Position the art of building Wien, im August 2016, Nr: Wettbew., 10x/Jahr, Seite: _ Druckauflage: 10 075, Größe: 87,89%, easyAPQ: _ Auftr.: 7031, Clip: 9942806, SB: FH Kärnten 30 Mixed Media CT/ y BLue Award - der Vierte Text Isabella Marboc / Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 01/3536000*37). Seite: 1/6 www.observer.at Architektur Aktuell Position the art of building Wien, im August 2016, Nr: Wettbew., 10x/Jahr, Seite: _ Druckauflage: 10 075, Größe: 91,16%, easyAPQ: _ Auftr.: 7031, Clip: 9942806, SB: FH Kärnten 31 architektur.aktuell, 7-8.2016 Zum vierten Mal wurde heuer der Blue Award ausgeschrieben. Der biennale, internationale Wettbewerb für Studierende würdigt besonders ökologische, soziale und kulturell nachhaltige Projekte. Die Jury unter dem Ehrenvorsitz von KazuyoSejima einigte sich auf 15 Nominierungen. Die Sieger werden bei der Preisverleihung am 24. August bekannt gegeben. T e n d e n z e n e n t g e g e n w i r k e n „Lasst uns nicht unsere Augen verschließen. Lasst uns nicht davor zurückschrecken, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen. Unsere Welt verändert sich dramatisch. Ihr Gleichgewicht hängt an einem seidenen Faden", so der flammende Appell der Architektin Francoise Helene Jourda an ihre Kollegen- und Studentenschaft. 2009 initiierte sie den ersten Blue-Award, einen biennalen, internationalen Preis für Studierende der Fachrichtungen Architektur, Bauingenieurwesen, Stadt- und Raumplanung. Er wurde ins Leben gerufen, um einer sozialen, nachhaltigen, ökologischen, partizipativen, kultur-, hoffnungs- und verantwortungsvollen Haltung in der Studentenschaft und in der universitären Lehre mehr Gewicht zu verleihen. Völlig unvermutet und viel zu früh verstarb Jourda am 31. Mai 2015. Ihre Analyse aber stimmt noch immer und der Blue Award lebt weiter. „Die Globalisierung, liberaler Extremismus und ein tobender Wettbewerb sind die Ursache für viele Unsicherheiten. Der Ausdruck zeitgenössischer Architektur bezeugt das; Die Dekonslruküon und Fragmentierung von tradierten Objekten, MoebiusGeometrie, die Zersplitterung von organischen Formen...", so Jourda. Mit dem Blue Award wollte sie diesen Tendenzen entgegensteuern, „einen tragfähigen Grund finden, um eine Balance zu erreichen. Die Klarheit der Form, die Transparenz oder Annäherung an die Umgebung. Diese Fragestellungen allein sind nicht die einzigen Ansatzpunkte der Analyse. Sie setzen den Architekten mitten ins Zentrum seiner Profession. Als Zeugen seiner Zeit und seiner Kultur. Sie spiegeln seine Sicht der Welt, sei sie verzweifelt, glorreich oder in Opposition. Als eine höhere Form von Kunst kann sie nicht anders gesehen werden als ein Akt des Bauens." verleihung gelüftet. Die nominierten Projekte aber zeigen so viele unterschiedliche Ansätze und spannende Aspekte, dass wir einige davon nun herausgreifen und vorstellen wollen. Engagiert, verbindend, bereichernd Ein ernst zu nehmender Anwärter auf den Sieg ist beispielsweise die Kunst- und Architekturschule bilding im Innsbrucker Rapoldipark, wo Kinder und Jugendliche kreativ sein können. Diese Idee stammt von Monika Abendstein und Arno Ritter, ihre räumliche Gestaltwerdung erfuhr sie durch das studio 3 - Institut für experimentelle Architektur der Universität Innsbruck (Prof. Volker Giencke]. Unter der Federführung von Verena Rauch, Walter Premier und Wolfgang Pöschl entwickelte und plante eine Gruppe von 27 Studierenden ein einmaliges, einzigartiges, frei geformtes, lichtdurchflutetes, nach allen Seiten hin offenes Gebäude mit schrägen Rampen, raumhohen Fensteröffnungen, Plattformen, Wandscheiben und eingeschnittenen Oberlichtern, das mit weitläufigen Terrassen den umliegenden Außenraum umarmt. Das bilding passt wunderbar an den Rand des grünen Parks, belebt ihn und wertet ihn auf. Außerdem gibt es Jugendlichen zwischen vier und 19 Jahren die Möglichkeit, unter fachkundiger Anleitung kreativ zu sein. Sein Inneres isl ein fließendes Raumgefüge mit Werk- 1-2 Das bilding in Innsbruck entstand in gemeinsamer Anstrengung von Studierenden, Profis und Freiwilligen und ist ein einzigartiges Labor für die künstlerische Bildung von Kindern und Jugendlichen © Universität Innsbruck/Fotos: Günter R. Wett 2016 lobte das Department für Raumgestaltung und Nachhaltiges Entwerfen der TU Wien, dem Francoise Helene Jourda seit 1999 vorgestanden hatte, zum vierten Mal den Blue Award aus. Teilnahmeberechtigt waren Studierende der Fachrichtungen Architektur, Bauingenieurwesen, Stadt- und Raumplanung, sowie Bautechnologen, insbesondere Holzbauer, weil der Blue Award diesmal in Kooperation mit der World Conference on Timber Engineering abgehalten wird. Als Ehrenvorsitzende der Jury konnte die TU Wien Kazujo Sejima gewinnen, außerdem gehörten noch Cuno Brulhnann, Much Untertrifaller, Albert Dubler, Wolfgang Winter und Marina Hämmerte der Jury an. Über 200 Projekte wurden heuer eingereicht, am 31. Mai destillierte die Jury daraus fünfzehn Nominierungen. Aus dieser handverlesenen Auswahl wurden die Preisträger bestimmt, das Geheimnis um die Sieger wird allerdings erst hei der Preis- Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 01/3536000*37). Seite: 2/6 www.observer.at Architektur Aktuell Position the art of building Wien, im August 2016, Nr: Wettbew., 10x/Jahr, Seite: _ Druckauflage: 10 075, Größe: 91,29%, easyAPQ: _ Auftr.: 7031, Clip: 9942806, SB: FH Kärnten Mixed Media revitalisiert werden könnte. Am Hauptplatz von Ferrara - einer UNESCO-Weltkulturerbe-Stätte projektierte er einen temporären, zylinderförmigen, 20 Meter hohen Bühnenturm aus Holz, der als öffentliche Bühne wirkt. Die Grundfläche ist etwa 450 m2, die Bühne hat ein Dach und kann wie eine Jurte mit textilen Elementen, die auch an einen Theatervorhang denken lassen, geschlossen werden. Das Holzskelett dient auch als Sitzfläche für das Publikum: es kann auf der umlaufenden Galerie der Tragstruktur Platz nehmen und das Theatergeschehen verfolgen. Vorbild für die Bühne ist das Shakespeare-Theater, dank ihrer auffallenden Form und Höhe wird sie auch städtebaulich wirksam und sollte genug Potential entwickeln, um den Platz zu beleben und mit dem angrenzenden Giardino delle Duchesse zu verbinden. statten zum Malen, Basteln, Filmen oder Experimentieren mit Medien aller Art voll unterschiedlicher Atmosphären und Möglichkeiten. Das Bilding wurde aus CLT-Paneelen und vorgefertigten Holzelementen von den Studierenden in Kooperation mit Fachplanern, Architekten, Ingenieuren und Firmen in nur fünf Monaten errichtet, außen ist es mit weißen Lastwagenplanen verkleidet. Es wurde vor allem durch private Spenden finanziert und hat eindeutig einen Nerv getroffen: Viele der Workshops für Kinder und Jugendliche sind ausgebucht. Sehr eindrucksvoll ist auch die Arbeit von Florian Anzenberger und Thomas Harlander: Die beiden Studierenden von Peter Nigst an der FH Kärnten planten, entwickelten und bauten als Diplomarbeit eine Brücke über den Mzamba Fluss in Südafrika. Er trennt eine der wohlhabendsten Regionen (KwaZulu Natal) von einer der ärmsten (Eastern Cape). Auf einer Seite gibt es Schulen, kleine Märkte und eine medizinische Grundversorgung, auf der anderen mangelt es an allem, gibt es keine Elektrizität, keine Straßen, keinerlei Infrastruktur. Auch der Bauplatz der Brücke konnte nur von einer Seite erreicht werden, alle Bauteile der Brücke mussten also händisch transportiert werden können. Den Studierenden gelang es, gemeinsam mit der örtlichen Bevölkerung, eine Hängebrücke zu bauen. Nun können die Menschen den Fluss sicher überqueren - und haben so Zugang zu Medikamenten, Nahrungsmitteln und Schulen. Leo Bettini Oberkalmsteiner von der TU München (Betreuer: Florian Nagler) überlegte sich, wie das geschichtsträchtige und wunderschöne, mittelalterliche Zentrum von Ferrara Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 01/3536000*37). Sozial, nachhaltig, selbstbautailglich Sophie Schrattenecker von der University of Art and Design in Linz (Betreuer: Roland Gnaigcr) fuhr auf eigene Faust nach Ecuador und Kolumbien. Ecuador leidet unter einer starken Zuwanderung zu den städtischen Ballungsräumen, an deren Zufahrtsstraßen sich bereits komplett überbevölkerte Favclas anlagern. Diese wilden Siedlungen waren ursprünglich temporär gedacht, verfestigten sich aber zu permanenten Behausungen, denen es an sozialer und räumlicher Organisation fehlt. Sophie Schrattenecker versuchte, dieses Dilemma zu lösen, indem sie Strukturen bildet, die ihren Bewohnern sowohl Innen- als auch Außenräume bieten soll. Zu deren Errichtung langlebige Materialien wie Stahlbeton mit vor Ort erhältlichen, nachwachsenden Materialien wie Bambus kombiniert. Justus Menten von der Kunstuniversität Berlin (Betreuer: Jean Philippe Vassal) geht davon aus, dass sich das Konzept der Trennung von Natur und Stadt längst überlebt hat, In Berlin gibt es viele ehemalige Industriestandorte auf kontaminiertem Boden, die Ansiedlungen schwierig und teuer machen. Aufgrund des hohen Drucks auf Wohnraum werden auch diese Orte für Investoren immer attraktiver. Der Bauplatz im Norden von Berlin ist seh zwölf Jahren verlassen und dient als Seite: 3/6 www.observer.at Architektur Aktuell Position the art of building Wien, im August 2016, Nr: Wettbew., 10x/Jahr, Seite: _ Druckauflage: 10 075, Größe: 90,75%, easyAPQ: _ Auftr.: 7031, Clip: 9942806, SB: FH Kärnten arohitektur.aktuell, 7-8.2016 33 / 1 Die Brücke von Florian Anzenberger und Thomas Harlandervon der FH Kärnten verbindet eine der wohlhabendsten mit einer der ärmsten Regionen Südafrikas © Anzenberger/Harlander Justus Menten (TU Berlin) überlagert unberührte Natur inmitten der Stadt mit einer Wohnstruktur © J u s t u s Menten 3-4 Leo Bettini Oberkalmsteinervon derTU München konzipierte nach dem Vorbild des ShakespeareTheaters einen hölzernen Bühnenturm für das Zentrum von Ferrara © Leo Bettini Oherkalrnsteiner / Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 01/3536000*37). Seite: 4/6 www.observer.at Architektur Aktuell Position the art of building Wien, im August 2016, Nr: Wettbew., 10x/Jahr, Seite: _ Druckauflage: 10 075, Größe: 91,73%, easyAPQ: _ Auftr.: 7031, Clip: 9942806, SB: FH Kärnten 34 Mixed Media BlueAward / fiktives Symbol für unberührte Natur inmitten der Stadt. Dieses Projekt ist als Denkanstoß gedacht, um unsere Beziehung zur Ökologie und wie wir leben wollen, neu zu überdenken. Justus Menten schlägt vor, das Problem der Kontamination durch eine neue Bepflanzung zu lösen und den natürlichen Wald mit der Wohnstruktur zu überlagern. Florian Radner von der TU Wien (Betreuer: Baris Cokcan) baute mit viel Engagement eine außerordentlich schöne und poetische Gartenhütte mit großem innovativen Anspruch. Etwa ein Jahr lang wurde in universitärem Rahmen die wabenartige Netzstruktur der Wand erforscht, die sowohl die vertikalen Lasten abträgt, als auch horizontal ausgesteift wird. Sie bestellt aus zwölf Millimeter starken Holzbändern, die über Nacht in Wasser eingeweicht wurden und dann per Hand paarweise miteinander verbunden und gedehnt wurden. Überzogen wurde diese schöne Primärstruktur mit einer transluzenten PVC-Plane. Sie lässt tagsüber die Schatten der umgebenden Sträucher über die Wand tanzen, nachts leuchtet das kleine Gebäude wie ein Lampion in den Garten. Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 01/3536000*37). Auch Hannes Sampl von der Kunstuniversität Linz (Betreuer: Helmut Dietrich) reichte ein Projekt ein, das auf Eigenleistung beruht: Für einen Bauern entwarf und plante er eine kleine Kapelle in Kendlbruck, einer ländlichen, nur spärlich besiedelten Gegend auf i850 Meter Seehöhe. Der kleine Sakralbau hat einen rechteckigen Grundriss, ein steiles Dach und soll vom Besitzer und seiner Familie errichtet werden können. Wände, Boden und Dach folgen dem Goldenen Schnitt und bestehen ausschließlich aus Holz, das in einem Umkreis von zwei Kilometer geschlägert wurde. David Kraler und Christoph Lachberger haben ihre komplexe und schwierige Bau-Mission bereits erfolgreich erfüllt. Als Diplomprojekt planten und bauten die beiden Studenten der TU Wien (Betreuer: Peter Fattinger) gemeinsam mit dreizehn freiwilligen Helfern aus Österreich, Bauarbeitern und Bewohnern der Region Kajo-Keji im Südsudan das Mondikolok Healthcare Center, eine Gesundheitsstation für die kleine NGO „Osttirol für Jalimo." Die Bewohner des Dorfes sind sesshafte Kleinbauern, die großteils noch in traditionellen Rundhütten aus Lehm le- Seite: 5/6 www.observer.at Architektur Aktuell Position the art of building Wien, im August 2016, Nr: Wettbew., 10x/Jahr, Seite: _ Druckauflage: 10 075, Größe: 92,53%, easyAPQ: _ Auftr.: 7031, Clip: 9942806, SB: FH Kärnten 35 architektur.aktuell, 7-8.2016 ben. Diese haben tragende Stützen aus Holz, Mauern aus Lehm und Dächer aus getrocknetem Gras. Die örtliche Bevölkerung weiß genau, wo der beste Lehm zu finden ist und und wie sie ihre Häuser bauen und reparieren kann. Alle Baumaterialien kommen aus der Umgebung, nachhaltiger geht nicht. Eine Gefahr sind allerdings die Termiten. Kraler und Lachberger verbrachten einige Monate vor Ort, um das Dorf, die Menschen, ihre Kultur, Lebensbedingungen, Ressourcen und Fähigkeiten besser zu verstehen und entwickelten auf Basis dieser Feldforschung das Projekt: Ein Gebäude auf einem soliden Betonfundament, Mauern aus örtlichen Lehmziegeln, mit Lehm verputzt und mit einer sauber getrennten Dachkonstruktion aus Teakholz, die in speziellen Stützenfüßen steckt, um vor Termiten sicher zu sein. Das Mondikolok-Healthcare-Center ist funktional, nachhaltig, schön und originell: Die Türen wurden in verschiedenen Farben gestrichen, Kochtöpfe mit Loch und Syphon zu Waschbecken oder die Bremsbacken von Fahrrädern zu Türstoppern. Längst haben die Dorfbewohner aus Mondikolok und Ärzte aus Österreich das Gebäude in Besitz genommen. Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 01/3536000*37). Unter dem Titel „garden shed pi" verbindet Florian Radner (TU Wien) Poesie und innovative Konstruktion © Florian Radner Bestechend einfach und bestechend schön: die Bergkapelle von Hannes Sampl (Kunstuniversität Linz) © Hannes Sampl 3-4 David Kraler und Christoph Lachberger (TU Wien) bauten mit Freiweilligen aus Österreich und Bauarbeitern aus der Region ein termitensicheres Gesundheitszentrum im Südsudan Fotos © David Kraler, Christoph Lachberger www.blueaward.at Seite: 6/6 www.observer.at Architektur Aktuell
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