Hermann Gröhe MdB

Hermann Gröhe
POSTANSCHRIFT Bundesministerium für Gesundheit, 53107 Bonn
An die
Damen und Herren
Mitglieder der Fraktionen
von CDU/CSU und SPD
im Deutschen Bundestag
Bundesminister
Mitglied des Deutschen Bundestages
HAUSANSCHRIFT
POSTANSCHRIFT
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Rochusstraße 1, 53123 Bonn
53107 Bonn
+49 (0)228 99 441-1003
+49 (0)228 99 441-1193
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Bonn, 4. August 2016
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Sicherung der Qualität in der Versorgung mit psychiatrischen und psychosomatischen
Leistungen in Deutschland ist der Bundesregierung sowie den Koalitionsfraktionen ein
wichtiges Anliegen. Gerade in diesen Tagen wird besonders deutlich, welche enorm
bedeutende Rolle dieser Teil unseres Gesundheitswesens spielt. Was Therapeuten und
Einrichtungen hier leisten, verdient unsere Wertschätzung. Zur Anerkennung gehört
dabei auch die angemessene und leistungsgerechte Finanzierung dieser Arbeit.
In der Koalition haben wir uns in dieser Wahlperiode intensiv damit beschäftigt, wie ein
neues Vergütungssystem in der Psychiatrie und Psychosomatik den Bedürfnissen psychisch
Erkrankter gerecht werden kann. Hierzu hat das Bundeskabinett am gestrigen 3. August 2016
den Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für
psychiatrische und psychosomatische Leistungen (PsychVVG) beschlossen. Der vorliegende
Gesetzentwurf wird dazu beitragen, die Versorgung auf diesem Feld nachhaltig zu stärken.
Hiermit streben wir – wie auf anderen Felder der Versorgung bereits zuvor – eine Förderung
der sektorenübergreifenden Behandlung – also eine Verzahnung von ambulant und stationär
– an. Zugleich möchten wir die Verweildauer in stationären Einrichtungen verkürzen, ohne
sogenannte „Drehtür-Effekte“ zu erzeugen.
Daher waren systematische Veränderungen des Vergütungssystems vorzunehmen. Zugleich
ist möglich, bei der Leistungsvergütung im Bereich Psychiatrie und Psychosomatik an dem
Grundsatz von Leistungsorientierung und mehr Transparenz festzuhalten.
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Im Rahmen eines strukturierten Dialogs wurden die relevanten Verbände Mitte 2014
eingeladen, mit den Koalitionsfraktionen und dem Bundesministerium für Gesundheit eine
Diskussion über systematische Verbesserungen am Entgeltsystem für psychiatrische und
psychosomatische Krankenhäuser und Fachabteilungen zu führen. Ich freue mich, dass vor
diesem Hintergrund ein überarbeitetes Konzept zur Neuausrichtung der Versorgung mit und
Vergütung von psychiatrischen und psychosomatischen Leistungen erstellt werden konnte.
In der Sitzung des strukturierten Dialogs am 18. Februar 2016 wurden die zuvor zwischen
Gesundheitspolitikern der Koalitionsfraktionen und dem Bundesministerium für Gesundheit
konsentierten Eckpunkte zur Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen und des Entgeltsystems vorgestellt und von den beteiligten Verbänden einhellig begrüßt. Auf der Grundlage
der Eckpunkte wurde der nun vorliegende Gesetzentwurf erarbeitet. Dabei waren sich alle
Beteiligten von Anfang an in einem Punkt einig: Oberste Zielsetzung muss die Sicherstellung
einer guten Versorgung für seelisch kranke Menschen sein. Rückblickend bin ich besonders
den Verbänden und Fachgesellschaften sehr dankbar, dass sie meiner Gesprächseinladung
gefolgt sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
rund 41 Jahre nach der sogenannten „Psychiatrie Enquete“ des Deutschen Bundestages hat
sich vieles in der Versorgung seelisch erkrankter Menschen verbessert. Zugleich haben wir
heute bevölkerungsweit eine zunehmende Inanspruchnahme psychiatrischer und psychotherapeutischer Leistungen und damit eine weitaus häufigere Behandlung seelischer
Erkrankungen als früher.
Das ist eine Entwicklung, die auch neue Herausforderungen für das Versorgungssystem mit
sich bringt. Schließlich sind wir gefordert, die vorhandene Qualität der gesundheitlichen
Versorgung bei einer steigenden Zahl seelisch kranker Menschen zu sichern und sie dort,
wo es notwendig ist, zu verbessern.
Zu einer guten Behandlung gehört eine auf die persönlichen Bedürfnisse des Patienten
abgestimmte Therapie. Gerade bei seelischen Erkrankungen gilt dies ganz besonders.
So kann etwa die behandelnde Therapeutin oder der Therapeut oft nicht voraussagen,
wie lange eine Behandlung andauern wird, bis es der Patientin oder dem Patienten besser
geht. Entsprechend lässt sich zum Beispiel der Faktor Zeit mit festen Preisen bei seelischen
Erkrankungen nur schwer fassen.
Aus diesem Grund schlagen wir vor, dass psychiatrische und psychosomatische Kliniken
ihr Budget weiterhin individuell verhandeln können, und dass auch leistungsbezogene
strukturelle Besonderheiten berücksichtigt werden.
Zugleich halten wir am Ziel der Transparenz und Leistungsgerechtigkeit fest. Dies spiegelt
sich unter anderem in dem Vorschlag wider, an einem bundesweiten und empirisch
kalkulierten Entgelt-Katalog festzuhalten.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Kultur der Menschlichkeit in einer Gesellschaft zeigt sich ganz deutlich im Umgang mit
den Kranken und Hilfsbedürftigen. Menschen, die seelisch erkrankt sind, benötigen unsere
besondere Unterstützung. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass ihnen im Krankheitsfall so geholfen wird wie sie es brauchen, und dass sie während ihres oft langen Heilungsprozesses nicht alleine sind, sondern die notwendige Unterstützung erfahren. Die persönliche
Zuwendung von Seiten des Behandlungs- und Pflegepersonals für Menschen, die seelisch
erkrankt sind, ist besonders wichtig.
Deshalb wollen wir uns für eine ausreichende Personalausstattung in den Kliniken einsetzen.
Dazu soll der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt werden, die Mindestvorgaben für
die personelle Ausstattung der stationären Einrichtungen in seinen Qualitätsrichtlinien
festzulegen.
Die Qualitätsrichtlinien sollen möglichst auf wissenschaftlichen Nachweisen beruhen.
Sie sollen aber auch die Behandlungsstandards von hochwertigen Leitlinien abbilden, um
somit zu einer leitliniengerechten Behandlung der Patientinnen und Patienten beizutragen.
Ein wesentliches Ziel im Zusammenhang mit dem leistungsorientieren Entgeltsystem ist es
deshalb auch, eine ausreichende Personalausstattung in den psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäusern zu gewährleisten.
Das neue Entgeltsystem greift deshalb auch diesen Bereich auf und will durch die Entwicklung
eines leistungsorientierten Krankenhausvergleichs als Transparenzinstrument Unterschiede
zwischen den Einrichtungen aufzeigen. Diese neu gewonnene Sichtbarkeit über das Leistungsgeschehen wird dann eine gute Orientierungshilfe bei der Vereinbarung der Budgets und der
krankenhausindividuellen Preisfindung sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich glaube, man kann mit Fug und Recht sagen, dass mit dieser Neuausrichtung die Weiterentwicklung des Psych-Entgeltsystems auf einem guten Weg ist. Mit unserem Gesetzesvorschlag ist uns der Brückenschlag – die Forderungen der Verbände mit unseren Zielsetzungen und Grundüberzeugungen in dem neuen Entgeltsystem zu vereinbaren - gelungen.
Das beigefügte Informationspapier enthält zu den Inhalten des Gesetzentwurfs ausführliche
Erläuterungen. Es soll zum besseren Verständnis der beschlossenen Maßnahmen beitragen und
Sie, die Mitglieder der Koalitionsfraktionen, bei Ihrer Arbeit in den Wahlkreisen unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
Anlage