Laudatio zur Eröffnung der 50. Wiesenfest-Ausstellung der Schwarzenbacher Künstler am 16. Juli 2016 15 Uhr Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu einem Jubiläum eingeladen zu werden ist eine Sache; dazu ausersehen zu sein, die Würdigung dieser 50. Veranstaltung zu halten, erachte ich als eine große Ehre. Lang habe ich mir überlegt, wie ich den Ansatz finde, über diese Ausstellung zu sprechen, die in der Vergangenheit von so viel prominenten Laudatoren gewürdigt wurde. Nun, eine Periode von 50 Jahren Kreativität in Schwarzenbach, geprägt von Künstlern aus dieser Stadt, hat naturgemäß auch mit den zeitlichen Entwicklungen auf dem überregionalen Kunstsektor zu tun. Diese Einflüsse haben nicht nur die Künstler, auch die Stilempfindungen beeinflusst. Wobei - das muss ich eingestehen - ein einheitlicher Stil in der Nachkriegszeit hat sich nie eingestellt. Gerade das hat einen ständigen Einfluss auf die Darstellungsweise der ausgestellten Werke genommen. 50 Jahre Schwarzenbacher Wiesenfestausstellung ist in der Kunstgeschichte keine besonders lange Zeitspanne, jedoch für Schwarzenbach eine nicht hoch genug zu würdigende Leistung auf dem organisatorischen wie auf dem kreativen Sektor Nun, ich versuche Kunstgeschichte und Jubiläum zusammen zu führen, wie es bei einem 50. Geburtstag angemessen ist. . Wenn man bedenkt, welche Zeitspannen vergangen sind in denen Barock oder Jugendstil - nur um zwei zu nennen gewirkt haben, die den Lebensausdruck geprägt, die Baukunst und die Malerei beeinflusst haben und mit ihrer Nach- und Eindrücklichkeit bis heute bewundert werden. Es haben sich Stilepochen heraus entwickelt, die aber immer wieder von anderen abgelöst wurden. Der allgemeine Kunstgeschmack hat sich verändert, der von einflussreichen Fürsten, Mäzenen oder dem aufkommenden Bürgertum - je nach Jahrhunderten - beeinflusst wurde. Heute kann man präzise nachvollziehen, unter welchen Zeitläufen und Entwicklungen Kunst entstanden ist. Anfänglich war die bildende Kunst als Dienst an Gott und Verehrung der Heiligen in Kirchen und Klöstern verstanden worden - es gab kaum personifizierte oder signierte Kunstwerke. Anfangs war es die Geistlichkeit, später bestimmten weltliche Auftraggeber Maßstäbe in Geschmack und Auffassung. Große Namen fanden Eingang in die Kunstgeschichte. Deren Gestaltungskraft war Inbegriff für Können und Verehrung und ihrer daraus entstandenen Berühmtheit und damit verbunden auch ihre Geschäftstüchtigkeit, denken wir an Albrecht Dürer!! Das vorvorige Jahrhundert gebar Künstler, die jenseits der Malerwerkstätten vergangener Jahrhunderte als Individualisten ihre Aufgaben sahen neue Wege zu beschreiten. Es entstanden vielfältige Ansätze zum neuen Sehen und Deuten. Der Impressionismus am Ende des 19. Jahrhunderts z.B. hat einen nachhaltigen Einfluss auf viele Künstler ausgeübt, deren Werke vielfach zu Nachahmungen Anlass gaben - bis in die heutige Zeit. Nach Impressionismus, Expressionismus, Jugendstil, Art deco, bis hin zum Bauhausstil kann richtungsweisender Geschmack genau eingegrenzt werden. Mit der Zerstörung Europas durch den 2. Weltkrieg zerstörte dieser auch epochemachende Kunstrichtungen. Gott sei Dank aber nicht die vorhandenen Werke. Nur langsam entwickelte sich, - weil in erster Linie die Konzentration auf lebensnotwendige und lebenswichtige Dinge, wie Essen, Kleidung und Wohnung den Alltag ausfüllten, - wieder eine Kunstszene, die entweder an vorherigen Ausdruckformen festhielt, bzw. sich daran orientierte, oder völlig dem Chaos verpflichtet in den ruinösen Überbleibseln der Vernichtungssituation suchten. So orientierungslos wie das ganze Volk war auch die Kunst. Es war eine stillose Zeit! Die Architektur begnügte sich mit Schuhschachtelbauten, in deren Räumen sich eine pseudo-gemütliche Stimmung verbreiten sollte, die sich mit Nierentisch und Tulpenlampe zufrieden gab. Einen zeitgebundenen Stil, der vom Publikum bzw. dem Lebensumfeld und der Erwartungshoffnung des Konsumenten ausgehend, eingebracht werden könnte, gab es nicht. Man war ernüchtert. Man hatte seine kulturellen Wurzeln vergessen. Es war die Zeit, in der nicht mehr ein allgemeines Stilempfinden sichtbar war; es gab ja auch nicht mehr die Oberen, die aus ihren eigenen oder nachbarschaftlichen Zusammenhängen Geschmacksvorstellungen entwickelten und damit Aufträge an Künstler aller Art vergaben. Es war der Aufbruch und die Wende von Unten nach Oben. Damit war eine Entwicklung eingeleitet, die aus dem Vorstellungsvermögen einer vielschichtigen Gesellschaft stammte - damit war aber auch klar, dass eine Einheitlichkeit des Stils von vorneherein ausgeschlossen war. Die Kunst wurde demokratisch! Aber - und das ist das Positive an dieser Zeitströmung - aus der Nachhaltigkeit einiger großer Geister in der Kunst der Nachkriegszeit, hat sich eine Veränderung in der Wahrnehmung vorhandener Kunstgattungen entwickelt. Plötzlich fand man Zugänge zu völlig neuen Anfängen bei der Betrachtung von Abstraktion, den Auflösungen von gewohnten festgefügten Bildvorstellungen und Begrifflichkeiten. Man entließ die Malerei und alles andere auch an Alle, die sich durch Selbstbestimmung oder Anmaßung dazu berufen fühlten, jetzt in der Kunstszene mitzumischen. Aber daraus entsteht auch eine Mahnung: So wie jede Malerei alle Freiheiten genoss und immer noch genießt, so hat der Kunstschaffende darauf zu achten, Talent und Verstand zusammenzubringen. Das Eine ohne das Andere bringt nur Dekoration hervor!! Vor diesem Hintergrund der angesagten Zeitströmungen fanden sich 1966 Künstler zusammen zur ersten Schwarzenbacher Kunstausstellung, die dann zu einer jährlich wiederkehrenden Einrichtung zur Zeit des Wiesenfestes wurde. Natürlich waren die damaligen Protagonisten aus der Generation, die ihre Ausbildung noch in hergebrachter Weise absolviert hatten und damit durchaus der Anerkennung des Publikums gewiss sein durften. Mit der Zeit fanden neue Aussteller Eingang und so wurde die Zahl derer, die sich zur Wiesenfestausstellung einfanden immer mehr. Bald wurden Gäste eingeladen, um die Möglichkeit einer Ausweitung des Gesamteindruckes für ein über Schwarzenbach hinaus gehendes Publikum zu ermöglichen. Doch auf die eingelieferten Werke hatte man keine großen Einfluss. Man befand sich mit den Jahren in einer Zwickmühle. Einerseits wollte man dem Andenken der generationsübergreifenden Gründungsgrößen treu bleiben, andrerseits wollte man den Zugang für den Schwarzenbacher Nachwuchs ermöglichen, was aber allmählich zu einem Qualitätsverlust und damit auch zu einem Bedeutungsverlust für diese Ausstellung führte. Man entschloss sich eine Jury einzuführen, die ein waches Auge auf das Niveau der eingelieferten Werke hatte. Ab diesem Zeitpunkt wurde es besser, wie man aus den damaligen Zeitungsberichten erfahren konnte. Man fand eine Synthese aus Bekanntem und den vorandrängenden jungen Talenten, die schon bald den Qualitätsdurchschnitt erhöhten. Somit waren Überlegungen vom Tisch, die Fortführung dieser Ausstellung in Frage zu stellen. Es mag ihnen aufgefallen sein, dass ich mich zurückhielt mit Namensnennungen. Zum einen sind ihnen allen die Gründungsgrößen geläufig, die es zwischenzeitlich national, wie international zu Bekanntheit brachten, andrerseits würde ich mich in den vielen Namen aus 50 Jahren völlig verlieren. Viele dieser Maler, Bildhauer und Installationskünstler sind gebürtige Schwarzenbacher, oder haben sich durch ihre Herkunft oder Zuzug nach Schwarzenbach einen Zugang gesichert. Viele sind aber durch Umstände, die ich nicht im einzelnen beleuchten möchte, Schwarzenbacher geworden viele sind jedoch auch wieder weggegangen. Ganz sicher ist, dass sich Schwarzenbach als eine gewachsene und lebendige Kunststadt eingeschrieben hat. Diesen Ruf hat sie sich mit der Eröffnung des "Erika-FuchsHauses" und der Einrichtung der kleinen Galerie im alten Rathaus weiterhin gesichert. Somit zeigt sich deutlich, dass nur durch stetigen Wandel, sowohl in der Kunst, wie auch im Ansinnen der Betrachter, eine Fortentwicklung stattfinden kann. Wie und wann sich ein stilvolles Gesamtbild entwickeln wird, lässt sich nur in der Zukunft beantworten. Die Stadt Schwarzenbach hat sich durch die Beharrlichkeit der ehrenamtlichen und vor allem sehr engagierten Helfer, zusammen mit dem Kunstverein einer Nachhaltigkeit verpflichtet, die hoffentlich auch in der kommenden Zeit erhalten bleibt. Denn Kunst gehört zum Leben - Kultur ist Ausdruck der Gemeinschaft und nicht nur der Zeitvertreib einiger Künstler. In diesem Zusammenhang fiel mir noch ein Wort ein, das 1806 Napoleon bei einer Begegnung mit Goethe gesagt hat, mit einer kleinen Abwandlung von mir: "Die Kunst ist das Schicksal eines Künstlers - nein der Geist ist das Schicksal und Schicksal ist Geist; das Wesen des Geistes ist die Freiheit - auch in der Kunst."
© Copyright 2024 ExpyDoc