beiträge, die zur Veröffentlichung kommen, werden honoriert. Die Schriftleitung behält sich jedoch den Zeitpunkt der Veröffentlichung vor. Grundsätzlich werden nur Erstveröffentlichungen angenommen. Mit Annahme des Manuskriptes erwirbt der Verlag das ausschließliche Recht der Vervielfältigung, Verbreifung und Übersetzung. Die Beiträge dürfen daher nicht in gleichem oder ähnlichem Wortlaut an anderer Stelle veröffentlicht werden. Es wird gebeten, die Bebilderung der Beiträge im üblichen Rahmen zu halten, da sonst die Mehrkosten berechnet bzw. bei der Honorierung in Abzug gebracht werden müßten. 224 Physik. Med. u. Rehab. / 8. Jahrg. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Verantwortung übernommen. Rücksendung erfolgt nur, wenn Rückporto beigefügt ist. Arbeiten unter der Rubrik „Erfahrungen aus der Praxis" stellen nicht unbedingt die Meinung der Schriftleitung dar. Die Nennung von Markenbezeichnungen läßt keinerlei Rückschlüsse zu, ob es sich um geschützte Zeichen handelt. Sonderdrucke: Von Originalbeiträgen erhalten die Verfasser auf Verlangen 30 Sonderdrucke kostenlos. Dies muß jedoch mit dem Einreichen des Manuskriptes ausdrücklich vermerkt werden. Wird eine höhere Stückzahl gewünscht, so erfolgt für diese eine Berechnung. Nachdruck: Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdruckes, der fotomechanischen Wiedergabe und der Obersetzung bleiben dem Verlag nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit genauer Quellenangabe gestattet und bedarf bei Originalarbeiten der schriftlichen Genehmigung des Verlages. Für innerbetriebliche fotomechanische Vervielfältigung gilt das Rahmenabkommen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels mit dem BDI vom 14. 6. 1958 (10-Pf-Wertmarke pro Seite). Verlag: Medizinisch-Literarischer Verlag Dr. Blume & Co., Uelzen, 311 Uelzen, Ringstraße 4. Anzeigen: Fritz Täuber, 311 Uelzen, Ringstraße 4. Anzeigenpreisliste: Zur Zeit gilt die Liste Nr. 7. Erscheinungsweise: Einmal im Monat. Bezugsbedingungen: Der Bezugspreis beträgt jähr/ich 36,- DM, im Ausland zuzüglich Versandgebühren; für Mitglieder des Zentralverbandes und anderer mit ihm zusammenarbeitenden Verbände 24,- DM. Für Studenten und Ärzte in nicht yollbezahlter Stellung jährlich 18,— DM. Einzelhefte werden zum Preis von je 3,— DM abgegeben. Abonnementsgebühren sind nach Rechnungserhalt fällig und zahlbar netto Kasse. Bei Nichterscheinen infolge höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Ersatz oder Rückerstattung eingezahlter Bezugsgebühren. Die Zeitschrift wird so lange geliefert, bis Abbestellung erfolgt, die spätestens 30 Tage vor Halbjahresschluß im Besitz der Buchhandlung bzw. Postanstalt bzw. des Verlages sein muß. Auslandspreise: USA $ 9,-/ Großbritannien £ 3.5.0; Schweiz sfr 39,00; Frankreich nF 42,50; Schweden skr 44,50; Italien Lire 5670,-; Osterreich öS 235,-. Zahlungen: Auf das Postscheckkonto Hamburg 2392 16; Vereinsbank Hamburg 14/04110; Dresdner Bank, Zweigstelle Eppendorf, Konto Nr. 37101. Gerichtsstand: Uelzen Druck: C. Beckers Buchdruckerei, 311 Uelzen, Ringstraße 4, Tel. 0581 /2357, Telex 091326. Diese Ausgabe umfaßt 60 Seiten und Umschlag.
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