Komponenten & Peripherie Elektro-Engineering modularisiert Wie kann sich ein Engineering-Dienstleister Vorteile im Wettbewerb verschaffen, wenn er seine vorhandenen Kunden noch besser betreuen und zudem neue Zielbranchen erschließen möchte? Diese Frage hat die Hörmann Industrietechnik GmbH für sich beantwortet: Sie nutzt das Eplan Engineering Center (EEC) für den Aufbau eines modularen Engineering-Baukastens. Ziel ist eine nochmals höhere Qualität und eine Zeitersparnis in der Konstruktion. Timm Hauschke Die Eplan-Plattform [2] war bereits er folgreich im Einsatz – jetzt folgte der nächste konsequente Schritt mit Einsatz des Eplan Engineering Centers (EEC) (Bild 2). Dahinter steht eine mechatroni sche Arbeitsweise, verbunden mit einer anderen Konstruktionsmethodik. Mit Als spezialisierter Kon struktions-Dienstleister über nimmt die Hörmann Indus trietechnik GmbH [1], ein Unternehmen von Voith In dustrial Service, das Elek tro-Engineering von Pro duktionsanlagen der Auto mobilindustrie (Bild 1). Für einen deutschen Automobil hersteller haben die Hör mann-Konstrukteure die komplette Steuerungs- und Elektrotechnik einer Anla ge für den Karosserieroh bau geplant. Zu der Pro duktionslinie gehören 21 Roboter mit Mehrdocking stationen, sechs Drehtischen, zwei Falzvorrichtungen so wie weiteren Arbeitsstatio nen für das Schweißen und Kleben von Karosseriekom ponenten. Nach dem Engi neering und der Freigabe durch den Kunden wurden die projektierten Elektroan lagen im eigenen Schalt schrankbau gefertigt und vor Ort installiert. Derartige Aufgaben erledigt das Un Bild 1. Hörmann ist Spezialist für das Elektro-Engineering kompletter Produktionsstandorte. Die projektierten ternehmen nicht nur für die Elektroanlagen werden im eigenen Schaltschrankbau gebaut und vor Ort installiert Automobilhersteller und – dem EEC wird eine Komponentenbiblio zulieferer, sondern auch für Anlagen Immer kürzere Planungszeiten Ein zentraler Trend, den Hörmann im thek aufgebaut, die Maschinen und An bauer. täglichen Geschäft registriert, sind die lagen in kleinste Module „zerlegt“. In ei immer kürzeren Planungszeiten, die dazu nem Baukasten werden diese funktiona Dipl.-Ing. Timm Hauschke ist als Proführen, dass mehr Prozesse simultan ab len Module, wie Robotergreifer und duktmanager bei der Eplan Software zuarbeiten sind. Franz Fehlner, Ge Schweißzangen, definiert und mit spezi & Service GmbH & Co. KG in schäftsbereichsleiter der Hörmann Indus fischen Merkmalen oder Leistungsdaten Monheim am Rhein tätig. trietechnik GmbH: „Auf diesen Trend versehen. E-Mail: [email protected] wollten wir ganz grundsätzlich reagieren und unsere Prozesse so optimieren, dass Zeitersparnis dank Baukasten Dem Aufbau des Konstruktionsbaukas wir schneller agieren können. Zudem wollten wir in der Lage sein, flexibler auf tens gingen allerdings umfassende Überdie immer häufigeren ,Last-Minute-Än legungen voraus. Dipl.-Ing. Christian Hennerfeind brachte dabei Erfahrungen derungen‘ einzugehen.“ 2 Heft 10/2010• Komponenten & Peripherie ein, die er bei einem ähnlichen Projekt in der Automobilindustrie sammeln konnte: „Mit der Granulierung trifft man eine zentrale und weitreichende Vorentschei dung über die zukünftigen Vorteile des Engineering Centers. Wir haben den Auf bau der Anlagen, die wir bauen, genau untersucht und eine Ebene definiert, auf der wir Komponenten und Schnittstellen strukturieren.“ Das Konzept, für das sich die Verantwortlichen ent schieden, heißt „Signalverdrahtung“ und es hat bei den ersten Projekten mit dem EEC bereits gut funk tioniert: Die Konstrukteure konnten ihre Aufgaben schneller abarbeiten als in der konventionellen Me thodik ohne EEC. Diese Zeitersparnis kann man recht genau quantifizieren, denn Bernd Mandlmeier, der sich als Teamleiter intensiv mit dem Aufbau des EEC beschäftigt hat, lud seine Kollegen zu ei nem interessanten Ver gleichstest ein: „Ein kleine res Projekt sollte mit und ohne EEC geplant werden. Die Konstrukteure, die mit dem EEC arbeiteten, waren rund 30 % schneller als ihre Kollegen.“ Dazu trägt unter anderem auch die automatische Erstellung der Dokumentation bei (Bild 3). dell.“ Somit kann Hörmann selbst in spä ten Projektierungsphasen noch kurzfris tig umplanen, wenn der Kunde es wünscht. Für zusätzliche Flexibilität sorgt auch die ausgewogene Mischung von fertigen Modulen und individueller Konstruktion. C. Hennerfeind: „Bei jeder Anlage gibt es Anteile, die der Elektrokonstrukteur auf konventionelle Weise generiert. Dieser Anteil wird in den Dokumenten gekap selt, d. h. separat betrachtet.“ Nach Ein schätzung von Hörmann sollen in der Praxis rund 80 % der Anlage aus dem EEC heraus generiert werden. Ein Anteil von 100 % ist theoretisch auch möglich, dann wäre der Aufwand aber proportio nal höher. Qualität und Flexibilität Dabei ist die Zeiterspar nis nur einer von mehreren Vorteilen. C. Hennerfeind: „Für uns sind auch die hö here Qualität und die grö ßere Flexibilität zwei wich tige Faktoren. Da wir nun für alle Anlagen identische Module verwenden, kom men erprobte Konstruktio nen zum Einsatz – das er höht die Qualität. Und wenn es zu Last-MinuteÄnderungen kommt, die es in der Praxis immer häufi ger gibt, können wir viel flexibler reagieren. Denn bis zum eigentlichen Schaltschrankbau gibt es keine fertig generierten Pläne, sondern nur ein Mo • Heft 10/2010 3 Komponenten & Peripherie Bild 2. Mit dem EEC baut Hörmann einen disziplinübergreifenden Komponenten-Baukasten auf, der die Arbeitsabläufe im Engineering optimiert Gewerkeübergreifend konstruieren Ein weiterer Vorteil des EEC ist die Möglichkeit des gewerkeübergreifenden Konstruierens. Auch die SPS-Program mierung erfolgt im Baukastenprinzip mit dem EEC. Darüber hinaus wird das Sys tem für die Visualisierung und die Kon figuration der Sicherheitstechnik mit der Sistema-Software verwendet. Und der Schaltschrankbau, der mit Eplan Cabinet arbeitet, erhält ebenfalls alle nötigen In formationen aus dem EEC – einschließ lich der automatischen Kabelkonfektio nierung. F. Fehlner: „Auf der Basis des Engineering Centers haben wir nun einen durchgängigen Workflow realisiert, der auch die Kalkulation und die Dokumen tation mit einschließt.“ Kalkulation vereinfacht Die Optimierung der Kalkulation war für die Verantwortlichen ein wichtiges Anliegen, denn die Angebote, die die Kunden erhalten, sind umfangreich. Das EEC erleichtert die Aufgaben im Vorfeld der Auftragsvergabe, weil es die Ermittlung der Mengengerüste ermöglicht. „Wir können in der Angebotsphase viel detaillierter planen. Das schätzen die Kunden, weil es eine bessere Gesprächs grundlage gibt, und wir können genauer kalkulieren. Und wenn der Auftrag erteilt wird, haben wir schon viele Vorarbeiten geleistet, sodass sich der Workflow be schleunigt“, erklärt F. Fehlner. Die An bindung an das ERP-System schafft die 4 Durchgängigkeit zwischen den techni schen und kaufmännischen Aufgaben: Das EEC meldet die Stückliste als Bedarf an das ERP-System. Hörmann hat mit der Einführung des EEC auch die Organisationsstrukturen und die Arbeitsteilung zwischen den Standorten angepasst. Am Standort In golstadt wurde ein EEC-Kompetenzzent rum eingerichtet, das den Baukasten er stellt und die Kollegen in den Niederlas sungen unterstützt. Zum Team gehören neben C. Hennerfeind und B. Mandlmeier auch Kollegen aus der SPS-Program mierung sowie projektweise Mitarbeiter aus anderen Abteilungen und Standor ten. Neue Kundengruppen erschließen Die Entscheidung für das Erstellen ei nes EEC-Konstruktionsbaukastens ist auch vor dem Hintergrund einer strategi schen Neuausrichtung zu sehen. F. Fehlner: „Mit dem EEC verfügen wir über ein Tool, das kürzere Entwicklungszeit, hö here Qualität und verbesserte Flexibilität verspricht. Mit diesen Argumenten wol len wir neben der Automobilindustrie neue Branchen ansprechen und neue Kunden gewinnen.“ Dabei hat man kon krete Ziele vor Augen. Zum Beispiel gibt es schon innerhalb des Voith-Konzerns interessante Aufgaben zu lösen: Schwes terunternehmen sind zum Beispiel im Papiermaschinenbau und im Turbinen bau tätig. Hier sind ebenfalls umfangrei Heft 10/2010• Komponenten & Peripherie che Aufgaben der Elek trokonstruktion zu be wältigen. Ein erstes Projekt für die Modernisierung der kompletten Elektrotech nik einer Papiermaschine hat F. Fehlner bereits ak quiriert. Mittelfristig ver folgt man das Ziel, rund 30 % des Umsatzes mit neuen Kundengruppen zu erzielen. Und die Verant wortlichen sind davon überzeugt, dass sie die Kompetenz und auch die Werkzeuge besitzen, um dieses Ziel zu erreichen. Literatur Bild 3. Die elektrotechnische Dokumentation wird aus dem EEC automatisch erstellt • Heft 10/2010 [1]Hörmann Industrietechnik GmbH, Kirchseeon: www.hoermann-it.de [2]Eplan Software & Service GmbH & Co. KG, Monheim am Rhein: www.eplan.de n 5
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