Institut für Deutsches und Internationales Privatrecht und Zivilverfahrensrecht Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Privat- und Wirtschaftsrecht Prof. Dr. Robert Freitag, Maître en droit Sachverhalt – Hausarbeit für Fortgeschrittene (Große Übung) WS 2016/2017 TEIL 1 Im Jahr 2013 haben Antonio (A), Barnelli (B) und Ciarelli (C) die Gesellschaft „MakeMoney“ mit Sitz in Erlangen gegründet. Laut Gesellschaftsvertrag soll die MakeMoney bebaute Grundstücke an- und verkaufen, damit die Gesellschafter gemeinsam an einer erhofften Wertsteigerung der Objekte partizipieren können. Der Erwerb bzw. Verkauf der Objekte erforderte zwar keinen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb, nichtsdestotrotz hat man sich „da man das so macht“ bereits 2013 in das Handelsregister eintragen lassen. Zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft soll der Gesellschafter A ermächtigt sein. Der Beitritt eines neuen Gesellschafters erfordert jeweils die Leistung einer Einlage in Höhe von 10.000 €. Die jeweils eintretenden Gesellschafter werden unter Angabe des Betrages ihrer Einlage in das Handelsregister eingetragen. Das entsprechende Beitrittsformular enthält zudem die folgende Klausel: „Im Falle der Kündigung, des Todes oder der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters besteht die Gesellschaft zwischen den übrigen Gesellschaftern fort.“ Angaben über ein etwaiges Widerrufsrecht enthält das Beitrittsformular nicht. Die Aufgabe der Anwerbung neuer Gesellschafter übernimmt B. Dieser ist zur Anwerbung sowie zum Abschluss der jeweiligen Beitrittsverträge durch eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag ermächtigt. B geht wie folgt vor: Er schreibt diverse Bekannte an und informiert in dem Schreiben kurz über die „neuartige und äußert lukrative Investitionsmöglichkeit“. Bei Interesse solle man B unter der auf dem Schreiben angegebenen Telefonnummer anrufen, um sich genauer über das Projekt zu unterhalten. Entscheidet sich ein Interessent für die Anlage, so sendet B das genannte „Beitrittsformular“ zu, welches der Neuanleger unterschrieben an B zurücksenden soll. Bis Januar 2015 sind durch – im Gesellschaftsvertrag vorgesehene – abgeschlossene „Beitrittsverträge“ weitere 40 Gesellschafter hinzugekommen. Auf diese Weise weist B den ihm aus dem Tennisverein bekannten Zlatko (Z) schriftlich auf die Investitionsmöglichkeit hin. Nachdem sich Z im Telefongespräch zunächst skeptisch über die Gewinnaussichten der Beteiligung äußert, berichtet B, dass bereits sämtliche erworbenen Objekte im Wert deutlich gestiegen seien, was auf die überragenden Geschicke des „Investment-Profis“ C zurückzuführen sei. Dieser habe jahrzehntelange Erfahrung auf dem Gebiet und bereits bei namenhaften Gesellschaften die Geschicke geleitet. Hiervon angetan fragt Z, ob und wie er sich an der Gesellschaft beteiligen könne. B erklärt das weitere Vorgehen und schickt dem Z das entsprechende „Beitrittsformular“ zu. Dieser überwindet „aufgrund des überzeugenden Vortrags des B“ seine verbleibenden Zweifel und sendet am 15.10.2015 das unterzeichnete Dokument an B zurück. B hatte seine Aussagen gegenüber Z getätigt, obwohl er sich über die Wertentwicklung der Immobilien nicht informiert hatte; deren Wert war tatsächlich nicht gestiegen, sondern zum Teil deutlich gesunken. Auch ist C kein echter „Investment-Profi“, weil er in Wirklichkeit nie in einer Immobiliengesellschaft gearbeitet und seine Kenntnisse allein aus der regelmäßigen Lektüre von Wirtschaftszeitungen bezogen hat. Kurze Zeit nach seinem Beitritt erlangt Z Kenntnis von den wahren Verhältnissen in der Gesellschaft, insbesondere vom Wertverlust der Immobilien und der zweifelhaften Qualifikation des C. Z meint, dass ihm bei Vertragsschluss Unrecht zugefügt worden sei. Allerdings kann er der Sache nicht mehr nachgehen, weil er am 24.12.2015 einen Zusammenbruch wegen chronischen Alkoholmissbrauchs erleidet und sich seither in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand befindet. Am 27.12.2015 wird vom Betreuungsgericht ordnungsgemäß der Betreuer Kümmerer (K) bestellt, der die Vermögensangelegenheiten des Z umfassend wahrnehmen soll. Bei Durchsicht der Akten und Notizen des Z am 30.12.2015 erlangt K Kenntnis von den Geschehnissen. Noch am selben Tag teilt er der „MakeMoney“ mit, dass der „Beitrittsvertrag“ wegen „Betrugs“ unwirksam sei. K fordert die Gesellschaft im Namen des Z dazu auf, die Einlage zurückzuüberweisen. Die Gesellschaft verweist darauf, dass sich das aus den Immobilien bestehende Vermögen mit ihren Verbindlichkeiten derzeit genau die Waage halte. Z könnte daher im Rahmen einer Auseinandersetzung nichts verlangen. Dies müsse auch dann gelten, wenn Z seinen Beitritt wirksam widerrufen haben sollte: ansonsten seien die Gesellschafter, die als erstes widerrufen, im Vorteil, weil sie ihre Einlagen zurückerhielten, während die anderen die verbleibenden Verluste zu tragen hätten; dies würde die gebotene Gleichberechtigung aller Gesellschafter verhindern. 1 Institut für Deutsches und Internationales Privatrecht und Zivilverfahrensrecht Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Privat- und Wirtschaftsrecht Prof. Dr. Robert Freitag, Maître en droit TEIL 2 Als K am 30.12.2015 die Akten des Z durchsieht, fällt ihm auf, dass Z die Rechnung eines gewissen Donatelli (D) in Höhe von € 800 noch nicht beglichen hat, die sich auf den Kauf eines Fernsehers durch Z bezieht. K weist daher mit Zahlungsauftrag vom 30.12.2015 die Bank (S) an, am 08.01.2016 einen Betrag in Höhe von € 800 auf das Konto des D zu transferieren, der ebenfalls Kunde der S ist. Bei nochmaliger Durchsicht der Unterlagen am 05.01.2016 bemerkt K, dass die Forderung aus dem Jahr 2011 stammt. Sofort widerruft K schriftlich den Überweisungsauftrag gegenüber S. Dies teilt er noch am selben Tag dem D mit und beruft sich unter Klarstellung seiner Berechtigung im Namen des Z auf Verjährung. Der zuständige Sachbearbeiter bei der S übersieht den Widerruf des K und schreibt am 08.01.2016 dem Konto des D € 800 gut. D hebt das Geld sofort am 09.01.2016 ab und verzockt es bei einer Fußballwetten Vermerk für die Bearbeiter: In einem Gutachten, das auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen eingeht, sind folgende Fragen in der angegebenen Reihenfolge zu beantworten: Teil 1 1. 2. Stehen Z gegen die Gesellschaft Ansprüche zu? Stehen Z gegen A, B und C Ansprüche zu? Teil 2 1. Stehen Z gegen D Ansprüche zu? 2. Stehen S gegen D Ansprüche zu? Bei der Bearbeitung sind Vorschriften des Investment- und Kapitalanlagerechts, insbesondere des KAGB, nicht zu berücksichtigen. Insbesondere ist davon auszugehen, dass das von der „MakeMoney“ betriebene Geschäft weder einer besonderen Erlaubnis bedurfte noch dass die MakeMoney verpflichtet war, Interessenten am Erwerb einer Mitgliedschaft umfassend über die Chancen und Risiken einer Beteiligung zu informieren. __________________________________________________________________________________________ Beachten Sie ferner die allgemeinen Hinweise auf der folgenden Seite! 2 Institut für Deutsches und Internationales Privatrecht und Zivilverfahrensrecht Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Privat- und Wirtschaftsrecht Prof. Dr. Robert Freitag, Maître en droit Beachten Sie bitte bei Ihrer Ausarbeitung Ihres Gutachtens folgende Hinweise vollständig, da ansonsten eine gültige Teilnahme an der Hausarbeit nicht sichergestellt werden kann. Die maximale Seitenzahl beträgt 25 Seiten, wobei Deckblatt, Literaturverzeichnis und Gliederung nicht mitzuzählen sind. Das Gutachten ist wie folgt zu formatieren: Rechts ist ein Rand von mindestens 3 cm zu lassen; dazu kommt ein Rand von 2,5 cm auf der gegenüberliegenden Seite. Oben und unten ist ein Rand von jeweils 2,5 cm einzuhalten. Für den laufenden Text muss Schriftgröße 12 Punkt, Zeilenabstand 1,5 und Laufweite 100 % benutzt werden. In Fußnoten ist Schriftgröße 10 Punkt mit einfachem Zeilenabstand und Laufweite 100 % zu verwenden. Als Schriftart ist Arial oder Times New Roman zu wählen. Die angegebenen Vorgaben sind Mindestgrößen, großzügigere Formatierungen sind erlaubt. Die Nichteinhaltung der Formatvorgaben bzw. deren Umgehung (bspw. mit nicht gebräuchlichen Abkürzungen) führt zu Punktabzügen. Für die verkörperte Fassung ist letzter Abgabetermin Donnerstag, der 14. Oktober 2016 10:00 Uhr (maßgeblich ist der Eingang im Lehrstuhlbriefkasten im Foyer des Juridicums). Die Arbeiten sind ausschließlich in das Postfach des Lehrstuhls für Deutsches, Europäisches und Internationales Privat- und Wirtschaftsrecht (Professor Dr. Freitag) im Foyer des Juridicums einzuwerfen. Es handelt sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist. Weder technische Störfälle (insbesondere Computer- und Druckerprobleme) noch andere Hindernisse, die gerade in letzter Minute aufzutreten pflegen, entschuldigen eine verspätete Abgabe. Die Arbeiten werden nur korrigiert, wenn zusätzlich zur verkörperten Ausarbeitung das Gutachten auf einem digitalen Datenträger (USB-Stick, CD) eingeht. Es gilt dieselbe Frist. Die Datei ist wie folgt zu benennen: Erster und letzter Buchstabe des Vornamens sowie die ersten fünf Buchstaben des Nachnamens (Beispiel: Martin Müller = mnmuell). Umlaute sind als ae, oe, ue zu behandeln. 3
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