Wenzel: Kolosse abstellen

e-paper: 0010364353
Aus den Ländern
Samstag, 30. Juli 2016
Wolfsburgs
Polizeichef
versetzt
Deutschlands
nördlichstes
Skigebiet gerettet
Ministerium spricht
von „Fehlverhalten“
In einem zähen Konflikt um die
Zukunft von Deutschlands nördlichstem Skigebiet gibt es einen
Durchbruch. Die Grundstückseigentümer-Familie zog ihren Antrag auf Aufforstung der Fläche
auf dem Bungsberg im Kreis Ostholstein zurück. Zugleich erklärten die Familie gestern, dass sich
die Gemeinde Schönwalde einen Nachfolger für den Betrieb
des Skilifts (Foto) suchen müsse.
Der Skilift auf dem rund 168 Meter hohen Bungsberg gehört der
Gemeinde, wurde aber seit vielen Jahren von der Familie betrieben. In den Konflikt hatte
sich sogar Ex-Ministerpräsident
Peter Harry Carstensen (CDU)
als Vermittler eingeschaltet. Die
Eigentümerfamilie wartet nun
auf ein Angebot der Gemeinde,
das Gelände zu kaufen. (dpa)
Archivfoto: dpa
Mit EVA in
den Harz
Wenzel: Kolosse abstellen
Notizen aus
Hannover
Umweltminister will durch frühere Abschaltung von AKW Strompreise senken
D
HANNOVER. Ein schnelleres
Aus für die Atom- und Kohlekraftwerke in Norddeutschland kann nach Ansicht von
Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) helfen, die Strompreise für Verbraucher und Entsorgungskosten zu senken. „Die frühe
Abschaltung hat einen dreifachen Nutzen“, sagte Wenzel
unserer Zeitung. „Die Stromnetze im Norden werden entlastet, die Erneuerbare-Energien-Umlage fällt, die Kosten
für den Atommüll sinken.“
ie Qual der Wahl hatte
Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies
(SPD). EVA oder EGO, das war
die große Frage auf dem Parkplatz des Kaufparks Göttingen
– zwei Elektro-Motorräder aus
Aus der
Landeshauptstadt von
Peter
Mlodoch
der italienischen Edelschmiede Energica, geräusch- und abgaslose Hochleistungsbikes,
die es in weniger als drei Sekunden auf Tempo 100 schaffen. Mit deren Eigentümer
Matthias Schmidt begab sich
Lies auf einen Trip durch den
Harz, um der von ihm propagierten Elektromobilität einen Schub zu verpassen. Privat fährt Lies eine mit Benzin
betriebene BMW K 1200 RS.
Die Modell-Wahl in Göttingen löste er pragmatisch: Hin
nahm der Minister EVA, zurück setzte er sich auf EGO.
D
eutlich gemächlicher
lässt es am Sonntag
Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne)
angehen. In Eickeloh im Heidekreis darf er nicht nur die
diesjährige Heidelbeerkönigin
Helena I. krönen. Meyer eröffnet dort auch Deutschlands
erste Heidelbeerstraße. Für
die Jungfernfahrt schwingt
sich der Grüne auf ein Fahrrad
– selbstredend eines, bei dem
er selbst treten muss.
D
er CDU-Ortverein in
Hannovers Südstadt
muss sich bitterer Kritik erwehren. Ein Wahlplakat
gibt einen fiktiven Dialog zwischen einer Seniorin und der
Polizei wieder. Oma meldet einen Einbruch, weiß aber die
Straße nicht: „Herrje, die hieß
mal…“ Respektlos, altersdiskriminierend, lauteten die
Schimpftiraden. Man habe damit das nervige Ändern von
politisch nicht mehr genehmen Straßennamen in Hannover aufspießen wollen, hieß es
von der CDU. „Solche Umbenennungen sorgen für viel Unmut.“ Wie jetzt das Plakat.
VON PETER MLODOCH
geblich nicht beliebig ein- und
ausschalten könne.
Wenzel kritisierte Bundeswirtschaftsminister
Sigmar
Gabriel (SPD), der eine Deckelung der Windenergie im Norden mit dem schleppenden
Netzausbau begründet hatte.
Abgesehen davon, dass sich
der Bund drei bis fünf Jahre im
Verzug befinde, müsse man
dies nicht auf Kosten des
Windstroms austragen, meinte Wenzel: „Wenn der Bund
Probleme mit seinen Netzen
hat, kann er ja die Atomkraftwerke und die Kohlekraftwerke abschalten.“
Dadurch könne man auch
einen Anstieg der EEG-Umlage
stoppen, so Wenzel. Dieser Zuschlag auf die Stromrechnung
soll die Differenz zwischen
Marktpreis und Einspeisevergütung für die erneuerbaren
Energien decken. Je niedriger
der Marktpreis durch das
Überangebot von Atom- oder
Braunkohlestrom, desto höher die Umlage, die insbesondere Privathaushalte zu berappen haben. Viele Unternehmen sind dank Ausnahmereglungen davon kaum betroffen.
Einen weiteren Vorteil der
vorzeitigen Abschaltung sieht
„Must Run“-Ansprüche
Wenzel nannte die Atomkraftwerke in Lingen (Emsland), Grohnde und Brokdorf,
außerdem die Kohlekraftwerke in Wilhelmshaven und
Hamburg-Moorburg.
„Diese
unflexiblen Kolosse laufen
selbst dann weiter, wenn zu
viel Strom im Angebot ist.“
Dadurch blockierten sie nicht
nur die Einspeisung sauberer
Windenergie, Folge seien außerdem steigende Kosten im
Netzmanagement. Der Ressortchef bezog sich auf die so
genannten „Must Run“-Ansprüche, wonach diese Kraftwerke weiterbetrieben werden dürften, weil man sie an-
„Laufen selbst, wenn zu viel Strom im Angebot ist“: Das Atomkraftwerk Grohnde im Landkreis Hameln-Pyrmont.
Foto: dpa
der Minister bei den Kosten
für die Entsorgung des Atommülls. Von mindestens 160
Milliarden
Euro
insgesamt
gehen
die Experten
aus.
Würde
man die AKW
bereits
jetzt
statt erst 2022
Stefan
abschalten,
Wenzel
fielen 850 Tonnen
Kernbrennstoffe weniger an, rechnete Wenzel vor. Durch die
verringerte Menge und den
Zeitgewinn könne man bis zu
zehn Prozent, also bis zu 16
Milliarden Euro einsparen.
„Mir ist klar, dass diese Forderung bei einigen verbliebenen Freunden der Atomkraft
heftige Phantomschmerzen
auslösen wird“, sagte der Grünen-Politiker. Faktisch verdienten die Meiler im Moment
aber ohnehin kein Geld. Sie
würden lediglich durch die
Hoffnung auf den Wegfall der
Brennelemente-Steuer Ende
2016 am Leben gehalten. Wenzel forderte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble
(CDU) auf, die Steuer weiter zu
erheben und die Bürger nicht
durch Subventionen zugunsten der Atomkonzerne zu belasten.
Es läuft auf Althusmann hinaus
Landtagswahl 2018: Intern steht Ex-Kultusminister als CDU-Spitzenkandidat fest
HANNOVER. Das Treffen hat
etwas
Konspiratives.
Mit
dunklem Anzug und dunkler
Sonnenbrille erscheint Bernd
Althusmann im Außenbereich
eines Szene-Bistros in Hannovers City. Der frühere Kultusminister Niedersachsens plaudert munter drauf los: von seinen drei Jahren als Büroleiter
der Konrad-Adenauer-Stiftung
in Namibia nach der CDU-Pleite bei der Landtagswahl 2013,
vom Umzug mit drei Kindern
und zwei Hunden zurück in
den Landkreis Lüneburg, von
seinem neuen Job als Berater
in einer renommierten Hamburger Personalvermittlungsagentur, deren Außenstelle in
Hannover er aufbauen soll.
Die alles entscheidende
Auskunft verweigert Althusmann allerdings beharrlich.
Tritt der Diplompädagoge und
Diplombetriebswirt bei der
Landtagswahl in anderthalb
Jahren, voraussichtlich Anfang 2018, als CDU-Spitzenkandidat an? „Diese Frage
stellt sich im Moment nicht“,
erwidert der 49-Jährige.
Dabei läuft längst alles auf
den Rückkehrer aus Afrika als
Herausforderer von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD)
hinaus. Offiziell will die Niedersachsen-Union ihren Spitzenkandidaten nach der Kommunalwahl am 11. September
benennen. Dass Althusmann
ins Rennen geht, steht nach
Informationen unserer Zeitung aber mittlerweile fest.
Offen ist nur noch, ob sich
mit Landtagspräsident Bernd
Busemann ein zweiter Interessent stellt und ein Auswahl-
verfahren notwendig macht.
In internen Zirkeln haben sich
der scheidende Landesvorsitzende David McAllister sowie
die Chefs der CDU-Landes- und
Bezirksverbände auf Althusmann festgelegt. Auch die niedersächsische
Bundestags-
Ex-Kultusminister Bernd Althusmann (49, CDU). Foto: dpa
gruppe um Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann steht
hinter der Personalie.
Andere potenzielle Interessenten, deren Namen genannt
wurden, sind ebenfalls eingebunden – nicht zuletzt durch
die Aussicht auf gute Posten
nach einem CDU-Wahlsieg. So
gilt als wahrscheinlich, dass
Fraktionschef Björn Thümler
als Minister in ein Kabinett Althusmann einziehen würde.
Generalsekretär Ulf Thiele
könnte zum neuen Parteichef
aufrücken.
Zunächst aber dürfte Althusmann im November von
McAllister den Parteivorsitz
übernehmen. „Als Spitzenkandidat hat er das erste Zugriffsrecht“, sagt ein hoher
Funktionär. Alles andere sei
widersinnig. (ymp)
WOLFSBURG. Der Wolfsburger Polizeichef Hans-Ulrich
Podehl ist wegen strafrechtlicher Ermittlungen gegen ihn
versetzt worden. Es seien
„ernstzunehmende Vorwürfe“
erhoben worden, teilte das
Niedersächsische Innenministerium gestern
mit. Der Leiter
der Polizeiinspektion
sei
auf
einen
gleichwertigen
Arbeitsplatz in die
Zentrale Poli- Hans-Ulrich
zeidirektion in Podehl
Hannover abgeordnet worden. Was ihm genau vorgeworfen wird, wollte
ein Sprecher wegen „schutzwürdiger Interessen“ nicht sagen. Allerdings hätten die Vorwürfe „ein innerdienstliches
und
verhaltensbezogenes
Fehlverhalten zum Gegenstand“.
Auch Pientka im Fokus
Die
Staatsanwaltschaft
Braunschweig wird den Fall
nun prüfen und die strafrechtliche Relevanz bewerten. Geprüft wird laut Innenministerium auch, ob der Braunschweiger
Polizeipräsident,
Michael Pientka, vom vermeintlichen
Fehlverhalten
des Wolfsburger Polizeichefs
wusste und wie er mit diesem
Wissen umgegangen ist. Deshalb sei auch gegen Pientka
ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden.
Wie es in der Wolfsburger
Polizeiinspektion weitergeht,
war zunächst unklar. Die Versetzung Podehls sei eine temporäre Maßnahme. Eine Übergangslösung für seine Nachfolge solle kurzfristig vorbereitet werden, so der Ministeriumssprecher. (dpa)
Ländernotizen
Mehr Fachpersonal
für Kita-Kinder
Die unter Dreijährigen in niedersächsischen Kitas haben mehr
Betreuer als vor einem Jahr. 87
Prozent der Krippengruppen
verfügen inzwischen über eine
dritte Fachkraft. 2014/2015 waren es 78 Prozent. Das teilte das
Kultusministerium mit. Eine
Gruppe mit 15 Kleinkindern verfügt in den meisten Kitas derzeit
über drei Betreuer. Der dritte
soll eine Sozialassistenten-Ausbildung haben.
Strafbefehle für
Kapitän und Lotsen
Die Zerstörung der längsten
deutschen Klappbrücke über die
Ems bei Weener ist aus Sicht der
Staatsanwaltschaft auf das Fehlverhalten eines Lotsen und eines
Kapitäns zurückzuführen. Gegen
den 57 Jahre alten Lotsen und
den 53 Jahre alten Kapitän sei
Antrag auf Erlass eines Strafbefehls gestellt worden, teilte die
Behörde mit. Anfang Dezember
hatte der Frachter „Emsmoon“
die Brücke gerammt. Seitdem ist
der Bahnverkehr unterbrochen.
Überschuss statt
Defizit für Osnabrück
Die unter Haushaltsaufsicht stehende Stadt Osnabrück erwartet
einen nicht geplanten Überschuss im Etat. Statt des Defizits
von 5,7 Millionen Euro rechne
die Finanzverwaltung nun mit einem Plus von 13,5 Millionen
Euro für 2016, sagte Oberbürgermeister Wolfgang Griesert
(CDU). Grund sind höhere Gewerbesteuereinnahmen.